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Prisoners (Thriller mit Jackman und Gyllenhaal)

Begonnen von StS, 31 Mai 2013, 07:10:37

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StS

Director: Denis Villeneuve
Screenwriter: Aaron Guzikowski
Starring: Hugh Jackman, Jake Gyllenhaal, Maria Bello, Terrance Howard, Viola Davis, Melissa Leo, Paul Dano
Genre: Thriller

Keller Dover is facing every parent's worst nightmare. His 6-year-old daughter and her young friend are missing, and as minutes turn to hours, panic sets in. The only lead is a dilapidated RV that had been parked on their street. Heading the investigation, Detective Loki arrests its driver, but a lack of evidence forces the only suspect's release. Knowing his child's life is at stake, the frantic Dover decides he has no choice but to take matters into his own hands. The desperate father will do whatever it takes to find the girls, but in doing so, may lose himself, begging the question: When do you cross the line between seeking justice and becoming a vigilante?

Trailer:
http://www.comingsoon.net/news/movienews.php?id=104923
"Diane, last night I dreamt I was eating a large,  tasteless gumdrop and awoke to discover I was chewing one of my foam disposable earplugs.
Perhaps  I should consider moderating my nighttime coffee consumption...."
(Agent Dale B.Cooper - "Twin Peaks")

StS

"Diane, last night I dreamt I was eating a large,  tasteless gumdrop and awoke to discover I was chewing one of my foam disposable earplugs.
Perhaps  I should consider moderating my nighttime coffee consumption...."
(Agent Dale B.Cooper - "Twin Peaks")

DisposableMiffy

In einer Kleinstadt im Nordosten der USA verschwinden zwei junge Mädchen. Schnell wird klar, dass die beiden nicht weggelaufen sind, sondern entführt wurden. Hugh Jackman als strenggläubiger Vater eines der Mädchen, der sich schon bald sehr gewiss ist, wer seine Tochter entführt hat und diesen Verdacht bis zur Besessenheit zu verifizieren versucht, spielt ganz groß auf. Ihm gegenüber (an seiner Seite trifft es nicht wirklich) steht Jake Gyllenhaal, der den den Fall bearbeitenden Detective gibt. Gyllenhaal ist richtig, richtig gut, seine Darstellung des mit dem Fall, seinem Vorgesetzten und nicht zuletzt sich selbst hadernden Cops, begeistert, aber Jackman stiehlt ihm mit seiner intensiven Performance dennoch die Schau. Das Drehbuch gönnt auch sonst fast allen Darstellern genug Substanz, um aus ihren Figuren mehr zu machen als bloße s/w-Abziehbilder nach Schema F. Keine Helden, keine Monster, sondern Menschen, von denen keiner ohne Fehler ist. Auf die eine oder andere Weise ist jede Figur hier Gefangener ihrer eigenen Schuld.

Mindestens ebenso toll wie die schauspielerischen Leistungen ist die trostlose Atmosphäre. Diesiges Morgenlicht, Regen, finstere Nacht, Schnee - eingefangen in wunderbar trüben Bildern (auf aufdringliche Farbfilter wird verzichtet) präsentiert sich die Szenerie durchweg kalt, unbehaglich und abweisend.

Die Spielzeit von zweieinhalb Stunden mag lang erscheinen, aber nicht eine Minute davon ist uninteressant. Der Film ist klasse strukturiert und bleibt spannend bis zur Auflösung, die ich so nicht erwartet hatte. Und zu guter Letzt ruinieren die Macher ihr Werk dankenswerter Weise nicht mit einem Hollywood Happy End, von daher zücke ich dicke 9,5/10.
letterboxd.com

Dumm geboren, nichts dazu gelernt und die Hälfte davon vergessen.

Hearing only what you wanna hear and knowing only what you've heard.

EvilErnie

Lass ich so stehen wie beim Vorredner! Nur JGs Dauergeblinzel hat mich iwann bissl genervt! Insgesamt ein super Thriller der wirklich nie langweilig wird, tolle Hauptdarsteller und ziemlich kühl und düster inszeniert! 8,5\10 Punkte
,,Der Director's Cut erweist sich nicht nur als die filmisch bessere Version, sondern auch als die einzig logische." (Blade Runner)

Behandel´ne Königin wie `ne Hure und `ne Hure wie `ne Königin, dann kann nichts schiefgehen! (Alien 3 SE)

Ich hab ne Sprengkapsel im Kopf! Du musst mich töten sonst sterb ich! (Ethan Hunt)

elpadro

16 Oktober 2013, 21:54:03 #4 Letzte Bearbeitung: 16 Oktober 2013, 21:59:55 von elpadro
Zitat von: DisposableMiffy am 16 Oktober 2013, 20:27:39
[...]
Und zu guter Letzt
Spoiler: zeige
ruinieren die Macher ihr Werk dankenswerter Weise nicht mit einem Hollywood Happy End
, von daher zücke ich dicke 9,5/10.

Hab' das Zitat mal sicherheitshalber geschwärzt.

Spoiler: zeige
Das Ende ist zwar tatsächlich nicht gerade super-"Happy", aber zumindest überlebt doch die Tochter, und Jackman wird auch wieder gefunden. Gyllenhaal's Blick am Schluss deutet relativ klar an, dass er die Pfeife hört.
Da sind wir aber auch schon bei einem ganz massiven Logikproblem meiner Ansicht nach:
Die Spurensicherung buddelt da überall rum, alles wird abgesperrt, aber die rollen nicht mal die Karre beiseite?? Und wieso läßt die kranke Mutter den Wagen mittels Motor vor und zurückfahren? Auffälliger geht's wohl kaum ...
Auch diese extreme Vorverurteilung fand' ich nicht soo nachvollziehbar. Dass ein retardierter, sowieso verängstigter Mann eine Kurzschlußhandlung begeht und versucht zu flüchten ist doch so abwegig nun nicht.
Und: Nach dessen Entführung, wieso fragt Gyllenhaal nicht zu allererst Jackman, ob er was darüber weiß? Der hat doch kein Geheimnis draus gemacht, wen er für den Täter hält.


Kurzum: Waren mir doch ein paar zu grundlegende nicht-Nachvollziehbarkeiten drin.
Die tolle Bebilderung hat es aber zumindest teilweise aufgewogen.
"Hey Asshole, I'm talking to you!"
"You're not, you're talking to yourself."
Moon 44

DisposableMiffy

17 Oktober 2013, 16:37:37 #5 Letzte Bearbeitung: 17 Oktober 2013, 16:39:21 von DisposableMiffy
Zitat von: elpadro am 16 Oktober 2013, 21:54:03
Spoiler: zeige
Das Ende ist zwar tatsächlich nicht gerade super-"Happy", aber zumindest überlebt doch die Tochter, und Jackman wird auch wieder gefunden. Gyllenhaal's Blick am Schluss deutet relativ klar an, dass er die Pfeife hört.
Da sind wir aber auch schon bei einem ganz massiven Logikproblem meiner Ansicht nach:
Die Spurensicherung buddelt da überall rum, alles wird abgesperrt, aber die rollen nicht mal die Karre beiseite?? Und wieso läßt die kranke Mutter den Wagen mittels Motor vor und zurückfahren? Auffälliger geht's wohl kaum ...
Auch diese extreme Vorverurteilung fand' ich nicht soo nachvollziehbar. Dass ein retardierter, sowieso verängstigter Mann eine Kurzschlußhandlung begeht und versucht zu flüchten ist doch so abwegig nun nicht.
Und: Nach dessen Entführung, wieso fragt Gyllenhaal nicht zu allererst Jackman, ob er was darüber weiß? Der hat doch kein Geheimnis draus gemacht, wen er für den Täter hält.

Spoiler: zeige
Ich finde es gar nicht so klar, dass Jackman gefunden wird. Ja, Gyllenhaal hört die Pfeife, aber ich hatte nicht den Eindruck, dass er das Geräusch irgendwie einordnen kann. Ob er sich dann auf die Suche nach der Quelle macht oder es als unbedeutend einstuft und geht, bleib unklar.

Die Spurensicherung würde das Auto sicher irgendwann untersuchen/wegbewegen. Aber die Karre sah ja so aus, als stünde sie da seit einer halben Ewigkeit unbewegt herum, deshalb hat man wohl entschieden, erst die zugänglicheren Teile des Geländes zu untersuchen. Bis dahin wäre Jackman bei den herrschenden Temperaturen wohl schon erfroren.

Aber selbst wenn er überleben sollte, dann ginge er für die sinnlose, unnötige Folter eines Unschuldigen eine ganze Weile in den Knast. Auf die eine oder andere Weise, ohne ernsthafte Konsequenzen für sein Handeln käme er nicht davon.

Motor anlassen* und dass Gyllenhaal Jackman nicht nach Alex' Verbleib fragt sind allerdings unstimmige Punkte, die mir nicht aufgefallen sind, während ich im Kino saß. Letzteres ist schon ein recht großer Bock im Script, da muss ich Dir beipflichten.

* Wobei der größere "Fehler" eigentlich ist, dass die Spuren, die das Bewegen der Karre (ob mit oder ohne Motor) hinterlassen hat, niemandem auffallen.


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Moonshade

Zitat von: DisposableMiffy am 17 Oktober 2013, 16:37:37

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Ich finde es gar nicht so klar, dass Jackman gefunden wird. Ja, Gyllenhaal hört die Pfeife, aber ich hatte nicht den Eindruck, dass er das Geräusch irgendwie einordnen kann. Ob er sich dann auf die Suche nach der Quelle macht oder es als unbedeutend einstuft und geht, bleib unklar.

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Ich fand gestern, es deutet eher zum "Finden" hin. Er hört die Pfeife, verwirft den Gedanken, hört sie mehrfach wieder und dann sieht man das erwachende Interesse - immerhin hat man ihm die "rote Ersatzpfeife" gerade noch im Krankenhaus vorgeführt.
Da er ja unglaublich gewissenhaft arbeitet, denke ich schon, daß er die richtigen Schlüsse zieht. Ein bißchen Ambivalenz sollte aber wohl sein.

Zitat
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Die Spurensicherung würde das Auto sicher irgendwann untersuchen/wegbewegen. Aber die Karre sah ja so aus, als stünde sie da seit einer halben Ewigkeit unbewegt herum, deshalb hat man wohl entschieden, erst die zugänglicheren Teile des Geländes zu untersuchen. Bis dahin wäre Jackman bei den herrschenden Temperaturen wohl schon erfroren.

Wobei eben wirklich die Frage wäre, ob das gleich am nächsten Tag ist oder ob schon Tage vergangen sind.

Zitat
Spoiler: zeige

Aber selbst wenn er überleben sollte, dann ginge er für die sinnlose, unnötige Folter eines Unschuldigen eine ganze Weile in den Knast. Auf die eine oder andere Weise, ohne ernsthafte Konsequenzen für sein Handeln käme er nicht davon.

Zitat
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Davon kann man wohl ausgehen, auch wenn aus seinem Opfer wohl kaum groß was rauszukriegen ist. Wobei das auch Terrence Howard und seine Frau betreffen würde...

Zitat
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Motor anlassen* und dass Gyllenhaal Jackman nicht nach Alex' Verbleib fragt sind allerdings unstimmige Punkte, die mir nicht aufgefallen sind, während ich im Kino saß. Letzteres ist schon ein recht großer Bock im Script, da muss ich Dir beipflichten.
* Wobei der größere "Fehler" eigentlich ist, dass die Spuren, die das Bewegen der Karre (ob mit oder ohne Motor) hinterlassen hat, niemandem auffallen.


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Gyllenhaal könnte das aber erst verspätet erfahren haben - ferner arbeitet er ja, wie er nach und nach erfährt, praktisch allein im ganzen Film an zwei Massenkindermördern und drei Pädophilen oder geistesschwachen Verdächtigen. Er kommt ja später noch auf den Trichter, verfolgt das aber nicht detailliert genug nach, bzw. kommt nicht dazu.
Daß Alex verschwunden ist, ist ja zunächst noch kein Problem (läuft/fährt ja öfters weg), erst als das Hundehalsband gefunden wird, nimmt er sich der Sache an.
Daß die Karre keine Spuren hinterlassen hat, will mir allerdings auch nicht einleuchten - natürlich schneits und regnets da in Megafrequenz, dennoch unwahrscheinlich.



Insgesamt ein hervorragendes Thrillerdrama, daß einen über seine exorbitante Laufzeit und seine Matschregenschneegrauoptik und die vielen düsteren Vorkommnisse langsam aber sicher kaputt und mürbe macht.
Minimale Längen im Mittelteil wechseln sich mit dramaturgischen Magenschwingern aber bald wieder ab und man fragt sich stets, ob es noch schlimmer kommen kann - und es kann.
Daß der
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Scheißwagen im Hof
was mit der Auflösung zu tun hat, hab ich bei der herausgestellten vorstellung am Anfang schon fast erwartet, aber den Umfang erahnt man natürlich nicht.

Jackman ist enorm in Form, allerdings muß er mit zunehmender Laufzeit zu oft den Racherambo mimen, während ich Gyllenhalls Darstellung als die Gelungenere einstufe, mit kleinen Mitteln (das streßbedingte Zwinkern allein, das ansteckend wirkt), wenigen Gesten und einem abgrundtief müden Gesicht, hinter dem ständig lauert, daß er weiß, wie beschissen die Menschen wirklich sind.

Der wird allein in Sachen Wirkung bei mir länger vorhalten als "Gravity", den ich "erzählerisch" schon wieder beiseite geschoben habe (ungeachtet der hervorragenden Technik und Inszenierung).
Für mich kein Kandidat für mehrfaches Schauen (dazu ist er einfach zu niederschmetternd), aber eine echte Kinoperle, die man auch mal auszeichnen könnte.

8-9/10
"Du hältst durch und ich halte durch und nächstes Jahr gehen wir einen saufen!

"Anything invented after you're thirty-five is against the natural order of things.!" (Douglas Adams)

elpadro

Zitat von: Moonshade am 18 Oktober 2013, 11:05:18
Zitat von: DisposableMiffy am 17 Oktober 2013, 16:37:37
Spoiler: zeige
[...] und dass Gyllenhaal Jackman nicht nach Alex' Verbleib fragt sind allerdings unstimmige Punkte [...]


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Gyllenhaal könnte das aber erst verspätet erfahren haben [...]


Ich meine mich zu erinnern, dass er es mehr oder weniger sofort/am nächsten Tag erfahren hat. Er beschwert sich ja bei seinem Boss ganz deutlich "one more day, ONE MORE DAY" hätte man Alex doch nur noch festhalten müssen, dann wäre das doch nicht passiert.
Der Zusammenhang zu Jackman wurde auch geradezu auf dem Präsentierteller serviert - direkt vor dem Polizeirevier ist Jackman auf den gerade entlassenen Alex losgegangen und war dabei ihn zu würgen oder was.
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Moon 44

DisposableMiffy

Zitat von: Moonshade am 18 Oktober 2013, 11:05:18
Jackman ist enorm in Form, allerdings muß er mit zunehmender Laufzeit zu oft den Racherambo mimen, während ich Gyllenhalls Darstellung als die Gelungenere einstufe, mit kleinen Mitteln (das streßbedingte Zwinkern allein, das ansteckend wirkt), wenigen Gesten und einem abgrundtief müden Gesicht, hinter dem ständig lauert, daß er weiß, wie beschissen die Menschen wirklich sind.

Mit etwas Abstand betrachtet würde ich mich dem anschließen. Das ständige Zwinkern konnte ich erst nicht einordnen und es hat mich zunehmend irritiert, Stress als Erklärung leuchtet aber ein. 

Zitat von: Moonshade am 18 Oktober 2013, 11:05:18
Der wird allein in Sachen Wirkung bei mir länger vorhalten als "Gravity", den ich "erzählerisch" schon wieder beiseite geschoben habe (ungeachtet der hervorragenden Technik und Inszenierung).
Für mich kein Kandidat für mehrfaches Schauen (dazu ist er einfach zu niederschmetternd), aber eine echte Kinoperle, die man auch mal auszeichnen könnte.

Was den "Gravity"-Vergleich angeht, sehe ich das ähnlich. Während das Visuelle beim zweiten Kinobesuch seinen Reiz beibehielt, fand ich die inhaltliche Leere da dann schon auffällig.

"Prisoners" läuft hier inzwischen auch OmU, vielleicht gehe ich sogar noch mal rein (wobei ich die Synchro schon gelungen fand). Ins Regal stellen werde ich mir den aber auf jeden Fall und bei passender Stimmung erneut gucken.
letterboxd.com

Dumm geboren, nichts dazu gelernt und die Hälfte davon vergessen.

Hearing only what you wanna hear and knowing only what you've heard.

Moonshade

Zitat von: DisposableMiffy am 22 Oktober 2013, 17:43:11
Mit etwas Abstand betrachtet würde ich mich dem anschließen. Das ständige Zwinkern konnte ich erst nicht einordnen und es hat mich zunehmend irritiert, Stress als Erklärung leuchtet aber ein. 

Das ist ja - bis zu seinem
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fatalen Ausbruch nach zwei Dritteln
- auch das einzige Zeichen von emotionaler Anteilnahme, die er der Öffentlichkeit zuführt.
Er motzt zwar regelmäßig seinen feisten Chef an, arbeitet aber scheinbar immer allein (und wohl auch immer erfolgreich) und schluckt Druck, Anschuldigungen, Beschwerden, hysterische Ausbrüche und nicht zuletzt ein beschauliches amerikanisches Landleben, in dem so viele Kaputte und Perverse auf so engem Raum leben, daß gewöhnlichen Menschen Angst und Bang werden könnte.

Er ist vollkommen von allem menschlichen Kontakt zurückgezogen - zeigt sich schon an seiner (imho hervorragenden Einführung, bei der er einsam an Thanksgiving in einem Chinarestaurant sitzt) - ein lebender Leichnam, der wie automatisiert noch Fälle löst, obwohl er sich scheinbar auch daran nicht mehr erfreuen/befriedigen kann.
Das Zwinkern finde ich sowohl simpel wie subtil, eben weil es sein einziges Ventil ist und man ihm wünscht, daß er minütlich Verdächtige und Verantwortliche niederknüppeln wird. :icon_mrgreen:
"Du hältst durch und ich halte durch und nächstes Jahr gehen wir einen saufen!

"Anything invented after you're thirty-five is against the natural order of things.!" (Douglas Adams)

Deer Hunter

Wird nicht sogar kurz erwähnt, dass Gyllenhaals Charakter aus einem schwierigen, familiären Umfeld stammt bzw. dass er in einem Heim aufgezogen wurde. Dazu passt doch auch sein einsames Thanksgivingessen im Diner. Und die eindeutigen Tattoos an seinen Knöcheln sprechen auch eine eigene Sprache.

Ansonsten ist alles gesagt. Für mich stellt der Film einer der besten seiner Zunft der letzten Jahre dar. Spannend von der ersten bis zur letzten Minute, nie und zu keiner Zeit langweilig, dazu überzeugend gespielt.

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Das Ende ist m.E. auch eindeutig. Gyllenhaal wird Jackman finden, daran lässt der Regisseur doch keinen Zweifel. Die Pfeife wird doch auch öfters erwähnt, nicht nur erst am Ende.
"Das nächste Lied heißt eigentlich 'Ich bin so wie ich bin' aber weil Bela "auch" ein bisschen mitsingt, heißt es 'FICKEN'!"

zartcore
Ah, tweed. Fabric of the eunuch.

Rollo Tomasi

So, hab den Film jetzt auch gesehen und kann mich den positiven Beurteilungen hier rückhaltlos anschließen.
Über die gesamte Laufzeit spannend, tolle Schauspieler durch die Bank!
8,5/10

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Den größten inhaltlichen Klemmer bei dem Film habe ich damit, dass der entführte Junge nicht geredet hat. Nur um seine verkorksten Pflegeeltern zu schützen, hält er die schlimmsten Schmerzen aus? Wenn der Junge nicht so sehr intelligent ist, wie alle gesagt haben, würde ich erwarten, dass er alles tut, um Schmerzen zu vermeiden. Dann hätte allerdings der Film nicht funktioniert.
Insofern ist der Junge auch gar nicht so unschuldig, wie ich das hier mal gelesen habe, denn er wusste ja, was seine Eltern getan haben.
Ich würde es auch für besser gehalten haben, wenn der Junge wirklich unschuldig gewesen wäre, denn so gibt das dem Vater im Nachhinein recht: Er hat den Jungen zurecht verdächtigt, etwas zu wissen und er hat ihn "zurecht" gefoltert.

Wenn ich das richtig verstanden habe, durfte der Junge die entführten Kinder mit dem Camper rumfahren? Das würde ich aus Sicht der Entführer auch als nicht besonders clever bezeichnen.
Was ist eigentlich mit dem Jungen passiert? Der Polizist hat ihn schreien gehört, aber ob er überlebt hat, ist nicht bekannt, oder?

Was den Schluss angeht, bin ich mir sehr sicher, dass der Polizist die Pfeife gehört hat und er gerettet werden kann.

Was die hier angesprochene Gewissenhaftigkeit des Polizisten betrifft, muss ich widersprechen. Er hat doch zumindest zwei ziemliche Böcke gebaut. Erst lässt er sich von dem Vater dabei erwischen, wie er ihn verfolgt. Und dann lässt er sich von dem verdächtigen jungen Mann die Waffe klauen.

Was hat dieser Verdächtige eigentlich genau gemacht. Das war auch ein Entführungsopfer, aber er konnte fliehen? Und dann kauft er für entführten Kinder Klamotten ein? Und bricht in die Häuser ein, aus denen Kinder entführt wurden? Und mach Kisten mit Habseligkeiten zurecht mit Sachen zurecht, die er gekauft hat?? Und vergräbt Puppen im Garten??? Keine Ahnung, was das alles zu bedeuten hatte. Vielleicht hab ich da irgendwas nicht mitgekriegt? Und er erschießt sich genau warum? So richtig Unrechtes hat er doch gar nicht getan. Weil er durch sein durchlittenes Entführungstrauma und die Verdächtigungen der Polizei dazu getrieben wurde?
"Ich hab neulich gehört: 35 % der Zahlen und Fakten, die so kursieren, stimmen gar nicht! ... Das ist fast ein Drittel!" (Hagen Rether)
"Stellen sie sich einmal vor, es gäbe keine Autos, es gäbe keine Telefone und es gäbe keine Computer .... sie würden doch den ganzen Tag fernsehen, oder?" (Hagen Rether)

droog

Zitat von: Rollo Tomasi am  2 November 2013, 10:34:37
Den größten inhaltlichen Klemmer bei dem Film habe ich damit,
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 dass der entführte Junge nicht geredet hat.
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Da dachte ich mir zuerst auch, dass es sich der Film etwas einfach macht aber letztlich ist der Junge ja nicht nur weit unterdurchschnittlich intelligent sondern auch traumatisiert und vermutlich auch noch Jahre lang mit diesem Pepsiflaschen-Cocktail der Alten unter Drogen gesetzt worden. Meiner Erfahrung nach ist das Handeln von traumatisierten Menschen oder Leuten mit einer krassen Drogenvergangenheit nicht immer nachvollziehbar. Mit unserer Vorstellung von logischem Handeln kommt man da häufig nicht weit und deshalb war das Schweigen des Jungen für mich dann doch kein großes Problem. Mit seiner Vergangenheit wäre jedes Verhalten erklärbar.


Zitat
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Insofern ist der Junge auch gar nicht so unschuldig, ...

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Was ist eigentlich mit dem Jungen passiert? Der Polizist hat ihn schreien gehört, aber ob er überlebt hat, ist nicht bekannt, oder?
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Es wird mein ich am Ende eine Zeitungsmeldung gezeigt in der stand, dass der Junge nach 17 oder so Jahren wieder mit seiner Familie vereint wurde. Deshalb und wegen der oben geschriebenen Unmündigkeit denke ich, dass der Junge "vom Film" schon als unschuldig angesehen wird. Jackmans Methoden werden also nicht unbedingt gerechtfertigt.



ZitatWas den Schluss angeht,
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bin ich mir sehr sicher, dass der Polizist die Pfeife gehört hat und er gerettet werden kann.
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Das denke ich auch. Die Szene wird meiner Meinung nach deshalb so cliffhangerig beendet weil der Film eh schon recht lang ist und auch nicht mehr unbedingt gezeigt werden muss, was jetzt kommt. Die Konsequenzen für Jackman wurden deshalb auch schon kurz vorher im Krankenhaus besprochen.


ZitatWas hat dieser Verdächtige eigentlich genau gemacht...
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Der wurde von der Alten und ihrem Mann entführt und konnte fliehen. Da er unter Drogen gesetzt wurde hatte er keine Erinnerung an das Geschehene und schätzungsweise im Versuch, das Erlebte aufzuarbeiten dieses Labyrinthebuch gelesen. Konnte sich wahrscheinlich an den Labyrinthanhänger von dem Typen aus dem Keller vom Priester erinnern. Dann hatte er so einen Schaden, dass er seine Entführer nachgeahmt hat. Sozialverträglicherweise hat er das aber alles nicht mit echten Kindern sondern mit Puppen gemacht. Quasi nachgespielt. So hab ich das verstanden. Umgebracht hat er sich, weil er eh ein psychisches Wrack war. Bei so einem kaputte Charakter kann man sich ja einiges vorstellen.


Was ich nicht verstanden habe:
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Irgendwann kurz nach der Entführung trifft sich Jackman mit einem anderen Typen, wohl auch ein Prepper, und geht in ein Schlafzimmer mit bis zur Decke gestapelten Vorratskisten (oder so). Einer von beiden sagt dann noch etwas in Richtung "und hier ist es". Bisschen wie bei einer Hausbesichtigung. Kann mir einer erklären, was das sollte? Oder hab ich das was falsch verstanden?


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Wie kommt Jackman nach dem "du warst auch da" des anderen Mädels so schnell darauf, dass seine Tochter bei der Alten ist?


Ganz großartig fand ich übrigens den Polizisten. Mit dem würde ich mir noch mehr Filme wünschen. Sein Verhalten, diese seltsamen Tattoos auf den Fingern, die angedeutete Hintergrundgeschichte mit
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dem Heim für Schwererziehbare und dann heißt der auch noch "Loki".


Nicht so gut gefallen hat mir, dass Gyllenhall
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den Fall am Ende mehr oder weniger durch Zufall und nicht durch Ermittlungen gelöst hat.


Dennoch: toller Filme, hat mich positiv an Mystic River erinnert. Bekommt von mir lockere 9/10
PEHDTSCKJMBA

Rollo Tomasi

Zitat von: droog am  5 November 2013, 00:25:27
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Da dachte ich mir zuerst auch, dass es sich der Film etwas einfach macht aber letztlich ist der Junge ja nicht nur weit unterdurchschnittlich intelligent sondern auch traumatisiert und vermutlich auch noch Jahre lang mit diesem Pepsiflaschen-Cocktail der Alten unter Drogen gesetzt worden. Meiner Erfahrung nach ist das Handeln von traumatisierten Menschen oder Leuten mit einer krassen Drogenvergangenheit nicht immer nachvollziehbar. Mit unserer Vorstellung von logischem Handeln kommt man da häufig nicht weit und deshalb war das Schweigen des Jungen für mich dann doch kein großes Problem. Mit seiner Vergangenheit wäre jedes Verhalten erklärbar.

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Okay, aber etwas diskussionswürdig ist das schon, dass er nicht geredet hat.


Zitat von: droog am  5 November 2013, 00:25:27
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Es wird mein ich am Ende eine Zeitungsmeldung gezeigt in der stand, dass der Junge nach 17 oder so Jahren wieder mit seiner Familie vereint wurde. Deshalb und wegen der oben geschriebenen Unmündigkeit denke ich, dass der Junge "vom Film" schon als unschuldig angesehen wird. Jackmans Methoden werden also nicht unbedingt gerechtfertigt.

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Das verstehe ich nicht ganz. Zeitungsmeldung? Ist mir entgangen? Mit seiner Familie vereint? Mit der echten? Seine Pflegeeltern sind ja beide tot!


Zitat von: droog am  5 November 2013, 00:25:27
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Der wurde von der Alten und ihrem Mann entführt und konnte fliehen. Da er unter Drogen gesetzt wurde hatte er keine Erinnerung an das Geschehene und schätzungsweise im Versuch, das Erlebte aufzuarbeiten dieses Labyrinthebuch gelesen. Konnte sich wahrscheinlich an den Labyrinthanhänger von dem Typen aus dem Keller vom Priester erinnern. Dann hatte er so einen Schaden, dass er seine Entführer nachgeahmt hat. Sozialverträglicherweise hat er das aber alles nicht mit echten Kindern sondern mit Puppen gemacht. Quasi nachgespielt. So hab ich das verstanden. Umgebracht hat er sich, weil er eh ein psychisches Wrack war. Bei so einem kaputte Charakter kann man sich ja einiges vorstellen.

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Okay, so hab ich das auch verstanden. Das fand ich schon seltsam, dass er das nachgespielt hat??


Zitat von: droog am  5 November 2013, 00:25:27
Was ich nicht verstanden habe:
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Irgendwann kurz nach der Entführung trifft sich Jackman mit einem anderen Typen, wohl auch ein Prepper, und geht in ein Schlafzimmer mit bis zur Decke gestapelten Vorratskisten (oder so). Einer von beiden sagt dann noch etwas in Richtung "und hier ist es". Bisschen wie bei einer Hausbesichtigung. Kann mir einer erklären, was das sollte? Oder hab ich das was falsch verstanden?

Daran erinnere ich mich ehrlich gesagt nicht???

Zitat von: droog am  5 November 2013, 00:25:27
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Wie kommt Jackman nach dem "du warst auch da" des anderen Mädels so schnell darauf, dass seine Tochter bei der Alten ist?

Stimmt, das dachte ich auch!
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Er ist vielleicht alle Orte durchgegangen, an denen er war, und dann blieb nur das übrig, was die Tochter gemeint haben könnte.
"Ich hab neulich gehört: 35 % der Zahlen und Fakten, die so kursieren, stimmen gar nicht! ... Das ist fast ein Drittel!" (Hagen Rether)
"Stellen sie sich einmal vor, es gäbe keine Autos, es gäbe keine Telefone und es gäbe keine Computer .... sie würden doch den ganzen Tag fernsehen, oder?" (Hagen Rether)

Deer Hunter

Zitat von: Rollo Tomasi am  5 November 2013, 12:11:38
Zitat von: droog am  5 November 2013, 00:25:27
Spoiler: zeige
Es wird mein ich am Ende eine Zeitungsmeldung gezeigt in der stand, dass der Junge nach 17 oder so Jahren wieder mit seiner Familie vereint wurde. Deshalb und wegen der oben geschriebenen Unmündigkeit denke ich, dass der Junge "vom Film" schon als unschuldig angesehen wird. Jackmans Methoden werden also nicht unbedingt gerechtfertigt.

Spoiler: zeige
Das verstehe ich nicht ganz. Zeitungsmeldung? Ist mir entgangen? Mit seiner Familie vereint? Mit der echten? Seine Pflegeeltern sind ja beide tot!


Spoiler: zeige
Ja, mit seinen richtigen Eltern. Der Zeitungsausschnitt wird tatsächlich kurz am Ende gezeigt, daran kann ich mich erinnern.


ZitatDaran erinnere ich mich ehrlich gesagt nicht???

Ich ehrlich gesagt ebenfalls nicht... :00000109:
"Das nächste Lied heißt eigentlich 'Ich bin so wie ich bin' aber weil Bela "auch" ein bisschen mitsingt, heißt es 'FICKEN'!"

zartcore
Ah, tweed. Fabric of the eunuch.

droog

5 November 2013, 14:10:38 #15 Letzte Bearbeitung: 5 November 2013, 15:23:06 von droog
ZitatDaran erinnere ich mich ehrlich gesagt nicht???

Ich ehrlich gesagt ebenfalls nicht... :00000109:

Ja, ok...  :icon_redface:
Spoiler: zeige
Hab mir in den dunklen Eckes des Internets die Szene noch mal angeguckt und es war nicht Jackman sondern Gyllenhall. Und zwar war das einer der Sexualstraftäter, die er abklappert bevor er zu dem Priester kommt. Da war ich in Gedanken wohl woanders.


Aber bei der Gelegenheit...
Zitat...Zeitungsmeldung?...
PEHDTSCKJMBA

Deer Hunter

Zitat von: droog am  5 November 2013, 14:10:38
Ja, ok...  :icon_redface: [spoiler]Hab mir in den dunklen Eckes des Internets die Szene noch mal angeguckt und es war nicht Jackman sondern Gyllenhall. Und zwar war das einer der Sexualstraftäter, die er abklappert bevor er zu dem Priester kommt. Da war ich in Gedanken wohl woanders.

Ah ja, jetzt weiß ich was du meinst. Sagt nicht Gyllenhaal noch so was wie "..und hier das Zeug aus Deutschland!" oder "...das ganze deutsche Zeug!" Ist das diese Szene?
"Das nächste Lied heißt eigentlich 'Ich bin so wie ich bin' aber weil Bela "auch" ein bisschen mitsingt, heißt es 'FICKEN'!"

zartcore
Ah, tweed. Fabric of the eunuch.

droog

Ja, genau.
Spoiler: zeige
Zuerst kommt meine Verwechselungsszene und dann die in dem Büro mit den deutschen Pornos und danach kommt er glaub ich auch schon zum Priester.
PEHDTSCKJMBA

uboot

So, jetzt auch gesehen und ebenfalls für sehr stark befunden. Allerdings muss ich den bereits hier genannten "Logikfehlern" zustimmen, die trotzdem das Gesamtbild nur wenig trüben. Ohne diese "Fehler" wäre es womöglich eine 10/10 geworden.

Ich bin mir übrigens ziemlich sicher, dass Keller
Spoiler: zeige
am Ende natürlich gefunden wird. Der Polizist hört die Pfeiffe, zuerst weiß er nicht woher, aber in der letzten Einstellung blickt er genau zur richtigen Stelle und sieht damit zwangsläufig das Auto bzw. die etwas herausstehende Klappe. Er ist ja nicht dumm und wird natürlich nachgucken und ihn dann finden. Da sah ich überhaupt keinen Zweifel.


Bei Bob (dem Typen mit den Schlangen) glaube ich übrigens, dass er
Spoiler: zeige
extra für die "böse alte Frau" noch einmal Wäsche beschafft hat um sie mit Blut zu beschmutzen, damit die Polizei und Eltern denken die Kinder wären tot. Der Polizist findet ja auch unterm Fenster genau die vorher vom Vater identifizierte Socke und weiß daher, dass das ein Fake dann war.
Und die
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Wäsche im Supermarkt hat er natürlich für die Kinder auch besorgt, im Auftrag der "bösen Alten".


Und natürlich wusste Keller sofort wo er
Spoiler: zeige
 dann am Ende hinmusste, weil er ja nur an einer außergewöhnlichen Stelle war (bei der Alten Zuhause). In seinem alten Haus (wo er Alex gefangen hielt) werden wohl kaum die Kinder gewesen sein... Sonst war er ja nirgendwo.


Für mich ne klare 8/10. Sehr empfehlenswert.

Inspektor Yuen

Habe den Film jetzt ebenfalls gesehen, das zweite Mal seit Ewigkeiten im Kino und wieder nicht enttäuscht worden, dank eurer Bewertungen.  :respekt:

Ich mag diesse Art von Film einfach, klasse Darsteller und gut gefilmt.

Jake Gyllenhaal avanciert zu einem meiner Lieblingsdarsteller, er hat eine großartige Präsenz in diesem Film.
Da würde ich mir sehr gerne einen neuen Fall mit ihm als Loki anschauen, die Rolle gibt einfach was her, finde ich.
Hugh Jackman hat mir ebenfalls gefallen auch wenn er darstellerisch in der zweiten Hälfte nicht mehr viel zu tun hat, der restliche Cast ist ordentlich.

Die von euch genannten Makel
Spoiler: zeige
(Loki´s Beschattung, die Pistole im Verhörzimmer)
kratzen an der Höchstnote. 9/10
"Wenn ich jetzt sterben würde, was würdest du machen?" -"Ich würd dich nicht sterben lassen!"

PierrotLeFou

Habe ihn heute gesehen und war sehr beeindruckt...
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das fing schon damit an, dass der Versuch einer "Rettungsfolter" nicht wie im jungen Terrorfilm ausgeschlachtet wird. Es gibt interessante, glaubwürdige, ambivalente Charaktere, die allesamt etwas vor ihrer Umwelt zu verbergen trachten. Hinzu kam das Ende - bei welchem ich mich frage, ob darin nicht auch ganz nebenbei eine kleine Verbeugung vor Sluizers "Vanishing" zu sehen war -, welches die moralischen Aspekte des Films ja erst wirklich interessant macht.


Zitat von: Rollo Tomasi am  2 November 2013, 10:34:37Ich würde es auch für besser gehalten haben, wenn der Junge
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wirklich unschuldig gewesen wäre, denn so gibt das dem Vater im Nachhinein recht: Er hat den Jungen zurecht verdächtigt, etwas zu wissen und er hat ihn "zurecht" gefoltert.
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Ich bin sehr froh, dass der Junge tatsächlich zur Auflösung hätte beitragen können - ich hatte schon befürchtet, dass es einer dieser Filme ist, die es sich leicht machen und das behauptete "Falsche" einer Selbstjustiz-Aktion damit begründen, dass sie sie einem Unschuldigen treffen lassen. Hier wurde das gut gelöst: der folternde Vater hat mit seinem Verdacht vollkommen recht und ist im Prinzip auf der richtigen Spur; gleichzeitig wird aber zum einen nie nahegelegt, dass das Foltern & das Entführen die einzigen oder auch die richtigen Mittel wären - und zum anderen gibt es zwar ein Folteropfer, das die benötigten Infos kennt, sie aber nicht nennt. [Insofern halte ich das Schweigen des Opfers für nicht bloß dramaturgisch notwendig: das ist auch Teil des Folterdiskurses, den der Film teilweise enthält. Das jemand unter der Folter eine Info nicht nennen kann, will oder darf, oder dass er nicht einmal versteht, dass er sie nennen soll, wird ja in Argumentationen gegen die Folter immer wieder mal angeführt, wenngleich Folter der Erfahrung nach eine wirklich effektive Vorgehensweise darstellt.]
Da hätte eine Kommunikation zwischen Jackman und Gyllenhaal vielleicht einfacher & schmerzloser zum Ziel führen können als dieser Rettungsfolter-Versuch... das passt im Grunde zu einem Film, in dem jeder Charakter letztlich etwas vor seinen Mitmenschen versteckt und verbirgt (und quasi die eine oder andere Leiche im Keller hat, was bei manchen Figuren wörtlich zu nehmen wäre). Und angesichts der Tatsache, dass man bei den Nicht-ganz-Normalen nicht einmal versucht, per Kommunikation einen Zugang zu finden - so setzt ja auch Gyllenhaal auf Gewalt, wenn er dem Jungen droht, es würde seiner Tante schlecht ergehen, sollte er nicht reden -, wird der Film besonders tragisch... das Irrgarten-Motiv, das ja auch auf den Plakaten eine recht große Rolle spielt, scheint mir da eine sehr zentrale Rolle zu spielen: Etwas verbergen, keinen Zugang finden können - das spiegelt sich beides in diesem Bild gut wieder.



Zitat von: Inspektor Yuen am 16 November 2013, 18:46:24Die von euch genannten Makel
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(Loki´s Beschattung, die Pistole im Verhörzimmer)
kratzen an der Höchstnote. 9/10
Wird sowas eigentlich tatsächlich von den meisten als Makel angesehen? Ich kenne soviele Menschen - mich eingeschlossen -, die regelmäßig etwas saublödes machen, manchmal sogar auf Gebieten, bei denen sie es eigentlich besser wissen müssten... Hinzu kommt ja auch, dass es Gyllenhaals Charakter nun wirklich nicht sehr gut zu gehen scheint: er ist recht einsam, hat nen kleinen Tic und kommt im aktuellen Fall nicht unbedingt optimal voran und muss sich auch noch Vorwürfe vom Vater der Kinder anhören. Seltsames oder dämliches Verhalten von Figuren würde ich nicht automatisch als Fehler eines Films ankreiden wollen... Und was die
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Beschattung
betrifft:
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Da kommt ja noch das Hupen des anderen Autofahrers hinzu, welches zusätzlichen Druck ausübt. Vielleicht wäre es erstmal klüger gewesen, weiterzufahren... aber in so einer Situation können doch auch einem routinierten Menschen noch Fehler unterlaufen...



Alles in allem kommt "Prisoners" zwar auch nicht ohne die eine oder andere Schablone, das eine oder andere Klischee aus, aber der Film schien mir nach der Erstsichtung auf so vielen Ebenen diskussionswert zu sein, dass er mir die Höchstnote wert war - zumal die Inszenierung auch sehr bewundernswert und der Spannungsbogen mMn sehr gelungen ist. Ich werde den kurz vor Weihnachten wohl nochmals mit ein paar Freunden sichten und freue mich schon sehr auf dieses Wiedersehen... ich denke, dass ist einer dieser Filme, die mit jeder neuen Sichtung etwas wachsen dürften, ohne dass es sich dabei um eine bloße Kniffelei einer verdrehten Handlung handeln würde, nach der man dann bloß das Gefühl hat, mit einer Art Rätselspiel abgeschlossen zu haben. :D
"Eines Tages werde ich ein wahrhaft großes Drama schreiben. Niemand wird verstehen, worauf es hinaus will, aber alle werden nach Hause gehen mit einem vagen Gefühl der Unzufriedenheit mit ihrem Leben und ihrer Umgebung. Dann werden sie neue Tapeten aufhängen und die Sache vergessen." (Saki)

elpadro

Ich will ja nicht nerven mit meinem imho immer noch elementaren inhaltlichen Kritikpunkt, aber hast Du eine Meinung zu meiner Anmerkung, dass der Zusammenhang zwischen der Entführung und Jackman für Gyllenhaal sofort klar hätte sein müssen und es daher nicht nachvollziehbar ist, dass er ihn nicht gleich verdächtigt und einfach mal fragt?

PS: Irgendwas stimmt hier nicht mit dem Thread - da sind einige Beiträge verschwunden, u.a. auch einer von mir, in dem ich o.g. Punkt angesprochen hatte.
"Hey Asshole, I'm talking to you!"
"You're not, you're talking to yourself."
Moon 44

PierrotLeFou

Zitat von: elpadro am  7 Dezember 2013, 10:11:18
Ich will ja nicht nerven mit meinem imho immer noch elementaren inhaltlichen Kritikpunkt, aber hast Du eine Meinung zu meiner Anmerkung, dass der Zusammenhang zwischen
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der Entführung und Jackman
für Gyllenhaal sofort klar hätte sein müssen und es daher nicht nachvollziehbar ist, dass er ihn nicht gleich verdächtigt und einfach mal fragt?

PS: Irgendwas stimmt hier nicht mit dem Thread - da sind einige Beiträge verschwunden, u.a. auch einer von mir, in dem ich o.g. Punkt angesprochen hatte.

(Sicher, dass das nicht auch im "Letzte Sichtung"-thread stehen könnte?)


Ich werde bei der zweiten Sichtung mal genauer darauf achten, aber allzu sehr gestört hat es mich eigentlich nicht.
Man kann bei diesem Film ja nicht in die Köpfe der Leute hineinschauen, insofern gibt es natürlich viel Interpretationsspielraum... ich hatte jetzt eher den Eindruck, dass Gyllenhaal schon recht früh einen Verdacht hat, der sich dann nach und nach verdichtet...
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Als er von der Entführung erfährt - die liegt zu dem Zeitpunkt ja schon über einen Tag zurück, wenn ich mich nicht irre - schaut er sich nochmals die Videobänder an... womöglich geht er zu diesem Zeitpunkt ja auch erstmal davon aus, dass der Verschwundene doch nicht so unschuldig ist, wie er es zuvor gedacht hat; und dann wird er ja erstmal von dem anderen Verdächtigen abgelenkt. Und danach beginnt er ja auch damit, Jackman nachzustellen - und als er ihn beschattet und dabei entdeckt wird, beschuldigt er ihn ja auch bloß indirekt irgendwelcher Absichten, ohne wirklich konkret zu werden.
Dieses indirekte Nachfragen - ohne dabei konkrete Anschuldigungen auszusprechen - wird ja schon sehr früh eingeführt im Film... (zB wenn Gyllenhaal nach Jackmans Übergriff auf den jungen Mann nachfragt, ob Jackman dessen Äußerungen auch tatsächlich klar gehört habe: sobald Jackman sich der Lüge bezichtigt fühlt, weist Gyllenhaal diesen Vorwurf ja zurück.) Daher habe ich den Eindruck, dass der Film einfach stärker zu diesem indirekten, unausgesprochenen Abtasten neigt, bei dem der Kern einer Sache im Dialog bloß umkreist, aber nicht angesprochen wird... vor diesem Hintergrund ist es nicht mehr so ohne weiteres möglich zu sagen, ab wann Gyllenhaal einen Verdacht hegt.


Aber wie auch immer man das jetzt betrachten mag: für mich wären das allenfalls Unklarheiten, die nicht weiter ausgeführt werden, und keine Fehler. Und ob und wieviele Ermittler im richtigen Leben anders vorgehen würden, weiß ich nicht und finde es auch nicht sonderlich interessant.
Ich kenne jetzt niemanden, dessen Ansichten und Handlungen ich ausnahmslos immer nachvollziehen kann; da macht es mir nichts aus, wenn es bei Filmfiguren (in einem gewissen Rahmen) ähnlich sein sollte.
"Eines Tages werde ich ein wahrhaft großes Drama schreiben. Niemand wird verstehen, worauf es hinaus will, aber alle werden nach Hause gehen mit einem vagen Gefühl der Unzufriedenheit mit ihrem Leben und ihrer Umgebung. Dann werden sie neue Tapeten aufhängen und die Sache vergessen." (Saki)

vodkamartini

@PierrotLeFOu
Sehr schöne Reflexionen über einen auch für mich stärksten Filme des aktuellen Kinojahres. In "Prisoners" ist letzlich alles und jeder grau, da geht es nur noch um unterschiedliche Schattierungen.
www.vodkasreviews.de

There's a saying in England: Where there's smoke, there's fire. (James Bond, From Russia with love)

PierrotLeFou

Zitat von: vodkamartini am  7 Dezember 2013, 11:39:58
@PierrotLeFOu
Sehr schöne Reflexionen über einen auch für mich stärksten Filme des aktuellen Kinojahres. In "Prisoners" ist letzlich alles und jeder grau, da geht es nur noch um unterschiedliche Schattierungen.

Für mich ist es momentan auch der beste Film des Jahres... :love: ich bin mal gespannt, ob "Blue is the Warmest Color", "12 Years a Slave" oder der neue "Heimat"-Film von Reitz ihn vom Sockel stoßen können. Ich bin auch wirklich auf die Zweitsichtung gespannt, denn momentan habe ich ein wenig das Gefühl, dass es für mich sogar der beste Thriller seit "Vertigo" und "Psycho" sein könnte (auch wenn es sicher kein üblicher Genrefilm sein will). (Ich mochte ihn zumindest ein kleines Tickchen lieber als "Das Schweigen der Lämmer", die Thriller von Fincher oder den Coen-Brüdern...)
Das war wirklich mal eine unglaublich positive Überraschung...
"Eines Tages werde ich ein wahrhaft großes Drama schreiben. Niemand wird verstehen, worauf es hinaus will, aber alle werden nach Hause gehen mit einem vagen Gefühl der Unzufriedenheit mit ihrem Leben und ihrer Umgebung. Dann werden sie neue Tapeten aufhängen und die Sache vergessen." (Saki)

cyborg_2029

Sehr düster und bedrückend. Klasse Leistung aller Schauspieler, gerade bei Gyllenhaal spürte man wie es im Inneren brodelte. Die Geschichte selbst fand ich nicht ganz so spannend, auch wenn ich nicht auf den Kidnapper gekommen bin. Ein paar Sachen hätte man anders machen können. Trotzdem seit langem mal wieder ein richtig guter Thriller.
8/10
Lebensweisheiten 101: "Wenn Du einmal damit anfängst, dann kniest Du nur noch."

StS

8 April 2014, 20:57:03 #26 Letzte Bearbeitung: 8 April 2014, 20:59:55 von StS
Bei Denis Villeneuve´s US-Debüt ,,Prisoners" handelt es sich um einen hochwertig produzierten und absolut sehenswerten dramatischen Thriller aus dem Jahre 2013, der primär dank einer Reihe starker Performances und einer intensiven düster-bedrückenden Atmosphäre zu überzeugen weiß. Die Story an sich ist zwar keinesfalls irgendwie als innovativ oder so zu bezeichnen, kommt allerdings kompetent verfasst daher und erfüllt ihren angedachten Zweck im Zuge dessen überaus achtbar. Die Verknüpfung eines klassischen ,,Police Procedural"-Konstrukts mit verzwickten moralischen Fragen auf Seiten der betroffenen Familienmitglieder zweier verschwundener, aller Wahrscheinlichkeit nach einem Verbrechen zum Opfer gefallener Kinder funktioniert (unabhängig der damit verbundenen ,,emotionalen Manipulation" des Zuschauers) sehr gut – was vorrangig einer tollen, u.a. mit Jake Gyllenhaal, Hugh Jackman, Maria Bello, Paul Dano, Terrence Howard, Viola Davis und Melissa Leo aufwartenden Besetzung zuzurechnen ist. Während Jackman die beste darstellerische Leistung seiner bisherigen Karriere abliefert, wird er aber dennoch seitens seines Co-Stars Gyllenhaal in den Schatten gestellt – worüber hinaus das Drehbuch Aaron Guzikowskis ebenso gut ist wie die Inszenierung Villeneuves sowie die stimmungsvolle Kameraarbeit vom Branchen-Ass Roger Deakins. Die Laufzeit von knapp 150 Minuten entfaltet sich in einem ruhigen Tempo geradezu optimal bemessen, ergiebig wird ein rundum zufrieden stellendes Maß an Spannung aufgebaut sowie konstant bis zum Einsetzen des Abspanns hin aufrecht erhalten. Kurzum: Eine klare Empfehlung – in erster Linie für ein ,,erwachsenes Publikum"...    8/10
"Diane, last night I dreamt I was eating a large,  tasteless gumdrop and awoke to discover I was chewing one of my foam disposable earplugs.
Perhaps  I should consider moderating my nighttime coffee consumption...."
(Agent Dale B.Cooper - "Twin Peaks")

McClane

Viele aktuelle Thriller setzen ja auf atemlose Twists, die sich überbiete, und Konstruktionen, welche die Glaubwürdigkeit stark strapazieren oder sogar überlasten. Und manchmal macht das auch Spaß, siehe etwa "Non-Stop", doch "Prisoners" zeigt wie unheimlich gut ein einfacher, dichter Thriller sein kann, bei dem jedes Puzzleteilchen am Ende passgenau ineinandergreift, ohne dass das Ganze überkompliziert wäre, sondern sinnvoll und konsequent logisch alle Figuren und Zusammenhänge erklärt. Noch dazu ein famoses Drama über Familienwerte, Verzweiflung und den Moment, in dem man das Zivilisierte hinter sich lässt, vor allem von Hugh Jackman und Jake Gyllenhall in der (durchweg tollen) Besetzung exzellent gespielt. Der eine als Vater am Rande des Nervenzusammenbruchs mit emotionalen Ausbrüchen und fanatischem Eifer, der andere als unterkühlter, idealistischer Cop, dessen Hintergründe unbeleuchtet bleiben, der aber gerade dadurch ausnahmsweise mal umso interessanter wirkt: Gleichzeitig an mehreren Stellen tätowiert und doch ein Anzugträger, ohne sichtliches Privatleben, ohne Offenlegen, was diesen Mann antreibt, allenfalls Hinweise und Andeutungen bezüglich seiner Biographie, nie Konkretes. Famos. Über zweieinhalb Stunden keine Minute langweilig, unheimlich stimmig von seiner Atmosphäre her. Langsam, fast schleichend geht Villeneuves voran, ist aber umso stärker in seiner Sogwirkung. Makel finden sich nur kleine, etwa die hier schon genannte Frage
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warum die Polizei am Ende das ganze Grundstück umgräbt, aber noch nicht auf die Idee gekommen ist mal die alte Karre beiseite zu bewegen
, aber das macht kaum was aus. (8,5-9/10)
"Was würde Joe tun? Joe würde alle umlegen und ein paar Zigaretten rauchen." [Last Boy Scout]

"testosteronservile Actionfans mit einfachen Plotbedürfnissen, aber benzingeschwängerten Riesenklöten"
(Moonshade über yours truly)

Riddick

Zitat von: McClane am  6 Mai 2014, 08:30:56
Viele aktuelle Thriller setzen ja auf atemlose Twists, die sich überbiete, und Konstruktionen, welche die Glaubwürdigkeit stark strapazieren oder sogar überlasten. Und manchmal macht das auch Spaß, siehe etwa "Non-Stop", doch "Prisoners" zeigt wie unheimlich gut ein einfacher, dichter Thriller sein kann, bei dem jedes Puzzleteilchen am Ende passgenau ineinandergreift, ohne dass das Ganze überkompliziert wäre, sondern sinnvoll und konsequent logisch alle Figuren und Zusammenhänge erklärt.

Dem stimme ich völlig zu. Ich muss ganz ehrlich sagen, dass mich die vielen Twists in den neueren Filmen immer mehr stören, weil sie inzwischen zum "Standard" geworden sind und irgendwie aufgesetzt wirken.
"Prisoners" hingegen ist ein klassischer Thriller mit einer ultraspannenden Geschichte und tollen Darstellern. Trotz seiner hohen Laufzeit war der Film nicht einmal langweilig.

8/10
"Schnell rennt das kriminelle Element,wenn es Dieter Krause kennt." - Tom Gerhardt (Hausmeister Krause)

pm.diebelshausen

Zitat von: PierrotLeFou am  7 Dezember 2013, 12:04:42Ich bin auch wirklich auf die Zweitsichtung gespannt, denn momentan habe ich ein wenig das Gefühl, dass es für mich sogar der beste Thriller seit "Vertigo" und "Psycho" sein könnte

Da würde mich nun sehr interessieren, wie es Dir auf den zweiten Blick erging.
Es gibt viele, die nicht reden, wenn sie verstummen sollten, und andere, die nicht fragen, wenn sie geantwortet haben.

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