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Blade Runner 2049 (Teil 2)

Begonnen von Shodan, 14 November 2008, 14:12:48

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PierrotLeFou

Oh, noch ein Punkt, der mir im Kino wichtig war, den ich aber gestern zu erwähnen vergessen hatte:

"Blade Runner 2049" ist ein emotional sehr berührender Film und zugleich ein Film darüber, wie einen die Medientechnologie emotional berühren will & muss, um Geld zu scheffeln... schönerweise lief zuvor noch der "Emotionen verschenken ist am schönsten"-Cinemaxx-Werbespot...

Ist mir gerade wieder eingefallen, als mich der "Schleichwerbung"-thread an die ausgedehnte Sony-Erwähnung in dem Film erinnert hat.

Ich mag das, weil faszinierend die Gratwanderung zwischen Heuchelei und Subversion durchgehalten wird... Wie in einigen Spielbergs (und scheinbar auch im kommenden Spielberg) wird man ja mit der Frage konfrontiert, wie man moralisch zur Täuschung und zur Simulation steht und aus welchen Gründen man sich im Kino so oft mit ihr umgibt und was man sich von ihr erhofft...
"Eines Tages werde ich ein wahrhaft großes Drama schreiben. Niemand wird verstehen, worauf es hinaus will, aber alle werden nach Hause gehen mit einem vagen Gefühl der Unzufriedenheit mit ihrem Leben und ihrer Umgebung. Dann werden sie neue Tapeten aufhängen und die Sache vergessen." (Saki)

vodkamartini

Ich habe den Film ebenfalls sehr genossen, vor allem optisch und atmosphärisch ist das ein Leckerbissen. Sehr mutig und pasend auch die entschleunigte Inszenierung/Erzählung. Zudem sind ein paar sehr emotionale Momente dabei, wenn auch ausschließlich melancholische.

Den Vergleich mit dem Original muss er sich zwangsläufig gefallen lassen, zumal Villeneuve sich mehrfach als Fanboy geoutet hatte und man das seinem Film auch stark anmerkt. Scott wird ja gerne als reiner Bilderregisseur abgetan, aber da tut man ihm imo unrecht. Ich sehe da keinen anspruchsvolleren erzählerischen Ansatz bei Villeneuve, der im Prinzip lediglich dieselben Themen aufgreift und weiter spinnt. Und von ganz eigener Inszenierung verstehen sie beide etwas. Was man dem Original unbedingt zugute halten muss, ist seine filmhistorische Bedeutung bzw. sein für die damalige Zeit bahnbrechender audiovisueller Ansatz. Das wurde größtenteils erst später erkannt, dennoch denke ich nicht, dass Villeneuves Version einen ähnlichen Stellenwert erlangen wird. Dazu ähnelt er dem Original dann doch zu sehr. Dennoch ein weit überdurchschnittlicher Film, der bei mir mindestens in der Bestenliste 2017 definitv ganz vorne dabei sein wird.
www.vodkasreviews.de

There's a saying in England: Where there's smoke, there's fire. (James Bond, From Russia with love)

manisimmati

Wooow! Komme gerade aus dem Kino, und was soll ich sagen? Ich finde, Villeneuve schlägt Scott hier um Längen. Während das Original seine philosophische Tiefe eher behauptet als beweist, versteht das Remake es, die Themen von Blade Runner in eine komplexere und emotionalere Richtung zu lenken. Das Script erschien mir erstaunlich intelligent und viel weniger neunmalklug als das Original. (Selbst, wenn man das unsinnige Gebrabbel von Leto dazu rechnet, haha.) Visuell ein Augenschmaus. Zwei Szenen übertreffen alles, was ich dieses Jahr gesehen habe: Ich sag nur "Synchronisieren" und "Erinnerungsmacherin". Und ja, der Film ist langsam, aber sauspannend. Die Zuschauer schienen alle genau so gebannt zu sein wie ich, war eine sehr angenehme Erfahrung. Das gibt 10 von 10 Punkten.

PierrotLeFou

Zitat von: manisimmati am 12 Oktober 2017, 00:07:42Die Zuschauer schienen alle genau so gebannt zu sein wie ich, war eine sehr angenehme Erfahrung.

Das hatte mich auch gefreut... es herrschte selbst in den ganz stillen Leinwand-Momenten völlige Ruhe im Publikum. Bloß einmal hatte irgendwer laut aufgelacht, ansonsten war das Kino-Erlebnis ganz angenehm. (Leider sind dann im Abspann viele aufgestanden, obwohl noch der spannendere Teil des Abspanns lief...) ;)



Gerade lese ich in der Cinema, dass Villeneuve wohl als nächstes einen neuen "Dune" drehen wird... ansonsten schließt er wohl auch einen James Bond nicht aus, will aber auch noch einmal eine Komödie drehen und gerne wieder einen kleinen Film in französischer Sprache... klingt nach einer netten Mischung. Hauptsache, er macht weiterhin im 1-2-Jahrestakt Filme... :D
"Eines Tages werde ich ein wahrhaft großes Drama schreiben. Niemand wird verstehen, worauf es hinaus will, aber alle werden nach Hause gehen mit einem vagen Gefühl der Unzufriedenheit mit ihrem Leben und ihrer Umgebung. Dann werden sie neue Tapeten aufhängen und die Sache vergessen." (Saki)

Koontz

Zitat von: PierrotLeFou am 12 Oktober 2017, 00:20:23
Zitat von: manisimmati am 12 Oktober 2017, 00:07:42Die Zuschauer schienen alle genau so gebannt zu sein wie ich, war eine sehr angenehme Erfahrung.

Das hatte mich auch gefreut... es herrschte selbst in den ganz stillen Leinwand-Momenten völlige Ruhe im Publikum. Bloß einmal hatte irgendwer laut aufgelacht, ansonsten war das Kino-Erlebnis ganz angenehm. (Leider sind dann im Abspann viele aufgestanden, obwohl noch der spannendere Teil des Abspanns lief...) ;)


Das kann ich von meinen Vorstellungen leider nicht ganz so bestätigen. Insgesamt war es zwar relativ ruhig, bei der letzten Sichtung musste ich mich aber umsetzen, weil der "Popcornfresser" zwei Plätze neben mir beim essen gefühlt jedesmal die gesamte Tüte auseinandergenommen hat. Mir unbegreiflich wieso die Leute sowas selbst nicht merken, zumal es sonst sehr ruhig im Kino war.
MfG,
Koontz

manisimmati

Habe jetzt erst kapiert, dass die Erinnerungsmacherin von einer Landsfrau von mir gespielt wurde; von der Schweizerin Carla Juri! :love: Sie hat schon in "Feuchtgebiete" gehörig die Bude gerockt, und ihr Auftritt in "Blade Runner 2049" war atemberaubend.

PierrotLeFou

Zitat von: manisimmati am 12 Oktober 2017, 19:51:34
Habe jetzt erst kapiert, dass die Erinnerungsmacherin von einer Landsfrau von mir gespielt wurde; von der Schweizerin Carla Juri! :love: Sie hat schon in "Feuchtgebiete" gehörig die Bude gerockt, und ihr Auftritt in "Blade Runner 2049" war atemberaubend.

Jupp, war etwa zeitgleich bei Villeneuve und bei Greenaway dabei... den ganz großen Sprung hat sie damit wohl geschafft... :D
"Eines Tages werde ich ein wahrhaft großes Drama schreiben. Niemand wird verstehen, worauf es hinaus will, aber alle werden nach Hause gehen mit einem vagen Gefühl der Unzufriedenheit mit ihrem Leben und ihrer Umgebung. Dann werden sie neue Tapeten aufhängen und die Sache vergessen." (Saki)

EvilErnie

Passt doch, ne langsame Schweizerin in nem langsamen SiFi Film  :D
,,Der Director's Cut erweist sich nicht nur als die filmisch bessere Version, sondern auch als die einzig logische." (Blade Runner)

Behandel´ne Königin wie `ne Hure und `ne Hure wie `ne Königin, dann kann nichts schiefgehen! (Alien 3 SE)

Ich hab ne Sprengkapsel im Kopf! Du musst mich töten sonst sterb ich! (Ethan Hunt)

Wolfhard-Eitelwolf

Ein faszinierendes Kinoerlebnis (trotz verschissenen 3ds, sehe leider nur 2D durch die Kackbrillen) mit vielen Superlativen und einigen wenigen Kritikpunkten. Ich hatte noch mit meiner Begleitung darüber gescherzt, als dann tatsächlich drei Zwölfjährige natürlich auf den letzten Drücker mit dicken Popkorneimern ins Kino kamen und den sonst recht leeren Saal erstmal mit "Hi" begrüßten. Ein Graus! Zum Glück setzten sie sich weit weg und nachdem ich einmal "Fresse" nach hinten gebrüllt hatte hat der laute Sound glücklicherweise das Allermeiste aus der Ecke geschluckt. Vor allem deswegen sollten solche Filme ab 16 sein!  :anime: Den Blagen hat der Film sicher keinen Spaß gemacht und anderen haben sie schlimmstenfalls den Spaß auch noch geraubt  :anime: :anime: :wallbash:

BR49 selbst ist großartiges Kino für den erwachsenen Genießer fernab des üblichen Marvel-Mülls. Packende Atmosphäre, grandios-düstere Bilder und Töne sowie tolle Setdesigns zählen zu den großen Stärken des Films. Die Darsteller mühen sich zuminderst redlich, bleiben aber einen Tick zu blass für mein Empfinden. Auch muss defintiv die Lauflänge in Relation zur an sich wenig komplexen und ergiebigen Handlung kritisiert werden. Manche künstlich in die Länge gezogenen Einstellungen lassen sich schlicht nicht überzeugend rechtfertigen und scheinen rein der übertriebenen und gemessen am Manstreamkinogänger sogar kontraproduktiven Entschleunigung zu dienen. Das Schlussdrittel enthält leider auch zu viel Konventionelles und ich frage mich, ob Fords Auftritt wirklich nötig war. Reiner Fanservice? Ich bin sicher, ein wahrlich meisterliches Drehbuch hätte einen innovativeren Weg gefunden...

Am Ende überwiegt die Begeisterung, solch einen Film in der heutigen Zeit noch auf großer Leinwand sehen zu dürfen. Toll! (9 / 10)

P.S.: Was freue ich mich auf die 4K-Version auf OLED :D Den grauen Kino-Matsch, der sich Schwarz nennt, bin ich eigentlich nicht mehr gewohnt. Empfand es in manchen Nachtaufnahmen schon beinahe als ärgerlich auf der Leinwand. Andererseits besitzt die Kinoversion damit eben das traditionelle Feeling  :LOL:

Stefan M

Nun war ich heute doch drin für eine Vorstellung kurz vor 23 Uhr, nicht in 3D und - naja - einigermaßen ausgeruht. Jedenfalls habe ich vorher zwei kleinere Nickerchen gemacht, um gewappnet zu sein.

Trotz gewisser Bedenken, die ja weniger in der enormen Lauflänge denn in der Tatsache begründet lagen, daß ich dem Original nicht so viel abgewinnen konnte, wie ich eigentlich wollte, bin ich von Villeneuve einmal mehr überrumpelt worden. Zwar wird "Arrival" nach wie vor mein Favorit bleiben, der mir insgesamt einfach etwas mehr entgegenkam (allein schon thematisch durch den Sprachwissenschafts-Aspekt), aber "Blade Runner 2049" ordne ich nur knapp dahinter ein. Entschleunigung ist ja das Stichwort, das hier mehrfach gefallen ist, und wer besagten "Arrival" gesehen hat, dürfte von der langsamen Erzählweise auch nicht sonderlich überrascht gewesen sein, aber es ist schon beeindruckend, wie das hier über 160 Minuten durchgezogen wird. Bis zum Finale wenig Kampfszenen, noch weniger Explosionen und so gut wie keine Action - und dennoch bin ich am Ball geblieben und habe die Geschichte ohne Ermüdungserscheinungen gebannt verfolgt. Dazu in der Tat voller leiser rührender Momente
Spoiler: zeige
- und ja, ich gebe zu, als Joi noch schnell ein "Ich liebe dich" in Richtung Officer K ruft, bevor sie zwangsläufig auf Nimmerwiedersehen verschwindet, war das für mich schon ein kleiner Magenschlag -
und da, wo Scott noch fast den ganzen Film brauchte, bis ich mit Deckard warm geworden war, brauchte Villeneuve nicht lange, um mich emotional mitzureißen. Und die letzten fünf Minuten sind wie schon in "Arrival" ganz, ganz toll und bewegend. :love:

Ja, ich hätte mich geärgert, wenn ich ihn nicht im Kino gesehen hätte. Ein weiterer Volltreffer in meinem persönlich großartigen Kinojahr 2017: 9/10. Schnell her mit dem nächsten Villeneuve!  :icon_mrgreen:

PS: Auch von mir ein großes Lob ans Publikum. Gebannte Stille, kein nerviges Gegackere und Getuschel, etwa in der Synchronisierungsszene, nur manches Gegähne, was aber ja um die Uhrzeit und bei der Länge nicht ganz unverständlich ist.
"Ein Leben ohne Mops ist möglich, aber sinnlos." (Loriot)

Synchronisation ist nicht grundsätzlich schlecht und manchmal sogar richtig gut!

PierrotLeFou

Zitat von: Wolfhard-Eitelwolf am 13 Oktober 2017, 23:52:50Auch muss defintiv die Lauflänge in Relation zur an sich wenig komplexen und ergiebigen Handlung kritisiert werden. Manche künstlich in die Länge gezogenen Einstellungen lassen sich schlicht nicht überzeugend rechtfertigen und scheinen rein der übertriebenen und gemessen am Manstreamkinogänger sogar kontraproduktiven Entschleunigung zu dienen.

Sehe ich definitiv ganz anders. Der gemächliche Rhythmus unterstützt ungemein den melancholischen Grundton und gerade auch die langen, langsamen Abläufe sorgen dafür, dass der Fluss der Bewegung als solcher gewissermaßen als Erinnerungsbild bewahrt wird und (virtuell, als Echo) präsent bleibt, während zugleich die Vergänglichkeit wahrnehmbar und quasi "bei der Arbeit" zu sehen ist, was es wiederum leichter macht, sich dem Erinnerungsthema des Films zu öffnen.

Villeneuve gehört vielleicht nicht unbedingt zum slow cinema, aber er ist doch sehr offen für dessen Ästhetik. Ich bin sehr froh, dass Villeneuve bloß sehr wenig Eingeständnisse an Mainstream-Konventionen macht (denn Mainstream gibt es mehr als genug) und sich stattdessen treu bleibt. Meinetwegen muss er das nicht in solchen blockbusterartigen Gefilden tun, dass er es aber selbst dort schafft, finde ich angenehm... und meinetwegen kann es gerne wieder mehr Hollywood-Großproduktionen geben, welche Gemächlichkeit und drei- oder auch vierstündige Laufzeiten nicht scheuen. (Falls das nicht drin ist, dann halt nicht... aber ich hoffe doch sehr, dass Villeneuve da nicht seine Ästhetik verwässert, um mehr Leuten zu gefallen... Bisher beeindruckt es mich wirklich sehr, dass er noch bei diesem Sujet so fest bei seiner Richtung bleibt...)


Zitat von: Stefan M am 14 Oktober 2017, 04:19:28Dazu in der Tat voller leiser rührender Momente
Spoiler: zeige
- und ja, ich gebe zu, als Joi noch schnell ein "Ich liebe dich" in Richtung Officer K ruft, bevor sie zwangsläufig auf Nimmerwiedersehen verschwindet, war das für mich schon ein kleiner Magenschlag -
und da, wo Scott noch fast den ganzen Film brauchte, bis ich mit Deckard warm geworden war, brauchte Villeneuve nicht lange, um mich emotional mitzureißen.
Die Szene mochte ich zwar auch sehr, aber schöner fand ich eigentlich ihr "flimmerndes" Erscheinen neben dem abgeschossenen Wagen; dort wurde diese Auslöschbarkeit effektvoll länger in Szene gesetzt...
"Eines Tages werde ich ein wahrhaft großes Drama schreiben. Niemand wird verstehen, worauf es hinaus will, aber alle werden nach Hause gehen mit einem vagen Gefühl der Unzufriedenheit mit ihrem Leben und ihrer Umgebung. Dann werden sie neue Tapeten aufhängen und die Sache vergessen." (Saki)

Stefan M

Zitat von: PierrotLeFou am 14 Oktober 2017, 05:32:54
Zitat von: Wolfhard-Eitelwolf am 13 Oktober 2017, 23:52:50Auch muss defintiv die Lauflänge in Relation zur an sich wenig komplexen und ergiebigen Handlung kritisiert werden. Manche künstlich in die Länge gezogenen Einstellungen lassen sich schlicht nicht überzeugend rechtfertigen und scheinen rein der übertriebenen und gemessen am Manstreamkinogänger sogar kontraproduktiven Entschleunigung zu dienen.

Sehe ich definitiv ganz anders. Der gemächliche Rhythmus unterstützt ungemein den melancholischen Grundton und gerade auch die langen, langsamen Abläufe sorgen dafür, dass der Fluss der Bewegung als solcher gewissermaßen als Erinnerungsbild bewahrt wird und (virtuell, als Echo) präsent bleibt, während zugleich die Vergänglichkeit wahrnehmbar und quasi "bei der Arbeit" zu sehen ist, was es wiederum leichter macht, sich dem Erinnerungsthema des Films zu öffnen.

Villeneuve gehört vielleicht nicht unbedingt zum slow cinema, aber er ist doch sehr offen für dessen Ästhetik. Ich bin sehr froh, dass Villeneuve bloß sehr wenig Eingeständnisse an Mainstream-Konventionen macht (denn Mainstream gibt es mehr als genug) und sich stattdessen treu bleibt. Meinetwegen muss er das nicht in solchen blockbusterartigen Gefilden tun, dass er es aber selbst dort schafft, finde ich angenehm... und meinetwegen kann es gerne wieder mehr Hollywood-Großproduktionen geben, welche Gemächlichkeit und drei- oder auch vierstündige Laufzeiten nicht scheuen. (Falls das nicht drin ist, dann halt nicht... aber ich hoffe doch sehr, dass Villeneuve da nicht seine Ästhetik verwässert, um mehr Leuten zu gefallen... Bisher beeindruckt es mich wirklich sehr, dass er noch bei diesem Sujet so fest bei seiner Richtung bleibt...)


Zitat von: Stefan M am 14 Oktober 2017, 04:19:28Dazu in der Tat voller leiser rührender Momente
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- und ja, ich gebe zu, als Joi noch schnell ein "Ich liebe dich" in Richtung Officer K ruft, bevor sie zwangsläufig auf Nimmerwiedersehen verschwindet, war das für mich schon ein kleiner Magenschlag -
und da, wo Scott noch fast den ganzen Film brauchte, bis ich mit Deckard warm geworden war, brauchte Villeneuve nicht lange, um mich emotional mitzureißen.
Die Szene mochte ich zwar auch sehr, aber schöner fand ich eigentlich ihr "flimmerndes" Erscheinen neben dem abgeschossenen Wagen; dort wurde diese Auslöschbarkeit effektvoll länger in Szene gesetzt...
Die gehört natürlich auch mit dazu. Generell ist aber eigentlich jede Szene aus der Beziehung zwischen Joi und K äußerst rührend geschrieben, ohne dabei zu dick aufzutragen. Da kann ich ja all die Kritiker verstehen, die bei "Arrival" aufgeschrieen haben, weil der - wenn auch für mich sehr willkommen, zumal ich Richters "On the Nature of Daylight" noch stundenlang hätte lauschen können - etwas ins Rührselige abgleitet. Hier überhaupt nicht: In dieser tristen Welt ist Joi praktisch der einzige Lichtblick, auf deren Auftritte ich mich immer gefreut habe - zarter Ruhepol, fürsorgliche Freundin, sich ihrer Auslöschbarkeit jederzeit bewußt, gleichzeitig von Traurigkeit gezeichnet. Jeder sollte eine Joi haben.

Bezüglich der Lauflänge: Da kann ich Pierrot auch nur zustimmen. Ich bin nun - zum eigenen Bedauern - wirklich auch jemand, der sich oft dabei ertappt, lange Filme als zu gemächlich zu empfinden. Der Erzählrhythmus paßt für mich zur Stimmung. Da ich keine Uhr dabei hatte und auch mein Handy immer ausschalte, wenn ich ins Kino gehe, war ich dann ehrlich gesagt sogar überrascht, als wir plötzlich mittendrin im Finale waren. Da hätte ich mir sogar noch vorstellen können, daß man noch gemächlicher darauf hätte hinarbeiten können.
"Ein Leben ohne Mops ist möglich, aber sinnlos." (Loriot)

Synchronisation ist nicht grundsätzlich schlecht und manchmal sogar richtig gut!

Hitfield

15 Oktober 2017, 21:04:37 #162 Letzte Bearbeitung: 15 Oktober 2017, 21:13:05 von Hitfield
Auch wenn ich mich jenen, die die Höchstnote vergeben haben, nicht ganz anschließen kann: "Blade Runner 2049" ist ein Musterbeispiel, wie man eine gute, eigenständige Fortsetzung dreht und sinnvoll an einen Klassiker anknüpft, Ideen weiterentwickelt usw., ohne das Original zu entwerten. Genau das haben "Terminator: Genisys" (der Teil 1 und 2 noch einmal neu erzählte bzw. direkt auf sie aufbaute) und Ridley Scott höchstpersönlich mit "Alien: Covenant" eben nicht geschafft. Und ich bin froh - Ridley Scott-Fanboy hin oder her -, dass Denis Villeneuve hier übernommen hat.

Die Fortsetzung ist zwar nicht ganz so dicht und mitreißend wie das Original, aber der ruhige Weg, der hier eingeschlagen wurde, war der richtige. Schön auch, dass der Aufhänger und der Hauptstrang eine futuristische Detektivgeschichte ist, die durch die ganzen philosophischen Themen erweitert wird. Der konsequente Verzicht auf eine Hollywood-typische Struktur ist wirklich beachtlich - genauso wie das Wagnis, über 150 Mio. US$ für einen über zweieinhalb Stunden langen R-Rated SF-Arthouse-Film auszugeben.

Für Ausstattung und Kamera muss es einen Oscar geben. Ausstattungs-Highlight ist hier trotz vielen Highlights im Film das post-atomare Las Vegas. Das Sounddesign war top und die Musik auch gelungen - ebenfalls recht untypisch für Hans Zimmer, mit sehr schönen Reminiszenzen an den alten Vangelis-Score.

Um zu den kleinen Schwachpunkten zu kommen:
- Auch wenn schon der erste Teil keine Spannungsgranate war, ist die Fortsetzung bei allem Lob, diesen Kurs einzuschlagen, doch sehr ruhig und langsam.
- Die Besetzung ist ansich sehr gut, trotzdem ersetzt Robin Wright nicht M. Emmet Walsh, Mackenzie Davis nicht Daryl Hannah und Sylvia Hoeks nicht Rutger Hauer, auch wenn die letztgenannten beide aus Holland kommen.
- Jared Leto habe ich teilweise durch den extremen Hall auf der Stimme nicht verstanden. Es ist schön und ein enormer Antiklimax, dass auf seine Pläne mit
Spoiler: zeige
der Armee von Millionen Androiden
nicht näher eingegangen wird, trotzdem wirkt es wie eine kleine Lücke - und das trotz der enormen Laufzeit.
- Bei zwei Szenen konnte ich der Handlung nicht ganz folgen: 1)
Spoiler: zeige
In Las Vegas nach dem Kampf wird Harrison Ford mitgenommen, aber Ryan Gosling einfach liegengelassen, so dass er dann von der alten Androidin und ihrer Gruppe mitgenommen wird?
und 2)
Spoiler: zeige
Ich habe nicht ganz verstanden, wo das Flugvehikel am Ende abgestürzt ist. Es sieht erst so aus wie eine Art Staumauer, in einingen Szenen war doch irgendeine Betonstruktur zu sehen, die überspült wird. Aber nach dem Kampf sieht es eher so aus wie ein Strand?


Wie dem auch sei. Locker 8,5 / 10.
"All those moments will be lost in time, like tears in the rain."

Butzemann

Zitat von: Hitfield am 15 Oktober 2017, 21:04:37
Um zu den kleinen Schwachpunkten zu kommen:
- Die Besetzung ist ansich sehr gut, trotzdem ersetzt Robin Wright nicht M. Emmet Walsh, Mackenzie Davis nicht Daryl Hannah und Sylvia Hoeks nicht Rutger Hauer, auch wenn die letztgenannten beide aus Holland kommen.

Also da war ich eigentlich hellauf begeistert: Robin Wright hab ich erst gar nicht erkannt  :icon_eek:, Rutger Hauer kann eh nicht ersetzt werden  :icon_lol: und vor allem bei Mackenzie Davis ging mir das Herz auf  :icon_redface: fand ich toll, dass sie da ne Rolle bekommen hat und bin auf sie in einer Folge der Serie Black Mirror aufmerksam geworden und fang grad mit der Serie Halt and Catch Fire an, wo sie eine untypische Programmiererin mimt.

Zitat von: Hitfield am 15 Oktober 2017, 21:04:37
- Bei zwei Szenen konnte ich der Handlung nicht ganz folgen: 1)
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In Las Vegas nach dem Kampf wird Harrison Ford mitgenommen, aber Ryan Gosling einfach liegengelassen, so dass er dann von der alten Androidin und ihrer Gruppe mitgenommen wird?
und 2)
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Ich habe nicht ganz verstanden, wo das Flugvehikel am Ende abgestürzt ist. Es sieht erst so aus wie eine Art Staumauer, in einingen Szenen war doch irgendeine Betonstruktur zu sehen, die überspült wird. Aber nach dem Kampf sieht es eher so aus wie ein Strand?


Zur ersten Frage:
Spoiler: zeige
Fand ich recht logisch, sie waren auf der Suche nach dem Kind und da liegt es doch nahe den vermissten bzw. verschollen geglaubten Vater mitzunehmen (und zu verhören). Und da K eh zum System/Inventar gehört und kontrollierbar ist, lassen sie den halt liegen, er hat sie ja im Grunde auch zu Deckard geführt.


Zur zweiten Frage:
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Ich empfand das als große Stadtmauer bzw. wie du schon sagst Staumauer. Man muss davon ausgehen, dass die Natur zerstört ist, das Klima im Arsch. Insofern, wenn noch genug Wasser (Ozeane) vorhanden ist, Naturkatastrophen (man siehts ja schon heute, siehe Springfluten) gehäuft auftreten. Und Sand sieht man ja auch nicht mehr, alles nur Metall, die Erde scheint eh nur noch ein riesiger abgestandener und hoffnungslos verlorener Planet zu sein (siehe die Versprechen und Verheißungen der neue Welten).
Version 2.0 [ http://blog-plus.de ]

Heimkino [ http://www.bluray-disc.de/blulife/heimkino/butzemann ]


"Von all den Dingen die mir sind verloren gegangen, hab ich am meisten an meinen Verstand gehangen"

StS

Zitat von: Butzemann am 17 Oktober 2017, 01:29:07
Zitat von: Hitfield am 15 Oktober 2017, 21:04:37
Um zu den kleinen Schwachpunkten zu kommen:
- Die Besetzung ist ansich sehr gut, trotzdem ersetzt Robin Wright nicht M. Emmet Walsh, Mackenzie Davis nicht Daryl Hannah und Sylvia Hoeks nicht Rutger Hauer, auch wenn die letztgenannten beide aus Holland kommen.

Also da war ich eigentlich hellauf begeistert: Robin Wright hab ich erst gar nicht erkannt  :icon_eek:, Rutger Hauer kann eh nicht ersetzt werden  :icon_lol: und vor allem bei Mackenzie Davis ging mir das Herz auf  :icon_redface: fand ich toll, dass sie da ne Rolle bekommen hat und bin auf sie in einer Folge der Serie Black Mirror aufmerksam geworden und fang grad mit der Serie Halt and Catch Fire an, wo sie eine untypische Programmiererin mimt.

Zitat von: Hitfield am 15 Oktober 2017, 21:04:37
- Bei zwei Szenen konnte ich der Handlung nicht ganz folgen: 1)
Spoiler: zeige
In Las Vegas nach dem Kampf wird Harrison Ford mitgenommen, aber Ryan Gosling einfach liegengelassen, so dass er dann von der alten Androidin und ihrer Gruppe mitgenommen wird?
und 2)
Spoiler: zeige
Ich habe nicht ganz verstanden, wo das Flugvehikel am Ende abgestürzt ist. Es sieht erst so aus wie eine Art Staumauer, in einingen Szenen war doch irgendeine Betonstruktur zu sehen, die überspült wird. Aber nach dem Kampf sieht es eher so aus wie ein Strand?


Zur ersten Frage:
Spoiler: zeige
Fand ich recht logisch, sie waren auf der Suche nach dem Kind und da liegt es doch nahe den vermissten bzw. verschollen geglaubten Vater mitzunehmen (und zu verhören). Und da K eh zum System/Inventar gehört und kontrollierbar ist, lassen sie den halt liegen, er hat sie ja im Grunde auch zu Deckard geführt.


Zur zweiten Frage:
Spoiler: zeige
Ich empfand das als große Stadtmauer bzw. wie du schon sagst Staumauer. Man muss davon ausgehen, dass die Natur zerstört ist, das Klima im Arsch. Insofern, wenn noch genug Wasser (Ozeane) vorhanden ist, Naturkatastrophen (man siehts ja schon heute, siehe Springfluten) gehäuft auftreten. Und Sand sieht man ja auch nicht mehr, alles nur Metall, die Erde scheint eh nur noch ein riesiger abgestandener und hoffnungslos verlorener Planet zu sein (siehe die Versprechen und Verheißungen der neue Welten).


Zu Frage 1: Die Szene fand ich als einzige recht unlogisch (
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einfach nur dumm, ihn dort einfach nur liegen zu lassen
).

Zu Frage 2: Ich gehe davon aus, dass es die Küste war.
"Diane, last night I dreamt I was eating a large,  tasteless gumdrop and awoke to discover I was chewing one of my foam disposable earplugs.
Perhaps  I should consider moderating my nighttime coffee consumption...."
(Agent Dale B.Cooper - "Twin Peaks")

DisposableMiffy

Genau wie Scotts Film konnte ich auch Villeneuves Fortsetzung bei der Erstsichtung kaum etwas abgewinnen. Dass meine ohnehin schon (zu) hohe Erwartung durch die ganzen positiven Stimmen noch weiter gesteigert wurde, hat 2049 letztlich nicht gut getan.

Zu erst ein mal die positiven Aspekte:

- Länge, Tempo, weitgehender Verzicht auf Action, oberflächliches Spektakel und fetten Showdown als ausgestreckter Mittelfinger an die aufmerksamkeitsdefizitäre Laufkundschaft
- größtenteils gut gespielt
- Sound und Produktionsdesign sehr gut
- kein Suhlen in Nostalgie, kein verkapptes Remake
- Teilweise beeindruckende Bilder, letztlich bleibt 2049 aber visuell deutlich hinter dem Original zurück

Contra:

- die komplett vorhersehbare 0815-Story ist für einen Film, der sich selbst so ernst nimmt und als anspruchsvoll wahrgenommen werden will, ein schlechter Witz
- Jared Letos Figur ist letztlich unnötig. Die paar Sätze hätte man auch Sylvia Hoeks zuschreiben können, damit hätte man auch dem nächsten Punkt zumindest ein bisschen entgegengewirkt
- keiner der weiblichen Charaktere ist interessant geschrieben und hat eine eigene Agenda. Sie dienen nur den männlichen Figuren, sei es als Partnerin(ersatz)/Gespielin oder Handlangerin oder sie werden auf ihre Gebärfähigkeit reduziert. Natürlich gibt es wieder ausschließlich weibliche Nacktheit
Spoiler: zeige
und am Ende sind, mit einer Ausnahme, alle tot.

- während Scott einen mit Atmosphäre zugeschüttet hat, war das Seherlebnis hier eher klinisch-unterkühlt, was durchaus zur tristen Gesamtausrichtung passt, mich aber leider nicht angesprochen hat

Kein schlechter Film, für mich aber die Enttäuschung des Jahres. Nachdem ich bisher jeden Villeneuve-Film mochte, den ich gesehen habe, kam das Nichtgefallen völlig unerwartet.
letterboxd.com

Dumm geboren, nichts dazu gelernt und die Hälfte davon vergessen.

Hearing only what you wanna hear and knowing only what you've heard.

PierrotLeFou

Zitat von: DisposableMiffy am 17 Oktober 2017, 17:09:18- keiner der weiblichen Charaktere ist interessant geschrieben und hat eine eigene Agenda. Sie dienen nur den männlichen Figuren, sei es als Partnerin(ersatz)/Gespielin oder Handlangerin oder sie werden auf ihre Gebärfähigkeit reduziert. Natürlich gibt es wieder ausschließlich weibliche Nacktheit
Spoiler: zeige
und am Ende sind, mit einer Ausnahme, alle tot.

Ich weiß nicht, ob das dem Film vorwerfen würde... Villeneuve dreht bis auf wenige Ausnahmen fast nur Filme über weibliche Haupt- & identifikationsfiguren und dort, wo es in erster Linie um Männer geht, kommen Frauen dann doch eher besser weg: Weder Gosling, noch Ford sind moralisch vorbildliche Figuren... Villeneuve läuft meines Erachtens eher ein wenig Gefahr, Frauen in seinen Filmen zu verklären, aber ihm gelingt dann meist eine spannende Gratwanderung. ;)
"Eines Tages werde ich ein wahrhaft großes Drama schreiben. Niemand wird verstehen, worauf es hinaus will, aber alle werden nach Hause gehen mit einem vagen Gefühl der Unzufriedenheit mit ihrem Leben und ihrer Umgebung. Dann werden sie neue Tapeten aufhängen und die Sache vergessen." (Saki)

Chili Palmer

Zitat von: DisposableMiffy am 17 Oktober 2017, 17:09:18
Natürlich gibt es wieder ausschließlich weibliche Nacktheit

Welche ganz gezielt zu sehr klug gewählten Zeitpunkten eingesetzt wird, vor allem
Spoiler: zeige
in Jois Fall
, wenn man bedenkt, dass die Figur sich schon zuvor auszieht und wir sie dort nicht nackt sehen. Alleine die Implikationen des zweiten Falls (die sicherlich nur der Auserzählung von Joes Geschichte dienen, aber diese Geschichte erzählt der Film nun einmal) haben mir sehr gut gefallen, das war keinesfalls "nackt um der Nacktheit willen".
"I'm an actor, love, not a bloody rocket surgeon".

"Der Terminader is ja im Grunde so'n Kaiborch."

Davinci91

Nun, muss ich auch einmal meinen Senf zu Blade Runner 2 hier abgeben.

Ich war und bin großer Fan des ersten Teils und habe ihn, glaube ich, öfter gesehen als alle anderen Filme, die ich kenne. Bei der ersten Sichtung bin ich überhaupt nicht auf die Prämisse angesprungen und konnte weder der Technik, dem Produktionsdesign sowie der wunderbaren Noirstimmung etwas abgewinnen. Doch Vangelis hatte mich bei der Stange gehalten und mir eine zweite Sichtung erst möglich gemacht. Denn ab dann wurde der Film für mich mehr zu einem Monument der Filmgeschichte und ist bis zum 06.10.2017 mein absoluter Lieblingsfilm gewesen und dann bin ich in Blade Runner 2 gegangen...

Ich hatte das Glück, dass ich in der 3D Spätvorstellung im UCI im iSens-Kino war. Denn mehr als 30 Personen waren nicht vor Ort und haben mich störungsfrei dieses, ich schreibe es jetzt einfach, Meisterwerk genießen lassen. Ich muss zugeben, dass ich noch nie so in einen Film eintauchen konnte. Irgendetwas hatte mich immer gestört. Doch hier war es als ob ich träumen würde, von einer Welt in der ich gleichzeitig alles sehen will, aber niemals leben möchte. Selbst Ridley Scotts Cyberpunk-Klassiker hatte nicht diese Wirkung auf mich, obwohl der subtilere Score von Vangelis es cleverer anstellte als Hans Zimmer und Benjamin Wallfish.

Näheres zu meinen ersten Eindrücken, direkt nach der Vorstellung verfasst, findet ihr spoilerfrei hier: https://ssl.ofdb.de/review/301410,731800,Blade-Runner-2049

Beileibe hatte es der Film nicht leicht, denn auch meine Erwartungen waren gigantisch und sie wurden alle übertroffen. Ich verstehe ehrlich nicht, wie man diesen Film wirklich was schlechtes abgewinnen kann, aber ich toleriere es zumindest ;) Ich bin auch großer Fan des Cyberpunks und freue mich, dass mit Denis Villeneuve ein unglaublich talentierter Regisseur der filmischen Version des Cyberpunks neues Leben eingehaucht wurde.

P.S.: Wenn alles klappt, wird Denis Villeneuve auch einen weiteren Dune-Film drehen. Wenn es einer kann, dann er!
P.P.S.: Ryan Gosling überzeugt mich vollends, denn ich liebte seine Rolle von der ersten Minute an, die mich zeitweise an "Drive" erinnerte, ebenfalls einer meiner Lieblinge.

Mr. Blonde

4 November 2017, 01:35:04 #169 Letzte Bearbeitung: 4 November 2017, 03:12:30 von Mr. Blonde
Gerade raus und bin doch ein bisschen enttäuscht, da die Lobeshymnen nicht ganz gerechtfertigt sind.

Nur erstmal "kurz" meine Eindrücke:

Pro:

+ Gosling für seine Rolle prädestiniert, diesen Typus beherrscht er bis in die letzte Facette. Manche mögen darin gar nichts sehen, aber er vermag es ausgezeichnet, Melancholie und Leere rüberzubringen. Es mag wie ein Witz anmuten, aber das kann nicht jeder so gekonnt.
+ audiovisuell auf ganz hohem Niveau. Bei der Blu-ray wird man alle zwei Minuten pausieren, einen Screenshot anfertigen und das ganze als Wallpaper einrichten können.
+ die Sequenz im Ballsaal mit den Hologrammen war grandios. Wird mir in Erinnerung bleiben. Sound und Bilddesign auf höchstem Niveau.  :love:
+ Film nimmt sich Zeit (manchmal etwas zu viel)
+ auf Atmosphäre wird großen Wert gelegt, obwohl die Gänsehaut des Erstlings für mich leider nur ansatzweise erzeugt wurde
+
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den Handlungsstrang um die Liebe zwischen KI und Replikant fand ich unfassbar gut und ganz im Sinne des BR Universums

+ viele kleine Eastereggs wie der Baum, der so aussieht wie das Logo der LADD Company, die den ersten Film produziert haben, Gaffs Kommentar zu
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Deckards Augen
etc. Angeblich haben
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Deckards Augen in einer Szene auch rot geschimmert.
Ist mir leider entgangen.


Neutral:

O Letos Figur schwankt zwischen fantastisch und zu gewollt exzentrisch. Die deutsche Synchro schwächelte bei ihm deutlich. Der O-Ton wird hier noch ein wenig mehr Talent offenbaren. Hätte trotzdem lieber David Bowie (war erste Wahl) gesehen...  :bawling:
O emotional zeitweise zu unterkühlt, sodass Bezug zu den Figuren schwer fiel. Positive Highlights dennoch:
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K's Beziehung zu seiner Liebes-K.I. und Rick trifft auf Rachael

O der Plot um die rebellierenden Replikanten lief absolut ins Leere. Fraglich, ob man hier eine weitere Fortsetzung im Sinn hatte.

Contra:

- zeitweise etwas langatmig und für 160 Minuten ist da inhaltlich viel zu wenig vorhanden. "Blade Runner" war zwar sehr langsam, aber hier herrscht manchmal einfach Stillstand.
- Nebenfiguren uninteressant,
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Deckard kommt nach zwei Stunden und bekommt nahezu keine Charakterzeichnung oder einen Hintergrund, abseits der ihm zugeteilten Storyline. Was mit ihm passiert ist, was er gemacht hat etc. wird völlig ignoriert. Auch entmystifiziert das Kind den Mythos hinter dem Original, da so ganz klar ist, dass er kein Replikant ist, es sei denn, man hat eine Reihe erfunden, die sich reproduzieren kann. Dass das so natürich niemals im Sinne der Tyrell Corporation gewesen sein kann, verneint die Replikantenfrage eigentlich ziemlich deutlich. Hier hätte ich mir einen größeren Interpretationsspielraum gewünscht.

-
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Deckard quasi nutzos, Film würde auch ohne ihn funktionieren

-
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Gaffs Auftritt leider nutzlos, immerhin aber nett.
Mein Sitznachbar hat in dem Moment sichtlich schlucken müssen, da der Edward James Olmos doch in dem Alter ein etwas krasser Anblick war, wenn man seine Filmographie nicht verfolgt hat. War auch für mich zwiespältig.
-
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Bautistas Auftritt leider viel zu kurz, nachdem das Promomaterial ihn als sehr interessante Figur gezeigt  hat

- Soundtrack ist okay, unterstreicht die Bilder ausgezeichnet, funktioniert aber nicht ohne den Film, außer, man hört zuhause gerne wahllose Brummtöne. Da ist das Original viel charmanter, hat den größeren Mehrwert. Vangelis kann ich bei einem Glas Whisky hören. Das hier ist eher was für Vodka+RedBull.
- die
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Sterbeszene von K ist dann doch etwas zu kitschig, zu sehr an Roy Batty angelehnt. Sieht zwar schön aus, aber wenn man schon das Original channelt, dann bitte auch inhaltlich.

- das sogenannte 3D ist die absolute Abzocke gewesen. Hier zahlt man drauf, setzt sich eine Brille auf, um einen Film in 2D sehen zu können, der ohne Brille unscharf ist und Doppelkonturen hätte. Außer den üblichen Szenen, die in 3D immer gut aussehen (Partikel, Schnee etc.) ist das nichtmal 2,5D gewesen. Unverschämt.
- der Käse-Dialog war ganz großer Käse.  :kotz:

Das nur in aller Kürze, könnte Stunden über den Film sprechen. Für mich ist das Scheitern auf hohem Niveau. Handwerklich ist das perfekt, nur inhaltlich ist das viel zu wenig. Zeitweise wirkt das Ganze eher wie ein Spinoff als wie eine waschechte Fortsetzung. Mal sehen, was die Zweitsichtung noch bringt. 7/10 ist mir das wert. Das ist mehr, als ich bei einem BR Sequel erwartet hätte und weniger, als es das Potential hergibt.

Bei den ganzen 10ern, die hier rausgeknallt worden sind, muss ich mir aber doch verdutzt die Augen reiben. Die Fortsetzung ist weder besser als das Original noch genauso gut. Die Bildsprache und die ganze Seele des Originals hat der Film nicht neu erfunden, geschweige denn richtig gekonnt weitergesponnen. Ist schon gut, aber eben Klassen hinter dem Vorgänger angesiedelt. Dieses Jahr war filmtechnisch eher mau, weshalb ich natürlich die Euphorie verstehen kann, wenn ein guter Film abseits der Blockbuster Konventionen erscheint. Hätte gerne den gleichen Film gesehen bzw. mir gerne die gleichen Augen eingepflanzt, um den Film so zu sehen, wie ihr ihn gesehen habt mit euren Augen.  :icon_lol: In meinem gab es z. B. nahezu keine Nebenfigur,  die nur ansatzweise so interessant war, wie z. B. der Konstrukteur der Augen aus dem Original, oder die Figur Gaff. Von Roy Batty und den anderen Replikanten fangen wir gar nicht erst an. Die hatten damals Seele, was so paradox wie faszinierend war, hier sind sie nur eiskalt. 2049 gibt es anscheinend keine schillernden Figuren mehr.

Ich hoffe, dass ich für "Blade Runner 2049" irgendwann die gleiche Passion entwickeln kann wie für den Vorgänger. Aktuell bin ich nicht so heiß drauf, den Film so zu sezieren, wie Pierott. Sicher steckt hier einiges im Detail, das mir erstmal verborgen blieb, aber nach der ersten nüchternen Sitzung fehlt mir da inhaltlich viel von der Faszination, die für mich "Blade Runner" ausmacht.


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PierrotLeFou

4 November 2017, 03:22:27 #170 Letzte Bearbeitung: 4 November 2017, 03:25:20 von PierrotLeFou
Zitat von: Mr. Blonde am  4 November 2017, 01:35:04Contra:

- zeitweise etwas langatmig und für 160 Minuten ist da inhaltlich viel zu wenig vorhanden. "Blade Runner" war zwar sehr langsam, aber hier herrscht manchmal einfach Stillstand.

Das halte ich immer für recht witzlos... Filmen, die bewusst mit Minimalismus & Slow Cinema-Elementen arbeiten, vorzuwerfen, dass sie gemächlich sind, verfehlt völlig deren Intention und läuft als Vorwurf letztlich ins Leere. Das ist ein wenig so, als würde man einem Terrorfilm vorwerfen, dass er einen geradezu terrorisieren würde... oder einem Drama, dass es in einem Trauer oder Mitleid hervorruft...

Man muss das ja nicht mögen, aber es ist Bestandteil einer Ästhetik, die durchaus über ein Konzept verfügt.

Im Vergleich mit dem Original, das soviel zu enthalten vorgibt und letztlich wenig hergibt, scheint mir Villeneuves Film erheblich gehaltvoller zu sein... :icon_mrgreen:
"Eines Tages werde ich ein wahrhaft großes Drama schreiben. Niemand wird verstehen, worauf es hinaus will, aber alle werden nach Hause gehen mit einem vagen Gefühl der Unzufriedenheit mit ihrem Leben und ihrer Umgebung. Dann werden sie neue Tapeten aufhängen und die Sache vergessen." (Saki)

Mr. Blonde

4 November 2017, 03:41:21 #171 Letzte Bearbeitung: 4 November 2017, 04:29:00 von Mr. Blonde
Zitat von: PierrotLeFou am  4 November 2017, 03:22:27
Zitat von: Mr. Blonde am  4 November 2017, 01:35:04Contra:

- zeitweise etwas langatmig und für 160 Minuten ist da inhaltlich viel zu wenig vorhanden. "Blade Runner" war zwar sehr langsam, aber hier herrscht manchmal einfach Stillstand.

Das halte ich immer für recht witzlos... Filmen, die bewusst mit Minimalismus & Slow Cinema-Elementen arbeiten, vorzuwerfen, dass sie gemächlich sind, verfehlt völlig deren Intention und läuft als Vorwurf letztlich ins Leere. Das ist ein wenig so, als würde man einem Terrorfilm vorwerfen, dass er einen geradezu terrorisieren würde... oder einem Drama, dass es in einem Trauer oder Mitleid hervorruft...

Da fühle ich mich fast persönlich beleidigt.  :nono:

Ich bin der letzte Mensch, der ein solches Argument unbegründet in Diskussionen bringt, da ich ansonsten genauso argumentiere wie du. Intention des Films hat Vorrang etc., habe mir den Mund genug fusselig geredet dahingehend. Kenn ich alles, brauchst du mir nicht erzählen. ;) Dennoch finde ich, dass eine etwas straffere Inszenierung dem ganzen nicht geschadet hätte. So wirkte das auf mich wie das unnötige Suhlen in seinem eigenen Minimalismus. Ich nenne diesen Minimalismus eben Abwesenheit der inhaltlichen Komponente und ein Vertrauen allein auf die Stimmung. Das ist auch eine tolle Sache, wenn das Timing stimmt. Ich schaue gerne stundenlang stimmungsvolle, anregende Filmszenen, die Gefühle von Melancholie erzeugen und dem Rezipienten Zeit geben, auch mal zu sinnieren. Kubrick, Winding Refn, Jarmusch, Leone und co. gehören zu meinen Lieblingsregisseuren, welche oftmals sehr gemächlich zu Werke gegangen sind. Wo andere bei einem "Valhalla Rising" oder "Dead Man" das Kotzen bekommen, weil sich der Film "zieht" und "nichts passiert", sehe ich genau die von dir genannte filmische Meditation. Hier wirkt es für mich bisweilen aber selbstzweckhaft.  "2001" und "Blade Runner" sind meine Lieblinge im Sci-Fi-Kino und das sind wohl die gemächlichsten Vertreter in der entsprechenden Populärkultur. Deckard beim Whiskyschlürfen zuzusehen, während sich der Raum mit Qualm füllt und im Hintergrund erklingt Vangelis' Score. Das gebe ich mir liebend gerne stundenlang. Das ist für mich aber etwas anderes, als was hier zeitweise vorliegt. Das ist subjektiv. Neue Erkenntnisse sind mir nicht gekommen, weil für mich das Material noch nicht genug hergibt. Das mag eine einsame Zweitsichtung ändern.

Villeneuve hat immer wieder die Ehrfurcht betont, mit der er hier gearbeitet hat und der Druck, der auf ihm lastete. Für meine Begriffe hat er die Stärken des Originals ganz klar erkannt, aber lediglich das richtige Maß hat er vermissen lassen. Nochmals: stimmungstechnisch sitzt das alles, nur hin und wieder ist da Stillstand, weil beim Editing etwas zu ausschweifend gearbeitet wurde. Das bedeutet nicht, dass ich die Intention falsch verstehe oder nicht zu würdigen weiß. Wenn wir ausschließlich nach der Intention des Filmschaffenden gehen, dürfte sich da auch schnell eine Narrenfreiheit einschleichen, die das Kino nachhaltig negatv verändern kann. Kritik an der Intention ist immer okay, wenn man sie verstanden hat und das habe ich. Ich kann aber auch bei einem Terrorfilm fragen, ob man den Terror nicht etwas anders hätte inszenieren können. Auch bei entschleunigten Filmen muss das drin sein dürfen. Denn da kann sich eben auch Langeweile breitmachen, zugegebenermaßen ein Problem des Zusehers, aber Filmemacher haben ja schon seeeeehr lange erkannt, dass man nicht einfach einen Film dreht und alles Material aneinanderpappt, sondern, dass man auch straffen muss, um den Zuschauer weiter motiviert das Kernthema verfolgen zu lassen und um den Plot voranzutreiben. Da erzähle ich dir nichts neues und bevor ich in sinnlosen Sarkasmus abdrifte, höre ich lieber auf. Aber da der Plot für mich hier wenig hergegeben hat, war das gleich doppelt schwierig für mich mit dem Flow des Films zu gehen.

Zitat von: PierrotLeFou am  4 November 2017, 03:22:27
Im Vergleich mit dem Original, das soviel zu enthalten vorgibt und letztlich wenig hergibt, scheint mir Villeneuves Film erheblich gehaltvoller zu sein... :icon_mrgreen:

Das gibt eine ganze Menge her, so z. B. die komplette Bildsprache, Erzählstruktur, Atmosphäre, Sound- und Artdesign, Themen etc. :icon_razz: "Blade Runner 2049" hat genau gar nichts neues getan, dafür aber Bestehendes weitergeführt und das auf gutem Niveau. Zu den Qualitäten des Originals schreibe ich dafür aber auch nichts neues und ganze Bücher befassen sich mit dem Gehalt des Originals. Das kannst du anders sehen und das finde ich sogar recht spannend, wenn es auch im Herzen wehtut. Ich werfe diesem Film genau das vor, was du dem Original vorwirfst. Da sind wir eben anderer Meinung oder du erkennst die Intention nicht.  :king:


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PierrotLeFou

Zitat von: Mr. Blonde am  4 November 2017, 03:41:21Dennoch finde ich, dass eine etwas straffere Inszenierung dem ganzen nicht geschadet hätte. So wirkte das auf mich wie das unnötige Suhlen in seinem eigenen Minimalismus. [...] Ich kann aber auch bei einem Terrorfilm fragen, ob man den Terror nicht etwas anders hätte inszenieren können. Auch bei entschleunigten Filmen muss das drin sein dürfen. Denn da kann sich eben auch Langeweile breitmachen, zugegebenermaßen ein Problem des Zusehers, aber Filmemacher haben ja schon seeeeehr lange erkannt, dass man nicht einfach einen Film dreht und alles Material aneinanderpappt, sondern, dass man auch straffen muss, um den Zuschauer weiter motiviert das Kernthema verfolgen zu lassen und um den Plot voranzutreiben.

Uh, also Straub/Huillet hatten nie ein Interesse, ein größeres Publikum zu motivieren... :icon_mrgreen: Ich denke, ein möglichst breites Publikum zu fesseln, war nicht das erklärte Ziel... Und ich würde Form und Inhalt nicht so stark trennen, weil gerade bei Erinnerungsthemen (insbesondere melancholischer Prägung) Ereignislosigkeit & Gemächlichkeit nötig ist, um die Themen adäquat zu vermitteln...

Aber ich will dir ja auch deine Meinung gar nicht nehmen und dich nicht bekehren... :icon_mrgreen: Dann wirst du halt mit dem Scott glücklich, ich mit dem Villeneuve...  ;)
"Eines Tages werde ich ein wahrhaft großes Drama schreiben. Niemand wird verstehen, worauf es hinaus will, aber alle werden nach Hause gehen mit einem vagen Gefühl der Unzufriedenheit mit ihrem Leben und ihrer Umgebung. Dann werden sie neue Tapeten aufhängen und die Sache vergessen." (Saki)

Mr. Blonde

5 November 2017, 01:15:49 #173 Letzte Bearbeitung: 5 November 2017, 01:41:56 von Mr. Blonde
Ich belese mich gerade viel zu dem Film, schaue ein paar Sachen von Villeneuve, u.a. die Szene, wo K die Bienen in Las Vegas sieht und was das bedeuten soll. Villeneuve begleitet diese Szene mit einem Audiokommentar und man merkt sehr, wie viel Liebe er für dieses Universum hegt. Trivia und Anspielungen gibt es auch in großem Umfang, es macht Spaß, darüber zu lesen. Es steckt sicher viel in "Blade Runner 2049", das ich selbst erst durch mehrmaliges Sichten freischälen werde, da freue ich mich umso mehr auf die Blu-ray. Der Film wird durchaus reifen können und im Grunde ist er ohne Frage gut.

Während "Blade Runner" eine hoffnungslos überbevölkerte Welt zeigt, die gerade in den dichten Straßenszenen klaustrophobisch anmutet, zeichnet "2049" das komplette Gegenteil und überwältigt einen mehrfach mit sehr weiten, einsamen Orten und Landschaften. Hier wirken auch die verschneiten Straßenschluchten zeitweise verlassen. Da gefiel mir besonders das Hotel/Casino gut, das mysteriös wirkte. Tatsächlich hat man gerade dieses Set ungeheuer authentisch ausgestattet, sodass es durchaus ein echter "Lost Place" sein könnte, in dem man sich stundenlang aufhalten könnte. Es gibt ja viele solcher Videos bei Youtube, wo Menschen mit Kamera bewaffnet, verfallene Krankenhäuser, Hotels etc. untersuchen. So hat das hier auch gewirkt. Schade, dass es nur ein Set ist. (Im Gegensatz zum Bradbury Building aus Teil 1, das man auch im Genesis Videoclip von "Tonight, Tonight, Tonight" bestaunen darf) Das sind so Momente, die mir außerordentlich gut gefallen haben.

Die Tonmischung war im Kino (UCI Potsdam) übrigens wunderbar brachial und genauso laut, wie ich es mir oftmals wünsche. Es ist schön, wenn man einen Film nicht nur sieht, sondern auch spürt und durch den druckvollen Soundtrack, waren einige Szenen wirklich absolut imposant. Ein anderer Film, der da mithalten kann, ist "Dredd", der klangtechnisch ganz ähnliche Kanonen auffährt. Es wird immer mehr Geld in visuelle Effekte investiert, wo doch gerade das Sounddesign so viel allein erreichen kann. Wird ohnehin zu wenig gewürdigt.


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Mr Creazil

Zitat von: Mr. Blonde am  4 November 2017, 01:35:04
- Nebenfiguren uninteressant,
Spoiler: zeige
Deckard kommt nach zwei Stunden und bekommt nahezu keine Charakterzeichnung oder einen Hintergrund, abseits der ihm zugeteilten Storyline. Was mit ihm passiert ist, was er gemacht hat etc. wird völlig ignoriert. Auch entmystifiziert das Kind den Mythos hinter dem Original, da so ganz klar ist, dass er kein Replikant ist, es sei denn, man hat eine Reihe erfunden, die sich reproduzieren kann. Dass das so natürich niemals im Sinne der Tyrell Corporation gewesen sein kann, verneint die Replikantenfrage eigentlich ziemlich deutlich. Hier hätte ich mir einen größeren Interpretationsspielraum gewünscht.

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Deckard quasi nutzos, Film würde auch ohne ihn funktionieren


Nicht von der Hand zu weisen, wobei ich das weniger als Problem des Sequels, denn als Problem, das bereits deutlich im Original zu Tage tritt, sehe, welches sich somit auf den zweiten Teil überträgt, anstelle dass es hier erst aufkommt. Ich würde sogar gerade heraus behaupten, dass Villeneuve versucht hat, mit einigen wenigen, dezenten Ideen dem Charakter überhaupt erst eine Note, die man als charakteristisch bezeichnen könnte, verpasst hat. Allerdings muss ich dazu erwähnen, dass das Rätsel, ob Deckard nun ein Replikant ist oder nicht, für mich seit jeher einer der uninteressantesten, schlichtweg unwichtigsten Fragen des Originals war.
"Nihilist und Christ: das reimt sich, das reimt sich nicht bloß ..."

"Die Zensur ist die jüngere von zwei schändlichen Schwestern, die ältere heißt Inquisition. "

"Who fights with a ladder - well, Jackie Chan does!"

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Mr. Blonde

5 November 2017, 02:17:48 #175 Letzte Bearbeitung: 5 November 2017, 02:22:46 von Mr. Blonde
Ich verstehe, was du meinst, nur empfinde ich Deckard im Original alles andere als uninteressant oder ohne eigene Note ausgestattet. Als er z. B. die Tänzerin mit der Finte, er gehöre zum Verband der Varieté-Künstler einlullen wollte, hat er eine recht tollpatschige und ungelenke Art offenbart, wenn er versuchen will, sich besonders menschlich zu geben. Gerade in diesen Momenten versagt er gänzlich. Man denke auch an die Szene, wo er ungallant mitten in der Nacht Rachael anruft, um sie in die Bar einzuladen. Er zeigt Rachael kein bisschen von der Menschlichkeit, die ihm eigentlich ein Privileg sein sollte. In der Liebesbeziehung agiert er selbst wie ein Roboter, steif und erzwungen. Er versteht nichts davon. Das macht ihn für mich so interessant und das unterstreicht für mich umso mehr die berühmte Frage nach seiner Identität. Er packt es nicht ansatzweise, sich in gesellschaftlichen Situationen entspannt einzufügen. In seinem Job ist er der Beste und im Privatleben im Grunde ein totaler, einsamer Verlierer.  Das spiegelt hier sehr schön K, der allerdings eigene Schlüsse zieht und nicht durch seine Art in dieser Misere steckt, sondern durch seine Prädestinierung, aus der er ja auszubrechen versucht. Der erste Film hat logischerweise auch mehr Zeit, mir Deckard und dessen Entwicklung zu zeigen. Durch seine eher sehr eingeschränkte Screentime in der Fortsetzung kann sich da wenig entfalten. Es ist mir auch klar, dass Villeneuve das Ganze extra so angelegt hat, um möglichst eigenständig zu wirken, was ja auch größtenteils visuell durch andere eingeschlagene Wege funktioniert. Ich liebe Deckard aber einfach und finde, er ist eine unfassbar tiefgründige Figur, die mich immer wieder nachdenklich stimmt. Hier wirkt er eben wie reingepresst und hat viel zu wenig Raum, sich noch zu entfalten, wo es über ihn eigentlich doch genug zu erzählen geben würde.


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Benny88

Hab mal noch ne kleine Verständnisfrage zum Film:

Spoiler: zeige
Gegen Ende des Films steht K vor der rieisigen Werbebanner-Joi und er schaut sie nur melancholisch an. Sollte diese Szene noch einmal verdeutlichen, dass er "seine" Joi vermisst, oder geht ihm in dem Augenblick eher durch den Kopf, dass es sich ja wirklich lediglich um ein Produkt gehandelt hat, da diese Werbe-Joi ihn als Wildfremden ja auch gleich mit Joe anspricht..
wie seht ihr das?  :00000109:

Chili Palmer

Zitat von: Benny88 am  5 November 2017, 13:31:21
Hab mal noch ne kleine Verständnisfrage zum Film:

Spoiler: zeige
Gegen Ende des Films steht K vor der rieisigen Werbebanner-Joi und er schaut sie nur melancholisch an. Sollte diese Szene noch einmal verdeutlichen, dass er "seine" Joi vermisst, oder geht ihm in dem Augenblick eher durch den Kopf, dass es sich ja wirklich lediglich um ein Produkt gehandelt hat, da diese Werbe-Joi ihn als Wildfremden ja auch gleich mit Joe anspricht..
wie seht ihr das?  :00000109:

Spoiler: zeige
Zunächst habe ich die Szene als finalen Nackenschlag für ihn gesehen, da sie ihm endgültig klarmacht, dass er nur ein benutztes Produkt/Arbeitsdrohne war, das/die wie auf Schienen zur Bestimmung geführt wurde, von wegen "erzählt dir, was du hören willst". Ihre Augen sind schwarz, weil sie als Sehnsuchtsprojektionen nichts mehr vom desillusionierten K zurückwerfen können.
Interessant war in diesem Zusammenhang auch, dass dieses meterhohe Abbild von ihr komplett nackt ist, sich also der ganzen Welt so präsentiert, wie er Joi bislang nur in dem intimen "Synchronisationsmoment" gesehen hatte (wo uns die Kamera intelligenterweise statt einer Nacktaufnahme das Joi-Banner vorm Fenster zeigte), von nun an also die Idee von Liebe für ihn zumindest hinterfragt werden kann. Und da ist man ja am viel interessanteren Punkt: Ein künstliches Wesen hat sich in ein Programm verliebt, aber nichts an dieser Beziehung wirkte künstlich oder unaufrichtig. Wo zieht man also die Grenze zum Menschen? Astreines Blade-Runner-Material. Wer glauben möchte, dass Joes Joi in ihn verliebt war, wird sicherlich genau so viele Argumente dafür zusammentreiben können wie jemand, der sagt, dass es nur eine Maschine war, die ein Programm abspulte. Wie eine programmierte Drohne. Wie ein Mensch, der auch nur macht, was man von ihm erwartet. Vielleicht waren die Augen der Riesen-Joi ja auch "glücklicherweise" geschwärzt, so dass der letzte Blick in die Augen der "echten" Joi der in der ich-liebe-dich-Szene war.
"I'm an actor, love, not a bloody rocket surgeon".

"Der Terminader is ja im Grunde so'n Kaiborch."

StS

ZitatAccording to a report by THR, Alcon Entertainment and its investors are facing about $80 million in losses due to BLADE RUNNER 2049's lackluster performance. Despite receiving glowing reviews, it seems that the Denis Villeneuve film had difficulty attracting a sizeable audience, and, when you take into account the film's $155 million budget, which is after rebates and tax incentives and doesn't include marketing costs, BLADE RUNNER 2049's $241 million box-office isn't looking overly impressive. Prior to the release of the sequel, Alcon Entertainment co-founders Broderick Johnson and Andrew Kosove told THR that the future of their company was hinging on the success of BLADE RUNNER 2049, saying, "This is a chips-in-the-center-of-the-table exercise." At the time, it was said that the sequel would need to clear $400 million in order to be considered a win. Yikes.  (Joblo.com)
"Diane, last night I dreamt I was eating a large,  tasteless gumdrop and awoke to discover I was chewing one of my foam disposable earplugs.
Perhaps  I should consider moderating my nighttime coffee consumption...."
(Agent Dale B.Cooper - "Twin Peaks")

Roughale

Da muss man wohl die Heimauswertung abwarten, aber schon traurig, dass es für solch meisterhafte Filme nicht mehr genug Publikum gibt, die Welt wird halt Trump und Trumper :king:

esta es la mejor mota
When there is no more room for talent OK will make another UFC

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