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Silence [Martin Scorsese]

Begonnen von DisposableMiffy, 12 September 2016, 16:15:16

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DisposableMiffy

12 September 2016, 16:15:16 Letzte Bearbeitung: 18 Oktober 2016, 11:27:27 von DisposableMiffy
Regie: Martin Scorsese
Drehbuch: Jay Cocks (The Age of Innocence, Gangs of New York)
Kamera: Rodrigo Pietro (The Wolf of Wall Street, Argo, Brokeback Mountain)
Schnitt: Thelma Schoonmaker (wer auch sonst?)
Cast: Liam Neeson, Adam Driver, Andrew Garfield, Ciarán Hinds, u.a.
Genre: Historiendrama
Budget: 51.000.000 $ (geschätzt)
Kinostart: 02.03.2017
(IMDb)

ZitatIn the seventeenth century, two Jesuit priests face violence and persecution when they travel to Japan to locate their mentor and propagate Christianity.
Angeblich soll der Film bis Ende des Jahres fertig sein, einen offiziellen Starttermin gibt es aber bisher weder in den USA noch hier. Angesichts des Stoffes wird "Silence" sicher um Weihnachten einen limited release haben, um sich für die Academy Awards zu qualifizieren. Bei uns wird es hoffentlich Januar/Februar soweit sein. Die Vertriebsrechte für D-land liegen wohl bei Concorde. Fürs Kino egal, ins heimische Regal kommt dann halt die UK-Blu-ray.

"Silence" dürfte wohl kaum ein großer Publikumsmagnet werden, denn dass der durchschnittliche "Taken"-Neeson-Anhänger sich ein ein mehr als ellenlanges Historiendrama antut, halte ich für unwahrscheinlich. Aktuell wird die Laufzeit auf IMDb mit 195 Minuten angegeben, allerdings ist die Postproduktion noch im Gange.

PS: Ich war mir relativ sicher, dass es schon einen Thread gibt, die Suchfunktion spuckt aber nichts aus.
letterboxd.com

Dumm geboren, nichts dazu gelernt und die Hälfte davon vergessen.

Hearing only what you wanna hear and knowing only what you've heard.

DisposableMiffy

Zumindest für die USA gibt es jetzt einen Starttermin. 23. Dezember (limited), im Januar dann landesweit.
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DisposableMiffy

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Moonshade

Ich hab mir eben mal was zu der literarischen Vorlage durchgelesen, ist jetzt nicht gerade thematisch das, was ich gern sehe, egal ob von Scorsese oder anderen Regisseuren, ich meide - aus Überzeugung - diese religiös thematisierten Werke, weil sie meistens auf die eine oder andere Seite fallen.

Angesichts des Preises, wird das eher was für den limited release, ich glaube kaum, dass man mit dem Thema wirklich einen Erfolg abfegen kann.
"Du hältst durch und ich halte durch und nächstes Jahr gehen wir einen saufen!

"Anything invented after you're thirty-five is against the natural order of things.!" (Douglas Adams)

PierrotLeFou

Zitat von: Moonshade am 18 Oktober 2016, 12:33:19Ich hab mir eben mal was zu der literarischen Vorlage durchgelesen, ist jetzt nicht gerade thematisch das, was ich gern sehe, egal ob von Scorsese oder anderen Regisseuren, ich meide - aus Überzeugung - diese religiös thematisierten Werke, weil sie meistens auf die eine oder andere Seite fallen.


Den alten Film von Shinoda mochte ich sehr gerne. Ich hatte dabei auch nicht den Eindruck, dass der unfair oder parteiisch war... Ich werde den auf jeden Fall nochmals auffrischen, bevor ich mich an den Scorsese mache.
Ob ich mir auch noch den Roman besorge, weiß ich nicht... zumindest nicht vor der Scorsese-Sichtung.
"Eines Tages werde ich ein wahrhaft großes Drama schreiben. Niemand wird verstehen, worauf es hinaus will, aber alle werden nach Hause gehen mit einem vagen Gefühl der Unzufriedenheit mit ihrem Leben und ihrer Umgebung. Dann werden sie neue Tapeten aufhängen und die Sache vergessen." (Saki)

StS

"Diane, last night I dreamt I was eating a large,  tasteless gumdrop and awoke to discover I was chewing one of my foam disposable earplugs.
Perhaps  I should consider moderating my nighttime coffee consumption...."
(Agent Dale B.Cooper - "Twin Peaks")

StS

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Perhaps  I should consider moderating my nighttime coffee consumption...."
(Agent Dale B.Cooper - "Twin Peaks")

PierrotLeFou

9 September 2017, 04:41:48 #7 Letzte Bearbeitung: 9 September 2017, 06:59:47 von PierrotLeFou
Endlich gesehen... wollte ihn ja im Kino gucken, aber irgendwie habe ich ihn verpasst.


Eigentlich hatte ich etwas relativ Enttäuschendes erwartet. Vom Martin Scorsese, der nur noch protzige Di Caprio-Streifen und so nen kitschigen "Hugo" dreht, konnte ich mir inzwischen kaum noch eine gute Neuverfilmung dieses Stoffes vorstellen, die an Shinodas Version heranreicht. (Vielleicht auch, weil ich Scorseses Jesus-Film nie so ganz geliebt habe... seinen "Kundun" mochte ich aber schon immer sehr...)

Und letztlich war der mMn kein Stückchen schwächer als Shinodas Erstverfilmung.


Anders als Shinodas Version gibt es hier ein wesentlich breiteres Bildformat; es fehlen die dissonanten Klänge des Soundtracks. Die Masken fallen natürlicher aus. In der Inszenierung von Gewalt hält sich Scorsese etwas stärker zurück. Und auch wenn ich Liam Neeson für etwas fehlbesetzt halte, so haben sich doch Garfield und Driver lebendiger (aber nicht lebhafter) in Szene gesetzt als Shinodas Hauptdarsteller.
Das macht Scorseses Version etwas zugänglicher und mainstreamkompatibler, aber zugleich ist auch Scorseses Version nicht wirklich ein Mainstreamfilm. Den Transcendental Style, den Scorseses Weggefährte Paul Schrader einst anhand von Bresson, Dreyer und Ozu geschildert hatte, kann man hier durchaus wiederentdecken. Gerade gegen Ende, wenn Scorsese die Kamera lange auf das statische Jesus-Bildnis hält, wenn die Einstellungen unbeweglicher, die Figuren geruhsamer werden oder sich teilweise die Tonspur immer mehr in Schweigen hüllt, in das sich allerdings dann doch immer wieder ein leiser, innerer Monolog mischt...
Das erinnert manchmal tatsächlich ganz leicht an Dreyer, aber Scorsese hält konsequente, strenge Formen nicht vollkommen durch: Gegen Ende fährt die Kamera dann etwa in einige Flammen und in das Innere eines Behälters hinein, was zwar nicht gänzlich einer "Enter the Void"-Fülle gleicht, aber zur stillen Leere des Transcendental Style nun auch nicht recht passt...
Es ist letztlich kein formstrenger Film, aber doch ein dem Inhalt angemessen unspektakulärer Film, der zwar mit Kulissen und Kostümen besticht, aber weitgehend auf eine Nummernrevue inszenatorischer Highlights & offensichtlicher Bravourstücke verzichtet und gerade in der zweiten Hälfte auch immer wieder den Mut zur Stille findet. (Wenn die Hauptfigur wie die Kamera lange auf ein metallenes Jesus-Bild blickt, dann hat das beinahe was von Tarkowskijs Ikonenbild-Inszenierung im Rubljow; auch wenn Scorsese dabei noch mit Monologen arbeitet...)

Das Ende weicht dann als einzige Stelle des Films sehr stark vom Shinoda ab, was Scorseses Film dann vor allem seine Existenzberechtigung bescheinigt (wenn man solch eine Bescheinigung denn haben will). Hier wird noch recht ausgiebig das ganze Nachspiel des spannenden moralischen Dilemmas und der großen Glaubenskrise verfolgt... das sind quasi die 20 Minuten, mit denen Scorseses Film Shinodas Version überragt.
Das Überraschende ist, dass er - und das unterscheidet ihn von Shinodas Perspektive - zum Ende hin den Schritt vom Christentum zum Buddhismus in gewisser Weise mitgeht (und auch die Peiniger trotz ihrer grausamen Foltermethoden sympathisch und menschlich wirken lässt, gleichwohl sie einem in manchen Situationen auch hassenswert erscheinen dürfen). Der Transcendental Style begleitet bei Scorsese beide Ausformungen des Religiösen; und auch wenn der Film doch stets die Christen in besonderer Weise anspricht und die aufgezwungene Aufgabe des Glaubens eines Christen behandelt und sich auf dessen Dilemma konzentriert, lässt die Inszenierung die Verbindung der verschiedenen religiösen Haltungen in einem gemeinsamen Nenner zu.
Das macht den Film sehr interessant, weil er zwar schon ein katholischer Film ist, dabei aber bereit ist, sich quasi mit einer christlichen Grundhaltung zu begnügen und alle Symbole und Rituale über Bord zu werfen. Hier fragt Scorsese im Grunde nach dem Wesen von Religion an sich, jenseits der verschiedenen Rituale... Vermutlich werden Katholiken und Atheisten (und speziell Buddhisten) den Film ganz anders sehen, aber vermutlich muss sich keiner von ihnen beleidigt fühlen...


In den letzten zehn (bzw. elf, zwölf) Jahren wohl Scorseses bester Film. Ich würde den wohl neben "Aviator", "Kundun", "Casino" und "Goodfellas" zu Scorseses besten Filmen seit den 90er Jahren zählen... Satte 8/10.


"Eines Tages werde ich ein wahrhaft großes Drama schreiben. Niemand wird verstehen, worauf es hinaus will, aber alle werden nach Hause gehen mit einem vagen Gefühl der Unzufriedenheit mit ihrem Leben und ihrer Umgebung. Dann werden sie neue Tapeten aufhängen und die Sache vergessen." (Saki)

DisposableMiffy

Ich war im Kino und habe bekommen, was ich erwartet habe. Einen toll aussehenden, handwerklich einwandfreien Film, der thematisch soweit von mir entfernt ist wie ein Schwein vom Uhrmacherhandwerk.

Irgendwann werde ich mir Silence sicher  noch mal ansehen. Vielleicht ergeht es mir dann wie mit Kundun, mit dem ich beim zweiten Mal wesentlich mehr anfangen konnte.
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