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Jung & Schön

Begonnen von Fastmachine, 19 November 2013, 01:24:55

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Fastmachine

19 November 2013, 01:24:55 Letzte Bearbeitung: 19 November 2013, 10:13:46 von Fastmachine
Jung & Schön

F 2013

Regie: François Ozon

Inhalt: Die siebzehnjährige Schülerin Isabelle (Marine Vacth) verbringt mit ihrer Familie die Sommerferien am Meer. Ihr Umfeld ist intakt und materiell mangelt es ihr an nichts. Scheinbar verhält sie sich wie die meisten Mädchen ihres Alters und bandelt erfolgreich mit Jungs an. Nur scheint sie gefühlsmäßig vollkommen entfernt von den Ereignissen. Ihr Entjungferung geschieht wie nebenbei von einem Jungen, der ihr nichts bedeutet. Zurück aus dem Urlaub beginnt sie sich an ältere, meist gutsituierte Herren zu verkaufen. Ihre Mutter ahnt von nichts, bis einer ihrer Kunden beim Sex stirbt und die Polizei vor der Tür steht. Doch Isabelle verweigert jede Erklärung, sie schottet ihr Innenleben gegen alle ab. Ratlos versucht ihre Familie mit dem scheinbar Unerklärlichen umzugehen...

Ozon inszeniert dieses Hurendrama gegen jedes Klischee, ja gegen jede Form von erklärendem Kino. Was Isabelle antreibt, bleibt bis zum Schluss im Dunkeln. Wie üblich weht eine gewisse lateinische Kühle durch seine Filme, hier noch verstärkt durch seine Verweigerung jeder psychologischen oder sozialen Deutung von Isabelles Weg. Sie habe der Sprung ins Unbekannte gereizt, mehr lässt Isabelle kaum verlauten. Was man sieht, was man durch die Inszenierung von Ozon nahegelegt bekommt, ist der Abstand von Isabelle zu allen ihren Mitschülern, weiblich wie männlich. Teenagerpartys interessieren sie nicht. Als sie einen gleichaltrigen Freund abzuschleppen scheint, ist sie davon nicht im Geringsten berührt, sie liebt ihn nicht. Der Film umfasst ziemlich genau ein Jahr Handlungszeit, unterteilt in vier Kapitel (Sommer, Herbst, Winter, Frühling) mit unvermittelten Schnitten. Die Jahreszeiten sind mit der Entwicklung von Isabelles Prostituiertenkarriere gekoppelt. Gegen Ende jedes Jahreszeitenkapitels erklingt ein Song, anscheinend um die Gefühlswelt von Isabelle zu erläutern, doch auch das bleibt merkwürdig wenig greifbar.

Was soll man davon halten? Zweifellos ist der Film dicht und enorm formbewusst gestaltet, die Entwicklung Isabelle erscheint vollkommen logisch und unvermeidlich. Ozon will Isabelle auf keinen Fall als Opfer irgendwelcher Umstände zeigen. Die Sexszenen sind kühl und geschäftsmäßig in der gepflegten Anonymität besserer Hotels gefilmt, aber nicht bewusst abstoßend inszeniert. Andererseits fehlt aber auch jede Form von Begierde im Blick der Kamera. Isabelle ist anders als ihre Mitschülerinnen, das wird völlig klar. Es scheint, als akzeptiere Isabelle ihre Andersartigkeit zunehmend und sieht die Unmöglichkeit, wie ihre Altersgenossinnen zu leben. Damit entlässt uns Ozon aus dem Film. Mir gefiel diese Stilübung ziemlich gut, auch wenn Ozon niemals zur ganz großen Begeisterung hinreißt.

7,5/10
Ich mag keine Filme; die verblöden nur. (Alfons d. Ä.)

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