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Die letzte Sichtung: Serien & Dokus

Begonnen von StS, 21 Juli 2022, 10:11:06

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Private Joker

19 Februar 2025, 17:25:39 #120 Letzte Bearbeitung: 20 Februar 2025, 10:22:49 von Private Joker
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Zitat von: Moonshade am 18 Februar 2025, 09:48:30Ghosts (CBS/Netflix)

Ich hab als netten Snack jetzt mal wieder so etwas wie eine klassische Sitcom eingeworfen, insofern zumindest als dass "Ghosts" von CBS kommt, also aus dem klassischen Network-TV.
Natürlich - die Kreativität ist da ja seit Jahren auf Sparflamme - basierend auf einer entsprechend britischen Sitcom gleichen Namens.

Ich hätte tatsächlich lieber die britische Variante gesehen (die aktuell nirgendwo zu streamen ist), aber was solls, wenn Netflix die ersten beiden Staffeln mit immerhin 40 Folgen ins Programm hievt.
..

TV-Spielfilm behauptet in ihrer aktuellen Ausgabe, dass die Brit-Version bei Amazon streambar ist - konnte ich mal auf Anhieb nicht verifizieren. Überdies gäbe es laut denen von der US-Variante schon 5 Staffeln, womit mich so langsam der Verdacht beschleicht, dass deren Redaktion auch viel zuviel "ungeprüften Chat-GPT-Output" ins Heft hievt.
Was aber wohl stimmt, dass da eine deutsche Version incoming ist - demnächst in der ARD Mediathek. Bin mal gespannt, wer sich das vollumfänglich antut....
Zur US-Version hatte ich bei der Premiere S1 (damals nur WOW) ja ähnliche Gedanken wie Moonshade, als Pausenfüller ganz gut geeignet. Nur sind mir irgendwie die passenden Pausen ausgegangen, so während Staffel 2....

Statt dessen bin ich so ein bisschen auf dem Krimitrip, auch wenn die ganz große Begeisterung da regelmäßig auch ausbleibt.

Deadwind (Netflix) - bislang Staffel 1

Warum tut man sich Serien wie diesen finnischen Semi-Noir-Krimi über kostenpflichtige Streamer an, die man in etwa qualitätsgleich auch über die Mediatheken der öffentlich-gebrechlichen bekommt? Da gibt es für mich aktuell eine klare Antwort: Netflix läuft technisch einfach besser, ich werde da nicht ständig rausgeschmissen, und wenn doch, geht es mit einem Klick an der gleichen Stelle weiter.

Inhaltlich in der Tat eher Standardkost - rund um ein sympathisches, aber gegen den US-Trend nicht unmittelbar paarungswilliges m/f-Cop-Duo entwickelt sich ein (in S1) etwas arg ausladendes Konstrukt um Umweltverbrechen und Eifersuchtsmorde. Der Öko-Thriller-Teil ist der interessantere;  die Krimihandlung leidet vor allem darum, dass unsere zwei netten Ermittler da eher hemdsärmlig vorgehen und nicht unbedingt so wirken, als würden die das hauptberuflich machen. So werden die letzten Stunden des Opfers erst in Folge 7 oder so mal rekonstruiert, darauf hätte man auch durchaus früher kommen können. Und dann stimmt auch noch der angenommene Todeszeitpunkt einfach so nicht - das hat man schon alles plausibler gesehen.

Positiv neben einigen soliden Spannungseffekten rund um die Öko-Handlung fand ich, dass dem Thema "Verlust" bei den Angehörigen von Mordopfern und anderen Todesfällen durchaus Raum eingeräumt wird, die Motive und Gefühle der Figuren sind im Großen und Ganzen plausibel. In Verbindung mit den netten Leads (sagte ich das schon?) genretypische 6/10 - auch die (zu Recht) etwas verkürzten Staffeln 2 und 3 werde ich wohl noch mal sichten.

Nemesis Disney+

Mittels der drei Freimonate via Vodafone doch noch die Chance bekommen, das nach eigentlichem Abo-Ablauf zu Ende zu sehen. So eine Sehpause ist bei komplexeren Stoffen nicht ideal, aber nüchtern betracht ist das eigentlich auch nur ein relativ kleiner Verschwörungskrimi nach dem Motto "wenige Gute gegen viele Böse" plus "alle verdächtig außer Hauptfigur" und dabei nicht sonderlich vielschichtig. Generell wundere ich mich schon ein bisschen über das Ausmaß von Verschwörungen im aktuellen Seriengeschehen - böse Firmen, böse Geheimdienste, zT korrupte Staatsorgane. Wer das so im realen Leben öffentlich als wahr oder möglich hinstellen würde, hätte seinen Ruf als Schwurbler oder Aluhutträger schnell weg...

Ansonsten mal wieder ziemlich durchschnittliche Durchschnittskost; dass in den Kreis der Verschwörungsverdächtigen sogar der (Ex-)Ehemann der Hauptfigur aufgenommen wird, ist mal partiell neu. Auf der Habenseite stehend dann noch ein paar spannende Szenen um den schön fiesen Killer, vieles andere (der Auftritt der "Deutschen" etwa, schon wieder - in Darkwind waren die auch schon in eher unrühmlicher Rolle dabei) wie etliche der Figuren (die kernige CopIn als Sidekick) geraten eher klischeehaft. Insgesamt noch etwas mittelmäßiger als die finnische Variante - 5/10.

Prime Finder (Apple TV+)

Verschwörungen die Dritte, und jetzt wird es komplett bekloppt. Es geht um irgendwas mit Primzahlen, was genau wird nie gezeigt oder ansatzweise erklärt. Aber es muss echt total wichtig sein, denn an allen Ecken und Enden fallen Leute tot um, weil da irgendwelche Finstertypen voll total Angst haben vor dem jungen Genie. Sorry für den leichten Schwenk in Jungsprech, aber da die Serie sich alle  Mühe gibt, jung, cool und hipp rüberzukommen, mit NSA(?)-Agent*innen, die alle irgendwo aussehen wie direkt vom College gecastet, erschien mir das irgendwie passend. Und weil man in der Generation offenbar ungern rechnet, wird der ganze Zahlenkram halt einfach mal behauptet und in kryptischen Formeln an die Wand oder in geheime Papers gepinnt; ich finde das Thema ja gar nicht mal uninteressant, aber so einen Hauch von Plausibilität wäre schon schön gewesen.

Ehrlicherweise vergehen die bislang zu sehenden vier oder fünf Folgen durchaus zügig und schmerzfrei, irgendwas ist immer los auf dem Schirm. Und die Art, da eine homosexuelle Hauptfigur zu präsentieren, ist bei aller Kritik an der auch hier allgegenwärtigen Wokeness mal schön unaufgeregt. Trotzdem eher im Niemandsland zwischen  "doof" und "unterhaltsam" und damit eigentlich unter Apples Niveau. Es sei denn, die große Erleuchtung kommt noch - vorläufig eher so um 4-5 / 10
"Ich bin zu alt für diesen Scheiß" "Dem Scheiß ist es egal, wie alt Du bist" (James Grady - Die letzten Tage des Condor)

Moonshade

Ja, mit "Dead Wind" haben wir auch angefangen, dazu kann ich aber nach einer Folge noch nichts sagen, dafür haben wir in zwei Tagen den kurzfristigen Hit

Die Are-Morde

verfrühstückt. Warum das so gute Noten bekommen hat und alle so begeistert sind, kann ich nun gar nicht verstehen, das ist sogar in Sachen "gritty scandinavian crime" ein ganz softes Ding, über das das ZDF nur müde lächeln würde.
Warum? Weil man das irgendwie alles schon kennt und nichts davon wirklich bemerkenswert ist. Junge Polizistin, getrennt, daheim wird gegen sie ermittelt (wir sind wohl in Schweden), fährt ins Wochenendhaus der Schwester nach Are. Naja, und da gibt plötzlich im eisigen Nix einer kleinstadt plötzlich jede Menge Morde. Und die weil da oben natürlich nicht so oft Morde ermitteln, darf sie gleich mitmischen. Dazu kommt ein tiefenentspannter Kollege und weitere nette Teamkollegen.
Das alles wird gebündelt in 5 Folgen, wobei die ersten drei und die letzten zwei jeweils einen Fall (oder eine Adaption) darstellen und die Folgen so 35-44 min lang sind.
Ja, äh, das war es dann auch schon. Die Fälle entwickeln sich organisch, die Verdächtigen sind überschaubar, es wird brav einer nach dem anderen anermittelt und ausgeschlossen und wie in Skandiland öfters mal, gibts gar motzige Männer, die Frauen ausnutzen, missbrauchen oder umbringen, da tut es gut, dass die Protagonistin aus dem Bereich "häusliche Gewalt" kommt.

Stört wirklich alles weder beim Stricken noch beim Bügeln, sogar die privaten Probleme sind mit der lauwarmen Nadel gestrickt und wirklich alles löst sich beizeiten in Luft auf. Wenn die Nacheinanderanordnung auch dazu führt, dass man bei mehreren Fällen/Verdächtigen den einen fast vergisst, bis der andere quasi erledigt ist.

Total nice, aber Lisbeth Salander gefällt so ein hausfrauenkompatibler Krimi natürlich nicht. nette 5/10.
"Du hältst durch und ich halte durch und nächstes Jahr gehen wir einen saufen!

"Anything invented after you're thirty-five is against the natural order of things.!" (Douglas Adams)

"Gebt dem Mann ein verdammtes Puppers!"

Moonshade

Deadwind (Netflix)

So, jetzt: Staffel 1 nach ewiger Zeit beendet. 12 Folgen für eine Krimistaffel sind deutlich zu lang und das haben dann wohl auch die lieben Finnen eingesehen ,die Staffel 2+3 dann auf 8 Folgen reduziert haben.
Fing gut, wenn auch ruhig, an, verzettelt sich dann aber offenbar in dem Projekt, 12 Folgen irgendwas Hochkomplexes abzuliefern. Dass an dem Umweltprojekt, was hier im Fokus steht, Dreck dranhängt, wenn die deutsche Teilhaberschaft von einer Firma namens "Weltkraft" kommt, war eigentlich schon klar und ich hab mir schon nach 8 Folgen ganz gut zusammensetzen können, was dann in den letzten 4 Folgen noch zäh alles aufgedröselt wurde.
Auch was anfangs eine starke Frauenrolle war, wird in der Staffel mit zunehmender Laufzeit zur Belastung, die Beratungsresistenz der Hauptfigur, die nebenbei auch noch in Trauer sein soll und mit ihrem zwei Kindern nicht zurecht kommt, nervt irgendwann nur noch, vor allem wenn sie sich im letzten Staffeldrittel mehrfach deppert in Lebensgefahr bringt und einmal nur von Filmgott Drehbuchzufall vor dem Tode gerettet wird. Ab Folge 10 wollte ich eigentlich nur noch wissen, wer denn nun der eigentliche Mörder vom Beginn war und sogar fördern sie noch ein schier unglaubliche Backstory in 45 Minuten zu Tage, die viel mehr psychologische Tiefe verdient gehabt hätte.

Alles in allem kompetent gemacht, aber leider überlang geplottet. Ich hoffe, die anderen Staffeln sind straffer. 5/10
"Du hältst durch und ich halte durch und nächstes Jahr gehen wir einen saufen!

"Anything invented after you're thirty-five is against the natural order of things.!" (Douglas Adams)

"Gebt dem Mann ein verdammtes Puppers!"

StS

Bei ,,Pulse" (2025) handelt es sich um eine stereotype, aber unterhaltsame ,,Netflix"-Krankenhaus-Serie von Showrunner Carlton Cuse (TV's ,,Lost", ,,Bate's Motel", ,,Jack Ryan" etc.), welche sich in einer Notaufnahme in Miami entfaltet. Nicht vordergründig um Authentizität bemüht – stattdessen auf ,,klassisches Drama-Entertainment" (á la Shows wie ,,ER", ,,Chicago Hope" und ,,Grey's Anatomy") setzend – weisen einige Elemente (Plotstränge, Charaktere, Beziehungen und Dialoge) durchaus klischeehafte sowie in Richtung Soap-Opera tendierende Eigenheiten auf...

Dass Willa Fitzgerald (,,Stange Darling") als Haupt-Protagonistin gecastet wurde, ist 'ne feine Sache – schließlich verdient sie Besseres als bloß Serien-Nebenparts und maue B-Movies (á la ,,Alarum"). Sie agiert gewohnt gut und wird von einem netten Ensemble brauchbarer Darsteller umgeben – darunter Colin Woodell, Jessie T. Usher, Jessica Rothe, Jack Bannon und Nestor Carbonell – welche Figuren spielen, von denen die Mehrzahl ansprechend sympathisch ist (und selbst wenn nicht: zumindest nicht uninteressant), so dass man sie durchaus gern durch diese kurzweiligen 10 Folgen begleitet...

,,Amüsant" ist übrigens ein Aspekt der Werbe-Strategie: Im Trailer wird die Romanze der beiden Leads hervorgehoben – welche in der Serie an sich aber schon vorüber ist und nur in Form regelmäßiger Flashbacks aufgezeigt wird, während die gegenwärtige Handlung an just dem Tag einsetzt, als er gerade suspendiert wurde, nachdem sie ihn in der HR-Abteilung u.a. wegen der damit verbundenen Machtverhältnisse und Auswirkungen angezeigt hatte (was unweigerlich für Drama/Spannungen im Team sorgt). Zudem zieht ein Hurricane genau dann über Florida hinweg und stürzt ein Schulbus von einer Brücke...

6,5/10
"Diane, last night I dreamt I was eating a large,  tasteless gumdrop and awoke to discover I was chewing one of my foam disposable earplugs.
Perhaps  I should consider moderating my nighttime coffee consumption...."
(Agent Dale B.Cooper - "Twin Peaks")

Glod

Ted Lasso Staffel 1 (Apple+)

Ich staune ja beinahe, dass es zu dieser Serie noch keinen eigenen Thread gibt. Meine Frau hat ein aktuelles Angebot von Apple+ (über Prime) genutzt und da das so ziemlich die einzige Serie war, von der ich bei Apple+ bereits etwas gehört hatte (ohne zu wissen, worum es ging, ich kannte nur die enthusiastischen Überschriften in US-Medien), haben wir mal damit angefangen.

Und ich muss sagen, dass die Lobpreisungen voll und ganz gerechtfertigt sind. Ted Lasso ist zumindest in Staffel 1 absolut perfekte Unterhaltung mit einem sehr hohen Wellness-Faktor. Im Grunde geht es darum, dass ein amerikanischer Football-Trainer(!) einer Highschool-Mannschaft(!!) angeheuert wird, um Trainer eines Fußball-Teams(!!!) in der englischen Premier-League(!!!!) zu werden.
Was dann erzählt wird, ist nicht wirklich neu. Natürlich eckt er an. Natürlich wird er abgelehnt. Natürlich gibt es die üblichen Problemcharaktere unter den Spielern, Beziehungskrempel blabla.
Aber WIE es erzählt wird, ist einfach nur eine Schau. Jason Sudeikis spielt hier wohl die Rolle seines Lebens. Brendan Hunt als Coach Beard stiehlt jede Szene, indem er einfach nur da ist. Und auch die anderen Figuren fügen sich nahtlos ins Ensemble ein. Da gibt es keine Ausfälle nach unten. Irgendwie mag man sie alle. Und weil wir es mit einer Feel-Good-Serie zu tun haben, sind die "Bösen" auch allerhöchstens charmante Arschlöcher.
Und das Ganze wird mit herrlichen Dialogen, tollem Wortwitz (wir schauen es in der Originalversion) und einer riesigen Schippe britischen Humors serviert (was witzig ist, da es eine US-Serie ist). Alleine die Dart-Szene kann schon als legendär bezeichnet werden.

Alles in allem eine volle Empfehlung. Wenn jemand mal Bock auf Comedy hat, die nicht edgy, provokant, pubertär oder sonstwas sein will, sondern die einen in eine kuschelige Decke hüllt und dann zum unbeschwerten Lachen, einlädt, dann ist das hier definitiv der oberste Eintrag auf der Liste.  :respect:
"Er wird mir eine Kugel verpassen und dann Selbstmord begehen." -Nina Meyers-

"Wir passen schon auf, dass er keinen Selbstmord begeht." -Jack Bauer-

Moonshade

The Residence (Netflix)

Jeder mag Daniel Craigs Poirot-Parodie Benoit Blanc?
Gut, ich nicht so ganz so dolle, was wohl eher an den Skripten liegt, aber wer generell moderne Detective Fiction a la Agatha Christie mag und die Chose nicht ganz so ernst nehmen will, der kriegt die Volldröhnung in dem 8-Teiler "The Residence", in der auf einem Staatsbankett im Weißen Haus plötzlich eine Leiche gefunden wird. Getroffen hat es den "Chief Usher", den Chef der Hausangestellten und unten turnen 200 Leute, Kylie Minogue (in person), Hugh Jackman (nicht in person), die Abordnung von Australien und so ziemlich jeder Sicherheitsdienst, den man sich denken kann herum.
Natürlich will jeder gern den Fall zu den Akten legen, ist die First Family (erster schwuler Präsident mit Mann, dazu Jason Lee als total bekloppter Präsidentenbruder), aber der Verantwortliche Polizeichef zieht eine externe Beraterin hinzu, die legendäre Cordelia Cupp, eine manische Vogelbeobachterin, die, einmal gerufen, das komplette Weisse Haus für die ganze Nacht als Geisel nimmt und nicht nur zwei Dutzend total neurotische Tatbeteiligte und Zeugen aufscheucht, sondern den superkomplizierten Fall auch Stück für Stück auseinander nimmt...

Ist zwar von Shondaland - was farbige Beteiligung garantiert - ist aber eine absurde Humorbombe erster Kajüte, wenn man derlei Spielereien ganz gern mag, bei dem sich jeder selbst verdächtig macht und die Ermittlerin immer wieder den Zeugen und Anwesenden den Boden unter den Füßen wegzieht und damit die komplette erste Politik- und Sicherheitsriege düpiert (die zumeist ziemliche Idioten oder einigermaßen kaputt sind). Mit steten Rückblenden und einem in allen Winkeln erkundetem Weißen Haus ein großer Spaß, der in einer Parallelhandlung auch noch als eine Art Senatsanhörung nachbetrachtet wird, was es noch absurder macht. Uzo Aduma macht als No-Nonsens-Neu-Poirot stoisch keine Gefangenen, während Randall Park als ihr überforderter Watson vom FBI neben ihr herstolpert.

Komplexer, verwinkelt und umständlicher geht es auch bei Craig nicht zu, wenn die Leiche offenbar mehrfach den Platz gewechselt hat und ihr immer weitere Todesarten beigefügt wurden, während um sie herum alle am ausrasten sind. Hat mir eine Menge Whodunit-Spaß gemacht, allein die letzte Folge, die mit knapp 90 Minuten eine hable Std. länger ist, braucht für die Aufklärung des Gewusels ein paar Hakenschläge zuviel. Eindeutige 8/10
"Du hältst durch und ich halte durch und nächstes Jahr gehen wir einen saufen!

"Anything invented after you're thirty-five is against the natural order of things.!" (Douglas Adams)

"Gebt dem Mann ein verdammtes Puppers!"

Private Joker

17 April 2025, 14:17:43 #126 Letzte Bearbeitung: 18 April 2025, 11:56:52 von Private Joker
Gundam: Requiem for Vengeance (Netflix)

Pausenfüller gesucht, Pausenfüller gefunden. Früher in diesem Thread hatte ich ja kritisch zu den (vielen) Militär/Ballerepisoden von Amazonsens gleichfalls videospielbasierter "Secret-Level"-Anthologie angemerkt, dass die zwar technisch ansehnlich sind, aber letztlich mangels Anfang und Ende kaum fesseln können. Insofern komme ich jetzt etwas in Erklärungsnot, warum mir das hier eigentlich ganz gut gefallen hat - zwar gibt es immerhin so was wie einen sinnvollen Schluss, die Ausgangssituation ist aber klar aus der Abteilung "ptfG" (play the f..ing Game). Wer wissen will, warum da die Erde im Eimer ist, Weltraumfraktionen gegen Erdstreitkräfte fighten, warum die einen "gut" und die anderen "böse" sind - Bandai oder whoever verkauft Dir gerne ihr passendes Videospiel,.

Danke, aber danke nein. Trotzdem: Irgendwie fühlte ich mich gerade in den Auftaktepisoden ein bisschen an "meine" Computerspielvergangenheit (vor allem "Command & Conquer") erinnert, mit viel futuristischem Kriegsgerät, das sich krachend nach dem Stein/Schere/Papier-Prinzip wechselseitig zerlegt. Technisch ist so eine CGI-Anime dafür ein prima Background - detaillgetreue "2-Kanonen-Panzer", ordentlich Wumms auf dem Schirm, dazu gut animierte menschliche Figuren, hohes Tempo. Passt soweit.

Überraschenderweise schafft es die Serie in den knappen 6x30 Minuten und in den natürlich vorhandenen Limits einer Animationsserie sogar so was wie eine Bindung zu den Figuren herzustellen. Die toughe Captain, die mal Violinistin war (tolle Szene, in der das visualisiert wird), ihre Crew, ein paar Militär-Hohlköpfe, ein paar unerwartete Opfer. Haut mich tot, aber ich konnte da mehr Sympathie für die "Personen" entwickeln als für manche überdreht-supertoughe "echt" menschliche Agents der Streamerhausmarken (Lioness oder Citadel).

Wenn es da vor allem in den Folgen 4/5 vorrang um brachiale Mech-Kloppereien -zT. im Ritterstil, mit Energieschwertern -  geht, meldet sich auch mal das Stimmchen im Kopf, das mir so was sagen will wie "bist Du dafür nicht ein bisschen alt?". Trotzdem - ich hatte Spaß oder neudeutsch fun, dafür von mir mal 7/10. - wird aber sicher nicht jedem in dem Umfang gefallen.

Und noch ein paar schon mal angesprochene, mittlerweile zu Ende gebrachte Serien:

Prime Finder (Apple) bleibt bis zum lahmen Ende federleichter Unfug der Sorte "muss man nicht haben". Motto durchgehend: Wozu Story/Background/Sinn und Verstand, wenn ich junge, hippe, coole Typen habe und durch die halbe Welt jagen kann?. Da wird im Kern alles behauptet, die Agentenskills der Agenten, die genialen Mathefähigkeiten der Hauptfigur, die zentrale Verschwörung, das übergeordnete "Gimmick" mit den Primzahlen. Würde da irgendwer an einer Stelle behaupten, mit Pythagoras, Leipnitz oder der binomischen Formel könnte man ganz fix die Welt beherrschen, müssten wir es ihm auch glauben.

Tue ich aber nicht. Mangels echter Action/Spannung/Aufregung (die Szene in einem allerdings grotesk fake aussehenden Ärmelkanaltunnel war LEIDLICH spannend) ein seltener Fehlschlag für Apple - maximal 4/10.

Deadwind (Staffel 2/3) schafft es auch bei verkürzter Laufzeit nicht, da EINMAL einen stringenten Fall ohne drölfzig Volten, Seitenhandlungen und irren Querverbindungen zu präsentieren. Besonders over the top: Die dritte Staffel, die gleich noch den Fall um Karrpis toten Ehemann mit lösen will und dabei völlig absurde Konstrukte anbietet. Dass einer der vielen und eigentlich interessanteren Handlungsstränge (der um ihre Stieftochter) dabei komplett im Nichts endet, muss man wohl in Kauf nehmen.

Dabei gibt es - immer noch - reichlich Dinge, die mir eigentlich gefallen: Die Optik/Stimmung, einige spannende Einzelszenen (die zentrale "Killer-Kiste aus S3 ist nicht verkehrt), die immer etwas melancholischen, alles andere als "strahlenden" Hauptfiguren mit vielen privaten Problemen. Vielleicht "ist" Krimi ja heutzutage "so" und ich habe da nur eine Entwicklung verpasst - insgesamt nur noch sehr knapp die  6/10, die ich für Staffel 1 vergeben hatte, mit deutlicher Tendenz Richtung 5.

Und From (Paramount+) - das ist dann mal so ein Fall, wo sich mein anfängliches Missfallen ins sagen wir mal "Grenzpositive" entwickelt hat. Ja, das ist - sogar noch mehr als nach drei oder vier Episoden geahnt - ein glatter und völlig unverhohlener Lost-Klon; wäre ich ABC, würde ich über eine Plagiatsklage ernsthaft nachdenken.

Allein: SO viele direkte Lost-Nachzieher hat es jetzt auch nicht gegeben, und überdies haben die sich das Vorbild auch mal gut angesehen und an ein paar richtigen Stellschrauben gedreht. So gibt es die bei Lost in der Masse dann doch überzogenen Rück-, Vor- und Seitswärtsblenden fast gar nicht, zwei, drei kurze Flashbacks, so passt das. Und während das Angebot an seltsamen Räumen, mysteriösen Zahlen und dem ganzen Zinnober fast das Lost-Niveau erreicht, hat man in Sachen "echter Horror" dann doch mal eine ganze Schüppe draufgelegt. Optisch und in Sachen Blutgehalt - weil für einen offenbar zensurschwächeren Sender produziert, aber auch atmosphärisch: Die dauergrinsenden "Typen", die da nachts umherwandern, verbreiten einfach mehr Schrecken als Geräusche, Rauch- und Metallmonster im Vorbild.

Was bleibt und leicht nervt ist eine Dramaturgie, die (zu) oft aus "Figur A besucht Figur B, Figur C spricht mit D, dann A mit E und B mit D" besteht. Und die Dialoge sind auch nicht immer umhauend, zu oft geht es um "kommen wir nach Hause?", die Frage was da eigentlich abgeht, wird eher selten gestellt.

So oder so - das hat sich entwickelt, ist genau der Dranbleiber, den man im Zeitalter des Streaming von einem (extrem) seriellen Format erwartet und sehen will. Wie gut das Ganze dann final dasteht, hängt natürlich auch davon ab, ob es am Ende irgendeine sinnvolle Erklärung für das Gesamtkonstrukt UND für die Einzelszenen gibt. Aber in dem Punkt war Lost auch kein unerreichbares Übervorbild - also dann noch mal (vorläufige und knappe) 7/10 von mir.
"Ich bin zu alt für diesen Scheiß" "Dem Scheiß ist es egal, wie alt Du bist" (James Grady - Die letzten Tage des Condor)

Private Joker

8 Mai 2025, 12:36:24 #127 Letzte Bearbeitung: 8 Mai 2025, 22:09:13 von Private Joker
Stay Close dt. wohl "Wer einmal lügt" - toller Titel (Netflix)

Endlich wieder mal ein Coben - gerade im Vergleich zu Krimis in der skandinavischen Darreichungsform (Deadwind), die etwas realitätsnäher sein mag, aber auch irgendwie wenig mitreißend, habe ich diese britische Variante (wobei der Autor eigentlich Ami ist) glatt vermisst.

Klar kann man die Machart mit den von ihrer Vergangenheit/finsteren Mitmenschen bedrohten Upper-Middleclass Familien und den Twists im Dutzend billiger für trivial halten. Ob Gewöhnungseffekt oder der hier ist - bei insgesamt überschaubaren Abweichungen nach oben und unten - tatsächlich noch eine Prise gelungener als die Vorgänger/Nachfolger, mir hat der im Vergleich und sogar absolut eigentlich gut gefallen. Vor allem der Cast passt: der unvermeidlich/solide Armitage hat hier mit dem immer gerne gesehen Nesbitt als Cop (eine Rollenkombi, die eh wie angegossen passt) einen perfekten Gegenspieler. Von den Nebenfiguren fällt natürlich das durchgeknallte Killerpärchen ins Auge - die machen in ihren Szenen durchweg Laune, auch wenn die bei objektiver Betrachtung eher heiße Luft produzieren, reichlich Leichen aus dürftigen Motiven, und das, obwohl die auftragsgemäß ja eigentlich nur einen Vermissten suchen sollen. Und überdies
Spoiler: zeige
 einen eher schwachen Abgang haben, gleich beide verlieren einen Messerkampf gegen reine Amateure. Und wenn wir eh schon hier sind, in der Spoilerzone: Die gesamte Auflösung ist zwar personell eine solide Überraschung, aber so ein oder zwei Fragezeichen schweben da schon drüber. Warum der "Ganstervater" des letzten Opfers verhaftet wird (die Morde des Killerpärchens hat der ja nicht beauftragt), oder wie die Frau da dutzende Männer einfach so überrumpeln und dann auch noch unbemerkt entsorgen kann. Und dass das außer - ansatzweise - dem Hauptcop über 15 Jahre niemanden auffällt, nun ja...

Zur trotzdem noch soliden Krimihandlung mit ein paar klar definierten Spannungsspitzen, aber erfreulicherweise ohne völlig absurde Wendungen passt ganz gut, dass man zumindest mit dem ein bisschen tragischen Pärchen Cop - schwerkranke Barfrau auch menschlich durchaus etwas mitfühlt. Das zentrale Handlungselement um die ehemalige Tänzerin, die ihre Vergangenheit wie eine Haut abstreift und in die Fast-Oberklasse wechselt (geht verblüffend einfach in GB - vielleicht war das im Buch eine US-Story, wo Landesgröße und - fehlende - Bürokratie das eher ermöglichen) fand ich nicht gar so überzeugend, aber ein bisschen Gemecker gehört dazu. Ist halt ein Coben, die Goldwaage bleibt da besser im Schrank - trotzdem knapp 7/10 und damit Bestnote meiner bisherigen Harlan-Serien.

Anaon - Hüter der Nacht (ARD Mediathek)

Eher zufällig im Spätprogramm von One drüber gestolpert, für ganz interessant befunden und dann mittels der Mediathek mal "zusammen gestoppelt". Diese Gruselkrimis aus Frankreich sind für mich ein bisschen zu häufig nach dem Muster "Viel fauler Zauber/angetäuschter Grusel, manchmal auch ganz solide-düstere Atmo, und dann am Ende eine banal-rationale Erklärung" gestrickt. Hier wird von Anfang an erfreulich wenig Zweifel daran gelassen, dass da tatsächlich ein übernatürliches Element vulgo Monster im Spiel ist. Welches dann auch in überraschend solider Machart (tricktechnisch/optisch) den Schirm betritt; leider kann der ganze Rest da nicht ganz mithalten. Die Story ist letztlich banal  - Wächterfamilie im Buffy-Style gegen Finstermonster, ein paar geheimnisvolle Symbole, ein zwei Erklärbärfiguren - größere Überraschungen bleiben durchgehend aus. Ebenso wie echte Härten, vor allem wenn die
Spoiler: zeige
 versammelten Opfer des Finstermonsters am Ende alle irgendwie wundersam "aufwachen", weil der "Boss" sich verabschiedet hat
. Dass da Teenager im Mittelpunkt stehen, ist wohl mittlerweile unvermeidlich, die ganz üblen Klischees (motzig wegen Umzug/handysüchtig/ständig in die Falschen verliebt) bleiben zwar aus, aber wenn man sich die französischen Credits wegdenkt und noch ein, zwei weitere Teenager dazu, könnte das auch Staffel 3 der "Goosebumps" (dazu gleich mehr) sein. Und die können das in der Summe doch noch einen Tick besser, zumindest (vermutlich) aus Sicht der Zielgruppe - trotzdem ganz o.k. 5,5/10.

Gänsehaut / Goosebumps (Disney+)

Nein, diesmal (fast) kein Gemecker über zu viel Werbung. Auf der Suche "was könnte ich vor Aboablauf noch mitnehmen" über die bislang zwei Staffeln gestolpert, die zwar die Machart, aber sonst keinerlei verbindende Elemente / Personen teilen. Das Ganze basiert, die meisten werden es spätestens seit den Kinofilmen wissen, auf Storys des vielgelesenen, aber hierzulande weniger bekannten Autors R.L. Stine, der in den USA als veritable Alternative zu Potter/J.K Rowling gilt. Sprachlich einfacher, handfester, weniger mystisch-verschwurbelt, und, wenn man denn Wert darauf legt, etwas diverser - und deshalb sogar in US-Schulen als Unterrichtsmaterial dient (habe ich irgendwo gelesen).

In der jüngsten TV-Fassung (bislang zwei Staffeln) geht es in der ersten Staffel um einen klassischen Gruselstoff (Bauchrednerpuppe/verfluchte Items), wogegen Season 2 eher SF-Gefilde (Aliens/Raumschiff) betritt. In beiden gleich: "Modern" zusammengestellte Teenager-Cliquen, ein paar nicht immer sympathische Erwachsene, Gruseleffekte auf "gerade-noch-jugendfrei Niveau". Und, trotz des unvermeidlichen "bin da nicht mehr ganz Zielgruppe" - die Mischung ist ingesamt o.k. und durchweg ganz unterhaltsam. Technisch/effektseitig ohne ganze große Highlights, aber immer zeitgemäß-ansehnlich; und mit einer soliden Dramaturgie, die - mit ein paar Einschränkungen, vor allem S1 mit ihren "zwei Enden" - ziemlich genau weiß, wann man die Spannung anziehen sollte.

Figurenseitig geriet Staffel 2 für mich etwas "sympathischer": das zentrale Geschwisterpaar kommt (trotz des unvermeidlich queeren, aber erfreulich beiläufigen Untertons) zwanglos "cooler" rüber, nicht ganz so klischeebeladen wie die Truppe in Folge 1 mit der "klassichen" Einteilung in Footballchamp/Nerd/Spaßmacher/schwulem Sidekick/gleich zwei tough-smarten Girls. Ansonsten ist die Frage, ob S1 oder S2 "besser" sind, eher theoretisch, dazu ist die Machart zu ähnlich. Die SF-Elemente in Staffel 2 werden ein bisschen arg beliebig gehandhabt, da wechselt man unversehens von "Blob" zu den "Körperfressern"; wobei insgesamt schon klar ist, dass sich Stine in seinem umfangreichen Oeuvre zwangsläufig bei sattsam bekannten Gruselelementen bedienen muss. Wer klassischen Horror bevorzugt, wird - auch effektseitig - in der ersten Staffel etwas besser bedient, in der Summe sagen wir mal "Unentschieden".

Nennen wir es insgesamt mal "zielgruppengerecht im positiven Sinn" - soll heißen, trotz der eher grenzwertigen und wenig smarten Erwachsenenfiguren (Long/Schwimmer) auch für ältere Zuschauer durchaus konsumierbar. Und das gelingt längst nicht jeder Serie/jedem Film - daher auch mal rocksolide 6,5/10, für die Kernzielgruppe auch durchaus mit Tendenz nach oben.

Ach ja, am Ende noch zweimal (jeweils Paramount+) aus der Abteilung "reingeschaut, wenig überzeugt". Parallel Me soll nach einigen Kritikern DER aktuell heiße Sch...ß aus deutschen Landen sein. Ich fand es nach zwei Folgen dürftig, eine glatte Carbonkopie von Quantum Leap mit dem Minidreh, dass die in ihr eigenes Leben springt. Schon die 2. Folge mit der Sängerin fand ich eher cringe, um mal das mal in Jungsprech zu sagen -, und irgendeinen Grund, warum die gerade DEN Lebensweg hätte einschlagen können, ist auch nicht erkennbar - kostet schon Überwindung, da weiterzumachen. Und auch School Spirits leidet am Ausmaß der Unoriginalität/Vorhersehbarkeit; konkret: ich hatte da eine Wette mit mir selbst laufen, wann die Hauptfigur dann doch von irgendeinem Lebenden gesehen/verstanden wird. Ich hatte auf Folge 3 getippt, aktuell war es dann das Ende von F1, und ich war raus...
"Ich bin zu alt für diesen Scheiß" "Dem Scheiß ist es egal, wie alt Du bist" (James Grady - Die letzten Tage des Condor)

Private Joker

22 Mai 2025, 10:56:03 #128 Letzte Bearbeitung: 23 Mai 2025, 12:29:43 von Private Joker
The Eternaut (Netflix)

Argentinische SF-Dystopie mit einer interessanten Hintergrundgeschichte, vor allem was den Autor der Vorlage angeht, aber das führt hier wohl zu weit - kann man durchaus mal in einer ruhigen Minute recherchieren.

Auch ansonsten durchaus eine Bereicherung im Streaming-Allerlei, ohne da in allerletzte Begeisterung zu verfallen. Was aber keinesfalls an Machart oder technischen Qualitäten liegt - da haben die meine allergrößte Hochachtung. Das "Worldbuilding", das Szenario oder wie immer man das nennen will, ist nicht "nur" deshalb sehr beachtlich, weil das ganze aus Argentinien kommt und man da vielleicht unterbewusst geringere Budgets oder weniger vorhandene Grundkompetenz vermutet. Alles sofort vergesssen - gerade wenn man bedenkt, wie fix sich die US-Endzeitprodukte aus den (wenn überhaupt vorhanden) Großstadtszenarien verabschieden und sich in ländliche Gegenden, auf Farmen oder Ressorts verlagern, verdient das hier in jedem Fall Anerkennung. Die Gestaltung der verlassenen/"schnee"bedeckten/mit Wracks überfüllten Straßen einer nicht ganz genau definierten (Argentinien-Kenner werden mehr wissen, kann durchaus B.A. sein) Großstadt ist schon eindrucksvoll und das Niveau wird über die 6 Folgen durchweg gehalten.

Inhaltlich, und jetzt komme ich auf die "fehlende Begeisterung" zurück, ist das trotz nur 6 Folgen eine leicht uneinheitliche Angelegenheit; das kann man auch genau an der Handlung festmachen, wann da ein gewisser Bruch auftritt, aber das gehört wenn überhaupt in die Spoilerzone, auf die ich hier eigentlich verzichten wollte. Wenn ich wählen dürfte, hätte ich gesagt, dass die ersten Folgen, wo es halt "nur" um die "Natur"katastrophe geht, die etwas stärkeren sind, wobei das durchaus spektakuläre Finale mit dem Zug schon ansehnlich ist.
Hinzu (in die Abteilung "leichte Vorbehalte) kommt, dass die Figuren jetzt allesamt nicht den Hollywood-Vorstellungen entsprechen - durchgehend eher etwas mürrische ältere Herren, die jedenfalls keine Sympathieträger kraft guten Aussehens sind (oder vielleicht überhaupt nicht). Die Frauen in der Handlung gewinnen wenig Kontur, und an Nebenfiguren, die bis zum Grad der Unübersichtlichkeit kommen und gehen, hat man sogar ein paar zu viele aufgefahren.

Auf der positiven Seite ist auf jeden Fall, dass man einige "doppelte Böden" in die Handlung eingezogen hat, wobei das, worauf der Titel (so ich das richtig übersetzte, kann kein Spanisch) anspielt - und was auch in der Vorlage angelegt war - schon sehr geheimnnisvoll bis vage bleibt. Schön auch, wenn schon beim (deftigen) Cliffhanger klar ist, dass es zumindest noch eine Staffel geben wird, in der die Macher eigentlich "alles" auflösen wollen. In der Summe in jedem Fall eine positive Überraschung - 7,5/10.

Insomnia (Paramount+)

Wenn mich da das markante Gesicht von Vicky McClure anschaut, in der Serienvorschau des Anbieters, bin ich "natürlich" sofort dabei - die Engländerin ist seit "Line of Duty" bei mir absolut oben in der Favoritenliste und neben Keeley Hawes (ebenfalls mit LoD-Meriten) die wahrscheinlich beste britische TV-Darstellerin.

Gemessen daran ist das hier eine Enttäuschung, für die von guten Kritiken verwöhnte McClure (RT um 30%, bei eher schwacher Basis, allerdings) wie für mich. Auch wenn ich mal außen vor lasse, dass diese etwas wilde Mischung aus Krimi, Familiendrama mit winzigen Prisen Grusel und Mystery schon gewagt ist und in der Form eigentlich auch nicht meine erste Wahl wäre - da hätte etwas mehr rauskommen müssen. Um das sehr genau zu begründen, müsste ich auch hier massiv Spoilerzonen aufmachen, wozu ich immer noch keine Lust habe, daher mal bewusst vage: "Eigentlich" ist das nach ein oder zwei Folgen klar, worauf das hinauslaufen sollte, und ähnlich wie zuletzt im Film "Nightman" ist das angetextete Konzept des "bösen Bluts" nichts, was ich blind unterschreiben oder gut finden würde.

Im Ergebnis kommt das meiste dann aber doch anders als gedacht, zum Glück, und dafür einen virtuellen Pluspunkt. Die eigentliche Erklärung ist dann allerdings auch sehr heftig an den Haaren herbeigezogen und hat so was von "Kolportage", wenn man den Begriff so noch verwendet - Pluspunkt wieder abgezogen. Auch kein Grund für Begeisterungsstürme: die angetexteten semi-übernatürlichen Elemente, vor allem die Sache mit den Zahlen. Die plötzlichen Erkenntnisse der Hauptfigur dazu wie die nachträgliche Umdeutung einiger Szenen sind schon kräftig an der Grenze zur Lachnummer und hinterlassen bei näherem Nachdenken auch reichlich Fragezeichen.

Das wackelige Drehbuch-Konstrukt mal außen vor, ist das immerhin alles halbwegs solide und hält einen bei minimalen Längen irgendwo schon "dran". Vicky spielt sich erwartungsgemäß die Seele aus dem Leibe (klasse die Szene, in der sie sich allein ein "Geburtstagständchen" bringt); die ganze Familienkiste mit den Teenieproblemen im Dutzend billiger hätte ich dagegen nicht (schon wieder) gebraucht. Am Ende leicht unentschlossene bis enttäuschte 5,5/10 - hätte ohne Frage besser werden müssen, mit dem Cast.

American Horror Stories (Disney+)

Wer das Konzept nicht kennt: Die ursprüngliche AHS-Serie (mit "y" statt "ies") war so was wie eine "Staffel-Anthologie" mit einem dann (weitgehend) abgeschlossenen Szenario über 8-10 Folgen, hier gibt es komplett unverbundene Einzelepisoden wie (überwiegend) beim schwarzen Spiegel.

Staffel 1 hatte ich vor längerer Zeit schon mal gesehen, mit dem Rest-Abo habe ich jetzt noch mal Staffel drei und ein paar Folgen von S2 "geschafft". Die erste Season, die sich meiner verblassten Erinnerung nach mit etlichen Referenzen an die Hauptserie abgemüht hat, würde ich hier insoweit auch mal außen vor lassen.

Was bei insgesamt sehr schwankender Qualität der Einzelepisoden schon auffällt: Die von mir bei Black Mirror leicht kritisch betrachtete thematische Einspurigkeit gibt es hier nicht. Die versuchen sich an allem, was Grusel, SF und zT auch völlig "reale" Szenarien so hergeben; KIs, Klone, Mad Doctors, dazu aber auch Leichenbestatter mit Trauma und die (fast-)Erfindung eines Impfstoffs gegen die Pocken, der an der Intoleranz seiner Zeit (noch) scheitert. Ich würde das eigentlich durchweg positiv sehen, wenn die Macher nicht ein anderes unschönes Fass aufgemacht hätten: Fast jede Episode, da kann man die Uhr nach stellen, endet auf die "schlechtmöglichste" Weise, die Verschwörer siegen, die positiven Figuren sterben oder erleiden sogar noch "Schlimmeres". Das geht dann sogar mir als "Happyendallergiker" zu weit, es nimmt auch ein Stückweit Spannung aus der Geschichte - Motto: Mal dir aus, was Übles passieren kann, so oder noch schlimmer wird es kommen.

Weil das halt sehr unterschiedlich in Auffmachung und Qualität daherkommt, fällt eine einheitliche Endnote schwer. Aus der Masse erwähnt werden sollte aber einmal die sehr schöne, "eigentlich" gruselfreie Folge "Necro", die trotz des abschreckenden Titels tatsächlich berührt und insofern mit der Junipero-Episode aus BM durchaus mimthalten kann. Die schon kurz erwähnten "Milchmädchen", die um ein Haar den Pockenimpfstoff erfunden hätten, ist auch ganz originell, verhebt sich aber an der Thematik schon etwas.

Bei dem sehr vorsichtigen Versuch, da über etliche ordentliche bis gute und ein paar sehr mäßige Episoden einen Durchschnitt zu bilden, wäre ich da so bei 6,5/10. Bin da aber durchaus geneigt zu sagen: Ist so ein bisschen ein US-Gegenentwurf zu Black Mirror, das zuletzt mit viel echter, aber eben auch bisweilen faker Tiefgründigkeit eher für die Kritiker gemacht war. Insofern eine durchaus willkommene Alternative, ohne damit eine Reihenfolge zu etablieren im Sinne von  "ist durchgehend besser oder schlechter".
"Ich bin zu alt für diesen Scheiß" "Dem Scheiß ist es egal, wie alt Du bist" (James Grady - Die letzten Tage des Condor)

Private Joker

28 Mai 2025, 13:11:59 #129 Letzte Bearbeitung: 29 Mai 2025, 12:12:43 von Private Joker
Paradise City (Amazon - leider HEFTIG werbedurchseucht)

Holla, das muss man sich erst mal trauen, als schwedischer Serienmacher: Eine Version der "Klapperschlange" als Scandinavian Noir Krimi. Und das nicht nur in der groben Handlungskonstellation, sogar einige Einzelszenen (Cagefight, Showdown) hat man sich ausgeborgt. Die Stimmung in der "Zone" oszilliert allerdings sehr beliebig zwischen "ungemütlich, aber bewohnbar" und vorbildgerecht "ganz knapp vor Bürgerkrieg".

Und, klar, wir haben 2025 - ohne politische Untertöne geht es offenbar nicht. Will da gar nicht verhehlen, dass ich da einige Details fragwürdig und die Aufteilung "linke Gutmenschen" und "böse rechte Verschwörer" ein bisschen arg zeitgeistig finde. Der Spannung und dem Sehvergnügen an den kurzen 6 Folgen tut das aber erfreulich wenig Abbruch. Zumal über weite Strecke emotional und handlungstechnisch (im Vergleich zum Vorbild) durchaus an den richtigen Schrauben gedreht wurde - reingehen, den Job machen und am Ende selbständig entscheiden, ob es mit der Welt irgendwie weitergeht ist, geht generell und gerade heute eben in der Form nicht mehr. Das Staffelfinale ist, so viel man halbwegs spoilerfrei sagen kann, jetzt natürlich eher "Downer" als "Upper", schreit aber eben auch förmlich nach einer Fortsetzung.

Ansonsten aus meiner Sicht das meiste im grünen Bereich - insbesondere die für TV-Verhältnisse brauchbar-knackige Action, bei der die Figur des Ex-MMA-Fighters vielleicht noch etwas Raum und ein paar Fights mehr hätte bekommen sollen, die beste Kampfszene hat tatsächlich die weibliche Hauptfigur. Trotzdem ansehnlich, am Ende ein bisschen arg auf eine Staffel 2 angelegt - 6.5/10.

Curfew
(Paramount+)

.. wer es nicht fix googeln mag: Das ist das deutlich knackigere englische Wort für "Ausgangssperre", und die trifft hier nicht irgendwelche Pandemieopfer, sondern praktisch ausnahmslos alle männlichen Briten ab 10, die fußfesselgestützt ab 19 Uhr zu Hause zu bleiben haben. Um Frauen vor Gewalt zu schützen, natürlich.

Wir sind also (schon) wieder politisch, ein wenig auf "Purge"-Territorium. Anders als bei der dortigen Grundidee, bei deren realer Befürwortung man wohl ganz fix in der Psychiatrie landen dürfte, unterstelle ich den MacherInnen hier mal eine zumindest partielle Sympathie für ihr Konstrukt. Dass dann allerdings mit reichlich Übertreibungen (Altersgrenze 10, auch für schwule Männer, Zusammenleben M/F nur mit behördlicher Erlaubnis, bei der schon "ich kann nicht bügeln, dafür aber bohren" zur Verweigerung führt), die das pflichtschuldigst doch wieder in den Satirebereich verschieben - so ganz verzichten mag man auf Männer als Zuschauer wohl auch nicht.

Dementsprechend sind auch die Figuren, wie die steinhart "Pro"-Sperre agierende Chef-CopIn und deren reichlich voreingenommene Haltung zum zentralen Mordfall ("das kann nur ein Mann gewesen sein") keine strahlenden Helden oder reine Sympathieträger (auch äußerlich nicht, wenn ich das so sagen darf, ohne eingesperrt zu werden). Da ich noch nicht ganz durch bin, kann ich das abschließend nicht beurteilen; sagen wir mal so: Ich habe schon raffinierter gestrickte britische Krimis gesehen (zB das Auffinden des Tatorts vor der Schule mit dem Blut ist schon heftig "Kommissar Zufall"), aber man bleibt dran, schon wegen des Grundkonstrukts. Ist zumindest mal eine relativ sichere "nicht unter 5/10", schaun wir mal...

Paris has fallen
(ZDF)

Ja, das hat einen eigenen Thread. Um mal kurz zu sagen, dass ich das hochgradig mittelmäßig fand, muss der hier aber reichen. Die "Fallen"-Grundidee hält hier genau 20 Minuten, die (ja eigentlich auch nur als Die-Hard-Unterversion 713 konzipierte) Auftaktgeiselnahme ist fix vorbei, und man fragt sich, wozu der Aufwand, wenn man die anderen Typen im Wege des Einzelattentats viel risikoärmer "bekommt". Danach gibt es eine sehr, sehr durchschnittliche "böses Superbrain" auf Rachefeldzug gegen superfähige supermoderne Cops-Kiste, die schon viel zu oft gesehen hat und maximal ein, zwei passable Spannungsszenen generiert. Und die "Paris wird evakuiert" Szenen (realiter ein paar alltägliche Staus) sind genauso lachhaft wie der Dreh, dass der ermittelnde Cop da auch gleich der Lover der Präsidentin ist (Bodyguard mal sehr wörtlich genommen). Maximal 4,5/10.
"Ich bin zu alt für diesen Scheiß" "Dem Scheiß ist es egal, wie alt Du bist" (James Grady - Die letzten Tage des Condor)

StS

Nach der ,,leicht holprigen" (da mit auffallend vielen Needle-Drops aktuell angesagter Songs sowie einer Menge Exposition in den Dialogen daherkommenden) Start-Episode entpuppt sich die 2025er Coming-of-Age-Autoschrauber-Streetracing-Serie ,,Motorheads" aus dem Hause ,,Amazon Prime" erfreulicherweise aber schon bald als eine angenehm unterhaltsame Angelegenheit – was vor allem der sympathischen Darsteller und Charaktere, einem gewissen ,,Nostalgie-Faktor" und einer Story zu verdanken ist, die das Herz am rechten Fleck hat...

Die Besetzung ist nicht nur optisch ansprechend, sondern stellt eine gute Chemie miteinander zur Schau und verkörpert eine nette Ansammlung von Figuren, mit denen man durchaus gern Zeit verbringt. Nichts ist sonderlich originell – aber das muss es auch gar nicht sein, um den Betrachter (welcher einer Materie wie dieser generell zugeneigt sein sollte) bei Laune zu halten. Und glücklicherweise handelt es sich hierbei um keine the-Fast-and-the-Furious-in-einer-Kleinstadt/Highschool-Prequel-eske Show – obgleich Nathalie Kelley aus ,,Tokyo Drift" mit von der Partie ist... 

Ryan Phillippe hat sich über die Jahre hinweg echt gut gehalten, einer der Regisseure ist Neil Burger und inhaltlich gibt es die üblichen ,,Teen-Drama-Verstrickungen" zu verzeichnen – gepaart mit verschiedenen ,,Schatten der Vergangenheit" (Flashbacks inklusive), Rivalitäten (u.a. in der Liebe wie auch ,,hinterm Steuer") sowie ein paar kriminellen Machenschaften. Was mir an diesen 10 Folgen ebenfalls zugesagt hat: Das Gebotene weist keine unnötige ,,Schwere" auf, sondern bietet einem stattdessen eher lockeres Entertainment. S2 darf kommen... 

6/10
"Diane, last night I dreamt I was eating a large,  tasteless gumdrop and awoke to discover I was chewing one of my foam disposable earplugs.
Perhaps  I should consider moderating my nighttime coffee consumption...."
(Agent Dale B.Cooper - "Twin Peaks")

Moonshade

3 Juni 2025, 12:13:49 #131 Letzte Bearbeitung: 3 Juni 2025, 14:54:26 von Moonshade
Video Nasty (ARD Mediathek)

Da musste ich schon wegen des Namens ran, aber statt einer historischen Doku bekommt man eine walisische Folk Horror-Serie mit originaler 1985er-Unterfütterung angeliefert.
Verkauft werden die sechs Folgen a 30 min als eine Art Horrorcomedy, doch obwohl es hier und da etwas Schmunzelmaterial gibt, ist das durchaus keine Komödie, im Gegenteil. Zwei nerdige Horrorfans, die sich zum Ziel gesetzt haben, alle 72 VHS von der britischen Video-Nasty-Bannliste zusammen zu tragen, noch während UK komplett frei dreht und die Dinger massenhaft einäschert. Es fehlt natürlich die letzte Kassette und die führt die beiden samt der älteren Schwester des einen nach Mittelengland, wo man noch interessante Holzfiguren abfackelt und von der Postbeamtin bis zum Pfarrer jeder noch eine dunkle Seite hat.

Die Macher sind bemüht es nicht zu grimmig zu machen, aber einiges ist doch schon heftig und es wird auch gestorben, da hält der Plot die Zuschauer in relativer Unsicherheit. Die Inserts mit den Eltern auf der Spur lockern das mit familiären Problemen etwas auf und natürlich ist da so eine Art Love Story in der menage-a-trois enthalten, aber insgesamt ist das schon recht ernst und bedrohlich, auch wenn der schlaksige Cas manchmal mit seiner skriptbedingten Dusseligkeit schon schwer nervt und so gut wie gar nichts hinbekommt.

Für Fans der 80er gibts noch ne Tüte goile Retromucke, aber generell ist dieses Goonies-meet-the-Wickerman-Konglomerat unbedingt zu empfehlen als leichter Snack. 6,5/10
"Du hältst durch und ich halte durch und nächstes Jahr gehen wir einen saufen!

"Anything invented after you're thirty-five is against the natural order of things.!" (Douglas Adams)

"Gebt dem Mann ein verdammtes Puppers!"

StS

3 Juni 2025, 12:27:42 #132 Letzte Bearbeitung: 3 Juni 2025, 12:29:58 von StS
Bei "Video Nasty" schließe ich mich Deinen Ausführungen weitestgehend an... komme aber von der Wertung her nur auf ne 5,5/10. Ich war übrigens durch einen Trailer dafür beim FFF darauf aufmerksam geworden. Die Mischung aus ernst und doch nicht unbedingt ernst hat für mich nicht optimal geknappt... und die ganze Nummer rund um die Eltern hätte man imo auch komprimieren oder runterkürzen können. Ansonsten aber nett... unabhängig dessen, dass ich weder so ein Fan von 80er Horror und britischem Folk-Horror bin. Die 3 Leads haben derweil ordentlich gepasst (Zoe mochte ich am liebsten... samt Leia Murphy´s Augen)... und bei den Regisseuren war ich ein durchaus wenig überrascht, Christopher Smith (u.a. "Creep" und "Triangle") unter eben jenen zu entdecken. "Leichter Snack" trifft es gut.
"Diane, last night I dreamt I was eating a large,  tasteless gumdrop and awoke to discover I was chewing one of my foam disposable earplugs.
Perhaps  I should consider moderating my nighttime coffee consumption...."
(Agent Dale B.Cooper - "Twin Peaks")

Private Joker

17 Juni 2025, 01:26:54 #133 Letzte Bearbeitung: 17 Juni 2025, 13:59:05 von Private Joker
Video Nasty hatte ich zeitgleich mit den Kollegen hier auch begonnen - fand den letztlich genau wie hier angetextet "nett", aber irgendwie auch eine verpasste Chance: Einfach ein bisschen "mehr" von dem zeigen, was die Leute damals an den titelgebenden Videos gestört hat (und heute durchweg fast schon lachhaft jugendfrei wirkt), und dann vielleicht noch eine sinnvolle Parallele mit der "Realhandlung" statt eines halbgaren Wickerman-Klons. So bin ich auch nur bei 5/10.

Back to the Present:

Die perfekte Schwester (Amazon)

Aus der Abteilung "irgendwann kommt einem alles irgendwie bekannt vor" - die Kiste mit den zwei entfremdeten Schwestern (1xmerzmäßig mittelklassig, 1xbodenständig bis verkracht), die sich im Angesicht eines familienzerreißenden Kriminalfalls wieder zusammenraufen müssen, hatte ich gerade schon in der englischen Serie "Insomnia" (5 Posts weiter oben). Hier minus der (eh halbgaren) Gruselstückchen, dafür mit ganz ordentlich Zeitgeist (ehelicher Missbrauch, toxische Männlichkeit und so..). Auch wenn ich bei solchen Serien eigentlich "Team GB" bin - wenn man sich ganz ehrlich macht: Die US-Version hat hier die Nase vorn, ist einfach slicker gemacht und nötigt einen nicht, am Ende vor Wut in das nächste Stück Seife zu beißen.

Klar lebt das auch vom Top-Casting - Biel, die sich zuletzt eher rar gemacht hat, ist schon willkommen, wobei ihre Figur (Typ "gut genutztes Fitnessstudioabo", High Heels oder gar nichts, ständig wechselnde Designerkleidchen) zumindest bei mir nicht so gepunktet hat, wie die (klaro) MacherInnen das wohl gerne hätten. Die Serie und alle Szenen, in denen sie auftaucht, gehören für mich ganz klar Banks, die gerade wegen der vielen Macken ihrer Figur alle Sympathien auf sich zieht. Trotz des dominanten A-Lister-Duos geht ein Gummipunkt auch noch an Kim Dickens als hartnäckige Ermittlerin mit ein paar coolen Sprüchen; was die Serie mit ihr am Ende "macht", hat mir allerdings gerade deshalb nicht gar so gut gefallen.

Und die Basics, die Krimihandlung ? So eine Art femine Version von Turows "Aus Mangel an Beweisen", längere Gerichtsszenen und Pseudoüberraschung am Ende included. Der Schluss ist - ganz kleiner Spoiler - moralisch schon leicht windschief bis mittelzweifelhaft (was bei mir in Grenzen immer geht), aber jetzt auch nicht unbedingt approved by Sherlock. Und die paar angedeuteten Takte in Richtung Verschwörungsthriller und Wirtschaftskrimi sind auch gekauft.

Ja, alles schon mal dagewesen, ich sagte es ja, aber bis zum ersten KI-Film oder was da sonst "Ganz Neues" am Horizont wartet, kann ich damit leben. Insgesamt empfehlenswert - 7/10.

Survivors (Netflix)

Auf die Gefahr zu langweilen: Auch der kam mir im Kern bekannt vor. Rückkehr in die Provinz, ein Verbrechen in der Gegenwart, eins (vielleicht) in der Vergangenheit, alte aufbrechende Wunden, zerbrochene Cliquen - war da nicht so eine Kiste auf Irland ("Bodkin"), produced by Ex-POTUS samt Angetrauter ?

Hier wie dort Schönheitsfehler bis Ärgernis: Die Erwartung der Macher, ein knappes Dutzend miteinander verwandter, bekannter oder verfeindeter Figuren auf zwei Zeitebenen auseinanderhalten zu können (Tip: mind. Bingemodus Stufe 2b, d.h. höchstens 8 Tage für die 6 Folgen) - immerhin: ein paar kleine Kniffe beim Casting und in der Schnitttechnik helfen etwas. Was einnimmt: Die tolle Kulisse (Tasmanien), einige echte und ein paar nicht ganz so nachvollziehbare (Stichwort Ehekrise bei den Leads) Gefühlsszenen, keine wirklich "strahlenden" Figuren, insgesamt ganz brauchbare Spannungssteigerung bis zum Ende. Schade: Die Abteilung Humor, auf Irland immer prominent vor Ort, hat hier Kompletturlaub. Die Auflösung: Glatt und nichts besonderes, aber auch nicht völlig absurd, mit ein paar Tränchen bei allen Beteiligten (und ehrlich gesagt: Bei den Szenen mit dem dementen Vater musste ich auch schlucken, die Darstellung halte ich für ausnahmsweise mal realitätsnah; ist aber eher persönlich).

Insgesamt: die 100% RT wundern mich ein wenig, die "Schwester" hat signifikant weniger. Ich seh's umgekehrt, aber schlecht war das hier auch nicht: 6/10.

Und ein Serienfinale bin ich noch "schuldig": Curfew geht so zu Ende, wie ich es befürchtet hatte, als (hoffentlich) satirischer Denkanstoß noch o.k, als Krimi aber schon sehr deutlich über der Grenze zur "Lachnummer".
Spoiler: zeige
 Der natürlich psychisch gestörte Ami reist ausgerechnet in das Land mit der rigidesten Freiheitsbeschränkung der gesamten "freien" Welt versehene GB, um dort Mordgelüste auszuleben ? In der durch nichts begründbaren Erwartung, das dortige Sicherheitsregime einfach so überlisten zu können ? Und die Polizei hat nichts besseres zu tun, als praktisch sämtliche Morde zu vertuschen, denn egal wer der Täter war, es könnte die titelgebende Ausgangssperre unterminieren (Frau=Täter: falsche Grundannahme; Mann=Täter:System versagt).

Was dem Gesamtprodukt die bereits angedeuteten 5/10 fast im Alleingang rettet, ist die sehr intensive Folge 4, die weithin unabhängig vom zentralen Krimifall eine schön paranoide, klaustrophobische Atmosphäre aufbaut. Insgesamt trotzdem ein Fastflop mit zumindest partiell fragwürdiger Message - sollten hier weibliche Foristende mitlesen oder sogar -schreiben, dürfen die gerne anderer Meinung sein und das begründen.
"Ich bin zu alt für diesen Scheiß" "Dem Scheiß ist es egal, wie alt Du bist" (James Grady - Die letzten Tage des Condor)

Private Joker

29 Juni 2025, 17:15:14 #134 Letzte Bearbeitung: 1 Juli 2025, 15:14:54 von Private Joker
Waterfront (Netflix)

Eigentlich hatte ich die Neo-Dallas-Verschnitte Marke Yellowstone/Landman & Co bislang ignoriert - sollte etwas (hier: sehr wenig) mehr Sex und deutlich mehr Gewalt/Action als seinerzeit das ausgelutschte Konzept wirklich ins neue Jahrtausend liften? Hier habe ich mal eine Ausnahme gemacht, auch weil sich hier "Mister Soft-Serial" Kevin Williamson an dem Revival versucht, das weckt schon Interesse.

Und ja, wenn man es nicht (im Vorspann) lesen würde, man kann es erahnen - spätestens mit dem Casting. Hoch attraktive Menschen bis in die Neben- und Bösewichtrollen war immer ein Markenzeichen des TV-und Filmemachers, und gerade der Lead der "mittleren" Generation (Jake Weary) erinnert doch optisch mächtig an "Dawson-Rivale" Joshua Jackson, plus ein paar Besuche in der Muckibude. Ganz ehrlich, in Emmy- (so heißen die TV-Oscars doch?)-Nähe spielt sich von denen leider keiner, auch nicht MI:8-Nebendarsteller McCallany, der in der unvermeidlichen Patriachen-Rolle nicht an die Kollegen insbesondere bei Sheridan (Costner/Ford/Thornton) herankommt. Immerhin schön, Bello, die ich samt cooler deutscher Stimme immer mochte, in einer ordentlichen Rolle wiederzusehen, die sammelt die klar meisten Schauspielerpunkte.

Und, es soll keiner sagen der Kevin halte sklavisch an alten Zöpfen fest, so einiges ging auch über Bord, vor allem die ständig in endlosen lyrischen Dialogen ihre Liebe gestehenden Jungdarsteller. Hier ist eher Ehealltag angesagt - im Grund alles Betrüger, in flauen Ehen gefangen oder unglücklich Geschiedene, fast schon das Gegenklischee zu früher. Überdies: Ja, die Gesetze eines im Vergleich zu früher dramatisch verkürzten "Neo-Serials" in maximal 8 Teilen hat Willamson auch weitgehend verstanden: Beginne langsam (nur nicht so langsam, dass die Generation ADS wegchannelt) und steigere dich zum Ende. Und so ist das ähnlich (aber lange nicht so brutal) wie Mobland eine solide Famlien-/Gansterstory mit ein, zwei klar definierten Spannungsspitzen in den Folgen 7 und 8. Optisch sieht das erwartungsgemäß schick aus, allerdings auch nicht unbedingt nach "Fischereiindustrie in realer Krise" - allein das zum Schmuggel verwendete "Hauptfischerboot" kommt eher wie eine kleine Luxusjacht rüber. Und dafür, dass das wohl irgendwo auf Tatsachen (Williamsons eigener Vater) beruht, fragt man sich schon, wie die DEA, die Küstenwache und die anderen Staatsorgane (sofern nicht korrupt) die ganze ziemlich offene Schmuggelei übersehen können. Letztlich - damit aber auch Ende Gemecker, versprochen - wer hat nun bitte die zwei Fischer am Anfang gekillt? - so wirklich aufgelöst wird das nicht.

Insgesamt war ich doch halbwegs versöhnt - als relativ softe Gangster-Family-Soap (ein, zwei blutige Szenen included) mit nie komplett sympathischen oder umgekehrt "nur bösen" Charakteren ist das hinreichend slick, (ab Mitte) temporeich und unterhaltsam, um glatt 6/10 zu rechtfertigen.

Countdown (Amazon)

Wer lesen kann ist klar im Vorteil und weiß natürlich sofort, dass das hier ein "erster" Eindruck ist, denn aktuell sind nur drei Folgen abrufbar und Amazon terminiert das sage und schreibe bis Mitte September. Ob man sich die heutzutage untypisch langen 13 Folgen bis dahin wirklich antun sollte, ist mehr als fraglich, ich hätte da eine klare Tendenz....

Und wenn ich in der Vorkritik den Rückgriff auf gut abgehangene Grundmuster kritisiert habe - es geht immer noch schlimmer. Tausche den ermordeten Cop in Folge 1 gegen einen "Petty Officer", und wir sind passgenau bei "NCIS". Genauer gesagt: in der Variante NCIS L.A., die Version mit den "in jeder Folge die ganze USA retten"-Plots, der stereotypen "Eine Schießerei pro Folge" und den halbgaren Undercover-Einsätzen, auf die in der realen Welt des Bösen vermutlich niemand hereinfallen würde.

Im RT-Fazit taucht das Wort "generisch" auf, und das trifft es wirklich zu 100%; schon das Team, natürlich die "Besten der Besten", Techie, Actionmen, toughe Women, Silberlocke als Chef - alles komplett aus dem Lehrbuch. Vor allem Ackles wird vermutlich noch in 30 Jahren den smarten Sunnyboy mit dem öligen Charme spielen, der bei der Leading Lady erst abblitzt und irgendwann (safe bet) doch landen wird. Plus ein paar angeklebte scheinbar schwerwiegende Privatprobleme (Drogen, Krebs), die sich (auch hier: Wetten laufen) todsicher in Wohlgefallen auflösen werden, vorausgesetzt, der Erfolg rechtfertigt eine Folgestaffel. Ich habe meine Zweifel - da ist wenig, was fesselt; am allerwenigsten der Plot, der da einen generischen McGuffin als Dauerark in die Luft hängt wie eine Mohrrübe vor den Esel. Letztlich nur ein Riesenbluff, denn schon Folge 2 hat handlungsseitig mit der ersten praktisch gar nix mehr zu tun, und das setzt sich offenbar fort. Ach ja: Den titelgebenden, spannungsuggeriernden "Countdown" habe ich auch (noch) nicht gesehen.

Auch wenn drei Folgen nicht gerade eine optimale Grundlage sind für ein abschließendes Urteil - dass das noch die 180-Grad-Wende zum Guten bekommt, glaube ich nicht, das wird sich wohl baerbockmäßig in einer 360-Grad-Wendung entwickeln. Aber 13x der gleiche Mampf - eher ohne mich. SEHR vorläufige 3/10.
"Ich bin zu alt für diesen Scheiß" "Dem Scheiß ist es egal, wie alt Du bist" (James Grady - Die letzten Tage des Condor)

Private Joker

3 Juli 2025, 21:40:41 #135 Letzte Bearbeitung: Gestern um 22:16:10 von Private Joker
Pulse und The Residence , beide hier kürzlich erwähnt und ohne eigenen Thread, wurden übrigens nicht für eine weitere Season verlängert.

Btw:

Just one Look / Kein böser Traum
(Netflix)

Schon erstaunlich, wie gut sich die Bücher des Amis Coben in andere Länder verpflanzen lassen; nach x-mal UK jetzt also Polen. Hauptvorteil für den Kontinentaleuropäer: Keine steifen Upper-Class-Briten in noblen Landhäusern mit Rover Defender vor der Tür, dafür eher polnische Mittelklasse, ein paar schicke Bilder von Warschau, aber auch ein Hauch Düsternis, der in den britischen Versionen fehlt. Dazu ein paar Takte Sex&Violence mehr, als sich die Engländer das getraut haben (ich vermute einfach mal, dass die Polen da näher an der Vorlage liegen), aber das ist so oder so eher kein durchschlagendes Wertungskritierum.

Und sonst, so? Einmal mehr zeigt sich, dass auch beim Meister der Handlungs-Verschlingungen die straighten "Killer walks"-Elemente ohne unmittelbaren Bezug zur sonstigen Krimihandlung (der natürlich nachgeliefert wird) am besten funktionieren. Der tatsächlich hinreichend fiese Fiesling, der eine beachtliche Blutspur hinterlässt, sorgt zumindest mal bis Folge 5 für eine angemessen bedrohliche Stimmung + ein paar harte Szenen, soweit passt das.

Mit der eigentlichen Krimikiste, nach dem bewährten (?) Coben-Schema "wilde Vergangenheit holt die Hauptfiguren ein" bin ich diesmal nicht ganz so glücklich geworden. Wobei anzumerken ist, dass es in dem Fall tatsächlich in den UK-Versionen einfacher ist, sich Mr. Miller und Mrs. Smith (gespielt häufig von Armitage und anderen bekannten Gesichtern), zu merken und richtig in die Handlung einzuordnen denn unbekannte polnische Darsteller als Frau "Rembiewska" und Herrn "Lawniczak". Aber auch davon ab will mir scheinen, dass der diesmal wirklich unnötig komplizierte "alles anders als man denkt"-Plot ein paar Löcher offenlässt
Spoiler: zeige
 zB Wer hat das Feuer nun wirklich gelegt bzw. verschuldet ? Absicht oder Unfall ? Welche Rolle spielt der eingeknastete "Sündenbock" und wer hat den gekillt ? Warum wurde die Tochter des Staatsanwalts schon damals gekillt, alle anderen erst später?

Also: Solange der Killer killt und die Figuren in Gefahr sind, ist das durchaus spannend bis packend. Auch die Tatsache, dass sich am Ende nicht alles nur in Wohlgefallen auflöst, gefällt mir. Aber als reiner Krimi ist das eher Substandard-Harlan, in der Summe sage ich mal 5,5/10.
"Ich bin zu alt für diesen Scheiß" "Dem Scheiß ist es egal, wie alt Du bist" (James Grady - Die letzten Tage des Condor)

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