Bin für meine Doktorarbeit mal die Polizeilichen Kriminalstatistiken zu §131 StGB und Verstößen gegen das Jugendschutzgesetz durchgegangen. Vielleicht interessiert es euch ja....
§131 StGB:
Jahr Fälle Aufklärungsquote
2002 339 77,9%
2003 282 89,4%
2004 238 91,6%
2005 329 85,4%
2006 705 92,9%
2007 891 94,3%
2008 661 92,3%
2009 408 91,4%
Auffällig ist der starke Anstieg 2006-2008, der mit einer Novellierung des §131 von 2004 zusammenhängen dürfte, die den Straftatbestand deutlich erweiterte.
Straftaten nach dem JÖSchG bzw. JuSchG:
Jahr Fälle Aufklärungsquote
2002 309 94,5%
2003 242 95,9%
2004 137 96,4%
2005 171 97,1%
2006 160 91,9%
2007 161 96,3%
2008 206 85,8%
2009 225 85,3%
Der Rückgang von 2003/2004 dürfte mit der neuen Regelung, dass Altersfreigaben der FSK Indizierungen ausschließen zusammenhängen, da so eine geringere Gefahr besteht, versehentlich indizierte Filme zu bewerben, verkaufen usw.
Der Männeranteil unter den Tatverdächtigen liegt bei beiden übrigens im Schnitt bei 90%. :pidu:
Hier gibts die vollständigen Statistiken:
http://www.bka.de/pks/ (http://www.bka.de/pks/)
Gewaltdarstellung ist der Schlüssel 6260(00) in der Haupttabelle
Verstöße gegen JÖSchG bzw. JuSchG (§27 Abs. 1) sind der Schlüssel 7220(00)
Was bedeutet denn "Aufklärung"? Abgefangene Bestellungen? Oder das Händlersortiment/Anbieten?
Zitat von: mali am 12 Oktober 2010, 17:53:47
Was bedeutet denn "Aufklärung"? Abgefangene Bestellungen? Oder das Händlersortiment/Anbieten?
Vermutlich beides, dazu gibts aber keine näheren Informationen. Aufgrund der extrem hohen Aufklärungsquote lässt sich aber zumindest vermuten, dass eh nur Fälle in die Statistik einfließen, wo Polizei/Zoll/Ordnungsamt von sich aus ermittlerisch tätig wurden - also Kontrollen bei Börsen Videotheken usw. oder eben beim Versandhandel durchgeführt wurden.
Allgemein bedeutet "Aufklärung" in der PKS, dass einer begangenen Straftat ein oder mehrere Tatverdächtige zugeordnet werden konnten.
Zitat von: wusselpompf am 12 Oktober 2010, 18:03:40
Zitat von: mali am 12 Oktober 2010, 17:53:47
Was bedeutet denn "Aufklärung"? Abgefangene Bestellungen? Oder das Händlersortiment/Anbieten?
Allgemein bedeutet "Aufklärung" in der PKS, dass einer begangenen Straftat ein oder mehrere Tatverdächtige zugeordnet werden konnten.
Was ja leider immer wieder das Problem der PKS ist... Ob es später zu einer Verurteilung kommt oder die Staatsanwaltschaft den Fall von vornherein wegen Geringfügigkeit einstellt, wird nicht erfasst (kann es auch nicht).
Interessant ist aber, dass die Aufklärungsquote in diesem Fall so hoch ist, während im Gegensatz dazu die Dunkelziffer bei anderen Straftaten (Kindesmissbrauch, etc.) extrem hoch ist (aus kriminologischer Sicht ist klar warum, nur im Falle des § 131 StGB wäre das nochmal interessant zu wissen).
Ich habe zwar gerade keinen Kommentar zur Hand, aber beschäftigst du dich auch mit den Tathandlungen des § 131? Ich habe so den Eindruck, dass der § 131 in der Wissenschaft eher eine geringe Bedeutung hat (hauptsache, man hat auch das letzte perverse AT-Problem aus dem Strafrecht durchgekaut) und dass es deswegen immer wieder schön zu sehen ist, wenn über das Thema promoviert wird.
Du promovierst übrigens über mein Traum-Thema. Ich bin jetzt etwas neidisch. :king:
Zitat von: Man Behind The Sun am 14 Oktober 2010, 12:00:36
Was ja leider immer wieder das Problem der PKS ist... Ob es später zu einer Verurteilung kommt oder die Staatsanwaltschaft den Fall von vornherein wegen Geringfügigkeit einstellt, wird nicht erfasst (kann es auch nicht).
Ja, aber leider gibt es ja keine vergleichbar detailierte gerichtliche Kriminalstatistik. Ich würde auch vermuten, dass nur ein Bruchteil der Fälle mit einer Verurteilung enden. Gerade wenn man an den Versandhandel denkt; Ich glaube nicht, dass das Verfahren gegen Firmen in GB, USA oder Österreich eröffnet werden (zumal §§ 5,7 StGB auch nicht einschlägig sind, wenn ich das richtig im Kopf habe).
ZitatInteressant ist aber, dass die Aufklärungsquote in diesem Fall so hoch ist, während im Gegensatz dazu die Dunkelziffer bei anderen Straftaten (Kindesmissbrauch, etc.) extrem hoch ist (aus kriminologischer Sicht ist klar warum, nur im Falle des § 131 StGB wäre das nochmal interessant zu wissen).
Ich würde sagen, dass auch bei diesen Delikten
trotz hoher Aufklärungsquote die Dunkelziffer enorm hoch ist. Ich meine bei einem abstrakten Gefährungsdelikt ohne Geschädigte geht die Anzeigebereitschaft eben praktisch gegen null.
ZitatIch habe zwar gerade keinen Kommentar zur Hand, aber beschäftigst du dich auch mit den Tathandlungen des § 131? Ich habe so den Eindruck, dass der § 131 in der Wissenschaft eher eine geringe Bedeutung hat (hauptsache, man hat auch das letzte perverse AT-Problem aus dem Strafrecht durchgekaut) und dass es deswegen immer wieder schön zu sehen ist, wenn über das Thema promoviert wird.
Nicht wirklich, aber ich mache auch einen Dr. rer. soc. nicht Dr. jur. ;) Es gibt aber schon einige juristische Monographien und Aufsätze zu §131, jedenfalls weit mehr als sozialwissenschaftliche Literatur zur Zensur gewalthaltiger Filmen.
Falls es dich interessiert würde ich
Erdemir, Murat (1999): Filmzensur und Filmverbot. Eine Untersuchung zu den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die strafrechtliche Filmkontrolle im Erwachsenenbereich. Marburg: Elwert. (zugl. Diss. an der Universität Marburg)
empfehlen
ZitatDu promovierst übrigens über mein Traum-Thema. Ich bin jetzt etwas neidisch. :king:
Danke. :)
"Der Einfluss wissenschaftlicher Medienwirkungstheorien auf die institutionelle Kontrolle gewalthaltiger Filme in Großbritannien und der Bundesrepublik Deutschland" ist der volle Titel.