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OFDb => Allgemeine OFDb-Themen => OFDb-Autoren: Review-Forum => Thema gestartet von: Fastmachine am 24 Januar 2007, 01:39:06

Titel: Autoren-Thread: Fastmachine
Beitrag von: Fastmachine am 24 Januar 2007, 01:39:06
Noch ein Autorenthread. Diesmal von mir, der bei Threaderöffnung gerade einmal läppische 83 Reviews verfasst hat, während andere viele hundert oder gar über 2000 auf dem Konto haben. Dessen Nick ,,Fast"-machine in absurdem Kontrast zu seinem Schreibtempo steht.
(Und vermutlich von daher und anverwandten Motiven seine Begründung erfahren hat).

Hier gibt es reichlich Autoren, die sich mit für mich unfassbarer Produktivität einem gigantischen Themenspektrum widmen, ebenso Autoren, die sich als Spezialisten für unterschiedliche Gebiete ausgewiesen haben. Da kann ich nicht mithalten.

Ich fühle mich sozusagen für gar nichts zuständig.  :icon_mrgreen:

Meine Ziele als Reviewautor sind auch etwas diffus, nicht zuletzt mir selbst. Wer will, kann es im entsprechenden Thread nachlesen.

Noch eine Warnung für Freunde kurzer Reviews: Ich habe nichts anzubieten außer Blut, Schweiß und Tränen.

Reviewliste Fastmachine (http://www.ofdb.de/view.php?page=poster&Kat=Review&Name=12864)

Ein Thema, das mich in der letzten Zeit stärker umgetrieben hat, waren die ,,Literaturverfilmungen", will sagen, ich bin häufiger dem Verhältnis von Film und Romanvorlage nachgegangen. Sicherlich spielte da auch der entsprechende Thread im allgemeinen Filmforum eine Rolle
Dies wäre z.B. ein Thema, das Reviews zu so unterschiedlichen Filmen wie ,,Zazie", ,,Blade Runner", ,,Der Name der Rose" und ,,Tess" verbindet.

Ansonsten: Seit fast drei Jahren lasse ich meine Reviews auf die Menschheit los, jetzt darf das Imperium zurückschlagen.
Titel: Re: Autoren-Thread: Fastmachine
Beitrag von: Chili Palmer am 24 Januar 2007, 12:32:23
Zitat von: Fastmachine am 24 Januar 2007, 01:39:06
der bei Threaderöffnung gerade einmal läppische 83 Reviews verfasst hat

Jetzt werde ich mit meinen nicht mal 70 Reviews aber soo klein mit Hut.

Zitat von: Fastmachine am 24 Januar 2007, 01:39:06
Ansonsten: Seit fast drei Jahren lasse ich meine Reviews auf die Menschheit los, jetzt darf das Imperium zurückschlagen.

Diesmal wird uns niemand aufhalten!

Habe jedoch nichts zu verteilen außer reinstem Lob. An anderer Stelle hatte ich ja schon meiner Begeisterung über dein "Blade Runner"-Review Luft gemacht, deine "Krieg der Welten"-Besprechung ist für mich ein Musterbeispiel schlüssiger Argumentation und zu meinen immer wieder gern gelesenen Favoriten zählt auf jeden Fall "Das Ding aus einer anderen Welt".
Hm, sieht so aus, als ob du meine Hauptanlaufstelle für gehaltvolle Sci-Fi-Reviews wärst. Bist also doch noch in einer Schublade untergekommen.  :icon_mrgreen:
Titel: Re: Autoren-Thread: Fastmachine
Beitrag von: Vince am 24 Januar 2007, 15:02:23
Zitat von: Chili Palmer am 24 Januar 2007, 12:32:23
Hm, sieht so aus, als ob du meine Hauptanlaufstelle für gehaltvolle Sci-Fi-Reviews wärst. Bist also doch noch in einer Schublade untergekommen.  :icon_mrgreen:

Wir Menschen... immer müssen wir alles kategorisieren. Obwohl sich Fastmachine nämlich windet wie eine ölige Sardelle, habe ich auch eher anspruchsvolle Sci-Fi, U- und Dystopien, gesellschaftskritische Spiegel vor dem inneren Auge. Auch wenn das eben lange nicht alle Themenbereiche abdeckt, aber das waren irgendwie die prägnantesten Kritiken.
Zum Output kann ich nur das Phrasenschwein bedienen: Qualität vor Quantität. Lieber mal eine Kritik weniger, dafür dann den ausgewählten Film mit Herz und Seele behandeln.
Ansonsten weißt du ja inzwischen, dass du einer meiner Lieblingsautoren bist und dass ich gespannt bin auf weiteren Lesestoff.
Titel: Re: Autoren-Thread: Fastmachine
Beitrag von: Mr. Vincent Vega am 24 Januar 2007, 18:54:41
Mir fällt unspektakulär wenig ein, was ich Konstruktives beisteuern könnte, denn eigentlich ist dein Stil so perfekt, dass man nicht viel mehr sagen kann, als dich dringend aufzufordern, ihn beizubehalten und vielleicht doch in dem ein oder anderen Review mehr anzuwenden (will heißen: alle zwei Wochen eine Besprechung ist gut, aber sicherlich noch ausbaufähig). Ich habe viele deiner Reviews leider nicht gelesen, weil ich die jeweiligen Filme (noch) nicht gesehen habe, aber so richtig aufmerksam bin ich ja auch erst kürzlich durch das BLADE RUNNER-Review geworden. Abgesehen von Fabienne Wills Essay, ist das mit Abstand die beste Analyse dieses Films, die ich je gelesen habe, da du mit feinen und subtilen Mitteln seinen Klassikerstatus in Frage stellst und durch die leise Schlussbemerkung keinerlei Fragen mehr offen lässt, warum du ihm nur 8/10 Punkten gibst. Ich bin nicht der allergrößte Freund von sehr langen Reviews, bei dir ist das jedoch meist notwendig und erscheint mir nicht störend, da dein sprachlicher Stil für anspruchsvollen und dennoch leichten Lesefluss sorgt. Das KRIEG DER WELTEN-Review werde ich dann auch in Kürze lesen, die 6/10-Wertung finde ich schon einmal ziemlich hart (und es wird mir wohl auch immer ein wenig rätselhaft bleiben, warum dieser Film fast durch die Bank weg so durchschnittlich aufgenommen wird).

Interessieren würde mich jetzt noch ganz indiskret, wie alt du bist. ;)


edit: Beim Stöbern durch deine Reviewliste fiel mir auf, dass ich doch den Großteil kenne. :icon_mrgreen: Demnächst mehr dazu.
Titel: Re: Autoren-Thread: Fastmachine
Beitrag von: Chili Palmer am 24 Januar 2007, 19:16:32
Zitat von: Mr. Vincent Vega am 24 Januar 2007, 18:54:41
Das KRIEG DER WELTEN-Review werde ich dann auch in Kürze lesen, die 6/10-Wertung finde ich schon einmal ziemlich hart (und es wird mir wohl auch immer ein wenig rätselhaft bleiben, warum dieser Film fast durch die Bank weg so durchschnittlich aufgenommen wird).

Gerade deshalb mag ich dieses Review so sehr; Durchschnittsbewertungen (im Doppelsinne) zu "Krieg der Welten" gibt es an jeder Ecke, aber Fastmachine geht dem Grund für seine Enttäuschung eben richtig auf den Grund, ohne sich in ablenkenden "Tom Cruise ist doof"-Tiraden zu ergehen. Und dass ich seiner Argumentation folgen kann, obwohl ich selbst den Film immens schätze, spricht doch sehr für seine Arbeit. 
Titel: Re: Autoren-Thread: Fastmachine
Beitrag von: Mr. Hankey am 24 Januar 2007, 20:07:10
Zitat(und es wird mir wohl auch immer ein wenig rätselhaft bleiben, warum dieser Film fast durch die Bank weg so durchschnittlich aufgenommen wird)
Diesen Satz von Dir zu lesen, hätte sicherlich nie jemand für möglich gehalten. Damit hast du ja auf einen Schlag alle Mr. VV-Klisches unter den Teppich gekehrt. Dabei hat "Krieg der Welten" IMO eigentlich maximal sogar nur 5/10 verdient. :king: ;)

Spaß beiseite, denn eigentlich kann ich mich Mr. VV nur voll und ganz anschliessen. Dein Stil ist in jedenfall sehr interessant und ansprechend ausgefallen und auch von mir gibt es noch einmal ein Lob für die "Blade Runner"-Review. Neben der Review von Blade Runner ( ;)) definitiv die Beste zu diesem Film in der Ofdb, auch wenn BR eigentlich ein Streifen ist, der bis jetzt irgendwie voll an mir vorbeigegangen ist. :icon_confused: Wird sich aber wohl spätestens beim Erscheinen der SE ändern, da deine Besprechung einfach wahnsinnig viel Lust darauf gemacht hat. Weiter so. :respekt:
Titel: Re: Autoren-Thread: Fastmachine
Beitrag von: Fastmachine am 24 Januar 2007, 22:32:24
Danke für die in der Tendenz sehr freundlichen ersten Antworten.
Allerdings muss ich sagen, dass ich mehr als überrascht bin, an erster Stelle mit Science-Fiction in Verbindung gebracht zu werden.  :00000109:
Sicher, immer wieder habe ich klassische SF-Filme besprochen, aber das ist in meinen Augen doch nicht so überrepräsentiert in der Gesamtheit meiner Reviews. Interessant, hätte ich nie gedacht.
Tja, ich fasse es mal als Ermunterung auf, weiterhin aus diesem Bereich den ein oder anderen Film zu besprechen.

Was mich noch mehr wundert, ist, dass sich noch keiner über die Länge meiner Reviews beschwert hat. Die kommt mir nämlich selbst hin- und wieder problematisch vor. Ich überlege, ob ich nicht lieber kürzere Reviews schreibe, dafür aber mehr Filme berücksichtige.  :icon_confused:








Titel: Re: Autoren-Thread: Fastmachine
Beitrag von: Vince am 24 Januar 2007, 23:48:30
Zitat von: Fastmachine am 24 Januar 2007, 22:32:24
Was mich noch mehr wundert, ist, dass sich noch keiner über die Länge meiner Reviews beschwert hat. Die kommt mir nämlich selbst hin- und wieder problematisch vor. Ich überlege, ob ich nicht lieber kürzere Reviews schreibe, dafür aber mehr Filme berücksichtige.  :icon_confused:

Bitte nicht! Kurze Kritiken (die zweifellos ihre Vorteile haben) gibt es eigentlich schon genug in der ofdb. Ich bin froh, wenn es auch ein, zwei Autoren gibt, die mit Freude ins analytische Detail gehen. Wenn es gehaltvoll ist, stehe ich auf Wälzer.
Titel: Re: Autoren-Thread: Fastmachine
Beitrag von: Red Shadow am 25 Januar 2007, 11:25:28
Ich habe es ja schon mehrmals angedeutet, dass ich deine Kritiken gerne lese. Da trifft man auf sprachlich elegante, ausführliche Analysen. Die Stilistik würde ich an deiner Stelle beibehalten. Qualität steht über Quantität und auch wenn ich grundsätzlich gerne mehr von dir lesen würde, sind deine Besprechungen eben eine qualitativ hochwertige Besonderheit. Spontan habe ich die Kritiken zu den Carpenter-Filmen positiv in Erinnerung, weil ich mich derzeit mit den Werken des Regisseurs beschäftigte und deine Beiträge dazu eine interessante Lektüre darstellen.
Titel: Re: Autoren-Thread: Fastmachine
Beitrag von: Bretzelburger am 26 Januar 2007, 22:51:35
Mir bist du zuvor gekommen, denn ich wollte seit gestern - also seitdem ich deine "Blade Runner" Review gelesen hatte - hier meine Lobeshymnen schreiben.

Zum Einen hast du mir mit deiner Bewertung voll aus dem Herzen gesprochen, denn auch für mich war "Blade Runner" vor gut 10 Jahren unangefochten ein Spitzenfilm, aber ich habe genauso wie du es beschreibst, inzwischen einen deutlich nüchteren Blick auf Ridley Scotts Werk.

Vor allem deine Beschreibung des Dick'chen Universums hat mich begeistert. Ich kenne zwar seine Vorlage zu "Blade Runner", habe aber noch nie so gut den Charakter seiner Arbeiten erfasst.

Du hast das Gefühl, welches mich beim letztmaligen Ansehen des Films beschlichen hat, hervorragend in Worte gefasst.
Titel: Re: Autoren-Thread: Fastmachine
Beitrag von: Fastmachine am 26 Januar 2007, 23:35:44
Danke für das Lob und die für mich interessante Bemerkung zu deiner veränderten Wahrnehmung des Films. 

Zum "Blade Runner" Review möchte ich, da es hier mit sehr schmeichelhaften Worten bedacht wird, vielleicht noch einige Worte sagen.

Ähnlich wie Bretzelburger und wohl auch einige andere, bin ich ein Leser der Werke von Philip K. Dick, deren Weltsicht mich eine ganze Weile sehr fasziniert hatte - heute sind auch da einige Abstriche zu machen. Wer sich als Leser ausführlicher mit Dick beschäftigt, wird auch dessen künstlerischer Verfahrenweisen, Unzulänglichkeiten und schließlich Grenzen bewußt. Man sieht manches schärfer, leider auch nüchterner - die Begeisterung des Anfangs läßt sich leider nicht ewig halten.

Mein Review war also weniger durch eine Kenntnis der gesamten Masse der ernsthaften und weniger ernsthaften Deutungen von Ridley Scotts Film unterfüttert, als durch die Leseerfahrungen mit Philip K. Dicks Gesamtwerk.
Trotzdem sollte der Film von mir als eigenständige Leistung vorgestellt werden, nicht nur als Nebenprodukt des literarischen Vorbilds.

Vermeiden wollte ich vor allem, allzu vieles von dem, was man rein innerfilmisch über "Blade Runner" und seine Enstehungshintergründe sagen kann, zu wiederholen. Hier hat in der Tat Blade Runner in seinem Review fast alles gesagt, was man in Reviewlänge zu diesen Dingen überhaupt sagen kann.


Titel: Re: Autoren-Thread: Fastmachine
Beitrag von: Bretzelburger am 24 Februar 2007, 00:12:13
Als Verfechter der Tatsache, daß es einige sehr gute deutsche Filme auch aus den 50er Jahren gibt, habe ich mit Begeisterung deine Review zu "Rosen für den Staatsanwalt" gelesen, auf die ich hier noch einmal hinweisen möchte

http://www.ofdb.de/view.php?page=review&fid=9723&rid=125057

Sehr gut gefällt mir, wie du über die Akzeptanz von Filmen mit diesem Thema zu dieser Zeit nachdenkst. Sieht man sich Staudtes Werk an, erkennt man, daß er äußerlich - gezwungenermaßen - bei der Aufarbeitung der Nazi-Zeit scheinbar immer harmloser wurde, gleichzeitig aber auch erfolgreicher. Ich sehe auch das Problem, daß hier der Staatsanwalt als Einzeltäter beschrieben wird - für mich ist deshalb Walter Giller schon immer die beeindruckenste und anrührendste Figur in diesem Film gewesen - ein Versager zur Hochzeit des deutschen Wirtschaftswunders, eine wirklich mutige Rolle.
Titel: Re: Autoren-Thread: Fastmachine
Beitrag von: Fastmachine am 24 Februar 2007, 18:11:45
Zitat von: Bretzelburger am 24 Februar 2007, 00:12:13
Als Verfechter der Tatsache, daß es einige sehr gute deutsche Filme auch aus den 50er Jahren gibt, habe ich mit Begeisterung deine Review zu "Rosen für den Staatsanwalt" gelesen

Danke für das Lob gerade zu diesem Review.  :icon_smile:

Soweit ich mich erinnere, war es genau der von dir angesprochene Punkt, nämlich die mangelnde Bekanntheit der wirklich guten deutschen Filme aus den fünfziger Jahren, der mich motivierte, dieses Review zu schreiben. Leider zerfällt das deutsche Publikum in zwei Hauptteile: Die einen lehnen deutsche Filme im Ganzen ab, von älteren deutschen Filmen gar nicht zu reden. Die anderen schauen sich vor allem die Schnulzen und Heile-Welt-Dramen wie "Sissi" an - wohl vorwiegend eine Sache der älteren Generation.
Zweifellos hat das deutsche Nachkriegskino viel Seichtes, ja Unerträgliches hervorgebracht. Trotzdem gab es, wie du zu Recht betonst und worin ich ganz deiner Meinung bin, auch eine ganze Reihe von guten Filmen. Leider wird das gesamte Gebiet des älteren deutschen (wie auch des europäischen) Films bisher sehr stiefmütterlich von den Review-Autoren behandelt.
 
ZitatSehr gut gefällt mir, wie du über die Akzeptanz von Filmen mit diesem Thema zu dieser Zeit nachdenkst. Sieht man sich Staudtes Werk an, erkennt man, daß er äußerlich - gezwungenermaßen - bei der Aufarbeitung der Nazi-Zeit scheinbar immer harmloser wurde, gleichzeitig aber auch erfolgreicher. Ich sehe auch das Problem, daß hier der Staatsanwalt als Einzeltäter beschrieben wird

In der Tat: Ich wollte an diesem Film Symptomatisches festmachen. Interessant, dass du den Blick auf das Gesamtwerk von Staudte ausweitest. Dieser Aspekt stand mir, glaube ich, nicht so deutlich vor Augen. Obwohl er eigentlich naheliegt, denn mit Staudte beginnt ja 1946 der deutsche Nachkriegsfilm. Und - ich wiederhole mich - wie trostlos, wenn man sieht, was dieser bedeutende Regisseur hier in der OFDb für ein schwaches Echo findet. :icon_sad:

Zitatfür mich ist deshalb Walter Giller schon immer die beeindruckenste und anrührendste Figur in diesem Film gewesen - ein Versager zur Hochzeit des deutschen Wirtschaftswunders, eine wirklich mutige Rolle.

Ja, ganz recht. Und wie ich schon im Review sagte: Es ist eine Schande, mit was für Rollenangeboten sich in der Folge ein begabter Schauspieler wie Walter Giller begnügen mußte.
Titel: Re: Autoren-Thread: Fastmachine
Beitrag von: Happy Harry mit dem Harten am 26 Mai 2007, 20:09:00
Hab grade deine Kritik zu "A SCANNER DARKLY" gelesen und bin beeindruckt wie gut du die Schwierigkeiten einen so massenunkompatiblen Stoff zu verfilmen auf den Punkt gebracht hast. Mit Philip K. Dick, der mein Lieblingsautor im Sci-Fi-Genre ist, scheinst du dich bestens auszukennen und arbeitest stark heraus das sich Linklater im Gegensatz zu Verhoeven Und Scott um Nähe zur Vorlage bemüht und Dicks radikal-pessimistisches Weltbild adäquat in den Film überträgt. Nur verstehe ich dann die für mich relativ niedrige Benotung mit acht Punkten nicht so ganz. Ich habe den Film mit vollen zehn Punkten bewertet weil ich technisch und inhaltlich keine Abstriche gefunden habe aber vor allem weil es sich um die erste werkgetreue Dick-Adaption handelt und darüberhinaus um einen völlig untypischen Hollywood-Film, der den Zuschauer intellektuelle fordert und über längere Zeit beschäftigen dürfte.
Ich zitiere aus deinem Text:
In politischer Hinsicht fehlt Linklaters Film dadurch etwas die Erdung, die das Werk in unserer Zeit ebenso unverwechselbar einwurzelte, wie Dick seinen Roman in der Nixonära. Auf den Punkt gebracht: Es fehlt dem Film das Notwendige, das ihm eine eigene Gültigkeit jenseits allgemeiner Aussagen verschafft. Dick hat verrammelte Türen aufgerissen und ,,Luft" geschrieen, Linklater rennt zuweilen aufgerissene Türen ein.

Diesen Absatz, den ich als einzigen Anhaltspunkt für einen Punktabzug deinerseits sehe, habe ich nicht wirklich verstanden. Worauf willst du hinaus, was ist Linklater nicht geglückt? Die Einordnung in die Bush-Ära gelingt doch gut oder nicht?
Titel: Re: Autoren-Thread: Fastmachine
Beitrag von: Fastmachine am 26 Mai 2007, 23:50:28
Es freut mich, dass du meinem Review in seinem Grundanliegen etwas abgewinnen konntest. Umso mehr, als ich selbst etwas skeptisch war und bin. Ursprünglich wollte ich noch mehr schreiben, aber da die Länge des Reviews nicht nur problematisch, sondern bei über vier Word-Seiten langsam kriminell wurde, habe ich auf einige Aspekte verzichtet, die ich gerne noch eingebracht hätte.

Es fehlt zum Beispiel noch alles, was man zur Konzeption der Hauptfiguren sagen könnte. Nur Arctor habe ich kurz skizziert. Vor allem die Figur der Donna - die wie sehr viele Frauenfiguren von Dick - höchst zweideutig und interessant angelegt ist, hätte ich gern noch etwas untersucht. Beim Schreiben wird man sich - wie das Adam Kesher jüngst so schön sagte - über vieles selber erst klar.

Deine Kritik, das meine Wertung nicht ganz deutlich wird, habe ich gerne angenommen und umgesetzt, indem ich den von dir zitierten Absatz etwas ausformuliert habe. Ich weiss, es klingt etwas widersprüchlich, was ich gegen den Film vorzubringen habe. Einerseits Werktreue gut finden, andererseits den fehlenden, letzten Mut zur politischen Modernisierung beklagen.
Ich würde das auch nicht unbedingt als Mangel im eigentlichen Sinne des Wortes sehen, es ist wirklich eher Gemäkel von mir. Es ist eine Momentaufnahme meines noch recht frischen Eindrucks. Vielleicht kann ich Linklaters zurückhaltender, inhaltlicher Modernisierung - die Gelungenheit seiner formalen Modernisierung gebe ich gerne zu - nach mehrmaligem Ansehen mehr abgewinnen.
Ein weiteres Problem scheint mir die recht kurze Laufzeit zu sein. Ich habe schon einige Male von Leuten gehört, die den Roman nicht gelesen und mit dem Werk von Philip K. Dick auch sonst nicht vertraut waren, dass sie mit dem Film gewisse Probleme hatten. Das kann ich, da sehr stark vorbelastet, schwer beurteilen. Aber ein Film sollte auch für sich selbst all das übermitteln können, was seinen künstlerischen Kern ausmacht, ohne dass man auf den zu Grunde liegenden Roman angewiesen ist. 

Wie der Film nach einigen Jahren wirken wird, wer will das wissen? Für eine historische Einordnung, wie bei "Blade Runner", ist es noch etwas früh.

Und die Bewertung. Na gut: 8.5 von 10. Vielleicht ringe ich mich noch zu 9/10 durch. Das ist übrigens die höchste normale Note, die ich vergebe. 10/10 geht an Filme, welche über die begründbaren 9/10 hinaus noch eine restlose persönliche Begeisterung beim Sehen hervorrufen.


Titel: Re: Autoren-Thread: Fastmachine
Beitrag von: Sarge am 14 Juni 2007, 23:40:04
Nun will ich meiner Verfehlung nachkommen. Den "Magic Moment" hatte ich bei dir übrigens damals nach der Einstellung deines "Vertigo"-Textes, den ich ganz toll fand, zumal ich selbst dem Film bis dato wenig abgewinnen konnte. Trotz deiner noch beschaulichen Reviewgraphie habe ich dich schnell in mein Herz geschlossen, warum?:

Ich schätze zunächst einmal, dass du mit Sprache locker und leicht umgehen kannst, in fundiertes Analysieren kann mühelos auch mal eine zweckdienliche Metapher eingestreut werden (sehr schön bsp.: das Vergilbungsbild im "Matrix"-Review im ganzen Kontext des Modischen, mit dem du den Film betrachtest); du vermagst es auch, was bei so mancher komplexen Vertiefung nicht allzu leicht ist, aus dem Bauch heraus zu strukturieren und zu ordnen - zumindest ist das der Eindruck beim Lesen. Außerdem: ich finde deine Filmauswahl wirklich ansprechend, neben populären Filmen, die dann aber zumeist kontrovers abgehandelt werden, gibt es immer auch wieder Kritiken, die mich auf Werke hinweisen, die ich sobald wohl nicht auf meine To-watch-Liste gesetzt hätte ("Zazie", auch "Arizona Junior" hat mich heiß gemacht). Aber vor allem: Deine Reviews sind nie Fast Food. Beim Klicken auf "Fastmachine" ist gewiss, dass man wirklich eine akribische Auseinandersetzung mit dem filmischen Gegenstand zu lesen bekommt. "RoboCop" etwa hat mit deinem Review sicherlich die höchste Würdigung erhalten. Natürlich teile ich nicht immer deine Meinung ("Fight Club" sticht ziemlich ins Auge ;)), doch nicht viele Autoren sind in der Lage, neue Erkenntnisse an die Oberfläche zu transportieren, ganz neue Perspektiven zu eröffnen. Nicht nur mit "Vertigo" hast du dies getan.

Titel: Re: Autoren-Thread: Fastmachine
Beitrag von: Mr. Vincent Vega am 5 Juli 2007, 02:04:58
Nachdem ich deine ROBOCOP-Besprechung gelesen habe, fügten sich all jene Teile, die mir immer und immer wieder im Kopf herumschwirren, wenn ich Paul Verhoevens persönliches Meisterwerk sehe, endlich einmal zu einem harmonischen Gefüge, einer klaren Linie, die mir Verständnis und Beurteilung dieses faszinierenden Films erheblich erleichtern. Ein Review, das hervorragend zwischen historischer Einordnung, Verhoevenscher Gesamtanalyse inkl. Betrachtung der Motivkonstanten und Werkbedeutung tangiert und keine Wünsche offen lässt.
Titel: Re: Autoren-Thread: Fastmachine
Beitrag von: McKenzie am 5 Juli 2007, 15:12:15
Amüsanterweise möchte ich auch ein beinahe anbetungswürdiges Verhoeven-Review loben, das ich gestern gelesen habe, "Basic Instinct".
Du beschreibst sehr kompakt wie es Verhoeven gelungen ist, auch mit einem 50 Millionen-Budget in Hollywood immer noch von Hand zu schreiben und natürlich auch sein eigenwilliges Frauenbild (Die Frau - Sharon Stone - ist gerade als erotische Fantasie emanzipiert und übermächtig). Auch den ersten Absatz, in dem du den skandalösen Ruf des Films untersuchst finde ich sehr gelungen, eben auch weil es aufzeigt was für ein gewitztes Schlitzohr Verhoeven eigentlich ist und wie er ganz unauffällig das amerikanische Studiosystem unterwandert.  :respekt:

Obwohl deine Kritik kaum zu toppen ist werde ich in Zukunft sicherlich auch noch etwas zu dem Film schreiben, da für mich das, was du bereits andeutest, noch deutlich präsenter war: "Basic Instinct" ist einer der schönsten Märchenfilme die im Hollywood der 90ziger entstanden sind. Ein moderner Märchenfilm, tatsächlich... Und das möchte ich gerne noch ein wenig herausarbeiten zumal die bislang vertrenen Kritiken größtenteils zum weglaufen sind. ;)
Titel: Re: Autoren-Thread: Fastmachine
Beitrag von: Fastmachine am 5 Juli 2007, 22:50:47
hum... :icon_razz:

Zitat von: McKenzie am  5 Juli 2007, 15:12:15
(...) möchte ich auch ein beinahe anbetungswürdiges Verhoeven-Review loben, das ich gestern gelesen habe, "Basic Instinct". (...)

---...noch ein- oder zwei solche Bemerkungen und ich weiß, wie sich die Jungs von Tokio Hotel fühlen müssen nach einem Konzert.  :icon_lol: :king:
Aber danke euch für das Lob.

ZitatEin moderner Märchenfilm, tatsächlich... Und das möchte ich gerne noch ein wenig herausarbeiten

Ich bin gespannt, wie Du die Sache angehst. Mir ist noch nicht ganz klar, was genau für dich ein "modernes Märchen" ist, da der Begriff sicher etwas dehnbar ist, aber ich nehme an, du benutzt den Märchenbegriff, um die gewohnte Wahrnehmung von "Basic Instinct" etwas gegen den Strich zu bürsten. Ich warte auf dein Review.

An den Verhoeven-Reviews möchte ich vielleicht kurz erklären, wie eher langwierig manche Reviews bei mir entstehen, obwohl die reine Schreibzeit sich noch relativ in Grenzen hält. Man hält sich immer für geplant und strukturiert vorgehend, in Wahrheit aber entwickeln sich die Dinge schubweise, intuitiv und ungeplant in neue Richtungen. Weswegen ich niemals die Produktivität von Bretzelburger oder Mr. Vincent Vega erreichen werde, die offenbar abends einen Film sehen und noch mitten in der selben Nacht ein überlegtes Review verfassen können. Unfassbar.  :icon_eek: Was macht ihr am nächsten Tag? Arbeiten mit Review-Ringen unter den Augen?  :icon_lol: ;)

Wenn ich es mir überlege, haben meine beiden Verhoeven-Kritiken zu "Robocop" und "Basic Instinct" eine Gemeinsamkeit: Eine lang verzögerte Entstehungsgeschichte. "Basic Instinct" hatte ich mir im Herbst 2004 angesehen und im Kopf einige Ideen für ein Review gesammelt. Irgendwie ergab sich nicht die Gelegenheit zur Ausarbeitung und die Sache köchelte auf kleiner, aber stetiger Flamme weiter. Erst im Sommer 2005 sah ich den Film wieder und habe dann alle Dinge, die mir seit Monaten noch irgendwo im Kopf herumspukten, niedergeschrieben. Möglicherweise hat die Verzögerung etwas zur Reifung beigetragen, denn niedergeschrieben habe ich es in einem Zug.

Das Review zu Robocop wäre beinahe den ewigen Jagdgründen gelandet. Einerseits hat mich die lange Liste bereits vorhandener Reviews etwas entmutigt. Andererseits hatte ich im September 2005 den Film wieder gesehen und spontan ein Konzept für ein Review. Ich notierte drei kurze Absätze und einige Stichpunkte und glaubte in einem Zug fertig zu werden. Dann kam anderes dazwischen und die Sache blieb auf Eis liegen und war fast vergessen. Bei einer Sichtung meiner Festplatte entdeckte ich die Review-Trümmer jüngst wieder. Ich rätselte über meine alten, etwas kryptischen Stichpunkte, bekam aber plötzlich die Idee für eine Grundstruktur des Reviews und leitete sozusagen die Sturzgeburt ein. :icon_mrgreen:

Die große Anzahl der verhandenen Reviews zu einem Film muss eigentlich keine Belastung sein, sie kann auch befreiend wirken. Man braucht sich nicht am Inhalt entlang zu hangeln und grundlegende Orientierungen für die Leser zu geben, da der Film allgemein bekannt ist und viele Reviews diese Elemente betonen. So kann man frei auf abstraktere Strukturen im Film eingehen und konzentrierter, kompakter, also: kürzer, argumentieren.
Ähnliche Überlegungen haben mir auch angesichts der zahlreichen Reviews zum "Ding aus einer anderen Welt" geholfen.

Also danke für all das Lob, obwohl...ich warte irgendwie noch darauf, dass COPFKILLER, wie andernorts angekündigt, die Messer in Sachen David Fincher gegen mich wetzt.  Ich wetze auch schon  :icon_twisted: ;)



Titel: Re: Autoren-Thread: Fastmachine
Beitrag von: Happy Harry mit dem Harten am 6 Juli 2007, 19:52:44
Zitat von: Fastmachine am  5 Juli 2007, 22:50:47
hum... :icon_razz:

Also danke für all das Lob, obwohl...ich warte irgendwie noch darauf, dass COPFKILLER, wie andernorts angekündigt, die Messer in Sachen David Fincher gegen mich wetzt.  Ich wetze auch schon  :icon_twisted: ;)


Das fällt mir alles andere als leicht, obwohl ich schon öfter mit dem Gedanken gespielt habe, FIGHT CLUB mit einer Besprechung zu würdigen. Da würde ich dann mehr auf den Aspekt der Literatrverfilmung eingehen, den die meisten außen vor gelassen haben. Doch da deine Argumentation immer sehr dicht und differenziert ist, fällt es schwer dagegen anzukommen. Bin übrigens kein richtiger Fincher-Fan, halte nur eben SIEBEN und FIGHT CLUB für Meisterwerke, aber das ist ja eh ne Allerweltsmeinung...aber ich versuche meine Gedanken in Worte zu fassen, kann wohl etwas dauern...
Titel: Re: Autoren-Thread: Fastmachine
Beitrag von: Chili Palmer am 6 Juli 2007, 22:01:27
Zitat von: COPFKILLER am  6 Juli 2007, 19:52:44
Bin übrigens kein richtiger Finscher-Fan

Man merkt´s.  ;)
Titel: Re: Autoren-Thread: Fastmachine
Beitrag von: Mr. Vincent Vega am 6 Juli 2007, 22:04:28
Ich hätte meine gesamte DVD-Sammlung darauf verwettet, dass der liebenswerteste Pedant dieser Institution hier diesen Buchstabendreher registrieren und entsprechend kommentieren wird. :icon_mrgreen:
Titel: Re: Autoren-Thread: Fastmachine
Beitrag von: Happy Harry mit dem Harten am 6 Juli 2007, 22:16:40
Zitat von: Chili Palmer am  6 Juli 2007, 22:01:27
Man merkt´s.  ;)

:icon_redface:

ist geändert, danke
Titel: Re: Autoren-Thread: Fastmachine
Beitrag von: Chili Palmer am 7 Juli 2007, 00:05:52
Zitat von: Mr. Vincent Vega am  6 Juli 2007, 22:04:28
Ich hätte meine gesamte DVD-Sammlung darauf verwettet, dass der liebenswerteste Pedant dieser Institution hier diesen Buchstabendreher registrieren und entsprechend kommentieren wird. :icon_mrgreen:

Stets zu Diensten. Viel Freude noch mit deiner DVD-Sammlung.

Zitat von: COPFKILLER am  6 Juli 2007, 22:16:40
:icon_redface:

ist geändert, danke

Des Dankes bedarf ich nicht, ich tat nur meine Pflicht (siehe oben).  :icon_mrgreen:
Titel: Re: Autoren-Thread: Fastmachine
Beitrag von: McKenzie am 7 Juli 2007, 22:23:13
Zitat von: Fastmachine am  5 Juli 2007, 22:50:47
---...noch ein- oder zwei solche Bemerkungen und ich weiß, wie sich die Jungs von Tokio Hotel fühlen müssen nach einem Konzert.  :icon_lol: :king:

Ein erhebendes Gefühl, oder?  :icon_mrgreen:

Zitat von: Fastmachine am  5 Juli 2007, 22:50:47
Ich bin gespannt, wie Du die Sache angehst. Mir ist noch nicht ganz klar, was genau für dich ein "modernes Märchen" ist, da der Begriff sicher etwas dehnbar ist, aber ich nehme an, du benutzt den Märchenbegriff, um die gewohnte Wahrnehmung von "Basic Instinct" etwas gegen den Strich zu bürsten. Ich warte auf dein Review.

Nun, ich werde den Film dafür sicherlich noch ein zweites Mal ansehen müssen denn er ist imo deutlich komplexer als gemeinhin behauptet wird. Vielleicht hätte ich nur "Märchenfilm" oder "Fabel" schreiben sollen. Der Umstand, das er oberflächlich so durch und durch "trendy 90ziger Jahre"-mäßig aussieht und wirkt macht ihn dabei eben zu einem "modernen" Märchen.  ;)

Und nein, ausnahmsweise ( :icon_lol:) möchte ich damit nicht bewusst die gewohnte Wahrnehmung von "Basic Instinct" gegen den Strich bürsten sondern habe den Film schlicht und ergreifend sofort so empfunden. Ich hoffe, das Review spätestens gegen Ende August fertigzustellen, da außer deiner Kritik bisher keine vorhanden ist, die dem Film meiner Meinung nach wirklich gerecht wird, auch wenn sich bereits einige verdiente Schreiber um ihn bemüht haben.

Wenn die positive Erfahrung mit "Basic Instinct" nur nicht ein Ausnahmefall wäre sondern der Auftakt zu einer neuen, vertrauensvollen Annäherung an Hollywood. Es gibt immer Auftragsfilmer und 08/15-Regisseure, die eine klare Linie in ihrem Schaffen haben weil man sie nach ihrem Durchbruch auf ein bestimmtes Genre festgelegt hat (Joel Schumacher :icon_mad:) aber das muss man klar trennen vom Schaffen eines selbstbestimmten Regisseurs, dessen Schaffen sehr unterschiedliche Filme beinhaltet und der in Europa mit kleinen Budgets begonnen hat und durch dessen Schaffen sich eine rote Linie bestimmter Themen und Vorlieben zieht. Deswegen ist die Kluft zwischen Tim Burton, evtl. David Fincher und eben Paul Verhoeven und Regisseuren wie Ron Howard, Ridley Scott, Wolfgang Petersen oder Michael Bay auch so immens groß.

Zitat von: Fastmachine am  5 Juli 2007, 22:50:47
Also danke für all das Lob, obwohl...ich warte irgendwie noch darauf, dass COPFKILLER, wie andernorts angekündigt, die Messer in Sachen David Fincher gegen mich wetzt.  Ich wetze auch schon  :icon_twisted: ;)

:respekt:

Ich erwarte ungeduldig und mit größter Spannung deinen unbedingt berechtigten und sicherlich ausgezeichneten Verriss von "Sieben" der einfach zu gut sein wird, um von Liebhabern des Films so ohne weiteres hinwegpolemisiert zu werden!  :icon_razz:
Titel: Re: Autoren-Thread: Fastmachine
Beitrag von: Chili Palmer am 7 Juli 2007, 22:55:16
Zitat von: McKenzie am  7 Juli 2007, 22:23:13
Ich erwarte ungeduldig und mit größter Spannung deinen unbedingt berechtigten und sicherlich ausgezeichneten Verriss von "Sieben" der einfach zu gut sein wird, um von Liebhabern des Films so ohne weiteres hinwegpolemisiert zu werden!  :icon_razz:

Das wollen wir doch mal sehen! Wie du so schön zu mir sagtest, wo ein Wille, da ein Weg.  :icon_twisted:

Aber im Ernst, ich bin auch ganz gespannt auf Fastmachines Beitrag zu den Sieben Sünden, ganz egal, wie der Tenor ausfällt.  :D
Titel: Re: Autoren-Thread: Fastmachine
Beitrag von: McKenzie am 7 Juli 2007, 23:03:02
Eine negative, dafür aber ziemlich gute Kritik von Adam Kesher zu "Sieben" ist einfach zu wenig. Du wirst doch wohl zugeben, das kritische Stimmen fehlen, auch wenn dir der Film liegt.

Und Fastmachine, der hervorragend argumentieren kann ist genau der richtige Mann für diesen "Job"!  :D
Vielleicht wage ich mich ja auch noch einmal an den Film...
Titel: Re: Autoren-Thread: Fastmachine
Beitrag von: Chili Palmer am 8 Juli 2007, 00:47:50
Zitat von: McKenzie am  7 Juli 2007, 23:03:02
Du wirst doch wohl zugeben, das kritische Stimmen fehlen, auch wenn dir der Film liegt.

Nur her damit. Ich merke, der Widerstand formiert sich.
Aber auch ihr werdet Julius Fincher eure Waffen noch vor die Füße werfen, Fastmachine weiß, was ich meine.  ;)
Titel: Re: Autoren-Thread: Fastmachine
Beitrag von: Sarge am 8 Juli 2007, 04:18:40
Wirklich, ihr beiden, versucht euch an "Sieben", ein argumentativ überzeugendes Zerreißen würde mich persönlich sehr interessieren - weil ich nicht glaube, dass man das kann :icon_twisted: (anders als bei "Fight Club" wohl gemerkt) Die Argumentation würde ich doch gerne mal lesen.
Titel: Re: Autoren-Thread: Fastmachine
Beitrag von: Naruse am 10 Juli 2007, 11:35:30
Hallo Fastmachine,

da sich sonst in diesem Thema noch keiner dazu geäußert hat (sehr schade...) - will ich dir mal ein riesen Lob für deine Kritik zu "Andrei Rublev" aussprechen. Dass dieses Meisterwerk nun endlich einmal in der OFDb besprochen wurde, ist wirklich sehr toll. Der Film hat ja zu Recht eine solch hohe Wertung - aber solch ein Werk gerecht zu besprechen, ist halt wirklich schwer. Vorallem Tarkowskis Filme sind auch immer auf eine Art eben "unbeschreiblich" - vorallem "Der Spiegel". Jedenfalls ein gelungenes Review.  :D
Titel: Re: Autoren-Thread: Fastmachine
Beitrag von: Mr. Vincent Vega am 14 November 2007, 22:47:17
Wo ist eigentlich Fastmachine abgeblieben? Ich habe eben erst sein BEETLEJUICE-Review entdeckt und muss dringend Stellung beziehen. Auch FIGHT CLUB lief mir über den Weg. Sollte er wieder auftauchen, so melde er sich doch bitte zu Wort. :exclaim:
Titel: Re: Autoren-Thread: Fastmachine
Beitrag von: Chili Palmer am 15 November 2007, 21:16:17
Und welch ein großartiger "300"-Text!

Der Fluch des denkenden Zuschauers. Eine bittere Pille, glücklicherweise von sprachlich einwandfreiem Zucker ummantelt.
Runter damit, danach geht's einem besser. Trotz mangelnder Aktualität für den aktuellen Reviw-Tipp und ebenso mangelnder Patina für den Klassikertipp: Meinen Startseitensegen hat das.

Da übersehe ich sogar gerne das kleine, unbeugsame Dorf, das Häuptling Flottmaschinix immer noch zu halten wagt.  ;) 

(Der Prügelclub war eines meiner seltenen Rauscherlebnisse, das lasse ich mir nicht entzwei denken).  :icon_twisted:
Titel: Re: Autoren-Thread: Fastmachine
Beitrag von: Fastmachine am 17 November 2007, 10:13:45
Nö, weg bin ich nicht. Habe nur in letzter Zeit dem sog. Ernst des Lebens mehr Tribut zollen müssen als mir lieb war - da hat das Reviewschreiben zurückzustehen. Das war auch schon letztes oder vorletztes Jahr so, dass ich immer wieder mal einen Monat ausgesetzt habe. Alles normal.

@ Chili
Der Mexikaner liegt oben auf dem Stapel der zu sehenden Filme. Ich wollte nichts schreiben, bevor ich meine schon etwas verblassten Erinnerungen an den Film nicht aufgefrischt habe.

Ich bitte um Nachsicht, Welles ist nicht vergessen, aber: mañana, mañana

@Mr.VV.: Hö? Du hast mich ja seinerzeit auf "Beetlejuice" gebracht. Inzwischen habe ich so eine kleine private Burton Retrospektive hinter mir, da tun sich neue Perspektiven für Reviews auf. Aber wann die, wenn überhaupt, realisiert werden können: Derzeit keine Ahnung.

Titel: Re: Autoren-Thread: Fastmachine
Beitrag von: McKenzie am 28 November 2007, 23:42:49
Wie ich gerade durch Zufall entdeckt habe, hast du "Detektive" bewertet (wenn auch zu niedrig mit 7 Punkten  :icon_mrgreen:). Trägst du dich auch mit dem Gedanken, den Film zu besprechen? Wäre interessant, noch den Standpunkt von jemandem zu lesen, der hier und da (nicht unbedingt generell) etwas weniger berechenbar ist als ich oder Bretzelburger.

Im übrigen sehr interessant, das du als einer der ganz wenigen Autoren einen frühen DEFA-Film besprochen hast ("Der Rat der Götter"). Ein in der OFDb nahezu unerforschtes Gebiet, in das ich irgendwann im Laufe der nächsten Monate auch einen Abstecher machen möchte. Eigentlich seltsam und schade, das von unserer Dresden-Crew da bisher noch so wenig gekommen ist.  :icon_cool:
Titel: Re: Autoren-Thread: Fastmachine
Beitrag von: Fastmachine am 29 November 2007, 23:20:00
Detektive - auch so ein praktisch im Hintergrundrauschen meines Filmkosmos' untergegangener Film. Da kam die DVD - Edition und die Diskussion hier im Forum gerade recht. Warum nur 7 Punkte? "Nur" klingt bei dir nach Enttäuschung, ist von mir aber nicht so gemeint. Das Problem liegt ja einfach bekanntermaßen darin, dass man schwerlich alle Filme ins selbe Bewertungsschema pressen kann. Trash- und Genrehighlights haben einen großen Spassfaktor, in einem weiteren Rahmen aber werden ihre künstlerischen Grenzen offenbar. In rein historischer Perspektive sehr wichtige Werke sind unter heutigem Blickwinkel nicht ohne weiteres auch unmittelbar 10/10 zu werten.

Hierzu würde ich "Detektive " zählen. Dein Review beschreibt den Film ja sehr schön und ausführlich und leistet die angemessene filmhistorische Begleitinformation. Da hätte ich wirklich nichts auszusetzen oder Wesentliches hinzuzufügen. Dein Einsatz für den Film hat mir jedenfalls den letzten Schubs in Richtung DVD-Kauf gegeben - Arthaus darf dir ruhig Prozente zahlen. ;)

Trotzdem wollte ich, wenn ich ein Review zu schreiben hätte, von dieser filmgeschichtlich erzählenden Perspektive wegkommen. Eher lenkte ich den Blick auf den Zusammenhang von anempfundenen Stilen als Mittel zur Befreiung von geläufigen deutschen Nachkriegskonventionen auf der einen, und dem Bedeutungswandel, den filmische Stilformen beim Import aus den USA und Frankreich nach Deutschland erfahren haben, auf der anderen Seite. Sowohl vom Regisseur gewollte Bedeutungswandel, als auch ungewollte, unterlaufene. Erstere hast du beschrieben, letztere täten mich gerade im Fall von "Detektive" interessieren. Irgendetwas flüstert mir zu, dazwischen liegen Abgründe. Beim (Wieder-)sehen jedenfalls gaben mir einige der angeschlagenen Untertöne zu denken. So, genug, sonst fängt hier schon ein Review an.

Mal vorneweg: "Detektive" ist sicher eine der frühen, interessanten Neubestimmungen des deutschen Films, nachdem sich das Nachkriegskino totgelaufen hatte. Dass die - von uns beiden geschätzte - Wallace-Serie genau in jenen Jahren zerfaserte und beim Publikum verlor, ist sozusagen das spiegelbildliche Symptom.
Trotzdem scheint mir "Detektive" eher noch ein sympathisch-ungeschliffener Versuch zu sein, französische und amerikanische Muster herbeizurufen, als ein wirklich wegweisendes Meisterwerk.
Also: 10/10 behalte ich mir für "Blow Up" vor. (oder aber für wenige, sozusagen persönliche, Geheimfavoriten  :icon_mrgreen:)

Zum "Rat der Götter". Vor längerer Zeit hatte ich ich mir ziemlich viele DEFA-Filme angesehen, teils aus historischem, teils aus allgemeinem Interesse.  Seinerzeit gab es praktisch keine Reviews zu den DEFA-Filmen. Noch heute sind sie eher dünn gesät. Beim "Rat der Götter" war mein Intersse historisch - in diesem Sinne ist der Film ungemein interessant. Künstlerisch ist die merkwürdige Mischform von Spielszenen und Dokumaterial, an den Maßstäben der Entstehungszeit gemessen, gar nicht mal uninteressant konzipiert und umgesetzt. Ansonsten nach heutigen Geschmacksvorstellungen angestaubt, didaktisch überfrachtet und politisch wie aus einer anderen Welt.
Es gibt aber noch mehr als genügend sehr interessante, völlig unbesprochene DEFA-Filme zu würdigen. Nur zu, ich schaff das sicher nicht bei meinem Reviewausstoß.  ;)



Titel: Re: Autoren-Thread: Fastmachine
Beitrag von: McKenzie am 30 November 2007, 18:58:52
Zitat von: Fastmachine am 29 November 2007, 23:20:00
Warum nur 7 Punkte? "Nur" klingt bei dir nach Enttäuschung, ist von mir aber nicht so gemeint. Das Problem liegt ja einfach bekanntermaßen darin, dass man schwerlich alle Filme ins selbe Bewertungsschema pressen kann. Trash- und Genrehighlights haben einen großen Spassfaktor, in einem weiteren Rahmen aber werden ihre künstlerischen Grenzen offenbar. In rein historischer Perspektive sehr wichtige Werke sind unter heutigem Blickwinkel nicht ohne weiteres auch unmittelbar 10/10 zu werten.

Willst du mir ernstlich erzählen, du hättest ein BewertungsSCHEMA?! Das wäre schon enttäuschend bei einer so scharfsinnigen Sicht auf Film an sich!  :icon_confused: ;) Abgesehen davon kann ich auch nicht ganz nachvollziehen, in welche der beiden von dir beschriebenen Kategorien "Detektive" passen soll? Ein Trash- und Genre-Film ist er wohl kaum (Genre-Film - jetzt beiße ich mir wieder in den eigenen Schwanz - eine Bezeichnung, die ich selbst oft verwende obwohl ich das Denken in Genres verabscheue), filmhistorisch besonders wichtig ist er ebenfalls nicht (da gab es in den 5 Jahren vor "Detektive" schon andere Kandidaten in der dt. Filmlandschaft). Und reines Unterhaltungskino ist er schließlich auch nicht?

Zitat von: Fastmachine am 29 November 2007, 23:20:00
Hierzu würde ich "Detektive " zählen. Dein Review beschreibt den Film ja sehr schön und ausführlich und leistet die angemessene filmhistorische Begleitinformation. Da hätte ich wirklich nichts auszusetzen oder Wesentliches hinzuzufügen.

Danke! Ich war mir meiner Sache nicht besonders sicher, habe es aber als schicksalhafte und pointierte Fügung angenommen, das ich mich hinsichtlich dieses Filmes nicht an eine allzu inhalts- und handlungsgebundene Rezension gebunden fühlte. Ich wollte in meinem Review auch die verschiedenen Rezeptionsansätze, Interpretationsmöglichkeiten, filmhistorischen Verweise und all das so weit als möglich außen vor lassen, quasi nicht im Kopf des unvoreingenommenen Lesers "herumspoilern".

Zitat von: Fastmachine am 29 November 2007, 23:20:00
Dein Einsatz für den Film hat mir jedenfalls den letzten Schubs in Richtung DVD-Kauf gegeben - Arthaus darf dir ruhig Prozente zahlen. ;)

Gut zu wissen - das man doch nicht auf ganz verlorenem Posten steht.  :icon_mrgreen:
Jetzt warte (bzw. hoffe) ich noch auf eine Kritik von Mr. Vincent Vega...

Zitat von: Fastmachine am 29 November 2007, 23:20:00
Trotzdem wollte ich, wenn ich ein Review zu schreiben hätte, von dieser filmgeschichtlich erzählenden Perspektive wegkommen.

Ja, das gerade war aber keine Perspektive sondern eher eine Eingebung - wie sonst könnte man die Extravaganz des Films innerhalb der deutschen Filmgeschichte besser veranschaulichen? An filmhistorischen Schlussfolgerungen und Demonstrationen bin ich nur selten sonderlich interessiert, im Gegensatz zu den meisten glaube ich nicht, das sich viele "Stilgeburten" oder "Innovationen" klar auf eine bestimmte Zeit, auf einen bestimmten Regisseur oder ein bestimmtes Land datieren lassen - irgendjemand hat es immer schon früher gemacht und hat dann oft nicht die erforderliche Aufmerksamkeit geerntet. Es ist z. B. sehr interessant, welche obskuren und unbekannten europäischen oder asiatischen Filme zahlreiche, als einflussreich geltende Hollywood-Regisseure als Lieblingsfilme angeben - die dann bei Sichtung durch ihre Modernität und Souveränität überraschen. Daher halte ich es für einen groben Fehler in der filmischen Geschichtsschreibung, das soviele Einflüsse Hollywood zugeschrieben werden - ja, dort wurden zahlreiche Strömungen bekannt gemacht, entstanden sind sie aber meist oder zumindest oft (zügele dich, Mc, zügele dich...) woanders...

Zitat von: Fastmachine am 29 November 2007, 23:20:00
Eher lenkte ich den Blick auf den Zusammenhang von anempfundenen Stilen als Mittel zur Befreiung von geläufigen deutschen Nachkriegskonventionen auf der einen, und dem Bedeutungswandel, den filmische Stilformen beim Import aus den USA und Frankreich nach Deutschland erfahren haben, auf der anderen Seite. Sowohl vom Regisseur gewollte Bedeutungswandel, als auch ungewollte, unterlaufene. Erstere hast du beschrieben, letztere täten mich gerade im Fall von "Detektive" interessieren. Irgendetwas flüstert mir zu, dazwischen liegen Abgründe. Beim (Wieder-)sehen jedenfalls gaben mir einige der angeschlagenen Untertöne zu denken. So, genug, sonst fängt hier schon ein Review an.

Ja, weiter, vielleicht wird es noch fertig!  :icon_mrgreen:
Nun, eben diese zufälligen, positiven "künsterlischen Un- und Zufälle" gehören zu den Dingen, die ich nicht beschreiben wollte und generell nur selten beschreibe obgleich sie mir bewusst sind - hier würde ich mir als Rezensent zuviel Einfluss in die individuelle Rezeption meines Lesers ausbitten und das möchte ich nicht. Niemand soll sich beim Lesen meiner Kritiken in seiner Rezeption bevormundet und - wenn der ihm Film noch nicht bekannt ist - dem Gegenstand der Rezension gegenüber voreingenommen fühlen. Das versuche ich grundsätzlich zu vermeiden - weswegen ich kein Interesse daran hätte, viel von Lynch, Jodorowsky oder Tarkowskij zu besprechen und es als problematisch empfinde, Argento, Antonioni, Rollin oder Sirk zu besprechen. Ach ja...  :icon_rolleyes:
Und was das Erfassen von filmisch-kulturellen Strömungen angeht - siehe oben.  ;)

Zitat von: Fastmachine am 29 November 2007, 23:20:00
Mal vorneweg: "Detektive" ist sicher eine der frühen, interessanten Neubestimmungen des deutschen Films, nachdem sich das Nachkriegskino totgelaufen hatte.

Er war Teil einer Neubestimmung, ja. Letztlich wollte damals jeder in eine andere Richtung, gleichzeit war das Ziel aber mehr oder minder identisch - ähnlich wie bei der Aufspaltung des Christentums.  :icon_lol:Vielleicht noch wichtiger waren z. B. ja Streifen wie die ersten beiden Filme Klaus Lemkes, "48 Stunden bis Acapulco" und "Negresco" oder "Wilder Reiter GmbH", nicht zu vergessen auch die (übrigens wunderbaren) Filme von Will Tremper wie "Die endlose Nacht" oder "Playgirl" (letzteren hat übrigens Bretzelburger gut besprochen).

Zitat von: Fastmachine am 29 November 2007, 23:20:00
Dass die - von uns beiden geschätzte - Wallace-Serie genau in jenen Jahren zerfaserte und beim Publikum verlor, ist sozusagen das spiegelbildliche Symptom.

Schätzt du sie wirklich so sehr?  :icon_cool: Ich habe inzwischen alle Wallace-Reviews von dir gelesen und irgendwie reckt sich da selten etwas über die 5, 6 Punkte hinaus und ich fühlte mich eher an interessiertes Sezieren denn sympathisierendes Nicken erinnert. Vielleicht bin ich auch vorbelastet. Die Edgar Wallace-Filme haben mir die Freude am Kino gezeigt, ich liebe und verehre sie, habe jeden von ihnen zwischen 5 und 20 Mal gesehen, kurz: Ich bete sie an, von ganzem Herzen.  :love: Jeden einzelnen, heute wie gestern, selbst Gurken wie "Der grüne Bogenschütze", "Im Banne des Unheimlichen" oder "Der Bucklige von Soho". Letztlich muss man sie als das sehen, was sie sind - einem Vergleich mit Filmen wie "Blow Up" (weil du ihn gerade anführst) können sie nicht standhalten weil sie einfach ganz anderes ausgerichtet sind. Das gereicht ihnen ja schließlich nicht zwangsläufig zum Nachteil, innerhalb ihres Heimat-Universums besehen, enthält die Wallace-Reihe zahlreiche herausragende Filme - wenn sich die Reihe natürlich auch im Laufe der Jahre (zwischen 1964 und 1966) vom sorgfältig gepflegten A-Film-Territorium zur schluderig durchgefickten (Pardon, das trifft es imo sehr gut) B-Movie-Schiene gewandelt hat. Zwischen der hohen filmischen Qualität eines erhabenen "Die toten Augen von London" und dem nur noch als Trash warnehmbaren Kuriositätenkabinett des 25. Rialto-Films "Der Hund von Blackwood Castle" liegen natürlich Welten.

Hast du dir das Bonusmaterial der DVD schon angesehen? Ich könnte mir beinahe vorstellen das Rudolf Thome die Wallace-Filme den frühen Ergüssen von Alexander Kluge und Volker Schlöndorff vorgezogen hat.  :icon_lol:

Zitat von: Fastmachine am 29 November 2007, 23:20:00
Trotzdem scheint mir "Detektive" eher noch ein sympathisch-ungeschliffener Versuch zu sein, französische und amerikanische Muster herbeizurufen, als ein wirklich wegweisendes Meisterwerk.
Also: 10/10 behalte ich mir für "Blow Up" vor. (oder aber für wenige, sozusagen persönliche, Geheimfavoriten  :icon_mrgreen:)

Nun ja, Punktbewertungen sind natürlich EIGENTLICH sowieso Schall und Rauch.

Trotzdem: (Altklugheit wird mir oft unterstellt, ist aber niemals beabsichtigt!...) Wenn du erst mehr von Thome siehst, wirst du auch "Detektive" neu beurteilen (wie ich ihn auch neu gesehen habe beim zweiten Mal, nur drei Wochen später). Für mich ist er ein durch und durch deutscher Film, die von dir (und auch mir im Review) beschriebenen Einflüsse sind m. E. beinahe rein formaler Natur. Eher eine Übersetzung, Eindeutschung und Abstraktion der besagten "Muster" denn eine Transformierung. Und gerade diesen Film könnte ich mir mit "Feinschliff" nur schwer vorstellen. Er braucht dieses rustikale, spontane und unperfekte Gefühl - andernfalls würde ihm diese unglaubliche Dynamik und Energie fehlen, die mir 9 Punkte gut und gerne wert ist. Und Thome wusste ja trotzdem sehr genau, was er wollte. Hier sind auch seine eigenen Filmkritiken sehr interessant zu lesen. Überhaupt ein sehr interessanter Typ - auf seiner Homepage "teilt" er seinen Alltag mit allen Besuchern...

Zitat von: Fastmachine am 29 November 2007, 23:20:00
Zum "Rat der Götter". Vor längerer Zeit hatte ich ich mir ziemlich viele DEFA-Filme angesehen, teils aus historischem, teils aus allgemeinem Interesse.  Seinerzeit gab es praktisch keine Reviews zu den DEFA-Filmen. Noch heute sind sie eher dünn gesät.
Es gibt aber noch mehr als genügend sehr interessante, völlig unbesprochene DEFA-Filme zu würdigen. Nur zu, ich schaff das sicher nicht bei meinem Reviewausstoß.  ;)

Ja, auf meiner DVD-Wunschliste stehen viele. DEFA-Review braucht die OFDb zweifellos. Ich hatte mich schon einmal an Egon Günthers Beinahe-Meisterwerk "Abschied" (http://www.ofdb.de/view.php?page=film&fid=76002) versucht, ein halbes Jahr nach Sichtung des Films bin ich aber leider nicht mehr imstande, den Text zu vollenden und die frisch erschienene DVD in Vollbild (Originalformat 1:2,35 ) wird mich - nachdem ich den Film (in Anwesenheit des Regisseurs) im Kino sehen konnte, auch nicht mehr dazu verführen. Überhaupt entfalten gerade solche Filme, die man primär aus historischem Interesse ansieht, auf der Leinwand ein ganz neues, zeitloses Leben, das ihnen im Fernsehen oder auf VHS/DVD oft abgeht.

Zitat von: Fastmachine am 29 November 2007, 23:20:00
Nur zu, ich schaff das sicher nicht bei meinem Reviewausstoß.  ;)

:LOL::bawling:

Schreibe ich etwa erkennbar mehr als du?  :icon_sad: Meine Schreibblockade und mein Perfektionsdrang unterjochen mich mehr denn je und wenn ich überhaupt irgend etwas zustande bekomme, dann einmal im Monat. Ähnlich wie du - nur das es dir irgendwie gelingt, einen konstanten Qualitätspegel zu halten...
Titel: Re: Autoren-Thread: Fastmachine
Beitrag von: Fastmachine am 1 Dezember 2007, 00:16:53
 
Zitat von: McKenzie am 30 November 2007, 18:58:52
Willst du mir ernstlich erzählen, du hättest ein BewertungsSCHEMA?!

Ein Mißverständnis deinerseits. Ich wollte damit nicht sagen, ich hätte allen Ernstes ein Schema F, nachdem ich alle Filme rastere und siebe, um sie zu bewerten. Also bitte.

Vielmehr wies ich auf die eigentlich hier oft diskutierte simple Tatsache hin, dass man die Benotungen nicht durchweg nach den gleichen Kriterien vergibt. Sondern, dass verschiedene Filmgruppen in der Regel eine unterschiedlche Herangehensweise erfordern und ebensolche Benotungsverfahren.
Kurz: Will ich etwa Trashfilme gerecht werten oder B-Movies, so nähere ich mich ihnen anders, als meinetwegen einem Stummfilm von 1910 oder einem aktuellen Autorenfilm.
Ich seh schon, das mir manche B-Movie-Genre-Highlights so viel Spass bereiten, wie es solchen Filmen überhaupt möglich ist - und sonst nichts. Also eigentlich erreichen sie alles, was deratige Filme erreichen können. Ich werf aber trotzdem nicht mit 10/10 Noten in diesen Fällen um mich, weil diese Noten anderen Filmen vorbehalten sind. Daher auch keine 10/10 für irgendeinen Edgar-Wallace-Film.


ZitatAbgesehen davon kann ich auch nicht ganz nachvollziehen, in welche der beiden von dir beschriebenen Kategorien "Detektive" passen soll?

Ich sprach von Filmbewertung im Allgemeinen, nicht von "Detektive" im Besonderen. Daher gehen deine folgenden Bemerkungen von einem Mißverständnis aus.



ZitatAn filmhistorischen Schlussfolgerungen und Demonstrationen bin ich nur selten sonderlich interessiert, im Gegensatz zu den meisten glaube ich nicht, das sich viele "Stilgeburten" oder "Innovationen" klar auf eine bestimmte Zeit, auf einen bestimmten Regisseur oder ein bestimmtes Land datieren lassen - irgendjemand hat es immer schon früher gemacht und hat dann oft nicht die erforderliche Aufmerksamkeit geerntet.

An der Übertragung von Stilformen ist sicher nicht das Spiel "Wer war der erste" interessant. Darauf wollte ich nicht hinaus. Mir käme es eher darauf an, warum ein Regisseur wie Thome in einer bestimmten Situation 1968 es für produktiv hielt, sich gewisser Formen zu bedienen und andere zu vermeiden. Kurz, mich interessierte eher die Bedeutung der Stilwahl im jeweiligen Zusammenhang.


ZitatEs ist z. B. sehr interessant, welche obskuren und unbekannten europäischen oder asiatischen Filme zahlreiche, als einflussreich geltende Hollywood-Regisseure als Lieblingsfilme angeben - die dann bei Sichtung durch ihre Modernität und Souveränität überraschen. Daher halte ich es für einen groben Fehler in der filmischen Geschichtsschreibung, das soviele Einflüsse Hollywood zugeschrieben werden - ja, dort wurden zahlreiche Strömungen bekannt gemacht, entstanden sind sie aber meist oder zumindest oft (...) woanders.

Vielleicht solltest du die Aufnahmebereitschaft Hollywoods für Einflüsse aller Art und das Abschöpfen unterschiedlichster Quellen mal nicht nur als Ärgernis empfinden, sondern als Stärke. Wir nehmen alle nur die Enden der Fäden auf, die andere hinterlassen haben, fügen unser paar Knoten im Geflecht hinzu und geben dann nichts als neue lose Enden weiter.


Zitat(zügele dich, Mc, zügele dich...)

:LOL:
Also Thome kannst du nun schwerlich als Kronzeugen gegen Hollywood vorführen, denn der hat ein ganz entspanntes Verhältnis zum amerikanischen Mainstream.


ZitatNun, eben diese zufälligen, positiven "künsterlischen Un- und Zufälle" gehören zu den Dingen, die ich nicht beschreiben wollte und generell nur selten beschreibe obgleich sie mir bewusst sind -

Oh, da liegt aber der sprichwörtliche Kern des Pudels, im Kenntlichmachen des ganz und gar Unzufälligen des vermeintlich Zufälligen in Filmen.

Zitat... hier würde ich mir als Rezensent zuviel Einfluss in die individuelle Rezeption meines Lesers ausbitten und das möchte ich nicht. Niemand soll sich beim Lesen meiner Kritiken in seiner Rezeption bevormundet und - wenn der ihm Film noch nicht bekannt ist - dem Gegenstand der Rezension gegenüber voreingenommen fühlen.

z.B. Hollywood ;)  :king:


ZitatSchätzt du sie wirklich so sehr?  :icon_cool: Ich habe inzwischen alle Wallace-Reviews von dir gelesen und irgendwie reckt sich da selten etwas über die 5, 6 Punkte hinaus und ich fühlte mich eher an interessiertes Sezieren denn sympathisierendes Nicken erinnert.

Doch ja, ich mag die Wallace Serie. Allerdings sehe ich sie als Stilphänomen im B-Filmbereich - und selbst die besten Filme verdienen meiner Meinung also nicht mehr als 8/10. Von da aus wird dann nach unten abgestuft. 7/10 oder 6/10 sind also nach meinen Wallace-Maßstäben durchaus akzeptable Filme. Aber es bleibt dabei: Selbst "Die toten Augen von London" sind, gemessen an den wirklichen künstlerischen Großtaten der Sechzigerjahre, dann doch eindimensional. Ich habe bewußt auch schwächere und unbekantere Wallace Filme besprochen, um das ganze Spektrum einmal zu durchschreiten.
 
ZitatDie Edgar Wallace-Filme haben mir die Freude am Kino gezeigt, ich liebe und verehre sie, habe jeden von ihnen zwischen 5 und 20 Mal gesehen, kurz: Ich bete sie an, von ganzem Herzen.  :love: Jeden einzelnen, heute wie gestern, selbst Gurken wie "Der grüne Bogenschütze", "Im Banne des Unheimlichen" oder "Der Bucklige von Soho".

Wer bin ich, dass ich Liebenden mit Vernunft käme ?  :icon_lol:
Im Ernst, ich liebe sie auch, aber nach langjähriger Wahrnehmungsehe dann doch auch realistischer. 

ZitatZwischen der hohen filmischen Qualität eines erhabenen "Die toten Augen von London" und dem nur noch als Trash warnehmbaren Kuriositätenkabinett des 25. Rialto-Films "Der Hund von Blackwood Castle" liegen natürlich Welten.

Ich mag den "Hund von Blackwood Castle"  :king:

ZitatHast du dir das Bonusmaterial der DVD schon angesehen? Ich könnte mir beinahe vorstellen das Rudolf Thome die Wallace-Filme den frühen Ergüssen von Alexander Kluge und Volker Schlöndorff vorgezogen hat.  :icon_lol:

Habe ich gesehen. Die Interviews sind interessant. Thome ist heute ein netter älterer Herr, der sich zu seiner Liebe bekennt, dem Erz-Hollywood-Mainstream-Filmemacher Howard Hawks.  ;) :icon_mrgreen:
Aber Wallace - nein das hätte er 1968 gewiss nicht gemocht. Genau davon wollte man sich in München 1968 absetzten. Jede Jugendrevolte hasst den Geschmack der unmittelbar vorangegangenen Generation.
/fragwürdige Theorie

Titel: Re: Autoren-Thread: Fastmachine
Beitrag von: Mr. Vincent Vega am 15 Januar 2008, 01:13:18
Meinen aufrichtigen, uneingeschränkten Respekt für deine Besprechung zu ONCE UPON A TIME IN AMERICA, der mit Abstand besten Kritik in der ofdb und nach Andreas Thomas' Text in der filmzentrale auch der vielleicht beste, den ich bislang zum Film gelesen habe. Wie du letztlich auf diese 6/10 kommst, erkläre ich mir auch nur mit einer gewissen Ehrfurcht, aus Rezeptions- und Filmgeschichte herrührend, der Text nämlich liest sich wie ein lupenreiner Verriss. Dazu gehört ja fast schon Mut, möchte man meinen, so wie dieses – von dir dankenswert und von mir ausnahmslos zustimmend genannte – Pseudoepos ,,alle Anzeichen monumentalen Anspruchs vor sich herschiebt" und damit irgendwie den Rang eines Klassikers erreicht hat. Wie ich hier schon bis zum Erbrechen (und als Einzelkämpfer auftretend) dargelegt habe, halte ich Leones Film für die denkwürdigste Form an filmischem Frauenhass. Du hältst dich da irgendwie bedeckt. Indem du Leones und Noodles' Sicht als identisch ausweist (etwas, das ich unterschreiben würde), fütterst und bestätigt du den Misogynie-Vorwurf, gleichzeitig sprichst du von einer ,,Erinnerungsmonomanie", was mir nicht ganz deutlich erscheint. Meint das: Leones weiß es nicht besser, der alte Sack, und deshalb kann man's ihm nicht verübeln? Bitte um Aufklärung.

Für mich jedenfalls ist AMERICA in seiner ekelhaften Altmännerinszenierung, dieser völlig überholten, unreflektierten Ursicht auf alles, diesem berstenden Chauvinismus fast unerträglich, wenngleich ich seine Perfektion in der Montage und manch inszenatorisches Kabinettstückchen respektiere. Dennoch ist er als episches großes ganzes ein Scheiterhaufen, ein letztlich kleiner Film, der gerne groß wäre, wie du deutlich aufzeugst. Eine wirklich begnadete Analyse, unaufdringlich, wahrhaftig, verständlich, einfach und doch komplex, wohl bedacht, gut geschrieben und endlich, endlich mal richtig.
Titel: Re: Autoren-Thread: Fastmachine
Beitrag von: McKenzie am 15 Januar 2008, 02:06:03
@ Mr. Vincent Vega:

Im April ist es endlich soweit und dein Hassobjekt wird in einem örtlichen Kino gezeigt. Ich werde mich dann selbstverständlich in deinem Thread (und möglicherweise auch hier) blicken lassen und meinen unreflektiert-bewundernden (hoffentlich) Senf dazu geben. Bis dahin hätte ich aber wirklich gerne eine Besprechung von dir und damit argumentative Grundlagen für deine extremen Thesen in der Hand.  ;)

@ Fastmachine:

Wie ich kürzlich anderorts verlautbaren ließ, hat Hollywood mich derzeit unter Beschlag, wenn auch vor allem das "alte" Hollywood, das mir in den letzten Wochen einen Freudentaumel nach dem anderen beschert hat. Durch das Nachobenschieben deines Threads ist mir aufgefallen, das ich zum einen vergessen habe, auf dein letztes Posting zu antworten, zum anderen diese Diskussion gerade jetzt wieder besonders interessant für mich ist. (Dein "Once upon a time in America"-Review lese ich erst nach Sichtung des Films).

Zitat von: Fastmachine am  1 Dezember 2007, 00:16:53
Ein Mißverständnis deinerseits. Ich wollte damit nicht sagen, ich hätte allen Ernstes ein Schema F, nachdem ich alle Filme rastere und siebe, um sie zu bewerten. Also bitte.

Ich bitte um Entschuldigung. Solcherlei Missverständnisse entstehen bei dieser Art der Kommunikation eben doch zu leicht, besonders wenn man mit Hitzköpfen wie mir diskutiert.  ;)

Zitat von: Fastmachine am  1 Dezember 2007, 00:16:53
Vielmehr wies ich auf die eigentlich hier oft diskutierte simple Tatsache hin, dass man die Benotungen nicht durchweg nach den gleichen Kriterien vergibt. Sondern, dass verschiedene Filmgruppen in der Regel eine unterschiedlche Herangehensweise erfordern und ebensolche Benotungsverfahren.

Damit gehe ich vollkommen konform, auch wenn ich es in der Praxis anders umsetze als du. Viele haben den Grundsatz, jeden Film, den sie sehen, mit allen bisher gesehenen zu vergleichen und an ihnen zu messen - das halte ich für problematisch weil somit impliziert wird, das eine objektive Sortierung der unterschiedlichen Maßstäbe, die sich ein Filmemacher selbst setzt, möglich wäre - letztlich regiert aber in dieser Art der Rezeption / Wertung - ebenso wie in allen anderen - der persönliche Geschmack.

Zitat von: Fastmachine am  1 Dezember 2007, 00:16:53
Kurz: Will ich etwa Trashfilme gerecht werten oder B-Movies, so nähere ich mich ihnen anders, als meinetwegen einem Stummfilm von 1910 oder einem aktuellen Autorenfilm.

Hier stößt man aber wiederum an gewisse Grenzen. So erwartete ich z. B. von Jess Francos (ein dir sicherlich geläufiger Name) "Eugenie de Sade" eine anständige Edel-Trash-Granate, also das was man von diesem Regisseur gemeinhin im Bestfall erwartet. Das der Film sich schlussendlich als ein ernsthaft großartiges, anspruchsvolles und souveränes Filmkunstwerk (*Gähn* ein adäquateres und weniger vorbelastetes Wort wäre vonnöten) entpuppte war lediglich möglich, weil ich persönlich mir nie fest in den Kopf setzen würde, einen Film nach seinem Ursprung zu beurteilen, auch wenn es sich anbietet (auch bei Mainstream-Filmen nicht). Das ist jetzt keine Unterstellung an dich sondern nur ein Beispiel dafür, das solche Eingrenzungen zwar zur Orientierung im Gespräch darüber nützlich sein können, grundsätzlich aber mit äußerster Vorsicht zu genießen und nie vollkommen ernst zu nehmen sind. Aber das hier zu schreiben, ist wahrscheinlich ohnehin müßig.  :icon_cool:

Zitat von: Fastmachine am  1 Dezember 2007, 00:16:53
Ich seh schon, das mir manche B-Movie-Genre-Highlights so viel Spass bereiten, wie es solchen Filmen überhaupt möglich ist - und sonst nichts. Also eigentlich erreichen sie alles, was deratige Filme erreichen können. Ich werf aber trotzdem nicht mit 10/10 Noten in diesen Fällen um mich, weil diese Noten anderen Filmen vorbehalten sind. Daher auch keine 10/10 für irgendeinen Edgar-Wallace-Film.

Das meinte ich eben auch - man muss dem Film immer die Chance geben, sich zu bewähren und evtl. mehr sein zu dürfen als nur ein "B-Movie". Das trifft bei den Edgar Wallace-Filmen natürlich nur äußerst bedingt zu, sorgt aber sonst immer wieder für Überraschungen (zumindest bei mir).

Zitat von: Fastmachine am  1 Dezember 2007, 00:16:53
An der Übertragung von Stilformen ist sicher nicht das Spiel "Wer war der erste" interessant. Darauf wollte ich nicht hinaus. Mir käme es eher darauf an, warum ein Regisseur wie Thome in einer bestimmten Situation 1968 es für produktiv hielt, sich gewisser Formen zu bedienen und andere zu vermeiden. Kurz, mich interessierte eher die Bedeutung der Stilwahl im jeweiligen Zusammenhang.

Das ist richtig und vollkommen korrekt (eine Suche nach filmhistorischen Ursprüngen dürfte wohl nie eindeutig befriedigende Ergebnisse hervorbringen - "Cabiria" gilt als erster Monumentalfilm der Filmgeschichte - aber wie können wir das wissen, gelten doch etwa 75 - 80 % aller Stummfilme als verschollen?), es kam mir nur so vor, als wären solche filmhistorischen Einordnungen (und auch Wertungen) für dich ein durchaus bedeutender Faktor bei der Bewertung von Filmen.

Abgesehen davon hast du natürlich recht hinsichtlich "Detektive", als Gesamtwerk finde ich den Film (der sicherlich eine Fingerübung für mehr ist) jedoch durchaus schlüssig und "vollkommen", daher.

Zitat von: Fastmachine am  1 Dezember 2007, 00:16:53
Vielleicht solltest du die Aufnahmebereitschaft Hollywoods für Einflüsse aller Art und das Abschöpfen unterschiedlichster Quellen mal nicht nur als Ärgernis empfinden, sondern als Stärke. Wir nehmen alle nur die Enden der Fäden auf, die andere hinterlassen haben, fügen unser paar Knoten im Geflecht hinzu und geben dann nichts als neue lose Enden weiter.

Auch das ist weitgehend richtig, zwischen Inspiration und Plagiat ist die Kluft aber dennoch ziemlich groß was Hollywood aber offenbar noch nie sonderlich geschert hat. Schon in ihren Anfängen war die Traumfabrik somit mehr oder minder eine Ellenbogen-Gesellschaft im Taschenformat. Das ist es, was mich häufig ärgert, auch wenn ich hier nicht Funken versprühen brauche - mit dem Hollywood-Kino bis etwa 2000 habe ich meinen Frieden inzwischen weitgehend gemacht und selbst aktuell fühle ich mich angesichts diverser hoher Wertungen für Neustarts der Major leicht infiltriert.  :icon_mrgreen:

Zitat von: Fastmachine am  1 Dezember 2007, 00:16:53
:LOL:
Also Thome kannst du nun schwerlich als Kronzeugen gegen Hollywood vorführen, denn der hat ein ganz entspanntes Verhältnis zum amerikanischen Mainstream.

Da ich das besagte Interview und auch einen Audiokommentar mit ihm schon kenne, war mir das schon klar. Habe mich wohl falsch ausgedrückt. Komischerweise finde ich es immer sympathisch, wenn renommierte "Autorenfilmer" eine Vorliebe für Hollywood haben - vielleicht, weil es ihnen sogleich eine gewisse Abmilderung eventuellen prätentiösen Beigeschmacks verschafft.

Zitat von: Fastmachine am  1 Dezember 2007, 00:16:53
Oh, da liegt aber der sprichwörtliche Kern des Pudels, im Kenntlichmachen des ganz und gar Unzufälligen des vermeintlich Zufälligen in Filmen.

Ja, natürlich! Doch gerade hier fühle ich mich als "Kritiker" verantwortlich gegenüber der potentiellen Leserschaft - ich bin nicht ihr Lehrer und der Film nicht ihr Studienobjekt, auch wenn man beim "rezensieren" leicht dazu tendiert, dieses unsichtbare System zu bedienen. (Siehe dazu auch Thomes neuesten Kinofilm: "Das Sichtbare und das Unsichtbare"  :icon_lol:). Das macht einen Gutteil der Gratwanderung aus, dieses Unsichtbare nicht ZU sichtbar zu machen und das Sichtbare nicht ZU unsichtbar. Kein Wunder wenn einem da der Appetit aufs Review schreiben vergeht...

(Übrigens war ich letztens doch ein wenig enttäuscht von deinem "Showgirls"-Review weil du dieser Maxime dort nicht so sehr entsprochen hast, meiner Meinung nach.)

Zitat von: Fastmachine am  1 Dezember 2007, 00:16:53
z.B. Hollywood ;)  :king:

Ja, natürlich!  :icon_razz:  :icon_mrgreen: Selbst Minuten vor Beginn der Projektion kann ich noch im Saal sitzen, bis zum Anschlag voll von Vorurteilen (gilt auch für viele Arthouse-Filme) doch sobald das Licht aus und der Vorhang auf geht macht es "Klick" und all das ist von der internen Festplatte gelöscht und die Neuformatierung beginnt. Daher bin ich an z. B. "Invasion" möglicherweise sogar unvoreingenommener und aufgeschlossener herangetreten als ein sonst eher Hollywood-affiner Kritiker wie Mr. Vincent Vega.

Das ist leider wohl nicht glaubwürdig genug, denn sobald ich einen Film wirklich so schlecht fand wie ich es mir vor der Sichtung "vorgenommen" hatte, hagelt es meist bösartige Unterstellungen.  :icon_redface:

Zitat von: Fastmachine am  1 Dezember 2007, 00:16:53
Doch ja, ich mag die Wallace Serie. Allerdings sehe ich sie als Stilphänomen im B-Filmbereich - und selbst die besten Filme verdienen meiner Meinung also nicht mehr als 8/10. Von da aus wird dann nach unten abgestuft. 7/10 oder 6/10 sind also nach meinen Wallace-Maßstäben durchaus akzeptable Filme. Aber es bleibt dabei: Selbst "Die toten Augen von London" sind, gemessen an den wirklichen künstlerischen Großtaten der Sechzigerjahre, dann doch eindimensional. Ich habe bewußt auch schwächere und unbekantere Wallace Filme besprochen, um das ganze Spektrum einmal zu durchschreiten.

Zitat von: Fastmachine am  1 Dezember 2007, 00:16:53
Wer bin ich, dass ich Liebenden mit Vernunft käme ?  :icon_lol:
Im Ernst, ich liebe sie auch, aber nach langjähriger Wahrnehmungsehe dann doch auch realistischer. 

Okay, lassen wir das, auf meine Geliebten lasse ich dann doch nicht soviel kommen.  :icon_lol:
Allerdings muss ich an dieser Stelle noch einwenden, das die Wallace-Filme sporadisch (zwischen 1961 ud 1965) durchaus als deutsche A-Movies bezeichnet werden können, nur davor und erst danach stellte sich all das ein, was den "Vorwurf" des B-Charakters berechtigt.
(Empfehlenswerte Lektüre ist hierbei Joachim Kramps "Hallo - Hier spricht Edgar Wallace")

Zitat von: Fastmachine am  1 Dezember 2007, 00:16:53
Ich mag den "Hund von Blackwood Castle"  :king:

Ich auch, aber nur als reinen, niedlichen Trash.  :icon_cool:

@ Mr. Vincent Vega:

Was hältst du eigentlich von meinen "Geliebten"?  :icon_lol:

Zitat von: Fastmachine am  1 Dezember 2007, 00:16:53
Habe ich gesehen. Die Interviews sind interessant. Thome ist heute ein netter älterer Herr, der sich zu seiner Liebe bekennt, dem Erz-Hollywood-Mainstream-Filmemacher Howard Hawks.  ;) :icon_mrgreen:

Und recht hat er, Howard Hawks ist schließlich auch toll, oder nicht?  ;) Was mir Respekt einflößt ist der Fakt, das der nette ältere Herr es irgendwie immer noch schafft, pro Jahr einen Film auf hohem Produktionsniveau zu drehen - und das diese Filme nicht unter dem häufigen Symptom der Altersseligkeit leiden.

Zitat von: Fastmachine am  1 Dezember 2007, 00:16:53
Aber Wallace - nein das hätte er 1968 gewiss nicht gemocht. Genau davon wollte man sich in München 1968 absetzten. Jede Jugendrevolte hasst den Geschmack der unmittelbar vorangegangenen Generation.
/fragwürdige Theorie

Gemocht nicht unbedingt, sie waren ihm vermutlich eher egal - allerdings entsprachen sie vielleicht auch nicht gerade seinem cineastischen Feinbild, trotz seiner Vorliebe für Godard (die allerdings, das betonte er auf dem Münchner Filmfest im Sommer 2007, nach "Weekend" tendenziell endete - sehr nachvollziehbar).
Titel: Re: Autoren-Thread: Fastmachine
Beitrag von: Mr. Vincent Vega am 15 Januar 2008, 02:15:05
Zitat von: McKenzie am 15 Januar 2008, 02:06:03
@ Mr. Vincent Vega:

Was hältst du eigentlich von meinen "Geliebten"?  :icon_lol:

Ich weiß ehrlich gesagt nicht, was du meinst. Muss ich mir dazu das gesamte Posting durchlesen? :icon_lol:

Ein Review zu AMERICA wird von mir nicht kommen. Zum einen, weil von Herrn Thomas bereits alles gesagt wurde, zum anderen, weil ich mir diesen vierstündigen Schinken nicht noch einmal ansehen will (*sinnlos zu meiner DVD blick*).
Titel: Re: Autoren-Thread: Fastmachine
Beitrag von: psychopaul am 15 Januar 2008, 02:18:48
ZitatSelbst Minuten vor Beginn der Projektion kann ich noch im Saal sitzen, bis zum Anschlag voll von Vorurteilen (gilt auch für viele Arthouse-Filme) doch sobald das Licht aus und der Vorhang auf geht macht es "Klick" und all das ist von der internen Festplatte gelöscht und die Neuformatierung beginnt.

Sehr schön gesagt.  :respekt:
Deshalb wundert es mich auch, dass es bei Herr der Ringe nicht Klick gemacht hat und du davon verzaubert und mitgerissen wurdest.  ;)


(Meine America DVD feiert jetzt übrigens auch schon bald ihr 5jähriges Not seen yet Jubiläum...)
Titel: Re: Autoren-Thread: Fastmachine
Beitrag von: McKenzie am 15 Januar 2008, 03:02:00
Zitat von: Bettwurst am 15 Januar 2008, 02:18:48
Deshalb wundert es mich auch, dass es bei Herr der Ringe nicht Klick gemacht hat und du davon verzaubert und mitgerissen wurdest.  ;)

Als ich die im Kino gesehen habe, hatte ich eigentlich noch gar keine Hollywood-Vorurteile und ich freute mich auf die Filme, das muss es wohl gewesen sein, es konnte gar nicht mehr "Klick" machen.  :LOL:
Titel: Re: Autoren-Thread: Fastmachine
Beitrag von: Fastmachine am 15 Januar 2008, 22:48:50
Zitat von: Mr. Vincent Vega am 15 Januar 2008, 01:13:18
Du hältst dich da irgendwie bedeckt. Indem du Leones und Noodles' Sicht als identisch ausweist (etwas, das ich unterschreiben würde), fütterst und bestätigt du den Misogynie-Vorwurf, gleichzeitig sprichst du von einer ,,Erinnerungsmonomanie", was mir nicht ganz deutlich erscheint. Meint das: Leones weiß es nicht besser, der alte Sack, und deshalb kann man's ihm nicht verübeln? Bitte um Aufklärung.

Dank zunächst mal für das überschwängliche Lob, das mich ehrlich überrascht hat, da mein Review ja keinen aktuellen Anlass hatte und die Debatten über den Film hier schon länger zurückliegen. Aber offensichtlich ist die Misogynie-Debatte noch virulent, und ich will mich keineswegs drücken.

Warum ist mein Review in der Gewichtung also so, wie es ist? Hm. Müßte ich selbst mal auseinander pflücken. Etwa so: Schon seit langem hatte ich einige Beobachtungen im Werk Sergio Leones gemacht und auch in "Es war einmal in Amerika" im Speziellen. Da es zu diesem Film aber schon eine ganze Reihe guter Reviews gab, die den Aufbau des Films analysierten, sah ich keinen unmittelbaren Anlass, ein Review zu schreiben, obwohl eben mein Eindruck vom Film ein ganz anderer war, als in den Reviews mit den 9/10 und 10/10 Noten.
Die ganze leidenschaftliche Misogynie-Debatte hier im Forum hat sicher auch mich beeinflußt, da sie meine Aufmerksamkeit für dieses Element deutlich geschärft hat. Das Review von A.Thomas weniger, ich habe es erst kurz vor Vollendung meines Reviews wahrgenommen. Zweifellos stellt es aber die am präzisesten argumentierende Kritik an diesem traurigen Teil von Leones Werk dar. Da hätte ich nichts hinzuzufügen, da wollte ich auch nichts hinzufügen.

Trotzdem argumentiert es sehr einseitig auf dieses Element bezogen, das ich für ein abgeleitetes Phänomen eines anderswo liegenden Problems von Leones kreativer Persönlichkeit halte. Ich wollte also weniger die Misogynie ausführlich beschreiben, sondern die Frage stellen, woher die Haltungen, die eine solche Misogynie hervorrufen, kommen, und wie sie sich in der Wahl von Leones gestalterischen Mitteln äußern.

Mir geht es also um die Quellen von Leones Kreativität. Da ich auch kein Psychologe vom Fach bin, versuche ich das Ganze mit den mir zur Verfügung stehenden Mitteln halbwegs deutlich zu machen.

Mir fiel einfach auf, dass es in praktisch jedem Leone Film Gewalt gegen Kinder gibt oder aber, Kinder Zeugen von Gewalttaten werden. Punkt eins. Ferner fiel mir eben auf, dass die Vergangenheit, bzw. die Erinnerung daran, zunehmend bestimmenden Einfluss auf das Leben und Denken der Figuren in seinen Filmen bekommt. Mehr noch, die Erzählstruktur, die ganze Inszenierung wird zunehmend darauf ausgerichtet.

Meine streng unwissenschaftliche Meinung dazu lautet, dass diese beiden Vorgänge traumatischen Charakter haben und auf wie auch immer geartete kindliche bzw. jugendliche Prägungen bei Leone zurückgehen.
Nun geht es ja nicht um Leones Psyche, sondern um seine Filme. Also schien mir der Zusammenhang zwischen einem Trauma und dessen inhaltlichen und formalen Folgen für die künstlerische Gestaltung besonders wichtig.
Soweit mir bekannt, wird die sexuelle Identität oder meinetwegen der sexuelle Habitus durch kindliche und pubertäre Prägungen festgelegt und ist nach Abschluss der Pubertät kaum oder gar nicht mehr zu verändern. Also ist der von Noodles/Leone im erwachsenen Alter eingenommene misogyne Habitus nur die Ausformung von etwas früher Angelegtem. Sicher könnte man auch durch die ausführliche inhaltliche Analyse der Mysogynie, etwa in den Vergewaltigungsszenen, zu weiterführenden Schlüssen kommen, das ist mir schon bewußt. Ich habe mich dem Komplex einfach von anderer Seite und mit anderer Blickrichtung genähert.

Daher auch mein Wort von der "Erinnerungsmonomanie". Es soll den traumatischen Charakter der verschachtelten Zeit- und Erinnerungsstruktur von Leones Filmen charakterisieren. Es interessierte mich, welches Trauma Leone antreibt und wie er es künstlerisch verwaltet. Da war die Misogynie nur einer von mehreren Aspekten.

Und um Missverständnisse zu vermeiden: Ich will Leone nicht zum gestörten Psychopathen erklären, wie mir überhaupt der medizinische Aspekt, wie auch der persönlich-biografische eher nebensächlich ist. Es ging mir darum, wie gerade seine traumatischen Motive unter bestimmten Bedingungen in den sechziger Jahren zu künstlerischen Höchstleistungen führen konnten, aber in den achtziger Jahren künstlerisch destruktiv wirksam wurden.

Und ganz banal, sollte das Review auch nicht ausufern, so dass ich die inhaltlichen (misogynen) Details zugunsten eines deutlicher erkennbaren Argumentationsweges in den Hintergrund rückte. Ich sehe Sie aber durchaus.

Aufklärung genug? 

@McKenzie: Antwort kommt später in eigenem Posting

           
 
Titel: Re: Autoren-Thread: Fastmachine
Beitrag von: Chili Palmer am 16 Januar 2008, 00:12:55

Erstmal: Nette Signatur.

Dann: Tolles "Ijon-Tichy"-Review.  :respekt:

Und: Ich verstehe deine Interpretation von "America" dahingehend, dass Leone mit seinen vorangegangenen Werken ein interessanter Fall zu sein schien, sich mit "Once..." dann aber dermaßen auf der Psychocouch ausstreckte und alles von der Seele plauderte, dass nur ein trauriger Fall übrig blieb. Moral von der Geschichte: Persönliche Traumata und damit einhergehenden künstlerischen Wahnsinn nur sparsam im eigenen Oeuvre einsetzen.
Ein wenig erinnerte mich dein Review übrigens an den Film selbst, da es die sehr guten Grundideen so geballt ansprach, wiederholte, ausdehnte. Da hatte ich zwischendurch das Gefühl, schon 500-mal von Monomanie oder vergifteter Kreativität gelesen zu haben. Ist höchstwahrscheinlich Quatsch meinerseits, aber falls so ein Effekt gewünscht war, ist es wirklich kongenial.

Habe auf jeden Fall wieder Lust bekommen, den Film zu sehen. Sowieso erst einmal gesehen, und das ist auch schon ein paar kalte Winter her.

Darf man so etwas überhaupt in einem Filmforum laut aussprechen, bzw. hinschreiben?
Titel: Re: Autoren-Thread: Fastmachine
Beitrag von: Fastmachine am 16 Januar 2008, 01:32:39
Zitat von: Chili Palmer am 16 Januar 2008, 00:12:55

Erstmal: Nette Signatur.

Dann: Tolles "Ijon-Tichy"-Review.  :respekt:

Vielen Dank.  :icon_razz: Ich war wirklich verblüfft, dass diese Serie hier so unbeachtet blieb. Gut, Bretzelburger beklagt häufig die mangenlnde Reviewfreude im Klassikerbereich, aber der aktuelle Sektor wird doch einigermaßen erfasst. Diesmal habe ich mich gewundert, dass von den vielen Freunden des phantastischen Films hier nicht einer dieser Miniserie Beachtung schenkte. Immerhin, eine der raren Verfilmungen nach Stanislaw Lem. Immerhin, eine deutsche Produktion im SF-Bereich, auch eine absolute Ausnahme. Wie viele derartige deutsche SF-Serien gibt es überhaupt? Und, das "immerhin" Nr.3, ein Regisseur mit einem unkonventionellen Ansatz.
Aber Schweigen. Kein Veriss, kein gleichgültiges Zucken, kein Lob für die Tichy-Serie. Hmmm.


ZitatUnd: Ich verstehe deine Interpretation von "America" dahingehend, dass Leone mit seinen vorangegangenen Werken ein interessanter Fall zu sein schien, sich mit "Once..." dann aber dermaßen auf der Psychocouch ausstreckte und alles von der Seele plauderte, dass nur ein trauriger Fall übrig blieb. Moral von der Geschichte: Persönliche Traumata und damit einhergehenden künstlerischen Wahnsinn nur sparsam im eigenen Oeuvre einsetzen.

Ja. Sparsam und gezielt oder intuitiv in den Bereichen, wo sie wirklich produktive Kräfte entfalten können.

ZitatEin wenig erinnerte mich dein Review übrigens an den Film selbst, da es die sehr guten Grundideen so geballt ansprach, wiederholte, ausdehnte. Da hatte ich zwischendurch das Gefühl, schon 500-mal von Monomanie oder vergifteter Kreativität gelesen zu haben. Ist höchstwahrscheinlich Quatsch meinerseits, aber falls so ein Effekt gewünscht war, ist es wirklich kongenial.

Kapitulation. :icon_mrgreen:
Erklärung 1: Leones Film erzeugte bei mir ein induziertes Trauma, so dass mein Review zum unfreiwillgen Zeugnis dessen wurde, was es kritisierte. Geschieht mir recht. Ich hätte eben vorher die Alutüte auf den Kopf setzen sollen, bevor ich mir den Leone gab. :wallbash:

Erklärung 2: Resultiert aus der Entstehung des Reviews. Ich notierte immer wieder einzelne Stichpunkte oder Formulierungen, die mir einfielen, um die Beobachtungen zu fassen. Dabei habe ich mich wohl im Laufe der Zeit immer wieder im Orbit um dieselben Probleme befunden und versucht, sie sprachlich zu packen. Als es schließlich um die Abfassung des Textes ging, griff ich zu wahllos nach den notierten Formulierungen, wenn sie mir gefielen.

Erklärung 3: Wenn man eine abweichende Meinung vertritt, hat man oft die Befürchtung, nicht deutlich genug in der Begründung zu sein. Vielleicht wirkte bei mir da die Diskussion um Bretzelburgers Nebelkritik nach und ich tat zuviel des Guten.
Sobald ich etwas Distanz zum eigenen Text habe, werde ich ihn entwässern und entgiften.
Danke für den Hinweis.
 
ZitatHabe auf jeden Fall wieder Lust bekommen, den Film zu sehen.

Na hoffentlich steigt Dir Mr.VV nicht nachts in die Wohnung und redet ein ernstes Wort in Sachen Leone mit Dir.  ;)

ZitatSowieso erst einmal gesehen, und das ist auch schon ein paar kalte Winter her.

Darf man so etwas überhaupt in einem Filmforum laut aussprechen, bzw. hinschreiben?

In Sachen behaupteter filmhistorischer Allwissenheit sind Filmforen, ach, Du weißt es... :LOL:
Titel: Re: Autoren-Thread: Fastmachine
Beitrag von: Chili Palmer am 16 Januar 2008, 02:08:53
Zitat von: Fastmachine am 16 Januar 2008, 01:32:39
Vielen Dank.  :icon_razz: Ich war wirklich verblüfft, dass diese Serie hier so unbeachtet blieb. Gut, Bretzelburger beklagt häufig die mangenlnde Reviewfreude im Klassikerbereich, aber der aktuelle Sektor wird doch einigermaßen erfasst. Diesmal habe ich mich gewundert, dass von den vielen Freunden des phantastischen Films hier nicht einer dieser Miniserie Beachtung schenkte. Immerhin, eine der raren Verfilmungen nach Stanislaw Lem. Immerhin, eine deutsche Produktion im SF-Bereich, auch eine absolute Ausnahme. Wie viele derartige deutsche SF-Serien gibt es überhaupt? Und, das "immerhin" Nr.3, ein Regisseur mit einem unkonventionellen Ansatz.
Aber Schweigen. Kein Veriss, kein gleichgültiges Zucken, kein Lob für die Tichy-Serie. Hmmm.

Hatte mich auch sehr gewundert, zumal die Serie, wie du schon erwähntest, alle hier im Forum beliebten Merkmale der Trashigkeit erfüllt.
Zumindest vordergründig, denn ich gehe da mit dir konform, dass Jahn den Trash bewusst als Instrument einsetzt.

Ich weiß, du hörst es nicht gerne, aber damit bist und bleibst du einmal mehr meine verlässliche Anlaufstelle zum Thema "Science-Fiction". Da kannst du zappeln, wie du willst, diese Schublade mache ich immer wieder gerne auf.  ;)

Zitat von: Fastmachine am 16 Januar 2008, 01:32:39
Erklärung 3: Wenn man eine abweichende Meinung vertritt, hat man oft die Befürchtung, nicht deutlich genug in der Begründung zu sein. Vielleicht wirkte bei mir da die Diskussion um Bretzelburgers Nebelkritik nach und ich tat zuviel des Guten.
Sobald ich etwas Distanz zum eigenen Text habe, werde ich ihn entwässern und entgiften.
Danke für den Hinweis.

War mir halt nicht sicher, aber eine Entgiftung kann bestimmt nicht schaden.  ;)

Darabonts Film ist für mich mittlerweile fast schon Pflicht. Hat Bretzel mehr im Nebel gesehen, als tatsächlich da war?  :icon_mrgreen:

Zitat von: Fastmachine am 16 Januar 2008, 01:32:39
Na hoffentlich steigt Dir Mr.VV nicht nachts in die Wohnung und redet ein ernstes Wort in Sachen Leone mit Dir.  ;)

Wenn der wirklich seinen angekündigten Burton-Run durchzieht, wird dieser wohl dahingehend Spuren hinterlassen, dass man Vega schon von weitem beim Wohnungseinstiegsversuch erkennen kann:

(http://img210.imageshack.us/img210/8576/klettermaxezy9.jpg)

Zitat von: Fastmachine am 16 Januar 2008, 01:32:39
In Sachen behaupteter filmhistorischer Allwissenheit sind Filmforen, ach, Du weißt es... :LOL:

:icon_lol:
Titel: Re: Autoren-Thread: Fastmachine
Beitrag von: Mr. Vincent Vega am 16 Januar 2008, 02:30:04
Zitat von: Fastmachine am 15 Januar 2008, 22:48:50
Aufklärung genug?

Im Prinzip, ja. Zumindest, was das Thematisieren dieses Aspektes im Review angeht. Deckt sich das mit deiner persönlichen Wertung oder wie stehst du selbst zu dieser offenbar auch für dich unübersehbaren Misogynie?

Zitat von: Chili Palmer am 16 Januar 2008, 00:12:55Darf man so etwas überhaupt in einem Filmforum laut aussprechen, bzw. hinschreiben?

Nein, denn vor Leone muss man schließlich genauso in die Knie gehen wie vor Kubrick. :icon_lol:

Zitat von: Fastmachine am 16 Januar 2008, 01:32:39
Na hoffentlich steigt Dir Mr.VV nicht nachts in die Wohnung und redet ein ernstes Wort in Sachen Leone mit Dir.  ;)

Was für eine Zeitverschwendung. :icon_mrgreen:

Zitat von: Chili Palmer am 16 Januar 2008, 02:08:53
(http://img210.imageshack.us/img210/8576/klettermaxezy9.jpg)

:LOL: :LOL: :LOL:
Titel: Re: Autoren-Thread: Fastmachine
Beitrag von: Chili Palmer am 16 Januar 2008, 02:54:07
Zitat von: Mr. Vincent Vega am 16 Januar 2008, 02:30:04
Was für eine Zeitverschwendung. :icon_mrgreen:

Hä?

Vor Kubrick mache ich ja gerne den Kniefall (:icon_twisted:), aber Leone... hmmm, schwierig.
Das Lied vom Tod und die glorreichen Halunken sind schon Granaten, die beiden Dollar-Filme meines Erachtens dezent überschätzt, da sowieso nur gut geklaut und nicht immer leerlauffrei, und "Amerika", tja, der hat mich irgendwie damals etwas unbefriedigt zurückgelassen, was im Lichte von Fastmachines Interpretation plötzlich Sinn ergibt.
Das Aufblähen dafür ungeeigneter Themenkomplexe zum filmischen Epos, diese gewollte Grandezza, das war zu viel, gerade weil das spannende Gerüst drumherum fehlte, wie beispielsweise die Schatzsuche bei "Good, Bad, Ugly".

Die Vergewaltigungsszene konnte ich mir übrigens damals schon kaum anschauen. Damit habe ich wirklich Probleme, weswegen ich mir wohl auch niemals "Irréversible" ansehen werde.
Titel: Re: Autoren-Thread: Fastmachine
Beitrag von: Crumby Crumb & the Cunty Bunch am 16 Januar 2008, 03:02:07
WTF??? :icon_eek: Es gibt eine Verfilmung der Sterntagebücher???
Warum habe ich das nicht mitbekommen???
Warum wurde mir das nicht gesagt???
Ihr seid alle Schweine!!!
Titel: Re: Autoren-Thread: Fastmachine
Beitrag von: Chili Palmer am 16 Januar 2008, 03:07:59
Zitat von: Rügenwalder Sesselmett am 16 Januar 2008, 03:02:07
WTF??? :icon_eek: Es gibt eine Verfilmung der Sterntagebücher???

Ja.

Zitat von: Rügenwalder Sesselmett am 16 Januar 2008, 03:02:07
Warum habe ich das nicht mitbekommen???

Du weigerst dich, den Stecker deines Receivers in die Steckdose zu stecken.

Zitat von: Rügenwalder Sesselmett am 16 Januar 2008, 03:02:07
Warum wurde mir das nicht gesagt???

Niemand mag dich.

Zitat von: Rügenwalder Sesselmett am 16 Januar 2008, 03:02:07
Ihr seid alle Schweine!!!

Grunz.
Titel: Re: Autoren-Thread: Fastmachine
Beitrag von: Crumby Crumb & the Cunty Bunch am 16 Januar 2008, 03:13:32
Zitat von: Chili Palmer am 16 Januar 2008, 03:07:59
Niemand mag dich.

:bawling: :bawling: :bawling: :bawling: :bawling: :bawling: :bawling:

Mit Kritik kann ich doch nicht umgehen, Du Arsch!

Chili Palmer 0/10 und auf meiner Todesliste vermerkt.

Die DVD wird bestellt.
Titel: Re: Autoren-Thread: Fastmachine
Beitrag von: Chili Palmer am 16 Januar 2008, 03:18:25
Zitat von: Rügenwalder Sesselmett am 16 Januar 2008, 03:13:32
Mit Kritik kann ich doch nicht umgehen, Du Arsch!

Ach, so war das doch gar nicht gemeint, aber ich wollte mir im neuen Jahr die Smileys abgewöhnen und... ah, sehe schon, hat eh keinen Zweck mehr:

Zitat von: Rügenwalder Sesselmett am 16 Januar 2008, 03:13:32
Chili Palmer 0/10 und auf meiner Todesliste vermerkt.

Naja, wenigstens habe ich noch Zeit, denn diese Liste ist ja etwas länger.  :icon_mrgreen:

Zitat von: Rügenwalder Sesselmett am 16 Januar 2008, 03:13:32
Die DVD wird bestellt.

Dürfen wir dann auf das sechste Crumb Bview hoffen?
Titel: Re: Autoren-Thread: Fastmachine
Beitrag von: Crumby Crumb & the Cunty Bunch am 16 Januar 2008, 03:30:59
1. Ich habe Dich direkt unter Hillary Swank gesetzt, und die ist auf Platz 1...
2. Sarkasmus und Ironie habe ich noch nie verstanden, obwohl ich so intelligent bin.
3. Es gibt in der Tat schon 6, nur mußt Du dafür über 18 sein.
4. Fühle ich mich nur genötigt, mich auf Eure Stufe herabzubegeben, wenn zu dem Film noch nichts vernünftiges gesagt wurde. Hier ist es ja augenscheinlich schon der Fall.
5. kommt nach 4.
Titel: Re: Autoren-Thread: Fastmachine
Beitrag von: Chili Palmer am 16 Januar 2008, 03:37:19

1. Welche... Ehre.
2. Jawohl, Captain Blut!
3. Na, das kann ich dann ja erst in 6 Jahren lesen.
4. Das sagen sie alle, und am Ende eröffnen sie einen Autorenthread.
5. Man merkt, dass du Abitur hast. Und ein gutes Gedächtnis.  ;)
Titel: Re: Autoren-Thread: Fastmachine
Beitrag von: psychopaul am 16 Januar 2008, 03:43:50
Sinnlose Aufzählungen werden hier nicht gern gesehen!


Aber ich wollte ja was anderes sagen, nämlich sowas ähnliches wie Chilius.
Zu Gott Kubrick, der 1A Kracher in solcher Varianz rausgehauen hat wie kein Zweiter fehlen einem Leone natürlich - trotz des Todeslieds - mehr als ein paar Stufen. Da ist ja Burton noch ein Stück näher dran.  :icon_mrgreen:
Titel: Re: Autoren-Thread: Fastmachine
Beitrag von: Fastmachine am 16 Januar 2008, 21:21:53
@McKenzie: Nun zu Dir!

Zitat von: McKenzie am 15 Januar 2008, 02:06:03
(..) weil ich persönlich mir nie fest in den Kopf setzen würde, einen Film nach seinem Ursprung zu beurteilen, auch wenn es sich anbietet (auch bei Mainstream-Filmen nicht). Das ist jetzt keine Unterstellung an dich sondern nur ein Beispiel dafür, das solche Eingrenzungen zwar zur Orientierung im Gespräch darüber nützlich sein können, grundsätzlich aber mit äußerster Vorsicht zu genießen und nie vollkommen ernst zu nehmen sind.

Im Grunde: ja, selbstverständlich. Leider erweist die bittere Erfahrung, dass man solche Möglichkeiten zwar liebt, aber sie tatsächlich sehr dünn gesät sind. Der umgekehrte Fall, dass ein ehedem interessanter Regisseur ins Banale oder Unerträgliche abrutscht, schient mir häufiger zu sein. Wie Du schreibst, liegt das Problem darin, dass einem gute Werke eigentlich mieser Regisseure zu selten vors Auge treten, da sie durch (eigene) Unkenntis oder Vorurteile frühzeitig weggefiltert werden. Dies ist übrigens einer der Gründe, warum ich hier bin: Meine Netze auswerfen und immer mal wieder eine vernachlässigte, unbekannte Fischart zu fangen.

Zitates kam mir nur so vor, als wären solche filmhistorischen Einordnungen (und auch Wertungen) für dich ein durchaus bedeutender Faktor bei der Bewertung von Filmen

Kann gut sein, manchmal hab ich zuviel Sinn fürs Historische (nicht unbedingt Filmhistorische). Wenn ich etwa einige DEFA-Filme beurteilte, habe ich sicher viel historische Kontexte einfließen lassen. Mir ging es aber darum, auch hier die kreative Leistung freizulegen. Um beim Bespiel DEFA-Filme zu bleiben: Ich wollte z.B. nicht über die Bedingungen des Filmschaffens in der DDR um 1960 an und für sich mich auslassen - dass ist mir sehr egal - sondern mir kam es darauf an, etwa einen Regisseur wie Frank Beyer als Künstler für mich überhaupt erst aus den Geröllhalden der deutschen Filmgeschichte herauszulösen.

ZitatAuch das ist weitgehend richtig, zwischen Inspiration und Plagiat ist die Kluft aber dennoch ziemlich groß was Hollywood aber offenbar noch nie sonderlich geschert hat. Schon in ihren Anfängen war die Traumfabrik somit mehr oder minder eine Ellenbogen-Gesellschaft im Taschenformat.

Und du meinst, dass ist in der Independent Szene anders? Wo ungezählte Filmstudenten Godard/Lynch/Wenders/Fassbinder und weiß der Geier was nachahmen?
Oder in der Genrefilmerei (egal ob Horror, Martial Arts oder Action), wo ein Treffer 100 Nachahmer auf den Plan ruft, die sich gegenseitig die Butter aufs Brot nicht gönnen? Wieviel Zombie-Filme gab es genau noch mal?
Die wirklich originellen Künstler sind überall eher dünn gesät. Manch einem Autorenfilmer, der menschliche und geschäftliche Schweinereien im kleinen Stil durchzieht, fehlt einfach nur die Möglichkeit oder das Format, sie auch im großen Stil durchzuziehen. :icon_twisted: 

ZitatJa, natürlich! Doch gerade hier fühle ich mich als "Kritiker" verantwortlich gegenüber der potentiellen Leserschaft - ich bin nicht ihr Lehrer und der Film nicht ihr Studienobjekt, auch wenn man beim "rezensieren" leicht dazu tendiert, dieses unsichtbare System zu bedienen. (Siehe dazu auch Thomes neuesten Kinofilm: "Das Sichtbare und das Unsichtbare"  :icon_lol:). Das macht einen Gutteil der Gratwanderung aus, dieses Unsichtbare nicht ZU sichtbar zu machen und das Sichtbare nicht ZU unsichtbar. Kein Wunder wenn einem da der Appetit aufs Review schreiben vergeht...

Au Backe, das hört sich nach einer Spaltung zwischen idealem Plan und der Furcht vor der unperfekten Wirkung des Realisierten an. Man sollte Dich am Kragen packen und dazu zwingen, die unperfekte Musik des Lebens anzuhören. Ein Architekt malt sich schöne saubere Pläne aus, auf der Baustelle geht es derb und dreckig zu: da wird gepfuscht und betrogen, gesoffen und schwarz gekloppt. :pidu:
Aber wie schön auch: die künftigen Bewohner sind trotzdem erstmal sehr froh, eine Bleibe zu haben. Wenn es dann ein paar Risse im Beton und feuchte Stellen in der Ecke gibt: sowas sorgt auf Jahre für Gesprächsstoff.
Also: Man soll zu seinen Mängeln stehen und sie als Wegstationen begreifen.
Weiterschreiben. Don't cry, work.

Zitat(Übrigens war ich letztens doch ein wenig enttäuscht von deinem "Showgirls"-Review weil du dieser Maxime dort nicht so sehr entsprochen hast, meiner Meinung nach.)

Huu..geht es wenigstens etwas konkreter?
Ich gebe aber zu, dass ich mit "Showgirls" noch nicht im Reinen bin. Ich sehe interessante Elemnte, eine perfekte Optik, aber das Gesamtkonzept?  Ich schwanke und möchte eigentlich auf Verhoevens Intelligenz vertrauen, aber, aber.
Folge meines Zwiespaltes ist, dass mein Review kein klares Konzept hat, weil ich selbst keine endgültig durchdachte Meinung habe. Es ist eine Reihung von Einzelbeobachtungen und auch nicht ganz floskelfrei. Vor allem: zu lang. Fastmachine 0: Verhoeven 1.

ZitatAllerdings muss ich an dieser Stelle noch einwenden, das die Wallace-Filme sporadisch (zwischen 1961 ud 1965) durchaus als deutsche A-Movies bezeichnet werden können, nur davor und erst danach stellte sich all das ein, was den "Vorwurf" des B-Charakters berechtigt.

OK. Ich habe verstanden. Ich kann deine Wallace Reviews jetzt besser für mich einordnen, ziehe aus ihnen Gewinn, obwohl ich manche Wertung anders sehe.

Abschließend noch zu "Detektive". Ich werde erstmal kein Review schreiben. Bevor ich das tue, wird wohl noch eine Godard-Sichtung nötig sein, den ich doch sehr verdrängt habe. Zudem ist dein Review wirklich sehr informativ und lesenswert. Da müßten mir schon wirklich neue Aspekte einfallen, bevor ich in die Tasten haue. 
Titel: Re: Autoren-Thread: Fastmachine
Beitrag von: Mr. Vincent Vega am 30 Juli 2008, 18:09:36
Eine tolle komplexe Besprechung zu SWEENEY TODD von dir, vielen Dank dafür.

Einige Anmerkungen:

Sehr stark, wie du ehrlich und nachvollziehbar beschreibst, mit welchem Gestus man an diesen Film erst einmal herantritt (treten kann), wie man zunehmend verwirrt wird (werden kann) und schließlich zu einer etwas ernüchternden Erkenntnis kommt (kommen kann). Mir ging es ehrlich gesagt ähnlich (mein Review bitte ignorieren, das ist aus kommerziellen Gründen abgefasst und sehr oberflächlich), ich schrieb damals auch in den Filmthread, dass dem Film etwas fehlte, das ich schmerzlich vermisse und das wohl nie ein Burton-Film mehr haben wird: Das Intuitive, was du als jugendlich beschreibst. SWEENEY TODD hat mir beim ersten Sehen leider bewiesen, dass es nichts mehr nützt darauf zu hoffen, so berührt zu werden wie beim zweiten Batman, beim Edward oder dem Ed Wood, weil das so auch einfach nicht mehr sein kann: Burton ist nun einmal kein Außenseiter mehr, er ist angekommen. Er hat Frau und Kinder, lebt in England, braucht nicht mehr zu rebellieren. Er hat diese Elemente nicht aufgegeben, aber sie wirken nicht mehr so überzeugend, natürlich und rein, sie wirken eher wie Artefakte und Erinnerungen. Ich werte das hingegen anders als du weniger bitter, und schon die zweite Sichtung (mittlerweile bin ich bei fünf) hat mir verdeutlicht, dass ich von einer derartigen Rezeption wegkommen muss.

Als ich irgendwo mal schrieb (glaube in filmimperators Thread), dass dieser Film sehr wohl offenherzige Schwächen hat, habe ich insgeheim an eine Kritik wie diese gedacht, die Sondheim als Fremdkörper begreift. Sehr schlüssig, sehr gut analysiert, aber von mir bekommst du dafür natürlich trotzdem keine Zustimmung. :icon_mrgreen:

Eine letzte Anmerkung zum Absatz, der die Beziehung von Anthony und Johanna kritisch beäugelt. Ich finde nicht, dass der Film die beiden irgendwann vergisst und aus der Handlung kippen lässt (auch wenn man das annehmen könnte), denn der letzte Dialog der beiden besiegelt das, das wie ein Damoklesschwert von Anfang an über ihnen schwebt – dass es keine Hoffnung, kein Entkommen geben kann: "I've never had dreams, only nightmares".

Und noch was: Ich beneide dich, dass du für Burton die Worte findest, nach denen ich immer vergeblich ringe, weil er bzw. sein Schaffen mir so viel bedeutet.
Titel: Re: Autoren-Thread: Fastmachine
Beitrag von: Fastmachine am 31 Juli 2008, 07:02:55
Puuhh, Glück gehabt. Und ich dachte schon, jetzt nicht nur auf der Todesliste der Fincher-Fans, sondern auch der Burton-Fans zu stehen.  :icon_mrgreen:
Danke aber für das Lob.

Zitat von: Mr. Vincent Vega am 30 Juli 2008, 18:09:36
Er hat diese Elemente nicht aufgegeben, aber sie wirken nicht mehr so überzeugend, natürlich und rein, sie wirken eher wie Artefakte und Erinnerungen.

Nicht, dass es nur noch Erinnerungen sind, ist das Problem. Denn in Burtons Alter ist man nunmal von einer zunehmenden Geisterschar aus der Vergangenheit umzingelt. Es ist doch eher die Frage, wie man mit seinen Erinnerungen umgeht und welches Gewicht man ihnen gegenüber neuen Erfahrungen gibt. Ob der Strom der Ideen im Fluss ist oder zu Schlacke erstarrt.

ZitatIch werte das hingegen anders als du weniger bitter, und schon die zweite Sichtung (mittlerweile bin ich bei fünf) hat mir verdeutlicht, dass ich von einer derartigen Rezeption wegkommen muss.

Eher ratlos als bitter. Vielleicht wird man in späteren Jahren aus der Rückschau den reifen Burton anders werten, weil man dann mehr sieht, was heute noch verborgen bleibt.

ZitatSehr schlüssig, sehr gut analysiert, aber von mir bekommst du dafür natürlich trotzdem keine Zustimmung. :icon_mrgreen:

Ehrlich: dann hätte ich mir auch die Kugel gegeben, da keine erstrebenswerten Ziele mehr als Reviewschreiber zu erreichen gewesen wären.  :king:

ZitatIch finde nicht, dass der Film die beiden irgendwann vergisst und aus der Handlung kippen lässt (auch wenn man das annehmen könnte), denn der letzte Dialog der beiden besiegelt das, das wie ein Damoklesschwert von Anfang an über ihnen schwebt – dass es keine Hoffnung, kein Entkommen geben kann: "I've never had dreams, only nightmares".

Den Satz möchte ich so nicht interpretieren. Die beiden werden in eine offene Zukunft entlassen. Im Grunde gehorcht Sweeney Todd Jahrhunderte alten Tragödienkonventionen: Der tragische Konflikt der älteren Generation ist unauflöslich, erst die nachfolgende Generation ist frei von ihm. Soweit ich das überhaupt vom Film her beurteilen kann (ich habe das Musical nie gesehen), gehorcht Sondheims Musical einer fast schon klassischen Dramaturgie und ist insofern auch überzeugend konzipiert.
Burton hingegen halte ich für einen antiklassischen Künstler, der gerade aus dem Bruch von Konventionen, dem Blick auf Zwischenwelten, dem in alle Richtungen erzählerisch Wuchernden, seine künstlerische Kraft gewann.
Vermutlich konnte er auch deswegen mit Anthony und Johanna so wenig anfangen, weil die dramaturgische Notwendigkeit des Musicals dem entgegenstand.
Du hast es woanders schon geschrieben: Er versucht ja vieles durch Filmzitate aufzuladen, etwa das Verhältnis Turpin/Johanna durch die Anspielung auf Psycho, aber das bleibt bloße Zutat und wird nicht vertieft. Die emotionalen Konflikte werden über die Musik transportiert und dagegen kommt Burton nicht an.
Wenn man sich die Johanna-Figur (Eingesperrte Teenagerin) und die "Bettlerin" (Psychisch angeknackste geheime Hauptfigur) ansieht: Wieviel wäre Burton, der einst Lydia (Beetlejuice) und Catwoman vielschichtig entstehen liess, dazu eingefallen, hätte er sie von Grund auf entwickeln können. Aber die Rollen waren verteilt. 
 
ZitatUnd noch was: Ich beneide dich, dass du für Burton die Worte findest, nach denen ich immer vergeblich ringe, weil er bzw. sein Schaffen mir so viel bedeutet.

Und das von einem, dem zu Burton schon so viel eingefallen ist. Gesprochen zu jemandem, dessen "Batman"- Review nie über die Einleitung hinauskam (Distanz zum Stoff), dessen "Edward Scissorhands"-Review als Stichpunktliste auf der Festplatte verschimmelt (Gefühl, einige wesentliche Nuancen noch nicht benennen zu können).   :LOL:
Titel: Re: Autoren-Thread: Fastmachine
Beitrag von: Mr. Vincent Vega am 7 August 2008, 15:00:45
Zitat von: Fastmachine am 31 Juli 2008, 07:02:55
Und das von einem, dem zu Burton schon so viel eingefallen ist. Gesprochen zu jemandem, dessen "Batman"- Review nie über die Einleitung hinauskam (Distanz zum Stoff), dessen "Edward Scissorhands"-Review als Stichpunktliste auf der Festplatte verschimmelt (Gefühl, einige wesentliche Nuancen noch nicht benennen zu können).   :LOL:

Bitte, bitte ein EDWARD-Review.
Titel: Re: Autoren-Thread: Fastmachine
Beitrag von: Mr. Vincent Vega am 13 August 2008, 20:19:56
Ich weiß nicht wie du das machst, aber du machst es eben: Ganz groß, deine Kritik zu SCHINDLER'S LIST.

Kurze Anmerkungen:

Zitatkunstfremde Argumente

So wahr, SO wahr.

Zitat,,Schindlers Liste" ist eine filmische Form [von] Trauer

Das ist der Punkt, das ist der Ansatz. Die zeitgenössische Kritik hat sich nicht einmal bemüht, das zu erkennen. Heute könnte man meinen, es sei Konsens, SCHINDLER'S LIST doof und verharmlosend zu finden.

Zitat,,Schindlers Liste" ist zudem keine Lehrstunde in neuerer Geschichte, sondern ein moralisches Drama.

Interessangter Punkt. Ein Grund, warum mir MUNICH so gefällt, obwohl das eigentlich kein wirklich guter Film ist, war Spielbergs Annäherung an einen brisanten Stoff aus einer völlig filmischen, kinematographischen und letztlich genrespezifischen Perspektive. MUNICH ist ein moralischer Thriller, SCHINDLER'S LIST ein moralisches Drama.

Dass man diesen Ansatz kritisieren kann und muss, steht für mich außer Frage (allein der Einsatz diverser Montagetechniken in SCHINDLER'S LIST führt zu höchst bedenklichen Ergebnissen), aber doch bitte nicht so banal und oberflächlich wie vielerorts.

Tolles Review jedenfalls. Jetzt kann ich mir meines wirklich sparen.
Titel: Re: Autoren-Thread: Fastmachine
Beitrag von: McKenzie am 13 August 2008, 20:28:55
Na, jetzt habt ihr euch ja ganz doll lieb.  :eek:
Und das auch noch bei diesem ätzenden Machwerk. Aber nein, ich sollte mein vorlautes Mundwerk halten und euch gewähren lassen, zudem dabei zumindest versuchen, mich haushoch überlegen zu fühlen.  ;)
Titel: Re: Autoren-Thread: Fastmachine
Beitrag von: Mr. Vincent Vega am 14 August 2008, 00:45:49
Ach bitte, geh' du doch weg und hol' deiner Signatur einen runter.

;)
Titel: Re: Autoren-Thread: Fastmachine
Beitrag von: McKenzie am 14 August 2008, 02:20:47
Zitat von: Mr. Vincent Vega am 14 August 2008, 00:45:49
Ach bitte, geh' du doch weg und hol' deiner Signatur einen runter.

;)

Na, ob Mark Wahlberg überhaupt was zum runterholen hat?  :icon_mrgreen:





Flachwitz des Tages - aber musste einfach sein, gerichtet an jemanden, der allen Ernstes den wunderbaren "Happening" einem kleingeistigen Betroffenheitsfilm wie "Schindler's Liste" hintenanstellt.

Im übrigen habe ich dieses Foto gewählt, weil es imo "The Happening" als Gesamtkunstwerk der süffisant-zynischen Art besonders schön repräsentiert (wie eigentlich fast alle der göttlichen frontalen Close ups von Wahlberg und Zooey "Guck mal, ich hab' blaue Augen" Deschanel in dem Film) - aber es ist ja sowieso viel cooler, den Regisseur als Dilettanten bloßzustellen, da fühlt man sich so überlegen (würde ich im übrigen mit Stevie, bei aller Skepsis und sporadischen Ablehnung, niemals tun).

So, ich muss jetzt endlich ruhen. Du schadest meiner Schönheit, du giftiges Grünzeug.
Titel: Re: Autoren-Thread: Fastmachine
Beitrag von: Fastmachine am 14 August 2008, 12:14:16
"Betroffenheitsfilm" - genau diesen Standardvorwurf gegen Spielberg halte ich im Falle von "Schindlers Liste" für irrig.

Über den Film könnte man sicher auch unter anderen Gesichtspunkten sehr viel mehr schreiben, als ich es getan habe. Auch und insbesondere Kritisches, was seine inneren Schwächen angeht.
Ich habe mich, schon allein um ein Ausufern des Textes zu vermeiden, auf eben den Punkt beschränkt, der besonders gerne angegriffen wird, nämlich den angeblichen Spielbergschen "Gefühlskitsch" oder seinen "moralischen Zeigefinger".

Was ist denn "Betroffenheitskino"? Im negative Sinne, das bequeme Abgreifen moralischer Empfindungen, die eh schon Klischee geworden sind. Filme, die für ungeeignete Themen übergroßes Gefühl heucheln. Filme, die geheuchelte oder unangebrachte Gefühle dem Publikum aufzwingen wollen.

Spielberg hatte es unter diesen Gesichtspunkten 1993 nicht gerade leicht gehabt, angesichts einer schon damals stets zu hochnervösen und unvereinbar auseinanderliegeneden Beiträgen neigenden öffentlichen Holocaust-Diskussion.
Auch für mich habe ich Spielberg erst durch "München" wieder entdeckt als ernsthaften und relevanten Deuter zeitgeschichtlicher Wunden, obwohl dieser Film sicher nicht ein "unbezweifelbares Meisterwerk" der Stufe 10/10 ist. Insbesondere ist mir erst durch "München" Spielbergs Haltung zur Sexualität bewußt geworden.
Eines der ältesten und wie ich finde, nicht unbedingt der dümmsten Kriterien, die Ernsthaftigkeit von Kunstwerken zu beurteilen, ist deren Haltung zu Sexualität und Tod. Hier hat Spielberg mehr zu bieten, als ich früher gedacht habe.

Meine Annäherung an das Spielbergsche Gefühlskino ist also keine einfache Sache gewesen, sondern Resultat eines längeren Nachdenkens. Die langsam gereifte Einsicht, dass die Spielbergsche Trauer ein legitimes, auch künstlerisch produktives Gefühl ist; dass diese Trauer, dieser wunde Punkt in seiner Seele, sich schon in symbolischer Verkleidung gerade in seinen vermeintlich "oberflächlichen" Werken des "Mainstream-Hollywood-Kinos" angelegt findet. "Schindlers Liste" gibt diesen Gefühlen eine historische Deutung.
Spielberg erhebt auch nicht den moralischen Zeigefinger und sagt: Der gute Onkel Schindler, der böse Onkel Göth. Er liefert eben nicht die fertige Moral für alle Fälle, sondern verteidigt die moralische Entscheidungsfreiheit.


       
Titel: Re: Autoren-Thread: Fastmachine
Beitrag von: McKenzie am 17 November 2008, 03:09:53
In seiner Kürze sehr umfassendes (umfassend im Sinne von: Viele Aspekte zugleich abdeckend) Review zu FÜNF PATRONENHÜLSEN, dass du da als OFDb-Pionier in Sachen DEFA-Kino verfasst hast. Es ist einfach erfreulich, wenn man einen so vergessenen und, wie du eben richtigerweise mehrmals hervorhebst, einzigartigen Film des (ost)deutschen Kinos anklickt, um ihn zu bewerten, in der festen Erwartung, kein Review vorzufinden - und dann auf einen so adäquaten Text stößt.  :respekt:
Was mich im ersten Moment überrascht hat, war die scheinbare Beiläufigkeit, mit der du die stellenweise unschön plakativen und irgendwo auch deplazierten "Propaganda-Momente" des Films (der einer Bestrafung für unkameradschaftliches Verhalten gleich kommende Tod von Mueller-Stahls Charakter, die moralistisch aufgeladene, ausgesprochene dämonische Zeichnung der faschistischen Seite in Anbetracht einer ansonsten erfreulich und erstaunlich sachlichen Perspektive, die nicht unbedingt der subjektiven Sicht der Protagonisten entspricht) "abhakst". Aber - und hier tendierst du vielleicht in eine ähnliche Richtung - es ist eben doch erkenntlich, das Beyer den sozialistischen Holzhammer, der die Integrität seines grundehrlichen, unprätentiösen Films zu stören droht, umzubiegen versucht in Richtung eines Apells für Freundschaft, Solidarität, Empathie und selbstverständliche Menschlichkeit anstelle einer normiert-vernunftgesteuerten, politischen Variante dieser Werte. Das lese ich bei dir, dem kühlen Sachbearbeiter, so ähnlich zwischen den Zeilen.  :icon_mrgreen:

Ein interessanter Punkt, den ich sofort erwähnt hätte, ist die große atmosphärische und inszenatorische Nähe zum Italowestern, (Achtung, Schwelgerei) die karge Lyrik der sengenden audiovisuellen Eindrücke, die physisch geradezu unerträglich intimen, extremen Close-ups, die ikonographisch wirkenden Totalen, in denen die Figuren als kleine Punkte und Striche  umherirren, die rhytmisch montierte Überfall-Szene auf der Brücke bei Nacht und natürlich die Musik... Das Setting alleine würde diesen Eindruck sicher nicht unbedingt auslösen. Ich hatte tatsächlich das Gefühl, das dies einer der Filme gewesen sein könnte, der die einflussreichsten Regisseure des Italowestern maßgeblich beeinflusste. Natürlich war das vermutlich nicht der Fall, trotzdem erhöht dieser spartanische und konzentrierte Minimalismus des Films in nahezu allen Bereichen seine Beständigkeit im Gefälle der deutschen Filmgeschichte.


Ach ja, weil ich es bin und nie locker lassen kann:

Zitat von: Fastmachine am 14 August 2008, 12:14:16
Er liefert eben nicht die fertige Moral für alle Fälle, sondern verteidigt die moralische Entscheidungsfreiheit.

Das kann ich so nicht einmal ansatzweise nachvollziehen. Der Film steckt seine moralischen Fronten klar ab (was prinzipiell erst einmal mein Wohlwollen hat, Moralismus an sich ist unerlässlich und mutig), und nur weil Spielberg zeigt, statt zu kommentieren, enthält er sich eines extremen moralischen Urteils nicht. Schließlich wählt er sehr genau, was er zeigt und was nicht - Schindler ist im Film für Spielberg-Verhältnisse ein erstaunlich ambivalenter Charakter während Göth nur ein irdischer Satansschlächter, ein 100%iger Sadist ist - "trotz" seiner "menschlichen" Regungen für das jüdische Mädchen. Gerade wenn man so ausgeprägt einzelne Personen als Repräsentanten eines politischen Phänomens wählt (Spielberg ist nun einmal ein Erzähler und kein Beobachter oder Fotograf), ist die Gratwanderung zwischen Schock und Distanzierung, Bewunderung und Glorifizierung, gerne besonders heikel - und Spielberg fehlt imho das nötige Fingerspitzengefühl, sie zu meistern. So absurd mir der Gedanke anfänglich erschien - gerade wenn Billy Wilder tatsächlich, wie von Spielberg einmal angedacht, Regie geführt hätte, wäre diese Gratwanderung vermutlich ein voller Erfolg geworden. (Polanski, der andere angedachte Regisseur, hätte sie vermutlich noch mehr in den Sand gesetzt)
Titel: Re: Autoren-Thread: Fastmachine
Beitrag von: Fastmachine am 17 November 2008, 23:13:21
Hoo...wer ist da in die Gruft meiner Review-Frühwerke gestiegen und hat die Ruhe der Toten, die sich in unterschiedlichen Stadien des Verwesungsprozesses befinden, gestört? Tomb-Raider McKenzie, soso.  :icon_lol:

,,Fünf Patronenhülsen" vom 23.4.2004 – ich erinnere mich noch halbwegs an eines meiner ersten Reviews. Sicher würde ich das Review heute nicht mehr so schreiben, manches, etwa die Bildsprache des Films, genauer betrachten.
Meine damalige Absicht war es hauptsächlich, so scheint mir heute, den Film historisch einzuordnen und Beyers Leistung, die im Gedächtnis der westdeutschen Öffentlichkeit fast nicht vorhanden ist, zu würdigen. Warum ein Film über den spanischen Bürgerkrieg in der DDR von 1960? Warum mit dieser Ausrichtung?

Deine Beobachtung, dass der Film gewisse Ähnlichkeiten mit den Italo-Western hat, trifft auf einzelne Szenen verblüffend gut, für die Erzählhaltung des Ganzen natürlich eher nicht.
Sicher: wie die halb verdursteten Interbrigaden-Kämpfer in ein Dorf kommen, wo die Bevölkerung vor Angst schweigend herumsteht, wo die katholische Pfarrer Agenten Francos sind, das lässt schon atmosphärische Vergleiche zu. Und die Sergio Leone reife Szene, als der Verdurstende den einsamen Brunnen in der endlosen Ebene der wogenden Kornfelder erreicht: das hat schon monumentale Kraft.
Allerdings glaube ich, dass die Ähnlichkeit, die in der Monumentalität der Totalen und den intimen Close-Ups zwischen Frank Beyer und Sergio Leone besteht, schlicht und einfach das Erbe des gemeinsamen Vorbildes Eisenstein ist. In meinen Frank-Beyer-Reviews habe ich aus gutem Grund versucht, auf die meiner Meinung nach herausragende Arbeit von Stammkameramann Marczinkowsky hinzuweisen: Ein Meister der s/w Fotografie.

Die z.T. extrem didaktischen Elemente der sozialistischen Geschichtsdeutung stören natürlich, ganz recht. Sie sind einerseits das unvermeidliche Zeugnis der stalinistischen Verhältnisse in der Ulbricht – DDR und ihrer offiziellen Pflege am geschönte Mythos der ,,Spanienkämpfer". Das habe ich eigentlich doch auch sehr deutlich so herausgestellt.

Andererseits haben damals viele Künstler, darunter auch Beyer, grundsätzlich mit dem Sozialismus in Einklang produziert, bzw. an seine Veränderbarkeit und Verbesserung geglaubt, so sehr sie die Zwänge des Zensur Alltags auch bedrückten. Gerade bei Beyer war es ein langer Weg bis in die Opposition, der erst später öffentlich deutlich wurde, mit dem Verbot von ,,Spur der Steine" 1965 und seinem Engagement gegen die Biermann-Ausbürgerung 1976.

Aber die Sympathie Beyers für das Menschliche, die Individualität, gegen das Genormte, wie du schreibst: das ist hier schon spürbar. Und ich hätte es eigentlich als Qualität herausstreichen sollen. Da streift mein Review nur an den wichtigen Punkten entlang, statt genau hinzuschauen. Deine Kritik ist schon berechtigt, deine ,,Zwischen-den-Zeilen-Leserei" eine sehr freundliche Deutung meiner analytischen Unschärfe. Ob ich das Review allerdings noch mal anfasse oder lieber als ,,Frühwerk" so belasse, kann ich noch nicht sagen. Theoretisch natürlich am besten: Neu schreiben. Im Moment allerdings bei mir völlig unmöglich.

Meine Wertschätzung für Frank Beyers Frühwerk in der ersten Hälfte der sechziger Jahre bleibt trotz aller ,,DDR-Rhetorik" bestehen, auch für ,,Fünf Patronenhülsen", eines der ersten größeren selbständigen Werke des Regisseurs. Gerade unter diesem Aspekt scheint mir die künstlerische Leistung des jungen Frank Beyer, praktisch aus dem Stand einen solch eigenständigen Film zu erschaffen, umso staunenswerter. Auch wenn mein frühes Review dies nur unvollkommen ausdrückt. ,,Fünf Patronenhülsen", ,,Königskinder", ,,Karbid und Sauerampfer", ,,Nackt unter Wölfen", ,,Spur der Steine" – welcher deutsche Regisseur hat zwischen 1960-65 fünf Werke von solcher Qualität vorzuweisen?

Zu Spielberg später ein Extraposting. Ich bitte um Geduld.
Titel: Re: Autoren-Thread: Fastmachine
Beitrag von: vodkamartini am 27 Januar 2009, 16:17:23
Habe soeben deine Walküre Besprechung gelesen. Sprachlich wie immer über jeden Zweifel erhaben und sehr angenehm zu lesen.

Inhaltlich kann ich dir allerdings an der ein oder anderen Stelle nicht so recht folgen.

Stauffenbergs Motivation und Entwicklung wird historisch überbewertet? Das würde ich ganz und gar nicht unterschreiben. Gerade das ist ja das Interessante und Spannende an der Figur. Ein vormals Einverstandener und späterer Mitläufer wird zum Widerständler.

Der Film ist Ort- und zeitlos? Das solltest du etwas besser erklären. So wie es dasteht, ergibt es nicht viel Sinn.

Singer hätte den 20. Juli historisch einordnen sollen? Finde ich ebenfalls etwas wirr. Wie sollte das aussehen?

Den X-Men Vergleich finde ich arg bemüht und wenig passend.

Richtig ist, dass die Rezeption des Films sehr viel über unseren Umgang mit der Thematik und unsere Haltung zu Stauffenberg und der Umsturzbewegung offenbart. Man sieht das ja wieder ganz deutlich an dem ewigen Lamentieren bezüglich des "Antidemokraten" (wie unlängst wieder im SZ-Magazin).
Ein Argument, das m.E. zur Würdigung der Tat und des Entschlusses nicht taugt. Dieser Umstand wird Stauffenberg mehr oder weniger deutlich als Charakterfehler unterstellt, was ich für ausgemachten Blödsinn halte.
Titel: Re: Autoren-Thread: Fastmachine
Beitrag von: Fastmachine am 28 Januar 2009, 21:58:10
Dank für Lob und Kritik, die mir gerade hier helfen, mein Review zu präzisieren. Es ist nämlich sehr untypisch entstanden. Am Samstagabend habe ich den Film gesehen und am Sonntag gleich die frischen Eindrücke festgehalten. Dabei habe ich wohl die Argumentation an einigen Stellen zu locker geknüpft.
Andererseits wollte ich mich bewusst etwas kürzer fassen, da ich oft zu sehr langen Texten neige. Im Prinzip wurden von den vorhandenen Reviews ja schon viele wichtige Punkte für und gegen den Film diskutiert, deshalb habe ich nicht noch mal alles in voller Breite ausgerollt, sondern nur hier und da einige Akzente anders gesetzt.

Gerade dieser Film ist ja durchaus umstritten in der Bewertung. Von Mr. VVs Strafgericht mit Pech und Schwefel, ähnlich dem, das der Herr über Sodom und Gomorrha niedergehen ließ, bis hin zu deinem nur wenig eingeschränkten Lob, hinter dem man den begeisterten Historiker erkennt.

In einigen Punkten gehen wir konform. Die historische Faktentreue des Films ist für eine solche Produktion sehr gut, die Ausstattung überaus eindrucksvoll. Die wenigen Abweichungen des Drehbuchs vom historischen Ablauf sind nicht verfälschend, sondern künstlerisch sinnvoll, um dem Zuschauer das Wesentliche kompakt bildlich zu zeigen, anstatt umständlich nebenher auszubreiten.

Nun aber zu deiner Kritik:

Zitat von: vodkamartini am 27 Januar 2009, 16:17:23
Stauffenbergs Motivation und Entwicklung wird historisch überbewertet? Das würde ich ganz und gar nicht unterschreiben. Gerade das ist ja das Interessante und Spannende an der Figur. Ein vormals Einverstandener und späterer Mitläufer wird zum Widerständler.

Ok. Für sich allein ist der Satz missverständlich und schief. Aber er ist doch in meinem Review in einen (tatsächlich zu knappen) Argumentationszusammenhang eingebettet. Ich werde mein Review um einen Absatz ergänzen. Vorweg also:

Ich bemängle, dass der Film zwar historisch im Sinne von Faktentreue ist, aber fast gar nicht die geschichtlichen Kräfte andeutet oder gar verständlich macht, die zum 20. Juli geführt haben. Welche Personenkreise waren beteiligt, welchen Zusammenhalt gab es, welche Ziele hatte man. Und: Warum erst so spät im Krieg. Man könnte endlos so weiter machen, das ist dir ja als Historiker alles bekannt.

Unter den vielen historischen Faktoren, die für den 20. Juli wesentlich sind, ist der spezielle Werdegang von Stauffenberg nur einer. Sicher interessant, aber eben lange nicht repräsentativ oder allein entscheidend. Der Film ist keine Biographie Stauffenbergs, sondern ein Film über den 20. Juli. Trotzdem hängt sich ein erheblicher Teil der öffentlichen Diskussion, soweit ich sie wahrgenommen habe, an die Person Stauffenbergs. Hier wollte ich etwas relativieren.

ZitatDer Film ist Ort- und zeitlos? Das solltest du etwas besser erklären. So wie es dasteht, ergibt es nicht viel Sinn.

Aus dem Vorhergehenden ergibt sich die Bedeutung dieses sicherlich polemisch überspitzten Satzes: Das Dekor, die äußerliche Faktentreue erzeugen nur eine historische Illusion, die vom Zuschauer aus dem eigenen Vorwissen ergänzt wird. Tatsächlich ist die Verschwörergruppe des Films eine ziemlich x-beliebige Ansammlung von Verschwörern. Stichwortgeber für Stauffenberg.

ZitatSinger hätte den 20. Juli historisch einordnen sollen? Finde ich ebenfalls etwas wirr. Wie sollte das aussehen?

Natürlich nicht in dem Sinne, dass hier ein weitschweifig erklärender Lehrfilm entstehen soll. Es fehlt Singer einfach der Wille, das historisch und menschlich Vieldeutige, ja Abgründige des 20. Juli in Bilder fassen zu wollen. Und dies war meiner Meinung zwar einerseits das Problematische dieser Verschwörung, aber auch das Interessante, bis heute Faszinierende, was die ganze Angelegenheit nicht nur zu einem Fall für Guido Knopp oder zur Vorlage für einfaches Spannungskino werden lässt.

ZitatDen X-Men Vergleich finde ich arg bemüht und wenig passend.

Hm. An dieser Stelle hast du einerseits Recht. Es ist dies ein etwas tollkühner Vergleich, den ich zudem nur anschneide und nicht weiter verfolge. Aber bitte schaue dir noch mal X-Men an. Körperlichkeit und charakterliche Selbstentdeckung sind bei Singer sehr eng mit gesellschaftlichen und historischen Erfahrungen verknüpft, insbesondere der Faschismuserfahrung. (Magneto entdeckt seine Fähigkeiten am Tor des KZs, in das er verschleppt wird). Ich überlege, ob ich das noch ausformuliere im Review oder streiche, da zu weit führend. 

An solchen Argumentationsweisen unterscheidet sich glaube ich unsere Art, Filme zu betrachten. Ob wir da jemals völlige Übereinstimmung erzielen können, erscheint mir nicht so ganz wahrscheinlich. Du bist in Vielem sehr stark bestimmten Blickwinkeln der Historiker verpflichtet.
Ich glaube, ich sollte vielleicht auch mal meine Sicht auf dein Walküre-Review formulieren, um meine Anliegen deutlicher werden zu lassen, bin aber im Moment zeitlich sehr eingeschränkt. Kann also leider nichts versprechen.
Titel: Re: Autoren-Thread: Fastmachine
Beitrag von: vodkamartini am 30 Januar 2009, 17:45:00
Zitat von: Fastmachine am 28 Januar 2009, 21:58:10
Nun aber zu deiner Kritik:

Zitat von: vodkamartini am 27 Januar 2009, 16:17:23
Stauffenbergs Motivation und Entwicklung wird historisch überbewertet? Das würde ich ganz und gar nicht unterschreiben. Gerade das ist ja das Interessante und Spannende an der Figur. Ein vormals Einverstandener und späterer Mitläufer wird zum Widerständler.

Ok. Für sich allein ist der Satz missverständlich und schief. Aber er ist doch in meinem Review in einen (tatsächlich zu knappen) Argumentationszusammenhang eingebettet. Ich werde mein Review um einen Absatz ergänzen. Vorweg also:

Ich bemängle, dass der Film zwar historisch im Sinne von Faktentreue ist, aber fast gar nicht die geschichtlichen Kräfte andeutet oder gar verständlich macht, die zum 20. Juli geführt haben. Welche Personenkreise waren beteiligt, welchen Zusammenhalt gab es, welche Ziele hatte man. Und: Warum erst so spät im Krieg. Man könnte endlos so weiter machen, das ist dir ja als Historiker alles bekannt.
Das ist richtig. Hier leistet der Film sehr wenig. Allerdings wäre es auch sehr schwierig, die zahlreichen ineinander verwobenen Widerstandskreise so zu beleuchten, dass ein verständliches Bild entsteht.
"So spät im Krieg" ist nicht ganz korrekt. Stauffenberg lies bereits Ende 1941 in Russland "alles sammeln, was die SS belastet". 1942 sind von ihm bereits massive negative Äußerungen über Behandlung von Zivilsten, Kriegsgefangenen und Juden sowie über Hitlers fatale Kriegführung überliefert.
Beck, der Kopf des militärischen Widerstands, war bereits 1938 zum Staatsstreich entschlossen. Auch Henning v. Tresckow war schon vor Stauffenberg aktiver Widerständler.
Die Ziele waren sehr diffus. Es herrschte keine Einigkeit (was im Film auch thematisiert wird). Stauffenberg wollte jedenfalls nicht die Monarchie zurück (was fälschlicherweise oft behauptet wird).
Die wesentlichen Peronenkreise werden im Film erwähnt. Als wichtige Figur fehlt lediglich Arbeitervertreter Julius Leber. Ein Spielfilm kann kaum die komplexen Beziehungen der verschiedenen Widerstandskreise untereinander entwirren.

Zitat von: Fastmachine am 28 Januar 2009, 21:58:10Unter den vielen historischen Faktoren, die für den 20. Juli wesentlich sind, ist der spezielle Werdegang von Stauffenberg nur einer. Sicher interessant, aber eben lange nicht repräsentativ oder allein entscheidend. Der Film ist keine Biographie Stauffenbergs, sondern ein Film über den 20. Juli. Trotzdem hängt sich ein erheblicher Teil der öffentlichen Diskussion, soweit ich sie wahrgenommen habe, an die Person Stauffenbergs. Hier wollte ich etwas relativieren.
Ja und nein. Zwar war der Umsturzversuch ohen Frage ein Gemeinschaftsprojekt. Andererseits wäre er ohne die energische Leistung Stauffenbergs, der in der "heißen Phase" (was der Film auch völlig richtig darstellt) klar die Zügel in der Hand hielt, nicht zusatnde gekommen. Stauffenberg war der Motor der finalen Phase. Er riß die Anderen, die teilweise schon Ermüdungserscheinungen ob der vielen Fehlschläge zeigten, durch sein Auftreten und sein Engagement mit (was der Film m.E. eher sogar zu wenig herausstellt).

Zitat von: Fastmachine am 28 Januar 2009, 21:58:10
ZitatDer Film ist Ort- und zeitlos? Das solltest du etwas besser erklären. So wie es dasteht, ergibt es nicht viel Sinn.

Aus dem Vorhergehenden ergibt sich die Bedeutung dieses sicherlich polemisch überspitzten Satzes: Das Dekor, die äußerliche Faktentreue erzeugen nur eine historische Illusion, die vom Zuschauer aus dem eigenen Vorwissen ergänzt wird. Tatsächlich ist die Verschwörergruppe des Films eine ziemlich x-beliebige Ansammlung von Verschwörern. Stichwortgeber für Stauffenberg.
Wie gesagt. Es ist die Frage, ob ein Spielfilm hier befriedigend arbeiten kann. Obwohl ich dir mit Einschränkungen recht gebe. Der deutsche Film DER 20. JULI (1955) macht dies besser als Valkyrie. Singer drehte aber auch für ein internationales Publikum, das die innerdeutschen Verhältnise weit weniger gut kennt.

Zitat von: Fastmachine am 28 Januar 2009, 21:58:10
ZitatSinger hätte den 20. Juli historisch einordnen sollen? Finde ich ebenfalls etwas wirr. Wie sollte das aussehen?

Natürlich nicht in dem Sinne, dass hier ein weitschweifig erklärender Lehrfilm entstehen soll. Es fehlt Singer einfach der Wille, das historisch und menschlich Vieldeutige, ja Abgründige des 20. Juli in Bilder fassen zu wollen. Und dies war meiner Meinung zwar einerseits das Problematische dieser Verschwörung, aber auch das Interessante, bis heute Faszinierende, was die ganze Angelegenheit nicht nur zu einem Fall für Guido Knopp oder zur Vorlage für einfaches Spannungskino werden lässt.
Ich weiß, was du sagen willst. Man kann das so sehen. Wobei es mich doch interessieren würde, was du genau mit "das Abgründige" meinst.


Zitat von: Fastmachine am 28 Januar 2009, 21:58:10
ZitatDen X-Men Vergleich finde ich arg bemüht und wenig passend.

Hm. An dieser Stelle hast du einerseits Recht. Es ist dies ein etwas tollkühner Vergleich, den ich zudem nur anschneide und nicht weiter verfolge. Aber bitte schaue dir noch mal X-Men an. Körperlichkeit und charakterliche Selbstentdeckung sind bei Singer sehr eng mit gesellschaftlichen und historischen Erfahrungen verknüpft, insbesondere der Faschismuserfahrung. (Magneto entdeckt seine Fähigkeiten am Tor des KZs, in das er verschleppt wird). Ich überlege, ob ich das noch ausformuliere im Review oder streiche, da zu weit führend.
Wie gesagt, das finde ich etwas weit hergeholt. Kann man aber diskutieren. Singer spielt jedenfalls mit der Nazisymbolik (v.a. das Hakenkreuz wird sehr häufig eingesetzt).

Zitat von: Fastmachine am 28 Januar 2009, 21:58:10An solchen Argumentationsweisen unterscheidet sich glaube ich unsere Art, Filme zu betrachten. Ob wir da jemals völlige Übereinstimmung erzielen können, erscheint mir nicht so ganz wahrscheinlich. Du bist in Vielem sehr stark bestimmten Blickwinkeln der Historiker verpflichtet.
Da hast du sicher recht. Deshalb finde ich deinen anderen Ansatz auch sehr interessant.

Zitat von: Fastmachine am 28 Januar 2009, 21:58:10Ich glaube, ich sollte vielleicht auch mal meine Sicht auf dein Walküre-Review formulieren, um meine Anliegen deutlicher werden zu lassen, bin aber im Moment zeitlich sehr eingeschränkt. Kann also leider nichts versprechen.
Das könnte hilfreich sein. Aber nur keine Hektik, ich bin momentan selbst sehr eingespannt (deshalb auch meine relative späte Antwort).
Titel: Re: Autoren-Thread: Fastmachine
Beitrag von: Fastmachine am 5 Februar 2009, 22:57:04
Deine Kritik und unsere kurze Diskussion haben mich dazu gebracht, mein Review nochmal in einigen Details zu überarbeiten. Dabei bin ich bei meiner Meinung zum Film geblieben, habe aber einige der von dir angeführten verkürzenden oder problematischen Passagen jetzt hoffentlich klarer gefasst. Ich habe einige Formulierungen aus meiner Antwort hier sozusagen weiterverwendet.

Sicher ist das Review nicht mein "letztes Wort" zum Film, sondern nur der spontane erste Eindruck, den ich aus dem Kino mitgenommen habe. Sollte ich den Film später nochmal in Ruhe auf DVD mir anschauen, mag sich manche Einschätzung ändern.

Dein Hinweis auf den alten Film "Der 20. Juli" von 1955 finde ich gut. Zufällig (oder eigentlich weniger zufällig) habe ich den Film jüngst wieder gesehen, so dass er mir gut in Erinnerung ist. Wenn man bedenkt, dass "Operation Walküre" 120 Minuten für einen ganz auf den Ablauf des Attentats und der Verschwörung ausgerichteten Thriller braucht, dann entfaltet "Der 20.Juli" in gerade einmal 92 Minuten ein ganzes Panorama der deutschen Gesellschaft und des Widerstandes in den Jahren 1943/44.
Insofern kann mir niemand erzählen, man könne nicht konzeptionell mehr bieten als Singer, weil 2 Stunden angeblich zu kurz sind, um die Reichweite des 20.Juli sinnfällig zu machen.
Sicher kann man das heute nicht mehr so machen, wie der Film von 1955, der seine eigenen inhaltlichen und formalen Probleme hat. Aber einfach die prinzipielle Möglichkeit wegzuwischen, wie ich manchmal lesen konnte: Das ist einfach eine fadenscheinige Behauptung.
Titel: Re: Autoren-Thread: Fastmachine
Beitrag von: kruchtenkaiser am 29 Oktober 2014, 16:29:20
*hüstel* ... leicht angestaubt hier...  :king:

ich muss den Thread hier aber mal hoch holen, einfach um mich von Herzen zu bedanken...

Ich habe gestern abend nach langer Zeit wieder einmal "Im Westen nichts neues" geschaut... Danach habe ich längere Zeit mit mir gehadert, ob ich ein Review zu dem Gesehenen verfassen soll. Letztendlich bin ich zu dem Schluss gekommen, dass ich zu diesem Film keine auch nur annähernd "würdige" Besprechung zustande bringen kann, dafür waren es doch zu viele Punkte, die mich (wieder einmal) bei diesem Film beeindruckt und bewegt haben.

Weil ich trotzdem gerne nach einem solchen Film die Meinungen anderer lese, hab ich mal die ofdb konsultiert und war erfreut, deinen Namen unter den Rezensenten zu erblicken... Wo du mich ohnehin immer durch deine Art des Schreibens begeistern kannst, hast du bei "Im Westen nichts neues" noch eine Schippe drauf gelegt. Du hast hier (http://www.ofdb.de/review/1225,119114,Im-Westen-nichts-Neues (http://www.ofdb.de/review/1225,119114,Im-Westen-nichts-Neues)) wirklich alles angemessen angesprochen, analysiert und bewertet, was mir (bewusst und unbewusst) beim Betrachten dieses Films unter den Nägeln brannte. Darüber hinaus noch historisch top eingeordnet und passend in den Kontext gebracht... Daher: Danke dafür, dass du mit diesem Review genau das zum Ausdruck gebracht hast, was ich ebenso empfunden/gesehen habe, was ich jedoch nie in dieser Art und Weise "zu Papier" gebracht hätte... Definitiv eine der besten Besprechungen, die ich je in der ofdb gelesen habe :gruppenanbetung:

So, das "musste" jetzt einfach mal raus (ich denke, für ein solches "Danke" und ein bisschen Lobhudelei sind diese Threads hier ja unter anderem auch geschaffen worden ;) )
Titel: Re: Autoren-Thread: Fastmachine
Beitrag von: Fastmachine am 2 November 2014, 15:21:09
"Leicht angestaubt" ist gut - das Review ist bald zehn Jahre alt. :icon_lol: Ich war jung und brauchte das... - nein, stimmt gar nicht.  Ich war schon damals nicht mehr so jung. Trotzdem erinnere ich mich in diesem Fall ziemlich gut. Es freut mich natürlich sehr, dass es Dir auch nach so langer Zeit noch gefällt.
IM WESTEN NICHTS NEUES gehört zu den Filmen, die mich seit meiner Jugend begleiten. Schon bei der ersten Sichtung (und seither immer wieder) hat mich der Film sehr berührt.
Dieses Jahr gab es anlässlich des Jubiläums des Kriegsausbruchs 1914 ja jede Menge Veranstaltungen, Ausstellungen, Bücher und Filme, die auf erstaunliches Interesse stießen. Ich hatte bei mehreren Gelegenheiten gesprächsweise den Eindruck, dass es für viele eben mehr als nur ein beliebiges Jubiläum war. Überall gab es Geschichten in den Familien, Erinnerungen, die nicht erledigt waren. Zufällig habe ich mich letztes Jahr auch mit der Digitalisierung unserer eigenen Familienfotos beschäftigt. Eines der ältesten zeigt meinen Urgroßvater in einem Lazarett während des Ersten Weltkriegs im Kreise anderer Verwundeter. Alle blicken merkwürdig ernst, keine Spur mehr von der leichtsinnigen Atmosphäre, die noch viele Bilder vom August 1914 zeigen. Aber was in den Köpfen vorging, welche Spätfolgen der Krieg bei ihnen hatte: keine Ahnung. Mein Urgroßvater hat den Krieg überlebt, starb aber viele Jahre vor meiner Geburt.
Wenn ich dieses Foto meines Urgroßvaters betrachte, denke ich: das hätte ich sein können.
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