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Hereditary (Horror mit Collette, Wolff und Byrne)

Begonnen von StS, 30 Januar 2018, 19:26:08

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StS



The familial horror film Hereditary, which stars Toni Collette, Alex Wolff, Milly Shapiro, Ann Dowd and Gabriel Byrne.

When Ellen, the matriarch of the Graham family, passes away, her daughter's family begins to unravel cryptic and increasingly terrifying secrets about their ancestry. The more they discover, the more they find themselves trying to outrun the sinister fate they seem to have inherited. Making his feature debut, writer-director Ari Aster unleashes a nightmare vision of a domestic breakdown that exhibits the craft and precision of a nascent auteur, transforming a familial tragedy into something ominous and deeply disquieting, and pushing the horror movie into chilling new terrain with its shattering portrait of heritage gone to hell.

Written and directed by Ari Aster.


http://www.youtube.com/watch?v=V6wWKNij_1M

Lief auf´m "Sundance" und kam dort echt gut an.
"Diane, last night I dreamt I was eating a large,  tasteless gumdrop and awoke to discover I was chewing one of my foam disposable earplugs.
Perhaps  I should consider moderating my nighttime coffee consumption...."
(Agent Dale B.Cooper - "Twin Peaks")

StS

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Perhaps  I should consider moderating my nighttime coffee consumption...."
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PierrotLeFou

Habe gestern den Trailer gesehen und das sah schon angenehm böse und zugleich recht stilsicher aus... Hatte den gar nicht auf dem Plan, bin nun aber sehr gespannt. :D
"Eines Tages werde ich ein wahrhaft großes Drama schreiben. Niemand wird verstehen, worauf es hinaus will, aber alle werden nach Hause gehen mit einem vagen Gefühl der Unzufriedenheit mit ihrem Leben und ihrer Umgebung. Dann werden sie neue Tapeten aufhängen und die Sache vergessen." (Saki)

StS

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Benny88

Filmstarts vergibt 5 von 5 Sternen und lobt "Hereditary" als besten Horrorfilm seit "Shining":

http://www.filmstarts.de/kritiken/261860/kritik.html

StS

16 Juni 2018, 20:20:55 #5 Letzte Bearbeitung: 16 Juni 2018, 20:41:27 von StS
Jup, der Film ist so gut wie die Kritiker es sagen! Tolles Drama u.a. über Verlust und Verarbeitung mit einer tollen Toni Collette - plus feine Horror-Komponenten und einige creepy/eindringliche/schockierende Szenen, die wahrlich im Gedächtnis hängen bleiben. Kein "Jump-Scare-Fest für die tumbe Masse" - was den schwachen CinemaScore absolut erklärt - sondern ein wirklich gelungenes Genre-Werk: Eins der besten der letzten Jahre!

knappe 9/10
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Mills

Zitat von: StS am 16 Juni 2018, 20:20:55
Jup, der Film ist so gut wie die Kritiker es sagen! Tolles Drama u.a. über Verlust und Verarbeitung mit einer tollen Toni Collette - plus feine Horror-Komponenten und einige creepy/eindringliche/schockierende Szenen, die wahrlich im Gedächtnis hängen bleiben. Kein "Jump-Scare-Fest für die tumbe Masse" - was den schwachen CinemaScore absolut erklärt - sondern ein wirklich gelungenes Genre-Werk: Eins der besten der letzten Jahre!

knappe 9/10
Das nenne ich mal ein Machtlustfazit!
A: Welchen Bond-Film magst du am liebsten?
B: Den mit Daniel Crack, also genauer gesagt Casino Neural.


Meine Sammlung

Butzemann

Hatte den vorher gar nicht aufn Schirm, aber als dann die Kritiken eintrudelten und i-wie jede positiv war und darüber hinaus, muss ich wohl einfach ins Kino stiefeln, hilft alles nix  :zwangsjacke:
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"Von all den Dingen die mir sind verloren gegangen, hab ich am meisten an meinen Verstand gehangen"

StS

17 Juni 2018, 09:53:06 #8 Letzte Bearbeitung: 17 Juni 2018, 09:58:47 von StS
Gerade am Ende dürften sich die Geister scheiden, denk ich (ähnlich wie bei "the VVitch").
Aber gerade da war auch dieser Funke einer gewissen Art von "Humor" präsent, der mir ebenfalls gefiel.
Bin auf andere Stimmen hier aus der Runde gespannt...


Milly "Charlie" Shapiro erklärt zutreffend...

"I think a lot of people don't get it the first time, and they're probably going in expecting the typical horror movie and they're not really open to a new style," Shapiro told the site. "It is very similar to The Exorcist and The Shining in that there is a lot of development and it's not about jump scares. It's about psychological scares, and I think a lot of people weren't really sure what to expect when they went in. They just expected the typical modern horror movie, which is a bunch of jump scares, and you're not really supposed to think about it, everything is handed to you."

The 15 year old actress, a Tony winner and Grammy nominee who made her feature debut in Hereditary, continued, "But Hereditary isn't really like that, and I think all the reviewers were going in with an open mind. I think a lot of the people going in to see the film that didn't like it weren't really open to the new ideas of it."

(BloodyDisgusting.com)


...okay, wirklich "neu" sind Ideen und Stil nicht gerade. Aber anders als z.B. die meisten Filme aus der "Blumhouse"-Schmiede.
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Moonshade

Ok, allmählich bekomme ich auch Lust auf einen Kinogang...ich fand "Witch" jetzt zwar nicht die Offenbarung, aber visuell mehr als beeindruckend.
Und für "anders" bin ich augenblicklich auch zu haben...
"Du hältst durch und ich halte durch und nächstes Jahr gehen wir einen saufen!

"Anything invented after you're thirty-five is against the natural order of things.!" (Douglas Adams)

Butzemann

Kann mich dem positiven Echo nur anschließen.

Erstmal ein bissl Offtopic:

Die Freundin wollte nicht gerade in den Film, also nahm ich ne späte Vorstellung wahr und dachte, man ist mal wieder allein im Saal. Leider stand schon vor der Tür eine Clique, die sich rege austauschten und ich dachte noch, hoffentlich labern die nich so viel beim Film oder sitzen weit weg. Weit gefehlt. Handylicht an, Fussballgequatschte und das Nervigste, in stillen Szenen machten sie Plop-Geräusche, die die den Film gesehen haben, wissen was ich meine und irgendwann ist mir, vielleicht lag es auch an der Angespanntheit wegen dem Film, der Kragen geplatzt. Ich bin sonst ein ruhiger Geselle, aber nachdem selbst einige aus der Gruppe den "Horst" ermahnten leise zu sein, und er weiter quatschte oder Geräusche machte, drehte ich mich zu ihm um und schrie:

"Jetzt halt mal endlich deine Fresse, verdammt nochmal!"

Hab mich selbst über mich erschreckt, erstens weil ich solche Wortwohl nur recht selten benutze und zweitens in der Lautstärke und der Art und Weise. Naja, es hat jedenfalls geholfen und danach war es muchsmäuschenstill.


Zum Film:

Unbedingt ins Kino. Der Score und die Atmosphäre sind der Hammer. Die Story ist natürlich nicht neu, aber facettenreich und intelligent gestrickt. Es ist immer ein gutes Gefühl, wenn man als Zuschauer nicht viel mehr weiß als die Protagonisten, mitfiebern kann man mMn dann umso mehr. Und das ist ein gutes Stichwort. Hab mich schon lang nicht mehr so unbequem erwischt gefühlt, die knisterne Spannung, dieses Mystische und zum Ende hin "Anheizende" hat mich einfach mitgerissen. Das Ende war dann auch sehr passend und konsequent. The Witch fiel hier schon, den ich auch schon sehr gut fand und Hereditary ist zwar in einer ganz anderen Zeit angesiedelt, aber ähnlich gelagert. Dennoch finde ich den ein Ticken besser. Er hat dann in der Summe einfach mehr zu bieten.
Tolles Horrorkino auf jeden Fall. Abzüge gibts wegen einigen Szenen, die manchmal unfreiwillig komisch wirkten und bei einigen Gefühlsausbrüchen wäre weniger mehr gewesen.

9/10 Plops
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"Von all den Dingen die mir sind verloren gegangen, hab ich am meisten an meinen Verstand gehangen"

Mr Creazil

Ich denke, ich verstehe, warum viele den Film abfeiern, aber der ist wirklich nichts für mich. Daher hier eine sehr persönliche Gegenmeinung.:

!!!SPOILERWARNUNG!!!

Spoiler: zeige
Mein erster Gedanke nach dem Kinogang war: das kann unmöglich euer Ernst sein! DAS soll der beste Horrorfilm seit Jahren sein? Nachdem ich drüber geschlafen hatte, fiel mein Urteil milder aus, nichtsdestotrotz kann ich den "Hereditary" umkreisenden Hype bloß ungläubig wahrnehmen.

Klar: objektiv betrachtet macht Ari Aster formell nichts falsch, die Inszenierung entspricht der Thematik der Trauerbewältigung und der daraus resultierenden Zerstörung des familiären Zusammenhalts (u.a. aufgrund von Wahnsinn). Außerdem liefert Aster reichlich Szenen, die sich für weitläufige Interpretations-Selbstläufer regelrecht anbiedern. Mein Problem mit "Hereditary" verorte ich daher daran, dass er zwar als Drama passabel funktioniert, als Horrorfilm jedoch überhaupt nicht. Und um den ganzen "Oh, das sagst Du nur, weil es eine komplett andere Art von Horrorfilm ist, der nicht von Jump Scares lebt"-Apologeten vorzubeugen: daran liegt es nicht! Sicher: das kontemporäre Horrorkino ist furchtbar überfüllt mit Jump Scares, bedauerlicherweise insbesondere derer dilettantischer Art. Insofern begrüße ich jede frische, abwechslungsreiche Herangehensweise, die Alternativen aufbietet - bloß dann sollte sie auch Alternativen zu bieten wissen, insbesondere Alternativen, die funktionieren.

Konkret auf "Hereditary" bezogen: die zweite Hälfte des Films, das, was man Horror nennen mag (alles davor ist zweifelsohne furchtbar, erschütternd und niederschmetternd, seinem Wesen nach hingegen dem Drama mehr verpflichtet) funktioniert hinten und vorne nicht. Aster verfehlt sowohl den mutmaßlich ursprünglich angedachten quälenden Effekt, der das Leiden der Familie vermitteln würde, als auch den sukzessiven Abstieg in den Wahnsinn gewisser Angehöriger. Das liegt zum einen daran, dass er nie wieder die bleierne, schwer erträgliche, deprimierende Intensität der Szene erreicht, in der Toni Collete am Boden zerstört, von unerträglichem Schmerz erfüllt nur noch den Tod herbeisehnt. Was danach folgte, konnte lediglich wie eine Besserung der Stimmung anmuten, weswegen ich mich fragte, wie der Drama-Teil überhaupt mit dem Horror-Teil in Einklang gebracht werden könnte. Ich bezweifelte sehr, dass das überhaupt möglich ist und behielt Recht: Aster verlegt sich in der Folge zusehends auf eine Okkultismus-/Geisterbeschwörungs-/Satanisten-Mär (die es per se schwierig bei mir haben) plattester Art, bemüht abgedroschene Gruselideen und -Klischees, die weder ihre ordnungsgemäße Funktion erfüllen, nämlich zu gruseln, geschweige denn das Leid der Familie funktionsfähig vermitteln. Schlimmer noch: das Gegenteil ist der Fall. Das Gezeigte wirkt schlicht und ergreifend albern und lachhaft. Gleichzeitig ist das, was Aster zeigt, zu keinem Zeitpunkt wagemutig oder irritierend genug, um den Abstieg in den Wahnsinn besagter Familienmitglieder treffend zu illustrieren. Zu fad, zu abgenutzt ist das, was wir zu sehen bekommen.


Irgendwann war ich von der Chose nur noch extrem genervt, wünschte mir ärgerlich das Ende herbei oder zumindest, dass es endlich vorangeht. Ähnlich wie "VVitch" lässt das, was den Film zu Beginn packend gemacht hat, mehr und mehr nach, ersetzt Atmosphäre durch Hysterie und mündet in einem lachhaften Finale, das mit seiner arg, arg bemühten, halbherzigen Symbolik im Nichts aufgeht.

Wie gesagt: meine sehr persönlich Einschätzung und ich würde dringend jedem raten, sich unbedingt selbst ein Bild zu machen. Außerdem muss ich anmerken, dass die Stimmung im Kino dem Erlebnis ganz und gar nicht zuträglich war: da gab es genug Schwatzereien, die allen laut kund tun mussten, wie doof und albern der Film sei, an vielen Stellen wurde unpassenderweise gelacht. War für die Leute, die den Film vielleicht mochte, einfach unerträglich und störend. Ich hoffe, das müssen andere nicht miterleben.
"Nihilist und Christ: das reimt sich, das reimt sich nicht bloß ..."

"Die Zensur ist die jüngere von zwei schändlichen Schwestern, die ältere heißt Inquisition. "

"Who fights with a ladder - well, Jackie Chan does!"

https://letterboxd.com/mrcreazil/

StS

27 Juni 2018, 17:26:23 #12 Letzte Bearbeitung: 27 Juni 2018, 17:28:58 von StS
Kann ich verstehen, Deine Ausführungen - aber bei mir hat der Film einfach funktioniert. Ja, der Drama-Anteil ist besser als der Horror-Part - aber auch den mochte ich, u.a. da er dieses "Schräge" mit sich führt, das ich gut leiden kann (vgl. die gesamte Szene im "Baumhaus" am Ende). Ist halt wahrlich kein Film für jedermann - unabhängig der gut/schlecht-Klassifizierung in dem Zusammenhang...

Das mit dem Publikum kann ich verstehen: Geht gar nicht. Ich hatte den im Urlaub in Dublin geschaut - und da war es zum Glück sehr zivilisiert und still (bis auf die Reaktionen auf gewisse Momente, wie den "Unfall", natürlich).
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Mr Creazil

Natürlich mag sich die Frage aufdrängen, ob, wäre das Publikum nicht derart nervig gewesen, meine Eindruck von dem Film ein anderer gewesen wäre. Wobei ich das mit ziemlicher Sicherheit verneinen würde.
Jedenfalls möchte ich klarstellen, dass Aster rein handwerklich einen sehr guten Job macht, Kamera, Musik und Schauspieler sind tadellos, vor allem Toni Collette liefert eine beängstigend intensive Darstellung.
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tenderman

Gestern im Kino gewesen und leider etwas enttäuscht. Vermutlich aber bedingt durch die hohe Erwartungshaltung.... Ich fand die Darsteller und die morbide Grundstimmung, verbunden mit der stetig steigenden Spannungskurve, sehr gelungen. Die Auflösung war aber, und das ist der große negative Punkt, absolut an den Haaren herbeigezogen und alles andere als originell. Jemand der das Genre nicht kennt, wird dem Ende vielleicht etwas abgewinnen, für mich war das leider nix.

Spoiler: zeige
Nach den ersten Hinweisen mit den Symboliken, der Kette, die Séance hab ich die ganze Zeit gehofft "Lass es bitte nicht eine blöde Sekte sein" - Pustekuchen. Bei der Minitaturwelt hatte ich noch etwas erwartet - eine zweite Metaebend z.b, aber dieser Faden blieb leider irgendwie lose.
Horror, verbunden mit Familiendrama, mach bspw. der Babbadook um einiges besser. Aufarbeitung eines Kindheitsverlustes ist in Rabbit Hole wesentlich ergreifender auserzählt.


Dank der Darsteller und der Stimmung ne knappe 6/10.
"Aspirin gab´s nicht, da hab ich dir Zigaretten mitgebracht" (Homer Simpson)

EvilErnie

Was für ein kranker Psychotrip  :icon_eek:...ich fand den obergeil 9/10 Trips
,,Der Director's Cut erweist sich nicht nur als die filmisch bessere Version, sondern auch als die einzig logische." (Blade Runner)

Behandel´ne Königin wie `ne Hure und `ne Hure wie `ne Königin, dann kann nichts schiefgehen! (Alien 3 SE)

Ich hab ne Sprengkapsel im Kopf! Du musst mich töten sonst sterb ich! (Ethan Hunt)

Eric

Gestern gesehen und ich bin irgendwie etwas hin- und hergerissen.
Ich stimme sowohl STS als auch MR CREAZIL zu.

(Collettes Darstellung der Mutter zählt allerdings zum BESTEN was ich in den letzten Jahren gesehen habe! Alleine sie hat schon eine 10/10 verdient)

Wichtig:
ich bin wahrlich kein Fan von Jump Scares! Schreckmomente sind wichtig, aber wenn ein Film nahezu nur auf diesen Momenten aufbaut fällt er bei mir gnadenlos durch.
HEREDITARY macht es hier (nahezu) perfekt. Man erwartet regelrecht einen Jump Scare, ..., und dann kommt keiner. Was die Spannung umso mehr erhöht.

Der Film hat viele Szenen, die mir wohl nachhaltig im Gedächtnis bleiben werden. (Ich versuche jetzt mal sie ohne Spoiler so wage wie möglich zu beschreiben)
- der erste Besuch der Selbsthilfegruppe der Mutter
- das Stoppen des Autos nach der Party durch den Sohn wo die Kamera nur auf ihn gerichtet ist
- der Zusammenbruch der Mutter im Schlafzimmer mit ihrem Ehemann

Hierbei hatte ich jeweils einen doch ziemlich grossen Klos im Hals stecken.

Auch diese angebliche Meta-Ebene (mein Hasswort des Jahrtausends!) zwischen "Puppenhaus" und normalem Haus hat mich mehr und mehr in seinen Bann gezogen, da im "realen" Haus irgendwie alles so drapiert war, als wäre es ein Puppenhaus.

Bis zu diesem Punkt hätte der Film von mir eine 9/10 bekommen.

Wenn da nicht diese letzten 20 Minuten wären. Diese waren für mich irgendwie unlogisch, an den Haaren herbeigezogen und zum Teil auch inhaltlich falsch.
Beispiel dazu:
Spoiler: zeige
Die Mutter will das Zeichenbuch verbrennen und dabei fängt ihr eigener Arm Feuer. Sie sagt zu ihrem Mann, das SIE es nicht verbrennen kann, da SIE sonst selber Feuer fängt. Also soll ER es verbrennen. Er macht es nicht, daher wirft SIE es nochmals ins Feuer woraufhin ER zum Brennen beginnt statt IHR??!!??

Hä??

Auch die eigentliche Auflösung fand ich jetzt, im Vergleich zum restlichen Film, eher aufgesetzt.
Spoiler: zeige
Juhuu, eine Sekte, tolle Wurst


Das alles macht den Film jetzt wahrlich wirklich nicht schlecht, schmälert aber doch den äusserst guten Eindruck der ersten fast 100 Minuten.
Daher: 7,5/10


LG

ERIC

P.S. und bin ich der Einzige, der das Mädchen wirklich potthässlich findet??  :tuete:
Sie sieht aus wie das jugendliche Äquivalent einer Unterwäscheschublade von einer 85jährigen Oma.
Liebe Ursula,
wünsch dir frohe Ostern, nen tollen Namenstag und nen guten Rutsch ins Jahr 1978!
Grüsse aus der Alzheimergruppe, deine Tante Günther!

Ich hasse Menschen, Tiere + Pflanzen. Steine sind ok.

Butzemann

Zitat von: Eric am 24 Oktober 2018, 11:38:15
P.S. und bin ich der Einzige, der das Mädchen wirklich potthässlich findet??  :tuete:
Sie sieht aus wie das jugendliche Äquivalent einer Unterwäscheschublade von einer 85jährigen Oma.

Klar, ist sie keine Schönheit und ich kann mich noch dran erinnern wie es im Kino damals Zwischenrufe gab wie: "Wieso hat die so große Brüste in dem Alter?" oder "Was isn mit der los?"

Aber ich für meinen Teil, fand es schon i-wie gut, dass so ein Mädchen besetzt wurde. Einerseits passt es zur Story und treibt diese an (siehe Bruder, der sie zu einer Party mitnehmen muss, weil sie sonst auf keine kommt, und die Konsequenz daraus) und andererseits ist es nicht die tausendste Besetzung einer Tussi, die nichts anderes zu tun hat, außer cheerleeding und makeup machen.

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tenderman

Im Endeffekt hätte man sie aber auch mit einer x-beliebigen "Tussi" besetzen können. Hatte für mich keine tiefere Bedeutung. Auch die Sache mit dem Puppenhaus
Spoiler: zeige
 war final ja nicht wirklich eine Metaebene sondern nur eine Art Metapher
war verschenkt - keine tiefere Bedeutung.
Der ganze Film baut eine unheilvolle Spannung auf und verpufft dann mit dem m.E. dämlichen Finale, verschenktes Potential. Wenn ich weiter darüber nachdenke, muss ich glatt noch einen Punkt abziehen...

Gruß
tederman
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PierrotLeFou

Zitat von: tenderman am 25 Oktober 2018, 17:03:29Auch die Sache mit dem Puppenhaus
Spoiler: zeige
 war final ja nicht wirklich eine Metaebene sondern nur eine Art Metapher
war verschenkt - keine tiefere Bedeutung.

Ist zugestandenermaßen ein sehr simpler Kniff, den man ohne Aufwand an fast jede Geschichte dranpappen kann – aber es ist nun einmal der Umstand im Film enthalten, dass sich nahezu seine ganzen
Spoiler: zeige
Ereignisse innerhalb eines Werkes (von, so liegt es nahe, der künstlerisch tätigen Hauptfigur) abspielen
und somit unterstreicht der Film noch einmal, dass er sich auch als Verarbeitung ganz realer Misstände in einem immer mit Zwängen verbundenen Familienleben betrachten lässt...
Das muss man natürlich nicht so sehen, aber dann müsste man sich fragen, die lebendig werdenden Puppenhaus-Figuren zu Beginn sonst implizieren... Mag ja sein, dass man sich beim Inszenieren einfach gar nichts dabei gedact hatte (was ich für unwahrscheinlich halte), aber enthalten ist es ja dennoch.
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manisimmati

Ich muss mich tenderman anschliessen. Mich hat der Film herb enttäuscht. Habe ihm 5/10 Punkten gegeben, da ich ihn zwar stellenweise interessant, aber letztlich ungruselig und bemüht fand. Die "tiefere Ebene" war doch eher eine Behauptung. Die Schlusspointe stempelte "Hereditary" für mich zu arthousig-aufpoliertem Trash. Ich kann den Hype überhaupt nicht nachvollziehen.

MaistaMaista

Ein richtig, richtig guter Film ist das. Die Kameraarbeit ist sagenhaft und gibt der Spannung, die der Film hat, nochmal einen richtigen Schub und übertrifft auch die gute Tonkulisse. Die Schauspieler agieren auf hohem Niveau und überzeugen auf ganzer Linie. Ich kann verstehen wenn man den Film wegen den letzten 20 Minuten für blödsinnig abstempelt, aber das ist jedem selbst überlassen, der Glaube. Die Story bietet jetzt nichts neues, aber wie diese umgesetzt wurde, ist einfach großartig, meiner Meinung nach. Ich konnte mit allem was der Film bietet etwas anfangen und für mich ist das seit langem mal wieder ein Film der 10/10 Punkte bekommt, zuletzt war das bei Spotlight der Fall.

PierrotLeFou

29 Oktober 2018, 19:05:38 #22 Letzte Bearbeitung: 29 Oktober 2018, 19:11:02 von PierrotLeFou
Zitat von: Eric am 24 Oktober 2018, 11:38:15
P.S. und bin ich der Einzige, der das Mädchen wirklich potthässlich findet??  :tuete:
Sie sieht aus wie das jugendliche Äquivalent einer Unterwäscheschublade von einer 85jährigen Oma.

Potthässlich würde ich jetzt nicht sagen, wobei sie im Film schon noch einmal sonderbarer aussieht als in Interviews.
Die Frage, ob die Darstellerin irgendeinen Defekt, eine Behinderung hat, wird ja durchaus häufiger gestellt. Ist mir selbst durchaus auch durch den Kopf gegangen, als ich erstmals den Trailer gesehen habe... und ich denke, dass das zweierlei Funktionen erfüllt:
Zunächst wirkt es im Film ein wenig wie die die typische gehandicapte Figur, die wesentlich hellsichtiger ist – wie die blinden Seher oder die geistersehenden Downsyndromler in von Triers "Riget".
Dann stellt sich aber heraus, dass ihre Ticks und seltsamen Verhaltensweisen
Spoiler: zeige
aus der Besessenheit herrühren
und somit
Spoiler: zeige
Zeichen einer bösen Präsenz
sind.
Ist im Grunde ja ein Schritt von der progressiven Zeichnung des Hässlichen als edelmütig (Freaks/Nutty Professor/Glöckner von Notre Dame etc.) zur reaktionäreren Zeichnung des Hässlichen als bösartig (Nosferatu/Jekyll & Hyde etc.).
Das wird dann auch noch damit verbunden, dass wie bei
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Lovecrafts "Ding auf der Schwelle"-Story
die
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besitzergreifende Macht einen männlichen Körper
anstrebt. Wird zwar über die
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eigene Geschlechtlichkeit dieser Macht
begründet, nicht über
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deren Annahme, dass Männer stärker wären
, hat aber – weil es ja auch heißt, dass zunächst das schwächste Glied zum Opfer wird, und wegen der im Film angesprochenen Geburtsumstände – auch so einen kleinen Beigeschmack...

Ist natürlich spannend, dass ein Film, der mit seiner Zeichnung der Familie und mit der Besetzung des jungen Mädchens (das ja nun nicht Rondo-Hatton-mäßig zur Schau gestellt wird) recht progressiv zu sein scheint, solch vergleichsweise reaktionären Elemente verarbeitet. Zieht man nun die eingangs ganz schnell implizierte Metaebene hinzu, lässt sich das recht einfach auch als progressiver Film über reaktionäre Vorstellungen lesen und macht das Porträt von Zwang und Gewalt in einer vermeintlichen Vorzeigefamilie noch etwas abgründiger.
"Eines Tages werde ich ein wahrhaft großes Drama schreiben. Niemand wird verstehen, worauf es hinaus will, aber alle werden nach Hause gehen mit einem vagen Gefühl der Unzufriedenheit mit ihrem Leben und ihrer Umgebung. Dann werden sie neue Tapeten aufhängen und die Sache vergessen." (Saki)

Captain_Chaos.ONE

Zitat von: Eric am 24 Oktober 2018, 11:38:15

P.S. und bin ich der Einzige, der das Mädchen wirklich potthässlich findet??  :tuete:
Sie sieht aus wie das jugendliche Äquivalent einer Unterwäscheschublade von einer 85jährigen Oma.

sie hat, genau wie gaten matarazzo aus stranger things, ne seltene (erb)krankheit/gen-defekt. vor allem in ihrem fall gabs wohl von management/studio ne order an die presse, dass das nicht thematisiert wird. ich meine, dass es das bei dem dustin darsteller anfangs auch der fall war, wobei er damit mittlerweile sehr offen umgeht.

Man Behind The Sun

Einer besten Horrorfilme seit 2000, wenn nicht sogar DER beste überhaupt.
Ein Film, den ich mir aufgrund einiger Szenen und seiner gesamten Thematik wohl leider kein zweites Mal ansehen werde.
In heaven everything is fine.


Mr. Blonde

6 Februar 2019, 06:09:00 #25 Letzte Bearbeitung: 6 Februar 2019, 18:38:27 von Mr. Blonde
Mir hat der ausgezeichnet gefallen und ich wurde eiskalt erwischt. Er funktioniert als Drama und zum anderen auch brilliant als naturgetreues Abbild echter Trauer sowie der Verarbeitung dieser. Wo Hollywood sonst diese einzelne, sexy Träne einsetzt, um zu zeigen, dass jemand ganz dolle traurig ist, so bringt hier vor allem die Mutter u.a. in der von Eric bereits beschriebenen Szene im Schlafzimmer eine Bandbreite an Gefühlen rüber, die Menschen verspüren, welche jemals einen geliebten Menschen verloren haben. Ohnehin ist die Toni Collette brilliant und spielt einen Gabriel Byrne locker an die Wand. Der Sohnemann versprühte dann ein extremes "Donnie Darko" Feeling. Fand ich auch recht cool.

Auch als Horrorfilm geht "Hereditary" mehr als klar. Einige Bilder sind einprägsam und verstörend, ohne dass der Film die große Jumpscare-Gaudi abfeuert. Trotzdem ist er verdammt gruselig, wenn es Sinn macht und nötig ist. Bin jedenfalls mehrfach zusammengezuckt und das passiert wirklich selten. Und was dieser Film wie kaum ein anderer schafft: Er bringt genau die Atmosphäre, genau dieses Gefühl rüber, das echte Albträume erwecken. Da sind einige Momente dabei, die dermaßen diabolisch und bösartig sind, gleichzeitig surreal, dass es für mich auf dem psychologischen Sektor voll eingeschlagen hat. Und das Beste: Kein blöder Gimmick-Film, der sein Pulver schnell verschießt (Get Out, Bird Box, A Quiet Place etc.), sondern ein Film, der wirklich etwas zu erzählen hat und einen auf verschiedenen Ebenen berühren kann. Ich jedenfalls war gleichermaßen schockiert, wie begeistert. Echtes Albtraumfeeling und echtes Trauerabbild.

Über das Ende und die Auflösung kann man geteilter Meinung sein. Die letzten 5 Minuten habe ich so hingenommen. Es hätte für meinen Geschmack in eine andere Richtung gehen dürfen. Dennoch macht mir die letzte Szene nicht die spannenden, interessanten und recht gruseligen vorherigen Minuten kaputt. Immerhin erfüllt die letzte Sequenz einen Sinn: Sie ebnet den Weg, den Film nochmal zu sehen auf der Suche nach Hinweisen, die das erahnen lassen. Gibt ja einige davon. ;)

Dennoch würde ich locker 8 oder gar 9 Punkte verteilen.

Ansonsten würde ich mich noch auskotzen wollen: Ist doch völlig egal, wie das Mädchen aussieht und ob sie irgendeinem Schönheitsideal entspricht. Die junge Dame hat ihren Job verdammt gut gemacht und der Rest ist egal. Ist doch kein lahmer Hochglanzkrempel. Ich fand es wunderbar, dass man hier mal gegen den Strich besetzt hat. Aber auch hier beweist der Film ein mal mehr, das er nicht mit dem üblichen Mittelmaß zu vergleichen ist. Milly Shapiro hat mich ihrer Rolle 10 mal mehr interessiert, als jeder perfekt gestylte Mensch in den meisten anderen Filmen.
Spoiler: zeige
Und als sie dann abtritt, meine Güte... Das war nicht nur ein Tritt in die Fresse, sondern hat mich emotional extrem gepackt.
Zumal ich mich frage, warum ein Mädchen in einem Film überhaupt schön sein sollte bzw. was daran verkehrt ist, wenn das nicht der Fall ist.  :doof: Bitte mehr Darsteller in Filmen, die wie echte Menschen aussehen und nicht wie Personen, die zehn Stunden in der Maske saßen.

Zitat von: Butzemann am 25 Oktober 2018, 02:37:03
Klar, ist sie keine Schönheit und ich kann mich noch dran erinnern wie es im Kino damals Zwischenrufe gab wie: "Wieso hat die so große Brüste in dem Alter?" oder "Was isn mit der los?"

:kotz:  :doof:  :viney:

Einer der Gründe, warum ich immer seltener ins Kino gehe. Habe einfach kein Interesse mehr daran, mit solchen Idioten in einem Raum zu sitzen.


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Stefan M

Ich kann mich Mr. Blonde da in fast jedem Punkt anschließen. Gerade habe ich ihn zum zweiten Mal in diesem noch jungen Jahr gesehen, und er verfehlte auch diesmal nicht seine Wirkung.
Spoiler: zeige
Charlies unvermittelter blutiger Abgang
und die Reaktion der Beteiligten darauf ist wahrscheinlich einer der intensivsten und aufrüttelndsten Momente überhaupt in einem Horrorfilm - fünf schmerzhafte und schockierende, eigentlich sogar unerträgliche Minuten, die einfach nur voll auf die Zwölf gehen. Seinen Anteil daran trägt auch das hervorragend geschriebene Drehbuch, das einen wirklich um die Familie mitfiebern läßt. Selbst der kontrollierte Vater, aus dem es später allerdings auch in einer Szene emotional herausplatzt, hat, wenn vielleicht schon nicht die Sympathien, dann aber wenigstens das Verständnis des Publikums auf seiner Seite, wenn er mehr und mehr an seiner Ehefrau verzweifelt, die sich immer wahnsinniger aufführt. Dem glaubt man, daß er Frau und Kinder liebt, auch wenn er es vielleicht nicht so zeigt. Wirklich mitreißend ist aber Toni Collette, die ihre Rolle so realistisch rüberbringt, daß für diese Ausnahmeleistung in einem Horrorfilm eigentlich eine Oscar-Nominierung angebracht gewesen wäre. (Daran kommt in den letzten Jahren eigentlich nur Essie Davis in "Der Babadook" ran.)

"Hereditary" funktioniert dabei als Tragödie und Horrorfilm gleichermaßen. Es gibt einen einzigen lausigen Jump-Scare, mehr hat er nicht nötig, denn dafür kriecht die düstere Atmosphäre in jede Pore des Körpers, verstärkt durch eine verstörend dissonante Tonspur, schräge Klangfolgen, die keine richtige Melodie ergeben, aber durch Mark und Bein gehen. Letztlich geht der Film nicht unbekannte Genre-Pfade, ist aber geschickt genug, die noch folgenden Wendungen ausreichend zu verschleiern, sie einem nicht so deutlich vorzubereiten, daß zumindest ich noch mehrmals überrascht oder - wie in oben verspoilertem Moment - kalt erwischt werden konnte. In der letzten halben Stunde verwandelt sich die Story jedenfalls in einen astreinen Schocker, der selbst dem eingefleischten Genrekenner noch ungewöhnliche Bilder beschert.

Die viel diskutierte Auflösung mag letztlich nicht der Knaller sein, den man nach dem sorgfältigen Aufbau zuvor erwarten konnte, aber sie kommt nach der Nervenmühle zuvor regelrecht einer Erlösung gleich und liefert - wie Mr. Blonde schon sagt - Anreiz, sich danach noch einmal mit ihm beschäftigen zu wollen, um alle Hinweise zu erhaschen, die darauf hingedeutet haben könnten.

Ein großartiger Genre-Beitrag, der einen wirklich schaudern läßt und - das ist für einen Horrorfilm bemerkenswert genug - berührt. 9/10.
"Ein Leben ohne Mops ist möglich, aber sinnlos." (Loriot)

Synchronisation ist nicht grundsätzlich schlecht und manchmal sogar richtig gut!

McClane

Ich kann den Hype nicht ganz nachvollziehen. "Hereditary" ist ein guter Genrefilm, aber mir die Wurst vom Teller gezogen hat er jetzt auch nicht. Dieser Text, auch wenn er "Hereditary" davon abgrenzt, nutzt den Begriff "Studentenhorror" und der passt eigentlich gut - mit genau dieser Art von Film habe ich ein Problem, obwohl ich die Vertreter dieser Richtung eigentlich alle gut, aber eben nicht überragend fand. Alle ziehen mit so viel Mühe eine zweite Ebene ein, sei es Fremdeln mit dem eigenen Kind ("The Babadook"), Rassismus ("Get Out"), sexuell übertragbare Krankheiten ("It Follows") oder hier eben den Umgang mit Verlust, dass anscheinend keine Energie mehr für den Horrorpart haben. Gibt da zwar immer ein paar gruselige Stellen, aber nachhaltig verunsichert oder zumindest kurzfristig auf Habachtstellung bin ich da nicht. Man mag die James-Wan-Geisterbahnen mit dem Modewort Jump Scares schmähen - oft funktionieren die für mich aber besser (und sind auch nicht unbedingt hintergrundlos - bei der Zweitsichtung von "Insidious" ist mir aufgefallen wie viel es da um die Überforderung einer jungen Familie geht). Auch sonst fallen mir zahlreiche Werke ein, die Subtext und effektiven Horror besser zusammenbekommen haben (z.B. "Poltergeist", "Candyman" oder "The Descent").

Aber zurück zu "Hereditary": Ob es daran lag, dass Sascha Westphal der Ansicht war, dass man einen Text über das neue Horrorkino nicht ohne das Spoilern des Endes von "Hereditary" schreiben kann und ich es daher schon vor der Sichtung kannte, daran, dass ein Vorbild
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("Rosemaries Baby")
exzessiv von Kritikern und Marketing erwähnt wurde oder daran, dass der Film sehr offensichtlich ist, weiß ich nicht. Aber das Ende war mir schon bald klar (nicht zuletzt wegen des epd-film-Textes) und hat daher keinen Wow-Effekt gehabt, aber Filme, die nur einmalig mögliche Überraschungen bauen, sind ja eh nur Taschenspielertricks. Da hat "Hereditary" mehr zu bieten, wenn er in Hälfte eins als fast reinrassiges Drama funktioniert, sich aber auch durchaus krude Dinge zutraut - etwa wie mehrfach erwähnte Szene, bei der man denkt "Ist gerade wirklich das passiert, von dem ich denke, dass es passiert ist?" und mehrere Minuten auf die Bestätigung warten muss. Die Darsteller sind super, von Collette als gestresster bis hysterischer Mutter über Byrne als Identifikationsfigur bis hin zu den hervorragend gecasteten Jungdarstellern. Hälfte zwei steigert dann die unheimliche, übersinnliche Komponente, verknüpft Geisteshaftes mit familiären Abgründen und lässt den Zuschauer raten, was nun Einbildung, was Spuk und was die Wiederkehr familiärer Dispute ist. Doch es könnte irgendwie gruseliger sein und wenn das Finale dann zum Budenzauber wird, dann wirkt das wie ein Stilbruch, ebenso wie die Auflösung, die sich vom Hauptthema etwas wegbewegt
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von der Verlustangst zum familiär geprägten Erbfluch inklusive Teufelsanbetern
. Manches im Finale ist immer noch schön gruselig
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(die Leute auf dem Dachboden)
, manches immerhin erfrischender Quatsch
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(die hysterisch an der Decke hängende und den Kopf gegen die Dachbodentür hämmernde Mutti)
, aber Stilbruch bleibt Stilbruch. Wie gesagt: Durchaus ein gelungener Genrefilm, ambitioniert, atmosphärisch und stark besetzt, aber auch nicht ohne Schwächen. (7/10)
"Was würde Joe tun? Joe würde alle umlegen und ein paar Zigaretten rauchen." [Last Boy Scout]

"testosteronservile Actionfans mit einfachen Plotbedürfnissen, aber benzingeschwängerten Riesenklöten"
(Moonshade über yours truly)

Stefan M

Bei mir funktionieren gerade die von dir genannten James-Wan-Geisterbahnen leider nicht mehr. Bei "Dead Silence" und "Insidious" ging das noch ganz wunderbar, die Fortsetzungen von letzterem Film ließen für mich mehr und mehr nach, von "The Conjuring" ganz zu schweigen. Das sind meist sauber gemachte Gruselfilme, die mir immer noch lieber sind als die meisten Schlachtplatten, aber meinen Nerv treffen sie nicht mehr.

Und dann kam "Hereditary". Ich muß sagen, daß ich inhaltlich nichts von dem Film wußte. Weder habe ich in diesem Thread darüber gelesen noch irgendwo anders eine Kritik. Gut, auf dem Cover blökt es
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"Rosemary's Baby"
, aber das hatte ich dann mit Start des Films eh wieder vergessen. Die einzige Rückmeldung war eine Arbeitskollegin, die in ihrer gewohnt übertriebenen Art vom "schlechtesten Film aller Zeiten" sprach. Da sie eine dieser Jump-Scare-Verfechterinnen ist, vermutete ich schon, daß er in der Hinsicht wahrscheinlich wenig zu bieten haben wird. Hatte er dann ja auch nicht. Eben weil ich mich überhaupt nicht mit dem Film beschäftigt hatte, hat er dann wohl auch so gut gewirkt. Allerdings muß ich sagen, daß man doch spätestens dann weiß oder zumindest ahnt, worauf der Film hinausläuft, wenn Annie
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in den Hinterlassenschaften ihrer Mutter schmökert und dabei in alten Okkultismus-Schinken mit einem Textmarker angestrichene Stellen rund um Paimon findet, wo auch explizit festgehalten ist, daß der einen männlichen Wirtskörper benötigt.
Das ist für mich so offensichtlich vom Regisseur ins Bild gerückt, daß der Clou dann nicht mehr überraschen kann. Aber welche Konsequenzen das nach sich zieht, ließ sich dann zumindest für mich nicht voraussehen. Auch gebe ich zu, daß es gegen Ende ein paar schräge Momente gibt
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(die von dir genannte Annie, wie sie mit dem Kopf gegen den Dachboden hämmert, oder eben auch das eigene Abtrennen ihres Kopfes)
, die sich theoretisch in einem weniger ernsthaften Umfeld auch als Parodie gut machen könnten, doch in diesem Kontext haben sie die Wirkung auf mich nur verstärkt.

Wahrscheinlich hat auch das wieder sehr viel mit subjektivem Empfinden zu tun. Ich meine, wenn der eine sagt, bei mir funktioniert das so nicht, der andere aber sagt, bei mir funktioniert das wunderbar, kann man irgendwie weder das eine noch das andere als allgemeingültig bezeichnen. Ich kann aber sowohl bei "Hereditary" als auch bei den anderen von dir genannten Filmen wie "Get Out" nachvollziehen, daß der letzte Akt, sobald alle Antworten auf die Fragen, die die Filme stellen, offen auf dem Tisch liegen, jeweils als der schwächste Teil empfunden wird, weil es mir da größtenteils auch so geht. 
"Ein Leben ohne Mops ist möglich, aber sinnlos." (Loriot)

Synchronisation ist nicht grundsätzlich schlecht und manchmal sogar richtig gut!

Butzemann

Zitat von: McClane am 12 Februar 2019, 11:33:03
Aber zurück zu "Hereditary": Ob es daran lag, dass Sascha Westphal der Ansicht war, dass man einen Text über das neue Horrorkino nicht ohne das Spoilern des Endes von "Hereditary" schreiben kann und ich es daher schon vor der Sichtung kannte, daran, dass ein Vorbild
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("Rosemaries Baby")
exzessiv von Kritikern und Marketing erwähnt wurde oder daran, dass der Film sehr offensichtlich ist, weiß ich nicht. Aber das Ende war mir schon bald klar (nicht zuletzt wegen des epd-film-Textes) und hat daher keinen Wow-Effekt gehabt, aber Filme, die nur einmalig mögliche Überraschungen bauen, sind ja eh nur Taschenspielertricks.

Sry McClane, aber auch selbst schuld.  :LOL:

Ich lese schon lang nicht mehr Kritiken bevor ich in einen Film gehe, vor allem ins Kino. Das macht einfach soviel kaputt. Und auch witzig, wenn du das Ende schon kanntest bzw. dir ein Bild davon machen konntest, bevor du den Film siehst. Das kann ich nicht ganz nachvollziehen.

Ich habe bei der OFDb zwar auch meine Stammkritiker, da schau ich aber höchstens mal nach was der oder die für ne Wertung vergeben hat, damit ich das Geld fürn Kinobesuch z.B. nicht ganz ausm Fenster rauswerfe. Aber ansonsten versuch ich alles auszublenden und den Film "frisch" zu sichten.

Der Vergleich mit
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Rosemary's Baby
hatte ich schon gar nicht aufn Radar und ganz ehrlich, ich kann ihn weder nachvollziehen, noch bin ich froh darüber was im Vorfeld gehört zu haben: das hätte meine Grundeinstellung und Voreingenommenheit ziemlich verändert  :D
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