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They shall not grow old

Begonnen von Glod, 11 Juli 2019, 10:38:03

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Glod


Peter Jackson und seine CGI-Spezialisten hauen hier mal wieder ein echtes Brett raus, gegen das alles, was Marvel im MCU produziert hat, wie Kinderkacke wirkt. Der Trailer gibt einen Eindruck von der Qualität, reicht aber nicht mal ansatzweise an das Seherlebnis im Kino heran.

Jackson hat vom Imperial War Museum 100 Stunden Originalaufnahmen aus dem ersten Weltkrieg bekommen und dazu noch 600 Stunden Audio-Interviews mit Veteranen. Und diese schwarzweise 10-18fps-Ruckelorgie im Streichholzschachtelformat wurde anschließend von den Computer...Magiern(?) in Neuseeland auf 24fps hochgerechnet, ins große Leinwandformat übertragen und anschließend Bild für Bild eingefärbt, wobei Farbwerte von den Originalschauplätzen verwendet wurden. Dann wurden Lippenleser engagiert, die herausfanden, was die Menschen in den jeweiligen Filmausschnitten sagen und anschließend wurden das Ganze auch noch im Zusammenspiel mit dem neuseeländischen Militär vertont.

Das Resultat muss man einfach gesehen haben. Nie wurde der erste Weltkrieg greifbarer dargestellt. Sämtliche diesbezüglichen Spielfilme verblassen neben diesem Material. Dieser Film gehört eigentlich in jeder Schule auf den Lehrplan.
Naturgemäß werden keine Schlachten selbst dargestellt. Soweit ging der embedded Journalism damals dann doch nicht. Man sieht lediglich ausschnittsweise das Danach. Hier werden dann auch etliche Leichen in durchaus unschönem Zustand gezeigt, wobei die richtig krassen Sachen lediglich aus den Schilderungen der Soldaten hervorgehen. Empfindsame Gemüter seien allerdings gewarnt, denn hier ist alles echt.
Insgesamt wird eine durchaus runde Schilderung des britischen Engagements gezeigt. Es beginnt mit dem Kriegseintritt, Rekrutierung, Ausbildung und geht dann über den Transport nach Europa weiter, wo dann der Frontalltag in den Gräben und hinter den Linien gezeigt wird. Das Ganze gipfelt dann in einer Schlacht und der anschließenden Rückkehr der Soldaten nach Kriegsende. Dabei fallen weder Namen noch Zeit- oder Ortsangaben. Jackson's Team hat es geschafft, zu den ganzen Tonaufnahmen, die passenden Bilder zu finden und alles zu einem sehr harmonischen Ganzen zu verbinden. Die haben übrigens die kompletten 100 Stunden konvertiert und dem IWM zurückgeschickt, damit deren Archive auf dem neuesten Stand sind.

Fazit: Rausfinden, in welchem Kino der läuft und reingehen. Hier wird er sehr sträflich behandelt. Der große Cinestar hatte nur eine einzige Vorstellung. Glücklicherweise hat ihn ein kleines No-Name-Kino mit ins Programm genommen. Beste 6 Euro, die ich dieses Jahr ins Kino investiert habe/investieren werde. Blu Ray ist bereits vorgemerkt.
"Er wird mir eine Kugel verpassen und dann Selbstmord begehen." -Nina Meyers-

"Wir passen schon auf, dass er keinen Selbstmord begeht." -Jack Bauer-

Stevie

In der Nachbearbeitung wurde das Material auch noch in stereoskopisches 3D konvertiert. Leider wird es so wohl nicht auf Blu-Ray erscheinen. Inzwischen sind wir in einer Zeit angekommen, wo nicht mehr alles was im Kino in 3D lief, auch auf Blu-Ray in 3D veröffentlicht wird. Das finde ich gerade bei dieser Dokumention schade.
Stevie

Glod

3D stand in dem Kino, wo ich den Film sah, nicht zur Debatte. Mir war der Punkt zwar bekannt, aber wirklich vermisst habe ich da nix. Da kann ich also nichts zur Qualität sagen. Die 2D-BR wird mir allerdings vollkommen reichen.
"Er wird mir eine Kugel verpassen und dann Selbstmord begehen." -Nina Meyers-

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PierrotLeFou

Angesichts des Umstandes, dass fast überall die Form besonders stark gewichtet wird, sehe ich mein Vorurteil bekräftigt, dass das kein besonders lohnenswerter Film sein wird. Ich schätze ja prinzipiell eine "schwarzweise 10-18fps-Ruckelorgie im Streichholzschachtelformat" – zum einen ist sowas Ursprungsmaterial, wenn es auch eine gewisse Patina angesetzt haben dürfte; zum anderen erleichtert es heutzutage das Mitdenken der medialen Vermittlung. Das jetzt mit einigem Aufwand an moderne Seherfahrungen anzupassen scheint mir bloß das Bemühen darzustellen, ein Publikum zu erreichen, dessen seriöses Interesse am Thema gegen Null tendiert und das mit Archivaufnahmen nicht geködert werden kann... insofern mag der Film in Schulen vielleicht noch am ehesten gut aufgehoben sein.

Sollte da jetzt nicht wider Erwarten doch ein origineller inhaltlicher Zugang zur Thematik anzutreffen sein, ist das Ding für mich eigentlich eher als Jackson-typische kuriose, grundsätzlicher immer etwas konventionelle Spielerei mit dem Medium interessant, die sich von stop-motion-Effekten im frühen Amateurschaffen über "Forgotten Silver" oder die Rekonstruktion der King-Kong-spider-pit-Sequenz bis hin zum 48fps-Spielchen und 360°-3D erstreckt.
"Eines Tages werde ich ein wahrhaft großes Drama schreiben. Niemand wird verstehen, worauf es hinaus will, aber alle werden nach Hause gehen mit einem vagen Gefühl der Unzufriedenheit mit ihrem Leben und ihrer Umgebung. Dann werden sie neue Tapeten aufhängen und die Sache vergessen." (Saki)

Glod

Die Form wird deswegen so schwer gewichtet, weil sie es das erste Mal ermöglicht, die Distanz, die das Originalmaterial aufgrund seiner Qualität aufbaut und wodurch die Ereignisse dann unwirklich werden, dem Zuschauer greifbar näher zu bringen.
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vodkamartini

Sehe ich genauso. Das alte Material vermittelt überhaupt keinen authentischen Zugang, ganz im Gegenteil. Es ist einzig allein so, weil die damalige Technik nicht ausreichte.
Auch 1914-18 haben die Menschen aber ihre Realität in Farbe, in normaler Geschwindigkeit und ohne Ruckler erlebt, also ist das "normale" Filmmaterial eine völlig verzerrte Abbildung.

Toll, dass Jackson das so hinbekommen hat. Ich glaube ebenfalls, dass nun der Zugang erheblich leichter und intensiver sein wird. Die störende Distanz dagegen besteht bei den alten, unscharfen, schlecht aufgelösten Schwarz-weiß-Aufnahmen - und zwar überdeutlich.
www.vodkasreviews.de

There's a saying in England: Where there's smoke, there's fire. (James Bond, From Russia with love)

PierrotLeFou

14 Juli 2019, 16:20:42 #6 Letzte Bearbeitung: 14 Juli 2019, 16:23:39 von PierrotLeFou
Film stellt immer eine verzerrte Abbildung dar. Allein schon aufgrund der Auswahl und der Bildfeldbegrenzung. Täte er das nicht wäre, wäre er etwas grundlegend anderes. Manchmal lässt sich diese Verzerrung leicht mitdenken, manchmal kann man eher getäuscht werden. Von einer störenden Distanz würde ich nicht ausgehen; Distanz kann eine wertvolle eigene Qualität darstellen.

Ich sehe daher in dem Teil ein Gimmick, das gucken will, was technisch machbar ist... Und wenn die intendierte Hauptaussage tatsächlich diejenige sein soll, dass die Menschen aus den alten Stummfilm-s/w-Filmen Menschen wie wir gewesen sind (was ohneschin schon ein ungenaue Aussage ist), dann habe ich einfach den Eindruck, dass er wenig bis gar nichts grundlegend neues zu sagen hat. Dass Jackson ursprünglich einmal einen Hollywood-Spielfilm über den Ersten Weltkrieg drehen wollte, bevor er das Angebot bekam, bestärkt mich in der Annahme, dass der Wunsch nach (meines Erachtens gänzlich überflüssiger) Authentizität die zentrale Herangehensweise darstellt und der Dokumentarfilm nichts weiter zu sagen hat, was noch sonderlich interessant sein könnte...
Etwas verwundert bin ich bloß von einigen Lobeshymnen, welche die Menschlichkeit des Films lobend erwähnen. Ich kann mich an keine archivierten Bilder von Katastrophen erinnern, die mich s/w oder gar ruckelnd nicht unangenehm berühren würden... Tote KZ-Häftlinge, zerfetzte Kinderleiber im Algerien-Krieg, das Foto des nackten Mädchens nahe Saigon kurz nach dem Luftangriff... ganz zu schweigen von den alltäglichen Bildern von Leuten, die in frühen Stummfilmen direkt in die Kamera lächeln und lachen und winken. Und jetzt macht sich jemand aufwendig die Mühe, solcherlei Bilder einzufärben, flüssiger und tönend erscheinen zu lassen – ich halte das eher für abgeschmackt und nicht für einen Gipfelpunkt der Menschlichkeit... Laurel-&-Hardy einzufärben ist das eine, Archivaufnahmen einzufärben das andere.
(Allerdings bin ich zugegebenermaßen ohnehin kein uneingeschränkter Fan von Kriegsfilmen, welche eine Faszination für die Darstellung von Gewalt an den Tag legen. Ich sehe in der Mehrzahl der Fälle eher eine Lust am Spektakel befriedigt, weniger den Wunsch nach Aufklärung...)
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pm.diebelshausen

Film ist ein Medium, also ein Hilfsmittel (neben anderen) der Vermittlung von Etwas anderem (z.B. auch von Wirklichkeit, realer oder fiktiver). Die Vermittlung bedeutet in der Tat stets auch einen Grad an Verzerrung. Aber Film ist nicht nur ein Medium für Leute, die sich auf der Metaebene für das Medium selbst und seine Verzerrungen, sondern auch für solche, die sich für das Vermittelte interessieren.

Seitdem es Medien gibt, haben Menschen einiges daran gesetzt, Altes in zeitgenössische Medien zu transferieren, nicht zuletzt, um es so immer wieder in die Zukunft zu tragen. Ob die Gründe nun technische Unzulänglichkeiten (aus der jeweiligen Rückwärtsperspektive), materielle Hinfälligkeit oder Anpassung an neue Gewohnheiten, Ansprüche und Prioritäten waren: es ist jedesmal eine Übersetzung in die neue Sprache aktuellerer Medien, die den Vorteil haben, von ihren Rezipienten ohne tiefer gehende Kenntnis dieser Medien verstanden zu werden. Die Hochkonjunktur der technischen Entwicklung seit dem 19. Jahrhundert hat in so kurzer Zeit, sozusagen im Generationentakt, immer wieder neue Sprachen zur Verfügung gestellt, dass Viele heute die Sprache der Stummfilme nicht mehr verstehen, zumindest nicht ohne große Irritationen. Das kann man bedauerlich finden oder eben weiter übersetzen.

Ich stimme also Pierrot in einigem zu, werte es aber anders und bin daher dennoch näher bei Glod und vodka und freue mich trotz meiner niedrigen Irritationsschwelle bei altem Filmmaterial auf Jacksons Filmsprache.
Es gibt viele, die nicht reden, wenn sie verstummen sollten, und andere, die nicht fragen, wenn sie geantwortet haben.

PierrotLeFou

Zitat von: pm.diebelshausen am 14 Juli 2019, 20:27:10Aber Film ist nicht nur ein Medium für Leute, die sich auf der Metaebene für das Medium selbst und seine Verzerrungen, sondern auch für solche, die sich für das Vermittelte interessieren.
Das ist natürlich richtig und ich will auch niemanden bekehren; und wenn jemand für sich beschließt, dass ihm die Illusion lieber ist als die Distanz, dann ist das völlig ok.

Was das Vermittelte betrifft: Darum geht es mir ja gerade. ;)
Ich gehe nicht davon aus, dass der Film vornehmlich jene ansprechen will, die sich ungemein für den Ersten Weltkrieg interessieren; wer sich ernsthaft für das Vermittelte interessiert, der hat auch mit den entsprechenden Archivaufnahmen keine Probleme. Und dann wäre zumindest auch ein wenig über die Inhalte berichtet worden und nicht bloß über die Form...
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pm.diebelshausen

Zitat von: PierrotLeFou am 14 Juli 2019, 21:08:48wer sich ernsthaft für das Vermittelte interessiert, der hat auch mit den entsprechenden Archivaufnahmen keine Probleme.

Gerade das ist mir zu ausschließlich. Nehme ich das Wort "ernsthaft" dennoch einfach mal hin (was heißt das und wer definiert das?), dann mag es dennoch einige geben, die sich bloß interessieren, wenn auch nicht "ernsthaft". Außerdem lässt das außer Acht, dass etliche erst beginnen, sich zu interessieren, sei es, dass das Thema sie bislang nicht erreicht hat, sei es, dass sie biografisch erst am Beginn ihrer Bildungsreise stehen. Du hast sicher schon mehr Etappen hinter Dir, sowohl was das Medium als auch das Genre und den 1. Weltkrieg betrifft - falls der Film Dir nichts Neues sagen wird, liegt es nicht nur am Film, der dennoch nicht nur für Unernsthafte mit "unseriösem Interesse" eine legitime, auch bereichernde Vermittlung sein kann.
Es gibt viele, die nicht reden, wenn sie verstummen sollten, und andere, die nicht fragen, wenn sie geantwortet haben.

PierrotLeFou

Zitat von: pm.diebelshausen am 15 Juli 2019, 01:08:36Gerade das ist mir zu ausschließlich. Nehme ich das Wort "ernsthaft" dennoch einfach mal hin (was heißt das und wer definiert das?), dann mag es dennoch einige geben, die sich bloß interessieren, wenn auch nicht "ernsthaft". Außerdem lässt das außer Acht, dass etliche erst beginnen, sich zu interessieren, sei es, dass das Thema sie bislang nicht erreicht hat, sei es, dass sie biografisch erst am Beginn ihrer Bildungsreise stehen.
Gut, das verstehe ich und würde dem Film vermutlich auch nicht absprechen, einen einfachen Zugang zu vermitteln. Ich schrieb ja oben bereits von meinem Verdacht, dass er in Schulen wohl am ehesten gut aufgehoben sein könnte...

Ich denke, mein zaghaftes Bashing ist vor dem Hintergrund der enormen Lobhudelei zu betrachten. 8,4 auf der IMDb, Metascore von 91 - das scheint mir doch unverhältnismäßig für eine Doku zu sein, die Bekanntes massenwirksam für Einsteiger aufbereitet... Da gibt es mir schlichtweg zu wenige Gegenstimmen.


Zitatfalls der Film Dir nichts Neues sagen wird, liegt es nicht nur am Film, der dennoch nicht nur für Unernsthafte mit "unseriösem Interesse" eine legitime, auch bereichernde Vermittlung sein kann.
Das sehe ich ein. Ich wollte auch niemanden mit den Begriffen "unseriös" oder "unernsthaft" kränken; damit ziele ich bloß auf diesen Einstiegscharakter ab, den du ja mit dem "Beginn der Bildungsreise" auch ansprichst; und dass man die Doku auch mit seriösem Interesse gucken kann/darf/will, will ich gar nicht leugnen; werde ich ja auch irgendwann einmal tun. Aber ich würde mich doch sehr wundern, wenn ich eine 9/10 oder 10/10 zücken würde als eine kuriose Jackson-Spielerei mit dem Medium... ;)
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vodkamartini

15 Juli 2019, 07:53:51 #11 Letzte Bearbeitung: 15 Juli 2019, 07:56:15 von vodkamartini
Zitat
ZitatAber Film ist nicht nur ein Medium für Leute, die sich auf der Metaebene für das Medium selbst und seine Verzerrungen, sondern auch für solche, die sich für das Vermittelte interessieren.
Das ist natürlich richtig und ich will auch niemanden bekehren; und wenn jemand für sich beschließt, dass ihm die Illusion lieber ist als die Distanz, dann ist das völlig ok.

Was das Vermittelte betrifft: Darum geht es mir ja gerade. ;)
Ich gehe nicht davon aus, dass der Film vornehmlich jene ansprechen will, die sich ungemein für den Ersten Weltkrieg interessieren; wer sich ernsthaft für das Vermittelte interessiert, der hat auch mit den entsprechenden Archivaufnahmen keine Probleme. Und dann wäre zumindest auch ein wenig über die Inhalte berichtet worden und nicht bloß über die Form...
Das ist mir ehrlich gesagt zu akademisch hochnäßig und auch zu technisch gedacht. Nach dem Motto, der weniger Intellektuelle läßt sich von Jacksons Illusion einlullen und der Anspruchsvollere nimmt die wertigere Distanz. Mir scheint da zudem ein Verständnis von historischer Dekodierung zugrunde zu liegen, das ich nicht teile. Natürlich ist das Ausgangsmaterial das Authentische der Zeit und man sieht sehr schön, was damals technisch möglich war und wie man versucht hat Zeitgeschichte fest zu halten. Für den Nachgeborenen, historisch Interessierten geht es aber auch darum, Geschichte zu verstehen und zu versuchen, dieser Zeit in irgendeiner Form näher zu kommen. Und hier kommt Jackson ins Spiel, der durch Farbe, schärfere Auflösung etc. genau dies versucht, da er der normalen menschlichen visuellen Wahrnehmung hier deutlich näher kommt und erst einmal die Distanz beseitigt. Das muss nicht reichen für ein klareres Verständnis, Empfinden, aber es erhöht doch erheblich die Chancen dazu.
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Glod

Zitat von: PierrotLeFou am 14 Juli 2019, 21:08:48wer sich ernsthaft für das Vermittelte interessiert, der hat auch mit den entsprechenden Archivaufnahmen keine Probleme.

Sorry, aber...Nö. Ich interessiere mich ernsthaft für den ersten Weltkrieg. Ich bin jetzt natürlich kein Hobby-Historiker, aber ich hatte auch vor diesem Film eine ziemlich genaue Vorstellung, was da wann und warum passiert ist und nein, dieses Wissen habe ich nicht aus der 4. Staffel von Blackadder.
Fakt ist aber, dass dieses aufbereitete Bildmaterial ein um Lichtjahre besseres Gefühl für das gezeigte Geschehen gibt, als es das Originalmaterial jemals könnte. Das hat auch nichts mit Mitdenken etc. zu tun. Es handelt sich hierbei auch nicht um eine Illusion. Aber dafür sollte man den Film vielleicht ansehen, bevor man ihn beurteilt. Da sieht man das nämlich auch sehr gut, weil der Anfang und das Ende, die jeweils das Geschehen in GB zeigen, im Originalformat belassen sind. Das Orignalformat ist wie ein kleines Guckloch in einer Tür zu einer längst vergangenen Zeit. Das aufbereitete Material öffnet diese Tür und nimmt den Zuschauer mit hindurch.

ZitatUnd jetzt macht sich jemand aufwendig die Mühe, solcherlei Bilder einzufärben, flüssiger und tönend erscheinen zu lassen - ich halte das eher für abgeschmackt und nicht für einen Gipfelpunkt der Menschlichkeit..

Angesichts der Tatsache, dass aktuell weltweit geistig beschränkte Nationalisten mit ihrem "XYZ first" nicht nur an Einfluss gewinnen, sondern in etlichen Ländern bereits das Ruder übernehmen, ist es alles andere als abgeschmackt, die direkten Folgen des gleichen Verhaltens von vor 100 Jahren derart aufzubereiten, so dass nicht mehr der Eindruck entsteht, es hier mit mehr oder weniger künstlichen Figuren aus einer lange vergangenen Zeit zu tun zu haben. Und ja, genau das ist der Eindruck, der sehr viele Menschen haben. Genau aus diesem Grund kommt es nämlich zu diesen Entwicklungen. Die Erinnerungen sind verblasst, die Zeitzeugen sind lange tot. Übrig ist die 10-18 fps Ruckelorgie im Streichholzschachtelformat. Bahn frei für Höcke & Co.

Und ganz nebenbei bemerkt, versucht der Film zu keinem Zeitpunkt, durch sensationsheischende Gewaltaufnahmen zu beeindrucken. Es wird der Kriegsablauf der britischen Soldaten geschildert - basierend allein auf den Filmaufnahmen und den Interviews der Veteranen. Es gibt keinen erklärenden Kommentar, es werden keine Historiker eingeblendet - nichts. Es ist schlicht und ergreifend eine Tatsachenschilderung ausschließlich von und mit denen, die dabei waren. Es gibt keine aktuellen Bilder der Schauplätze, es gibt keine nachgestellten Szenen. Soviel auch zum originellen Zugang zum Material. Und dabei spielt der Frontalltag mit all seinen Facetten eine Rolle. Da sind natürlich diverse Kriegsgräuel dabei, allerdings haben sich Jackson & Co. bei der Auswahl hier sehr zurückgehalten. Da sind allerdings auch Situationen dabei, die wohl dann in letzter Instanz dazu führten, dass einige Veteranen das Ganze mit der Distanz einiger Jahre als Erfahrung beschreiben, die sie nicht missen wollten.
"Er wird mir eine Kugel verpassen und dann Selbstmord begehen." -Nina Meyers-

"Wir passen schon auf, dass er keinen Selbstmord begeht." -Jack Bauer-

PierrotLeFou

Zitat von: vodkamartini am 15 Juli 2019, 07:53:51
Zitat von: undefined
Zitat von: undefinedAber Film ist nicht nur ein Medium für Leute, die sich auf der Metaebene für das Medium selbst und seine Verzerrungen, sondern auch für solche, die sich für das Vermittelte interessieren.
Das ist natürlich richtig und ich will auch niemanden bekehren; und wenn jemand für sich beschließt, dass ihm die Illusion lieber ist als die Distanz, dann ist das völlig ok.

Was das Vermittelte betrifft: Darum geht es mir ja gerade. ;)
Ich gehe nicht davon aus, dass der Film vornehmlich jene ansprechen will, die sich ungemein für den Ersten Weltkrieg interessieren; wer sich ernsthaft für das Vermittelte interessiert, der hat auch mit den entsprechenden Archivaufnahmen keine Probleme. Und dann wäre zumindest auch ein wenig über die Inhalte berichtet worden und nicht bloß über die Form...
Das ist mir ehrlich gesagt zu akademisch hochnäßig und auch zu technisch gedacht. Nach dem Motto, der weniger Intellektuelle läßt sich von Jacksons Illusion einlullen und der Anspruchsvollere nimmt die wertigere Distanz. Mir scheint da zudem ein Verständnis von historischer Dekodierung zugrunde zu liegen, das ich nicht teile. Natürlich ist das Ausgangsmaterial das Authentische der Zeit und man sieht sehr schön, was damals technisch möglich war und wie man versucht hat Zeitgeschichte fest zu halten.
Was genau soll denn "akademisch hochnäsig" sein? Der Umstand, dass es für mich völlig ok, wenn jemand die Illusion der Distanz vorzieht (ich das aber anders halte)? Die Annahme, dass bei "ernsthaftem Interesse" (darunter verstehe ich ein Interesse am Inhalt, dass sich nicht durch die Form beeinflussen lässt) kein Problem mit Archivaufnahmen besteht? Und/Oder die
Annahme, dass bei einem Interesse an den Inhalten nicht überwiegend in den Kritiken über die Form berichtet worden wäre?

Ich denke nicht, dass es "akademisch hochnäsig" ist, zumal mir nicht ganz klar ist, inwieweit ein Zusammenhang zwischen dem Akademischen und der Hochnäsigkeit besteht. Genauso hochnäsig könnte es erscheinen, würde man sich über eine vermeintlich veraltete Technik mokieren, aufgrund eigener Vorlieben behaupten, dass diese ein adäquates Mitfühlen verhindere und dass folglich Jacksons Weg der bessere sei. Das könnte u.U. auch durchaus akademisch erscheinen. (Wobei ich nicht denke, dass ich oder andere hier sonderlich akademisch argumentiert hätten.)

Ich denke, dass der Dokumentarfilm in einer Tradition steht, die man durchaus kennen darf (nicht muss). Allein schon der Diskurs im Cinéma vérité über die Anwesenheit der Kamera reicht aus, um eine Kritik auf die vermeintliche Authentizität des Films zu werfen.

ZitatFür den Nachgeborenen, historisch Interessierten geht es aber auch darum, Geschichte zu verstehen und zu versuchen, dieser Zeit in irgendeiner Form näher zu kommen. Und hier kommt Jackson ins Spiel, der durch Farbe, schärfere Auflösung etc. genau dies versucht, da er der normalen menschlichen visuellen Wahrnehmung hier deutlich näher kommt und erst einmal die Distanz beseitigt. Das muss nicht reichen für ein klareres Verständnis, Empfinden, aber es erhöht doch erheblich die Chancen dazu.
Diese Annahme, dass eine Distanzverringerung und ein Bestreben, der natürlichen sinnlichen Wahrnehmung möglichst nahe zu kommen, die Chancen erhöhen, ein klareres Verständnis von Geschichte zu erreichen, ist nun wiederum mir etwas zu verdreht. (Und übrigens auch nicht gerade untypisch im akademischen Bereich.) Jackson montiert ja unterschiedliches Material (das seinerseits schon eine Vorauswahl getroffen hat und teilweise ganz unterschiedliche Verhältnisse zwischen der Kamera und den Gefilmten enthält); er trifft also eine Auswahl, ordnet den Fluss der Realität als seinem Bild von wichtigen und weniger wichtigen Momenten unter, rhythmisiert den Verlauf. Zugleich verzichtet er auf erklärende Kommentare oder Perspektiven von Historikern, ist also bestrebt, auf so eine übergeordnete Ebene zu verzichten.
Ich gehe soweit mit, dass diese Anpassung des Materials dienlich sein kann(!), einen empathischeren Zugang zu bekommen und zu begreifen, dass diese Stummfilm-Ruckelfiguren von damals Menschen wie wir waren... Das haut mich aber wirklich nicht um.


Zitat von: Glod am 15 Juli 2019, 09:17:57
Zitat von: PierrotLeFou am 14 Juli 2019, 21:08:48wer sich ernsthaft für das Vermittelte interessiert, der hat auch mit den entsprechenden Archivaufnahmen keine Probleme.

Sorry, aber...Nö. Ich interessiere mich ernsthaft für den ersten Weltkrieg.
Da haben wir wohl eine andere Vorstellung von "ernsthaft" (was ja zulässig ist). Ohne "Unernsthaftigkeit" abwerten zu wollen, würde ich ernsthaftes Interesse eben genau darüber definieren, dass es sich von der Form des vermittelten Inhalts nicht sonderlich beeinträchtigen lässt. (Auf die Möglichkeit der Trennung zwischen Form und Inhalt möchte ich jetzt nicht unbedingt eingehen. Mir geht es da eher um die Bereitschaft, ein Buch, einen Vortrag, einen Stumm-, s/w-, Ton-, Farbfilm und Fotos gleichermaßen als Quellen zu nutzen.)

ZitatFakt ist aber, dass dieses aufbereitete Bildmaterial ein um Lichtjahre besseres Gefühl für das gezeigte Geschehen gibt, als es das Originalmaterial jemals könnte.
Was ein "besseres Gefühl" gibt, lässt sich vermutlich nicht als Fakt fassen. Bei dir mag es so sein, bei mir nicht. Und selbst wenn wir uns darauf einigen, dass Personen mit wenig oder keiner Stummfilmerfahrung somit eher zu einem empathischeren Blick gebracht werden können, der die Verwandschaft dieser Figuren mit den Menschen von heute begreifen lässt: Dann hat aber im Umkehrschluss das unbearbeitete Stummfilmmaterial den Vorteil, dass es die Menschen von heute begreifen lässt, dass die etwas anderen Menschen von damals bereits sehr ähnliche Erfahrungen durchlaufen haben.

ZitatDas hat auch nichts mit Mitdenken etc. zu tun. Es handelt sich hierbei auch nicht um eine Illusion.
Da kommen wir nicht ganz zusammen. Für mich ist Film immer eine Illusion, die umso radikaler ausfällt, je stärker sie bemüht ist, der natürlichen Sinneswahrnehmung zu gleichen.

ZitatAber dafür sollte man den Film vielleicht ansehen, bevor man ihn beurteilt.
Ich betone ja seit dem ersten Eintrag, dass ich nur von meiner (begründeten) Haltung spreche, derweil meine Sichtung noch aussteht (und ich bloß anhand der Trailer, Kritiken und Pressematerialien urteilen kann).

ZitatDa sieht man das nämlich auch sehr gut, weil der Anfang und das Ende, die jeweils das Geschehen in GB zeigen, im Originalformat belassen sind.
So wie im Trailer?

ZitatDas Orignalformat ist wie ein kleines Guckloch in einer Tür zu einer längst vergangenen Zeit. Das aufbereitete Material öffnet diese Tür und nimmt den Zuschauer mit hindurch.
Schirm, Rahmen, Fenster und Tür sind zwar beliebte Begriffe in der Filmtheorie, ich glaube aber nicht, dass sich da ein Konsens aller Forscher erreichen lassen kann. In diesem Fall sehe ich darin eine blumige Beschreibung, die persönliche Vorlieben mit Anspruch auf Allgemeingültigkeit ausdrückt.

Ich kann mich jetzt nur auf den Trail stützen: dort ist das Stummfilmmaterial im kleinen 4:3-Format rechts im Bild zu sehen, später kommt dann bildschirmfüllend das ins Breitbildformat transformierte Bild. Das ist nun aber ein Effekt, der mit Größe arbeitet. Ich könnte auf einer 4:3-Leinwand erst einen schmalen Streifen im 2,76:1-Format laufen lassen und dann ein 4:3-Format laufen lassen. Diese Guckloch-Frage hängt nun einmal auch davon ab, welches der Bildformat mit dem Leinwandformat übereinfällt. Und im direkten Kontrast fällt die Einengung auch auf...


Zitat
ZitatUnd jetzt macht sich jemand aufwendig die Mühe, solcherlei Bilder einzufärben, flüssiger und tönend erscheinen zu lassen - ich halte das eher für abgeschmackt und nicht für einen Gipfelpunkt der Menschlichkeit..

Angesichts der Tatsache, dass aktuell weltweit geistig beschränkte Nationalisten mit ihrem "XYZ first" nicht nur an Einfluss gewinnen, sondern in etlichen Ländern bereits das Ruder übernehmen, ist es alles andere als abgeschmackt, die direkten Folgen des gleichen Verhaltens von vor 100 Jahren derart aufzubereiten, so dass nicht mehr der Eindruck entsteht, es hier mit mehr oder weniger künstlichen Figuren aus einer lange vergangenen Zeit zu tun zu haben.
Wenn es jetzt nicht zuletzt um das "America first" geht, so habe ich ja trotz aller Provokationen in Wort und Tat noch immer den Eindruck, dass ein Heraushalten nach wie vor höheren Stellenwert besitzt als ein Eingreifen.
Es ist mir aber ohnehin zu optimistisch gedacht, dass Spiel-, Essay- und Dokumentarfilme über die Schrecken des Krieges positiven Einfluss nehmen können. (Negativer Einfluss scheint hingegen sehr viel leichter herstellbar zu sein.)
Gucke ich in mein Umfeld, so sind es eher politisch weniger interessierte Personen, die sich sehr für Technik und Taktik sowie wirtschaftliche und politische Interessen in Kriegsfällen interessieren, aber etwa an soziologischen, sozialpsychologischen, moralphilosophischen Zugängen kaum oder kein Interesse haben. Diese Beobachtung will ich nicht verallgemeinern... im Gegenteil möchte ich betonen, dass man eigene Überzeugungen, Beobachtungen nicht für unumstößliche Selbstverständlichkeiten halten sollte.

ZitatUnd ja, genau das ist der Eindruck, der sehr viele Menschen haben. Genau aus diesem Grund kommt es nämlich zu diesen Entwicklungen. Die Erinnerungen sind verblasst, die Zeitzeugen sind lange tot. Übrig ist die 10-18 fps Ruckelorgie im Streichholzschachtelformat. Bahn frei für Höcke & Co.
Abgesehen davon, dass ich von einem Höcke zwar nichts Gutes, aber auch keine Kriegsleidenschaft erwarte...: Also haben die ganzen Kriegsfilms-Spiel-/Dokumentarfilme der letzten Jahre keinen Effekt gehabt, aber Jackson mit seiner Aufarbeitung von Archivaufnahmen hat nun gute Chancen? Das halte ich für blauäugig.
Ich habe da wohl einen etwas weniger optimistischen, vielleicht auch pessimistischen Blick und halte es für ein schlechtes Zeichen, wenn eine Mehrzahl von Menschen hochauflösende, ruckelfreie 3D-Farbbilder im Breitbildformat benötigt, um mit fernen Menschen mitzufühlen. Man sollte ja meinen, dass eine Lektüre von Niederschriften, der Anblick von Fotos oder Stummfilmaufnahmen reichen sollten...

ZitatUnd ganz nebenbei bemerkt, versucht der Film zu keinem Zeitpunkt, durch sensationsheischende Gewaltaufnahmen zu beeindrucken. Es wird der Kriegsablauf der britischen Soldaten geschildert - basierend allein auf den Filmaufnahmen und den Interviews der Veteranen. Es gibt keinen erklärenden Kommentar, es werden keine Historiker eingeblendet - nichts.
Es ist schlicht und ergreifend eine Tatsachenschilderung ausschließlich von und mit denen, die dabei waren. Es gibt keine aktuellen Bilder der Schauplätze, es gibt keine nachgestellten Szenen. Soviel auch zum originellen Zugang zum Material.
Eine Gewaltorgie erwarte ich gar nicht; Gewalt spielt ja aber offenbar eine Rolle. Und der Verzicht auf Kommentare und Historiker ist im Dokumentarfilm auch bereits ein alter Hut.
"Eines Tages werde ich ein wahrhaft großes Drama schreiben. Niemand wird verstehen, worauf es hinaus will, aber alle werden nach Hause gehen mit einem vagen Gefühl der Unzufriedenheit mit ihrem Leben und ihrer Umgebung. Dann werden sie neue Tapeten aufhängen und die Sache vergessen." (Saki)

Glod

Zitat von: PierrotLeFou am 15 Juli 2019, 19:22:43Da haben wir wohl eine andere Vorstellung von "ernsthaft" (was ja zulässig ist). Ohne "Unernsthaftigkeit" abwerten zu wollen, würde ich ernsthaftes Interesse eben genau darüber definieren, dass es sich von der Form des vermittelten Inhalts nicht sonderlich beeinträchtigen lässt. (Auf die Möglichkeit der Trennung zwischen Form und Inhalt möchte ich jetzt nicht unbedingt eingehen. Mir geht es da eher um die Bereitschaft, ein Buch, einen Vortrag, einen Stumm-, s/w-, Ton-, Farbfilm und Fotos gleichermaßen als Quellen zu nutzen.)

Mein Interesse am Ersten Weltkrieg begann '95 in der Schule mit dem Buch "Im Westen nichts Neues", welches ich inzwischen wahrscheinlich locker 10 Mal gelesen habe. Und natürlich habe ich mir auch etliche Publikationen zu dem Thema genehmigt, lange bevor Jackson um die Ecke kam. Spielfilme zum Thema habe ich mir hingegen so gut wie keine angesehen (außer dem '33er Original vom IWnN). Darauf basierend konnte mir der vorliegende Film auch nichts großartig Neues erzählen. Aber er hat mir das Ganze eben nochmals näher gebracht.

ZitatDa sieht man das nämlich auch sehr gut, weil der Anfang und das Ende, die jeweils das Geschehen in GB zeigen, im Originalformat belassen sind.
So wie im Trailer?

So ähnlich. Die Übergänge sind allerdings an anderen Stellen und weit besser eingebunden.

ZitatIn diesem Fall sehe ich darin eine blumige Beschreibung, die persönliche Vorlieben mit Anspruch auf Allgemeingültigkeit ausdrückt.

Was diesen Film angeht, so ist das keine blumige Beschreibung sondern speziell im Kino ein Fakt. Natürlich haben es die Macher speziell auf diesen Effekt angelegt, aber es wirkt tatsächlich so, als ob man vorher eine Szene von weiter Ferne durch ein mieses Fernglas betrachtet und dann direkt in diese Szene hineinversetzt wird.

ZitatDas ist nun aber ein Effekt, der mit Größe arbeitet.

Größe ist natürlich ein Aspekt, aber da ist noch sehr viel mehr. Es sind die Farben, der Ton, die zusätzlichen Frames, die wieder für natürliche Bewegungen sorgen, die nicht mehr verschwommenen Gesichter aus denen man tatsächlich die Angst etc. lesen kann. 

ZitatAlso haben die ganzen Kriegsfilms-Spiel-/Dokumentarfilme der letzten Jahre keinen Effekt gehabt, aber Jackson mit seiner Aufarbeitung von Archivaufnahmen hat nun gute Chancen? Das halte ich für blauäugig.

Nicht zwingend. Es gibt imo immer noch einen exorbitanten Unterschied zwischen echten Filmaufnahmen und gestellten Szenen. Selbst mit massivem finanziellem und personellem Aufwand würde sich Hollywood sehr schwer tun, die hier gezeigten Szenen nachzustellen. Das ist halt das Schöne an der Realität. Und genau das sieht man auch, wenn man Filme und echte Aufnahmen vergleicht. Die Invasion der Normandie ist Spielberg in James Ryan wirklich beeindruckend gelungen, was die allgemeine Stimmung und die technische Umsetzung angeht. Sieht man sich echte Aufnahmen vom D-Day an, zerplatzt die Illusion der "50 Mann-Invasion" allerdings ziemlich schnell. Dunkirk dito. Und das kann man auf so ziemlich alle Kriegsfilme ausdehnen (zumindest die, die ich kenne). Und über all dem schwebt immer der "Schauspieler und Effekte"-Gedanke. Da kann Gibson noch so sehr im Blut waten - unbewusst nehme ich die Effekte als solche wahr. Wenn aber einer in diesen Aufnahmen hier aus mehreren Löchern blutend durch's Bild läuft, dann weiß ich, dass das echt ist und es wirkt automatisch sehr viel stärker - bei mir zumindest.
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