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Inferno aka Horror Infernal (Dario Argento)

Begonnen von Hedning, 20 Juni 2009, 15:46:16

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Stefan M

Zitat von: Hedning am  2 März 2012, 21:03:20
"sehe ich gnädig darüber hinweg" ... "können sich noch damit herausreden" - spricht da der Logikpolizist mit dem Gummiknüppel in der Hand? Für mich kommt es beim Film auf Ausdruckskraft und Kreativität an und nicht auf so banale Detailfragen. Der Inhalt eines Films ist für mich eine große Gesamtheit aus verschiedensten künstlerischen Parametern (Schauspiel/Kamera/Ausstattung/Ton/Musik/Schnitt usw.). Nicht eine Kette von Plot-Informationen, die man buchhalterisch als logisch/unlogisch abhaken kann.

Hedning, das soll hier nicht so klingen, als würde ich jeden Logikfehler anprangern wollen. Nichts liegt mir ferner, sonst könnte ich gar kein so eingefleischter Hitchcock-Fan sein. Der gute Hitch hat auch nie Wert auf ein schlüssiges Skript gelegt, sondern sich im Gegenteil negativ zu all den Logikaposteln geäußert. "Der unsichtbare Dritte" ist ein Sammelsurium an Unwahrscheinlichkeiten und doch ist das einer meiner Lieblingsfilme. Dahingegen tue ich mich mit einigen Szenen in "Der Fremde im Zug" unglaublich schwer. Das ist einfach eine Sache des Empfindens, und bei manchem Film stören mich logische Schwächen mehr als bei anderen. Genauso verhält es sich mit Argento: Bei "Suspiria" bin ich verzückt von dem Bilderrausch und habe keine großen Probleme mit dem einen oder anderen schwächeren Dialog oder dem idiotischen Verhalten der einen oder anderen Figur, bei "Opera" sieht das anders aus.

Zitat
Ich finde nur diese Sicht auf das Medium Film etwas traurig. Da kann man ja ein peinlichst ausgeklügeltes Drehbuch schreiben, das dann von 10 Logikexperten überprüft wird, dies wird dann von einem braven Regie-Handwerker ohne jeden Einfall nach Hollywood-Regelkatalog in Filmbilder konvertiert und schon gibt es Höchstwertung von der "Plot=Inhalt"-Fraktion.

Das ist doch Blödsinn. Weder fordere ich hier Logikexperten noch irgendwelche Regelkataloge. Noch einmal: Ich habe keine Probleme mit Drehbuchschwächen, aber es gibt manchmal Filme bzw. Szenen in Filmen, bei denen ich nicht einfach sagen kann: "Ignorier das, weiter geht's!" Ich bin mir sicher, dir ist das hin und wieder beim Genuß eines Films auch schon so gegangen. Für mich summiert sich die Idiotie vieler Beteiligten in "Opera" einfach zu gravierend auf, daß ich mich phasenweise extrem genervt fühle.

Zitat
Zitat von: Stefan M am 27 Februar 2012, 16:46:44Besondere Erwähnung verdient im Zusammenhang mit dem Episodischen auch der Umgang mit den Hauptfiguren,
Spoiler: zeige
die ständig wechseln, weil immer wieder eine stirbt, bis sich Argento endlich auf eine festlegt, aber da befinden wir uns schon fast in der zweiten Filmhälfte.


Das ist auch wieder so ein Beispiel. Wie kann man bloß gegen Hollywoodklischees verstoßen, die eine einzige kontinuierliche Identifikationsfigur vorschreiben? Wirklich schwach, Dario.

Ich weiß nicht, wo du da Kritik an Argento rausliest. Liegt sicherlich daran, weil du den Eindruck bekommen hast, daß ich hier gegen Argento austeilen will. Das will ich gar nicht, dafür schätze ich seine Filme ab "Profondo Rosso" bis einschließlich "Opera" plus "The Stendhal Syndrome" einfach zu sehr. Im Falle von "Inferno" fand ich gerade dieses
Spoiler: zeige
Hauptfigur-wechsle-dich-Spielchen
sehr, sehr interessant und positiv.
"Ein Leben ohne Mops ist möglich, aber sinnlos." (Loriot)

Synchronisation ist nicht grundsätzlich schlecht und manchmal sogar richtig gut!

Moonshade

Zitat von: Hedning am  2 März 2012, 22:46:34
Ich finde nur diese Sicht auf das Medium Film etwas traurig. Da kann man ja ein peinlichst ausgeklügeltes Drehbuch schreiben, das dann von 10 Logikexperten überprüft wird, dies wird dann von einem braven Regie-Handwerker ohne jeden Einfall nach Hollywood-Regelkatalog in Filmbilder konvertiert und schon gibt es Höchstwertung von der "Plot=Inhalt"-Fraktion.

Damit stellst du dich genauso manisch auf eine Position wie eben diese Plotfanatiker. Nur eben eine Gegenposition.
Es gibt aber auch noch Positionen dazwischen. Ein schöner Inhalt, reizlos umgesetzt, kann bei mir auch maximal einen Blumentopf gewinnen, weil in Sachen Atmo oder Bild nichts Reizvolles geschieht. Das haben wir hier auch nie ausgeschlossen.

ZitatDa habe ich lieber den "inhaltlich katastrophalen" Argento, der alles aus den audiovisuellen Möglichkeiten des Mediums rausholt. Was natürlich reinstes Teufels- und Blendwerk ist, das nur von den eklatanten Drehbuchschwächen ablenken soll.

Jetzt betreibst du aber Schwarz-Weiß-Malerei, nachdem du alles einem künstlerischen Gesamteindruck unterordnest, bei dem du einige Punkte wichtiger erachtest als andere, also Bilder über Plot, obwohl vorher noch alles zusammen für dich die nötige Wirkung ausmachen sollte. Und dann stellst du die Gegenposition als eindimensional heraus.
Das ist...auch nicht überzeugend...das ist nur verbohrt.

Plot ist nicht alles, aber er kann ein integraler Bestandteil sein (muß es natürlich nicht).
Argento benutzt aber in den meisten Fällen typische Thrillerplots und da ist es seit jeher eine feine Linie zwischen dem großen Spannungsgott Zufall und Drehbuchideen, die man schon mit Idiotie umschreiben kann.
Wer den Plot als Element schätzt, weiß das zu unterscheiden und manche stört das enorm (andere erkennen es, erachten es aber als unwichtig, solange sie in anderer Art und Weise stimuliert werden).
Das ist aber nicht weniger akzeptabel als Kontroverse, wie das Beharren auf die Ignoranz von vorhandenen Schwächen oder Unausgereiftheiten zugunsten eines "künstlerisch motivierten Gesamteindrucks".
"Du hältst durch und ich halte durch und nächstes Jahr gehen wir einen saufen!

"Anything invented after you're thirty-five is against the natural order of things.!" (Douglas Adams)

Hedning

Man liest bei dir eigentlich nur von Zuschauern, denen der Plot wichtig ist, und solchen, denen er weniger wichtig ist. Es kommt aber meiner Ansicht nach darauf an, je nach Film zu unterscheiden, wie wichtig die Handlung für das Gesamtergebnis ist. Es gibt manche Filme, die in erster Linie eine auf Drehbuchebene komplexe Geschichte erzählen, und denen wird man als Plotkritiker mitunter durchaus gerecht. Es gibt aber auch Filme wie die von Argento, die eine Thrillerhandlung lediglich als Aufhänger für eine Erzählung auf Bildebene nutzen, und denen wird man meiner Ansicht nach nicht gerecht, wenn man den Plot als DEN Inhalt einstuft und alles andere lediglich als "stimulierendes" Beiwerk. 

Zitat von: Stefan M am  3 März 2012, 00:56:09
Zitat
Zitat von: Stefan M am 27 Februar 2012, 16:46:44Besondere Erwähnung verdient im Zusammenhang mit dem Episodischen auch der Umgang mit den Hauptfiguren,
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die ständig wechseln, weil immer wieder eine stirbt, bis sich Argento endlich auf eine festlegt, aber da befinden wir uns schon fast in der zweiten Filmhälfte.

Das ist auch wieder so ein Beispiel. Wie kann man bloß gegen Hollywoodklischees verstoßen, die eine einzige kontinuierliche Identifikationsfigur vorschreiben? Wirklich schwach, Dario.
Ich weiß nicht, wo du da Kritik an Argento rausliest. Liegt sicherlich daran, weil du den Eindruck bekommen hast, daß ich hier gegen Argento austeilen will. Das will ich gar nicht, dafür schätze ich seine Filme ab "Profondo Rosso" bis einschließlich "Opera" plus "The Stendhal Syndrome" einfach zu sehr. Im Falle von "Inferno" fand ich gerade dieses
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Hauptfigur-wechsle-dich-Spielchen
sehr, sehr interessant und positiv.
Dann habe ich dich da missverstanden, tut mir leid.

MäcFly

Wie es der Zufall so will, hat der von mir sehr geschätzte Oliver Nöding auf seinem Blog gestern "Inferno" besprochen und ging dabei auch auf die erwähnten "Logiklöcher" ein:

http://funkhundd.wordpress.com/2012/03/02/inferno-dario-argento-italien-1980/

Steht zwar nichts bahnbrechend Neues darin, fasst aber den Film und die Gründe dafür, weshalb ich zu "Inferno" bei Erstansicht keinen rechten Zugang gefunden habe, ganz gut zusammen.
"Man muss immer darauf achten, dass man ein gewisses Niveau nicht unterschreitet - sonst ist es schnell aus."

"Wenn man Mubarak heißt oder Kosslick, dann kann man alles machen." (Uwe Boll)

Stefan M

3 März 2012, 14:03:34 #64 Letzte Bearbeitung: 3 März 2012, 14:06:33 von Stefan M
"Inferno" ist auch etwas sperrig (ich habe einen zweiten Anlauf benötigt), und in der Kritik wird zu Recht angesprochen, daß die letztendliche Hauptfigur eine ziemliche Blaßnase ist, wo "Suspiria" noch eine beschützenswerte Jessica Harper hatte, die einem ja schon leid tut, wenn sie in der Anfangsszene im strömenden Regen in Deutschland ankommt und erst kein Taxi anhalten will. Da die Helden aber bei Argento gern mal eher die Rolle des passiven Zuschauers, der nicht so recht weiß, wie ihm und was um ihn herum geschieht, einnehmen, habe ich das nie als Minuspunkt angesehen, sondern als etabliertes Steckenpferd des Regisseurs.

In einer Sequenz zu Beginn wird in "Inferno" übrigens auch der schmale Grat deutlich, auf dem Argento - in meinen Augen! - häufiger wandelt. Oliver Nöding erwähnt sie auch: Rose taucht mitten in der Nacht in einem fremden Gebäude nach dem durch eine Luke gefallenen Schlüssel. Das ist ein Verhalten, das so wirklichkeitsfremd ist, daß ich es einfach nicht schlucken kann - Optik hin, Optik her. Andererseits ist gerade die Tauchszene, die sich unmittelbar anschließt, von einer erlesenen Schönheit, daß man sie nicht missen möchte. Dieses Hin und Her steht dem vollständigen Filmvergnügen, dem Sich-einfach-nur-Fallenlassen in die Bilder, manchmal einfach etwas im Wege, finde ich.
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Hedning

3 März 2012, 15:00:49 #65 Letzte Bearbeitung: 3 März 2012, 15:05:54 von Hedning
Zitat von: Stefan M am  3 März 2012, 14:03:34Das ist ein Verhalten, das so wirklichkeitsfremd ist

Natürlich ist das wirklichkeitsfremd, aber Argento behauptet ja auch nirgendwo, seine Figuren wirklichkeitsnah handeln zu lassen. Es ist ein phantastischer Film. Die Figuren verhalten sich eher wie im Traum als wie im Alltag. Vielleicht auch wie ein Kind, das alles einfach mal ausprobiert. Die ganzen Junge-Frau-Hauptrollen bei Argento haben oft was von Alice im Wunderland. Es wird eine faszinierende, gefährliche Welt entdeckt, und wir entdecken sie mit ihnen. Es gibt ja auch Zuschauer, die ungewöhnliche Vorgänge im Hexenhaus in Suspiria als "unlogisch" kritisieren. Und das ist kein "Herausreden", um den Regisseur zu entschuldigen, und auch kein "Darüber-Hinwegsehen", sondern es ist einfach nur albern, anzunehmen, dass sich Argento dessen nicht bewusst war. Vielleicht steckt auch der Wunsch des einen oder anderen Rezensenten dahinter, sich als geistig überlegen zu profilieren.

Selbst Menschen im Alltag verhalten sich nicht ansatzweise so roboterhaft logisch, wie die Plotwächter es verlangen. Ich habe auch schon vereinzelt in Filmrezensionen Dinge kritisiert, die ich unlogisch fand, aber nur wenn es um ganz zentrale Dinge ging.

Stefan M

Zitat von: Hedning am  3 März 2012, 15:00:49
Zitat von: Stefan M am  3 März 2012, 14:03:34Das ist ein Verhalten, das so wirklichkeitsfremd ist

Natürlich ist das wirklichkeitsfremd, aber Argento behauptet ja auch nirgendwo, seine Figuren wirklichkeitsnah handeln zu lassen. Es ist ein phantastischer Film. Die Figuren verhalten sich eher wie im Traum als wie im Alltag.

Deshalb habe ich ja auch gesagt, daß ich weniger Probleme damit habe, wenn es sich um einen phantastischen Film handelt. Dennoch meldet sich an solchen Stellen mein Kopf, der dann sagt: "Nein, das kann sie doch jetzt nicht wirklich machen. Oh nein, sie tut's tatsächlich. Mann, ist die doof." Es wäre sicherlich vieles einfacher, wenn man alles so schlucken könnte, wie Argento oder Regisseur Y es inszeniert hat, aber während du sagst: "Ist doch alles okay so", sage ich das eben nicht. Das ist dann wieder eine Frage des eigenen Empfindens, und das ist nun einmal bei jedem anders. Also lege ich andere Maßstäbe an als du, und ich kann mich nicht bei allen Szenen mit der Erklärung "Ist halt nur ein Traum" zufrieden geben.

ZitatEs gibt ja auch Zuschauer, die ungewöhnliche Vorgänge im Hexenhaus in Suspiria als "unlogisch" kritisieren.

Bei "Suspiria" störe ich mich weniger an der Unlogik. Trotzdem gibt es auch da die eine oder andere Szene, die dann sogar unfreiwillig komisch auf mich wirkt, wie die, in der die jungen Frauen schlafen gehen und sich panisch fragen, wo ein Geräusch herkommt, das direkt hinter ihnen hinter einem gut einsehbaren weißen Laken (!) von der schnarchenden "Mutter" produziert wird. Ich wiederhole: Das sind aber immer nur so einzelne Momente, die den Gesamteindruck für mich zwar ein wenig schmälern, aber bei weitem nicht so sehr, daß mir der ganze Film verleidet werden würde (wie bei "Opera"). Rund viermal habe ich "Suspiria" in den letzten Jahren gesehen, und das nicht, um auf Argentos Unfähigkeit einer schlüssigen Plotentwicklung rumzuhacken, sondern weil ich den Film einfach wunderwunderschön anzusehen finde.

ZitatSelbst Menschen im Alltag verhalten sich nicht ansatzweise so roboterhaft logisch, wie die Plotwächter es verlangen. Ich habe auch schon vereinzelt in Filmrezensionen Dinge kritisiert, die ich unlogisch fand, aber nur wenn es um ganz zentrale Dinge ging.

Natürlich könnte ich nicht sagen, ob ich im Fall einer Verfolgung durch einen Killer mit Spitzhacke lieber den sicheren Weg aus dem Haus oder den unsicheren Weg die Treppe hinauf mit wesentlich schlechteren Fluchtmöglichkeiten wählen würde, weshalb man nicht immer sagen kann, ob ein gewisses Verhalten nun logisch oder unlogisch ist. Aber ich habe doch trotzdem eine Meinung zu einer bestimmten Szene, und wenn ich denke, die Figur handelt gerade total lächerlich, wenn sie jetzt durchs Türguckloch schaut, damit ihr der Killer, den sie dahinter erwartet, einen formschönen Kopfschuß verpassen kann, dann denke ich das nun mal, und tue das nicht damit ab, daß das ja nun mal ein Film ist, der gar nicht unbedingt realistisch sein will.

Ich fürchte, ich wiederhole mich hier mit jedem weiteren Beitrag, dabei ist, denke ich, schon alles Wesentliche von meiner Seite gesagt...  ;)
"Ein Leben ohne Mops ist möglich, aber sinnlos." (Loriot)

Synchronisation ist nicht grundsätzlich schlecht und manchmal sogar richtig gut!

Hedning

Zitat von: Stefan M am  3 März 2012, 15:30:31
Zitat von: Hedning am  3 März 2012, 15:00:49
Zitat von: Stefan M am  3 März 2012, 14:03:34Das ist ein Verhalten, das so wirklichkeitsfremd ist

Natürlich ist das wirklichkeitsfremd, aber Argento behauptet ja auch nirgendwo, seine Figuren wirklichkeitsnah handeln zu lassen. Es ist ein phantastischer Film. Die Figuren verhalten sich eher wie im Traum als wie im Alltag.

Deshalb habe ich ja auch gesagt, daß ich weniger Probleme damit habe, wenn es sich um einen phantastischen Film handelt. Dennoch meldet sich an solchen Stellen mein Kopf, der dann sagt: "Nein, das kann sie doch jetzt nicht wirklich machen. Oh nein, sie tut's tatsächlich. Mann, ist die doof." Es wäre sicherlich vieles einfacher, wenn man alles so schlucken könnte, wie Argento oder Regisseur Y es inszeniert hat, aber während du sagst: "Ist doch alles okay so", sage ich das eben nicht. Das ist dann wieder eine Frage des eigenen Empfindens, und das ist nun einmal bei jedem anders. Also lege ich andere Maßstäbe an als du, und ich kann mich nicht bei allen Szenen mit der Erklärung "Ist halt nur ein Traum" zufrieden geben.

Du legst mir da völlig unpassende Sätze in den Mund.

Es geht mir nicht darum, etwas abzutun oder mir schönzureden. Ich frage mich eher nach dem Warum und wenn dabei mal nichts herauskommen sollte (mit Interpretation kommt man aus meiner Sicht jedoch weiter als mit selbstgefälliger Logiksucherei), dann ist das eben so, aber in der Form wie es sich bei dir präsentiert, verstellt es dir schlichtweg den Blick auf die Feinheiten des Films, die sich nicht einfach als "wunderschöne Optik" abtun lassen. Z. B. bei Inferno kann ich nur immer wieder die hervorragende kurze Rezension von Adam Kesher empfehlen, der auch das Wesen der Figurenhandlungen sehr gut erfasst hat. Bei jeder Figurenhandlung oder Plotwendung, die man nicht versteht, gleich Unfähigkeit zu unterstellen, finde ich schon sehr anmaßend und mir drängt sich der Eindruck auf, dass sich der Rezensent damit irgendwie als überlegen profilieren will, dem doch in Wirklichkeit jeder Einblick in das Denken des Regisseurs und seine Gründe fehlt. Bei jemandem, in dessen Filmen so viel Detailarbeit steckt wie bei Argento, ist es nun mal unsinnig, beim Plot andauernd grobe Fahrlässigkeit zu unterstellen. Ich wünschte mir, die Logikfraktion würde sich mal auf das sogenannte Kunstkino stürzen und in Filmen von Godard und Bunuel beispielsweise auf die Suche nach "Logiklücken" gehen. Das Ergebnis wäre, dass in dem Film mehr Lücken als Logik vorhanden wären (bei manchen ihrer Filme zumindest), aber man kann kaum entfernter von irgendeinem Verständnis des Films sein als auf diese Weise.

MMeXX

3 März 2012, 19:58:00 #68 Letzte Bearbeitung: 3 März 2012, 19:59:33 von MMeXX
Zitat von: Stefan M am  3 März 2012, 14:03:34
In einer Sequenz zu Beginn wird in "Inferno" übrigens auch der schmale Grat deutlich, auf dem Argento - in meinen Augen! - häufiger wandelt. Oliver Nöding erwähnt sie auch: Rose taucht mitten in der Nacht in einem fremden Gebäude nach dem durch eine Luke gefallenen Schlüssel. Das ist ein Verhalten, das so wirklichkeitsfremd ist, daß ich es einfach nicht schlucken kann - Optik hin, Optik her. Andererseits ist gerade die Tauchszene, die sich unmittelbar anschließt, von einer erlesenen Schönheit, daß man sie nicht missen möchte. Dieses Hin und Her steht dem vollständigen Filmvergnügen, dem Sich-einfach-nur-Fallenlassen in die Bilder, manchmal einfach etwas im Wege, finde ich.
Fremdes Gebäude? Das ist doch der Keller des Hauses, in dem sie wohnt, oder!? Und es mag vielleicht wirklichkeitsfremd erscheinen. In der Logik des Films ist es jedoch überaus schlüssig präsentiert! Denn
Spoiler: zeige
sie liest von den Hinweisen im Buch, geht zu Kazanian, um mehr zu erfahren. Dieser erläutert dann, dass Frauen anscheinend solche Geschichten häufiger für bare Münze nehmen. Sie geht wieder und will - nachdem sie Schlüssel Nummer 1 (der Geruch) ja bereits "gefunden" hat - nun auch Schlüssel 2 finden.
Das Vorgehen von Rose ist daher meiner Meinung nach innerhalb des Films überaus logisch und nachvollziehbar. EDIT: Dass sie nun letztlich nach "ihrem" Schlüssel tauchen muss, kann man ja fast schon als Ironie ansehen, denke ich.

Stefan M

3 März 2012, 22:54:25 #69 Letzte Bearbeitung: 3 März 2012, 22:57:11 von Stefan M
Zitat von: Hedning am  3 März 2012, 16:15:53
Du legst mir da völlig unpassende Sätze in den Mund.

Das möchte ich natürlich nicht, sorry.  ;)

ZitatEs geht mir nicht darum, etwas abzutun oder mir schönzureden. Ich frage mich eher nach dem Warum und wenn dabei mal nichts herauskommen sollte (mit Interpretation kommt man aus meiner Sicht jedoch weiter als mit selbstgefälliger Logiksucherei), dann ist das eben so, aber in der Form wie es sich bei dir präsentiert, verstellt es dir schlichtweg den Blick auf die Feinheiten des Films, die sich nicht einfach als "wunderschöne Optik" abtun lassen.

Mag ja sein. Ich glaube, daß es manchmal besser ist, nicht jede Handlung einer Figur oder jeden Handlungskniff eines Regisseurs zu hinterfragen. Gerade kürzlich hatte ich auf einem anderen Forum ein ganz ähnliches Gespräch über den Plottwist von "High Tension", und da kam ebenfalls heraus, daß ich mich in der Form, wie er dort präsentiert wird, nicht damit arrangieren kann. Sicherlich stelle ich mir damit ein Bein, wenn ich einen Film nicht so schlucke, selbst wenn er genauso vom Regisseur gemeint war.

ZitatZ. B. bei Inferno kann ich nur immer wieder die hervorragende kurze Rezension von Adam Kesher empfehlen, der auch das Wesen der Figurenhandlungen sehr gut erfasst hat. Bei jeder Figurenhandlung oder Plotwendung, die man nicht versteht, gleich Unfähigkeit zu unterstellen, finde ich schon sehr anmaßend und mir drängt sich der Eindruck auf, dass sich der Rezensent damit irgendwie als überlegen profilieren will, dem doch in Wirklichkeit jeder Einblick in das Denken des Regisseurs und seine Gründe fehlt. Bei jemandem, in dessen Filmen so viel Detailarbeit steckt wie bei Argento, ist es nun mal unsinnig, beim Plot andauernd grobe Fahrlässigkeit zu unterstellen.

Du kannst dir sicher sein, daß ich mich nicht als überlegen profilieren möchte. Dennoch würde mich interessieren, wie seine Filme im Drehbuch aussehen würden, hätte er häufiger einem außenstehenden Autoren seine wildwuchernden Ideen ins Skript diktiert und sie nicht selber geschrieben. Ich möchte ihm auch nichts unterstellen, aber bei mir hat sich der Eindruck verfestigt, daß seine Drehbücher zumindest hinsichtlich der mitunter schwachen Dialoge besser hätten sein können. Deshalb war ich auch sehr überrascht, "The Stendhal Syndrome" zu sehen und zu lesen, daß Argento wieder sein eigener Autor war, denn der Film erzählt eine völlig andere Geschichte als all die Gialli und Fantasy-Horror-Filme, die ich vorher von ihm gesehen hatte und die sich in irgendeiner Weise immer ähnelten - und er erzählt sie großartig und für mich schlüssig.

Wie gesagt: Es ist nur ein Eindruck, und ich sage nicht, daß ich es besser kann. Trotzdem darf ich diese Ansicht ja äußern, ansonsten müßte ja jeder Hobbykritiker, der noch nie ein Drehbuch geschrieben hat, gepflegt seine Schnauze halten. Wenn mir etwas unlogisch erscheint, dann erscheint es mir unlogisch - und das äußere ich dann eben auch kritisch. Ohne Überheblichkeit. Daß es Leute gibt, die anderer Meinung sind, okay, aber ich wünsche mir halt, daß man mir deshalb nicht den Stempel des Logik-Kontrolleurs aufdrückt und im besten Fall auch meinen Standpunkt versteht. Zumindest ein wenig.  ;)
"Ein Leben ohne Mops ist möglich, aber sinnlos." (Loriot)

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McHolsten

Wenn ich jetzt etwas OT gehen darf: Wer schon die UK BD von Arrow hat : Bildtechnisch gibt diese VÖ sich nicht viel, oder?
Dazu muss ich anmerken, das der englische DTS-HD Sound wirklich gelungen ist; dt. VÖ hat ja nur einen Stereo-Track.
Gore on!

KeyserSoze

Nur einen Stereo Track? Wenn man darauf steht, dass originale Tonspuren von irgendwelchen Stümpern so lange bearbeitet werden, bis sie an heutige technischen Ausstattungen in Wohnzimmern angepasst sind, dann hat die CO Blu-Ray wirklich "nur" einen Stereo Track.
Und bildtechnisch war schon die Blue Undergrund Blu-Ray der glattgefilterten Arrow Scheiße überlegen, die CO Fassung legt da nochmal eine Schüppe drauf.

"You're so beautiful, like a tree or a high-class prostitute."

Falko23

Zitat von: Hedning am  3 März 2012, 15:00:49
Natürlich ist das wirklichkeitsfremd, aber Argento behauptet ja auch nirgendwo, seine Figuren wirklichkeitsnah handeln zu lassen. Es ist ein phantastischer Film. Die Figuren verhalten sich eher wie im Traum als wie im Alltag. Vielleicht auch wie ein Kind, das alles einfach mal ausprobiert. Die ganzen Junge-Frau-Hauptrollen bei Argento haben oft was von Alice im Wunderland. Es wird eine faszinierende, gefährliche Welt entdeckt, und wir entdecken sie mit ihnen.
Das sehe ich ähnlich. In einer Kritik habe ich mal gelesen ob denn kein "Wichtelhirn eigentlich merkt, das der jedesmal die gleiche Story erzählt". Gut, mehr oder weniger mag das so sein, Argentos Geschichten handeln meist von Frauenmördern, man sieht die schwarzen Handschuhe und dann wird's meist blutig. Aber der Herr hat den Stil nicht begriffen, das die Geschichte selbst zweitrangig ist. Die "Logik", die fehlt in jedem 2. anderem Film auch, - mindestens. Für mich ist Argento Kunst. Das was er macht, das sollte ihm erstmal einer nachmachen, auch wenn ich der Meinung bin das er seinen Zenit so langsam auch überschritten hat. Er wird immer für strittige Diskussionen gut sein und meiner Meinung nach zeichnet das jemanden schon aus. Ich denke das es ihm schon bewußt ist das seine Figuren oft oder meist nicht nach einer gewissen Logik handeln, aber das macht für mich auch einen Teil des Reizes der Filme aus.

Moonshade

Ja, das ist aus den "legendären" Kritiken von Hahn/Janssen aus dem "Lexikon des Horrorfilms", die da wirklich ignorant rangegangen sind.

Es gibt aber Unterschiede zwischen der traumhaften Unlogik und der künstlerischen Abstrusität, die einen optischen wie atmosphärischen Reiz ausmacht und blanker Doofheit, wenn Nebenfiguren wie die Polizei eine Leiche nicht von einer Puppe unterscheiden können.
"Du hältst durch und ich halte durch und nächstes Jahr gehen wir einen saufen!

"Anything invented after you're thirty-five is against the natural order of things.!" (Douglas Adams)

Stefan M

6 März 2012, 19:07:47 #74 Letzte Bearbeitung: 6 März 2012, 19:30:34 von Stefan M
Zitat von: Moonshade am  6 März 2012, 15:27:29
Es gibt aber Unterschiede zwischen der traumhaften Unlogik und der künstlerischen Abstrusität, die einen optischen wie atmosphärischen Reiz ausmacht und blanker Doofheit, wenn Nebenfiguren wie die Polizei eine Leiche nicht von einer Puppe unterscheiden können.

Danke, Herr Moonshade, jetzt haben Sie in einem Satz im Prinzip genau das auf den Punkt gebracht, was ich in meinen letzten Beiträgen auszudrücken versuchte.  :icon_mrgreen: Traum hin, Traum her, Film hin, Film her: Wenn Figuren in Filmen ständig Blödes tun, dann ist es schwer für mich, mich dem Rest hinzugeben. In Träumen kann man irrational handeln. Ist ein Film allerdings in der Realität angesiedelt wie ein "Opera" oder auch die "Mother"-Trilogie (d.h. erkennbar auf diesem Erdball, und das sind sie), können in meinen Augen trotzdem nicht alle Gesetze der Glaubwürdigkeit außer Kraft gesetzt werden. Und eben deshalb kann ich die Kröte "Puppe für Leiche = Fall abgeschlossen" aus "Opera" nicht schlucken. Ich meine, bei den dummen Teenie-Slashern motzen wir doch auch ständig über die Klischee-Charaktere mit ihren Klischee-Handlungen. Warum sollte das bei einem Regisseur mit zweifelsohne wesentlich mehr Talent als den meisten seiner Horrorfilm-Kollegen anders sein?
"Ein Leben ohne Mops ist möglich, aber sinnlos." (Loriot)

Synchronisation ist nicht grundsätzlich schlecht und manchmal sogar richtig gut!

Falko23

Zitat von: Stefan M am  6 März 2012, 19:07:47
Danke, Herr Moonshade, jetzt haben Sie in einem Satz im Prinzip genau das auf den Punkt gebracht, was ich in meinen letzten Beiträgen auszudrücken versuchte.  :icon_mrgreen: Traum hin, Traum her, Film hin, Film her: Wenn Figuren in Filmen ständig Blödes tun, dann ist es schwer für mich, mich dem Rest hinzugeben. In Träumen kann man irrational handeln. Ist ein Film allerdings in der Realität angesiedelt wie ein "Opera" oder auch die "Mother"-Trilogie (d.h. erkennbar auf diesem Erdball, und das sind sie), können in meinen Augen trotzdem nicht alle Gesetze der Glaubwürdigkeit außer Kraft gesetzt werden. Und eben deshalb kann ich die Kröte "Puppe für Leiche = Fall abgeschlossen" aus "Opera" nicht schlucken. Ich meine, bei den dummen Teenie-Slashern motzen wir doch auch ständig über die Klischee-Charaktere mit ihren Klischee-Handlungen. Warum sollte das bei einem Regisseur mit zweifelsohne wesentlich mehr Talent als den meisten seiner Horrorfilm-Kollegen anders sein?
können sie m.E. schon. Du kannst ja Träume auch als enorm realistisch empfinden und dann kommt in diese vermeinte "Realität" dieses irrationale, verstörende Bild, das Deiner scheinbaren (!) Realität wie Du sie im Traum erlebst, widersprichst. Sogesehen denke ich spielt er mit den Erwartungen der Zuschauer, die in vielen Fällen dann eben nicht die Logik bekommen, die sie erwarten.

Moonshade

Ich glaube, es war ihm in diesem Moment einfach ziemlich egal, da er sich ja den raffinierten Kniff mit dem Angriff im Grünen noch ausgedacht hatte und einfach nur auf dem schnellsten Weg von A nach B kommen wollte, unter der durchaus berechtigten Annahme, all die Verehrer, Fans und Fanatiker würden würden solche Logikgranaten schon irgendwie künstlerisch verklären.
Was sie auch tun.

Ich bewundere ihn echt als großen Inszenator und bildgewaltigen Künstler, aber ich wünsche mir manchmal trotzdem, er hätte öfters mal einen talentierten Autor für seine interessanten Storyideen gehabt, anstatt zu versuchen, alles selbst zu machen.
"Du hältst durch und ich halte durch und nächstes Jahr gehen wir einen saufen!

"Anything invented after you're thirty-five is against the natural order of things.!" (Douglas Adams)

Falko23

Zitat von: Moonshade am  7 März 2012, 10:33:29
Ich glaube, es war ihm in diesem Moment einfach ziemlich egal, da er sich ja den raffinierten Kniff mit dem Angriff im Grünen noch ausgedacht hatte und einfach nur auf dem schnellsten Weg von A nach B kommen wollte, unter der durchaus berechtigten Annahme, all die Verehrer, Fans und Fanatiker würden würden solche Logikgranaten schon irgendwie künstlerisch verklären.
Was sie auch tun.
kann ich mir nicht vorstellen, denn sonst hätten seine Verehrer, Fans und Fanatiker ja auch seine letzten Filme, z.B. "The Card Player" umjubeln müssen. Haben sie aber nicht und ich fand ihn als Fan auch ziemlich übel. Auch der 3. Teil der "Mütter-Trilogie" ist ja heftigst umstritten, mir dagegen hat er sehr gefallen. Er hat nur viel zu lange damit gewartet, genau wie Lucas mit seinen "Star Wars" Storys. Wenn das passiert, steigen die Erwartungen ins Unermeßliche und sind ja kaum erfüllbar.

Moonshade

Card Player und Giallo litten weniger an Unlogik als vielmehr an schwachen, langweiligen Drehbüchern ohne Überraschungen und fader TV-Optik, ohne inspirative Optik von wirklichem visuellen Reiz. Letzterer fehlt zu großen Teilen auch Mother of Tears, der über weite Strecken einfach unterbudgetiert ausschaut.
Und was die Erwartungshaltung angeht: wenn ich als Kreativer eine Trilogie abschließe, dann sollte ich das nur tun, wenn ich es auch richtig tun kann. Demzufolge muß ich wenigstens optisch oder atmosphärisch eine gewisse Geschlossenheit zu den anderen Filmen bieten, wenn der letzte Teil nicht raus- oder abfallen soll.
Es gibt sicherlich schlechtere Filme als "terza madre", aber den orignalen Kurs konnte Argento nach einem Vierteljahrhundert nicht mehr halten oder wollte es vielleicht auch nicht mehr. Daher wäre es imho besser gewesen, das nicht als Trilogieabschluß zu verkaufen, sondern einfach einen eigenständigen Film (ohne Mütter-Überthema) zu drehen.
Wenn du es nicht richtig machen kannst, dann laß es einfach gleich. Und Argento ist müde - selbst wenn er sein eigenes Werk und die Erwartungen mit Giallo auf den Kopf stellen wollte, es bleibt ein öder, fader Film auf ganzer Linie...

(PS: Jajaja, nebenbei weiß ich natürlich: einige hatten überhaupt keine Erwartungshaltung, haben sie sich erfolgreich operativ entfernen lassen und nässen sich generell den Schlüppi, wenn der Maestro überhaupt arbeitet, das ist mir durchaus bewußt...genauso wie ich eine habe, aber von dem Mann durchaus nicht immer das Gleiche will, wie es so schön einfach zu unterstellen ist.  :icon_mrgreen:)
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"Anything invented after you're thirty-five is against the natural order of things.!" (Douglas Adams)

Falko23

Bei "Card Player" und "Giallo" würde ich Dir zustimmen was den visuellen Reiz und Langeweile angeht, der hat mir auch gefehlt für einen Argento. "Card Player" habe ich sogar vorzeitig ausgeschaltet. (ja ja, sowas machen die Fans u.U. auch mal.. :icon_mrgreen:) Bei "Mother of Tears" sehe ich's anders, den fand ich als Abschluß zumindest recht gelungen. Okay, es mag kein "Suspiria" oder "Inferno" gewesen sein, aber nach vielem was dazwischen war, war das für mich wieder ein kleines Highlight von ihm.
Zitat von: Moonshade am  7 März 2012, 13:59:50Und was die Erwartungshaltung angeht: wenn ich als Kreativer eine Trilogie abschließe, dann sollte ich das nur tun, wenn ich es auch richtig tun kann. Demzufolge muß ich wenigstens optisch oder atmosphärisch eine gewisse Geschlossenheit zu den anderen Filmen bieten, wenn der letzte Teil nicht raus- oder abfallen soll.
Dazu war selbst George Lucas nicht fähig, sorry wenn ich den nochmal einbringe. Da war ja grade (in meinen Augen) das Problem das man nach 30 Jahren plötzlich was zu sehen bekommt, was weder optisch noch atmosphärisch überhaupt nichts mit der Urtrilogie gemeinsam hatte. Das war CGI Technik ohne Ende, Spielereien und Mätzchen die die Filme (widerum für mich) "kalt" und "leblos" wirken ließen und ebenso nach 30 Jahren nicht an alte Erfolge anknüpfen konnten.

Ich bin auch gar nicht so der Hardcore Argento-Freak, wenn Du das denkst. Und auch nicht "Star Wars". Argento hat viele erstklassige Filme gemacht und - natürlich auch ein paar schlechte. Welche was sind bleibt eh Geschmackssache. Die Fans wollten den Film und bekamen ihn schließlich doch noch. Das viele enttäuscht waren war abzusehen, finde ich. Ich glaube nicht das er es geschafft hätte einen wirklich zufriedenstellenden "Suspiria oder Inferno für alle" zu drehen. Das Ergebnis wäre das gleiche gewesen wie jetzt auch. Und das wird er auch gewußt haben und hat halt sein bestes gegeben. Aber das er müde ist und seinen Zenit mit gut 70 überschritten hat, das finde ich auch unbestritten.

Roughale

Wenn du schon den Lucas als Vergleicgh bringt, dann lass mich dazu sagen, dass es höchstens auf der inhaltlichen Ebene vergleichbar ist, da hatte Lucas zuwenig und soweit icn mich an den grösstenteils verdrängten MoT erinnern kann, haperte es da auch heftig - da mag man sich streiten, ob die beide anderen Teile nicht ebenso dünn war - ABER sie hatten Optik vorzuweisen, die immer noch wirkt, keine Ahnung, ob das viele Fans von MoT einfach nicht sehen können, denn diese fehlt komplett und dazu kommt das anmoonierte ( :icon_twisted:) billige Aussehen des Films, für mich fast sein grösster Flop, weil er versucht sich an den Klassikern messen zu lassen, in dem er sich als Teil der Trilogie ausgibt. Die anderen Ausrutscher sind halt nur relativ misglückte TV Krimis...

esta es la mejor mota
When there is no more room for talent OK will make another UFC

Falko23

Wie schon gesagt, die Geschmäcker sind verschieden. Und das ist doch auch gut so, denn sonst bräuchte es ja solche Foren und Diskussionen nicht. Kino funktioniert nunmal auch großteils über die Augen und das sehen wir eben individuell verschieden. Daher finde ich einen Austausch darüber ganz spannend. Ich will meine Meinung niemandem aufdrücken, ich wollte sie nur sagen. Falls das anders angekommen sein sollte, sorry...

Pinhead_X

So nun auch endlich gesichtet. Kurz zur Qualität: Was dort aus dem alten Film heraus geholt worden ist, ist schon phänomenal. Dafür gibt's schonmal 10 Punkte ;)

Zum Film selbst: Ich bin Argento Fan seit fast 10 Jahren und habe mit Phenomena angefangen und hab mich dann quer durch seine Werke bis hin zu Inferno geguckt. Diesen gab es nur als Bootleg und so gingen Jahre des Wartens ins Land.
Nun konnte ich dieses Werk endlich sehen und wurde nicht enttäuscht. Der Film wird hier und da als sein zugänglichster beschrieben. Das finde ich überhaupt nicht. Allein die Eröffnungsszene (Keller, Loch usw.) geht fast 15 Min. Für den einen oder anderen sicherlich mehr als zäh. Was folgt ist Argentokost ganz im Stil von Suspiria. Optisch etwas weniger opulent, aber dennoch fühlt man quasi die ganze Zeit diese Bedrohung aufsteigen. Die Szenen in Rom finde ich allerdings etwas störend und langweilig.

Das Finale hingegen ist wirklich toll geworden incl dem "Mords Ohrwurm" :)

Fazit:

Gewohnt guter Argento Trip in die Abgründe des Unterbewusstseins. Insgesamt finde ich Suspiria aber einen Tick besser.

8/10 Punkte
We'll never stop, we'll never quit, 'cause we're Metallica!!!
Meine Musik

Falko23

Zitat von: Pinhead_X am  8 März 2012, 15:27:08
Der Film wird hier und da als sein zugänglichster beschrieben.
Da würde mich eine Begründung schon interessieren. Nicht das ich mir das nicht vorstellen könnte, aber man muß ja auch bedenken welche Filme er zu welcher Zeit gemacht hat. Und Filme wie "Die neunschwänzige Katze" u.ä. sind doch sicherlich zugänglicher für den breiten Geschmack als "Inferno" oder "Suspiria". Für mich persönlich zählt "Das Stendhal Syndrom" zu seinen zugänglichsten. Ich finde ihn teils sehr untypisch für einen Argento, aber ich mag den Film sehr.

Moonshade

Ich glaub eher, das war ein Freudscher Verleser - Inferno gilt allgemein als Argentos UNzugänglichster, weil er sich mit einem traditionellen Plot nämlich gar nicht erst beschäftigt und dank der traumartigen Struktur so gar nichts für Popcornfreunde ist.
"Du hältst durch und ich halte durch und nächstes Jahr gehen wir einen saufen!

"Anything invented after you're thirty-five is against the natural order of things.!" (Douglas Adams)

Falko23

Zitat von: Moonshade am  8 März 2012, 17:23:18
Inferno gilt allgemein als Argentos UNzugänglichster, weil er sich mit einem traditionellen Plot nämlich gar nicht erst beschäftigt und dank der traumartigen Struktur so gar nichts für Popcornfreunde ist.
na, da ist doch aber "Suspiria" auch nicht anders gestrickt.

Moonshade

Suspiria orientiert sich aber noch an eher nachvollziehbaren narrativen Strukturen wie eben der Balletelevin, die als Identifikationsfigur und roter Faden durch den Film führt, während Inferno ja von einer Figur zur nächsten springt und das Episodische umarmt.
So wirkt Suspiria nicht ganz so irritierend oder verwirrend für den Normalseher.
"Du hältst durch und ich halte durch und nächstes Jahr gehen wir einen saufen!

"Anything invented after you're thirty-five is against the natural order of things.!" (Douglas Adams)

Falko23

Okay, sogesehen stimmt das schon. Massentauglich sind seine Werke wohl aber nie gewesen, er ist eher ein Ausnahmekünstler mit einer hohen Begabung für's Visuelle. Wer einen schlichten Slasher sehen will und nur unterhalten werden will, ist da wohl eher fehl am Platz. Aber alles hat eben seine Berechtigung.

Angelus Mortis

8 März 2012, 19:06:43 #88 Letzte Bearbeitung: 8 März 2012, 19:09:35 von Angelus Mortis
Zitat von: Falko23 am  8 März 2012, 18:47:21
Wer [...] nur unterhalten werden will, ist da wohl eher fehl am Platz.

Hm, das wurde hier und an anderen Stellen im Forum in letzter Zeit sehr häufig gesagt (oder es schwang implizit mit), für mich nicht wirklich haltbar. Gerade im Fall von Argento: Der unterhält mich nämlich gerade wegen seiner Genialität was das Visuelle (in Verbindung mit Musik) angeht immer wieder. Selbst wenn man "Unterhaltung" als hirnlose Berieselung definiert ... ich habe "Suspiria" mit 17 oder 18 das erste Mal gesehen und damals habe ich mich einen feuchten Kehricht um Beleuchtung, Kameraführung, Schnitt, ... gekümmert und wollte auch "nur" unterhalten werden - was wunderbar geklappt hat. Man muss sich eben einfach auch darauf einlassen können, dass ein Film mal nicht nach Schema F gestrickt ist. Ich glaube, dass das viel schwerer wiegt, denn sowohl ein "Suspiria" als auch ein "Inferno" oder ein "Phänomena" funktionieren meiner Meinung nach als ganz schlichte Horrorfilme: Die Schlafsaalszene im ersteren ist für mich damals mit das Unheimlichste gewesen, was ich je gesehen habe, der "Swimming Pool" im letzteren mitunter das Ekligste.

Und überhaupt und nochmal und in Kürze: Anspruch (künstlerischer, inhaltlicher, ...) und Unterhaltung schließen sich imo nicht aus. Sei es, weil der Film auf beiden Seiten funktioniert oder weil der Film durch seinen Anspruch unterhält. So oder so muss man sich einfach darauf einlassen - aber auf etwas einlassen sollte man sich meiner Meinung nach so oder so bei jedem Film.

EDIT:
Um noch was zum eigentlichen Thema zu sagen: "Inferno" war für mich nicht Argentos Bester, aber dennoch ein guter Film. Allerdings liegt meine Erstsichtung schon ein gutes Stück zurück ... das (echt sehr, sehr schicke) Mediabook liegt allerdings schon bereit. :icon_smile:

Moonshade

Und auch hier noch als Zuckerguß: in Sachen "einfach nur Unterhaltung" immer schön von einer eher neutralen als von einer filmbegeisterten Person per se ausgehen. Für Fans ist diese Analyse durchaus zutreffend, für jemanden, der sein Horrorfilmverständnis von dem Free-TV-Angebot an Horror (normales Kabel, gewöhnlicher Genreplot) aus entwickelt, ist "Inferno" geradezu monströs experimentell.
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"Anything invented after you're thirty-five is against the natural order of things.!" (Douglas Adams)

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