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Literatur zum zeitgenössischen asiatischen Kino gesucht ...

Begonnen von miou-miou, 2 Oktober 2009, 20:59:06

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miou-miou

Ich hoffe, ich frage hier an der richtigen Stelle: gibt es interessante Bücher über das zeitgenössische Kino aus Asien??
Und zwar nicht über Eastern bzw. Martial Arts oder HK-Action, sondern eher über die "Art House" Filme eines Kim Ki-Duk, Takeshi Kitano, Shinji Aoyama, Park Chan-Wook, etc ...
Da ich mich nicht so gut auskenne, aber immer mehr auf den Geschmack komme (vor allem auf die eher ruhig gehaltenen Filme), würde ich mich mal gerne informieren über den modernen asiatischen Film, was da so geht und was man sich mal ansehen sollte ...
Hat jemand nen Tip?
Danke!!
m-m
"I saw three of these dusters a short time ago, they were waiting for a train. Inside the dusters, there were three men. Inside the men, there were three bullets."

Ormic

Wenn es wirklich um einen Überblick gehen soll, der eine gewisse Bandbreite an Filmen knapp umreißt, empfehle ich:

- The Midnight Eye Guide to New Japanese Film
- Contemporary Japanese Film

Das erste reicht dabei von 1970 bis ca. 2004, das andere deckt die Phase zwischen 89 (also dem beginnenden Independent-Boom) und 99 ab.
Bücher, die wirklich bis in die letzten Jahre aktuell und gut sind, kenne ich leider keine.
Ansonsten sollte man bei japanischen Filmen eher nach Genre-Führern Ausschau halten, da gibt es z.B. sehr gute zum Thema Jidai geki (das erste von Alain Silver) und Science Fiction/Cyberpunk. Allgemein solltest du www.midnighteye.com lesen, falls du die Seite bisher nicht kanntest, gute Kritiken zu auch wenig bekannten Filmen und vor allem auch weitere Buchbesprechungen.

Falls du dir einen wirklichen Überblick zum japanischen Film verschaffen willst, führt kein Weg an den Werken von Donald Richie vorbei.


Was China (inkl. HK und Taiwan) betrifft, gibt dieses Buch einen guten Überblick über die aktuellen Geschehnisse. Ansonsten empfehle ich:

- New Chinese Cinemas
- Once upon a Time in China

Was Korea betrifft, weiß ich leider nicht genau, ob es ein lohnenswertes Buch gibt, das Gros der Filme ist ja leider eh zu schäbig, um anständig besprochen zu werden... gerade den Prä-1995-Filmen sollte sich aber mal ein kundiger Autor annehmen.

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brokenpromisering

Für Korea u.a. kannst du mal anlesen:

New Korean Cinema
Herausgegeben von Shin Chi-yun und Julian Stringer bei der New York University Press
u.a. mit Artikeln von Darcy Paquet und Kim Kyu-Hyun (kennst man evtl als Koreafilmfan)

Neben der Geschichte Koreas und des koreanischen Kinos v.a. Beispiele des kontemporären und modernen Kinos (besonders wissenschaftlich untersucht auf Gesellschaft, Nationalität, Geschlecht, etc). Einige Beispiele: Chunhyang, Sympathy for Mr Vengeance, Take Care of my Cat, Attack the Gas Station, Peppermint Candy, Phantom the Submarine, Memento Mori oder Asako in Ruby Shoes.
In Englisch und - ich sag mal - für den gehobenen und interessierten Leser. Aber ein sehr gutes empfehlenswertes Buch für Leute die sich nicht nur für das Oberflächliche am Film interessieren.

http://www.amazon.de/New-Korean-Cinema-Chi-Yun-Shin/dp/0814740308/ref=sr_1_1?ie=UTF8&s=books-intl-de&qid=1254684421&sr=8-1

brokenpromisering

Zitat von: Ormic am  4 Oktober 2009, 19:58:01
das Gros der Filme ist ja leider eh zu schäbig, um anständig besprochen zu werden...

Das halte ich persönlich für ein Gerücht...in Korea gibt es genauso viel Müll / gute Filme wie in Japan oder Hong Kong ;)

Ormic

4 Oktober 2009, 23:18:31 #4 Letzte Bearbeitung: 4 Oktober 2009, 23:21:21 von Ormic
Zitat von: brokenpromisering am  4 Oktober 2009, 22:43:29
Zitat von: Ormic am  4 Oktober 2009, 19:58:01
das Gros der Filme ist ja leider eh zu schäbig, um anständig besprochen zu werden...

Das halte ich persönlich für ein Gerücht...in Korea gibt es genauso viel Müll / gute Filme wie in Japan oder Hong Kong ;)

Relativ betrachtet mag das gerade noch so hinkommen, absolut gesehen mit Sicherheit nicht, was logischerweise auch daran liegt, dass sich eine wirklich produktionsreiche Filmkultur eben erst in den letzten zwei Jahrzehnten ausgeprägt hat, die dann natürlich auch sofort unter den modernen industriellen Strukturen des Filmemachens leidet. Die von miou-miou genannten Regisseure sind ja bezeichnenderweise auch genau die, die im eigenen Land immer wieder große Probleme haben, was Akzeptanz oder kommerziellen Erfolg ihrer Filme betrifft.

Dass eine Analyse der früheren Filme bzw. eben der herausstechenden Werke uninteressant wäre, hat auch niemand behauptet, aber gute Bücher gibt es aus den genannten Gründen scheinbar deutlich weniger. Aber da du eines empfehlen konntest, ist ja auch diese Lücke nun geschlossen.

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brokenpromisering

5 Oktober 2009, 02:38:20 #5 Letzte Bearbeitung: 5 Oktober 2009, 02:51:51 von brokenpromisering
Zitat von: Ormic am  4 Oktober 2009, 23:18:31

Relativ betrachtet mag das gerade noch so hinkommen, absolut gesehen mit Sicherheit nicht, was logischerweise auch daran liegt, dass sich eine wirklich produktionsreiche Filmkultur eben erst in den letzten zwei Jahrzehnten ausgeprägt hat, die dann natürlich auch sofort unter den modernen industriellen Strukturen des Filmemachens leidet. Die von miou-miou genannten Regisseure sind ja bezeichnenderweise auch genau die, die im eigenen Land immer wieder große Probleme haben, was Akzeptanz oder kommerziellen Erfolg ihrer Filme betrifft.

Dass eine Analyse der früheren Filme bzw. eben der herausstechenden Werke uninteressant wäre, hat auch niemand behauptet, aber gute Bücher gibt es aus den genannten Gründen scheinbar deutlich weniger. Aber da du eines empfehlen konntest, ist ja auch diese Lücke nun geschlossen.


Da stimm ich natürlich absolut zu, die Filmindustrie ist im Vergleich recht jung und auch die westlichen Einflüsse haben vorallem in den letzten 10 Jahren drastisch zugenommen. Dennoch glaube ich, dass es auch viele ältere Filme aus dem Land gibt, über die es sich wirklich lohnt, genauer zu "philosophieren". Diese alten Perlen werden ja gerade nach und nach ausgegraben und erfahren im eigenen Lande in letzter Zeit zunehmende hochqualitative DVD Releases.  Viele dieser Klassiker sind nicht nur wegen ihrer filmtechnischen und ästhetischen Werte diskutierwürdig, sondern interessant ist natürlich auch der geschichtliche, gesellschaftliche, politische etc Kontext gerade in einem Land wie Korea. Viele dieser Filme aus den 50-80er Jahren handeln von oder spielen versteckt mit Themen wie dem Koreakrieg, Diktatur, Nord-Südkonflikt, Emanzipation des Volkes, Tradition kontra Kapitalismus, usw. Von daher finde ich persönlich, dass diese Filme - sofern sich jemand, der davon wirklich eine Ahnung hat, mit diesen auseinandersetzt - für sehr viel Diskussionsstoff sorgen können. Dass heutzutage in Korea wie in jeder anderen Filmnation große Studios die vorwiegend junge Zielgruppe mit westlich angehauchten Fließbandproduktionen befriedigt ist natürlich klar (siehe LOTTE, usw), aber gerade in Korea existiert parallel dazu noch eine sehr ausgeprägte Gruppe von Filmemachern, die mit großer Anerkennung vom Publikum dem Kontra bietet. Da fallen mir so Namen ein wie Hong Sang-soo, Lee Myeong-se, Kim Ki-duk, Lee Chang-dong usw usw - die ja inzwischen international Rang und Namen haben und regelmäßig Preise absahnen. Deren Werke sind auch tiefgründig und schreien förmlich nach Abhandlungen und Diskussion. Dass Filmemacher wie Kim Ki-duk in ihrem Land nicht sehr beliebt sind, liegt ja nicht an der Qualität oder vermeindlichen "Inhaltsleere" ihrer Filme (ganz im Gegenteil: Kims Fähigkeit zur intelligenten, tiefsinnigen Gesellschaftskritik ist fast einizigartig). Das koreanische Publikum ist nur einfach abgeturnt vom Pessimismus seiner Filme, von der Art und Weise wie ihr Land dargestellt wird in seinen Machwerken - und natürlich auch nicht zu letzt weil Arthouse überall ein Nischenprodukt ist (welches Kim mit seinem extremen Pessimismus noch ein Level weiter in die Nische pusht). Als er mit Filmen wie Bin-jip (3-Iron) dann in eine positivere, optimistischere Richtung einlenkte, fand auch das heimische Publikum gefallen dran. Ob er kommerziell oder beim Publikum Erfolg hat, spielt per se eh keine Rolle, was die Qualität und Diskussionswürdigkeit seiner Filme angeht. Wir wissen's es ja eh alle...die besten Filme finden meistens nie ein Publikum ;) Aber wenn wir schon bei kommerziell erfolgreichen Filmen aus Korea mit diskussionswürdiger Qualität oder Inhalten sind...gute Bsps wären z.B. so offensichtliche Werke wie JSA, Silmido, Taegukgi (Kriegsproblematik), aber auch in dieser Richtung weniger offensichtliche Mainstreamfilme mit versteckteren gesellschaftskritischen Inhalten wie Horror- oder Slasherfilme a la Memento Mori oder Destination Hell, die beide die Gesellschaft anpragern was Themen wie Homophobie, Leistungsdruck oder anderes angeht. Selbst viele Komödien aus Korea haben oft diskussionswürdigen Inhalt. Nehmen wir Attack the Gas Station, ein Brüller von einem Film, der gleichzeitig aber auch eine Generation ohne Zukunft und Werten darstellt. Und wollen wir nicht vergessen, dass in Korea die Akzeptanz und der Markt für Arthouse im Vergleich zu anderen Ländern mit Filmindustrie immer noch recht hoch ist (warum sonst haben Leute wie Lee Chang-dong oder Hong Sang-soo sonst in ihrem eigenen Land auch solchen Bekanntsheitsgrad). Auch nicht vergessen darf man das kleine Kino Nordkoreas, dass vorallem auf politischem und propagandistischem Level sehr interessant ist. Immer wieder schön ist das Beispiel Pulgasari, in dem ein Godzilla-like Monster metaphorisch den Geist des kommunistischen Volkes widerspiegelt.

Aber gut, ich verstehe natürlich deinen Punkt voll und ganz und ich will mich hier auch garnicht rumstreiten. Klar haben Länder wie Hong Kong und Japan einen größeren Grundstock an Filmen, auf den man zurückgreifen kann, aber man darf auch nicht vergessen, dass vieles davon auch Fließbandware ist. Siehe Hong Kong's Kungfu und Heroic Bloodshed-Wellen (die ich qualitativ jetzt nicht niedermachen will, persönlich liebe ich sie - aber objektiv muss man schon sagen dass es Massenproduktionen waren) oder zig-tausende Godzilla und Monsterfilme mit lustigen Plastikfigürchen aus Japan. (Jedoch - und da widerspreche ich mir gerade selber: Bloodshedder und Monsterfilme liefern manchmal mehr seriösen Diskussionstoff als das bedeutungsschwangerste Arthousedrama - das ist mir klar...) Letztendlich haben alle diese Filmnationen einen soliden Grundstock mit vielen Gurken und gleichzeitig aber auch vielen interessanten Produkten, die man immer in Erinnerung behalten sollte. Peace out ;)


brokenpromisering

5 Oktober 2009, 03:28:44 #6 Letzte Bearbeitung: 5 Oktober 2009, 03:31:10 von brokenpromisering
PS: Um zum Thema zurückzukommen...mein absolutes Lieblingsbuch über asiatisches Kino ist City on Fire: Hong Kong Cinema ( http://www.amazon.com/City-Fire-Hong-Kong-Cinema/dp/1859842038/ref=sr_1_3?ie=UTF8&s=books&qid=1254701857&sr=1-3 ) von Lisa Odham Stokes und Michael Hoover, welches das HK Kino besonders im Zeitraum 1970-2000 beleuchtet. Unvermeidbar sind da natürlich auch Kapitel über Bloodshed und Kung-Fu (ist einfall ein essentieller Teil des Hongkonger Kinos), aber das Buch spricht auch viele andere Genres groß an...historische Filme ala "Chinese Ghost Story", die großen Komödien und sehr packende und bewegende (Arthouse-)Dramen wie Cageman von Cheung Chi-leung oder Boat People von Ann Hui - besonderer Schwerpunkt im Buch auch die Arthousefilme von Wong Kar-Wai (Chungking Express, Ashes of Time, ...). Dazu zwei einleitende Kapitel über Hong Kong selbst und die Entstehung, Entwicklung und Bedeutung der Filmindustrie. Am Schluss wird nochmal auf die Probleme und die Zukunft des Hongkong-Films eingegangen. Großer Schwerpunkt des Buches auch hier gesellschaftskritische Elemente und Hongskongs Furcht vor 1997 (Die Übergabe an China) im Film. Das Buch verschafft einen tollen Überblick über 30 Jahre HK Kino und hat mir persönlich z.B. den einen oder anderen Tipp für gute Filme gegeben. Großartiges Buch, mir persönlich hat ein Sachbuch noch nie soviel Spaß gemacht...und die Informationen sind üppig und interessant. Wie gesagt, wenn du 2-3 Kapitel Martial Arts und Gun Fu Filme überspringst, findest du da sicher auch etwas, was dich interessiert.

HenryChinaski

Ich besitze "Japanese Cult Film Companion". http://www.amazon.com/TokyoScope-Japanese-Cult-Film-Companion/dp/1569316813/ref=sr_1_1?ie=UTF8&s=books&qid=1254748180&sr=8-1

Das Buch dient gut als Einstieg in das japanische Kultfilm-Kino, in dem ja häufig Trash und Arthouse konform gehen. Interessant sind die Einleitung von Kinji Fukasaku und das Schlusswort von Takashi Miike.

Das Buch bietet u.a. Kapitel über Giant Monster-Filme, Horror, Yakuza-Streifen, Katastrophen-Filme und Roman Porn. Sonny Chiba, Kinji Fukasaku und Takashi Miike wurden eigene Kapitel gewidmet.

Allerdings fehlen in diesem Buch doch ein ein ganzer Batzen wichtiger Genre-Filme, so dass es wirklich nur als Einstieg dient.

AB

Ich besitze u.a. The Cinema of Japan and Korea, allerdings werden hier nur 24 Filme besprochen. Der älteste Film ist Kinugasa Teinosuke's A Page of Madness (1926), der neueste Park Chan Wook's Joint Security Area (2000). Also nicht unbedingt zeitgenössisch. Aber vielleicht doch für den ein oder anderen interessant.

miou-miou

Vielen Dank für die vielen Tips! Ich werde mich da mal langsam von oben bis unten durcharbeiten ...
"I saw three of these dusters a short time ago, they were waiting for a train. Inside the dusters, there were three men. Inside the men, there were three bullets."

Grimnok

Für Kitano alleine empfinde ich Beat Takeshi vs Takeshi Kitano als sehr gelungen. Nur so als Anstoß, auch wenn das nicht deine Frage war.
"Those who would give up essential Liberty, to purchase a little temporary Safety, deserve neither Liberty nor Safety."

- Benjamin Franklin

https://www.youtube.com/watch?v=aFDkcaY3ZKo
http://www.howdoeshomeopathywork.com/

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