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Wieviel "Wissen" ist Filmgenuß?

Begonnen von Intergalactic Ape-Man, 10 Februar 2010, 18:38:08

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Intergalactic Ape-Man

9 Mai 2010, 14:40:28 #60 Letzte Bearbeitung: 9 Mai 2010, 14:50:33 von Intergalactic Ape-Man
Zitat von: lastboyscout am 21 April 2010, 03:42:17
Habt ihr es andererseits schon erlebt, dass ihr im Endeffekt zuviel ueber Filme wisst?
Ich habe ehrlich gesagt das Problem, das in meinem kompletten Bekanntenkreis genau zwei Leute genuegend Wissen haben, damit ich eine interessante Diskussion ueber Filme mit ihnen fuehren kann.
Das soll keinesfalls ueberheblich klingen, es ist halt einfach interessanter, mit jemand ueber dieses Thema zu diskutieren, wenn er wirklich Ahnung von der Materie hat.

Das erlebe ich ein bisschen anders und zwar z.B. auch im Zusammenhang mit dem "Film der Woche" Thread so, daß ich zu dem Zeitpunkt, wo jemand anderes mit mir über den Film diskutieren möchte, nicht unbedingt die Lust oder den Film aktuell genug gesehen habe, um Details außerordentlich zu zerkauen. Da rächt sich natürlich die Abwendung vom aktuellen Geschehen, also von Filmen, die relativ viele Menschen gleichzeitig gesehen haben. Die "Film der Woche" Idee ist insofern gut, daß sie einem gemeinsamen Kinobesuch/Filmabend gleich kommt, an dessen Ende man sich dann frisch über die Materie austauschen kann. Den Elan dort einzusteigen hatte ich dennoch nicht, da mir die Vielfalt des Angebotes dazwischen kommt und ich nicht unbedingt die Lust hatte, DVDs von ganz unten-hinten herauszuwühlen (wobei ich den Deer Hunter auch gar nicht selber besitze). Überhaupt kommt mir die angebotene Vielfalt durchaus größer vor, als du es beschreibst, was mich zu folgendem Gedankengefüge antreibt.

Im Zusammenhang mit dem aktuellen Lena Meyer-Landrut Hype wird ja davon gesprochen, daß ihre individuellen Einflüsse daher rühren, daß sie einer Generation entstamme, die sich den Musikgeschmack individuell aus dem breiten Angebot zusammen stelle und viele Interpreten über das Internet oder die Musiksammlungen von Freunden kennenlernen würde. Ähnlich würde ich die/meine Filmsituation auffassen. Vor allem aber habe ich in meinen nun aktiven zwei Jahren bei der OFDb festgestellt, daß es tatsächlich einen unmittelbaren Zusammenhang aus Angebot und Interesse (nicht spezifisch Nachfrage) zu geben scheint. Gerade kürzlich habe ich zum Beispiel etwas zu einem wirklich nicht guten Film von Umberto Lenzi geschrieben und das Interesse war anhand der Klickzahlen eher mau. Nun gab es von diesem Film aber bisher auch keine deutsche DVD. Wenig später habe ich mich mit weit höherem Wertungssignal einem frühen Film Noir gewidmet, der nie in Deutschland aufgeführt wurde und auch nur in den USA auf DVD erhältlich ist. Der Zuspruch war praktisch gleich.
Anders sieht es da mit weit verbreiteten Titeln aus. Diese erreichen je nach aktuellem Anlaß ein durchaus reges Interesse - und das unabhängig davon, wie lange so ein Review unter den letzten 5 auf der Startseite steht. Überwältigend sind aber die Klickzahlen, sobald eine deutsche DVD (neu) verfügbar ist. Besonders bei Veröffentlichungen von Hartboxlabels ist mir aufgefallen, daß der Zähler urplötzlich einige Hundert nach oben schnellen kann.

Meine vorläufige Schlußfolgerung daraus bezieht sich auf mein eigenes Verhalten. Entgegen früher, wo ich z.B. noch ein oder mehrere Magazine zum Thema verfolgt habe, kann und will ich mich gar nicht auf regelmäßigen Input einlassen. Ich betreibe Recherchen nach Bedarf, was hauptsächlich auf die Vergangenheit abzielt, also filmographische und filmhistorische Lücken schließt. Ansonsten bin ich der totale Drifter geworden. Auf viele Filme werde ich aufmerksam, weil mir jemand direkt sagt, daß ich mir diesen einmal ansehen solle. Oder ich entdecke einen Film in der Fernsehzeitung, zu dem ich mir kurzfristig Informationen beschaffe.
Durch die breite Verfügbarkeit von verschiedensten Filmen und die in jüngerer Zeit attraktive Preisstruktur suche ich meistens bestimmte Titel von meiner Suchliste aus, die mir gerade besonders wichtig sind. Dann stöbere ich nach Sonderangeboten und Titeln, die mir ins Auge stechen. Erst dann fange ich an, mich mit Titeln, die mir bisher nichts sagten, näher zu beschäftigen. Den Zuschlag erhält dann das interessanteste Paket mit dem günstigsten Durchschnittspreis. Ähnlich schätze ich aus der Beobachtung der Klickzahlen die Wirkung von Neuveröffentlichungen ein. Andernfalls nämlich wirkt es fast wie eine Belastung, sich darüber hinaus mit der Existenz und der möglichen Qualität von Filmen zu beschäftigen und daher lese ich z.B. Reviews auch nicht deshalb, weil sie gerade geschrieben wurden.
Kritiken lese ich übrigens dann nach der Filmansicht je nach Inspiration nochmal genauer. Wann ich den gekauften Film allerdings ansehe ist beliebig, da ich - mea culpa - einen Berg ungesehenen Materials angehäuft habe, aus dem ich mich nach spontaner Eingebung bediene.

Nun aber zu den resultierenden Fragen, die ich hiermit in den Raum stellen möchte:
Wie gestaltet sich euer Filmfinden bzw. wie werdet ihr auf einen Film aufmerksam?
Wieviel Raum läßt uns das breite Angebot überhaupt für eine eigene Suche?
Inwiefern hat sich eurer Meinung nach die Angebotsstruktur über die Jahre verändert und wie schätzt ihr den jeweiligen Einfluß ein?
Welche Rolle spielen das Internet und im speziellen Kommunikationsplattformen für das Interesse an einem Film?
Ist es heute leichter/salonfähiger einen individuellen Geschmack auszuprägen?
Welche Wechselwirkung haben (anbetrachts der verfügbaren Titel) individueller Filmgeschmack und Kanonisierung im Zusammenhang mit strukturierter Filmwissenschaft?

lastboyscout

Zitat von: Intergalactic Ape-Man am  9 Mai 2010, 14:40:28
Nun aber zu den resultierenden Fragen, die ich hiermit in den Raum stellen möchte:
Wie gestaltet sich euer Filmfinden bzw. wie werdet ihr auf einen Film aufmerksam?
Viele Anregungen finde ich hier im Gemeinschaftsforum, vor allem was neue Filme betrifft.
Fuer aeltere Filme durchforste ich meist das Internet. Sehr oft helfen mir dabei auch einschlaegige Seiten, die sehr informativ sind, vor allem was Reviews angeht.
An allerletzter Stelle fuer Reviews ist dabei die IMDB, da wird viel zu viel Schrott verzapft meiner Meinung nach.
Die OFDB ist da sehr hilfreich. Fuer asiatische Filme bevorzuge ich die HKMDB, sehr sehr gute Seite fuer Reviews ueber weniger bekannte, vor allem aeltere Asienfilme.

Wieviel Raum läßt uns das breite Angebot überhaupt für eine eigene Suche?
Das breite Angebot muss wirklich sehr gruendlich durchforstet werden. Es ist sehr zeitintensiv, fast schon muehsam, sich durch den Wust an Veroeffentlichungen zu kaempfen. Aber mit der Zeit bekommt man ein Gespuer fuer interessante Titel.
Wobei ich jedoch sagen muss, das ich bei bevorzugten Genres gerne mal ein Auge zudruecke, und den Film trotz Vorurteilen (die meist bestaetig werden) ansehe.
Vor allem im Horror und Actionbereich gibt es ja doch etliche Gurken.  ;)

Inwiefern hat sich eurer Meinung nach die Angebotsstruktur über die Jahre verändert und wie schätzt ihr den jeweiligen Einfluß ein?
Das ist etwas, was mich wirklich extrem stoert. Das Angebot ist zwar riessig, aber man muss sich selber durchkaempfen. Denn was im Kino und im TV und auf Plakatwaenden angepriesen wird, ist eher selten was ich wirklich sehen will. Ausnahmen bestaetigen die Regel, aber 95 Prozent der Filme werden kaum oder garnicht beworben, und ich muss mich selber darum kuemmern, wann er rauskommt, wo er gezeigt wird usw. Das Angebot ist gross und gut, aber man muss wirklich was dafuer tun.

Welche Rolle spielen das Internet und im speziellen Kommunikationsplattformen für das Interesse an einem Film?
Wie schon frueher in diesem Beitrag erwaehnt, das Internet ist wirklich meine Hauptquelle fuer Informationen. Aus Mangel an Filmfans in meinem Umfeld bin ich darauf angewiesen. Was ich dabei wirklich am meisten schaetze, ist wohl die Fuelle an Informationen, die man sich besorgen kann, wenn man nur weis wo man suchen muss. Oft will ich den Werdegang eines Regisseurs oder Schauspielers verfolgen, dann wird einfach jeder Film auf ne Liste gesetzt, auch wenn das Genre mich nur am Rande interessiert. Und viele Buecher die ich frueher las, stellten sich mit ihren Informationen als lueckenhaft oder schlicht als falsch dar.
Das Internet ist da schon etwas zuverlaessiger, aber, wieder einmal, wenn man weis wo man suchen muss. Denn auch hier gibt es leider viel zu viele Unwissende mit Webspace zur Verfuegung.  ;)

Ist es heute leichter/salonfähiger einen individuellen Geschmack auszuprägen?
Hm, gute Frage. Viele Leute finden es erstaunlich, wieviel jemand (ohne Mithilfe des Internets oder Internet-Handys) aus dem Stegreif ueber Filme weiss, andererseits ist es fuer viele Leute seltsam, welchen Filmgeschmack man abseits der ueblichen Verdaechtigen hat. Japan? Korea? Spanien? Russland?
Da schliesst sich der Kreis zur Ignoranz dann wieder.


I`m a tragic hero in this game called life,
my chances go to zero, but I always will survive.
( Funker Vogt - Tragic Hero )

What is your pleasure, sir? This is mine:
http://www.dvdprofiler.com/mycollection.asp?alias=lastboyscout

MMeXX

Zitat von: Intergalactic Ape-Man am  9 Mai 2010, 14:40:28
Wie gestaltet sich euer Filmfinden bzw. wie werdet ihr auf einen Film aufmerksam?
Aufmerksam werde ich durch Listen (z.B. "Polizeifilme"-Thread und die 2 Gangsterfilmlisten - deren Abarbeitung nur in kleinsten, langwierigen Schritten erfolgt), Vergleiche mit Filmen, die ich bereits kenne, durch Hinweise anderer Leute (Eltern, Freundin, Kumpels).

Zitat von: Intergalactic Ape-Man am  9 Mai 2010, 14:40:28
Welche Rolle spielen das Internet und im speziellen Kommunikationsplattformen für das Interesse an einem Film?
Eine große Rolle, da ich viele Infos/Filmtitel erstmalig im Netz finde. Der Weg über Sekundärliteratur ist meist erst der zweite.

pm.diebelshausen

Wie gestaltet sich euer Filmfinden bzw. wie werdet ihr auf einen Film aufmerksam?
Total bunt. Ich bummle durch Läden, bummle auch durch's Netz, orientiere mich dabei vor allem an Regisseuren, manchmal auch Schauspielern, auch Genres, manchmal sogar Laufzeiten (wenn ein Film als Epos beworben wird und 95 Minuten läuft, werde ich schon mal skeptisch), manchmal Tipps von Freunden (aber meistens gebe ich denen welche), auch an Preisen (Filmpreise ebenso wie DVD-Preise), auch an der Filmgeschichte. Schwer auseinander zu klamüsern, was da wann welchen Einfluss auf die Entscheidung für die Anschaffung hat(tte). Die Bewertungen in der OFDb sind für mich durchaus relevant. Und auch dieses Forum hier.

Wieviel Raum läßt uns das breite Angebot überhaupt für eine eigene Suche?
Weiß nicht, wie ich die Frage verstehen soll. Meinst Du, dass mit einem großen Angebot auch immer gewisse/ungewisse/bestimmte Wege durch dieses Angebot nahegelegt werden, eine Art Kanon für den Konsumenten? Ein breites Angebot bietet mir Möglichkeiten. Ich habe meine persönlichen Interessen, manchmal phasenweise und dann kann ich im Angebot rumsuchen. Für mich sind Zugänglichkeit/Verfügbarkeit von Filmen schon dadurch relativ eingeschränkt, dass ich weder auf's Fernsehen zurückgreife, noch Filme runterlade. Ob ich nun im Wald Pilze suche oder im Saturn Filme, ob ich im Steinbruch Fossilien suche, oder im Amazon-Marketplace Schnäppchen - da gibt es für mich keinen Unterschied.

Inwiefern hat sich eurer Meinung nach die Angebotsstruktur über die Jahre verändert und wie schätzt ihr den jeweiligen Einfluß ein?
Keine Ahnung. Aber mein Kaufverhalten hat sich geändert: ist spezieller ausgerichtet.

Welche Rolle spielen das Internet und im speziellen Kommunikationsplattformen für das Interesse an einem Film?
Siehe oben.

Ist es heute leichter/salonfähiger einen individuellen Geschmack auszuprägen?
Keine Ahnung. Für mich: ich war schon immer etwas anders. Allgemein: ich glaube eher andersherum wird ein Schuh draus: heute ist es einfacher, sich einer Mode, einem Hype, einer Konvention oder einem Kanon, also einer kollektiven Meinung/Auswahl anzuschließen. Das liegt weniger am Angebot, sondern an den modernen Kommunikations- und Vernetzungsmöglichkeiten. Selbst wenn Du ein relativ seltenes Faible für irgendwas hast, ist es heute leicht, Gleichgesinnte zu finden - und das heißt, aus dem Individuellen eine Konvention zu machen, indem man sich zusammenschließt.

Welche Wechselwirkung haben (anbetrachts der verfügbaren Titel) individueller Filmgeschmack und Kanonisierung im Zusammenhang mit strukturierter Filmwissenschaft?
Was?
Es gibt viele, die nicht reden, wenn sie verstummen sollten, und andere, die nicht fragen, wenn sie geantwortet haben.

Intergalactic Ape-Man

Zitat von: MMeXX am 10 Mai 2010, 16:26:21
Zitat von: Intergalactic Ape-Man am  9 Mai 2010, 14:40:28
Wie gestaltet sich euer Filmfinden bzw. wie werdet ihr auf einen Film aufmerksam?
Aufmerksam werde ich durch Listen

Würdest du einen Kanon also eher hilfreich als störend/limitierend einstufen? Wie würdest du z.B. so eine Liste verarbeiten?
http://www.listology.com/flogged/list/1001-movies-you-must-see-you-die

Zitat von: lastboyscout am 10 Mai 2010, 14:14:07
Wieviel Raum läßt uns das breite Angebot überhaupt für eine eigene Suche?
Das breite Angebot muss wirklich sehr gruendlich durchforstet werden. Es ist sehr zeitintensiv, fast schon muehsam, sich durch den Wust an Veroeffentlichungen zu kaempfen. Aber mit der Zeit bekommt man ein Gespuer fuer interessante Titel.
Wobei ich jedoch sagen muss, das ich bei bevorzugten Genres gerne mal ein Auge zudruecke, und den Film trotz Vorurteilen (die meist bestaetig werden) ansehe.
Vor allem im Horror und Actionbereich gibt es ja doch etliche Gurken.  ;)

Dennoch wette ich, daß du auch einige Titel auf dem Zettel hast, die es all die Jahre nie ins digitale Zeitalter geschafft haben. Und es gibt sicher noch einige Filme mehr, die man theoretisch entdecken könnte. Du siehst andererseits aber auch die Bewältigung des Angebotes schon als Mühe. Inwiefern bleibt dir denn noch die Möglichkeit, Interesse an Filmen zu entwickeln, die noch gar nicht auf DVD/BluRay veröffentlicht wurden?

Zitat von: pm.diebelshausen am 10 Mai 2010, 18:09:36
Weiß nicht, wie ich die Frage verstehen soll. Meinst Du, dass mit einem großen Angebot auch immer gewisse/ungewisse/bestimmte Wege durch dieses Angebot nahegelegt werden, eine Art Kanon für den Konsumenten?

Wie oben angedeutet zielte ich tatsächlich auch in diese Richtung. Findet eine solche Steuerung denn statt und ist diese eher bewußt oder unbewußt? Könnte man das Auslassen von Titeln z.B. auch mit einer Evolution (im Bezug auf den Filmkatalog) vergleichen?

Zitat von: lastboyscout am 10 Mai 2010, 14:14:07
Inwiefern hat sich eurer Meinung nach die Angebotsstruktur über die Jahre verändert und wie schätzt ihr den jeweiligen Einfluß ein?
Das ist etwas, was mich wirklich extrem stoert. Das Angebot ist zwar riessig, aber man muss sich selber durchkaempfen. Denn was im Kino und im TV und auf Plakatwaenden angepriesen wird, ist eher selten was ich wirklich sehen will. Ausnahmen bestaetigen die Regel, aber 95 Prozent der Filme werden kaum oder garnicht beworben, und ich muss mich selber darum kuemmern, wann er rauskommt, wo er gezeigt wird usw. Das Angebot ist gross und gut, aber man muss wirklich was dafuer tun.

Würdest du (würdet ihr) denn sagen, daß die Verfügbarkeit von Filmen heute anders ist, als z.B. zur Videozeit? Spielt es z.B. auch eine Rolle, daß man heute dank Internet gleich mehrere regionale Märkte in Augenschein nehmen kann? Welche Vor- und Nachteile hat dies tatsächlich?

Zitat von: lastboyscout am 10 Mai 2010, 14:14:07
Welche Rolle spielen das Internet und im speziellen Kommunikationsplattformen für das Interesse an einem Film?
Wie schon frueher in diesem Beitrag erwaehnt, das Internet ist wirklich meine Hauptquelle fuer Informationen...

Und wie würdest du (würdet ihr) die globale Rolle des Internets sehen? Wieviel Einfluß hat das Internet im Vergleich zu Printmedien? Du sprichst selber an, daß beide Medien Falschinformationen oder Lücken enthalten können. Wie wirken sich diese denn aus?

Zitat von: pm.diebelshausen am 10 Mai 2010, 18:09:36
Ist es heute leichter/salonfähiger einen individuellen Geschmack auszuprägen?
Keine Ahnung. Für mich: ich war schon immer etwas anders. Allgemein: ich glaube eher andersherum wird ein Schuh draus: heute ist es einfacher, sich einer Mode, einem Hype, einer Konvention oder einem Kanon, also einer kollektiven Meinung/Auswahl anzuschließen. Das liegt weniger am Angebot, sondern an den modernen Kommunikations- und Vernetzungsmöglichkeiten. Selbst wenn Du ein relativ seltenes Faible für irgendwas hast, ist es heute leicht, Gleichgesinnte zu finden - und das heißt, aus dem Individuellen eine Konvention zu machen, indem man sich zusammenschließt.

Das finde ich jetzt hochinteressant und weiterer Ausführung würdig. Du würdest also die Individualisierung nur als Schein wahrnehmen und eher viele kleine Modeströmungen dahinter vermuten? Wie geht deiner Meinung nach die Industrie, die ja immer regelmäßig über einbrechende Umsatzzahlen klagt, mit diesem Phänomen um?

Zitat von: pm.diebelshausen am 10 Mai 2010, 18:09:36
Welche Wechselwirkung haben (anbetrachts der verfügbaren Titel) individueller Filmgeschmack und Kanonisierung im Zusammenhang mit strukturierter Filmwissenschaft?
Was?

:icon_lol: Ok, ich versuche es mal aufzuschlüsseln. Ich sehe zum einen die Filmwissenschaft, die zur Bewältigung einer immensen Anzahl von Filmen diese quasi zu einem Kanon zusammenstauchen muß, um eine Entwicklung darzustellen. Darüber hinaus gibt es eben die Freiheit der Auswahl, in der sich Leute spezialisieren und vielleicht abseits eines solchen Kanons ganz andere Titel favorisieren oder gar fest stellen, daß populäre Beispiele gar nicht ihren repräsentativen Status innehaben dürften, weil z.B. eine Technik von ganz jemand anderem eingeführt wurde. Beide Parteien stehen aber einer Zahl von Filmen gegenüber, die niemand alleine bewältigen könnte. Ist nun ein Kanon überhaupt noch modern oder wird dieser durch die "freie Auswahl" quasi ausgehebelt? Ist ein Kanon sinnvoll und müßte/kann ein solcher um ganz andere Aspekte erweitert werden? Sorgt die "Individualisierung" von Filmauswahl/-geschmack anders herum für eine Zerstreuung der Filmwissenschaft, macht die Filmwelt, in der man einst z.B. bestimmte "Klassiker" hervorhob, gewissermaßen unstrukturierter?

MMeXX

Zitat von: Intergalactic Ape-Man am 11 Mai 2010, 08:26:57
Zitat von: MMeXX am 10 Mai 2010, 16:26:21
Zitat von: Intergalactic Ape-Man am  9 Mai 2010, 14:40:28
Wie gestaltet sich euer Filmfinden bzw. wie werdet ihr auf einen Film aufmerksam?
Aufmerksam werde ich durch Listen

Würdest du einen Kanon also eher hilfreich als störend/limitierend einstufen? Wie würdest du z.B. so eine Liste verarbeiten?
http://www.listology.com/flogged/list/1001-movies-you-must-see-you-die
Hm, schwer zu sagen. Einerseits immer recht interessant, um auch mal zu resümieren, was man selbst schon gesehen hat. Z.B. sechs aus den ersten 41. :D Andererseits wird hier ja versucht, eine Liste der "Must-Sees" aller je gedrehten Filme aufzustellen, was ohnehin von vornherein zum Scheitern verurteilt ist. Daher picke ich mir da meine Sachen raus ("Genre"/Stilrichtung, Regie) und gut ist. Ein Kanon stört mich nicht wirklich. Er ist meines Erachtens schon fast per se unvollständig/muss Auslassungen vornehmen. Daher finde ich beispielsweise die Reclam-"Genre"-Heftchen recht praktisch, da hier klipp und klar festgehalten wird, dass die folgende Filmauswahl bestimmten Kriterien unterworfen wurde und man (mindestens im Groben) nachvollziehen kann, warum manche Filme (nicht) genannt werden. Das fehlt mir zum Beispiel bei dieser konkreten 1001-Liste. Hier ist unklar, warum welcher Film sich für die Liste (dis)qualifiziert.

Die Verarbeitung erfolgt also zunächst nach einfachem Lesen der Liste und Abgleich mit bereits gesehenen Filmen (im O-Ton [da fallen dann bspw. Jurassic Park und Schindler's List wieder raus]). Dann ein Abgleich mit ohnehin irgendwo (Wunschlisten, Einkaufszettel, Hinterkopf) abgespeicherten Filmtiteln und schließlich eventuell noch ein "Überprüfen" bisher unbekannter Titel via OFDb/IMDb.




Zitat von: Intergalactic Ape-Man am 11 Mai 2010, 08:26:57
:icon_lol: Ok, ich versuche es mal aufzuschlüsseln. Ich sehe zum einen die Filmwissenschaft, die zur Bewältigung einer immensen Anzahl von Filmen diese quasi zu einem Kanon zusammenstauchen muß, um eine Entwicklung darzustellen. Darüber hinaus gibt es eben die Freiheit der Auswahl, in der sich Leute spezialisieren und vielleicht abseits eines solchen Kanons ganz andere Titel favorisieren oder gar fest stellen, daß populäre Beispiele gar nicht ihren repräsentativen Status innehaben dürften, weil z.B. eine Technik von ganz jemand anderem eingeführt wurde. Beide Parteien stehen aber einer Zahl von Filmen gegenüber, die niemand alleine bewältigen könnte. Ist nun ein Kanon überhaupt noch modern oder wird dieser durch die "freie Auswahl" quasi ausgehebelt? Ist ein Kanon sinnvoll und müßte/kann ein solcher um ganz andere Aspekte erweitert werden? Sorgt die "Individualisierung" von Filmauswahl/-geschmack anders herum für eine Zerstreuung der Filmwissenschaft, macht die Filmwelt, in der man einst z.B. bestimmte "Klassiker" hervorhob, gewissermaßen unstrukturierter?
Das größere Angebot lässt natürlich immer wieder Entdeckungen zu und ermöglicht so Aktualisierungen, Korrekturen und Überarbeitungen früherer Thesen. Ich halte jedoch eine Filmauswahl in Folge aufgestellter Thesen nicht zwingend für einen Kanon, sondern lediglich für eine Sammlung von Beispielen, anhand derer eben bestimmte Aspekte verdeutlicht werden. Es ist also ein Unterschied, ob jemand sagt: "Nosferatu muss man gesehen haben, weil der Film einfach gut ist!" (Kanon) oder eben "Nosferatu sollte man gesehen haben, da er als einer der ersten Horror-/Gruselfilme viele Handlungen/Einstellungen/Figuren/o.ä. verwendet, welche heute noch in Filmen genutzt werden und mittlerweile zu Klischees geworden sind." (Heranziehen als Beispiel für eine These).

lastboyscout

11 Mai 2010, 13:58:27 #66 Letzte Bearbeitung: 11 Mai 2010, 14:53:55 von lastboyscout
Zitat von: Intergalactic Ape-Man am 11 Mai 2010, 08:26:57

Zitat von: lastboyscout am 10 Mai 2010, 14:14:07
Wieviel Raum läßt uns das breite Angebot überhaupt für eine eigene Suche?
Das breite Angebot muss wirklich sehr gruendlich durchforstet werden. Es ist sehr zeitintensiv, fast schon muehsam, sich durch den Wust an Veroeffentlichungen zu kaempfen. Aber mit der Zeit bekommt man ein Gespuer fuer interessante Titel.
Wobei ich jedoch sagen muss, das ich bei bevorzugten Genres gerne mal ein Auge zudruecke, und den Film trotz Vorurteilen (die meist bestaetig werden) ansehe.
Vor allem im Horror und Actionbereich gibt es ja doch etliche Gurken.  ;)

Dennoch wette ich, daß du auch einige Titel auf dem Zettel hast, die es all die Jahre nie ins digitale Zeitalter geschafft haben. Und es gibt sicher noch einige Filme mehr, die man theoretisch entdecken könnte. Du siehst andererseits aber auch die Bewältigung des Angebotes schon als Mühe. Inwiefern bleibt dir denn noch die Möglichkeit, Interesse an Filmen zu entwickeln, die noch gar nicht auf DVD/BluRay veröffentlicht wurden?

Auf alle Faelle existiert diese Liste. Und selbst wenn ich ein riessiges Angebot bereits erhaeltlicher Titel habe, so wird die Warterei bzw. Suche nach noch nicht veroeffentlichten Filmen niemals eingestellt. Das macht ja den Reiz aus.
Und so eine Liste, wie die oben erwaehnte 1001 Movies To See Before You Die sind manchmal hilfreich. Auch wenn sich manches nach Sichtung doch als arg ueberhypt herausstellte, so wanderten doch fast alle nicht gesehenen Filme des Buches auf meine Liste.
Oft leihe ich mir einen Film, den ich zwar vor gut zehn Jahren mal sah, wobei aber meine Erinnerung nachlies. Vor allem die allseits beliebten Megaklassiker, von denen ich dann masslos enttaeuscht bin. Bestes Beispiel der letzten Zeit war fuer mich Harry und Sally sowie Some Like It Hot,


Zitat von: lastboyscout am 10 Mai 2010, 14:14:07
Inwiefern hat sich eurer Meinung nach die Angebotsstruktur über die Jahre verändert und wie schätzt ihr den jeweiligen Einfluß ein?
Das ist etwas, was mich wirklich extrem stoert. Das Angebot ist zwar riessig, aber man muss sich selber durchkaempfen. Denn was im Kino und im TV und auf Plakatwaenden angepriesen wird, ist eher selten was ich wirklich sehen will. Ausnahmen bestaetigen die Regel, aber 95 Prozent der Filme werden kaum oder garnicht beworben, und ich muss mich selber darum kuemmern, wann er rauskommt, wo er gezeigt wird usw. Das Angebot ist gross und gut, aber man muss wirklich was dafuer tun.

Würdest du (würdet ihr) denn sagen, daß die Verfügbarkeit von Filmen heute anders ist, als z.B. zur Videozeit? Spielt es z.B. auch eine Rolle, daß man heute dank Internet gleich mehrere regionale Märkte in Augenschein nehmen kann? Welche Vor- und Nachteile hat dies tatsächlich?

Das ist ein Unterschied wie Tag und Nacht. Zur Videozeit kaempfte ich mich durch Listen mit haufenweise Falschinformationen, musste etliche Blindkaeufe machen, sogar als ich mit DVDs anfing war ich darauf angewiesen, weil ich erst ein Jahr nach Start der Sammelsucht einen Internetanschluss bekam.
Das war natuerlich ein Augenoeffner.
Auf der anderen Seite machte es einfach herrlichen Spass zur Videozeit etwas hinterherzujagen. Dieses "Jagdfieber" vermisse ich etwas, das ist aber auch schon der einzige Nachteil fuer mich, welcher wohl eher aus nostalgischen Gefuehlen besteht.  ;)


Zitat von: lastboyscout am 10 Mai 2010, 14:14:07
Welche Rolle spielen das Internet und im speziellen Kommunikationsplattformen für das Interesse an einem Film?
Wie schon frueher in diesem Beitrag erwaehnt, das Internet ist wirklich meine Hauptquelle fuer Informationen...

Und wie würdest du (würdet ihr) die globale Rolle des Internets sehen? Wieviel Einfluß hat das Internet im Vergleich zu Printmedien? Du sprichst selber an, daß beide Medien Falschinformationen oder Lücken enthalten können. Wie wirken sich diese denn aus?

Das Internets spielt fuer mich eigentlich die groesste Rolle. Ich wuerde sagen Printmedien schrumpften zu einem 5 Prozentanteil zusammen.
Anfangs, trotz Internets, hatte ich noch TV Movie, Moviestar, DVD Vision usw. usw.
Jetzt sind es meistens Buecher, die ich aber eher am Rande konsumiere.
Und deine Frage ist, wie sich die Falschinformationen oder Luecken auswirken?
Man ist vorsichtiger, versucht eine Bestaetigung fuer die zuerst gelesene Information finden. Ja, Vorsicht ist wirklich die Mutter der Porzellankiste in dem Falle.
Bestes Beispiel fuer Deutschansaessige: BluRay-Regioncodes zum Beispiel.

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Bretzelburger

Es ist die klassische Frage von Chance und Fluch eines Mediums, wie es spätestens seit Beginn der Radioübetragungen diskutiert wird. Wenn man sich die Statistiken über Internet-User ansieht, fällt dabei auf, dass die Nutzunghäufigkeit mit der Bildung steigt. Sprach- und Vorkenntnisse erschliessen eben ganz andere Bereiche, aus denen man dann weiteres Wissen schöpfen kann. Für die große Mehrzahl meiner Bekannten wäre so ein "1000-Film-Kanon" ein Buch mit sieben Siegeln, weil sie nur einen verschwindend kleinen Teil der Filme kennen und mit dem Rest wenig anfangen können. Erst wenn man Filme einem bestimmten Genre, Regisseur usw. zuordnen kann, werden Filme, die man noch nicht kennt, interessant - und wenn dann tatsächlich noch ein paar dabei sind, von denen man bisher gar nichts gehört hat, dann weckt das die Neugierde erst richtig. Das ist die alte Regel vom Wissenanreichern - wer über ein Fachgebiet schon etwas weiß, kann viel leichter dieses erweitern als Unkundige.

Ich selbst habe ein - aus heutiger Sicht - noch sehr reduziertes Angebot zur Verfügung gehabt, aus dem ich meine Filmbegeisterung gewann. Zwei Fernsehkanäle, die nachmittags begannen und Mitternacht aufhörten und das aktuelle Kinoprogramm. Die Möglichkeit etwas auszuleihen oder aufzunehmen existierte nicht. Trotzdem empfinde ich die Vergangenheit inhaltlich als vielfältiger - regelmässig gab es thematische Blöcke (Genre, Regisseure), und das Fernsehen scherte sich nicht um Einschaltquoten, sondern brachte auch zu besten Zeiten artifizielle Filme. Meine gesamte Filmsozialisation stammt aus dieser Zeit und deshalb ist für mich das Internet heute das Paradies, denn nur diesem habe ich es zu verdanken, dass ich auf dieser Basis heute noch massenhaft Neuentdeckungen machen kann (und viele schon vergessene Perlen wiederfand).

Wer allerdings ohne Vorkenntnisse oder spezielle Interessensgebiete das Internet nutzt, um sich kulturell zu bilden (gilt auch für das Fernsehen), dem kann ich nur viel Geduld und einen individuellen Kopf wünschen - ich halte das für sehr schwer, sich den oft praktizierten, unmerklichen Gruppenzwängen zu entziehen.

lastboyscout

@Bretzelburger
Dein letzter Absatz schliesst fuer mich den Kreis zu meiner Aussage mit den lueckenhaften bzw. Falschinformationen.
Denn wenn ich komplett undifferenziert an ein Thema herangehe, mich nicht anderweitig ueber das gleiche Thema informiere, quasi gegenlese, dann bekomme ich ein Geruest aus Halbwahrheiten, Geruechten und ein paar Fakten, was sich dann Filmwissen nennt fuer manche.  :icon_rolleyes:
Auch habe ich erleben muessen, das solche Leute oft fuer bare Muenze genommen werden, weil sie am lautesten Schreien. Marktschreier-Mentalitaet, ich schreie am lautesten, also ist mein Gemuese das beste.  ;)
Solche Leute dann mit einer sehr nuechternen Argumentation, manchmal nur einer Auflistung von Fakten, extrem dumm aussehen zu lassen, verschafft mir eine diebische Freude.  :icon_mrgreen:
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pm.diebelshausen

11 Mai 2010, 19:12:49 #69 Letzte Bearbeitung: 11 Mai 2010, 19:14:40 von pm.diebelshausen
Mir fällt gerade auf, dass wir bei all dem nicht nur von uns ausgehen sollten. Wir sind doch schon die Mega-Nerds und damit eine Minderheit der Filmkonsumenten. Es gibt so viele Leute, die Filme sehen (ALLE, die ich kenne, sehen Filme, und nicht nur 2 x im Jahr), das aber überhaupt nicht für was Besonderes halten, bzw. es zu etwas Besonderem machen. Das sollte man nicht vergessen. Viele, sehr viele, ich vermute bei Weitem die meisten Filmgucker sehen und lassen sich unterhalten, kommen auch auf Gedanken durch die Geschichten der Filme, häufen aber weiter kein Wissen an, merken sich keine Regisseure, vielleicht noch Schauspielerinnen und Schauspieler, aber das, weil die attraktiv oder irgendwie anders auffällig, z.B. große Arschlöcher, sind. All das bedeutet aber nicht, dass diese Leute keinen Filmgenuss erleben und ich kann nichtmal sagen, dass sie einen geringeren Genuss erleben als ich oder Bretzel oder lastboy oder Ape oder MMeXX oder irgendein anderer, der aus Kino und Film ein Hobby macht, das irgendwie strukturiert und organisiert ist.

Zu Deiner Nachfrage, Ape, komme ich später noch, da will ich mir etwas Zeit für nehmen können.
Es gibt viele, die nicht reden, wenn sie verstummen sollten, und andere, die nicht fragen, wenn sie geantwortet haben.

MMeXX

Zitat von: lastboyscout am 11 Mai 2010, 13:58:27
Man ist vorsichtiger, versucht eine Bestaetigung fuer die zuerst gelesene Information finden. Ja, Vorsicht ist wirklich die Mutter der Porzellankiste in dem Falle.
Bestes Beispiel fuer Deutschansaessige: BluRay-Regioncodes zum Beispiel.
Dafür gibt es ja Codefree-Player. :D ;)

Bretzelburger

Zitat von: pm.diebelshausen am 11 Mai 2010, 19:12:49
Mir fällt gerade auf, dass wir bei all dem nicht nur von uns ausgehen sollten. Wir sind doch schon die Mega-Nerds und damit eine Minderheit der Filmkonsumenten. Es gibt so viele Leute, die Filme sehen (ALLE, die ich kenne, sehen Filme, und nicht nur 2 x im Jahr), das aber überhaupt nicht für was Besonderes halten, bzw. es zu etwas Besonderem machen. Das sollte man nicht vergessen.

Vergessen sollte man aber auch nicht, dass diese Nicht-Nerd-Filmseher keineswegs mit ihrem Urteil hinterm Berg halten. Und das klingt nicht nach "Ich habe zwar keine Ahnung, aber ich fand den Film gut/schlecht", sondern irgendwelche Pauschal-, Halbwahrheiten-Urteile rausposaunen, dass es die Sau graust. Ich habe in dieser Hinsicht (und da gebe ich "Lastboyscout" 100% recht) schon eine Menge Diskussionen gehabt, die ich keineswegs gewonnen habe, nur weil ich nerdige Filmahnung hatte. Ich kenne das auch von der Architektur - da weiß auch jeder Laie, wie man einen Grundriss entwirft oder eine Wohnung topp einrichtet. Ich nehme als Gegenbeispiel immer den Kauf im Wurstladen - dort sagt der Verbraucher nur, ob ihm die Wurst schmeckt oder nicht, aber er gibt dem Fleischermeister keine Tipps, wie er die Zusammensetzung hätte besser machen können.

Um zum eigentlichen Thema zurückzukommen. Es stimmt - die Meisten sehen Filme oft, aber ohne den Ehrgeiz irgendwelches Hintergrundwissen anzusammeln. Das ist mehr als legitim, aber nicht, dass die Meisten trotzdem glauben, bei Filmen alles beurteilen zu können. Abgesehen davon halte ich Filme für eine integrierte Kultur, die Schnittmengen zu Kunst ganz allgemein, Politik, Geschichte, Sozialisation und gesellschaftliche Belange beinhaltet. Wer das begreift, wird Film nie nur als gut konsumierbares Gut ansehen, sondern als Ausgangspunkt für viele Interessensbereiche.

lastboyscout

Zitat von: MMeXX am 11 Mai 2010, 19:41:16
Zitat von: lastboyscout am 11 Mai 2010, 13:58:27
Man ist vorsichtiger, versucht eine Bestaetigung fuer die zuerst gelesene Information finden. Ja, Vorsicht ist wirklich die Mutter der Porzellankiste in dem Falle.
Bestes Beispiel fuer Deutschansaessige: BluRay-Regioncodes zum Beispiel.
Dafür gibt es ja Codefree-Player. :D ;)

Diese Aussage sollten wir als permanenten Thread ganz oben auf der Hauptseite festmachen, damit jeder, der immer wieder rumquaekt, von wegen Regionalcode, einfach mal die Klappe haelt.  :icon_mrgreen:
Wer wirklich einen codefree Player (egal ob BluRay oder DVD) haben moechte, bekommt auch einen.

Aber zurueck zum Thema.
Wenn sich jemand von Filmen einfach nur berieseln lassen will als Feierabendentspannung, dann ist das sein gutes Recht.
Wenn diese Person dann jedoch denkt, dass sie die Weisheit mit Loeffeln gefressen hat, nur weil sie taeglich nen Film kuckt, dann platzt mir der Kragen.
Da wird dann versucht, mit Stammtischmentalitaet die nuechterne Argumentation meinerseits laecherlich zu machen.
Oft halte ich es dann wie Bretzel, und ziehe mich aus der Unterhaltung zurueck, weil es die Aufregung einfach nicht wert ist.
I`m a tragic hero in this game called life,
my chances go to zero, but I always will survive.
( Funker Vogt - Tragic Hero )

What is your pleasure, sir? This is mine:
http://www.dvdprofiler.com/mycollection.asp?alias=lastboyscout

pm.diebelshausen

Zitat von: Bretzelburger am 11 Mai 2010, 21:33:43
Das ist mehr als legitim, aber nicht, dass die Meisten trotzdem glauben, bei Filmen alles beurteilen zu können.
Zitat von: lastboyscout am 12 Mai 2010, 02:39:32
Wenn diese Person dann jedoch denkt, dass sie die Weisheit mit Loeffeln gefressen hat

Beides gilt auch für die gebildeten Filmwissenanhäufer. Kommt ja immer drauf an, wie man seine Meinung rüberbringt - ob mit Stil und Toleranz oder mit Weisheitslöffel und Arroganz. Oh: und ob man über sich selbst lachen kann.
Aber ich weiß natürlich, was ihr meint. :O/
Es gibt viele, die nicht reden, wenn sie verstummen sollten, und andere, die nicht fragen, wenn sie geantwortet haben.

Bretzelburger

Zitat von: pm.diebelshausen am 12 Mai 2010, 08:06:13
Beides gilt auch für die gebildeten Filmwissenanhäufer. Kommt ja immer drauf an, wie man seine Meinung rüberbringt - ob mit Stil und Toleranz oder mit Weisheitslöffel und Arroganz.

Grundsätzlich hast du recht. Aber ich weiß nicht, in welcher Umgebung du lebst, denn ich freue mich immer, wenn ich auf Jemanden treffe, der von einer Sache richtig Ahnung hat - egal welche Thematik. Und - das ist meine persönliche Erfahrung - diese Menschen sind in der Regel zurückhaltend, wohl auch aus Erfahrung, dass man sie schnell für arrogant hält. Umgekehrt habe ich schon mehrfach erlebt (gilt natürlich nicht nur für den Film), dass ich Wetten abschliessen musste, um Jemanden, der partout den besten Argumenten nicht glauben wollte, zu überzeugen. Nur - selbst wenn ich diese gewonnen hatte - war da keine Einsicht, man hatte sich nur in diesem Fall vertan ("Aber, ich war mir ganz sicher!").

pm.diebelshausen

Zitat von: Bretzelburger am 12 Mai 2010, 09:25:45
Aber ich weiß nicht, in welcher Umgebung du lebst

Köln-Nippes, bunt gemischt in jeder Hinsicht, Freunde sind Akademiker, Arbeitslose, Ärzte, Schreiner, Schüler. Aber jetzt mache ich mir Sorgen, in welcher Umgebung DU lebst.  :icon_neutral:
Es gibt viele, die nicht reden, wenn sie verstummen sollten, und andere, die nicht fragen, wenn sie geantwortet haben.

pm.diebelshausen

12 Mai 2010, 21:30:19 #76 Letzte Bearbeitung: 12 Mai 2010, 21:35:42 von pm.diebelshausen
So, jetzt aber:

Zitat von: Intergalactic Ape-Man am 11 Mai 2010, 08:26:57
Zitat von: pm.diebelshausen am 10 Mai 2010, 18:09:36
Ist es heute leichter/salonfähiger einen individuellen Geschmack auszuprägen?
Keine Ahnung. Für mich: ich war schon immer etwas anders. Allgemein: ich glaube eher andersherum wird ein Schuh draus: heute ist es einfacher, sich einer Mode, einem Hype, einer Konvention oder einem Kanon, also einer kollektiven Meinung/Auswahl anzuschließen. Das liegt weniger am Angebot, sondern an den modernen Kommunikations- und Vernetzungsmöglichkeiten. Selbst wenn Du ein relativ seltenes Faible für irgendwas hast, ist es heute leicht, Gleichgesinnte zu finden - und das heißt, aus dem Individuellen eine Konvention zu machen, indem man sich zusammenschließt.

Das finde ich jetzt hochinteressant und weiterer Ausführung würdig. Du würdest also die Individualisierung nur als Schein wahrnehmen und eher viele kleine Modeströmungen dahinter vermuten? Wie geht deiner Meinung nach die Industrie, die ja immer regelmäßig über einbrechende Umsatzzahlen klagt, mit diesem Phänomen um?

Dass Individualität nurmehr oder größtenteils nurmehr als Schein vorhanden/möglich ist, würde ich nicht sagen. Zumindest nicht, was die Komplexität einer Persönlichkeit angeht. Da gehe ich eher davon aus, dass jemand nicht bloß auf einem Gebiet sich individuell ausprägt, sondern sich oft in verschiedenen Belangen individualisiert. Ist natürlich, wie immer, wenn wir hier was wirklich diskutieren, ein schwieriger Begriff, "Individualität", schließlich kann auch das Individuelle in gewisser Weise eine Konvention sein und sich so selbst ad absurdum führen, ähnlich wie wenn man versucht, dem Befehl "Sei selbstständig!" Folge zu leisten. Aber da will ich die Diskussion gar nicht hinführen.

Ich sage mal, ich halte mich für relativ individuell, weil Menschen in meiner Umgebung und häufig die, die mich neu kennenlernen, überrascht sind, womit ich mich beschäftige, wie meine Wohnung eingerichtet ist, was für Musik ich manchmal auflege. Da bestehe ich einfach aus einer Offenheit für Vieles - die ist noch nicht individuell, aber das was ich dann zulasse, zu mir durchzudringen, macht es aus.

Viele kleine Modeströmungen: ja, naja, also zumindest, wenn man sozusagen kleine Kosmen betrachtet, Subkulturen oder besser Teilkulturen. Wie gesagt: für alles, sei es noch so normal oder krank, individuell, pervers, engagiert oder unnütz - durch die moderne Kommunikation, insbesondere das Internet, ist es ein Leichtes, sich mit seinem Spleen, seinem Hobby, seiner Krankheit nicht allein zu fühlen. Und daraus ergeben sich Gemeinsamkeiten, die, so man bereit ist, derlei Kontakt zuzulassen, ausreichen, um Gruppen zu bilden, teils ziemlich geschlossen, teils so offen, dass auch verschiedene Gruppen kollidieren und sich gegenseitig diffamieren. Emos haben's echt schwer, Rapper tun mir manchmal auch leid, obwohl mir persönlich nur ganz selten was Gerapptes wirklich gefällt usw. usf.

Gruppen brauchen Konventionen, um sich im Inneren zusammen zu halten und nach Außen abzugrenzen. Konventionen können immer versteinern und um ihrer selbst Willen erhalten werden - das ist etwas, wo ich versuche, beweglich zu bleiben, was wiederum zu dem gehört, was ich für mich "Individualität" nennen würde.

Industrie: hm... ich denke so wenig wirtschaftlich, dass ich auch kaum informiert bin, wie die Industrie im Filmbereich auf das Thema Individualität/Konvention eingeht oder nicht. Es gibt vieles, was mich ärgert, weil ich nicht drankomme, weil die Industrie entweder ein rechtliches oder finanzielles Problem hat, etwas auf den Markt zu bringen. Mir geht es aber beim Filmsehen wie vielen Regisseuren, die hauptsächlich eins wollen: dass ihr Film gesehen wird. Da sind mir Lizenzstreitigkeiten etc. ziemlich schnuppe. Wolle Film sehe. (Was mich da ärgert, kann ich zum Teil durch Importe kompensieren. Das ist ok.) Auf der anderen Seite bekomme ich aber eine Menge tolles Zeug für oft absolut bezahlbare Preise, ich fühle mich jetzt nicht völlig übergangen vom Angebot, dass mir zur Verfügung steht.

Habe ich eigentlich Deine Nachfrage irgendwie beantwortet?
Es gibt viele, die nicht reden, wenn sie verstummen sollten, und andere, die nicht fragen, wenn sie geantwortet haben.

Bretzelburger

Zitat von: pm.diebelshausen am 12 Mai 2010, 18:43:33
Zitat von: Bretzelburger am 12 Mai 2010, 09:25:45
Aber ich weiß nicht, in welcher Umgebung du lebst

Köln-Nippes, bunt gemischt in jeder Hinsicht, Freunde sind Akademiker, Arbeitslose, Ärzte, Schreiner, Schüler. Aber jetzt mache ich mir Sorgen, in welcher Umgebung DU lebst.  :icon_neutral:

Nix für ungut, aber du hast in deiner Aussage die große, sich an Filmen ohne nerdige Beschäftigung, erfreuende Masse erwähnt - und das fand ich sehr einseitig. In meiner unmittelbaren Umgebung mache ich auch keine negativen Erfahrungen, nur sobald einmal ein größerer Kreis zusammen kommt, bei dem sich nicht Alle untereinander kennen, können die von mir erwähnten Auswüchse schon vorkommen. Abgesehen davon, dass sich in meiner unmittelbaren Umgebung die meisten Kinogänger durchaus intensiv mit dem Medium beschäftigen, ohne deshalb in Foren mitzuwirken oder Reviews zu schreiben. Ich halte eine gewisse tieferes Interesse übrigens für völlig normal, egal um welche Sache es geht.

Intergalactic Ape-Man

Zitat von: MMeXX am 11 Mai 2010, 09:52:40
Das größere Angebot lässt natürlich immer wieder Entdeckungen zu und ermöglicht so Aktualisierungen, Korrekturen und Überarbeitungen früherer Thesen. Ich halte jedoch eine Filmauswahl in Folge aufgestellter Thesen nicht zwingend für einen Kanon, sondern lediglich für eine Sammlung von Beispielen, anhand derer eben bestimmte Aspekte verdeutlicht werden. Es ist also ein Unterschied, ob jemand sagt: "Nosferatu muss man gesehen haben, weil der Film einfach gut ist!" (Kanon) oder eben "Nosferatu sollte man gesehen haben, da er als einer der ersten Horror-/Gruselfilme viele Handlungen/Einstellungen/Figuren/o.ä. verwendet, welche heute noch in Filmen genutzt werden und mittlerweile zu Klischees geworden sind." (Heranziehen als Beispiel für eine These).

Damit magst du (wie auch in den Ausführungen zur verlinkten Liste) recht haben. Aber ist es nicht so, daß beidenfalls entweder konkrete Listen eine Auswahl möglicherweise schadhaft begrenzen oder durch eine zu große Vielfalt (verschiedener Ansichten) die Orientierung zerstreuen, Interessenten, die sich zwischen solchen Empfehlungen zu orientieren versuchen durch Fehlgriffe sogar demotivieren können?

Zitat von: Bretzelburger am 11 Mai 2010, 14:28:42
Ich selbst habe ein - aus heutiger Sicht - noch sehr reduziertes Angebot zur Verfügung gehabt, aus dem ich meine Filmbegeisterung gewann. Zwei Fernsehkanäle, die nachmittags begannen und Mitternacht aufhörten und das aktuelle Kinoprogramm. Die Möglichkeit etwas auszuleihen oder aufzunehmen existierte nicht. Trotzdem empfinde ich die Vergangenheit inhaltlich als vielfältiger - regelmässig gab es thematische Blöcke (Genre, Regisseure), und das Fernsehen scherte sich nicht um Einschaltquoten, sondern brachte auch zu besten Zeiten artifizielle Filme. Meine gesamte Filmsozialisation stammt aus dieser Zeit und deshalb ist für mich das Internet heute das Paradies, denn nur diesem habe ich es zu verdanken, dass ich auf dieser Basis heute noch massenhaft Neuentdeckungen machen kann (und viele schon vergessene Perlen wiederfand).

Würdest du demnach dem Fernsehen heute unterstellen, daß die Auswahl abzielend auf einen Massengeschmack mehr in eine Norm zwingt, als es zu Zeiten des rein öffentlich-rechtlichen Fernsehens der Fall war? Wie ließe sich dies auf die jeweilige Situation von Kino- und Heimvideomarkt übertragen?

Zitat von: Bretzelburger am 11 Mai 2010, 14:28:42
Wer allerdings ohne Vorkenntnisse oder spezielle Interessensgebiete das Internet nutzt, um sich kulturell zu bilden (gilt auch für das Fernsehen), dem kann ich nur viel Geduld und einen individuellen Kopf wünschen - ich halte das für sehr schwer, sich den oft praktizierten, unmerklichen Gruppenzwängen zu entziehen.

Könnte dieser "unmerkliche Gruppenzwang" denn auch damit zusammenhängen, daß die Masse sich eben meistens dann zu Äußerungen berufen fühlt, wenn der Film eine Regung (ob nun Ab- oder Zuneigung) hervorgerunfen hat? Das Mittelfeld dazwischen müßte doch dann chronisch unterrepräsentiert sein.

Zitat von: Bretzelburger am 11 Mai 2010, 21:33:43
Vergessen sollte man aber auch nicht, dass diese Nicht-Nerd-Filmseher keineswegs mit ihrem Urteil hinterm Berg halten. Und das klingt nicht nach "Ich habe zwar keine Ahnung, aber ich fand den Film gut/schlecht", sondern irgendwelche Pauschal-, Halbwahrheiten-Urteile rausposaunen, dass es die Sau graust. Ich habe in dieser Hinsicht (und da gebe ich "Lastboyscout" 100% recht) schon eine Menge Diskussionen gehabt, die ich keineswegs gewonnen habe, nur weil ich nerdige Filmahnung hatte.

Ich befürchte ja, auch ein Nerd zu sein. Das fällt mir immer dann auf, wenn ich einen Redeschwall herunterschlucke, von dem ich weiß, daß er an der falschen Adresse landen wird. Denn wie soll man ganz unarrogant etwas erklären, was für ein tieferes Verständnis eine Argumentationskette nach sich ziehen würde, die Stimmung und Abend ganz schnell vermiesen können? Was noch viel schlimmer ist, sind dann Zitate aus beliebigen 08/15 Filmen, die man doch hätte erkennen müssen, weil XY gesagt hätte, man sei der totale Filmfreak. Erstens halte ich dies für einen (Präventiv-)Schlag gegen eben diesen arroganten Eindruck, den Filmfans zu geben scheinen. Zweitens muß man meistens arrogant darauf reagieren, weil man diesen Film oftmals einfach mangels Interesse nicht gesehen hat. Drittens bin ich persönlich überhaupt nicht der Typ Nerd, der jeden Fitzel eines bestimmten Spezialbereichs auswendig kennt und da ich immer andere Filme gucke, weil es so viele gibt, habe ich auch weder Zeit noch Muße jedes Zitat auswendig zu lernen. Ein ähnliches Problem gibt es ja auch mit überzeugten Musikfreunden, wobei ich mich auch hier, wie beim Film, schwer auf ein Genre festlegen kann und so bestens in der Lage bin auch ausgesprochenen Freax mit meiner Ansicht auf die Füße zu treten.  :icon_lol:
Vielleicht ist es ja ein Gendefekt, der bedingt, daß man sich für möglicherweise schräge Dinge und Kombinationen erwärmen kann. Oder es liegt doch einfach an der eigenen Offenheit und zeitgleich dem persönlichen Horizont, wie bei jedem anderen auch. Ich persönlich verstehe jeden Austausch als Bereicherung (bin auch gewillt mich nach Lust und Laune selber zu tauschen) und so ist es vermutlich eher ein gereifter Balanceakt des gezeigten Interesses gestellt über die eigene Meinung, die bewirkt, daß man das Vorurteil der Arroganz abbauen kann. Dummerweise ist der Effekt eben seltener das Entdecken eines bisher unbekannten Highlights, sondern der Sieg des Gegenübers, dessen Meinung im morastigen Sog des absorbierenden "Nerds" versinkt. Hat man damit nicht auch heimlich gewonnen?
Übrigens, wo wir schon beim Glossar sind, wie ist es denn mit Fanboys? Nerd zu sein ist ja anscheinend nicht gleich Nerd zu sein. Sind nicht eher Fanboys die Posaunenbläser und der Normalmensch gar nicht?

Zitat von: pm.diebelshausen am 12 Mai 2010, 21:30:19
Dass Individualität nurmehr oder größtenteils nurmehr als Schein vorhanden/möglich ist, würde ich nicht sagen. Zumindest nicht, was die Komplexität einer Persönlichkeit angeht. Da gehe ich eher davon aus, dass jemand nicht bloß auf einem Gebiet sich individuell ausprägt, sondern sich oft in verschiedenen Belangen individualisiert. Ist natürlich, wie immer, wenn wir hier was wirklich diskutieren, ein schwieriger Begriff, "Individualität", schließlich kann auch das Individuelle in gewisser Weise eine Konvention sein und sich so selbst ad absurdum führen, ähnlich wie wenn man versucht, dem Befehl "Sei selbstständig!" Folge zu leisten. Aber da will ich die Diskussion gar nicht hinführen.
Ja, ich kann dem folgen. Es ging natürlich eher um die Individualität der Auswahl, als um den Umgang damit. Denn daß bspw. jeder Pokemon gucken und trotzdem anders damit umgehen kann, liegt ja auf der Hand, auch wenn sowas gerne pauschalisiert wird.

Zitat von: pm.diebelshausen am 12 Mai 2010, 21:30:19
Ich sage mal, ich halte mich für relativ individuell, weil Menschen in meiner Umgebung und häufig die, die mich neu kennenlernen, überrascht sind, womit ich mich beschäftige, wie meine Wohnung eingerichtet ist, was für Musik ich manchmal auflege. Da bestehe ich einfach aus einer Offenheit für Vieles - die ist noch nicht individuell, aber das was ich dann zulasse, zu mir durchzudringen, macht es aus.

Mir geht es da durchaus ähnlich. Aber warum sind Menschen dann so oft von einem überrascht? Liegt es daran, daß man nicht einfach so in eine Schublade hinein passt? Ist man die Kugel im Tetris-Spiel?

Zitat von: pm.diebelshausen am 12 Mai 2010, 21:30:19
Gruppen brauchen Konventionen, um sich im Inneren zusammen zu halten und nach Außen abzugrenzen. Konventionen können immer versteinern und um ihrer selbst Willen erhalten werden - das ist etwas, wo ich versuche, beweglich zu bleiben, was wiederum zu dem gehört, was ich für mich "Individualität" nennen würde.
Das provoziert noch einen weiteren Punkt. Wozu braucht man überhaupt Gruppen und Konventionen? Welchen Nutzen finden wir darin, die eigene Meinung bestätigt zu sehen?

Zitat von: pm.diebelshausen am 12 Mai 2010, 21:30:19
Habe ich eigentlich Deine Nachfrage irgendwie beantwortet?
Laß es einfach fließen.  :icon_lol:

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