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Wie haltet ihr es mit der Treue ?

Begonnen von Bretzelburger, 23 April 2010, 14:31:02

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Bretzelburger

23 April 2010, 14:31:02 Letzte Bearbeitung: 23 April 2010, 14:35:38 von Bretzelburger
Der Anlass für meine hier geäusserten Gedanken kommt aus dem Sportteil, ist aber ein generelles Thema. Momentan wird ja der Bayern-Spieler Ribery mit viel Häme überschüttet, weil er sich dabei erwischen liess, mit einer Prostituierten geschlafen zu haben. Aus meiner Sicht eine typische, aber völlig verlogene Reaktion.

Vielleicht liegt das an meinem fortgeschrittenen, knapp 50jährigen Alter, dass ich mir hinsichtlich der menschlichen Psyche nur noch wenig Illusionen mache. Alleine die Betrachtung von Riberys Vorgeschichte (ich bleib mal bei diesem guten Beispiel), zeigt mir, das hier etwas völlig Normales vorging. Ein 27jähriger, der seine jetzige Frau schon seit der Schulzeit kennt, als Jugendlicher sicherlich nicht der Attraktivste war, heute aber dank Geld und Popularität unzähligen Versuchungen ausgesetzt ist - wie soll der reagieren? - Ich persönlich finde die Prostituierten-Variante da sogar am fairsten, denn irgendwelchen Girls mit Liebesversprechungen den Kopf zu verdrehen, um sie dann nach einer Nacht sitzen zu lassen, oder sich sogar eine richtige Geliebte zuzulegen (wie z.B. der frühere Bayern-Trainer Ottmar Hitzfeld) - was soll daran fairer sein?

Gut das ist Prominenz, aber geht es uns "Normalos" denn wirklich anders? Als ich vor 14 Jahren meine damalige Freundin heiraten wollte, bekam ich plötzlich Torschlusspanik. Ich war schon 7 Jahre mit ihr zusammen und plötzlich interessierte ich mich erstmals wieder für eine andere Frau. Da kam nichts dabei raus, aber meine heimlichen Bemühungen verstörten mich und mir kam das erste Mal der Gedanke - ist das wirklich die letzte Frau, die du nackt gesehen hast?  - In meinem Fall lässt sich die Frage leicht beantworten, da ich schon einige Jahre wieder geschieden bin. Man könnte sagen, logisch, wenn ich schon vor der Ehe so reagieren, aber ist das wirklich ungewöhnlich ?

Mit Mitte 20 dachte ich noch ganz anders und das hat nichts damit zu tun, dass ich heute desillusionierter in Sachen Liebe wäre. Nein, das bin ich nicht, aber ich kenne meine Libido, die ich zwar dank medialer Ablenkungen und Disziplin unterdrücke oder im Griff habe, aber die deshalb ja nicht verschwindet. Rückwirkend betrachtet scheint das Wellenbewegungen zu unterliegen - Jahrelang bin ich völlig genügsam und glücklich in meiner Beziehung, dann kommen plötzlich wieder spezielle Gefühle auf - mit äußerlichen Umstände kann ich das keineswegs ausreichend erklären. Sicherlich gibt es da bei Jedem unterschiedliche Intensitätsstufen, wie auch Frauen anders damit umgehen. Aber auch, wenn Frauen gerne behaupten, sie zögen sich nur für sich selbst schön und sexy an, ist das nur die halbe Wahrheit. Natürlich will Keine von Jemandem belästigt werden, den sie nicht mag, aber die eigene Attraktivität testen und sich Optionen offenhalten - das gehört eben auch dazu.

Wenn man in dieser Sache ehrliche Gespräche führt, fällt oft auf, dass eher praktische Gründe das Fremdgehen einschränken. Vor gut zehn Jahren, erzählte mir einmal ein alter Freund, dass er mit seiner Geliebten Schluss gemacht hätte, weil sie nicht - wie seine Frau - gewusst hätte, was er gerne zum Frühstück hätte. Oft ist es so, dass der abendliche Überschwang, morgens nicht mehr vorhält. Ein Anderer beschrieb einmal, wie er morgens One-Night-Stands wieder los wurde, indem er um 7 Uhr früh aufstand, um angeblich zur Arbeit zu gehen, mit ihr das Haus verliess, einmal um den Block ging und sich wieder hinlegte. Es ist oft mehr das Spiel mit dem Feuer, dass den Menschen interessiert, als tatsächliche Konsequenzen, was auch wieder zu Ribery zurückführt. Aber ist das dann noch Treue, dass Millionen im Internet flirten, mit dem Gedanken spielen, sich auch einmal zu treffen, letztlich es aber aus Angst oder Vernunft doch lassen ? - Eine Frau erzählte mir mal, dass sie nur mit anderen Männern knutscht, aber nicht mehr, eine Andere begnügte sich mit Fantasien, die aber an reale Typen geknüpft waren, ist das Treue ? - Gehört es nicht zu einer guten Beziehung dazu, dass der jeweilige Partner akzeptiert, dass diese archaischen Gefühle in uns schlummern ? - Wie steht ihr dazu ?

Eric

Bin zu 100% treu (Egal in welchem "geistigen" Zustand ich mich befinde) und genau das erwarte ich auch von meiner Partnerin.

Fremdgehen ist ein absoluter Vertrauensbruch den ICH PERSÖNLICH niemals verzeihen könnte oder würde.

Das einem hin und wieder mal Gedanken kommen wenn man(n) ne hübsche Frau sieht ist vollkommen normal. Bei Frauen dürfte das ja auch so sein wenn die nen leckeren Kerl sehen.  ;)

Daher:
Anschauen ist erlaubt, alles weitere NICHT! Auch nicht fremdes "rumknutschen" oder so n Unsinn. PUNKT UND AUS.


Sorry, habe da eine absolute "schwarz/weiss" Mentalität, aber da sist eben meine Meinung zu diesem Thema.


MFG


ERIC
Liebe Ursula,
wünsch dir frohe Ostern, nen tollen Namenstag und nen guten Rutsch ins Jahr 1978!
Grüsse aus der Alzheimergruppe, deine Tante Günther!

Ich hasse Menschen, Tiere + Pflanzen. Steine sind ok.

MäcFly

Die Ribery-Geschichte erinnert mich ein bisschen an die Sache mit Tiger Woods, wobei der natürlich viel stärker im weltweiten Fokus stand. In dem Zusammenhang wurde einer Psychologin die Frage gestellt, weshalb jemand, der alles hat (schöne Frau, Kinder, viel Kohle, total abgesichertes Leben, grenzenlose Beliebtheit) denn bitte fremd gehen muss. Sie hat darauf eine kluge, prägnante Antwort gegeben:

"Weil er es kann."

Das macht einen zwar irgendwo nachdenklich, aber es stimmt wohl: Wer so einen Status hat, überall angehimmelt wird und bei 99,999 Prozent bildhübscher Frauen eben KEINEN Korb kriegt wie Otto Normalbürger, wird sich mit der Treue schwer tun. Ich könnte mir zumindest nicht vorstellen, die EINE Frau zu finden und dieser ein Leben lang treu zu sein, wenn man eigentlich jede haben könnte. Das sieht man ja an den Scheidungsraten von Prominenten.

Auf jedenfall ein interessantes Thema, wenn auch im falschen Forum. ;)
"Man muss immer darauf achten, dass man ein gewisses Niveau nicht unterschreitet - sonst ist es schnell aus."

"Wenn man Mubarak heißt oder Kosslick, dann kann man alles machen." (Uwe Boll)

psYchO dAd

23 April 2010, 17:16:19 #3 Letzte Bearbeitung: 24 April 2010, 14:36:42 von psYchO dAd
Zitat von: Eric am 23 April 2010, 14:34:39
Anschauen ist erlaubt, alles weitere NICHT! Auch nicht fremdes "rumknutschen" oder so n Unsinn. PUNKT UND AUS.
Wenn es erlaubt wäre, wäre es auch kein "fremdgehen".

Bretzels Posting kann ich aber doch nachvollziehen. Nur bei den ganzen "Promis" kenne ich mich nicht aus.  :icon_mrgreen:

Zitat von: Bretzelburger am 23 April 2010, 14:31:02
Gehört es nicht zu einer guten Beziehung dazu, dass der jeweilige Partner akzeptiert, dass diese archaischen Gefühle in uns schlummern ?
Ja, tut es. Wenn die Frau aus freien Stücken sich nur mit mir vergnügt: gut. Wenn ich ihr die Treue vorschreibe... wird es ihr dennoch egal sein und sie wird doch fremdgehen.
Ergo: Treue fordern ist eh Blödsinn.
:soeinfachistdas:

pm.diebelshausen

23 April 2010, 17:37:57 #4 Letzte Bearbeitung: 24 April 2010, 10:09:34 von pm.diebelshausen
Prostituierte oder nich oder was ist doch völlig wurscht. Das einzige Problem beim Fremdgehen: dass der Partner davon nichts weiß. Wenn man sich sexuell unterfordert oder gelangweilt fühlt, sollte das in einer funktionierenden Beziehung ein Thema sein können, dass man zusammen angeht und nicht im selbstherrlichen Alleingang.

Das Fatale: Zerstörung des in den Partner gesetzen Vertrauens und das ist eine kostbare Sache, die sich nicht leicht raparieren lässt! "Du poppst irgendwo rum und konntest mir beim Frühstück ins Gesicht lächeln als wäre nichts anders als sonst? Wie soll ich Dir da überhaupt noch irgendwie vertrauen können?" - ist doch verständlich.

Wenn sie weiß, dass er fremd poppt oder er weiß, was sie mit anderen nach der Disko treibt: Deal, ist alles in Ordnung. Aber jemanden verarschen mit dem Denkkonstrukt "was sie/er nicht weiß, macht sie/ihn nicht heiß" ist eine Schweinerei. Wenn man so tickt, sollte man sich überlegen, warum genau man überhaupt in einer festen Beziehung lebt. Meine Meinung.
Es gibt viele, die nicht reden, wenn sie verstummen sollten, und andere, die nicht fragen, wenn sie geantwortet haben.

jororo

Zitat von: Eric am 23 April 2010, 14:34:39
Bin zu 100% treu (Egal in welchem "geistigen" Zustand ich mich befinde) und genau das erwarte ich auch von meiner Partnerin.

Fremdgehen ist ein absoluter Vertrauensbruch den ICH PERSÖNLICH niemals verzeihen könnte oder würde.

Das einem hin und wieder mal Gedanken kommen wenn man(n) ne hübsche Frau sieht ist vollkommen normal. Bei Frauen dürfte das ja auch so sein wenn die nen leckeren Kerl sehen.  ;)

Daher:
Anschauen ist erlaubt, alles weitere NICHT! Auch nicht fremdes "rumknutschen" oder so n Unsinn. PUNKT UND AUS.


Sorry, habe da eine absolute "schwarz/weiss" Mentalität, aber da sist eben meine Meinung zu diesem Thema.


MFG


ERIC

Warum soll ich mir das Hirn zermatern,wenn es schon so klar auf den Punkt gebracht ist. Ich bin seit über zehn Jahren mit meiner Partnerin zusammen und wir sind uns da einig - Treue und Vertrauen gehören nun mal in eine Beziehung,und für uns bedeutet Treue nun mal, dass wir gewisse Dinge nur miteinander tun. Mit jemandem, der das anders sieht, könnte ich nicht zusammen sein...
Was bringen die ganzen PISA-Studien, wenn das Hessenabitur schon als Behindertenausweis anerkannt wird? (S. Hieronymus)

https://www.youtube.com/watch?v=jQJ8Pofd_X8

Bretzelburger

Ich finde euren konsequenten Standpunkt ja bewundernswert, aber meine Ausführungen gehen noch in eine andere Richtung. Nehmen wir ein aktuelles Beispiel, dass gerade durch die Presse ging - 16% aller Mitarbeiter der Finanzbehörde in den USA, besonders die mit einem Jahreseinkommen von über 200tsd Dollar, verbrachten jeden Tag Stunden auf Pornoseiten im Internet, auch als sich gerade die Finanzkrise ankündigte. Begründung - sie hätten bei ihrem anstrengenden Job auch mal virtuelle Entspannung benötigt. Wer das für den Auswuchs einer kleinen Gruppe hält, ist weltfremd.

Das man in einer Partnerschaft Regeln aufstellt, für sich Grenzen zieht usw. ist nachvollziehbar, aber wie nahe sind diese an der menschlichen Psyche ? - Ich kann von mir nur sagen, dass ich vor zwanzig Jahren in dieser Hinsicht noch deutlich positiver von mir dachte. Ich bewundere Paare, die zusammen alt wurden, weiß aber, dass gerade im Umfeld meiner Eltern (selbst 54 Jahre verheiratet) alle Paare zwischendurch erhebliche Krisen überwinden mussten und es eine Menge Toleranz bedurfte, damit sie zusammen blieben. Eine Toleranz, die jüngere Paare wahrscheinlich garnicht mehr aufbringen. Und ich rede ausschliesslich von bürgerlich, konservativen Paaren. Aber auch dort hat es Phasen gegeben, in denen sich ein Partner plötzlich ausleben musste, und damit gegen jede Vernunft gewachsene Strukturen gefährdete.

Was P.M. anführte, dass man offen in einer Partnerschaft damit umgehen sollte, halte ich ebenfalls für unrealistisch. Ich habe das schon durch, aber es macht die Sache keineswegs leichter, zu wissen, dass der Partner gerade fremdelt. Es sind in der Regel Emotionen dabei im Spiel, die man nicht einfach unterdrücken kann. Gegenbeispiel : ein Anderer erwähnte einmal, Sex sei für ihn wie Kaffeetrinken, eine amüsante Beschäftigung, nach der man dann wieder zur Tagesordnung übergeht. Wer eine solche Einstellung hat, die von Emotionen frei ist, wird kaum etwas davon in seine Partnerschaft transportieren. Für mich ist es inzwischen eine Tatsache, dass man seine Libido nicht für immer einschränken kann - Disziplin und Regeln sind sicherlich ein Weg, sich einzuschränken, aber die Frage bleibt, ob das nicht an der menschlichen Natur vorbei geht ?


pm.diebelshausen

24 April 2010, 14:11:11 #7 Letzte Bearbeitung: 24 April 2010, 15:05:34 von pm.diebelshausen
Also, Herr Meiser Bretzelburger, etwas unbeholfen finde ich die Haltung "Ich bin Opfer meiner Libido und kann da leider nichts tun" schon. Natürlich und unbestritten (vor allem aber natürlich) haben wir eine Ebene der Triebe in uns, die oft im Konflikt zu Konventionen, Absprachen, gesellschaftlichen, partnerschaftlichen Regeln steht.

Aber wir sind halt keine rumpoppenden Paviane auf dem Affenfelsen, sondern haben die einzigartige Fähigkeit der Entscheidung. Das geht einher mit einem Abwägen und dem setzen von Prioritäten. Davon sprach ich oben, nicht davon, dass es jedem Menschen möglich sein muss, sich zu beherrschen und in einer Partnerschaft die Dinge explizit zu klären.

Es geht in einer Partnerschaft meiner Meinung nach um Wertschätzung des/der Anderen und wenn man sich sexuell nach etwas anderem sehnt, dann leidet darunter die Wertschätzung des Partners. Das kann im Einzelfall nicht ausdiskutiert und gemeinsam strategisch angegangen werden, ok - aber das erlaubt immernoch nicht den Freifahrtschein ins Bumsiland des Doppellebens, in dem ich meinem Partner einfach verheimliche, was ihn/sie zutiefst verletzen muss. Brauch ich etwas Anderes/mehr/Gummi, Lack und Leder für meine gebeutelte Libido, meine Partnerin aber nicht, dann muss das entweder geklärt werden oder ich lebe in der falschen Beziehungskiste - ich muss mir klar darüber werden, was ich will, alles gleichzeitig geht nicht.

Treue ist ein Geschenk an die Partnerin/den Partner: ja, mir juckt die Nille, aber weisste was - is geschenkt, Du bist mir wichtiger als meine Ejakulationen und/oder Orgasmen.

Letztlich muss das selbstverständlich jede/r selbst entscheiden, wie da die Relationen liegen, aber hier wurde ja nach Meinungen gefragt, nicht nach kulturellen, gesellschaftlichen oder religiösen Normen.

Es gibt Paare, die kommen gut klar mit einer abgesprochenen Offenheit sexueller Hinsicht, anderen ist das unöglich - wie auch immer der Fall gelagert ist: man muss es klären, finde ich, Unklarheiten machen das Ganze zu einem größeren Problem als es ist. Und die Katastrophe ist natürlich, wenn der Partner die Wahrheit auf einem Weg über Dritte herausfindet.

Es bedarf einer Menge Toleranz in einer Beziehung - ja - und? Natürlich. Ich habe Dir nie einen Rosengarten versprochen. Wer eine Beziehung will, aber dabei keine Toleranz zu investieren bereit ist (generell, nicht nur um Krisen sexueller oder anderer Art zu begegnen ), der hat etwas über Partnerschaften einfach nicht drauf und kann von mir aus staatlich geprüft wichsender Finanzbeamter werden, soll sich aber bitte nie nie nie einbilden, dass er etwas kriegt, wenn er's braucht, denn warum sollte ihm mit Toleranz begegnet werden?

Liest diesen Thread eigentlich auch deine derzeitige Partnerin oder dein Partner?

Nochmal kurz: Ja, soziale Regeln (und darunter fällt auch Treue) stehen im Widerspruch zur menschlichen Natur, aber wenn wir der Natur gemäß leben, steht das im Widerspruch zur Menschlichkeit. Es geht meiner Meinung nach nicht um Beherrschung von Trieben, denen wir ausgeliefert sind, was eine negative Perspektive bedeutet, sondern um eine positive Ausrichtung: die Entscheidung für etwas, was nur Menschen können, die Wertschätzung des Anderen, nicht seinen Gebrauch.

Und Kant passt hier ja auch sehr gut: andere so behandeln, dass es gesellschaftliche Regel werden kann, was beinhaltet, dass man bereit ist, auch selber so behandelt zu werden - bzw. die Frage: wie würde ich bei getauschten Rollen die Sache sehen? Wenn Dein Partner zu Dir kommt und heult: "Meine Libido, meine Libido, ich konnte nicht anders, die Finanzbeamten usw." - wie findst'n das?
(Ich meine das nicht persönlich auf die Bretzel gemünzt! Nur weil Du es als mögliche Argumente anführst.)
Es gibt viele, die nicht reden, wenn sie verstummen sollten, und andere, die nicht fragen, wenn sie geantwortet haben.

Bretzelburger

Zitat von: pm.diebelshausen am 24 April 2010, 14:11:11
Liest diesen Thread eigentlich auch deine derzeitige Partnerin oder dein Partner?

Klar, warum nicht? - Ich befinde mich aktuell in einer entspannten Situation, aber ich kenne mein inzwischen 35jähriges Sexualleben und meine Freundin ist auch nicht naiv. Ich möchte meine Beispiele auch nicht als billige Entschuldigungen verstehen, sondern bin einfach daran interessiert, wie ihr die Sache bei euch einschätzt.

pm.diebelshausen

Zitat von: Bretzelburger am 24 April 2010, 14:39:42Klar, warum nicht?
Habe ich auch nicht anders erwartet.

Einschränken, unterdrücken, im Griff haben, kontrollieren, disziplinieren - all das klingt für mich immer sehr verkrampft und da stimme ich Dir dann zu: was verkrampft läuft ist nicht im natürlichen Lauf. Für mich ist Sexualität nichts, wo gekämpft werden muss, deshalb habe ich oben versucht, das Thema in einer positiven Perspektive zu sehen, statt in diesem psychologisch altbackenen Gestus der zu bekämpfenden und unter Kontrolle zu bringenen Triebe. Würde ich das eher so sehen, müsste ich ins Kloster und wäre z.B. 500 Jahre zu spät geboren.
Es gibt viele, die nicht reden, wenn sie verstummen sollten, und andere, die nicht fragen, wenn sie geantwortet haben.

Intergalactic Ape-Man

Ich finde, man kann sich da nicht wirklich auf eine Aussage festlegen. Meistens kommt es in solchen Dingen dann vollkommen anders. Es trifft aber wohl zu, daß unsere Gesellschaft offen gelebten Egoismus ermöglicht. Und das hat eine bedeutende Wirkung auf den gesammten Alltag. Sex wird dabei - wie in vielen Köpfen übrigens - einfach überbewertet. Ich glaube, Treue ist weder Trieb- noch Kopfsache. Treue ist ein Gespenst. Wenn man es rasseln hört, ist der Schreck schon in der Nähe.

psYchO dAd

28 April 2010, 13:49:47 #11 Letzte Bearbeitung: 28 April 2010, 16:32:48 von psYchO dAd
Um jetzt noch etwas die Diskussionsglut zu entfachen. Aussage: Wer von seiner Partnerin Treue fordert und eifersüchtig ist, ist schlicht der Meinung, dass er die Frau allein mit seinem Wesen nicht halten kann. Meinungen?

EDIT: Mit "Wesen" meinte ich natürlich in erster Linie die Sexualität. Wenn man charakterlich ein Depp ist wird sie natürlich nicht fremdgehen, sondern sich ganz verpissen.

Eric

Zitat von: psYchO dAd am 28 April 2010, 13:49:47
Um jetzt noch etwas die Diskussionsglut zu entfachen. Aussage: Wer von seiner Partnerin Treue fordert und eifersüchtig ist, ist schlicht der Meinung, dass er die Frau allein mit seinem Wesen nicht halten kann. Meinungen?

Ja, ..., klar, ..., sorry, aber was ich selber erbringe, das fordere ich auch von meiner Partnerin.
Eifersüchtig bin ich dagegen absolut überhaupt nicht. Ich habe da die Einstellung dass man als erwachsener Mensch genau wissen sollte welche Folgen das eigene Handeln haben kann.
Liebe Ursula,
wünsch dir frohe Ostern, nen tollen Namenstag und nen guten Rutsch ins Jahr 1978!
Grüsse aus der Alzheimergruppe, deine Tante Günther!

Ich hasse Menschen, Tiere + Pflanzen. Steine sind ok.

PierrotLeFou

Also mir ist die klassische Zweierbeziehung sowieso zuwider, ich favorisiere eher ein freies und unverbindliches Beziehungsgeflecht....

Die Treue in der Zweierbeziehung ist für mich auch nur eine überflüssige Einschränkung (worüber sich sicherlich streiten ließe), die beide Partner auf Dauer zu etwas verpflichtet... Treue ist für mich das Anliegen, jemandem, dem man sie verspricht, nicht zu schaden oder ihm weh zu tun, ihm möglichst zu helfen bzw. so aufrichtig zu sein, es ihm vorher mitzuteilen, wenn man mal oder generell nicht drumherum kommt entgegen dieser Richtlinien zu handeln...

Nun ist dieses "Du darfst keinen haben außer mich und ich niemanden neben dir"-Prinzip für mich schon etwas, was Schaden zufügt...
Mit einem Partner oder einer Partnerin möchte ich diese Bindung nicht eingehen. Gerate ich nun an einen Partner/eine Partnerin, der/die auf die treue Zweierbeziehung setzt, so kann er/sie von mir nur erwarten, dass ich mit offenen Karten spiele und darüber hinaus nur solange in dieser fesselnden Zweierbeziehung bleibe, wie es für MICH selbst auch erträglich ist, wobei ich mich freilich auch verpflichtet fühle, es mitzuteilen, wenn ich es nicht mehr ertrage...
Und die Vorstellung vom freien Beziehungsgeflecht macht die besonders innige Bindung an eine ganz bestimmte Person ja auch nicht unmöglich...

Natürlich kann es sein, dass ich im Alter schon gerne in einer Zweierbeziehung stecken würde und gerne Familie hätte (die ich im Prinzip auch nicht aufbauen möchte, ich stehe dieser Zwangsinstitution eher ablehnend gegenüber), aber es ist unmöglich solche Eventualitäten jetzt einzuplanen... Ich ertrage es einfach nicht, mehr als drei Tage die Woche mit demselben Menschen zu verbringen, da fühle ich mich unfrei...

Wer halt die geschlossene Zweierbeziehung bevorzugt.... bitteschön, er hat die freie Wahl! Aber dann muss er auch mit den selbstgesteckten Einschränkungen leben können ohne rumzujammern oder halt doch in die freie Beziehung überwechseln...
"Eines Tages werde ich ein wahrhaft großes Drama schreiben. Niemand wird verstehen, worauf es hinaus will, aber alle werden nach Hause gehen mit einem vagen Gefühl der Unzufriedenheit mit ihrem Leben und ihrer Umgebung. Dann werden sie neue Tapeten aufhängen und die Sache vergessen." (Saki)

Bad Moon

Hi,
wer seine Triebe nicht in der Hose behalten kann, sollte wenigstens die Klappe halten können. Erst rumsuddeln und dann heulend angekrochen kommen; erst kneift der Schritt und dann das Gewissen? Das geht gar nicht, darüber macht man sich vorher Gedanken.
Als Normalverbraucher habe ich natürlich nicht soviele Möglichkeiten wie die Leute mit Ruhm & Geld, könnte aber (wenn der Bedarf da wäre) wesentlich leichter unerkannt fremdgehen.
Mit der reinen Vorstellung zum Seitensprung (geistige Untreue) habe ich nicht wirklich Probleme, das läuft unter sexuelle Fantasien, und die können durchaus anregend sein. Hinschauen ja, anfassen nein (im Restaurant lese ich ja auch die ganze Speisekarte, obwohl ich dann nur ein Gericht bestelle).

Gruß
Bad
Zwischen Lust und Tod gibt es etwas Grauenvolles

Bretzelburger

Nett, dass du den Thread noch mal hervorkramst. Das gibt mir die Gelegenheit, meine Gedankengänge genauer an einem Beispiel zu erläutern, passend zum Forum an einem Filmbeispiel.

Vor einigen Wochen sah ich "The other man" mit Banderas und Liam Neeson. Ich spoiler jetzt, aber den Film kennt sowieso kaum Jemand. Neeson wurde dort nach dem Tod seiner Frau mit einem Mann konfrontiert, der auch 10 Jahre mit ihr eine Beziehung hatte, dazu Jemand, den er vom Typus her ablehnte und sich nie hätte vorstellen können, dass seine Frau einen solchen Mann lieben könnte. Hatte sie aber, genauso wie ihn, der nie etwas davon bemerkte - und es war ihr Wunsch, dass er es nach ihrem Tod erfährt. In dem Film geht es um Komplexität, um unterschiedliche Sehnsüchte, die ein Mensch nicht allein erfüllen kann. Um unterschiedliche Phasen, die unterschiedliche Bedürfnisse hervorrufen können. Neeson spielt sehr gut einen Mann, der das nicht begreifen will und der auch sehr wütend wird, aber zum Schluß begreift er langsam, dass das Leben nicht nach den klaren Regeln läuft, wie wir sie ihm gerne geben. Der Film, den ich insgsamt nicht überragend, aber absolut sehenswert finde, spiegelt in diesem Punkt meine Einstellung wieder.

Dieses "die Hose kneift, ich hätte mir das vorher überlegen müssen", klingt für mich nach dem klassischen "Law and order" Prinzip. Wer das Gesetz bricht (in diesem Fall ein moralisches), darf sich über Strafe nicht wundern. Vielleicht trinken alle, die so denken, immer - wenn überhaupt - nur wenig Alkohol, fahren nie zu schnell und haben Drogen noch nie inhaliert, keine Steuern hinterzogen (Schwarzarbeit), niemals bei der Klassenarbeit gepfuscht usw. Das macht man bekanntlich auch bewusst. Ich meinte aber auch weniger den klassischen, durch die Situation gepuschten Seitensprung, sondern eher die Veränderungen, denen wir alle in einem langen Leben unterliegen - und die auch unsere Haltung beeinflussen. Manche Antworten klingen für mich hier immer so, als ob Veränderungen ausgeschlossen werden.

Travelling Matt

Für mich bedeutet "Treue" vor allem, dass man für einander da ist, auch wenn es Probleme miteinander gibt, dass man darauf acht gibt, den anderen nicht zu verletzen und dass man Abmachungen einhält. Und, wenig verwunderlich: das ist mir in einer Beziehung sehr wichtig, ich bin in dieser Hinsicht treu und erwarte das auch von anderen, die mit mir eine Beziehung wollen.

Anders als viele andere gehe ich aber seit einigen Jahren nicht mehr die (stillschweigende) Abmachung ein, dass man nur noch mit einer Person eine Liebesbeziehung und/oder Sex haben darf. Wobei wir dann aber andere Abmachungen treffen, z.B. ob oder wann wir uns von anderen erzählen, ob es nicht ausnahmsweise doch bestimmte Einschränkungen (etwa bezüglich bestimmter Personen) gibt etc.. Und auch unabhängig von konkreten Abmachungen reden wir natürlich viel darüber, was wir jeweils als belastend oder nicht belastend finden, was uns wichtig ist, gut tut, verletzt, ... (natürlich nicht nur in Bezug auf andere Beziehungen). Mir geht es so, dass ich mich oft und gerne verliebe. Das ist etwas, dass mir wichtig ist, und das ich ausleben und mit jemandem, den ich liebe, auch teilen möchte. In einer traditionellen Zweierbeziehung hätte ich immer den Druck, meine Gefühle zu anderen Menschen, die mir wichtig sind, nicht ausleben zu können, und gleichzeitig einen wichtigen Teil von mir vor der anderen Person verstecken zu müssen und umgekehrt aus einem wichtigen (und schönen!) Teil ihres Lebens ausgeschlossen zu sein. Was nicht heißen soll, dass das nicht auch schwierig und schmerzvoll sein kann, aber die gemeinsame Auseinandersetzung hat bisher auch immer dazu geführt, dass man sich besser kennenlernt und näher ist.

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