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Buchrezensionen

Begonnen von Jerry Garcia, 6 August 2011, 03:14:07

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Jerry Garcia



Nelson DeMille. An der Gold Coast von Long Island tummeln sich die Schönen und die Reichen - und die mächtigen Dons der italiensichen Clans. Als Anwalt John Sutter nach zehn Jahren dorthin zurückkehrt, glaubt er, die Ereignisse der Vergangenheit - die verhängnisvolle Affäre seiner Frau mit dem damaligen Paten Bellarosa - hinter sich gelassen zu haben. Ein fataler Irrtum! Denn der Sohn des Paten verfolgt eigene Ziele, in die Sutter durchaus mit einbezogen ist. Er bekommt ein Jobangebot als Mafiaanwalt.

Nachdem ich schon bei einigen Thrillern aus der Feder von Nelson DeMille durchaus vergnügliche Stunden verbacht habe, konnte ich mir den neuen Roman natürlich nicht entgehen lassen. Diesmal hat sich der Autor aber die meiste Zeit abseits der bekannten Pfade bewegt und sich eher einer Familiensage gewidmet, als er den Anwalt John Sutter zehn Jahre nach seiner Abreise per Segelboot in heimatliche Gefilde zurückkehren lässt. Natürlich trifft er wieder auf seine Ex-Frau, die damals ihren Geliebten kaltblütig erschossen hat, natürlich straffrei blieb, und versöhnt sich prompt wieder mit ihr. Das Glück trüben nur die Rachegelüste des Sohnes des toten Paten. Die Mafia hat ein gutes Gedächtnis. Bis zum Showdown, der alles zur Zufriedenheit regelt, lässt sich DeMille viel Zeit, um seiner Hauptfigur, die in der Ich-Form berichtet, Gelegenheit zu geben, amüsante und sarkastische Anzüglichkeiten über die alteingessenen Familien mit noch älterem Geld, ihre Macken und ihre Manierismen von sich zu geben, die durchaus als eine Kritik an dem immer noch herrschenden Klassendünkel in den USA gelten können. Geld und Macht können in Verbindung alles bereinigen - selbst einen Mord an einem Mafiosi oder kleinere Verfehlungen wie Missbrauch, Vergewaltigung oder Erpressung.

Im Endeffekt eigentlich kein Thriller - abgesehen von den letzten fünfzig Seiten. Eher eine zum Schmunzeln anregende Gesellschaftskritik, die flüssig geschrieben daherkommt und so gar nicht langweilt. Dies liegt aber ausschließlich am Humor den, der Autor an den Tag legt, denn ansonsten hätte ich mich gefragt, wie man 850 Seiten lang so gut wie nichts erzählt bekommt. Spannung oder Action kommen erst gegen Ende auf, ein paar zu erwartende Familiengeheimnisse werden aufgedeckt und das war es. Nicht das von DeMille gewohnte Material. Bis auf den Humor, ohne den das Buch eher ein nicht verschreibungspflichtiges Schlafmittel wäre. Spaß ganz klar am oberen Level, doch der Rest leider nicht. Freue mich daher schon auf den kommenden Roman "Lion", der wieder als actionreicher Thriller daherkommen soll (plus Humor).

Jerry Garcia



Damien Lewis. Codename Cobra Gold. Bei einer geheimen Mission im Libanon raubt ein Trupp britischer Elitesoldaten den gesamten Goldvorrat einer großen Bank in Beirut. Wert: Fünfzig Millionen Dollar steigend. Als sie zwanzig Jahre später das Gold holen wollen, das sie damals vor Feinden und vorgestzten versteckt haben, merken sie schnell, dass sie nicht die Einzigen sind, die sich dafür interessieren. Offenbar gehörte das Gold einer Terrorgruppe, die nun alles daran setzt, den Schatz wieder in ihre Hände zu bekommen. Für Lieutenant Luke Kilbride und seine Männer geht es um Leben und Tod.

Die Amerikaner und Briten versorgen schon seit einigen Dekaden in Buch - oder Filmform ihre geneigte Kundschaft mit diversen mehr oder weniger sinnfreien Sondermissionen ihrer Söldnerkommandos, was zumeist ordentliche Action garantiert. Im vorliegenden Buch schickt Lewis seine Truppe auf eine offizielle SAS-Mission, aus der der gemischte Haufen (Schotten, Waliser, Iren, Engländer, Amerikaner, Südafrikaner) schnell einen Auftrag in eigener Sache macht. Statt nur Geheimpapiere aus dem Zeiltresor zu räumen, wollen sie sich das dort lagernde Gold mal kurz zur Aufstockung des eigenen Kontostandes unter den Nagel reißen und sind dabei in der Wahl der Mittel nicht gerade zimperlich. Da die dortigen Konfliktparteien zur Zeit einen Waffenstillstand vereinbart haben, sorgen unsere Söldner der woche dafür, dass sich beide Seiten wieder gnadenlos bombardieren, um durch diese Ablenkung in Ruhe die Bank ausräumen zu können. Alles klappt hervorragend, bis kurz vor Ende der Aktion eine Milizpatrouille des Weges kommt und ausgeschaltet werden muss. Da spritzen die Blutfontönen, Claymore-Minen zerfetzen Körper und auf der Flucht werden Checkpoints eingeäschert - inklusive Wachposten. Mit ein paar Verletzten und dem Gold gelingt die Flucht, die Beute wird versteckt, die Papiere bei den Vorgesetzten abgeliefert und der Teil 1 des Buches ist zu Ende. Zwanzig Jahre später sind die Jungs zu älteren Herren mutiert, die sich jenseits der Fünfzig befinden und mehr oder weniger erfolgreich als Privatiers tätig. Also fasst man den Entschluss, sich endlich das wohlverdiente Gold aus dem selbstinszenierten Raubzug zu holen. Die Truppe kommt aus allen Teilen der Welt zusammen, führt sich erst einmal auf wie eine Horde pubertierender Teens und jagt den 30 Jahre jüngeren Mädels hinterher, gibt sich zum Teil dem Liebeskummer hin und wirkt allgemein recht kindisch. Damit die Jungs aber nicht mit Frotzeleien und Frauen beschäftigt sind, hat sich der Autor noch eine neue Terrorgruppe - "Die Schwarzen Assassinen" - und einen Verräter aus den eigenen Reihen ersonnen (der aber nicht wesentlich zur Spannung beitragen kann, da er vom Leser schon nach wenigen Seiten identifiziert werden kann), die einen ultimativen Anschlag auf die Führer der Welt der Ungläubigen plant, zu dessen Finanzierung sie aber das im Wert erheblich gestiegene Gold aus dem Raub von vor 20 Jahren benötigt. Da die britische Regierung die Truppe dazu nutzen will, die Attentäter auszuschalten, unterstützt sie diese mit Informationen und so kann Kilbride einen Schlag mit einer Megabombe gegen die Terroristen vorbereiten. Ansonsten sind sie mit Minen, Miniguns und selbst gemixtem Napalm ausgerüstet und all das schöne Zeug kommt auch zum Einsatz.

Ein bisschen zwiespältig ist der Roman schon, da sich die Phasen außerhalb der Einsätze doch eher lächerlich ausnehmen, die Charakterzeichnung sehr klischeehaft ist (der Kumpeltyp, der alles zusammenhält fehlt ebensowenig wie der überhebliche Vorgesetzte, der nach den Regeln vorgehen will und der mürrische Einzelgänger, dem man nicht trauen kann) und einer kurzen Rechtfertigung, dass nicht alle Muslime böse Terroristen sind, folgt die Quasi-Aufforderung allen Bettuchträgern den Schädel einzuschlagen, solange es die Richtigen sind. Natürlich wird das Missachten von Regeln und Gesetzen hier zur Tugend erhoben, dient aber nur als Aufhänger zum gelungenen Teil des Buches. Hart, blutig und unerbittlich mit einer Menge an Action gehen die Raubzüge voran und während der Einsätze kommt beim Lesen keine Langeweile auf. Ein paar Überteibungen mag man dem Autor verzeihen, dient ja nur der Geschichte. Erst der Schluss nervt wieder etwas, denn das Ende ist so Happy und süß, dass Kariesgefahr besteht und die Disneyproductions vor Neid erblassen würden. wäre als Vorlage für einen Film aus den NuImage-Studios oder der ehemaligen Cannon-Group aber mehr als nur geeignet gewesen. Ordentliche Sache mit Mängeln, daher nicht uneingeschränkt zu empfehlen, aber für Actionfreunde durchaus mal lesenswert.

Jerry Garcia



Robert Ludlum / James Cobb. In der kanadischen Arktis finden Wissenschaftler auf einem Gletscher das Wrack eines russischen Bombers. Für die Öffentlichkeit handelt es sich nur um die Relikte aus dem frühen Kalten Krieg. Doch eine Handvoll Menschen weiß, dass diese Wrack eine heute noch hochgiftige biologische Waffe an Bord hat. Mit mehr als zwei Tonnen Anthrax kann man ganze Länder und und Millionen von Menschen verseuchen. Colonel Jon Smith von der Geheimorganisation Covert One wird vom amerikanischen Präsiodenten persönlich beauftragt, die Fundstelle abzusichern und die Waffe zu entschärfen. Doch sobald sie den Ort erreichen , finden sie bereits einen tödlichen Widersacher. Ohne Hilfe von außen und in der extremen Umwelt der Polarregion gilt es, einen zweiten kalten Krieg abzuwehren und den Feind, der auch aus dem eigenen Lager zu kommen scheint, in die Schranken zu weisen.

Da Robert Ludlum nun seit mittlerweile acht Jahren verstorben ist, gibt es auch aus seinem Nachlass nur noch die Reihenfiguren Jonathan Smith in der Covert One Reihe und Jason Bourne. Während Bourne von Eric van Lustbader weiter auf gefährliche Missionen geschickt wird - und das recht gelungen im Vergleich mit dem Thrillermeister -, versuchen sich an der Covert One Reihe verschiedene Auftragsautoren unterschiedlicher Qualität. Hier ist nun der erste Output zu dem Thema von James Cobb, der aber schon Erfahrung mit Militärthrillern durch seine Reihe um Captain Amanda Lee vorzuweisen hat und die Wahl des Autoren für die Jagd nach dem Flugzeugwrack im Eismeer und den verschollenen wissenschaftlern ist wirklich gelungen. Cobb führt die Reihe so fort, wie sie Ludlum vermutlich selbst geschrieben hätte, obwohl natürlich durch den Seriencharakter gewisse Kniffe aus den Stand-Alone-Romanen nicht zum Zuge kommen können. Trotzdem hat er die Verschwiegenheit der Regierungen und die Mauscheleien hinter den Kulissen, den Verrat von eigentlich Verbündeten und den Einsatz von Gewalt zur Lösung des Problems gut eingefangen und damit die Geschichte der Verfolgungsjagd auf der einsamen, frostigen Insel im Eismeer ohne Mängel zu Papier gebracht. Unterschiede in der Politik zwischen Ost und West (Russland und Amerika) werden in die alten und gerne benutzten Mechanismen, die solche Thriller seit Epochen beherrschen, eingebunden und zu einem einigermaßen modernen Actionthriller verwoben. Dazu noch etwas internationaler Waffenhandel und sein Protagonist hat mit seinen Kollegen einiges zu tun.

Kurzweiliger, übersichtlicher (allein schon wegen der Location) Thriller, der zwar nicht an die besten Werke aus Ludlums Glanzzeiten wie z. b. "Die Aquitaine-Verschwörung" heranreichen kann (doch wer kann das schon), aber durchaus Spass beim Lesen macht, mit einem bisschen an Humor ist dies auf dem Thrillersegment sicher kein Fehleinkauf und Cobb ist zusammen mit Gayle Lynds (Der Hades-Faktor, verfilmt mit Mira Sorvino und Stephen Dorff) der bisher beste aus der Riege der Auftragsschreiber. Gelungenes Debüt für James Cobb in dieser Reihe, der schon seinen zweiten Einsatz fertiggestellt hat. Leute, die mit dem geschriebenen Wort nicht viel anfangen können/wollen, sollten sich die Verfilmung vom "Der Hades Faktor" der Autorin Gayle Lynds durchaus einmal gönnen, da sie beweist, dass auch Frauen ein Händchen für Thriller haben können. Mit ca. 160 Minuten ist die TV-Produktion vielleicht etwas zu lang geraten, aber trotzdem um Vieles besser als das, was uns die hiesigen Privatsender als Weltpremiere (ähem, wer sonst will oder muss das Zeug sehen als wir in Deutschland) ihrer Eigenproduktionen Woche für Woche anbieten - als störende Schnipsel zwischen den Werbeblöcken.

Jerry Garcia



John Grisham
. In wenigen Minuten wird das Urteil der Jury erwartet. Nach einem monatelangen, nervenaufreibenden Prozess ist der Moment gekommen, auf den Jeanette Baker so lange gewartet hat. Die junge Frau hat alles verloren. Ihr kleiner Sohn und ihr ehemann sind qualvoll an Krebs gestorben, verantwortlich für ihren Tod ist Krane Chamical Inc., davon ist Jeanette überzeugt. Jahrelang hatte der Konzern hochgiftige Abfälle illegal entsorgt und somit das Trinkwasser der Region verseucht. Niemand hat die Kraft noch den Mut aufgebracht, den Kampf gegen den Chemieriesen mit seiner Armada von hochbezahlten Anwälten aufzunehmen. Nur Jeanette Baker hat sich getraut. Als ihrer Klage stattgegeben wird und Krane Chemical zu 41 Millionen Dollar Schadenersatz leisten muss, ist die Sensation perfekt. Die Freude währt jedoch nur kurz. Angeführt von Firmenboss Trudeau, geht der Chemiekonzern in die Berufung. Um sein Unternehmen zu retten, ist Trudeau jedes Mittel recht.

Eigentlich müsste ich hier die Überschrift "Der Unverbesserliche" wählen, da ich mich von meinem inneren Schweinehund doch glatt wieder überreden ließ, den neuen Grisham käuflich zu erwerben. Eines vorweg - es ist nicht so schlimm geworden wie bei den letzten Outputs des Autors. Hier werden von ihm die Fronten sofort geklärt: Auf der einen Seite die Guten in Form der vom Schicksal und der Firma gebeutelten Klägerin mit ihren Anwälten, die alles opferten, um den langen Prozess finanzieren zu können, dort der riesige Konzern mit dem rücksichtslosen CEO, der Heerscharen überbezahlter Anwälte und Winkeladvokaten an seiner Seite hat. Und bevor es in die Berufungsverhandlung geht, zeigt uns Grisham, wie das Gesetz wirklich funktioniert (nein, nicht wie es laut der Gesetzesbuchstaben funktionieren sollte). Geld regiert die Welt. Macht öffnet alle Türen. So werden die Lobbyisten eingespannt, um bis zum Zeitpunkt der Berufung einen neuen und genehmen Richter an die Spitze des Courts zu hieven, es werden Abermillionen Dollar zur Verfügung gestellt, um die Wahlkämpfe auszufechten, damit dies erfolgreich geschieht. Zudem werden Detektive auf die Gegenanwälte angesetzt, um Schmutz zum Verbreiten in der Öffentlichkeit zu finden. Man deckt die Gegenseite mit ihren paar Anwälten mit 16.000 Seiten an Schiftsätzen ein, manipuliert Senatoren, Polizei und Wählerschaft, um Stimmung gegen das bisherige Urteil zu machen, schließt sich mit ähnlich denken Gruppierungen aus Wirtschaft oder Reilgionsfanatikern zusammen, die "Wahlkampfspenden" aufbringen, um den richtigen Richter für die richtigen Urteile an den richtigen Platz zu bringen. Die gewählten Volksvertreter spielen mit, da die finanziellen Anreize höher zu bewerten sind als der Auftrag ihrer Wähler.


Vielleicht sollte ich hier noch nebenbei erwähnen, dass der Meister sich geneigt sah, dem allgemeinen Schlankheitswahn in den USA, der sich von dort ja wie McDonalds und Starbucks oder andere ähnliche Seuchen von Übersee ins schöne Europa (oder wie so mancher Politprotz an der Spitze der einzigen Weltmacht oder Weltpolizei *gg* mal zu behaupten pflegte - die alte Welt.) ausbreitete, einen Spiegel vorzuhalten und seine Schilderung der Magertussen, die durch übergroße Silikonvorbauten nicht nur Gleichgewichtsprobleme mitimplantiert bekamen (wie Mike Krüger früher zu sagen pflegte: Wenn die nach vorn fällt) sondern auch den Appetit einer Feldmaus mit Durchfall, ist schon amüsant zu lesen. Egal, welches Alter die Damen erreicht haben, sie sehen alle gleich aus. Und er hat sich immerhin das Klischee erspart, dass diese Vorzeigefrauen alle mit Blödheit gesegnet seien (soll ja tatsächlich Ausnahmen vom Hilton-IQ geben - nach oben meine ich, also über Alaskatemperatur). Klingt das irgendwie abwegig? Eigentlich nur, was die Summen betrifft, mit denen in den Vereinigten Staaten von Amerika in Schadensersatzprozessen jongliert wird. Ansonsten kann man sich über die Macht der Wirtschaft und Großkonzerne und die Ohnmacht oder gar tätige Mitwirkung der gewählten Volksvertreter auch in Deutschland oder jedem anderen x-beliebigen Land informieren. Läuft es hier wirklich so anders? Nö, nur ne Nummer kleiner. Noch!!! Frag mal die Stromkonzerne oder Gazprom und Schröder. Andere Marktbeherrscher wie Telekom oder Bahn werden gar nicht oder selten ausgebremst, wenn sie zu unverschämt werden (Mehdorn und der Servicezuschlag pro Fahrt beim Ticketverkauf am Schalter). Normalerweise können sie machen, was ihnen in den Sinn kommt under werden noch unter dem Deckmantel der Standorterhaltung und des wirtschaftlichen Aufschwungs für Deutschland fröhlich mit unseren Steuergeldern gefördert, die sie dann in ihren Bilanzen stolz als Gewinn präsentieren und die Lohnleistung für Lobbyisten oder sonstige Unterstützer aus der Politik mit ihren vielen Nebenjobs in Aufsichtsräten können sie auch noch von der Steuer absetzen.
Grisham zeigt uns hier ein pervertiertes Rechtssystem, das nach Gutdünken von einigen Wenigen mit genug Geld und Macht ausgehöhlt wird, während von Staatsseite nichts geschieht. Wie in seinen Romanen ungefähr ab "Die Akte" wählt Grisham auch hier wieder eine einfachere Form der Sprache, um seinen Roman den Lesern näher zu bringen bzw. um ihn gleich als Drehbuch Richtung Hollywood vorzubereiten. Sprachlich ausgefeilte und inhaltsmäßig spannende Werke wie
"Die Firma" gelingen ihm seit etlichen Jahren nicht mehr, das Niveau hat sich eher den einfachen Groschenheften angenähert, bei denen man ja auch das Denken getrost einstellen kann. Reine Unterhaltung auf unterem Niveau. Eher etwas für die Mittagspause in der Kantine. Nur für diesen hat er sich etwas bemüht, den Inhalt nicht zu einem Reisebericht mit Lokalkolorit verkommen zu lassen. Die Schilderung des Gegenangriffs der Firma nach dem Urteil wird interessant rübergebracht und animiert immer mehr zum Weiterlesen. Grisham-Fans lesen das Ding sowieso, Grisham-Gegner wie ich wurden positiv überrascht und sind einigermaßen zufrieden, Grisham-Neulingen ist es zu empfehlen. Nicht seine große Rückkehr, aber ordentlich mit guten Ansätzen.

Jerry Garcia



Patrick Robinson. Unter der Rubrik Politthriller wird uns hier ein Technothriller serviert. Argentinien in Jahr 2010: Noch immer ist die Schmach der Niederlage im Falkland-Krieg der 1980-er Jahre nicht vergessen, und der Hass auf die Briten sitzt tief. Die Malvinas, wie die Falklandinseln in der Landessprache heißen, gehören nach Meinung der Argentinier zu ihrem Land, die Engländer sind nur verhasste Besetzer. So lässt sich die argentinische Regierung von Russland leicht überzeugen, noch einmal einen Überraschungsangriff auf Großbritannien zu starten. Handstreichartig werden die Inseln vor der Küste erobert, in einer hochgeheimen Mission leistet Russland Schützenhilfe. Ihr Atom-U-Boot viper K 157 fügt den Engländern den größtmöglichen Schaden zu. Russland jedoch hat allein ein wirtschaftliches Interesse: Das Land benötigt dringend Erdöl. die Förderung der neuen Quellen auf den Falklandinseln will man gemeinsam mit Argentinien betreiben. Der US-amerikanische Admiral Morgan verfolgt die Entwicklung mit Sorge. Natürlich werden die USA Großbritannien beistehen müssen, wenigstens inoffiziell und mittels verdeckter Aktionen. Dies ist seine große Stunde: Der Einsatz einer "Phantomarmee" wird geplant.

Ich beginne mit dem, was mit negativ auffällig geworden ist. Die Politiker (nicht dass ich eine allzu positive Einstellung zu der Gattung der "Homo Laberus" hätte) kommen ziemlich schlecht weg. Speziell der englische Premier wird als eine unfähige Schaufensterpuppe im Spiel um Wählerstimmen gezeichnet - feige, entschlusslos, kriecherisch. Der US-Präsident kommt natürlich etwas besser weg, aber bei genauem Hinsehen entpuppt er sich als Marionette von Militär und Wirtschaft (da hat sich wohl von heute bis zum Jahre 2010 in Führungskreisen aller Welt nix geändert). Und Robinson macht sich munter daran, Ausgabenkürzungen bei Militärs zugunsten sozialer Projekte für Arbeitslose, Drogenbekämpfung und Gesundheitswesensowie unterdrückte Schwule und Lesben als fehlerhaft hinsichtlich der Empfänger darzustellen, da diese ja eh nur unverbesserliche Faulenzer oder Drückeberger zweifelhafter Natur seien und somit britische Ausgaben in solche Programme besser in Militärkreisen zur Verteidigung verwendet werden könnten. Der US-Präsident lässt sich in der Hinsicht natürlich nicht angreifen, da die Verteidigungsausgaben hoch sind, die Armeeführung immer im Recht ist und wenn ein Wirtschaftsboss seine Interessen sowie die Gewinne auf den besetzten Inseln in Gefahr sieht, wird gehandelt. Geld und Politik eben, ist ja heute nicht anders, wenn die Bosse mit Politikern kungeln. Ansonsten stört mich eigentlich nur die übliche einseitige Charakterzeichnung der Figuren: die feigen Briten (in Form der Politiker), die ehemalige Weltmacht am Abgrund (Briten unzulänglich bewaffnet und nicht richtig im Kampf ausgebildet), die hinterhältigen Angreifer (Argentinien und Russland) sowie die immer heldenhaften, bestens gedrillten und loyalen Kämpfer für eine gerechte Welt (natürlich nur aus Amisicht zu Aminutzen) aus Amerika. Sollte jemand die obigen Kritikpunkte so verstehen, dass mir das Buch nicht gefiel, liegt er falsch. Dass Tom Clancy uns jetzt schon seit Jahren nicht mehr mit eigenen Büchern versorgt, hat eine Lücke gerissen, die Robinson zumindest größtenteils ausfüllen kann. Nicht ganz die Klasse von TC, aber nahe dran. Ebenfalls positiv ist die Vorstellung der Hauptfiguren seines Romans vor Beginn der Geschichte, ohne allerdings etwas vom folgenden Geschehen vorwegzunehmen. Die Schilderung der Separationsversuche des größten Erdöllagers Sibirien von den Russen und deren Gegenmaßnahmen zeigt schon seine Qualität, die er mit dem Spinnen der militärischen Intrigen gegen Großbritannien fortsetzt. Vorbereitung und Umsetzung des Angriffs sind gut in Szene gesetzt, wobei die Schilderung der Kampfhandlung nicht den größten Raum einnimmt, aber zu gefallen weiß. Der Zeitraum bis zum Eintritt der USA mit der erwähnten "Phantom Force" (eine Eliteeinheit) wird etwas zu ausführlich geschildert, um die wirtschaftlichen Auswirkungen und die Reaktion der Wirtschaftsbosse sowie die Kleinarbeit der amerikanischen Geheimdienste und ihre fast hellseherischen Fähigkeiten in der Voraussage der nächsten Geschehnisse entsprechend zu würdigen. Militäreinsatz über alles, aber nur dem eigenen Vorteil oder des schnöden Mammons willen, über die Briten (gemeint sind die Zivilisten) auf den Inseln wird kaum ein Wort verloren. Wenn jemand Tom Clancy als republikanischen Rechtsverteidiger bezeichnet hat, dann dürfte dies auch auf Patrick Robinson zutreffen. Sein Admiral Morgan, für mich nur schwerlich als Sympathiefigur zu akzeptieren, ist ein Kriegstreiber erster Güte, aber es ist alles ein Roman und um der Handlung willen ist ein solches Verhalten dann auch akzeptabel. Der zweite Teil des Buches beschreibt den Angriff der USA auf die Argentinier (selbstverständlich ohne Kriegserklärung im Geheimen),um sie von den Inseln zu vertreiben und nachdrücklich daran zu erinnern, dass sie keine weiteren Aktionen wagen sollten. Zudem wurde bei der britischen Kapitulation nach den ersten Kampfhandlungen eine SAS-Einsatzgruppe auf den Inseln zurückgelassen, die natürlich von den befreundeten Amerikanern (um diese Menschen macht sich Amerika dann Sorgen, sind ja Militärkumpels) gerettet werden müssen, bevor die eigentlichen Angriffe auf Argentinien vollständig ins Rollen kommen. Die erstklassige amerikansiche Planung durch Admiral Morgan und seinen Stab sorgt natürlich dafür, dass der Einsatz nicht nur ohne Verluste vonstatten geht, die Engländer samt und sonders gerettet werden und argentinische Truppen auf eigenen Stützpunkten aussehen wie Dilettanten, sondern Argentinien sich auf Bedingungen einlässt, um die Angriffe zu beenden, die Amerika und dessen wirtschaftlichen Interessen zu Gute kommen. Besagtes russisches Atom-U-Boot aus dem Klappentext, das den Argentiniern zu Hilfe kommt, zerstört bei den ersten Angriffen auf die marode englische Flotte, die zur Rückeroberung der Falklands vor den Inseln in Stellung ging, einen (den einzig ob der Etatkürzungen noch verbliebenen) Flugzeugträger der Engländer und ward dann nur noch auf Rückreiseetappen erwähnt, bis es dann kurz vor erreichen der Heimat in der Enge bei GIUK (Grönland, Island und United Kingdom) doch noch torpediert wird. Schließlich kann Amerika ja keinen Gegner verschonen. Auch diese Aktion geschieht, ohne dass je einer erfahren wird, dass das U-Boot von den amerikanischen Streitkräften vernichtet wurde.

Ein flüssig geschriebenes Buch, das eine Steigerung im Vergleich zum letzten Werk des Autors darstellt und zugleich auch eines seiner besten ist. Wer Politthriller im Stile von Clancy schätzt, kann ohne Bedenken zugreifen, auch wenn dessen Klasse nicht vollständig erreicht wird. Review anhand der gebundenen Ausgabe erstellt.

Jerry Garcia



Nur eine Kurzrezi:
James Rollins. Das Flammenzeichen. Thriller. Drei Morde, jeder auf einem anderen Kontinent, erregen die Aufmerksamkeit von Painter Crowe, Agent der Sigma-Force. Bald findet er heraus, dass Ivar Karlsen – Vorstandsvorsitzender eines der größten Konzerne der Welt – darin verwickelt ist. Crowe reist nach Norwegen, um dem mächtigen Wirtschaftsboss auf den Zahn zu fühlen. Doch auch Karlsen ist lediglich ein Strohmann für noch Mächtigere. Die mysteriöse Gilde – eine verbrecherische Söldnerorganisation, die mit Hightech und uraltem Geheimwissen nach Macht und Einfluss strebt – hat mit Karlsens Hilfe ein Mittel gefunden, jeder Regierung der Erde ihren Willen aufzuzwingen. Nur Painter Crowe und die Sigma-Force wissen von dem schrecklichen Plan. Aber um ihn zu verhindern, müssen sie zunächst den brutalen Angriff der Gilde überleben. Wissenschaft und Action paart Rollins auch in seinem neuesten Abenteuer der Sigma-Force. Sprachlich schlicht, aber dafür äußerst unterhaltsam mit einer Menge rasanter Ereignisse und etlichen Konfrontationen geht die Story stellenweise in einem Höllentempo voran, lässt den Leser auch ein ein paar Logiklöchern teilhaben und hat sich an den Kapitelenden öfters des Stilmittels Cliffhanger bedient und hält den geneigten Käufer so bei der Stange. Ende übrigens wieder offen, der - wenn auch dünne - rote Faden der vorherigen Bücher wird fortgeführt. Man bezeichnet ja hin und wieder Rollins als legitimen Anwärter auf den Actionthron, doch a) hat er da noch Konkurrenz wie Jeremy Robinson, Andy McDermott, Patrick Lee ("Die Pforte") oder auch Jack DuBrul (Soloroman "Havoc-Die Verwüstung"), der ja in unseren Breitengraden hauptsächlich als Co-Autor (und da der bis jetzt beste) von Clive "ich werd wie Clancy" Cussler bekannt ist und b) kommt Matthew Reilly mit Shane Schofield, um dem Gebrabbel um eine Ablösung der Herren der Action ein Ende zu bereiten.

Jerry Garcia

20 April 2013, 12:39:33 #306 Letzte Bearbeitung: 20 April 2013, 19:11:48 von Jerry Garcia


Andrei Levitski + Alexsei Bobl. Jegor Rasin, Soldat und Söldner, hat keine Ahnung, wo es ihn hin verschlagen hat, als er nach einem außer Kontrolle geratenen wissenschaftlichen Experiment die Augen öffnet: Das Russland, das er kannte, hat sich in eine radioaktiv verseuchte Wüste verwandelt. Die Felder sind verödet, die Städte verfallen, und die wenigen Überlebenden haben sich zu Clans zusammengeschlossen und führen einen erbitterten Krieg um Lebensmittel und Rohstoffe. Verzweifelt versucht Rasin herauszufinden, wie es zu dieser Katastrophe kommen konnte - und wie es ihm gelingen kann, in seine Welt zurückzukehren.

Jegor Rasin kämpft in einem Krieg in der Ukraine, der sich als Putschversuch herausstellt und bei dem die Parteien nicht wirklich übersichtlich sind und immer mal wieder die Seite wechseln, um ja bloß auf der Position dies Siegers zu sein. Eines Tages wird sein Kampfflieger von einer SAM (Surface to Air Missile) getroffen und er muss mit dem Schleudersitz aussteigen. Am Boden angekommen, wird er bald gefangengenommen und in das Institut von Dr. Hubert gebracht, der gerade nach "Freiwilligen" für seine Experimente sucht. Schnell findet sich Rasin in einem Labor auf eine Liege geschnallt vor und mitten in einem laufenden Experiment. Er kann sich zwar von der Liege befreien und will fliehen, als sich alles um ihn herum verändert und er das Bewusstsein verliert. Er erwacht in einer Art Höhle auf einem Hügel und macht sich auf den Weg nach draußen, immer am Überlegen, wo er gerade ist und was passiert sein könnte. Bald wird ihm klar, dass etwas Ungeheuerliches geschehen sein muss, das das Land verwüstet hat und zudem schreckliche Mutationen und Monster sowie einen tödlichen Schimmel (Nekrose), der alles zu verschlingen droht, zu Tage gebracht hat. Kurze Zeit später trifft er auf Juna, die junge Tochter eines Clansoberhauptes, die sich auf den Weg zu einem anderen Clan gemacht hat, um mit diesem und dessen Erkenntnissen gemeinsam ihr Land zu retten. Zu seiner Überraschung trägt das Mädchen die gleiche Tätowierung wie Dr. Hubert und er beschließt bei ihr zu bleiben, um vielleicht Informationen zu erhalten. Doch die Reise wird mehr als nur beschwerlich, da sie von unterschiedlichen Gegnern angegriffen werden und auch Jegor Rasin deren Ziel ist, da er anscheinend der Einzige ist, der sich in der Nekrose bewegen kann, ohne von ihr getöätet zu werden und dies macht ihn für alle Grueppierungen interessant und sie wollen ihn in die Finger bekommen. Unterwegs lesen sie noch den Dieb und Kleinwüchsigen Tschak auf, der sich als durchaus hilfreich erweist. Gemeinsam machen sich die drei dann nach Moskau auf, um ihre jeweilige Mission zu beenden.

Wer sich anhand der Autorennamen eine Story in der Nähe der STALKER-Romane erhofft, liegt damit richtig. Endzeit und ein bisserl Mad Max-Ambiente mit zusammengebastelten Karren und viel Geballer als weitere Zutat. Die Erzählweise ist wie bei ihren STALKER-Werken temporeich und an einem Videospiel orientiert. Es geht schnell voran, manchmal anscheinend auch zu schnell für die Übersetzerin, denn das, was da geboten wird, strotzt vor Wiederholungsfehlern (Schutzhandschuh schützt - hätte man auch anders umschreiben können). Tekhnotma kommt actionreich daher, aber nicht blutdürstig, extreme Szenen fehlen wie bei einem Film, dem die blutigen Einschüsse abgehen, dafür ist es flott und einfach inszeniert. Man sollte auf keinen Fall anspruchsvolle Lektüre mit einer Aussage erwarten - außer man nimmt sich heruas, dass die Menschheit auch nach einer Katastrophe nix gelernt hat und sich dem Willen der Politik beugt, sich mit allen Mitteln zu bekämpfen, zu tricksen und zu lügen, um and die Macht zu kommen. Ölförderer, die danach trachten, andere und günstigere Wege zur Strom- und Spriterzeugnung von den Menschen fernzuhalten, damit sie weiter ihren Profit machen können, gibt es auch im neuen Russland. Insgesamt erhält man ein Paperback für 14,99 Euro mit 470 Seiten Story, das mit schöner großer Schrift, noch größeren Zeilenabständen und sehr intensiven Randern aufwartet, aber auch eine solide Story bietet, die schnell (wenn auch nicht wie ein Reilly) vorangeht, leicht konsumierbar ist und das Hirn nicht anstrengt. Zum Ende bleiben einige Fäden lose, sodass man sich auf die Folgebücher einlassen kann (muss), wobei zu sagen bleibt, dass das bererits erschienene "Tekhnotma - das wüste Land" nicht direkt an dieses hier anschließt - und mir auch schon vorliegt, ich aber aus eben diesem Grund erstmal was anderes in Angriff nehme - und ich hoffe, dass bei dem avisierten (muss ja nicht immer heißen bei dem Verlag, dass das Buch denn auch kommt, wie ich mich bei Joe Ledger schmerzlich erinnere) dritten Teil Krieger des Clans die Handlungsstränge zusammengeführt werden. Ordentlich, gut, aber nicht überragend.

Jerry Garcia



Arthur Gordon Wolf. Brandon Tolliver ist eigentlich der nette Durchschnittstyp von nebenan. Als er jedoch eines Tages seiner alten Nachbarin zu Hilfe eilt, beginnt sein Leben kontinuierlich aus den Fugen zu geraten. Plötzlich wird er von wahnsinnigen Replikanten und von Killer-Kommandos verfolgt. Ohne zu wissen, warum, ist Brandon mit einem Mal zum Outlaw geworden, zu einem Vogelfreien, dessen Leben keinen Cent mehr wert ist. Seine soziale Fürsorge hat ihn etwas entdecken lassen, was nicht für seine Augen bestimmt war. Ein übermächtiger Feind setzt nun alles daran, ihn für alle Zeiten zum Verstummen zu bringen.

Brandon hat seinen Job, der ihn langweilt, sein Zuhause, das ihn auch nicht gerade zu Freudensprüngen hinreißt, Ex-Freeundinnen, die per Halo-Botschaft mit ihm Schluss gemacht haben und eine nette, alte Nachbarin, mit der er eigentlich genauso wenig zu tun hat, wie mit seinen anderen Nachbarn oder Kollegen. Als er eines Tages Krawall und Hilfeschreie aus der Wohnung der alten Dame hört, springt er rüber und hilft ihr gegen einen durchgedrehten Replikanten, der ihr eigentlich als Haushaltshilfe dienen sollte. Danach geht er wieder zur Tagesordnung über, ohne sich weiter darum zu kümmern, wie die Nachbarin nun vorzugehen gedenkt. Einige Wochen später besucht er sie und findet sie völlig verändert vor, den Hilfsreplikanten immer noch an ihrer Seite. Plötzlich stürmen Männer in weissen Monturen in den Raum und er flüchtet. Freunde hat er keine, er weiß nicht wohin, und die Angst vor Überwachung lässt ihn die Stadt verlassen, wo er zu einem Kollegen flüchtet, den er eigentlich immer als Spinner abgetan hat. Was er von diesem erfahren muss, stellt sein gesamtes Weltbild auf den Kopf.

Mein Dank für diesen Tipp geht an Carmen Weinand von Horror and more.
Das Thema ist durchaus aktuell, wenn man bedenkt, dass unsere Regierung nach den Anschlägen in Boston sofort wieder die Kurve zur weitergehenden Überwachung ihrer Bürger durch mehr und mehr Kameras zur angeblichen Sicherheit bekommen hat. In dieser Dystopie von Arthur Gordon Wolfs UMC-Saga, die man aber dennoch auch ohne Kenntnis anderer Geschichten lesen kann, haben die großen Wirtschaftskonzerne die Welt unter sich aufgeteilt, beherrschen die Politik und auch den Rest des Staates (so weit von hiesigen Zuständen nun auch nicht mehr entfernt), negative Nachrichten werden unterdrückt, die Überwachung ist allgegenwärtig und ultimative individualität besagt hier nur, dass man für sich allein vor dem neumodischen TV oder den Haloschirmen hockt und nicht mehr mit echten Menschen interagiert. Als Gefährten bekommt man nun Replikanten zum Kauf angeboten. Doch diese neue Welt hat ihre Tücken und in die tappt der sympathische Loser Brandon und Wolf hat mit Wortwitz und Tempo seinen Weg aus dem Dilemma, ohne dabei aber auf allzu gewalttätige Mittel zurückzugreifen. Trotzdem ist es eine spannende, durchaus auch schnelle Novelle mit Humor und ganz vielen kritischen Anmerkungen, bei der nur die Hauptcharaktere ausführlich vorgestellt werden. Die rund 115 Seiten sind viel zu schnell vorbei. Guter Einkauf bei Voodoo-Press.

Jerry Garcia



Commander James Barrington. Alles sieht nach einem Routineauftrag aus, als Paul Richter, Geheimagent im Dienste ihrer britischen Majestät, nach Moskau geschickt wird, um einen Leichnam zu identifizieren. Es handelt sich um einen an der dortigen Botschaft stationierten Kollegen, der angeblich bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen sein soll. Doch als Richter die Leiche und den Unfallwagen genauer inspiziert , stellt er zweierlei fest: Der Mann ist nicht in diesem auto gestorben, und zudem handelt es sich bei dem bis zur Unkenntlichkeit entstellten Toten nicht um den SIS-Agenten Newman.


Kaum in England zurück, entgeht Richter nur um Haaresbreite einem Mordanschlag. Doch es ist ihm zunächst vollkommen rätselhaft, wer es hier, auf britischem Boden auf ihn abgesehen hat. Und warum? Erst als er die Flugdaten einer in Schottland notgelandeten amerikanischen Spionagemaschine auswertet und Erkundigungen bei den "Cousins" von der CIA einholt, ergeben sich erste Verdachtsmomente. Offenbar wurde in den Weiten der russischen Tundra ein neuer Waffentyp getestet. Und dann stößt Richter auf eine weitere Spur, die darauf hindeutet, dass sich zwei zu einem teuflischen Pakt zusammengeschlossen haben.
Der Brite James Barrington, laut Verlagsbio ein ehemaliger Helikopterpilot der britischen Navy, lässt die kalten Krieger aus den östlichen Gefilden hier wieder als die Bad Guys mit einem perfiden Plan (den ich hier aus Gründen der Spannung für mögliche künftige Leser nicht weiter ausbreiten werde) herhalten, mit dem der Westen konfrontiert wird. Die westlichen Geheimdienste CIA und SIS konkurrieren erneut mit dem altbekannten russischen KGB (neurussisch FSB) und wenn die Briten ins Geheimdienstspiel kommen, sollte sich der Thriller-Neuling nicht von dem gewählten Kürzel RAF auf die falsche Schiene locken lassen, bloß weil derzeit ein Film zu diesem Thema die Kinos erobern will, da diese RAF nicht mit der kürzelgleichen deutschen Terroreinheit zu tun hat, sondern für Royal Air Force steht, die britische Luftwaffe.
An sich ist die geamte Handlung etwas realitätsfremd geraten, was der Spannungskurve keinen Abbruch tut, da sich dieser Spionagethriller durch den Schreibstil des Commanders meistens leicht und flüssig lesen lässt. Ein paar kleinere Logikmängel und Zufälle, die den Hauptcharakter auf die richtige Spur und zum glücklichen Ausgang kommen lassen, kann man - besonders bei einem ansonsten gut gelungenen Erstlingswerk - gut verkraften. Auch hier werden Verrat auf höchster Ebene, unerwartete Allianzen und skrupellose Feinde auf den armen Protagonisten los gelassen, gepaart mit einigen fulminanten Actionsequenzen, die der Held natürlich unerschrocken und todesmutig übersteht.
Nur dass mittlerweile jeder Autor, der es fertig bringt, einen halbwegs gut strukturierten Spionagethriller zu verfassen, gleich mit Größen wie Clancy oder Ludlum verglichen wird, ist nervig. Das Buch ist wirklich gut, aber noch lange nicht so ausgereift, dass ein Vergleich mit den Genannten wirklich akzeptabel wäre. Gefallen hat er mir aber schon.

Jerry Garcia



Joseph Finder. Man nennt ihn Zero - den Top-Terroristen und Auftragskiller: Er ist gerissen wie ein Schakal, hochintelligent und eiskalt. Sein Geschäft ist der internationale Terrorismus jeglicher Couleur. Jetzt plant er seinen größten Coup: Ein Bombenattentat auf das verletzliche Herz der Wirtschaft - das größte Bankencomputernetz im Zentrum von New York. Aber davon ahnt Sarah Cahill, FBI-Spezialistin für organisiertes Verbrechen und Terrorismus, nichts, als sie eines Tages bei einem Mordfall eingeschaltet wird.

Während Sarah mit ihrem Team New York durchkämmt, befindet sie sich unwissentlich bereits mitten in einem tödlichen Katz- und Maus-Spiel. Mit einem raffinierten Trick hat Zero sich nämlich schon längst das Vertrauen Sarahs erschlichen und das ihres achtjährigen Sohnes Jared. Ein älteres Werk des Autors und daher von der Realität schon längst überholt. Nicht nur in technischer Hinsicht, sondern auch der Anschlag auf das World Trade Center ist nicht der von 2001. Es ist der auf das Tiefgeschoss der Zwillingstürme acht Jahre zuvor. Also wieder ein Roman zum Thema Terrorismus auf amerikanischem Boden. Finder dürfte sich ausgiebig mit der Sache befasst haben, denn so überholt einiges scheint oder auch ist, so sehr fällt dem Leser nun einige Jahre später auf, dass der Autor schon Jahre vor dem zweiten Anschlag auf das WTC nicht nur Schwachpunkte der Sicherheitsbehörden in Sachen Anti-Terrormaßnahmen im eigenen Land, sondern auch ziemlich detailliert das Verhalten der Menschen in einer extremen Gefahrensituation in einem attackierten Hochhaus beschrieben hat. Im Laufe der Geschichte bewegen sich die beiden Protagonisten immer mehr aufeinander zu. Da ist die Ermittlerin Sarah Cahill, mit Gespür und Gewissenhaftigkeit ausgestattete Terrorexpertin, dort der unter Decknamen auftretende Top-Terrorist, der eine Spur der Verwüstung und des Leids hinter sich zurücklässt.

Finder weiß im folgenden Handlungsverlauf die Spannungsschraube ständig weiter anzuziehen und das Ganze mit Action und diversen Perspektivwechseln anzureichern, sodass man das sehr überzeugende Buch schwerlich aus der Hand zu legen vermag. Dieses Buch war für mich die Entscheidungsgrundlage zum Erwerb weiterer Romane des Autors.

Jerry Garcia



Douglas Preston & Lincoln Child. Agent Gideon Crew will gerade New York City verlassen, als ihn die Nachricht erreicht, dass ein anscheinend wahnsinniger Atomwissenschaftler eine Familie gefangen hält. Doch die Geiselnahme geht schief, und der Täter stirbt einen jähen Tod. Die Aufzeichnungen des Toten lassen keinen Zweifel zu: In 10 Tagen wird eine selbstgebaute Atombombe eine nukleare Katastrophe auslösen. Doch niemand weiß, welche amerikanische Stadt das Ziel des Terroranschlags sein wird.

Gideon Crew wird direkt nach seiner erfolgreichen letzten Mission von seinem Auftraggeber mit der nächsten Aufgabe betraut. Ein Dr. für Atomforschung hat in einer Wohnung das Vermieterehepaar und dessen beiden Kinder als Geiseln genommen und faselt gegenüber den Beamten vor Ort wirres Zeug von Strahlen und Agenten, die man von ihm abziehen soll, sonst würde er die Leute töten. Gideon erscheint ideal für den Einsatz, da er mit dem Mann einige Zeit zusammengearbeitet hat. Eher ungehalten geht er ans Werk, kann aber trotz allen Versuchen, den Ex-Kollegen zur Aufgabe zu bewegen, nicht verhindern, dass dieser den Mann unter seinen Geiseln tötet, bevor er selbst erschossen wird. Danach stellt sich heraus, dass der Geiselnehmer hochgradig radioaktiv verstrahlt war und vermeintlich an einer Atombombe für Terrorzwecke gebastelt hat. Ein Indiz dafür scheint auch sein Übertritt zum Islam zu sein. Nun soll Crew zusammen mit dem FBI-Mann Fordyce die Bombe sowie die Terroristen auftreiben. Eine erste Spur führt nach Santa Fe, während in New York nach und nach der Panik-Modus angeschaltet wird, als die Nachrichten über eine Bombe durchsickern. Von Santa Fe aus folgen Crew und Fordyce verschiedenen Fährten, die sie dort finden, nur um immer wieder auf eine weitere Abzweigung zu stoßen. Weitere Verdächtige, aber nirgends Beweise. Der Gegner erweist sich als schlau, schickt sie immer wieder ins Leere. Und die Zeit läuft.  

"Countdown" schließt direkt an "Mission - Spiel auf Zeit" an, der dortige Epilog ist gar der Beginn von "Countdown". Und der Protagonist wird auch gleich emotional berührt, als der vorliegende Fall Erinnerungen an die Vergangenheit heraufbeschwört und das Autorenduo charakterisiert den Helden gleich als clever, verletzlich, aber dennoch irgendwie unkaputtbar, mit einem Hang zum Glück, der ihn eigentlich zum täglichen Lotterielos greifen lassen müsste. Ihm zur Seite gestellt wird ein anfangs recht missmutiger, aber mit der Zeit immer sympathischer wirkender Partner, der auch mit trockenem Humor zu punkten weiß. Während mir die Panik, die Evakuierungen und die hektische Stadtflucht mit den nachfolgenden Plünderungen und dem Einsatz der Nationalgarde doch etwas zu sehr an den Rand gedrängt scheinen, punktet der Rest der Story mit einem Kettensägenzweikampf, der aber Preston/Child-gerecht nicht sonderlich blutrünstig daherkommt, Wortklaubereien der beiden Ermittler, einem manipulierten Flugzeug, einer brennenden Westernstadtfilmkulisse, einer Verfolgungsjagd durch die Wüste und einem fetzigen Finale. Alles präsentiert in einem lockeren und leicht lesbaren Schreibstil mit einem ordentlichen Spannungsbogen und durchaus unerwarteten Wendung, was die wahren Hintergründe der ganzen Affäre angeht. Im Gegensatz zu dem eher verschlossenen und schwierig-komplexen Charakter des Pendergast ist Gideon Crew eher simpel gestrickt trotz all seiner Kenntnisse und Fähigkeiten. Flott, seicht, unterhaltsam und schon fast drehbuchgerecht präsentiert ist "Countdown" solider Lesestoff für einige gemütliche Stunden, die keinen Deut auf irgendwelchen Anspruch als vielmehr auf manchmal etwas an Glaubwürdigkeit mangelndes Tempo setzt. Einem dritten Teil dürfte wohl nichts im Wege stehen und ich würde ihn mir auch sicher zulegen.  

Jerry Garcia



Gregg Hurwitz. Tim Rackley ist US-Marshal in Los Angeles. Als seine sechsjährige Tochter brutal entführt und ermordetund der Täter wegen eines juristischen Formfehlers freigesprochen wird, gerät seine Welt aus den Fugen. Das Verlangen nach Rache wird übermächtig, und so schließt sich Rackley einer Organisation an, die sich das Ziel gesetzt hat, solche "Fehler" der Rechtsprechung zu korrigieren. Als skrupellose Mitglieder bei ihren Aktionen ein Blutbad anrichten, begreift Rackley, dass es eine Qual sein kann, sich zum Herrn über Leben und Tod aufzuschwingen. Und bevor Shane hinsichtlich des Titels und der Inhaltsangabe einen feuchten Schritt bekommt, sollte er sich erst einmal folgende Zeilen zu Gemüte führen.


Das Thema ist nicht gerade neu, erinnert sich der Filmfan doch an Calahan mit Clint Eastwood oder Ein Richter sieht rot mit Michael Douglas. Durch Gesetzeslücken und gewiefte Verteidiger entkommen Schwerverbrecher ihrer wohlverdienten, was eine Selbstjustizgruppe auf den Plan ruft.
Der Autor versucht zu Beginn die Tragödie und die Trauer der Familie und Freunde in passende Worte zu kleiden, doch leider zieht sich dieser Bereich zu sehr in die Länge, manche Szene wirkt zu ausgedehnt und ausschweifend. Es ist anstrengend, dem Buch in dieser Phase mit Genuss zu folgen. Erst ab dem 2. Drittel stellt sich Besserung ein, die Spannung steigt etwas und die Bezeichnung Thriller gewinnt ein bisschen mehr an Bedeutung. Hier finden sich dann hin und wieder die geschickte und ausgefeilte Planung der Exekutionen, die ebenso wie die Schilderung der Ausführung als positiv hervorzuheben sind. Leider wird der erfahrene Krimileser oder auch Filmkonsument schon sehr früh den Kern des Ganzen erkennen und eigentlich nur noch auf Bestätigung seiner Vermutung zum Ende hin warten. Bis dahin aber verweigert sich der Held Tim Rackley aufgrund seiner unumstößlichen moralischen Grundsätze dem Angebot der Kollegen den gefassten Täter zu liquidieren und so moralisch wandert er weiter durch die Geschichte, immer unterbrochen von Trauerarbeit, um die Ehe am Leben zu halten, während er und seine Frau die Tragödie verarbeiten. Gerade dieser Teil hält den Roman durch seine Länge in Sachen Tempo doch sehr auf. Mit knapp über 600 Seiten ein wenig zu lang geraten (siehe 1. Drittel), ein mittelmäßiger Actionanteil, sowie der kurze finale Kniff, um den Protagonisten aus der Bredouille zu erretten, ergeben einen akzeptablen Unterhaltungsroman - mehr aber auch nicht. Hatte selbst aufgrund des Titels und des Klappentextes etwas mehr erwartet.

Jerry Garcia



Stephen Woodworth. Ein Serienkiller wütet unter den "Violetten". Seit vielen Jahren leben sie unter uns und verfügen über die Fähigkeit, mit den Seelen der Toten Kontakt aufzunehmen. Ihren Spitznamen verdanken sie der typischen Augenfarbe, die sie in der Öffentlichkeit meist tarnen. In den USA sind ca. 200 von ihnen registriert und der Killer hat es sich zum Ziel gemacht, sie alle auszulöschen. Dan Atwater, FBI (auch Fucking Bunch of Idiots) Agent, soll mit Natalie Lindstrom - einer "Violetten"- den Killer stoppen.

Der Autor führt uns ohne Umschweife in eine Welt, in der die "Violetten" schon lange zum Alltag gehören, mit Toten Kontakt aufnehmen und diese vor Gericht über den an ihnen verübten Mord aussagen lassen. Wir werden ohne größere Erläuterungen mit dem Seelenscanner konfrontiert, der unerwünschte "Gäste" aus dem Totenreich dorthin zurückschickt. So hat Woodworth einen Genremix aus Phantastik und Krimi erstellt.

Seine Prägung bezieht der Roman nicht nur aus der eigentlich konventionellen Krimihandlung und der Jagd nach dem Killer, sondern auch durch die unterschiedlichen Charaktere. Wie im richtigen Leben werden die "Anderen" ausgegrenzt, mit Vorurteilen überhäuft auf Abstand gehalten wie ansteckende Krankheiten oder wie seltene Tiere im Zoo aus einer sicheren Distanz beobachtet. Unter ständigem Misstrauen werden sie aber auch für die Zwecke der "Normalos" eingesetzt, dabei aber unter das Dach einer Kontrollorganisation namens "Nordamerikanische Gesellschaft für Jenseitskommunikation" gezwängt, die in ihrem Leben eine nicht unerhebliche Rolle spielt.
Der Krimianteil ist routiniert und sachlich dargestellt. Das Ermittlerpaar aber funktioniert nach den gängigen Klischees unterschiedlicher Partner in Buddy Movies inklusive Problemen aus der Vergangenheit. Klingt alles irgendwie bekannt, ist aber in dem neuen Gewand mit den "Violetten" und der Jenseitskommunikation attraktiv gestaltet. Zusammen mit einem kleinen Dreh am Ende macht das die Lektüre des Buches interessant und lesenswert.

Jerry Garcia



Stephen Booth. Seit über zwei Jahren ist Emma Renshaw spurlos verschwunden. Die junge Studentin war im Zug unterwegs zu ihren Eltern nach Derbyshire, ist aber nie zu Hause angekommen. Howard und Sarah Renshaw weigern sich jedoch standhaft zu glauben, dass ihre Tochter einem Verbrechen zum Opfer gefallen ist, schließlich hat man ihre Leiche nie gefunden. eines Tages schließlich findet man aber Emmas blutverscmiertes Handy. Hatten ihre Eltern doch Recht mit der Vermutung, ihre Tochter sei noch am Leben? Oder ist der Fund nur der Beweis für ihren Tod?

Während sich Detective Diane Fry mit diesen Fragen beschäftigt, hat Detective Constable Ben Cooper ganz andere Sorgen. Man hat ihn vorübergehend an die Abteilung für Verbrechen im ländlichen Raum ausgeliehen, wo er eine Einbruchsserie ermitteln soll. Doch bald hat er es nicht nur mit gestohlenen Antiquitäten zu tun, sondern auch mit einer Leiche: Neil Granger, ein junger Mann aus der Gegend, wird mit eingeschlagenem Schädel aufgefunden. Er stammt aus einer Familie, die den örtlichen Behörden einschlägig bekannt ist. Aber damit nicht genug. Es stellt sich heraus, dass Neil Granger ein ehemaliger Mitbewohner von Emma Renshaw war.

Ich habe nicht beachtet, dass dies schon der vierte Fall des Ermittlerduos ist, demzufolge werden die Figuren nicht mehr sonderlich vorgestellt oder charakterlich gezeichnet. Andererseits könnte dies aber auch von Vorteil gewesen sein, da der Autor hier schon viel zu intensiv auf unwichtige Detailbeschreibungen setzt, was eine zügige Abnahme des Interesses bei mir zurfolge hatte, auch ohne umschweifige Zeichnung der Hauptfiguren. Keine Stimmung, keine Spannung, dafür mindestens 200 Seiten zuviel, die den "Lesegenuss" erheblich eintrüben konnten, was auch dazu führte, dass ich ewig brauchte, um mich durch dieses Werk zu lesen. Jede Ablenkung war mir recht, aber ich bin auch stur bis zur Selbstkasteiung und wenn ich dafür schon Geld ausgegeben habe, wird es auch vollständig gelesen.
Wenn ich mich je dazu entschlossen haben sollte, einer Milieustudie in Buchform meine Aufmerksamkeit zu schenken, dann werde ich auch nur ein entsprechend gekennzeichnetes Werk beim Händler meines Vertrauens erwerben. Stattdessen wird hier von Verlag und Autor auf eine Krimihandlung gebaut, deren eigentlicher Fall aufgrund umständlicher Ausführungen über Land, Leute und Lokalkolorit völlig in den Hintergrund gerät.
Zu empfehlen ist das Buch nur für Menschen mit akuten Schlafstörungen, denn damit kann man sich gewahr sein spätestens nach 20 Seiten sanft zu entschlummern. Immerhin könnte man sich damit aber die Praxisgebühr beim Hausarzt für das Verschreiben von nicht frei erhältlichen Medikamenten sparen. Krimi-, Thriller- und Actionfreunde sollten tunlichst Distanz zu dieser Lektüre wahren.

Jerry Garcia



Greg Bear. Die USA in der nahen Zukunft: Terroristische Aktionen zermürben das Land. Doch es sind nicht nur islamische Attentäter, die angst und Misstrauen unter den Menschen säen. Nach einer Serie kleinerer Explosionen setzt sich FBI-Sonderagent Griffin auf die Spur des "Patriarchen", eines Schwerverbrechers, der sich einer christlich-militanten Sekte angeschlossen hat. In einem waghalsigen Unternehmen dringt Griffin in das Haus des Patriarchen ein. Doch die Situation entgleitet ihm, es kommt zu einem Schusswechsel, der Patriarch wird tödlich getroffen. Als dasSonderkommando die Gebäude untersucht, in denen chemische Kampfstoffe vermutet werden, sieht Griffins Sohn William, ebenfalls für das FBI tätig, per Videoschaltung zu und wird Zeuge, wie sein Vater Opfer einer Explosion wird. Kurz darauf erschüttern dramatische Vorkommnisse das Land.

Die Verlage drucken ja bekanntlich auf der Rückseite des Umschlags sowie auf der Innenseite Inhaltsangaben zu dem Roman ab, den man in den Händen hält, um das Buch für den vermeintlichen Käufer interessant zu machen. Leider gibt es darunter auch Dilettanten, die auf diesen beiden Seiten gleich das Gesamtwerk bis zum Ende zusammenfassen. So auch hier geschehen (meine Angaben zum Inhalt sind daher durch mich kurz gehalten worden, falls sich jemand zur Lektüre des Buches entschließen sollte).
So erwartete ich also einen spannenden Thriller, der durchaus mit einer guten Idee aufzuwarten hatte (dieses Virus, das hier die Bedrohung darstellt, hat noch keiner erfunden - weder ein Schriftsteller noch ein Drehbuchschreiber und hoffentlich auch kein real existierender Wissenschaftler). Doch der Klappentexter (er sei auf ewig verflucht und in die Registratur verbannt) hat mir die gesamte Spannung genommen, denn bis es zum Showdown kommt (der einzige Teil des Buches, der nicht vorweggenommen wurde), habe ich mich durch die Zeilen gekämpft, bis ich endlich ein Kapitel erreichte, das noch zu lesen lohnte, da die Geschehnisse, die in der Zusammenfassung geschildert wurden, leider den Großteil des Buches ausmachen. Bis die Explosion, die Griffin in die Luft jagt endlich stattfindet, ist schon fast die Hälfte gelesen.
Der Rest des Buches überlässt uns dem Kompetenzgerangel der verschiedenen Akronym-Dienste, von denen jeder den Löwenanteil an einem möglichen Erfolg auf seiner Fahne geschrieben sehen möchte und es geht sogar so weit, dass diese Sicherheitsdienste gegeneinander arbeiten, sich behindern, abhören um ja zum Schluss als die Helden dazustehen, denen der Hauptanteil am alljährlichen Geheimdienstbudget zusteht sowie sich das Wohlwollen der Präsidentin zu sichern. Aus der Möglichkeit, die neuen Waffensysteme oder Abhörgeräte in der näheren Zukunft, deutlicher zu beleuchten und auch die Umstände weiterer Anschläge (hier mehrfach erwähnt der 10/4) und dem Prädikat Science Fiction, wie es der Verlag gerne darstellt, wurde durch Greg Bear leider wenig gemacht. Das alles wird zwar erwähnt, aber nicht weiter darauf eingegangen. Wäre auf jeden Fall interessanter gewesen als die Streitigkeiten unter den Diensten. Vielleicht hätte auch der Versuch, die Figuren lebendiger zu gestalten, dem Werk gut getan, da eigentlich keine der handelnden Personen irgendwie dazu anregt mitzufiebern, wie es denn nun weitergeht.
Erspart wurde dem Leser aber eine rührige Liebesgeschichte voller Herzschmerz, da sich der Autor in dieser Hinsicht wohltuend zurückgenommen hat, dafür werden zum großen Showdown die Actionelemente etwas zahlreicher und auch der potentielle Attentäter wird von seinem Virus nicht verschont. Mehr über den Virus zu schreiben, würde mich in die gleiche Postion manövrieren, die ich dem Verlag vorgeworfen habe - zuviel zu verraten.

Alles in Allem hätte es ein spannender Thriller mit SciFi-Touch werden können, wenn man nicht schon von Beginn an fast alles über den Inhalt gewusst hätte und nur darauf gewartet hätte, dass innerhalb des Buches endlich Situationen eintreten, die neu sind. Ärgerlich. Sollte sich jemand trotzdem für den Roman interessieren, bloß nicht den Klappentext lesen und direkt zum Anfang gehen.

Jerry Garcia



Andrei Levitski & Aleksei Bobl. Die Welt des jungen Turan Dschaj ist von Katastrophen gezeichnet: Russland hat sich in eine radioaktive Wüste verwandelt. Felder liegen brach, Städte sind zu Ruinen geworden. Die Menschen haben sich zu Clans zusammengerottet und liefern sich einen brutalen Kampf um die wenigen verbliebenen Lebensmittel und Rohstoffe. Als Turans Familie ermordet wird, macht er sich auf die Suche  nach den Tätern. Eine Suche, an deren Ende ein tödliches Geheimnis wartet.

Der junge Turan wird von seinem Vater zu einem alten Heiler geschickt und soll dabei auch seinen kleinen Bruder mitnehmen, der aber nicht die geringste Lust dazu verspürt und Turan bequasselt, ihn zu Hause zu lassen. Also zieht Turan allein los und begegnet unterwegs dem Flieger Karaban und dem Mädchen Ajuta, denen er gegen Angreifer hilft. Da deren Aviette kaputt ist und keine schwere Fracht mehr aufnehmen kann, überreichen ihm die Beiden eine Kiste, die er in Sicherheit bringen soll. Doch am Ziel seines Weges muss er feststellen, dass der Heiler überfallen und getötet wurde. Er vergräbt die Kiste unter einem Baum und macht sich auf den Weg nach Hause. Dort findet er die Farm, seine Eltern und auch seinen kleinen Bruder nur noch tot vor. Die Farm wurde vom Banditen Makota und seinen Leuten überfallen. Der Junge sinnt auf Rache und folgt der Bande, die er dann auch attackiert. Leider recht erfolglos, da sein Hauptziel Makota überlebt und er selbst gefangengenommen wird. Nun soll er als Sklave in einer Siedlung am anderen Ende der Wüste verkauft werden. Der Weg dorthin ist beschwerlich und gefahrvoll. Überall lauern Banditen, Mutanten und allerlei grauenvolles Viehzeugs, das sich erst nach dem Untergang entwickelt hat. Und Makota selbst bringt die Gruppe auch in Gefahr, weil er versucht Händler zu betrügen. Bei einem schweren Gefecht kann Turan entkommen, schlägt sich mühsam durch und lernt den bekannten Kämpfer und Luftschifffahrer Stawro kennen, mit dem er weiterreist. Doch jetzt ist ihm und seinen neuen Bekannten der Gangster Makota auf der Spur, der es nicht zulassen kann, dass ihm seine Beute entkommt.

"Tekhnotma - Das wüste Land" schließt nicht direkt an den Vorgänger "Tekhnotma - Zeit der Dunkelheit" an. Die Autoren beginnen eine völlig neue Geschichte um den jungen Turan, in der sich aber auch Mutanten, Mutafage und die geheimnisvollen Plattformen tummeln. Vieles an der Story erinnert an einen alten Western. Farmüberfall, Rachepläne, Gefangenschaft, Wüstendurchquerung mit Überfällen, Flucht und Kämpfe. Nur eben alles in apokalyptischer Endzeitstimmung mit einigen noch verbliebenen modernen Errungenschaften und natürlich den Mutanten. Das Ganze liest sich überaus flüssig und sehr einfach, man kann da durchflutschen wie ein heisses Messer durch die Butter. Action gibt es en masse, die aber nicht mit expliziten Gewaltdarstellung und Blutvergießen durchsetzt ist. Trotzdem: Es geht schon ordentlich zur Sache in den Kämpfen mit Messern, Gewehren, Maschinengewehren, Granaten und gar alten Panzern und so wird der Leser regelrecht durch die Geschichte des Turan getrieben, die zwar jeglichen Anspruch vermissen lässt (so man hier den Wert darauf legt), dafür aber auch kaum zähe oder langatmige Sequenzen aufzuweisen hat, die sich vielleicht störend oder hemmend auf den Lesefluss auswirken könnten. Nebenden Parallelen zu Western werden auch diverse Kklischees bedient, alles halt schon mal so dagewesen, speziell was die Figurenzeichnung angeht. Da ist der aufrechte und gute Rächer, der abgrundtief böse Verbrecher, Freunde, die zum Helden stoßen, Gangster, die sich anders entwickeln als vom Boss geplant und alles recht oberflächlich. Andererseits macht sich das Fehlen von ausufernden Umschreibungen hinsichtlich der Inszenierung von Turans Abenteuern ebenso positiv bemerkbar wie die vielen und schnellen Kämpfe bei der Wüstenreise. Wie bei dem ersten Buch bleibt auch hier der Schluss offen und der dritte Teil ist ja als "Krieger des Klans" schon angekündigt ud man kann mit dem Erscheinen auch schon mal rechen, falls der Verlag sich an seine Vorankündigung hält, was bei diesem aber nicht unbedingt in Stein gemeißelt ist. Möglicherweise werden ja die Charaktere in den nächsten Büchern zusammengeführt. Das flotte Buch wurde wieder mit dem großzügigen Breitdruck inklusive fetten Zeilenabständen und Rändern sowie dem verlagsfreundlichen Preis bei rund 450 Seiten ausgestattet.

Jerry Garcia



Jess Walter. Vince Camden lebt in dem Provinznest Spokane und führt ein Doppelleben. Am frühen Morgen backt er in seinem Laden Donuts und anschließend widmet er sich dem Kreditkartenbetrug. Davon kann er gut leben, bis in der Stadt ein angeheuerter Killer auftaucht, der es auf ihn abgesehen hat. Vince erkennt, dass ihn seine Vergangenheit eingeholt hat und die Mafia, mit der er sich in New York angelegt hatte, ihn aufgespürt hat. Um reinen Tisch zu machen und das ewige Versteckspiel zu beenden, beschließt Vince seine Schulden zurückzuzahlen und sich denen zu stellen, die er verraten hat. Er will endlich ein freier Bürger sein und das Wahlrecht, das er soeben erst erworben hat, nicht wieder verlieren.

Eine kurze Kritik zu einem kurzen Roman, der mir - kurz gesagt - nicht sonderlich gefallen hat. Hier musste ich feststellen, dass der Autor mehr Wert auf die Beschreibung des Zustandes im Lande der unbegrenzten Möglichkeiten der 80-er Jahre legte, als dass er einen Thriller anbietet, wie es Titel und Klappentext dem geneigten Käufer weismachen wollen. Die sympathische Darstellung des Helden Vince übertüncht leider nicht die Schwächen, die durch die Reiseführerdarstellung des Provinz- oder Großstadtambiente dieser Zeit entstehen.
So wechseln humorvolle Dialoge sich ab mit langwierigen Passagen der aufkeimenden Diskussionen bezüglich der anstehenden Präsidentschaftswahlen zwischen Carter und Reagan. Auf die Dauer wird dieser Polittalk leider etwas ermüdend und bringt ja nun gar keinen Fluß in die Geschichte, was das Lesevergnügen auf ein Minimum beschränkt - hätte er das bei seinen ausschweifenden Ausführungen über das Umfeld nur auch getan.

Sehr viel mehr gibt es zu diesem Werk auch nicht zu schreiben. Der schwarze Humor ist noch das positivste Element am Ganzen, der Rest ist eher unspannend und unspektakulär und alles, nur kein Thriller. Laut Verlagsbio ist der Autor hauptberuflich Journalist, der mit einem Sachbuch den Pulitzerpreis gewann. Wäre er nur dabei geblieben. Entgegen meiner üblichen Vorgehensweise, habe ich dieses eher langweilige Buch trotzdem recht zügig gelesen - aber nur, um schnell zu einem hoffentlich besseren greifen zu können.

Jerry Garcia



Jeffrey Deaver. Qualvoll stirbt ein junges Mädchen in einer New Yorker Musikschule. Der Täter flieht in einen fensterlosen Raum. Drinnen fällt ein Schuss, bevor die Polizei das Zimmer stürmen kann. Die Beamten finden es leer.


Für Lincoln Rhyme, den gelähmten Ermittler, und seine ambitionierte Partnerin Amelia Sachs ist sofort klar: Es war nicht der letzte Mord dieses Täters. Zu lustvoll missbraucht er die Tricks großer Magier wie Houdini oder David Copperfield, zu schlau sind seine Ablenkungsmanöver. Und schon nach wenigen Stunden schlägt der Mörder tatsächlich ein zweites Mal zu. Wieder liefert er einen eindrucksvollen Beweis seiner Täuschungskunst und hinterlässt die Ermittler ratlos: Was ist Zaubertrick, was ist Wirklichkeit?
Erst die junge Illusionistin Kara bringt Rhyme und Sachs auf die richtige Spur: Es gibt einen perfiden Plan hinter den vordergründigen Effekten zu entschlüsseln, um so noch vielleicht in letzter Sekunde einen wahrhaft grausigen Racheakt zu verhindern - den akribisch geplanten Höhepunkt in der mörderischen Glanzvorstellung eines psychopathischen Magiers.
Hier beginne ich einmal mit den wenigen kleinen Schwächen des Buches. Zuerst erinnert mich vieles der akribischen Arbeit an die TV-Serie CSI - die allwissenden Bullen. Hat mich schon nach kurzer Zeit im TV genervt. Dann sind die Passagen, in denen Stichpunkte zum Täter und Tathergang auf der Schiefertafel in Rhymes Labor gelistet werden, etwas zu ausgiebig erzählt und wirkt etwas lähmend auf den Fluss der Story und zuletzt ist es dem erfahrenen Krimileser nicht schwer gefallen, den wahren Grund für die Morde zu enträtseln - aber nicht den Täter. Mehr Negatives gibt es nicht und im Gesamtbild des Buches sind die genannten Punkte absolut zu vernachlässigen.

Deaver hat sich anhand von Fachliteratur akribisch in die Materie der Magie eingearbeitet, sodass er detailgetreu die Tricks der Illusionisten wiedergeben kann. Natürlich braucht man nicht darauf zu hoffen, dass hier die neuesten Showelemente der aktiven Künstler dieses Metiers aufgedeckt werden, doch was uns Deaver anbietet, ist allein schon interessant genug. Der Roman ist an sich schon ein Zweikampf der beiden Genies Rhyme und Täter, gewürzt mit Täuschungen, Tricks und Ablenkungsmanövern jeglicher Art. Verkleidung und Hergang wandeln sich von Fall zu Fall und die Verfolger bleiben immer einen Schritt hinter dem Psychopathen aus der Illusionistenriege zurück. Verdächtige tauche auf, werden wieder entlastet und glaubt man endlich den wahren Täter entlarvt zu haben, muss man feststellen, dass man wieder getäuscht wurde. Tote sind nicht tot, Alte eigentlich jung - so sehen Teile der Palette von Täuschungen aus.

Der Autor hat es geschafft, im 5. Abenteuer der Ermittler Lincoln Rhyme und Amelia Sachs , deren ersten Fall uns Hollywood schon unter dem Titel "Der Knochenjäger" mit Denzel Washington, Angelina Jolie und Ed O'Neill (ja, der olle Bundy kann auch richtig schaupielern) kredenzt hat, die Spannungsschraube stetig anzuziehen und den Leser bei Laune zu halten. Das Motto "Was kannst Du glauben?Wem kannst Du vertrauen?" ist hier Programm. Ist er wirklich nur ein Serienkiller oder verfolgt er tatsächlich ein höheres Ziel? Diese Fragen stellen sich die Ermittler und der Leser und der Arsch, der diese Zeilen hier verfasst, verrät nix. Viel Spaß beim Lesen und Mitraten.
Jeffrey Deaver präsentiert sich hier selbst als Meister der Illusion, der Irrungen und Wirrungen mit falschen Fährten und allem, was zu einem guten Thriller gehört. Die Action ist gut über das Gesamtwerk verteilt und steigert die Spannung mit ständig. Für Thrillerfans ein klares "must have"!!!!!! Klasse Lektüre, der meine eingangs geschilderten kleinen Minuspunkte nichts anhaben können.

Jerry Garcia

27 April 2013, 13:56:38 #318 Letzte Bearbeitung: 27 April 2013, 15:52:06 von Jerry Garcia


Henry Porter. Der Brief, den Rudolf Hasenharte in Händen hält, ist eine Fälschung. Dass die Absenderin, Annalise Schering, tot ist, kann er den Stasi-Offizieren jedoch nicht sagen, denn Rosenharte hatte geholfen, den Selbstmord seiner Geliebten vor fünfzehn Jahren zu vertuschen. Nun sieht sich der Exspion gezwungen, nach Triest zu reisen, um dort von der angeblichen Annalise Informationen zu erhalten. Tatsächlich entpuppt sich die Frau, die er dort trifft, als Agentin des britischen Geheimdienstes. Ihr Vorgesetzter Robert Harland versucht, rosenharte auf seine Seite zu ziehen. Er soll einen syrischen Terroristen finden, der von der Stasi gedeckt und für Anschläge im Westen finanziell unterstützt wird. Im Gegenzug bietet Harland Rosenharte die Befreiung seines schwerkranken Bruders an, der als Dissident im Gefängnis von Hohenschönhausen zugrunde gerichtet wird. Rosenharte lässt sich auf das riskante doppelspiel ein. Er muss nun seine verschütteten Kenntnisse im Tarnen, Täuschen und Improvisieren ausgraben und darf nicht den geringsten Fehler machen.

Nun also ein Roman, den wohl alle nach 1980 Geborenen für reine Erfindung halten dürften (besonders nach den Ergebnissen der PISA-Studie) über die Ereignisse zur Zeit des Mauerfalls, also der jüngeren deutschen Geschichte. Der ehemalige DDR-Agent Rosenharte wird in einen Fall verwickelt, der anfänglich als Aufbringung des syrischen Terroristen ausgegeben wird, doch bis dieser überhaupt erst in Erscheinung tritt, beschreibt Porter den Lesern die Unterdrückung im Staate durch die Machthaber und die Ohnmächtigkeit der Bevölkerung gegenüber der Spitzelmethoden innerhalb der eigenen Kreise. Erpressung zur Mitarbeit, Abhöraktionen und Folter gehören zu den Mitteln mit denen die Menschen gefügig gemacht werden. In diesem Umfeld beginnt der Protagonist seine "Arbeit".

Erinnerungen an einen John Le Carre werden automatisch wach, wenn in ausgedehnten Dialogen und dramatischen Ereignissen die Umstände der Anwerbung und der Ausführung des Auftrags umfangreich gezeichnet werden. Die Charaktere sind gut ausgearbeitet und Reflektionen des Lebens in der DDR zumeist zutreffend geschildert. Unwahrscheinlich wird die Geschichte durch ein wahrhaft wahnsinniges Ränkespiel des Helden, der es schafft, insgesamt fünf Geheimdienste (wobei der BND eher nur Erfüllungsgehilfe der Briten und Amis ist) gegeneinander auszuspielen oder für seine Zwecke einzuspannen. Dabei werden natürlich die Briten und Amerikaner größtenteils in positivem Licht dargestellt, die Russen in Form des KGB erscheinen hier als heimlicher Helfer zum Zwecke der Entmachtung der alten DDR-Führungsriege mit einer fiktiven Hauptrolle für Wladimir Putin als Unterstützer von Rosenharte und den Umsturzbemühungen, die hier mit den Versammlungen in den Kirchen und den Montagsdemos sowie der Machtlosigkeit der Befehlshaber ihren Anfang nehmen und dann auch gegen Ende des Buches zum Fall der Mauer führen. Bis dahin wird die Geschichte mit einigen geschickten Wendungen gewürzt, die so nicht unbedingt zu erwarten waren und zur Auflockerung erhält man auch eine Portion Action, aber nicht übermäßig viel. Leider hat Porter dann auch noch einen meines Erachtens überflüssigen Handlungsstrang einfließen lassen, in welchem der Protagonist, der glaubt, seine Eltern wären wahrhafte Nazis gewesen, die im 2. WK umgekommen seien, woraufhin er adoptiert wurde, dann seine richtigen Eltern bzw. nur die Mutter findet, die eigentlich Polen sind, denen er und sein Zwillingsbruder im Krieg geraubt wurde. Das war etwas zuviel des Guten und hatte mit der eigentlichen Handlung nix zu tun. Die übliche Lovestory mit Happy-End darf auch nicht fehlen. Und der syrische Terrorist wird so nebenbei erledigt und war auch nur eine Nebenfigur.

So hat der Roman denn auch seine Höhen und Tiefen, ist meines um 100 Seiten zu umfangreich und wird eigentlich kaum dauerhaft in Erinnerung bleiben, da er statt eines actionreichen Spionagethrillers eher den Kampf eines Mannes um die Existenz seiner Familie und seiner selbst zeigt, anstatt rasante Schilderungen von Verfolgung, toten Briefkästen, nächtlichen Einsätzen und Abwehr von Gegnern zeigt. Wer sich also einen Roman im Stile von Ludlums Bourne-Einsätzen erhofft hat, ist hier fehl am Platze, wer auf dialogreiche Kost spekuliert, die von Literaten bevorzugt wird, kann sich dagegen freuen. Zuletzt noch eine Bemerkung zum Titel. Das Buch spielt zwar in Berlin sowie in Dresden und Leipzig, doch wieso der Autor ihm den Titel "Brandenburg" (auch im Original) gab, bleibt wohl sein Geheimnis.

Jerry Garcia



Jason Brannon. Es sind die Sonderbaren und Missverstandenen, die die dunklen Flecken der Welt bevölkern...
....ein Todesengel sucht Jahr für Jahr eine Kleinstadt heim.
....ein alter Uhrensammler besitzt den Schlüssel zum Armageddon.
....Vogelscheuchen erwachen zum Leben.
....ein Schlangenkult möchte einen Kirchenbesucher bekehren.

Neun Geschichten, in denen sich düstere Geschehnisse auf die Protagonisten auswirken - und zwar nicht so, wie sie es erwartet haben. Ob es nun die Vogelscheuchen, der Todesengel, der Uhrensammler, das Kirchenzeremonium, die Frau mit dem Schlüssel zu einer nicht vorhandenen Tür oder die Frau an der Tanke.

Auf rund 100 Seiten kredenzt Jason Brannon neun Geschichten, die sich abseits des Gewöhnlichen halten und kurzen Grusel mit überraschendem Ende versprechen. Insgesamt solide, aber wenig bemerkenswerte Unterhaltung, die aber nicht im Gedächtnis bleibt. Hervorzuheben wären die Stories um die Vogelscheuchen, den Todesengel und Folgt dem Führer. Düster, manchmal auch mit Botschaft, skizziert Brannon seine unheimlichen Shorties, von denen einige wirklich Spaß bereitet haben und der Autor beweist, dass sein "Der Käfig" keine Eintagsfliege war.

Jerry Garcia



James Rollins. Ein grausiger Fund, mysteriöse indianische Schrifttafeln und eine gewaltige Explosion - Painter Crowe und die SIGMA-Force kämpfen gegen einen Geheimbund. Gleichzeitig müssen sie eine geologische Kettenreaktion aufhalten, die die Vereinigten Staaten zu zerstören droht.

Ein junger Mann indianischer Herkunft trekkt mit einem Studienkollegen zu einer Höhle, von der sein Großvater erzählt hat und die Hinweise über die Abstammung seines Volkes verbergen soll. Doch die Sache hat einen Haken: Niemand der die Höhle je betreten hat, kommt wieder lebend hinaus. Und so ergeht es auch dem Enkel, da sein Großvater plötzlich erscheint und ihn und danach sich selbst erschießt. Doch der Begleiter kann entkommen und informiert die Behörden über den Vorfall. Die schickt die Polizei und was dort entdeckt wird, ruft auch die Armee auf den Plan. Eine Organisation für die Rechte der Ureinwohner will die Ausbeutung der Höhle verhindern und schickt die Aktivistin Kai, um mit C4 die Höhle zu verschließen. Sie entwendet drei goldene Schrifttafeln und wird dann entdeckt. Bei der Flucht verliert sie ihren Rucksack mit dem Sprengstoff und es gibt eine Explosion, bei der eine Wissenschaftlerin und ein weiterer Mensch getötet werden und eine noch schlimmere Bedrohung ausgelöst wird. Verzweifelt wendet sie sich an ihren Onkel Painter Crow, Leiter der SIGMA-Force. In der Zwischenzeit wird Grayson Pierce von Seichan, einer abtrünnigen GILDE-Agentin, die  in der SIGMA inoffiziell Aufnahme fand, darüber informiert., dass ihr ehemaliger Arbeitgeber, sich ebenfalls an der Jagd nach den Artefakten beteiligt, deren Herkunft bis zu Benjamin Franklin zurückverfolgt werden kann. Doch damit nicht genug. Auch eine weitere Partei will sich die Gegenstände aneignen. So muss SIGMA an mehreren Fronten kämpfen und dabei auch noch an die Animositäten zwischen den Natives und den Weißen denken, die sich anhand der Geschehnisse zu weiteren Protestaktionen ausweiten könnten, die sich mit der Unterdrückung der Ureinwohner befassen. Im Laufe der Ermittlungen kommt es zu diversen Gefechtshandlungen und sogar Vulkan- und Geysirausbrüchen. Man wird durch die halbe USA gehetzt und muss sogar nach Island.

James Rollins ist bekannt dafür, dass er Fakt und Fiktion ebenso gut mischen kann wie andere Autoren und immer wieder nette Ideen konstruiert, um den Leser bei Laune zu halten. Im Gegensatz zu einem Dan Brown, der in seinem letzten Buch eher versucht hat, den Leser einzuschläfern statt zu fesseln, gelingt Rollins das auch. Er verquickt Tatsachen mit Erfindung und erklärt im Nachwort, was wie zu deuten ist. Zudem lässt er es menscheln und er packt Themen wie Alzheimer-Erkrankung oder den niedrigen Status der Indianer oder eben Natives in den USA an. Auch wenn die Konflikte später eher zur Randerscheinung werden, gibt einiges doch zu denken. "Feuerflut" ist das siebte Abenteuer um die SIGMA-Force und wieder vollgepackt mit Action, die sich auf unterschiedliche Art und Weise zeigt: Auf Feuergefechte und Explosionen folgen auch Vulkanausbrüche, heiße Schlammlawinen und sogar indianische Bogenschützen. Die Action stimmt, das Tempo ist hoch und der Fall spannend, was aber mehr an der erwarteten Erklärung für die Artefakte und den Zusammenhang mit den Gründervätern der USA liegt, denn am Mitfiebern mit den Protagonisten. Da sind die Rollen denn doch klar verteilt. Äußerst unterhaltsam, mit etlichen Cliffhangern, neuen Gegnern und zum Ende einigen offenen Handlungsstängen, die in weiteren (in den USA bis jetzt noch zwei) Abenteuern sicher weitergeführt werden. Auch wenn ich immer noch die Einzelabenteuer von Rollins bevorzuge, ist "Feuerflut" insgesamt 560 Seiten gute Unterhaltung, die es als gebundenes Buch bei Weltbild derzeit für schlappe 4,99 Euro zu kaufen gibt. Wer auf solche Bücher steht und da nicht zuschlägt, ist selber schuld.

Jerry Garcia



Sean Cregan. Niemand setzt freiwillig einen Fuß in das Areal, Ghetto und Sammelbecken aller Gescheiterten und Ausgestoßenen. Doch genau dorthin muss der Ex-CIA-Agent Nathan Turner gehen, um herauszufinden, warum in den Nachrichten von seiner Ermordung berichtet wird. Und auch die suspendierte Polizistin Kate Friedman macht sich auf den Weg in das Areal, der Quelle der rätselhaften Infektion, die ihr nur noch wenige Tage zu leben lässt. Beide folgen sie der Spur des Biests, eines Killers, der nichts mehr zu verlieren hat.

Nate Turner erfährt von seinem Tod in den Nachrichten während er einen Job für einen Magnaten erledigen soll. doch dessen Sohn wieder aufzutreiben erscheint ihm weniger wichtig, wie zu klären, warum er nun tot sein soll. Als sicher vermerkt er, dass die Cops mit drinhängen müssen, denn sonst hätte die Identifizierung nicht funktioniert. Turner lässt über einen Informanten Fragen stellen, doch als er von diesem nichts mehr hört, macht er sich selbst auf ins Areal. Dort trifft er auf Ghost, eine junge Frau von sechzehn Jahren, die sich vor etwas versteckt, aber ungemein gut mit dem Messer umgehen kann. Indes macht sich Kate Friedman nach einer Suspendierung heftige Vorwürfe, da der Grund für ihre Maßregelung ihr Ex-Lover ist, der nicht nur in großem Umfang gedealt hat, sondern die Gewinne auf ein auf ihren Namen eingerichtetes Konto hat fließen lassen, ohne dass sie etewas spannte. Der Besuch einer Bar wird ihr beim Verlassen fast zum Verhängnis, als sie vor Beobachtern flüchtet und hinetr der Kneipe von einem Maskierten attackiert wird. Sie wird niedergeschlagen, aber wie sie später erfährt, vin den vermeintlichen Beobachtern gerettet, die nicht  sie sondern den Angreifer im visier hatten. Der Typ ist natürlich entkommen und sie bleibt mit einer Verletzung zurück, die ihr einen tödlichen Virus eingebracht hat. Der Kerl hat sich ins Areal geflüchtet und so macht sie mit ihren neuen Freunden gemeinsame Sache, da sie vielleicht so ein Gegenmittel gegen das Virus finden können. Das Areal stellt sich als eine von Gott und der Kommune verlassene Gegend heraus, die keiner mehr aufwändig sanieren will, das das Geld in den Säckeln der Honoratioren eh besser aufgehoben ist. So bilden sich dort Banden und eine Subkultur, in der Sorrow herrscht, der auf seine Art von seinem Tower aus für Gerechtigkeit im Areal zu sorgen pflegt.

John Rickard, der unter diesem Namen schon vier Bücher verfasst hat, beschließt laut Verlagsangaben eines Tages, dass ihm der Sinn nach schnellerem steht und verpasst sich den Namen Sean Cregan, um unter diesem "Das Areal" unter seine Mitmenschen zu bringen. Ein paar kleine Dramen bekommen hier aber auch nur einen kleinen Rahmen. Ansonsten nimmt die Story schnell Fahrt auf, wird immer temporeicher und man hält sich nicht mit Nebensächlichkeiten auf. Kein großes Palaver, kein Blablabla, keine ausschweifenden Umschreibungen. Auf den Punkt gebracht lässt Cregan es krachen, baut einige furztrockene Sprüche ein, weckt mit seinem Areal Erinnerungen an "Die Klapperschlange" so düster und kaputt wie die Gegend und ihre Bewohner sind. Neben krachender Action, die zwar nicht an einen Reilly oder Kay heranreicht und keine seitenlangen Ballereien bietet, lässt Sean Cregan den Leser ob des Motivs und der Hintergründe lange im Dunkeln, bietet ständig neue Wendungen auf und es ist nie gewiss, ob nicht eine der Hauptpersonen denn doch unfreiwillig den Löffel abgibt. Während man auf ausführliche Charakterzeichnungen weitestgehend verzichten muss, darf man sich aber an Messerkämpfen, Explosionen, Ballereien erfreuen, bei denen die Tötungsdelikte stellenweise völlig emotions- und mitleidlos daherkommen, dafür um so effizienter sind. Diese werden aber nicht mit blutigen Details ausgeschmückt, aber alles ist schnell, grausam und hässlich und erweckt in mindestens einer Szene sogar einen dezenten Horroreindruck. Anspruch und stilistische Feinheiten sind jetzt nicht zu erwarten, aber sehr solide, rasante und schnell präsentierte Unterhaltung ist garantiert. Äußerst positive Überraschung meiner letzten Einkäufe. Ich hoffe nur, dass der Verlag auch den nächsten unter dem Namen Sean Cregan herausgebrachten "The Razor Gate" in sein Portfolio aufnimmt. 380 Seiten

Jerry Garcia



Chris Ryan. Als der 14-jährige Zak seine Eltern unter ungeklärten Umständen verliert, weiß er noch nicht, wie sehr das sein Leben verändern wird. Ein seltsamer Mann taucht plötzlich auf und bietet dem Jungen eine völlig neue Existenz an. Aus Zac wird nach einer harten Trainingsphase Agent 21. Zacs erster hochriskanter Auftrag führt ihn nach Mexiko. Er soll sich mit dem Sohn des skrupellosen Drogenbosses Martinez anfreunden - um so an Informationen über eines der mächtigsten Kokainkartelle weltweit zu kommen. Alles läuft wie geplant, bis Martinez' Häscher Calaca Verdacht schöpft.

Nachdem Zaks Eltern in Lagos gemeinsam mit fünfzig anderen Menschen, darunter insgesamt dreizehn Briten, die zu einer Tagung eingeladen waren, auf rätselhafte Weise ermordet werden, kommt Zak bei Verwandten unter. Mit Ausnahme von deren jugendlicher Tochter ist er dort wenig gelitten und wird eher wie Luft behandelt und von familiärer Wäre ist dort wenig zu spüren. In der Schule ein Eigenbrötler, versuchen ihn die sogenannten coolen, aber weniger cleveren Rowdys zu schikanieren, was er aber an sich abprallen lässt wie auch den Druck des Aushilfslehrers, der erst seit einigen Tagen an der Schule ist. Im Laufe der Zeit fühlt er sich immer wieder beobachtet und etwas später auch bestätigt, als ein Mann ihn anspricht und ihn zu einer geheimen Regierungsbehörde rekrutieren will. Nach kurzer Abwägung seiner persönlichen Situation sagt er zu, wobei er des nachts heimlich aus dem Haus seiner Verwandten geholt wird und man lässt es nach einem Bruch mit zugehöriger Entführung aussehen. Während seiner nun beginnenden Ausbildung auf einer Insel vor Schottland lernt er das Team kennen und erfährt auch, dass man in den Zeitschriften und Nachrichten Meldungen über seinen Tod lanciert hat. Bald steht der Tag seines ersten Auftrages bevor. Er erhält eine Legende, neue Papiere, ein fettes Bankkonto und muss nun nach Mexiko, um dort mithilfe eines alten Agenten, der seinen Onkel spielt, über die Freundschaft mit Cruz, dem Sohn des Kartellbosses, an die Beweise gegen dessen Vater zu kommen. Dabei sieht er sich den abenteuerlichsten und lebensbedrohendsten Situationen seines bisherigen Lebens ausgesetzt.

"Agent 21" von Chris Ryan, Kollege von Andy McNab bei den Spezialkräften (Bravo two zero) ebenso wie nun als Schriftsteller ist dessen Beispiel gefolgt und hat sich nun dem Jugendroman verschrieben. Das Ergebnis ist halt Chris Ryan light. Er war schon zuvor nicht gerade für seine ausführliche Charakterzeichnung und intensive Ausarbeitung seiner Geschichten bekannt, sondern ging immer direkt aufs Ziel zu. So auch hier - kurz und knapp in einfachem Stil - also noch einfacher als gewohnt - schreibt er einen Agententhriller für Leser so um die fünfzehn Jahre herum. Die Abläufe und Ereignisse sind dabei kaum von einem seiner Thriller für Erwachsene zu unterscheiden, nur dass er sich in punkto Gewalt und Erotik logischerweise sehr zurückgenommen hat. Heißt nicht, dass es keine Täuschungsmanöver, Schießereien oder gar Tote gibt. All das ist dabei, nur aus der Sicht eines Jungen, der mir manchmal doch etwas zu erwachsen gehandelt hat. Liest sich leicht - besonders als Erwachsener - und geht zügig voran. Spannung und die eine oder andere kleine Wendung sind ebenso vorhanden wie die klar definierten Grenzen zwischen Gut und Böse. So als Häppchen zwischendurch akzeptabel, wenn man sich beim Lesen nun mal gar nicht anstrengen will. Wie tauglich es für die jüngere Generation ist, mag ich nicht zu beurteilen. Das Ende bietet die Möglichkeit einer fortlaufenden Handlung und bald wird auch ein weiteres Abenteuer um Agent 21 erscheinen. 320 Seiten.

Jerry Garcia



Bernard Minier. Ein abgeschiedenes Dorf in den französischen Pyrenäen, eingeschlossen von Schnee und Eis. Eine geschlossene Anstalt, ein Wasserkraftwerk in 2000 Metern Höhe und ein hochintelligenter Psychopath mit einem teuflischen Plan. Ein verstörender Alptraum wird Realität.

In den Pyrenäen wird bei einem Wasserkraftwerk ein grausamer Fund gemacht. Hinzugezogen wird ein Commandante aus der Stadt Toulouse, da die Befehlshaber von einem mächtigen Konzernchef genötigt werden, alles andere ruhen zu lassen, um den Fall zu klären. So erklärt sich Commandante Martin Servaz bereit, zusammen mit Capitaine Irene Ziegler von der Gendarmerie die Ermittlungen zu leiten. Diverse Theorien über den Tathergang werden diskutiert, bis man die DNA eines der Insassen der Heilanstalt vor Ort am Tatort entdeckt. Problem: die Klinik ist mit besten Sicherheitsmaßnahmen gegen die hochgefährlichen Psychokiller des Instituts versehen. Wie sollte da einer rauskommen? Man trifft dort auch auf Diane Berg, die tags zuvor erst ihre Stelle hier angetreten hat. Als diese später zufällig ein Gespräch zwischen dem Leiter der Anstalt und der Chefpflegerin mithört, beginnt sie selbst rumzuschnüffeln, da sie vermutet, dass innerhalb der Klinik einiges nicht mit rechten Dingen zugeht. In der Ortschaft im Tal spitzt sich die Lage zu, weil jetzt auch dort Menschen ermordet werden oder andere spurlos verschwinden. Jede neue Spur führt die Polizisten immer mehr zu alten Geheimnissen, die in dem Ort unter Verschluss gehalten werden. Hat der Fall wirklich nur oder überhaupt mit der Klinik zu tun?

Bernard Minier baut in seinem Debüt "Schwarzer Schmetterling - Glace" schon zu Beginn eine düstere Atmosphäre auf. Eine einsame Klinik, die wie ein Prunklbau aus alten Zeiten am Berg hängt, der in Eis und Nebel seine schroffen Züge unter einem wolkenverhangenen Winterhimmel zeigt, dazu das grässlich an den Berg drapierte Opfer. Seine Protagonisten sind alle Menschen mit Problemen aus ihrer Vergangenheit, die sie nicht verarbeitet haben, denen man inklusive der  neuen Therapeutin der Klinik selbst hin und wieder eine Sitzung empfehlen würde gegen ihre Ängste und Befürchtungen und depressiven Attacken. In Rückblenden stellt Minier deren Lebenswege vor, nimmt sich aber auch die Politik und die Gesellschaft zur Brust. Ob es nun die gutbezahlten Manager sind, die ja ach soviel Verantwortung tragen für Firma und Mitarbeiter, die aber im Versagensfalle doch nur mit Entlassung reagieren oder schlimmstenfalls selbst mit hohen Abfindungen freigestellt werden. Von Verantwortung keine Spur, wie man derzeit ja auch beim Bankensektor sieht. Da darf der Steuerzahler und bald auch der Sparer ran und die Verursacher werden verschont und lachen sich ins Fäustchen. Die Politik kriegt ihr Fett weg, da sie den Konzernen, die ihr Handeln eh schon fast bestimmen, keine Steine in den Weg legt, wenn es an die Ausbeutung ihrer Mitarbeiter oder der Natur geht. Heute wird die Welt doch schon fast von Konzernen regiert und die Menschen zur Ware degradiert, während die Regierung sie umfassend kontrollieren will - die Gesellschaft, nicht die Konzerne und ihre hochbezahlten Manager. Doch auch in der Gesellschaft läuft einiges schief, wenn Jugendliche völlig ohne Reue einen Obdachlosen totschlagen und dann noch von ihren Eltern bestätigt werden mit Sätzen "der war eh nur ein Parasit und Schnorrer, nicht schade drum". Alles verroht und könnte mit den vielen neuen Medien zusammenhängen, die den Typen auch noch Aufmerksamkeit schenken und über die sich die Spinner, Killer, Holligans oder gar Selbstmordcliquen zu ihren Taten verabreden können. Das alles und noch mehr (Outsourcing, Medikamentenmissbrauch, Herstellung nur im lohnenden Fall usw.) hat Minier in seinen Psychothriller eingewoben, der mit einigen Wendungen gespickt ist und der der Klinik ein Ambiente wie in einem Horrorschinken gibt sowie zeitweise wirklich auf Augenhöhe mit Jean Christophe Grange ist. Spannung ist Programm in diesem hintergründigen Thriller und es ist ein fast rundum gelungenes Werk. Gegen Ende und hinsichtlich der Auflösung bleibt aber doch ein kleiner Makel, andererseits wird auch nicht alles so gelöst, wie man es in einer heilen Welt gerne hätte. Eines der stärksten Werke dieses Jahres, wenn auch nicht ganz an Grange heranreichend. 680 Seiten

Jerry Garcia



John Lescroart. Schattenkampf. Thriller. Evan Scholler wird verdächtigt, den ehemaligen Elitesoldaten Ron Nolan ermordet zu haben. Der Konflikt zwischen den beiden früheren Irakkämpfern wurde dadurch verschärft, dass Nolan ein Verhältnis mit Schollers Geliebter gehabt haben soll. Doch als der Anwalt Dismas Hardy zu ermitteln beginnt, entdeckt er ein viel tiefer liegendes Geheimnis, das die beiden Männer verband. Hardy taucht nur zu Beginn im Prolog mal auf, um dann für längere Zeit ebenso wie sein Kumpel Abe Glitzky von der Bildfläche zu verschwinden, um der Vorgeschichte Platz zu machen. Erst im letzten Viertel der rund 600 Seiten haben die beiden Kumpel ihren großen Auftritt. Bis dahin wird in einer komplexen Geschichte von Krieg, Politk, Liebe und Justiz erzählt. Kein Wunder, dass es da irgendwann tote gibt. Gute Charakterzeichnung und eine spannende Erzählweise, die weit über dem Niveau des weitaus bekannteren Justizthrillerautoren John Grisham ist, machen das Buch wieder zu einem gelungenen Output aus dem Hause Lescroart. Zugegebenermaßen aber nicht sein bestes Werk, doch selbst ein absolut schwacher Lescroart ist noch um Längen besser als die Grisham-Vehikel der letzten Jahre.

Jerry Garcia



Matthew Costello. Der Asteroid "Apophis" hat die Erde in ein apokalyptisches Trümmerfeld verwandelt. Nur wenige Menschen überlebten die Katastrophe und überdauerten tief unter der Erde in sogenannten Archen die Zeit. Jahrhunderte später sollen diese Auserwählten eine neue Zivilisation auf dem verwüsteten Planeten erschaffen. Als Lieutenant Nick Raine seine Arche verlässt, findet er eine Zukunft vor, wie er sie sich in seinen schlimmsten Albträumen nicht vorzustellen wagte. Nicht alles Leben wurde durch den Asteroiden venrichtet. Stattdessen hat sich eine neue Gesellschaft etabliert, in der das Leben rau, hart und unmenschlich ist. Mutanten und Banditen machen gnadenlos jagd auf die Schwachen und Wehrlosen und auch die mysteriöse paramilitärische Gruppe "Authority" scheint wenig von den Zukunftsplänen der Neuankömmlinge zu halten .... der Kampf um die Erde hat begonnen.

Ein Asteroid rast auf die Erde zu und die führenden Staaten der Welt erkennen schnell, dass das Ende wohl unausweichlich ist. So planen sie zusammen, ohne den Rest der Welt zu informieren, zumindest Teile - die wichtigsten und nützlichsten - ihrer Bevölkerung zu retten. Man baut sogenannte Archen und vergräbt sie tief in der Erde. Natürlich ist auch die Armee involviert und wie gewohnt hat da der eine oder andere Befehlshaber so seine eigenen Gedanken zur Zukunft. Zeitsprung, rund 100 Jahre später. Nicholas Raine erwacht aus seinem Kryoschlaf, erinnert sich mühsam an die Impfung mit den Nanotriten, die ihm schnellere heilung von Krankheiten und Wunden sowie größere Kräfter verleihen sollen und wieso er überhaupt hier ist. In seiner Arche hat nur er überlebt und als er sich an die Erdoberfläche freigekämpft hat, wird er prompt von Banditen überfallen. Doch er wird von einem Mann in recht zerlumpter Kleidung gerettet und von diesem in dessen Siedlung gebracht. Gleich darauf wird ihm klargemacht, dass er nur in der Ortschaft bleiben kann, wenn er seinen Nutzen für die Gemeinschaft unter Beweis gestellt hat. Man teilt ihm zum Patrouillendienst ein, um vor möglichen Angriffen von Banditen gefeit zu sein. Tatsächlich trifft er auf eine Gruppe, die gerade eine junge Frau traktiert. Er tötet die Verbrecher und befreit die Lady, die ihm aus lauter Dankbarkeit sein Messer stibizt und sich flugs und ohne Wort des Dankes verdrückt. Zurück in der Siedlung muss er feststellen, dass diese überfallen wurde und er wird in den nächstgrößeren Ort geschickt, um Medikamente für die Verletzten einzutauschen. Was ihm dabei entging, ist, dass er das Tauschobjekt ist. Er wird festgesetzt, aber nun zeigt sich, dass seine Taten bisher doch belohnt werden: die von ihm Gerettete verhilft ihm zur Flucht. Seine Reise führt ihn nun über eine kurzen Abstecher zur Siedlung ins Ödland, wo ihn Mutanten attackieren. Er kann sie besiegen, wird aber verletzt und von einem alten Einsiedler aufgelesen und wieder hochgepäppelt. Der hat aber auch nicht selbstlos gehandelt und erwartet von ihm, dass er aus der Totenstadt eine Festplatte holt. Totenstadt heißt die nicht umsonst und er muss sich durch eine ganze Horde Mutanten kämpfen. Auch das gelingt ihm, aber bei seiner Rückkehr ist der Einsiedler tot - ermordet von Vollstreckern, Fängern im Regierungsauftrag. Nun schlägt er sich in die Stadt Wellspring durch. Dort wird von ihm verlangt, für sein Bleiberecht an einem Rennen teilzunehmen. Gesagt, getan, gewonnen. Doch damit nicht genug. Jetzt soll es um einen TV-Kampf in der Arena gehen. So langsam begreift er, wie in der neuen Welt der Hase läuft und dass sich da Einiges zusammenbraut. 

Wie gewohnt kennt Alterchen beim Roman zum Game das Spiel nicht und so kann ich da keine Vergleiche anstellen, doch hat das ganze Szenario den Eindruck erweckt, als müsste der Held sich von einem Level zum nächsten hangeln. Irgendwie wirkt das alles dann aber auch nur zusammengestückelt als habe man einfach nur einige Kurzgeschichten aneinandergereiht. Und neu ist da auch nicht viel. Ein bisserl Mad Max, etwas Ben Hur trifft Death Race plus Reality TV brutal meets Spartacus. Dazu Despoten, Verschwörung, Mutanten in Übergröße, Widerstand, Rebellion und eine manchmal recht blumige Übersetzung (Von einem "strubbeligen" Gesicht hab ich noch  nie gehört. Falls mir das jemand erläutern kann, ich lerne gern dazu.) Das Buch ist nicht schlecht, aber auch nicht  herausragend, wirkt manchmal etwas trocken und nicht wirklich spektakulär. Ein bisschen mehr Drive hätte der Sache gutgetan. Unkompliziert geschrieben, mit eindimensionalen Charakteren, ohne Tiefe (Hatte ich aber auch nicht erwartet) und leider nicht an die Bücher von S.T.A.L.K.E.R. oder HALO heranreichend. Ist eher so eine kann man lesen, muss man aber nicht-Lektüre. Rund 330 Seiten

Jerry Garcia



Elmore Leonard. Raylan Givens ist ein Top-Ermittler im U.S. Marhsals Service. Er schreckt nicht davor zurück, zur Waffe zu greifen - und sie auch effektiv einzusetzen. Dass er damit Strafverfahren schneller abschließt, als sie eröffnet werden können, bringt Raylan nicht nur Freunde ein. Deshalb ermittelt er nicht mehr im sonnigen Florida, sondern in der trostlosen Einöde von Kentucky. Hier in Raylans Heimatstadt Harlan schlug einmal das Kohleherz Amerikas, heute ist der Ort nur noch ein Umschlagplatz für Drogen. Doch auch der Drogenmarkt droht zu kippen, sodass zwei findige Dope-Dealer beschließen, auf menschliche Organe umzusteigen. Als Raylan den beiden auf die Schliche kommt, findet er sich plötzlich in der Rolle des unfreiwilligen Organspenders wieder.

Raylan ist mit seinen auf dem Weg, um einen kleinen Dealer namens Angel zu verhaften, der sich so clever angestellt hat, sich nur drei Monate vor Ablauf seiner vierjährigen Bewährungszeit mit Dopeverkauf zu beschäftigen und dabei beobachten zu lassen. Angel ist aber kein hartgesottener Typ, sondern sogar meist unbewaffnet. Also betritt Raylan das Motelzimmer, in dem sich Angel aufhält, zwar mit einer gewissen Portion vorsicht, aber dennoch relativ ruhig. Er findet den Kleindealer in Eiswasser in dessen Badewanne vor und schnell stellt man fest, dass man ihm beide Nieren geklaut hat. Damit nicht genug. Im Krankenhaus erzählt Angel, dass die Typen ihm auch noch das Geld für den Deal abgenommen haben und jetzt dazu so unverschämt sind, per Fax dem Krankenhaus und somit Angel dessen Nieren zum Rückkauf für 100.000 Dollar anzubieten. Angel verrät Raylan die Namen der Käufer seines Stoffs und Raylan will sie sich vornehmen. Dabei stolpert er nicht nur über die eine oder andere Leiche, sondern wird selbst zum Spender wider Willen auserkoren. Also unternimmt er was dagegen und gerät dabei nur in den nächsten Schlamassel
in Form eines Todesfalls, der nur vermeintlich Notwehr zu sein scheint. Sein Bekannter Boyd Crowder gibt an, einen Mann erschossen zu haben, der sich bei der Vertreterin der Kohleabbaugesellschaft etwas zu derb über deren Vorgehensweise und Ausbeutung der Arbeiter sowie Verschmutzung der Landschaft beschwert hatte. Damit nicht genug, kommen ihm noch eine Frauendreigestirn mit Hauptberuf Bankraub sowie eine Pokerspielerin auf der Flucht in die Quere.

Hat man schon die TV-Serie genossen, kann man sich die Figuren aus Elmore Leonrads Buch "Raylan", das er mit einem netten neuen Geschäftskniff beginnt, viel besser vorstellen. Man hat Timothy Olyphant oder Walton Goggins irgendwie ständig vor Augen. Und das Geschäftsmodell des Nierendiebstahls wurde um die Zutat ergänzt, dass man die entwendeten Organe gleich demjenigen wieder anbietet, der sie wohl am nötigsten hat - dem "edlen" Spender nämlich. Und dazu die Fälle mit Gewehrpatronen im Altenheim, bankraubenden Stripperinnen, Pokermiezen und Kohleabbaugesellschaft. Alles unterhaltsam verknüpft und mit stellenweise hanebüchenen Ideen zu einem Roman mit lakonischem Unterton und coolen Typen. Das alles absolut frisch serviert von einem fast 90-jährigen, der etliche der heute schreibenden Jungspunde erblassen lässt. Knappe Plaudereien, die hin und wieder durch schnelle und kurze Gewaltausbrüche unterbrochen werden, machen "Raylan" aus, heben ihn aus der Masse hervor - und die Erkenntnis, dass die treibende Kraft hinter dem Bösen Frauen sind. Kurzweilig, schlagfertig, mit zwielichtigen Gestalten und viel Wortwitz gesegnet, lässt Elmore Leonard mit "Valdez kommt" noch eine Anspielung auf ein vergangenes Meisterwerk einfließen und sorgt insgesamt dafür, dass sich bei der Lektüre immer ein leichtes Schmunzeln auf das Gesicht des Lesers zaubert. Einfach klasse.  ca. 310 Seiten.

Jerry Garcia



Ilkka Remes. In Stockholm werden die hochrangigen Teilnehmer der Bilderberg-Konferenz entführt und auf einen Atommüllfrachter gebracht. Als der Frachter die schwedische Küste verlässt, kommt ihm ein Schnellboot mit Umweltaktivisten entgegen., die auf der Ostsee gegen den Bau der russisch-deutschen Gaspipeline protestieren. Mit an Bord: Der finnische Geologe Patrik, ein Spezialist für Fragen der Endlagerung von Atommüll. Zu spät erkennt Patrik, dass die Protestaktion fingiert ist und einzig dem Zweck dient, ihn, den Experten für Kernmaterial, den Geiselnehmern auszuliefern. Doch damit nicht genug: Unter den Geiseln befindet sich die belgische Ärztin Sandrine, die, davon ist Patrik überzeugt, seine Freundin Beate auf dem Gewissen hat. Patrik und Sandrine geraten zwischen die Fronten der Geheimdienste und in einen Strudel von lebensgefährlichen Ereignissen.

Mit einem aufsehenerregenden Coup gegen ein Schiff, das bei der Verlegung der Pipeline aktiv ist, wollen sich die Umweltschützer ins Bewusstsein der Öffentlichkeit bringen. Die Aktion gelingt und die Gruppe, der sich Patrik angeschlossen hat, scheint zufrieden. Tage später wird die Bilderberg-Konferenz in Stockholm von bewaffneten Terroristen überfallen und es werden mehr als dreißig Geiseln benommen und mit dem Boot auf See gebracht. Nahezu zeitgleich muss Patrik mit seinen Verbündeten an einem Überfall auf einen Transporter mit einem Castor-Behälter teilnehmen. Das Schiff wird gekapert, die Besatzung festgesetzt. Und wider jegliche Absprachen muss Patrik feststellen, dass seine Kollegen andere Pläne in die Tat umsetzen. Dann kommt für ihn überraschend das Boot mit den Geiseln aus Stockholm und die beiden Gruppen vereinigen sich. Zu den Neuankömmlingen zählt auch Sandrine, die die Aktionen der Terroristen finanziert hat, aber ebenfalls nur in Teilaspekte der Pläne eingeweiht war. Jetzt beginnt hinter den Kulissen ein Hauen und Stechen der Geheimdienste und Politiker, die noch dazu mit der brisanten Lage in Estland beschäftigt sind, wo die russen fieberhaft daran arbeiten, die Baltikum-Länder wieder unter ihre Kontrolle zu bringen. Auch die Amerikaner schicken flugs eine Truppe Seals, die offiziell natürlich nur zur Beratung da sind, wie dereinst in Vietnam. Und sofort wollen die sowie die Gehiemdienstleute das Kommando übernehmen, da viele der Geiseln amerkanische Wirtschaftsbosse sind. Doch auch der am Bord gelagerte Atommüll macht ihnen Sorgen. Was haben die Gangster vor?  Warum wollen sie plöztlich nach Helsinki? Und wieso mischen sich die Russen auch noch ein? Hat es mit der geheimnisvollen Kapsel zu tun, die man ebenfalls an Bord des Frachters entdeckt hat?

Das Buch macht es dem Leser schwer, Sympathien für die Beteiligten zu entwickeln. Terroristen, Ökoaktivisten mit Hang zu zivilem Ungehorsam und leichter Gewaltanwendung, Politiker oder Geheimdienste. Alle haben nur sich selbst im Sinn und sind zumeist in der Wahl ihrer Mittel nicht zimperlich. Zu Anfang kann man eigentlich nur den finnischen Polizisten etwas abgewinnen, die aber nicht im Zentrum der Handlung stehen. Und Ilkka Remes legt schnell den Finger in die Wunden der heutigen Demokratien. Politiker, die sich und ihr Land bzw. die Wähler verkaufen und belügen, um ein Prestigeprojekt mit einer anderen Nation durchzuboxen und dann noch bei der Firma einen sicheren und gutdotierten Job ergattern zu können. Die Atomlobby, die über die Daten der Sicherheit lügt. Geheimdienste, die alles und jeden opfern würden, um ihren Willen durchzusetzen. Weltmächte, die sich einen Dreck um die Souveränität von anderen Staaten oder gar Verbündeten scheren. Politische Umwälzungen und Großmachtsambitionen, die zu Kriegen führen könnten. Die Konturen oder Abgrenzungen von Gut und Böse, Schwarz oder Weiß, sind nicht mehr zu erkennen, wenn Illka Remes seinen exzellenten Politthriller mit unheimlichen Elan und ab der Mitte des Buches auch ordentlicher Action vorantreibt. Und damit der Leser auch nicht sofort erkennt, auf was die ganze Chose hinausläuft, hat das Buch mehr Wendungen als die Serpentinen hoch nach Alpe D'Huez. Überraschungen garantiert. Und man findet sich bald damit wieder, dass man doch für die eine oder andere Handlungsweise zumindest ein gewisses Verständnis aufbringen kann. Ich muss zugeben, dass ich Ilkka Remes bis jetzt nicht auf meinem Einkaufszettel hatte, aber mit diesem Werk um hochbrisante Themen und einer Menge Action hat der Autor ein absolutes Klassebuch abgeliefert und so werde ich ihn. Falls jemand nach frischem Lesestoff mit hoher Qualität sucht, findet er ihn bei dem finnischen Bestsellerautor.  Rund 460 Seiten.

Jerry Garcia



Michael Connelly. Mickey Haller ist wieder zurück in seinem alten Job als Strafverteidiger und vertritt vor Gericht insolvente Hausbesitzer. Seine Klientin Lisa aber hat ncih weit größere sorgen als nur ihre Hypotheken. Sie ist des Mordes angeklagt, weil sie den Chef ihrer Bank erschlagen haben soll. Für Mickey deutet alles darauf hin, dass in Wirklichkeit jemand anderes hinter Gitter gehört. Doch wie kann er die erdrückenden Beweise gegen Lisa entkräften? Und was, wenn Lisas Unschuldsmiene trügen sollte?

Mickey Haller ist nach seinem Ausflug auf die Seite der Anklage in "Spur der toten Mädchen" wieder in seine ursprüngliche Position als Strafverteidiger zurückgekehrt. Da er aber auch eine neue Assistentin und frischgebackene Anwältin hat, die er zusammen mit seinen anderen Helfern auch bezahlen muss, nimmt er sich zudem zivilrechtlichen Sachen an wie den derzeit grassierenden Zwangsversteigerungen. Eine dieser Mandantinnen namens Lisa hat aber auch noch das Problem, des Mordes an ihrem Bänker, der für ihre Hypothek zuständig war, verdächtigt zu werden. Die Polizei hat sie verhaftet und dann auch eingekerkert. Sie betraut Mickey auch mit ihrer Verteidigung. Da es ihr an Geld mangelt, ein solcher Fall aber Aufmerksamkeit auf sich ziehen könnte, was Buch- und Filmrechte bedeutet, lässt sich Haller vertraglich jegliche Einnahmen aus dem Fall zusichern. Kurz darauf ist Lisa aber schon gegen Kaution frei, weil ein Herb Dahl ihre Kaution gestellt hat  und sie ihm im Gegenzug auch die Rechte an ihrem Fall abgetreten hat. Und der ist auch nicht untätig und lässt flugs die entsprechenden Dokumente aus Hallers Lincoln-Kanzlei bzw. deren Kofferraum klauen, sodass Dahl jetzt der alleinige Rechteinhaber zu sein scheint. Zudem lässt er Haller von zwei angeheuerten Schlägern ordenklich vermöbeln. Während Haller sich im Krankenhaus auskuriert, ermitteln seine Mitarbeiter, dass Dahl sich schon mit dem Boss von den Archway Studios geeinigt hat. Mickey fährt hin und klärt die Sachlage in seinem Sinne und kümmert sch danach wieder um Lisas Fall, der immer verzwickter wird. Der Bankmann war pleite, eine Vertragsfirma, die für die Banken die Drecksarbeit der Zwangsversteigerungen erledigt, damit diese sich nicht die Finger schmutzig machen müssen, scheint auch nicht ganz sauber zu sein und die Polizei hat vermutlich auch nur in eine Richtung ermittelt, nachdem sie eine Verdächtige hatten.

Im neuesten Fall des Lincoln Lawyers nimmt sich Michael Connelly durchaus kritisch die Banken in ihrer Rolle der Finanzkrise und der Zwangsversteigerungen vor, erläutert einige der Machenschaften, die viele Leute ihr Heim gekostet haben und den Finanzmarkt ins Schleudern brachten. Sein Hauptaugenmerk liegt natürlich auf der Geschichte von Lisa, die sich von Haller verteidigen lassen will. Und die Mandantin kommt von Beginn an für den Leser extrem unsympathisch und nervig rüber, was aber kein Hinweis auf deren Schuld ist. Mit Fortlauf der Story werden immer mehr Fakten in den Ring geworfen, kommen immer mehr Wendungen ins Spiel, dass man als Leser durchaus meint, die Dame könne tatsächlich unschuldig sein. Der Gerichtsthriller, der sich auch noch so nennen darf, ist zwar blutleer und bietet nur ganz wenige Actionszenen auf, ist dafür aber umso spannender und geizt auch nicht an Kritik am derzeitigen Rechtssystem der USA, in dem es nicht mehr um Recht und Gerechtigkeit geht, sondern nur noch ums Gewinnen, Taktieren und Täuschen, um das bestmögliche Urteil rauszuholen, unabhängig von Schuld oder Unschuld. Da stehen sich beide Seiten in nichts nach - Verteidigung oder Anklage tricksen mit allen Mitteln, Lug und Trug im Rahmen der Lücken, die das Gesetz bietet, werden genutzt und Facebook bekommt auch noch seinen Teil weg, wenn plötzlich alle Parteien dort nach beweisen suchen. Und Connelly hat sich zudem noch wie schon bei "Bloodwork" und Clint Eastwood auch die Möglichkeit eingeräumt, über den Hollywood-Deal des Falles auch den Namen von Matthew McConaughey einfließen zu lassen, der ja in "Lincoln Lawyer" den Mickey Haller darstellte. Es wird eine weitere Story um Mickey Haller geben, für die sich Connelly wohl schon gewisse Weiterentwicklungen ausgedacht hat. Übrigens der Klappentext (hier im ersten Absatz) ist äußerst unsauber formuliert, wie man bei der Lektüre des Buches schnell merkt. Wer darf den Derartiges verzapfen und bekommt noch Geld dafür? 640 Seiten

Jerry Garcia



Alexander Broicher. Stellen Sie sich vor, Sie könnten jemand anderes sein. Jemand, der alles bekommt und alles erreicht, was er sich erträumt. So wie Frieder Kurtsmeier. Er ist ein Nichts, ein Niemand. bis er sich bei Facebook eine neue Identität verschafft, die ihm auch im echten Leben alle türen öffnet. Als Rocco beginnt er ein Doppelleben und nimmt Rache an all jenen, die ihn einst demütigten. Bis er zu weit geht....

Frieder Kurtsmeier ist tatsächlich eine Übernull. Von allen verachtet, links liegen gelassen, von der Freundin verlassen und im Job auf der Stelle tretend und ausgenutzt. Er kommt als die personifizierte soziale Inkompetenz daher und fragt sich, was die Leute an ihrem Treiben so finden und er will denselben Spaß und die gleichen Freunde und Freuden haben. Selbst auf dem angesagten Facebook wird er nicht beachtet. Da kommt ihm eines Tages die gelegneheit in Gestalt eines Fremden ins Haus, der ihn für einen gewissen Rocco hält, der ihm anscheinend seinen Hut verpfändet hat. Er löst den Deckel günstig aus und macht einen auf cool. Auf Facebook folgen sie ihm plötzlich wie eine Hammelherde um jede nichtnutzige Nachricht mit dem erhobenen Daumen zu bewerten, er findet massig neue Kumpels im netz. Er zieht seine Show ab und erfindet sich auch außerhalb des Netzwerkes neu und immer öfter hat er Erfolg. Und dann erscheint ihm auch noch die Figur des Rocco, mit der er redet und die ihm Dinge einflüstert, mit denen er sich an seinen Peinigern rächen kann, mit denen er auf der Erfolgsspur an ihnen vorüberziehen kann. Anfangs macht es ihm auch ordentlich Spaß, aber hin und wieder zieht er die Vorgehensweise des imaginären Kumpels, der ebenso echt ist, wie seine Facebook-Compadres, in Zweifel. Doch er macht weiter munter mit. bis er eine Grenze erreicht, von der es vielleicht kein zurück mehr gibt.

Alexander Broicher bringt seine Gesellschaftskritik speziell zu Beginn in vielen Themen unter: der Lebensmittelmarkt, der von Meinungsmachern und Nahrungspanschern beherrscht wird, die hirnlose Masse der Spaßgesellschaft, Intrigen auf Büroebene, Ausgrenzung von Andersdenkenden, Neid und Gier, die machenschaften der unternehmensberater, deren einzige "Leistung" die folgende Entlassungswelle ist, während deren sonstige "Ratschläge" ganz schnell als untauglich entlarvt werden und bei der nächsten Unternehmensumstrukturierung wieder aufgehoben werden (Natürlich ohne Neu- oder Wiedereinstellung von Personal, den diese Kostenersparnis heften sich die Manager mit den hohen Gehältern ja gerne ans eigene Revers ohne für die eigenen Fehler geradezustehen.). Und dann natürlich das allumfassnde Netzwerk von Facebook, wo jeder jeder sein kann und jeden Mist von sich geben kann, während der überall gespeichert wird. Da ist von den ausartenden Parties die rede, wo uneingeladene "Gäste" nur Bruch und Randale im Sinn haben und für die Konsequenzen nicht einstehen wollen und wie der Mensch das Auge für die echte Realität verliert und Facebook und die unsichtbaren Freunde für das einzig wahre Leben hält. Alles etwas überspitzt dargestellt,gewürzt mit kritischen Anmerkungen zu unserer heutigen Gesellschaft und hin und wieder etwas schwarzem Humor. Wer anhand der Inhaltsangabe und des etwas bluttriefenden Covers auf einen härteren Knaller aus dem Heyne Hardcore-Bereich gehofft hat, wird schnell enttäuscht. Hardcore ist nur der Preis von 12,99 Euro für ein augen- und verlagsfreundlich gesetztes Buch mit einigen Leerseiten als Füllsel, um auf rund 240 Seiten zu kommen. Frieder sieht ein, dass er mit dem Facebookquatsch nur in die Irre läuft und findet zum glücklichen Happy-End im richtigen Leben und hat dabei nur den einen oder anderen etwas verärgert wie seine Ex-Freundin mal versetzt und ihr die meinung  - natürlich nur per Facebook - gesagt und einen großkotzigen Vorgesetzten mit dessen ausschweifendem und auf Facebook bereitwillig breitgetretenen Lebensstil gaaaanz leicht erpresst. Sonst passiert da nichts außer Seiten langen und platzraubenden Unterhaltung im Netz, etwas rumgephantsiere. Die Idee war gut, aber die Ausführung in jedem Fall schwach, ob es nun Gesellschaftskritik sein sollte (da greif ich lieber zu Max Barry) oder nur eine humorvolle Abrechung mit dem Wahn der sozialen Netzwerke und deren Auswirkungen. Alles recht belanglos und mit eingien Fehlern (Namen vertauscht usw.) gespickt. War die - kurze - verschwendete Lebenszeit nicht unbedingt wert. Und unter Heyne Hardcore erwarte ich was anderes.

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