OFDb

Warum sind japanische Horrorfilme so fucking weird?

Begonnen von McHolsten, 1 März 2012, 23:31:07

⏪ vorheriges - nächstes ⏩

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Df3nZ187

Mehrere kleine Anmerkungen:

1. Ich glaube nicht alle dieser historischen Künstler standen wirklich derart über ihrem Publikum wie du es glaubst. Allen voran Kafka war ja wohl von Selbstzweifel zerfressen. Genug das er einen Großteil seines Schaffens am liebsten überhaupt nicht veröffentlicht hätte und das erst nach seinem Tod und gegen seinen Willen geschah.
So handelt wohl kaum jemand dem egal ist was die anderen über ihn denken.

2. Auch außerhalb Japans gibt es Regisseure die mit außergewöhnlichen (z. B. surrealen) Filmen Erfolge feiern können. David Lynch und Lars von Trier sind nur zwei Beispiele. Der anhaltende Asia-Boom mag das etwas verdecken, weil die heimischen DVD-Regale mit Tonnen von Japano-Schund geflutet werden.

3. Vielleicht verzerrt die Menge an Sachen die bei uns veröffentlicht werden auch etwas den Blick dafür wie erfolgreich manch japanischer Regisseur in seinem Heimatland ist. Ich möchte doch mal stark bezweifeln das der durchschnittliche japanischer Kinogänger schon mal etwas von Shin'ya Tsukamoto gehört hat. Und auch von einem Sogo Ishi oder Nagisa Oshima kennt man vielleicht die Namen und hat eventuell schon mal diesen einen Film gesehen, für den sie jeweils berühmt sind, aber das war es dann auch. Diese Leute haben bei uns vielleicht bessere DVD-Verkaufszahlen als in ihrem Heimatland.
www.anime-ronin.de

...in aufwendigen Studien sind wir zu folgendem, sensationellen Ergebnis gekommen:

pm.diebelshausen

Zitat von: Df3nZ187 am 14 Mai 2012, 08:23:05
1. Ich glaube nicht alle dieser historischen Künstler standen wirklich derart über ihrem Publikum wie du es glaubst.

Meinst Du mich? Glaube ich das? Das wollte ich jedenfalls überhaupt nicht gesagt haben. Mir ging es doch um die Perspektive vom Publikum und eben nicht vom Künstler. Und zwar, weil es in dieser Diskussion hier auch um "erfolgreich" geht - Kafka war seinerzeit überhaupt nicht erfolgreich - dessen persönliche Weirdness bringt uns also nicht wirklich weiter, sondern der Blick auf die Bedürfnisse des Publikums - und da kann ich auch nur spekulieren, ob unser Bedürfnis nach asiatischer Durchgeknalltheit eigentlich größer ist als das der Japaner selber. Da können nur Insider was zu sagen.

Ich würde wirklich gern mal ein deutsches (oder amerikanisches) Pendant auf Beklopptheits-Augenhöhe zu "The Happiness of the Katakuris" sehen.
Es gibt viele, die nicht reden, wenn sie verstummen sollten, und andere, die nicht fragen, wenn sie geantwortet haben.

Df3nZ187

Nein, meinte ich nicht.

Und wie wäre es z. B. mit der Filmschmiede Troma?
Miike ist vielleicht der etwas versiertere Regisseur, aber was durchgeknallte Filme angeht passt es finde ich schon gut zusammen.
www.anime-ronin.de

...in aufwendigen Studien sind wir zu folgendem, sensationellen Ergebnis gekommen:

pm.diebelshausen

Zitat von: Df3nZ187 am 14 Mai 2012, 17:32:24
Nein, meinte ich nicht.

Ah, ok, war mir nicht klar, an wen Du Dich damit wendest.

Troma: aber der Knackpunkt ist ja vielleicht gerade, auf welchem Niveau (auch Produktionsniveau) das Durchknallen in Japan stattfindet. Wenn ich z.B. auch an die die Massen erreichenden TV-Eskapaden von Kitano denke (die hier zwar angekommen sind, aber längst nicht so gezündet haben wie in Japan) oder Dainipponjin von Hitoshi Matsumoto, der als Kinoprodukt eines überaus erfolgreichen Comedians wohl zweifellos hochgradig bescheuert ist und zugleich in einer ganz anderen filmischen Liga spielt als eventuell vergleichbare Kinonummern deutscher Comedians.
Es gibt viele, die nicht reden, wenn sie verstummen sollten, und andere, die nicht fragen, wenn sie geantwortet haben.

RoboLuster

https://youtu.be/RPQOMyyg9b8                          
"Shoot first, think never!" - Ash

Mr. Blonde

@ Robo

Wenn die Power-Rangers gleich so rübergekommen wären, dann hätte ich die sicher öfter geguckt.  :king:

Aber besonders weird finde ich das gar nicht. ist noch im Rahmen, aber ich habe auch schon etwas Erfahrung in dem Metier.  :icon_mrgreen:


              Artikel & News zu Filmen, Games, Musik & Technik

RoboLuster

18 Mai 2012, 01:17:50 #36 Letzte Bearbeitung: 18 Mai 2012, 01:34:19 von RoboLuster
Äh, hast du die Helme nicht gesehen? :icon_lol:
Wenn die mal nich fucking weird sind...^^


Das hier ist bestimmt der Höhepunkt Sentai Dingern.^^
Wenn sich schon die Kinder sowas ansehen, wen wundert es dann noch, was für die älteren Zuschauer gedreht wird. ;)

Ich habe nie auf den Power Rangers, Super Sentai Kram gestanden, aber hier musste ich eben stellenweise schon lachen. Und die Helme sind cool.^^
Super Sentai Samurai Shinkenger 2009 Team up
https://youtu.be/RPQOMyyg9b8                          
"Shoot first, think never!" - Ash

Mayoko

Ja, wir Japaner sind schon ein verrücktes Völkchen.^^
Übrigens diese stilsicheren Helme kann man auch prima auf dem Motorrad tragen.

Don´t worry, be happy!

RoboLuster

https://youtu.be/RPQOMyyg9b8                          
"Shoot first, think never!" - Ash

Cornelius Kappabani

Ich hab jetzt nicht alles gelesen aber zwei Dinge darf man nie vergessen wenns um Japanische Kunst geht:

1. Japan war schon immer eine assimilations Kultur, verwurstet also vollkommen zwanglos alles miteinander ohne sich was dabei zu denken und das geht auch sehr gut weil die eben SO sind.
2. Die japanischen extrem Filme arbeiten noch viel mehr mit Metaphern, also echter Horror während der westliche Pussy-Scheiß am Ende nur Gore-Thriller sind aber mit Horror nix mehr zu tun haben. Das wikt anders auf den Verstand. Im Westen versucht man verzweifelt sich mit noch extremerer, noch abstoßender Gewalt und noch mehr Tabu brüchen zu übertrumpfen während man in Japan Uzumaki macht.

Japan ist als echte Kultur (ob positiv oder negativ Entwicklung sei dahin gestellt) lebendig geblieben Europa/Amerika nicht. Der Okzident ist einfach nur hemmungloser geworden, kann man auch als kulturelle Entwicklung ansehen ist aber tatsächlich eher was biologisches während eben Japan noch viel in Kulturellen Maßstäben verhaftet ist, dadurch entsteht eine andere Kunst.

Sind meine Ansichten.  :algoschaf:

Fräulein millas Gespür für den Flush

24 April 2013, 01:39:01 #40 Letzte Bearbeitung: 24 April 2013, 01:40:42 von Fräulein millas Gespür für den Flush
Wie genau passt das zusammen?

Zitat von: Cornelius Kappabani am 23 April 2013, 17:54:35
1. Japan war schon immer eine assimilations Kultur, verwurstet also vollkommen zwanglos alles miteinander ohne sich was dabei zu denken und das geht auch sehr gut weil die eben SO sind.

Zitat von: Cornelius Kappabani am 23 April 2013, 17:54:35
Japan ist als echte Kultur (ob positiv oder negativ Entwicklung sei dahin gestellt) lebendig geblieben Europa/Amerika nicht. Der Okzident ist einfach nur hemmungloser geworden, kann man auch als kulturelle Entwicklung ansehen ist aber tatsächlich eher was biologisches während eben Japan noch viel in Kulturellen Maßstäben verhaftet ist, dadurch entsteht eine andere Kunst.


Eine "echte" Kultur - was immer das genau auch heissen mag - die assimiliert und verwurstet??? D.h. ihre Identität besteht also darin keine eigene zu haben?
"Ist denn die ganze Welt verrückt geworden? Bin ich denn hier der einzige Idiot, dem Regeln noch was bedeuten?"

Zitat von: Dr. Sigi Fraud
Ich habe den Rassismus endgültig besiegt.

RoboLuster

 :icon_lol:

Finde dich damit ab, die Japaner sind 1000 Jahre alte Wurstmacher.
https://youtu.be/RPQOMyyg9b8                          
"Shoot first, think never!" - Ash

Cornelius Kappabani

Wie RoboLuster schreibt.

Als Beispiel: Schon mal "Der Eisenrost" gehört? -> Der Eisenrost-ISOLATION Stellt sich die Frage, warum deutscher Name.
Oder: das Japanische Schriftzeichen für Feuer http://www.pointfeng-shop.de/wandtattoos/media/images/popup/Feuer_Schwarz.jpg kommt aus dem chinesischem -> http://www.wandaufkleber.com/images/product_images/popup_images/425_1.jpg!! Nur mal als Beispiel. ASSIMILATIONSKULTUR.

Die waren schon immer so und sind immer noch so. Diese kulturelle Eigenschaft ist erhalten geblieben und damit wird immer noch gearbeitet.

Hedning

24 April 2013, 19:02:44 #43 Letzte Bearbeitung: 24 April 2013, 19:10:52 von Hedning
Aus meiner Sicht wird die japanische Kultur von der Gegensätzlichkeit zwischen zwei kulturgeschichtlichen Extremen, der weitgehend äußerlich unberührten Kultur der Edo-Zeit (17.-19. Jh.) und der darauf einsetzenden massiven Übernahme von westlichen Elementen ab der Meiji-Ära gekennzeichnet, die sich beispielsweise in der Vielzahl von englischen Fremdwörtern in der japanischen Alltagssprache ablesen lässt.

Was die Horrorfilme angeht, schätze ich mal, dass hier zum einen das traditionelle japanische Theater (Nô/Kabuki) gerade bei den ritualisierten Bewegungen der Geisterdarsteller/innen (z. B. Takako Fuji wurde von Takashi Shimizu m. W. im Theater entdeckt) eine wichtige Rolle spielt; zum anderen der Shintô-Glaube bei der Vorstellung einer starken Präsenz von Geistern in der Alltagswelt relevant ist.

Vielleicht sind das aber auch nur Klischees, die in meinem Kopf rumspuken :icon_confused:

Intergalactic Ape-Man

Sind japanische Horrorfilme denn weird? Es kommt darauf an. Und vermutlich am ehesten auf die Perspektive. Sind nicht die Europäer vielleicht wesentlich weirder? Und das ist nicht nur von der kulturellen Perspektive aus gemeint.

Fragt man asiatische Filmemacher, dann sind sie oft Fans der Nouvelle Vague und geben den Begriff Grand Guignol gern an, wenn es um blutige Filme geht. Das geht auch zwischen Europa und den USA. Wer z.B. Lenzis Polizeifilme als einzigartig abfeiert, der ignoriert die Tatsache, daß er sich vom amerikanischen Kino (u.A. Peckinpah) inspiriert fühlte, oder besser am liebsten amerikanische Actionfilme drehen wollte, wobei er sich an seine Limits halten mußte.

Film ist immer international, weil sich nicht nur Filmfans, sondern auch Filmemacher mit dem internationalen Filmgeschehen auseinander setzen. Allerdings gibt es immer zeitaktuelle Bezüge, die sich bevorzugt im Nachhinein aus den Filmen lesen lassen. Beliebt ist im amerikanischen Kino der Einfluß der McCarthy-Ära, des Vietnamkriegs und des kalten Kriegs in den 80ern. Hieraus lassen sich Rückschlüsse auf die Kultur interpretieren - manche machen daraus eine Psychologie besonderer Vorlieben in bestimmten Krisenzeiten.

Wenn es in Japan nun sogar Magazine gibt, die schillernde Persönlichkeiten aus der Yakuza wie Popstars abfeiern, dann ist es z.B. nicht ungewöhnlich, wenn es Yakuzafilme gibt, die Mafiastrukturen wenig kritisch betasten. Ehrenkodizes der Yakuza oder Samurai erfordern jeher strenge und für Europäer schwer nachvollziehbare Sanktionen. Der Gesichtsverlust hat auch schon Arbeiter in den Selbstmord getrieben.

Es ist aber nicht nur dieser Druck, der gerade in den 60ern für einen Anstieg "des Gores" in japanischen Filmen gesorgt hat. Wie überall auf der Welt hatten die Studios mit finanziellen Problemen wegen des Rückgangs der Umsätze zu kämpfen. Nikkatsu fanden ihr Heil im Roman Porno, andere schraubten an Pinku Eiga oder suchten andere Exploitationrezepte.

Im Vergleich der Umbrüche nach Missionierung, WK2 und Besatzung kaum erschlossen scheint mir im Westen dabei der Einfluß der studentischen Unruhen dieser Zeit. Regisseure der "wilden" Filme kommentieren in einer konstanten Linie, daß gewalttätige Filme gern bewußt als Agitation von jungen Protestierern genutzt worden seien.

Die auf Video gedrehten Splatterfilme der 80er und 90er halte ich für ein subkulturelles Phänomen, welches vergleichbar mit dem technisch begründeten Amateurboom weltweit scheint, bedenkt man, daß gerade im Guinea Pig Stil und vergleichbaren, weniger in Europa bekannten und an den Grenzen des Pornos schabenden Machwerke, die Effekte doch eine größere Rolle zu spielen scheinen, als ein professionelles Script.

Speziell in jüngerer Zeit jedoch, ich glaube dies in meinem Machine Girl Review geschrieben zu haben, fällt auf, daß sich Produzenten aus dem Ausland einschalten. Selbst Kill Bill ist letztlich ein Film, der den japanischen Film mit dem Blick von außen verbindet. Während Tarantino sich jedoch insgesamt vor der Kunstform verneigen möchte, wirken die neuen Gorefilme oft nur noch mit Klischees überladen, um dem Ausländer genau die Weirdness zu bieten, die er sich vom japanischen Film vorstellt. Es sind kommerzielle Produkte, von denen ich nicht glaube, daß sie in Japan einen vergleichbaren Erfolg haben. Im Gegenteil stehen da doch auch viele Kinogänger einfach auf den neuesten Stuff aus Hollywood, oder?

Andererseits darf man sicher nicht das Fukushima Szenario vergessen, welches wohl Stoff genug für 5 Kaiju Eiga bieten würde. Die Wirtschaft ist auch nicht die beste. Die japanischen Gewässer sind imho ziemlich leergefischt. Es finden sich bestimmt einige Gründe, warum derzeit ein Japaner einen Katalysator suchen könnte.

Außerdem entladen sich verzerrte Phantasien doch bereits seit Jahren in Manga und Anime. Könnte es nicht sein, daß der Einzug von Digital-Equipment und die Möglichkeit von Computer-Effekten einen Einfluß darauf haben, daß man sich nun an Realfilme traut (abgesehen davon, daß es schon in den 90ern putzige Realfilme von La Blue Girl und Wicked City gab)?

Grundsätzlich jedenfalls halte auch ich die Psychologie der asiatischen Ängste für sehr spannend. Im Hongkong-Kino ist es ja auch eher gewöhnungsbedürftig, daß totaler Klamauk neben todernsten Morden und Vergewaltigungen stehen kann. Ganz ab von den mythischen Unterschieden wie hüpfenden Vampiren, die trotz großem Regelkatalog durchaus gewollt Gegenstand einer Komödie sein können.

Ich denke, daß uns grundsätzlich schon schwerfällt zu unterscheiden, wo sich Horror oder Unterhaltung verbirgt. Eine Rezeption vom Ausgangspunkt "boah geil Gore!" halte ich im Bezug auf das asiatische Kino möglicherweise noch stärker fehl am Platz, als im Bezug auf andere Regionen. Auch das Empfinden für Trash ist sicher für uns ein Lernprozess. Denkt man hier z.B. wieder an die Kaiju Eiga, so kann man über deren Look munkeln wie man will. Hinter den Kulissen wird das doch ernsthafter als Kunstform betrieben, als man es sich auf den ersten Blick vorstellt.

TinyPortal 2.0.0 © 2005-2020