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Dark Shadows (Tim Burtons Verfilmung der TV Gothic Soap Opera)

Begonnen von StS, 14 März 2012, 20:10:22

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Dionysos

Zitat von: Urfaust am 14 Mai 2012, 01:12:34
Uiuiui, erschreckend dröges (weiteres) Depp/Burton-Vehikel - kommt das Duo etwa so langsam an seine künstlerischen Grenzen? Der Einstieg ist stimmig, der Look ohne visuelle Overkills angenehm zurückhaltend, das Tempo allerdings etwas holperig. Anschließend kann sich Burton (oder das Skript?) aber eine gefühlte halbe Stunde nicht entscheiden, welche seine Figuren denn nun durch die Geschichte führen soll - Vicky (ausgesprochen hübsch: Bella Heathcote), Elizabeth (Michelle Pfeiffer) oder doch Barnabas Collins (im Autopilot-Modus: Johnny Depp)? Barnabas Collins' Kultur-/Zeitschock beim Erwachen nach 200 Jahren fällt erwartungsgemäß lustig aus. Den Höhepunkt bildet dabei in der OF Depps hochgestochenes, antiquiert wirkendes Englisch, das die meisten Lacher verbuchen kann. Trotz stimmiger Décors und einigen wenigen Gags/Überraschungen die der Trailer noch nicht angekündigt hat, bleibt die Geschichte völlig zerfahren und dümpelt zwischen Aufarbeitung der Vergangenheit (Fluch) und gegenwärtigem Familienzwist, willkürlichen Geistererscheinungen und Intrigen hin und her. Ein Großteil der Gags verpuffte beim hiesigen Publikum - ebenso wie das Finale, das auf dicke Hose machen will und dann eigentlich trotzdem nie in Fahrt kommt. Ein Glück, dass Depp und Green in ihrem Duell alles geben und sich für nichts zu schade sind, ansonsten wär's richtig fade geworden. Ein mittelmäßiger Burton ist zwar immer noch ansehnlicher als das Gros aktueller US-Komödien, Dark Shadows mutet trotzdem arg verbraucht an.

Diesen Worten kann ich mich weitesgehend anschließen. Setting und Austattung sind einigermaßen gut getroffen, die Seitenhiebe auf Lebensart und Zeitgeist der 70er und den damit verbundenen Kulturclash inklusive Depps altmodischer Sprache, die in der deutschen Fassung logischerweise kaum wirklich zur Geltung kommt, machen im ersten Drittel des Films noch wirklich Laune. Leider kommt die eigentliche Geschichte nach der ansehnlichen, aber arg in die Länge gezogenen Einleitung kaum in die Gänge. Der erschreckend keimfrei inszenierte Konflikt zwischen Depp und Green ist zwar immer das zentrale Motiv, wird aber bis zum (ziemlich öden) Finale kaum weiterentwickelt - was nicht einmal so schlimm wäre, wenn Burton sich auf seine alten Stärken besinnen würde: Schräge Figuren (haben wir), die in einer schrägen Geschichte (haben wir im Prinzip auch) ziemlich viele schräge Dinge anstellen (ja, das tun sie). Das Problem: Anstatt aus dieser Konstellation eine ausuferne Farce zu schneidern, die mit diesem Darstellerensemble auch bestens funktioniert hätte, wird man die ganze Zeit das Gefühl nicht los, Burton inszeniere hier mit angezogener Handbremse. Kaum Tempo, keine Spannung und die Anflüge von schwarzem Humor, die immer wieder aufflackern, werden durch diese betont langsame, biedere Inszenierung geradezu im Keim erstickt.
Insgesamt ist "Dark Shadows" ist eine ganz nette Fantasykomödie, die vor allem Fans von Johnny Depp und 70-Jahre-Pop gefallen dürfte. Wer aber den speziellen Humor und die Atmosphäre Burtons früherer Filme schätzt, könnte schnell enttäuscht sein, was er aus dieser für ihn eigentlich dankbaren Vorlage gemacht hat: Seichte, glattgeschliffene Unterhaltung für Sonntag nachmittag.
5/10
God doesn't make the world this way. We do. - Watchmen

Sometimes, I guess there just aren't enough rocks. - Forrest Gump

It doesn't take much to see that the problems of three little people don't amount to a hill of beans in this crazy world. Someday you'll understand that. - Casablanca

Moonshade

Mir gehts ähnlich, ich hatte jetzt zwar keine Farce erwartet, aber eben auch nicht, daß mal bei einem Burton im Trailer a) die besten Szenen alle schon drin sind und b) dort ein Tempo vorgetäuscht wird, das der Film einfach nicht besitzt.
Immer wenn man auf einen Kickstart hofft, der bei dem Kulturenclash zu erwarten wäre, wird gleich wieder die Handbremse gezogen und auf ausufernde Dialogszenen gesetzt, die zwar verbal ganz schön gestrickt sind, aber hauptsächlich an den Anachronismus Barnabas und seine geschraubte Aussprache bezogen sind.
Der Fokus liegt viel zu sehr auf Depp, der das 72er-Setting leider immer wieder ausbremst (das eh nur für nette Zeit-Jokes verantwortlich ist) und auf Green, die nach Kräften chargiert, aber eher in abgedrehte Burtons wie "Beetlejuice" passen würde. Pfeiffer wird in einer Handvoll Szenen verschenkt, warum Miller in dem Film ist, bleibt total unklar und Moretz bringt zwar einen interessanten Typ zum Vorschein, deren düsterer Hintergrund am Ende auch nru für einen Überraschungsmoment verschenkt wird.

Alles in allem: gute, stilsichere optische Unterhaltung, aber keine Innovation im Hause Burton, manchmal etwas langsam und das Gefühl, daß man aus einer Soap keinen Film machen kann, sondern die Idee für eine moderne Variante als TV-Serie kurioser und dramaturgisch passender gewesen wäre. Für ältere Semester sicherlich ansprechend, weil nicht so hektisch und schräg.  5-6/10
"Du hältst durch und ich halte durch und nächstes Jahr gehen wir einen saufen!

"Anything invented after you're thirty-five is against the natural order of things.!" (Douglas Adams)

Mr. Vincent Vega

Man muss hier aber ganz klar erwähnen, dass der Film auf Deutsch nicht zu ertragen ist, Synchrogucker wie ihr sie seid also auch einfach mal nur halb so viel zu lachen haben.

Und das kommt bei einem Film wie Dark Shadows, der ja leider ohnehin nicht viel zu bieten hat, eben recht erschwerend hinzu. :icon_mrgreen:

Moonshade

Zitat von: Mr. Vincent Vega am 16 Mai 2012, 13:17:34
Man muss hier aber ganz klar erwähnen, dass der Film auf Deutsch nicht zu ertragen ist, Synchrogucker wie ihr sie seid also auch einfach mal nur halb so viel zu lachen haben.

Das hatte ich mir schon nach dem Trailer gedacht, da ging schon der OV-Witz flöten und 1-2x hab ich die Synchroprobleme mit dem Witz auch so wahrgenommen, ohne das Original zu kennen.
Aber was bringts, wenn 12 Leute reinwollen und maximal 3 davon eine OV sehen würden. Man geht mit, ist etwas enttäuscht (aber nicht so schlimm wie bei "Iron Sky", ich bin echt froh, daß ich das "Underworld 4"-Happening ausgelassen hab) - aber so gut, daß ich mir den noch mal OV reinpfeife, war er dann auch wieder nicht.
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PierrotLeFou

Zitat von: Moonshade am 16 Mai 2012, 12:00:04
Alles in allem: gute, stilsichere optische Unterhaltung, aber keine Innovation im Hause Burton, manchmal etwas langsam und das Gefühl, daß man aus einer Soap keinen Film machen kann, sondern die Idee für eine moderne Variante als TV-Serie kurioser und dramaturgisch passender gewesen wäre. Für ältere Semester sicherlich ansprechend, weil nicht so hektisch und schräg.  5-6/10

Ich würde den Film in dieser Hinsicht ein wenig in Schutz nehmen... ich muss zwar auch sagen, dass ich - als ich merkte, dass bereits gut 2 Drittel rum sind - noch nicht das Gefühl hatte, die Handlung sei wirklich in die Gänge gekommen, aber dennoch fühlte ich mich durchgängig unterhalten...
Dass der Film mitunter etwas abgehackt und episodenhaft rüberkommt (wenn er sich auf die jeweiligen Nebenfiguren konzentriert), halte ich sogar für eine ganz eigene Qualität, weil es ein bisschen das Gefühl einer Serienstruktur vermittelt... Das ist als Filmdramaturgie vielleicht gewöhnungsbedürftig, aber als Film mit solch einer naiven Handlung scheint er mir einfach davon zu profitieren, dass er recht deutlich seine Bezugnahme auf die Vorlage einbringt, gerade indem so serientypische Wendungen und Nebenstränge von einem großen Ganzen ziellos ablenken...
Das ist mir weit lieber als ein einfach bloß ironisch-parodistisches Aufgreifen und ich bin auch recht froh, dass der Film nicht die ziemlich überdrehte Komödie darstellt, die ich nach dem Trailer dann doch ein wenig befürchtet habe... die vermeintliche Ernsthaftigkeit, die mehrfach angeschlagen wird, und die bisweilen spürbare nummernartige Seifenopern-Dramaturgie ergänzen sich meines Erachtens sehr gut...

Das wirkte auf mich sehr charmant... (zudem mochte ich durchweg alle Songs des Films... :icon_mrgreen: ) Vielleicht keiner der allerbesten Burtons, aber für mich durchaus einer seiner besseren und ein gehöriges Trostpflaster nach dem enttäuschenden "Alice" :D
"Eines Tages werde ich ein wahrhaft großes Drama schreiben. Niemand wird verstehen, worauf es hinaus will, aber alle werden nach Hause gehen mit einem vagen Gefühl der Unzufriedenheit mit ihrem Leben und ihrer Umgebung. Dann werden sie neue Tapeten aufhängen und die Sache vergessen." (Saki)

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