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HEIMAT von Edgar Reitz - aktuell: Die andere Heimat

Begonnen von pm.diebelshausen, 2 Juli 2012, 20:57:03

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pm.diebelshausen

2 Juli 2012, 20:57:03 Letzte Bearbeitung: 2 Juli 2012, 22:42:07 von pm.diebelshausen



Dieser Thread soll der Heimat-Reihe von Edgar Reitz gelten. Der Regisseur hat sich auf filmisch aufgearbeitete Zeitgeschichte in Form einer Chronik der Schmied-Familie Simon aus dem fiktiven Hunsrücker Dorf Schabbach kapriziert und damit ein international beachtetes Werk geschaffen, das er seit inzwischen mehr als 30 Jahren fortschreibt.

Nach den aus den vorbereitenden Recherchen hervorgegangenen Geschichten aus den Hunsrückdörfern (1981) war es der erste TV-Mehrteiler Heimat - Eine deutsche Chronik, der als bei Kritikern und Publikum erfolgreiche Darstellung deutscher Geschichte nach dem ersten Weltkrieg und über Nazizeit und Wirtschaftwunder hinweg Furore machte.

In Die zweite Heimat - Chronik einer Jugend (TV, 1992) wurde die Familiengeschichte durch die 1960er Jahre fortgeführt und mit Heimat 3 - Chronik einer Zeitenwende (TV, 2004) durch das Jahrzehnt nach der Wiedervereinigung 1989 vorerst abgeschlossen.

Danach sprang Reitz zeitlich wieder zurück und erzählte im Kinofilm Heimat-Fragmente: Die Frauen (2006) blitzlichtartig die Geschichte von Lulu und anderer Frauen aus der Simon-Historie.

Aktuell: Seit April diesen Jahres dreht Reitz wieder: Die andere Heimat - Chronik einer Sehnsucht (Arbeitstitel, angekündigt für 2013), wird als Kinoproduktion noch weiter zurück in die Vergangenheit führen und die Familie Simon in den Jahren 1840 bis 1843 betrachten: eine Zeit, in der Hunger und Behördenwillkür viele Hunsrücker zur Emigration nach Brasilien trieben. Der bereits bei allen vorigen Heimat-Teilen beteiligte Kameramann Gernot Roll, der auch vergleichbare historische Sujets in mehrfacher Zusammenarbeit mit Franz Peter Wirth, Jo Baier oder Heinrich Breloer umgesetzt hat, wird auch für diese Kinoproduktion die Bilder liefern (s/w und Farbe, Digital/35mm in 1:2,40). Über die Besetzung ist absichtlich wenig bekannt außer, dass neben professionellen Schauspielern auf in typisch ländlichen Arbeitsbereichen erfahrene Laiendarsteller aus regionalen Spielgruppen zurückgegriffen wurde. Unter anderem spielen offenbar Jan Schneider, Marita Breuer (Darstellerin der Maria aus der ersten Heimat), Rüdiger Kriese, Maximilian Scheidt und Melanie Fouché. Gedreht wird erneut in Gehlweiler nordöstlich von Idar-Oberstein. Für 2014 soll es eine (eventuell 2-teilige) TV-Fassung geben.



http://www.heimat123.de/dah-pk.htm
http://www.heimat-fanpage.de/
http://heimat-fanpage.de/dah/
http://www.edgar-reitz.de/cms/
Es gibt viele, die nicht reden, wenn sie verstummen sollten, und andere, die nicht fragen, wenn sie geantwortet haben.

PierrotLeFou

Oh, das freut mich zu hören....

Auch wenn mich persönlich die dritte Heimat und diese Fragmente ein wenig enttäuscht haben, bin ich da doch sehr gespannt drauf... Gerade die zweite Heimat hat es mir sehr angetan... (Die 60er sind ja auch eine interessante Dekade... zudem gibt es sowieso zu wenig Filme, die man wirklich nen guten Tag lang ohne Unterbrechung verfolgen kann :love:)
"Eines Tages werde ich ein wahrhaft großes Drama schreiben. Niemand wird verstehen, worauf es hinaus will, aber alle werden nach Hause gehen mit einem vagen Gefühl der Unzufriedenheit mit ihrem Leben und ihrer Umgebung. Dann werden sie neue Tapeten aufhängen und die Sache vergessen." (Saki)

pm.diebelshausen

Es gibt viele, die nicht reden, wenn sie verstummen sollten, und andere, die nicht fragen, wenn sie geantwortet haben.

pm.diebelshausen

Es gibt viele, die nicht reden, wenn sie verstummen sollten, und andere, die nicht fragen, wenn sie geantwortet haben.

Wolfhard-Eitelwolf

Na da bin ich ja mal gespannt! Hoffentlich gelingt Reitz der Anschluss an die meisterhafte Staffel 1 möglichst nahtlos und mit viel Wiedererkennungswert. Der Kinobesuch ist jedenfalls sicher... hoffentlich finde ich im Anschluss die Zeit, die ganze Serie noch einmal durchzuarbeiten. "Arbeit" ist da mitunter durchaus das richtige Wort...

SutterCain

17 Oktober 2013, 00:42:31 #5 Letzte Bearbeitung: 17 Oktober 2013, 00:53:37 von SutterCain
Der Film setzt mit 230 Minuten Laufzeit definitiv gutes Sitzfleisch voraus, ist aber jede Sekunde wert, insbesondere auf großer Leinwand. Gernot Rolls Kameraarbeit ist fantastisch. Außerdem: Endlich ein Kinofilm, der sich ebenso viel Zeit für seine Figuren nimmt wie all die Serien, die uns in den letzten gut zehn Jahren beglücken. Ohne jemals ins Kitschige abzudriften, führt uns Edgar Reitz hier eindringlich vor, wie es vor 160 Jahren im Hunsrück ausgesehen hat und zugegangen sein muss. Jemand, der aus diesem Film kommt, macht drei Kreuze, nicht zu dieser Zeit in Deutschland unter jenen Umständen leben zu müssen. Und welch Ironie, dass "Die andere Heimat" genau dieser Tage in die Kinos gekommen ist (Lampedusa etc.). Deutschland wird in Reitz' Film nämlich als das gezeigt, was es lange Zeit war: ein Auswanderungsland. Schön, dass uns ein Filmemacher das einmal in Erinnerung ruft.

Hoffentlich marschieren noch ein paar Leute ins Kino. Etwas besseres habe ich dieses Jahr noch nicht auf großer Leinwand gesehen.

9/10

pm.diebelshausen

26 Dezember 2014, 14:35:09 #6 Letzte Bearbeitung: 15 August 2015, 15:02:23 von pm.diebelshausen
Obwohl die Dramaturgie von "Die andere Heimat" ohne derbe Knalleffekte dahin geht und der rote Faden der Erzählung klein und leise ist, wirken die knapp vier Stunden auf mich weder ermüdend noch lang. Womöglich liegt das (auch) an der wunderschönen Fotografie - brilliantes Schwarz-Weiß, lange Einstellungen, regelrechte Landschaftsgemälde und Familientableaus. Ich habe lange keinen Film gesehen, der so selbstverständlich sicher in sich selbst ruht und seine Themen überhaupt nicht marktschreierisch sondern bescheiden als alltäglich inszeniert und viele Details nicht erklärungssüchtig aushandelt sondern ihnen Leben einhaucht und sie dann ganz dem Betrachter überlässt. Dazu gehören in seiner Tiefe auch die Gedanken darüber, was es heißt, die eigene Heimat zu verlassen oder dies oft trotz größter Not dennoch nicht zu tun - ein sehr komplexes Thema und hochaktuell nach wie vor.

Großartiges Kino aus Deutschland, stärkt die Abwehrkräfte gegen heimatisierende, sogenannte TV-Event-Mehrteiler. (9/10, vielleicht auch mehr)
Es gibt viele, die nicht reden, wenn sie verstummen sollten, und andere, die nicht fragen, wenn sie geantwortet haben.

ratz

Ich habe die ganzen Heimat-Serien vor etwa 10 Jahren mehr nolens als volens angefangen zu schauen, habe mich dann aber doch einfangen lassen vom alten Reitz und komplett durchgezogen - klar, die Qualität war wechselhaft, aber das Großprojekt an sich steht freilich einzigartig da.

Daß mit der Anderen Heimat jetzt wieder an den Ausgangspunkt (und darüber hinaus) zurückgegangen wurde, ist natürlich sinnfällig. Und wirklich hat man das deutsche 19. Jahrhundert selten so überzeugend dargestellt gesehen, mit seiner echt wirkenden Austattung, den realistischen Bauten, den Laiendarstellern mit großartigen "natürlichen" Gesichtern, dem kompromißlosen Dialekt (ich habe teilweise wirklich wenig verstanden...). Die Geschichte ist mitreißend, wenn man nicht darüber nachdenkt, woher Jakob seine sprachwissenschaftlichen Erkenntnisse wohl haben soll. Das Vorlesen eines Briefes zum emotionalen Höhepunkt eines fast 4-Stunden-Films werden zu lassen, ist durchaus beachtlich.

Leider reißt Reitz die Authentizität, die er vorne sorgfältig aufgebaut hat, mit dem Arsch beinahe komplett wieder ein: Überflüssigerweise schaukelt die Steadycam ständig wild umher, unnötige Schnitte stören an anderer Stelle den Fluß. Die digitalen Bildmanipulationen sehen scheiße aus (künstlicher Nebel, verhangener Himmel), die Farbklecksereien im Schwarzweißbild haben null Mehrwert. Schließlich gönnt die gefällig-mittelmäßige Musik von Michael Riessler einem selten mal eine Pause.
- All das Zeichen dafür, daß Reitz seinen alten filmischen Mitteln und Schauspielern nicht (mehr?) vertraut bzw. diese dem Kinofilmformat geopfert hat, was sehr schade ist (symptomatisch ist ja das Herausnehmen einer halben Stunde aus der nun restaurierten ursprünglichen Heimat).

7/10, und da ist ein fetter Altersbonus mit dabei.

PierrotLeFou

Zitat von: ratz am 25 Oktober 2015, 14:05:03
7/10, und da ist ein fetter Altersbonus mit dabei.

Huch, du kannst ja doch mit dem 10er-System bewerten...  ;)


Solltest du auf der OFDb eigentlich auch tun, manch rare Filme könnten das vertragen... und wenn du deine Bewertungen für jedermann einsehbar abgeben solltest, dann könnte sicherlich auch der eine oder andere User dort nach Tipps und Empfehlungen suchen... :icon_mrgreen:
"Eines Tages werde ich ein wahrhaft großes Drama schreiben. Niemand wird verstehen, worauf es hinaus will, aber alle werden nach Hause gehen mit einem vagen Gefühl der Unzufriedenheit mit ihrem Leben und ihrer Umgebung. Dann werden sie neue Tapeten aufhängen und die Sache vergessen." (Saki)

ratz

30 Oktober 2015, 12:04:34 #9 Letzte Bearbeitung: 30 Oktober 2015, 14:16:29 von ratz
Zitat von: PierrotLeFou am 26 Oktober 2015, 12:05:04

Huch, du kannst ja doch mit dem 10er-System bewerten...  ;)


Erwischt, hat sich mit der Benutzung von letterboxd.com so eingeschlichen  ;) - aber da müßte ich jetzt etwa 1600 Filme in der OFDb nachbewerten, das wäre eher ne Arbeit für einen unbezahlten Praktikanten...

pm.diebelshausen

Fang doch mit kommenden Sichtungen an. Dem stimme ich nämlich zu, betrifft auch mein Suchverhalten:

Zitat von: PierrotLeFou am 26 Oktober 2015, 12:05:04
Zitat von: ratz am 25 Oktober 2015, 14:05:03manch rare Filme könnten das vertragen... und wenn du deine Bewertungen für jedermann einsehbar abgeben solltest, dann könnte sicherlich auch der eine oder andere User dort nach Tipps und Empfehlungen suchen...
Es gibt viele, die nicht reden, wenn sie verstummen sollten, und andere, die nicht fragen, wenn sie geantwortet haben.

ratz


Na wenn Euch soviel daran liegt... habe die Oktobersichtungen mal hinterlegt.

Und jetzt kann ein Mod hier etwas aufräumen  :icon_cool:

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