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Jaws - Der weiße Hai (Ex-Film der Woche)

Begonnen von Der Maulwurf, 19 April 2013, 14:17:30

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Der Maulwurf

19 April 2013, 14:17:30 Letzte Bearbeitung: 27 April 2013, 11:32:17 von MMeXX
OK, dann würd ich auch vorschlagen Rudelgucken am 27.04.2013 und zwar:





Ich mach's mir zeitbedingt jetzt mal einfach und füge mein kurzes OFDB Review ein:

Nach wie vor einer der besten Filme aller Zeiten. Mein absoluter Lieblingsfilm und wird es auch immer bleiben. Überzeugt der Streifen in der ersten Hälfte noch "nur" durch das beunruhigende Gefühl und die gnadenlose Spannung die vermittelt wird, so zeigt sich die wahre Genialität von Spielbergs Meisterwerk erst ab der zweiten Filmhälfte. Dann wenn "Drei Mann auf einem Boot" zur ungewissen Jagd auf die Bestie aufbrechen. Drei Männer, von Grund auf unterschiedliche Charaktere, mit mehr oder weniger Sympathie füreinander, müssen zum Erreichen eines gemeinsamen Zieles zusammenhalten. Die drei Hauptdarsteller Scheider, Dreyfuss und Shaw liefern dabei die beste Leistung Ihrer Karriere ab und verleihen Story und Figuren den nötigen Tiefgang. Man spürt förmlich die Verzweiflung und Verbissenheit dieser Jagd als wäre man selbst dabei. Was diesen Film noch mehr zu einem unerreichten Klassiker macht ist das Timing des Wahnsinnssoundtracks bei den dazugehörigen Szenen, und das bezieht sich auf den kompletten Soundtrack.(Auch in den ruhigen Szenen ;) ) Ein Stück Filmgeschichte das immer wieder aufs neue begeistert.

Passt allen Interessierten der 27.04, oder lieber der 28.04?

Fastmachine

Uii, hier wurde ja am 27./28. wild diskutiert. :LOL:

Zum Aufwärmen vielleicht ein paar Stichpunkte von mir:

Was war eigentlich so neu am WEISSEN HAI, wo er doch oberflächlich betrachtet auch nur eine Geschichte bietet, die schon viele Monsterfilme der 1950er Jahre erzählt haben?

Grundlage ist ein altbekannter Gemeinplatz: Die (fast) übernatürliche Gefahr aus dem Tierreich. Der weiße Hai ist deutlich von Spielberg als ,,mehr" charakterisiert, als nur ein gewöhnlicher menschenfressender Hai. Das gab es im Prinzip auch früher, so ist auch TARANTULA ja nix anderes als eine etwas unnatürlich gewachsene normale Spinne. Weiterer uralter Monsterfilmstandard: Die ignoranten oder arglosen Bürger bzw. Regierungsautoritäten, die die Gefahr nicht erkennen oder verharmlosen wollen. Um des lieben, faulen Friedens willen oder um des schnöden geschäftlichen Vorteils willen. Kennt man aus zig Filmen. Dann der gradlinige, aufrichtige ,,normale" Bürger, der über sich hinauswachsen muss. Auch das: Wie gehabt. Dann der etwas freakige Wissenschaftler: Auch wie gehabt. Dann der schrullige, bärbeißige Außenseiter als Verbündeter: Kommt mir auch bekannt vor.
Obwohl Spielberg also auf bekannte Storyelemente und Charaktertypen zurückgriff, wirkt der Film neu und von der Atmosphäre her ganz anders als ein Monsterfilm der 1950er Jahre. Warum also ist das so?

Erstmal ganz natürlich der Generationenumbruch. Stand in den 1950er Jahre noch die Kalte-Kriegs-Paranoia im Vordergrund, beherrschten jetzt im Zeitalter von Studentenrevolte, Vietnam und Watergate andere Themen die Öffentlichkeit. Der bärtige Wissenschaftler Hooper hat was von einem soften Hippie, den es so in den 1950er Filmen nicht gegeben hätte.

Neu ist auch Spielbergs konsequente Psychologisierung der Figuren und der Geschichte. Brody muss seine Ängste vor dem Wasser überwinden, um sich der Gefahr zu stellen. Quints Wesen bekommt durch seine Erzählungen vom Krieg eine konsequente psychologische Begründung.

Am wichtigsten war aber die Unterfütterung des Monsterklischees mit einem ganz persönlichen Thema Spielbergs, gewissermaßen seiner Urangst, der er immer wieder neue symbolische Gestalt gab. Die unbegreifliche monströse Gefahr, die plötzlich in eine heile Welt hereinbricht. Das fängt mit dem Tanklaster aus ,,Duel" an, dessen Rolle der Hai gewissermaßen übernimmt ebenso wie der T-Rex in ,,Jurassic Park". DER WEISSE HAI ist eben – und das macht seine Qualität aus – Blockbuster und persönlicher Autorenfilm in einem.

Unter der Oberfläche ist diese Spielbergsche Angst wohl mit den Schrecken des 20. Jahrhunderts verknüpft, der Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg. Nicht umsonst ist Quints Erzählung die bei weitem intensivste und stärkste Szene des Films. Die Szene hat, gerade wenn man sich aus heutiger Perspektive das gesamte Werk von Spielberg vergegenwärtigt, klar mehr als nur eine rein funktionale Ebene.
Ich mag keine Filme; die verblöden nur. (Alfons d. Ä.)

Discostu

Bei mir war es ja vor ein paar Wochen das erste Mal Jaws. Jurassic Park kenne ich schon seit meiner Kindheit und da beides ja sozusagen "Monster-Filme" von Stephen Spielberg sind, möchte ich in folgenden Gedanken hin und wieder ein paar Vergleiche anstellen. Ich beziehe mich hierbei auf den ganzen Film, es sind also natürlich Spoliler enthalten.

In der ersten Szene musste ich ja etwas schmunzeln. Drogen und außerehelicher Sex, das war anscheinend damals schon Horror-Film-Regel (oder hat Spielberg sie damit erfunden?), müssen natürlich unweigerlich zum Tode führen. Diese Einführungsszene (ähnlich wie die in Jurassic Park) ist schon ausgesprochen wirkungsvoll und gruselig und macht gleich klar, womit man es hier zu tun hat. Die subjektive Kamera und die tolle Musik von John Williams sind sehr gelungen. Ich bin ja sowieso ein Freund von subjektiver Kamera in Horrorfilmen, weil man das Böse eben nicht sieht, während es angreift, es bleibt alles der Phantasie des Zuschauers überlassen. Ein noch besserer Einsatz von POV zu diesem Zwecke ist in Tanz der Teufel zu finden, die Kamerafahrten da sind für mich der überwiegende Grund, weshalb der Film mehr als nur Splatter-Trash ist.

Aber zurück zu Spielberg. Sowohl hier als auch in Jurassic Park finde ich es eine sehr gute Entscheidung, dass man das Monster in der ersten Szene noch nicht zu Gesicht bekommt, man sieht lediglich die Auswirkungen der unbändigen Kraft, die der Hai bzw. der Raptor hat und das Ganze vermeidet so die Probleme früherer Horror-Filme, bei denen es einem ja doch sehr schwer fällt, sich vor dem Mann in dem hässlichen Kostüm zu gruseln (Das Ding aus einer anderen Welt ist für mich so ein Fall).

Es folgt dann die eigentliche Exposition und wir lernen den Protagonisten, Polizeichef Martin Brody (toll verkörpert von Roy Scheider), kennen. Man bekommt hier eine typische Geschichte von dem Warnenden, dem niemand glaubt. Auf der einen Seite habe ich mich die ganze Zeit gefragt, ob das Ganze wirkungsvoller wäre, wenn auch wir nicht wüssten, ob es wirklich einen Hai gibt oder ob Brody spinnt, aber dann hätte man den Film natürlich nicht wirklich als Horror-Film vermarkten können (das erinnert mich daran, dass ich endlich mal Take Shelter sehen will...). So hat das aber auch eine tolle Wirkung. Die Szene, in der Brody am Strand steht und auf das Meer hinausblickt ist grandios. Spielberg nutz hier sinnvoll das Breitbild um uns in die selbe Lage wie Brody zu versetzen: Während Dorfbewohner ihn mit unwichtigen Dingen zutexten, guckt er die ganze Zeit an ihnen vorbei auf's Wasser; und auch ich als Zuschauer höre ihnen nicht zu, sondern gucke die ganze Zeit an ihnen vorbei auf's Wasser!

Spielberg baut hier eine unglaubliche Spannung auf und sie wird überraschend aufgelöst. Ich hätte ja ehrlich gesagt nicht erwartet, dass mich ein fast 40 Jahre alter Film, zudem noch von Hollywood-Regisseur Spielberg, wirklich schocken könnte. Und dann, verdammt nochmal, erwischt es wirklich das Kind! Die alte Regel, dass Kinder in Filmen nicht sterben können (die in Jurassic Park z.B. ja sehr deutlich gilt), einfach missachtet, der Junge verschwindet in einer verdammten Blutfontäne! Das war echt der Punkt, wo der Film bei mir schon gewonnen hatte, das hatte ich echt nicht erwartet. Auf der anderen Seite finde ich es etwas schade, dass es dann ja doch relativ schnell wieder zu den Horror-Momenten gekommen ist. Da finde ich den (weichgespülteren) Jurassic Park ehrlich gesagt etwa besser, weil er sich so wunderbar viel Zeit lässt, bis dann wirklich die Dinos los sind.

Jetzt kommt dann leider auch ein relativ großes "aber", denn ich finde, die Intensität dieser Strand-Szene wird im Rest des Filmes nicht mehr erreicht. Das hat vielleicht auch mit der Ausgangssituation zu tun: Ich kann mich mit flüchtenden Menschen besser indentifizieren als mit jagenden. Während also in Jurassic Park es die ganze Zeit nur darum geht, von dieser verdammten Insel herunterzukommen, weil es nicht möglich ist die Monster zu töten (das ist ein unheimlich spannungsfördernder Punkt, sieht man ja auch eindrucksvoll in Alien), ist genau das hier der Plan. Und das macht aus einem Horror-Film dann leider einen Abenteuer-Film, was sich ja auch hörbar in der Musik von Williams niederschlägt.

Versteht mich nicht falsch, ich finde nicht, dass Jaws ab dem Punkt, an dem das Boot ablegt, ein schlechter Film ist. Aber ich finde schon, dass er da im Gegensatz zum beeindruckenden Auftakt deutlich nachlässt. Quint und Hooper sind echt ziemliche Klischees. Harter Hund gegen Hippie, mit teilweise ziemlich albernen Dialogen, das hat mich nicht besonders überzeugt. Selbst Quints Monolog über den Haiangriff im Krieg hat mich nicht so richtig beeindruckt. Es ist schon eine gute Szene, aber ich finde, dass Robert Shaw sie tatsächlich nicht gut genug spielt, als dass sie mich so richtig packen könnte.

Und auch bei den folgenden Angriffen sind immer die Szenen am besten, in denen man den Hai nicht sieht, denn im Gegensatz zu Jurassic Park überzeugt er technisch leider nicht so richtig. Es ist nicht so schlimm, dass es albern werden würde, aber wenn man sehen kann, dass es kein echter Hai ist, leidet darunter schon ziemlich die Spannung. Umso besser finde ich dann wieder die Einfälle, wie man den Hai in Szene setzen kann, ohne in zu zeigen (was ja größtenteils deshalb gemacht wurde, weil der animatronische Hai häufig nicht funktionierte). Wenn die Angel zuckt hat mich das deutlich an das Wasserglas in Jurassic Park erinnert und beide Szenen sind sehr wirksam. Und auch die über das Wasser ziehenden Fässer sind eine tolle Idee, vor allem als sie auf das Boot zuschwimmen und dann abtauchen ist das toll inszeniert. Probleme entdecke ich hier allerdings wieder im Drehbuch denn Quints Handlungen, die im Endeffekt dazu führen, dass die drei Männer nicht mehr an Land können (was dann endlich aus der Jagdsituation wieder eine Fluchtsituation macht), waren für mich psychologisch nicht nachvollziehbar. Am Ende wird es dann aber nochmal richtig spannend. Als das Boot zu sinken begann und Quint gefressen wurde, war ich wieder voll dabei und den Hai im Finale tatsächlich zu sprengen ist vielleicht etwas übertrieben, aber auch ungemein befriedigend.

Insgesamt bin ich ungefähr so hin- und hergerissen wie die junge Frau am Anfang des Films. Von Beginn bis zum Ablegend des (zu kleinen  :icon_lol: ) Bootes wirklich sehr beeindruckend, vor allem wen man überlegt, wie wenig spannend im Vergleich die meisten Horrorfilme sind, die vor diesem Zeitpunkt erschienen sind. Aber der Mittelteil hat mich teilweise doch ein wenig enttäuscht und teilweise sogar gelangweilt. Insgesamt also "nur" 7.5 von 10 Punkten und ich hoffe ich werde jetzt nicht zerfleischt wie der Junge auf seiner Luftmatratze.

Mr. Blonde

29 April 2013, 14:57:53 #3 Letzte Bearbeitung: 29 April 2013, 15:25:22 von Mr. Blonde
Erstmal super, wie ihr beiden hier schon loslegt.

Zitat von: Fastmachine am 29 April 2013, 13:16:22
Was war eigentlich so neu am WEISSEN HAI, wo er doch oberflächlich betrachtet auch nur eine Geschichte bietet, die schon viele Monsterfilme der 1950er Jahre erzählt haben?

Ich glaube, es ist auch ein Bisschen die Skala, auf der "Jaws" angesiedelt ist. Wenn ich an die Monsterfilme der 50er denke, dann ist alles immer riesig, ganze Städte werden zerstört und generell ist die Gefahr meist so abstrus und übermächtig, dass wenig Potential da ist, sich 100% in diese Position reinzudenken. In "Jaws" ist die Gefahr halt da, wo jeder schon mal war: am Badestrand. Haie sind auch keine Erfindung Hollywoods. Wenn dann plötzlich zwei Dinge, die wir in unserer Realität existent sind, kombiniert werden, so entsteht ein ganz neues Szenario und das ist erschreckend. Das hat damals sicher auch den Nerv der Zuschauer getroffen.

Ansonsten habe ich neulich, nachdem ich mal wieder "Jurassic Park" gesehen habe, endgültig für mich entschieden, dass Spielberg zwar kein meisterhafter Regisseur ist, aber ein gewiefter Kinozauberer. Oberflächlich kann es kaum einer besser, aber er arbeitet halt trotztem mit Tricks und Effekten. Es gibt oft Momente, in denen er dem Zuschauer seinen "Trick" präsentiert bzw. enthüllt, z.B. wenn wir E.T. zum ersten Mal komplett sehen oder Sam Neil und Laura Dern plötzlich vor den Dinosauriern stehen. Es wirkt oft so, als mache es Spielberg unheimlich spaß, das Zaubertuch wegzuziehen und den Zuschauer auf der audiovisuellen Ebene umzuhauen. Auch in "Jaws" wird ja der erste Kontakt von Brody mit dem Hai äußerst dramatisch und unter Einsatz von großartigen technischen Spielereien (Vertigo-Effekt) gezeigt. Daher glaube ich, dass es Spielberg in erster Linie darum geht, sein Publikum zu "verzaubern" und er genießt es sicherlich, dass es bestimmte Szenen gibt, in denen er die Zuschauer einfach komplett an sich reißt und seine besten Karten ausspielt.

Dieses Rezept geht heute leider nicht mehr so gut auf, weil sich andere ebenso erfolgreich an dieser Illusion versucht haben, wenn wir z.B. an Avatar denken. Wenn Spielberg dann noch selbst dirigiert, dann ist das auch nicht mehr so aufregend. Jedenfalls blieben die Aha-Momente bei "Krieg der Welten" oder "Indy 4" bei mir aus.


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Stefan M

Kurzer Einwurf von der Arbeit: Also, bezüglich der zweiten Hälfte, die sich komplett aufs Meer verlagert und zu einem Drei-Personen-Stück mutiert, kann ich wirklich nur sagen, daß ich mir die ganze Situation intensiver und spannender wirklich nicht mehr vorstellen kann: allein auf dem weiten, weiten Meer, keine Fluchtmöglichkeiten, dafür die große Gefahr, die getötet werden muß, aber selbst so unglaublich groß und stark ist, daß das Schiff kaum in der Lage ist, dagegen anzukommen, wie ja Brody beim ersten richtigen Blick auf den Hai feststellt ("Wir werden ein größeres Boot brauchen!"). Allein diese Vorstellung macht mich ganz kribbelig, und Spielberg schafft es mit jeder weiteren Minute, die Dramatik zu erhöhen. Erst werden Konflikte unter den grundverschiedenen Figuren geschürt, dann das Boot angebufft und nicht unbeträchtlich beschädigt, bis Quint aus einer Mischung von Übermut und Ignoranz seiner zeternden Mitfahrer (es ist eigentlich reiner Trotz, weil er sich schlichtweg nichts sagen lassen will auf seinem Boot) das Tempo so hoch hält, daß der Motor endgültig den Geist aufgibt. Dadurch ist ein Davonkommen erst recht nicht mehr möglich: Man muß dem Hai ans Leder, wenn man überleben will, der wiederum seinerseits keine Ruhe mehr gibt. Am Ende steht folglich das Kentern der Orca und der Zweikampf Held vs. Bösewicht, Auge um Auge, Zahn um Zahn. Verfehlt er die Sauerstofflasche mit seiner Knarre, wird er Futter, trifft er, ist er gerettet. Das ist eine unglaublich nervenaufreibende Ausgangslage, daß ich noch eine Gänsehaut bekomme, während ich das hier schreibe. Eine praktisch gleichstarke Intensität hat Spielberg bereits zuvor mit seinem minimalistischen Actionthriller "Duell" erreicht, der "Der weiße Hai" in vielerlei Dingen verblüffend ähnlich ist - ebenfalls ein Musterbeispiel des perfekten Spannungskinos.

So, das erst einmal in aller Kürze dazu.
"Ein Leben ohne Mops ist möglich, aber sinnlos." (Loriot)

Synchronisation ist nicht grundsätzlich schlecht und manchmal sogar richtig gut!

McClane

Den Auswirkungen von Fastmachine und Mr. Blonde bezüglich der historischen Stellung von "Jaws" möchte ich noch ein, zwei Gedanken hinzufügen.

Das Faszinierende an Spielbergs Film ist ja die Tatsache, dass der Hai tatsächlich in erster Linie ein monströser Hai ist. Er ist weder ein verbrämter Genosse Ivan, der vielen Invasionsfilmen der 1950er durch Außerirdische, Monster oder Mutationen repräsentiert wurde, noch ist er als Mahnmal zu verstehen, da er nicht durch Atomtests, Chemieabfälle oder ähnliche Schattenseiten des technischen Fortschrittes geschaffen wurde. Vielleicht liegt darin auch das Schockpotential des Films, da das Monster eben ohne Ideologie geboren wird bzw. eigentlich schon immer da ist und es daher jeden treffen kann. Vielleicht löst der Film deshalb auch die Angst vorm Baden aus, da wir uns bei anderen Strategien einfacher mit dem "In der Realität ist das zum Glück nicht so" herausreden können. Ich habe den Film jetzt nicht noch einmal schauen können, aber so wie ich mich an ihn erinnere, wird auch nie eine mögliche Erklärung wie Überfischung angewandt um den Hai und sein Verhalten begreifbar (und dadurch weniger schreckenerregend) zu machen.

Zum anderen mag "Der weiße Hai" sich auf bekannte Vorbilder berufen (wie viele Filme, selbst ganz große Klassiker, dies auch tun mögen), aber spannender ist natürlich die Frage, was er denn nun anders und/oder besser als seine Vorgänger gemacht hat. Da hat Fastmachine ja schon Einiges genannt, zudem hat "Jaws" einen der besten Tricks in den Tierhorror eingeführt, der sich in unzähligen Epigonen wiederfindet: Die Erzählung vom großen Event, das nicht abgesagt werden kann oder soll. Dies ist in mehrerlei Hinsicht effektiv:
1.) Schauwerte: Wenn viele potentielle Opfer zusammenkommen, dann gibt es einfach mehr Hackepeter und damit kann man schon den (Gore-)Höhepunkt eines Films einleiten, selbst wenn darauf noch eine Monsterjagd folgt. In "Der weiße Hai" ist sie noch recht lang, aber diese Grundidee, die hat der Film gesetzt, ehe sie von den Epigonen weiterentwickelt wird.
2.) Spannung: Nicht nur heben viele potentielle Opfer das Metzelpotential an, auch die Spannungskurve steigt. Wie viele mag der Held von ihnen retten, wie viele sterben? Eine neue Fallhöhe wird etabliert, noch dazu kann man dadurch den/die Protagonisten stärker involvieren: Je populärer ein solches Ereignis ist, desto wahrscheinlicher ist es, dass dort die eigenen Verwandten und Freunde daran teilnehmen und in Gefahr geraten (sehr schon mit Brodys Kindern in "Der weiße Hai 2" ausgearbeitet).
3.) Ideologische Botschaft: Irgendwie scheint der Tierhorror sich mehr oder minder deutlich gegen kapitalistische Führungseliten und Machthaber zu stellen. Selbst wenn diese die Monster nicht durch Umweltverschmutzung schaffen, so sind sie als Profitgeier fast stets schuld, dass sie große Katastrophe passieren kann (so sehr man sich über solche Höhepunkte freut, fast schon kathartisch gibt es innerhalb der Handlung Schuldige dafür). Nicht umsonst sind die Helden meist hemdsärmelige Wissenschaftler und Gesetzeshüter, die trotz ihrer Kompentenzen bestenfalls im Mittelfeld der Befehlskette hängen und von den rücksichtslosen Vertretern des Systems daran gehindert werden ebenjene Katastrophe zu verhindern.
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(Moonshade über yours truly)

Discostu

@Stefan M: Ich kann deine Argumentation nachvollziehen und kann auch nicht wirklich sagen, warum ich persönlich die Spannung vorher größer fand. Vielleicht deswegen, weil am Strand durch die hohe Anzahl an Statisten die Gefahr eines weiteren Toten größer ist, während klar ist, dass von den drei Männern auf dem Boot zumindest so schnell erstmal keiner sterben wird. Außerdem war ich schon öfter am Strand als auf einem Boot  ;)

@McClane:
Das Argument mit dem "Großereignis" möchte ich unterstützen. Das hat die Spannung in der Szene wirklich deutlich erhöht, diese Unmengen an Menschen im Wasser und die Vorstellung, dass der Hai sich in diese Menge stürzt, wo er ja kaum verfehlen kann! Dazu dann auch noch das Problem der größeren Unübersichtlichkeit der Situation und der Massenpanik wenn dann tatsächlich was passiert.

Die kapitalismuskritische Botschaft fand ich allerdings etwas aufgesetzt. Wenn der Bürgermeister sogar dann noch nicht die Sache abblasen will, wenn er weiß, dass es einen Hai gibt und der noch nicht tot ist, ist das fast schon ein bisschen unglaubwürdig.

Stefan M

29 April 2013, 16:59:18 #7 Letzte Bearbeitung: 29 April 2013, 17:07:45 von Stefan M
Zitat von: Discostu am 29 April 2013, 16:09:29
@Stefan M: Ich kann deine Argumentation nachvollziehen und kann auch nicht wirklich sagen, warum ich persönlich die Spannung vorher größer fand. Vielleicht deswegen, weil am Strand durch die hohe Anzahl an Statisten die Gefahr eines weiteren Toten größer ist, während klar ist, dass von den drei Männern auf dem Boot zumindest so schnell erstmal keiner sterben wird. Außerdem war ich schon öfter am Strand als auf einem Boot  ;)
Schon klar, das ist dann wohl wirklich eine Sache vom persönlichen Empfinden. Ich fand den Angriff auf das Kind und später beim Großereignis auch ungemein spannend. Das ging sogar so weit, daß ich lange Zeit immer weggucken mußte, wenn der Typ auf seinem Boot vom Hai zerfetzt wird und das Bein auf den Boden sinkt - sogar noch zu Zeiten, in denen ich längst nicht mehr zartbesaitet war.  ;)

Zum Tod des Kindes muß ja auch noch einmal gesagt werden, daß Spielberg es nicht aus reinem Selbstzweck oder des Schockeffekts/Tabubruchs wegen hat sterben lassen - zum einen, weil diese Szene erst recht dafür sorgt, daß man sich unbehaglich fühlt, weil einem dadurch das Gefühl gegeben wird, hier ist wirklich niemand sicher. Darum auch der besonders ausgeprägte Nervenkitzel, wenn plötzlich Brodys Sohn ins Visier des Hais gerät. Zum anderen stirbt der Junge, damit Brody sich schuldig fühlt, fortan von Selbstvorwürfen überschüttet wird (als er auch noch einmal der heulenden Mutter gegenübersteht) und diesen Bootstrip trotz seiner ausgeprägten Wasserscheuheit mitmacht. Das Skript hat schon ordentlich Hand und Fuß.

ZitatDie kapitalismuskritische Botschaft fand ich allerdings etwas aufgesetzt. Wenn der Bürgermeister sogar dann noch nicht die Sache abblasen will, wenn er weiß, dass es einen Hai gibt und der noch nicht tot ist, ist das fast schon ein bisschen unglaubwürdig.
Du meinst sicherlich die Stelle, nachdem Brody und Hooper auf den Kopf von Ben Gardner gestoßen sind, oder? Ja, da habe ich mich auch schon immer schwer damit getan, daß der Bürgermeister selbst dann noch seinen Dickkopf und die Dollarscheine in den Augen behält. Allerdings habe ich in einer Kritik gelesen (Jabootu war es, meine ich), daß Brody und Hooper ursprünglich lediglich den Zahn im versunkenen Boot finden sollten, Spielberg sich aber noch nachträglich dafür entschied, sie auch die Leiche des Besitzers (bzw. dessen Kopf) finden zu lassen, damit der Zuschauer so richtig aus dem Kinosessel gejagt wird. Deshalb erzählen die beiden dem Bürgermeister in dem Gespräch auch lediglich von dem Fund des Zahns und nicht von der Leiche, so als kleines Loch im Drehbuch. Klar - dann bleiben immer noch das gesunkene Boot, der überdimensionale Zahn und der leere Magen des falschen Hais übrig, aber wenn man das weiß, sieht der Bürgermeister zwar immer noch reichlich blöd, aber wenigstens nicht mehr ganz so dämlich aus, finde ich.  :icon_mrgreen:
"Ein Leben ohne Mops ist möglich, aber sinnlos." (Loriot)

Synchronisation ist nicht grundsätzlich schlecht und manchmal sogar richtig gut!

MMeXX

Zitat von: Discostu am 29 April 2013, 14:34:10In der ersten Szene musste ich ja etwas schmunzeln. Drogen und außerehelicher Sex, das war anscheinend damals schon Horror-Film-Regel (oder hat Spielberg sie damit erfunden?), müssen natürlich unweigerlich zum Tode führen.
Diese Regel (vor allem in Bezug auf Drogen = Tod) ist meines Erachtens häufig auch gar nicht wirklich zutreffend. Ich denke da vor allem an Carpenters Halloween, bei Freitag der 13. bin ich mir nicht mehr ganz sicher, da müsste ich nochmal schauen.

Zitat von: Discostu am 29 April 2013, 14:34:10Probleme entdecke ich hier allerdings wieder im Drehbuch denn Quints Handlungen, die im Endeffekt dazu führen, dass die drei Männer nicht mehr an Land können (was dann endlich aus der Jagdsituation wieder eine Fluchtsituation macht), waren für mich psychologisch nicht nachvollziehbar.
Aber was wäre dann für dich noch nachvollziehbarer als ein Mann, der ab seinem ersten Auftritt vor allem dadurch charakterisiert wird, dass er ein unerbittlicher Jäger, eine Kapitän-Ahab-Variante ist? Für ihn zählt doch nur eins: der Hai, tot! Die Mittel sind völlig egal. Sein Handeln auf offener See erscheint mir daher völlig logisch.




Zitat von: Mr. Blonde am 29 April 2013, 14:57:53Auch in "Jaws" wird ja der erste Kontakt von Brody mit dem Hai äußerst dramatisch und unter Einsatz von großartigen technischen Spielereien (Vertigo-Effekt) gezeigt.
Wenn ich das richtig in Erinnerung habe, wird die Geschichte in einer der neueren Dokumentation (The Shark is still working???) oder einem Buch (Martha's Vineyard???) übrigens anders erzählt. Da heißt es dann, dass es eben nicht der Vertigo-Effekt war. Mensch, wo habe ich das nur gelesen...




Weswegen ich den Film so gut finde, ist die Tatsache, dass man einerseits fast endlos lustige (Brodys Frau sieht ins Buch, "We're gonna need a bigger boat!"), schockierende (der Kopf taucht auf) oder in sonstiger Hinsicht intensive Momente benennen kann, andererseits aber der Film als Ganzes eine durchgängig hohe Atmosphäre besitzt, sodass man eben nicht nur an die einzelnen Szenen denkt.

Mr. Blonde

1 Mai 2013, 14:55:39 #9 Letzte Bearbeitung: 1 Mai 2013, 14:58:21 von Mr. Blonde
Zitat von: MMeXX am  1 Mai 2013, 10:11:41
Wenn ich das richtig in Erinnerung habe, wird die Geschichte in einer der neueren Dokumentation (The Shark is still working???) oder einem Buch (Martha's Vineyard???) übrigens anders erzählt. Da heißt es dann, dass es eben nicht der Vertigo-Effekt war. Mensch, wo habe ich das nur gelesen...

Mhhhh, für mich sieht das nach Vertigo-Effekt aus, und ich muss es wissen, ich habe den schon dilletantisch mit einer Canon XM2 auf einem Bürostuhl (krasser Dolly) selbst umgesetzt. :D

Aber wäre cool, wenn Dir doch noch der Titel einfällt, weil das interessiert mich jetzt doch. Vielleicht kann das ein Kameraperspektive hier auch erklären, ob man das nicht sogar erkennen kann, dass das anders gelöst wurde?

Vielleicht hieß das im Buch ja anders?


Zitat von: FickipediaThe "Hitchcock zoom" or the "Vertigo effect"
   "Hitchcock shot" or "Vertigo shot"[1][2]
   Triple Reverse Zoom
   Reverse Tracking Shot
   Back Zoom Travelling
   Retrograde zoom
   "Smash Zoom" or "Smash Shot"
   Vertigo zoom
   A "Jaws shot"
   A "zido"
   A "zolly"
   Telescoping
   Trombone shot
   Push/pull
   The Trombone Effect
   A Stretch shot
   Reverse Pull
   More technically as forward zoom / reverse tracking or zoom in / dolly out
   Trans-trav (in Romanian), from trans-focal length operation and travelling movement
   Contra-zoom


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Stefan M

Ich meine auch, in dem Zusammenhang schon etwas vom Vertigo-Effekt gelesen zu haben. In einer Spielberg-Biographie (für den Titel müßte ich das Buch mal hervorkramen) steht übrigens, daß Hitchcock persönlich beleidigt gewesen sein soll, weil er ihn ja in "Vertigo" an Objekten anwendete, während der Trick in "Der weiße Hai" mit einem echten Menschen durchgeführt wird. Andererseits weiß ich nicht, ob das alles so stimmt, weil Hitchcock ihn ja auch 1964 in "Marnie" bei der finalen Rückblende einsetzte (wenn auch entschieden langsamer und sehr sanft), wie Spielberg es auch getan hatte.
"Ein Leben ohne Mops ist möglich, aber sinnlos." (Loriot)

Synchronisation ist nicht grundsätzlich schlecht und manchmal sogar richtig gut!

Discostu

Scheint tatsächlich das erste Mal gewesen zu sein, dass der Dolly-Zoom auf diese Weise verwendet wurde:

Zitat von: Anton Fuxjäger: Dolly-Zoom. Zur Technik und Semantik eines speziellen filmischen EffektsDie Tradition, mithilfe eines dolly-zoom die Wirkung der Nah- oder Großaufnahme des Gesichts einer Figur zu verstärken, um besonders deutlich auf deren besonderen Gefühlszustand hinzuweisen, dürfte durch Der weiße Hai (USA 1975, 0:15f) initiiert worden sein. Zumindest findet sich dort das älteste, mir bekannte Beispiel dafür.
Quelle: http://www.hdm-stuttgart.de/festschrift/Grusstexte/Fuxjaeger/GrusstextFuxjaeger.htm

Hier auch noch ein Link zur entsprechenden Szene: http://www.hdm-stuttgart.de/festschrift/Grusstexte/Fuxjaeger/Videos/Der_weisze_Hai-0-15f.wmv

Mr. Blonde

Zitat von: Discostu am  1 Mai 2013, 19:39:09
Hier auch noch ein Link zur entsprechenden Szene: http://www.hdm-stuttgart.de/festschrift/Grusstexte/Fuxjaeger/Videos/Der_weisze_Hai-0-15f.wmv

Achja, die Neusynchro... Brody mit der Eddie Murphy Stimme, furchtbar.  :icon_lol:


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Bretzelburger

Für mich bleibt das Kinoerlebnis, dass ich 1976 mit "Der weiße Hai" hatte, auf ewig einschneidend für meine bis heutige Filmbegeisterung, weshalb ich den Film nicht objektiv betrachten kann und auch nicht will. Jede Einstellung (beginnend bei dem silbrig glänzenden Wasser bis zu den Wellen, die an den Strand plätschern, am Ende) könnte ich mir dauerhaft ansehen - Dinge wie die Klischeehaftigkeit der Rollen oder das der Hai nicht echt ist (damals war das mehr als beeindruckend) treten bei mir weit hinter die Wirkung des Films zurück. ich kenne keinen Film, bei dem man als Betrachter diese Wechselwirkung Insel-Meer so stark spürt, regelrecht empfinden kann - man riecht fast das Meer.

Ich habe damals auch das Buch von Peter Benchley gelesen, mehr der Journalistentyp als intellektueller Autor - aus meiner Sicht die wesentlichste Grundlage zum Verständnis des Films. Für Benchley eine Zustandsbeschreibung der USA zwischen Vietnamkrieg, Kapitalismus, Protesten und Sexualisierung. Der Hai steht für den Vietcong - ein von der Ausrüstung scheinbar schwächerer Feind, der sich aber auf seinem eigenen Terrain befindet. Die Sturheit, mit der der Bürgermeister darauf beharrt, trotz des Hais weiter die Leute an den Strand zu lassen, ist im Roman wesentlich nachvollziehbarer geschildert, so wie sich Brody und seine Frau gegenseitig betrügen. Der Mittelteil des Romans (den Spielberg völlig weglässt) ist sexuell explizit, wodurch ein verhängnisvolles Konglomerat aus Selbstüberschätzung, Gier, Sex und Zerstörung entsteht - eine gelungene Gesamtbeschreibung der damaligen Situation.

Spielbergs Entschlackung ist einerseits eine Schwächung der gesellschaftskritischen Aussage, lässt den Film heute aber zeitloser erscheinen. Vielleicht kann ich das durch die Kenntnis des Romans nicht mehr trennen, aber man spürt auch in seinem Film die innere Unruhe der Protagonisten, dieses nach Außen hin zu behaupten, was man alles kann, nach Innen aber selbst daran zu zweifeln, was die zweite Hälfte des Films für mich so großartig werden lässt. "Der weiße Hai" verfügt für mich über eine innere Ambivalenz, die kaum noch ein Horror- oder Action-Film aufweisen kann - etwas das zwischen dem gesagten Wort und den gezeigten Bildern steht, das fernab ist von den plakativen Mustern heutiger Filme.

Mr. Blonde

Zum Thema "Halbwertszeit" der Effekte: ich habe nie so ganz verstanden, warum der Hai und seine tricktechnische Umsetzung bei vielen Thema war/ist und eher kritisch beäugt wurde/wird. Gerade Heute, wo immer ganz schnell klar ist, wenn CGI zum Einsatz kam, finde ich es umso beeindruckender, noch solche Effekte zu betrachten. Dort ist eben nicht immer sofort ertsichtlich, wie der Trick gemacht ist. Genau deswegen mag ich auch das "Gummimonster" aus Jaws noch sehr gerne - es ist physisch da, es sieht gefährlich aus und erfüllt den Zweck. Ich sehe es nicht, dass "Jaws" schlecht gealtert ist, nicht schlechter, als andere Effekte. Klar, vielleicht wäre selbst damals noch etwas beindruckenders möglich gewesen, andererseits hat uns gerade der Effekt so viele interessante Mittel zur Spannungserzeugung geschenkt, weil man den "Gummihau" nicht die ganze Zeit offensichtlich vor der Kamera platzieren wollte. Ich wette, dass ein nahezu perfekter Hai-Effekt dafür gesorgt hätte, dass wir auf manche Hai-POV-Szene hätten verzichten müssen. Dabei wäre auch ein wenig die Magie von John Williams-Score flöten gegangen. Durch den Fakehai haben wir ein tolles Gleichgewicht aus Spannung (durch das Verstecken) und Action. Ich finde das super.

Den Hai und die Effekte "billig" und unwirklich zu finden, hat ja mit "Back to the Future 2" sogar Einzug in die Popkultur gehalten, wenn nicht schon davor. Doch warum ist das so? Warum sind Harryhausens-Stopmotion-Aufnahmen trotz aller Imperfektion (die absolut dazugehört) Kult und haben Charme, während Jaws immer ins Hintertreffen geraten ist? Das wird mir irgendwie zu unwürdig behandelt.

Ansonsten hatte ich von diesen Vietnamaspekt auch schon gelesen und bin ehrlich gesagt froh, dass Spielberg da keinen großen Wert drauf gelegt hat. Ich denke, dass hätte sich nicht mit seinen Stärken vereinbaren lassen und 120 Minuten sind dann doch zu kurz, um noch so ein Element sinnvoll unterzubringen. Umgekehrt ist der Film für mich, so wie er ist, ein perfekter 120 Minuten-Film.


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Discostu

Zitat von: Mr. Blonde am  2 Mai 2013, 11:42:24
Zum Thema "Halbwertszeit" der Effekte: ich habe nie so ganz verstanden, warum der Hai und seine tricktechnische Umsetzung bei vielen Thema war/ist und eher kritisch beäugt wurde/wird. Gerade Heute, wo immer ganz schnell klar ist, wenn CGI zum Einsatz kam, finde ich es umso beeindruckender, noch solche Effekte zu betrachten. Dort ist eben nicht immer sofort ertsichtlich, wie der Trick gemacht ist.

Das sehe ich ganz genauso und deswegen gucke ich auch sehr gerner Filme mit handgemachten Spezialeffekten. Aber wie du schon sagst, sie sind vor allem toll, wenn sie (wie z.B. in The Thing, Aliens oder den Jurassic-Park-Szenen, die ohne CGI gemacht wurden) so perfekt sind, dass man verblüfft ist, wie die Filmemacher das bloß geschafft haben. Und das ist in Jaws eben nicht so, denn man sieht recht deutlich, dass es einfach ein hydraulischer "Gummihai" ist und dann fasziniert mich das als Filmzuschauer eben genau so wenig als wenn es ein CGI-Hai gewesen wäre.

Zitat
Klar, vielleicht wäre selbst damals noch etwas beindruckenders möglich gewesen, andererseits hat uns gerade der Effekt so viele interessante Mittel zur Spannungserzeugung geschenkt, weil man den "Gummihau" nicht die ganze Zeit offensichtlich vor der Kamera platzieren wollte. Ich wette, dass ein nahezu perfekter Hai-Effekt dafür gesorgt hätte, dass wir auf manche Hai-POV-Szene hätten verzichten müssen. Dabei wäre auch ein wenig die Magie von John Williams-Score flöten gegangen. Durch den Fakehai haben wir ein tolles Gleichgewicht aus Spannung (durch das Verstecken) und Action. Ich finde das super.

Da gebe ich dir vollkommen recht.

Mr. Blonde

Zitat von: Discostu am  2 Mai 2013, 11:58:37
Das sehe ich ganz genauso und deswegen gucke ich auch sehr gerner Filme mit handgemachten Spezialeffekten. Aber wie du schon sagst, sie sind vor allem toll, wenn sie (wie z.B. in The Thing, Aliens oder den Jurassic-Park-Szenen, die ohne CGI gemacht wurden) so perfekt sind, dass man verblüfft ist, wie die Filmemacher das bloß geschafft haben. Und das ist in Jaws eben nicht so, denn man sieht recht deutlich, dass es einfach ein hydraulischer "Gummihai" ist und dann fasziniert mich das als Filmzuschauer eben genau so wenig als wenn es ein CGI-Hai gewesen wäre.

Ich versuche mich bei solchen Filmen, bei denen ich schon weiß, wie bestimmte Effekte funktionieren und was mich erwartet, einfach in diese Zeit hineinzuversetzen und das zu vergessen, was ich weiß. Begriffe wie Hydraulik (in dem Zusammenhang) und von mir aus auch Animatronik versuche ich dann auszublenden, eben weil auch das Publikum damals noch nicht wusste, wie das funktionierte. Allerdings ist das immer so eine Sache: wenn ich "Freitag der 13." sehe, dann muss ich immer an Tom Savini denken, der mit einem Schlauch ,unter dem Bett liegend, Blut durch Kevin Bacons Hals blubbert. ^^

Wo du gerade Aliens erwähnst, so ist doch eigentlich in den meisten Szenen auch sehr eindeutig, dass sich da Leute in Gummikostümen bewegen. Oder irre ich mich? Jedenfalls sah das für mich auf der Blu-ray so danach aus. Aber da haben wir ja ein weiteres Problem für solche Effekte: Hai Delfinischn.


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MMeXX

Zitat von: Mr. Blonde am  1 Mai 2013, 14:55:39Aber wäre cool, wenn Dir doch noch der Titel einfällt, weil das interessiert mich jetzt doch.
Hm, habe gestern den Zeitschriften-Stapel, in dem ich das vermutet hatte, durchgesehen und nichts gefunden. Ich zweifle nun an meiner Erinnerung. Habe ich das bei 'nem anderen Film gelesen? Ich werde wohl doch langsam alt. Mist!

Zum Hai:
Handgemacht und gebastelt ziehe ich immer Computereffekten vor! Wahrscheinlich fehlt mir bei den PC-Sachen einfach das Verhältnis zur geleisteten Arbeit. Ich finde es einfach viel beeindruckender, wenn auf Kameratricks und Handarbeit gesetzt wird. Konkret bei Jaws kann man natürlich beim genauen Hisehen die Künstlichkeit des Hais in einigen Szenen erkennen. Aber man kann natürlich auch so in dem Film versinken, dass es einem eben nicht auffällt. ;)

Discostu

Zitat von: Mr. Blonde am  2 Mai 2013, 12:10:55
Ich versuche mich bei solchen Filmen, bei denen ich schon weiß, wie bestimmte Effekte funktionieren und was mich erwartet, einfach in diese Zeit hineinzuversetzen und das zu vergessen, was ich weiß.

Wie schon nebenan im "letze Sichtung"-Thema zu lesen ist das eben so eine Sache, die mir manchmal schwer fällt.

Zitat
Wo du gerade Aliens erwähnst, so ist doch eigentlich in den meisten Szenen auch sehr eindeutig, dass sich da Leute in Gummikostümen bewegen. Oder irre ich mich? Jedenfalls sah das für mich auf der Blu-ray so danach aus.

Ich dachte, als ich das geschrieben habe, vor allem an die Szene mit dem Face-Hugger, der über den Fußboden krabbelt und in der Gegend herumhüpft. Aber auch bei den Aliens finde ich, dass das ausgefallene Design des Kopfes einen sehr gut vergessen lassen, dass es sich um Menschen in Anzügen handelt. Dabei hilft vielleicht auch, dass ich es nicht unbedingt unglaubwürdig finde, dass Außerirdische menschenähnliche Körper besitzten.

Mr Orange

2 Mai 2013, 15:24:35 #19 Letzte Bearbeitung: 2 Mai 2013, 15:26:53 von Mr Orange
Einer der Filme, bei denen ich wünschte, ich hätte sie damals im Kino gesehen.
Doch aufgrund meines späteren Baujahrs, habe ich den Film das erste mal erst Mitte der 90er schauen können. Warum mich der Film bis heute fasziniert? Ich fahre im Urlaub an's Meer, beschließe ein wenig baden zu gehen, schwimme hinaus... und bekomme (völlig idiotisch) ein flaues Gefühl.

Und das ist der Unterschied zu so vielen anderen "Horrorfilmen"; es gibt jedes Jahr hunderte Millionen von Badegästen/Surfern und nur eine handvoll tödlicher Haiattacken... aber es könnte passieren.

Dagegen stehen die Chancen Aliens, Riesenspinnen oder Kanalalligatoren über den Weg zu laufen eher schlecht.  ;)

U.a. deswegen ist für mich Jaws auch kein Tierhorrorfilm. Der weiße Hai ist für mich eher symbolisch zu sehen, wie bspw. Moby Dick.

Ansonsten wurde hier schon vieles genannt, daher nur noch drei Kleinigkeiten:
- Sind jemanden noch weitere nette Anspielungen wie das 007-KfZ-Kennzeichen im toten Hai bekannt?
- Eine Sache die ich den Machern übel nehme: Das für die Szene mit dem erlegten (vermeintlichen) Killerhai ein echter Hai (Tigerhai?) getötet wurde.
- Der massive Imageschaden für Haie im generellen. Ich glaube es gibt nur wenige Filme, die eine solche (in diesem Fall negative) Auswirkung auf die Realität hatten wie "Jaws".

"Du, du, du...du bist ein Huhn!!!"

Der Maulwurf

3 Mai 2013, 00:18:59 #20 Letzte Bearbeitung: 3 Mai 2013, 00:20:32 von Der Maulwurf
Zitat von: Mr. Blonde am  2 Mai 2013, 11:42:24
Zum Thema "Halbwertszeit" der Effekte: ich habe nie so ganz verstanden, warum der Hai und seine tricktechnische Umsetzung bei vielen Thema war/ist und eher kritisch beäugt wurde/wird. Gerade Heute, wo immer ganz schnell klar ist, wenn CGI zum Einsatz kam, finde ich es umso beeindruckender, noch solche Effekte zu betrachten. Dort ist eben nicht immer sofort ertsichtlich, wie der Trick gemacht ist. Genau deswegen mag ich auch das "Gummimonster" aus Jaws noch sehr gerne - es ist physisch da, es sieht gefährlich aus und erfüllt den Zweck. Ich sehe es nicht, dass "Jaws" schlecht gealtert ist, nicht schlechter, als andere Effekte. Klar, vielleicht wäre selbst damals noch etwas beindruckenders möglich gewesen, andererseits hat uns gerade der Effekt so viele interessante Mittel zur Spannungserzeugung geschenkt, weil man den "Gummihau" nicht die ganze Zeit offensichtlich vor der Kamera platzieren wollte. Ich wette, dass ein nahezu perfekter Hai-Effekt dafür gesorgt hätte, dass wir auf manche Hai-POV-Szene hätten verzichten müssen. Dabei wäre auch ein wenig die Magie von John Williams-Score flöten gegangen. Durch den Fakehai haben wir ein tolles Gleichgewicht aus Spannung (durch das Verstecken) und Action. Ich finde das super.

Den Hai und die Effekte "billig" und unwirklich zu finden, hat ja mit "Back to the Future 2" sogar Einzug in die Popkultur gehalten, wenn nicht schon davor. Doch warum ist das so? Warum sind Harryhausens-Stopmotion-Aufnahmen trotz aller Imperfektion (die absolut dazugehört) Kult und haben Charme, während Jaws immer ins Hintertreffen geraten ist? Das wird mir irgendwie zu unwürdig behandelt.

Ansonsten hatte ich von diesen Vietnamaspekt auch schon gelesen und bin ehrlich gesagt froh, dass Spielberg da keinen großen Wert drauf gelegt hat. Ich denke, dass hätte sich nicht mit seinen Stärken vereinbaren lassen und 120 Minuten sind dann doch zu kurz, um noch so ein Element sinnvoll unterzubringen. Umgekehrt ist der Film für mich, so wie er ist, ein perfekter 120 Minuten-Film.

so seh ich das auch..war damals in Back to the Future 2 im Kino (Jaws ging leider nicht, da war ich noch ein schmutziger Gedanke  ;)) und war über diesen Gag mit dem animierten Hai von Spielbergs Sohn einerseits amüsiert, andererseits irritiert das der Gag impliziert er wäre billig getrickst. Fand den "Hai" damals mit 11 (immer noch etwas zu früh) keinesfalls billig, und finde auch er ist (gerade im Gegensatz zu z.B Harryhausens Sinbad Monstern oder auch der 70er King Kong eher gut gealtert.

Der Hai selbst war auch nie das was mich am Film am meisten begeistert hat, als Junge vielleicht schon, aber mit der Zeit hat mich einfach die gesamte dichte Atmosphäre und gerade die 3 Hauptcharaktere extrem gefesselt. Man fiebert immer wieder mit auf der Orca, auch wenn man genau weiß wie es ausgeht. Rufe heut noch am Schluss immer "Smile You Son of a Bitch !" oder gröle "Show me the Way to go Home" mit wenn ich ein paar Bier zuviel dabei getrunken hab. :icon_mrgreen: Der Film ist in den 120 Minuten einfach wasserdicht und hat keine Längen. Ich entdeckte über die Jahre immer mehr die Kleinigkeiten die den Film eigentlich ausmachen. Die in die Bordwand geschlagene Machete..das die Orca durch ein Haigebiss bei Ihrer Ausfahrt auf's Meer gefilmt wird als würde sie in den Schlund fahren..wenn Hooper beim Hochklettern Quint Grimassen schneidet..Bad Hat Harry..mein persönliches Hailight: Bierdose vs. Pappbecher...und und und..

Rollo Tomasi

Für mich ein perfekter Film, dessen immer noch verblüffende Wirkung in der 2. Hälfte durch vor allem durch die perfekte Vorbereitung im ersten Teil des Films, die präzise Schilderung der persönlichen Konstellationen in einer amerikanischen Küstenstadt, erzielt wird.
Während man in heutigen Filmen eine Identifikationsfigur sucht, gibt es hier gleich drei, die allesamt sehr facettenreich beschrieben und gespielt werden. Der Film hält bei den Haiangriffen auch nicht immer drauf, sondern setzt die Schocks sehr dosiert und zu perfekten Zeitpunkten ein. Die verschiedenen Stimmungen des Films werden vom vielleicht besten Score, den Williams geschrieben hat, perfekt unterstützt.
10/10
"Ich hab neulich gehört: 35 % der Zahlen und Fakten, die so kursieren, stimmen gar nicht! ... Das ist fast ein Drittel!" (Hagen Rether)
"Stellen sie sich einmal vor, es gäbe keine Autos, es gäbe keine Telefone und es gäbe keine Computer .... sie würden doch den ganzen Tag fernsehen, oder?" (Hagen Rether)

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