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Venus im Pelz (Polanski)

Begonnen von Fastmachine, 22 November 2013, 02:07:12

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Fastmachine

22 November 2013, 02:07:12 Letzte Bearbeitung: 22 November 2013, 12:52:52 von Fastmachine
Venus im Pelz

F/PL 2013

Regie: Roman Polanski

Inhalt: Der Theaterautor Thomas (Mathieu Amalric) ist nur noch genervt: hat doch bisher kein Regisseur seine Texte angemessen inszeniert. Also versucht er sich nun selbst als Regisseur seines Stückes ,,Venus im Pelz", eine Adaption der Novelle von Leopold von Sacher-Masoch. Doch bereits das Vorsprechen geht schief, keine der Schauspielerinnen entspricht seinen Vorstellungen. Als Thomas schon heimgehen will, taucht noch die ziemlich ordinäre Schauspielerin Vanda (Emmanuelle Seigner) auf, um verspätet vorzusprechen. Zur Verblüffung von Thomas verwandelt sich die scheinbar ungebildete Schauspielerin sofort in seine Idealvorstellung einer kultivierten, dominanten Frau, wenn sie in ihre Rolle schlüpft. Bald beginnt sie nicht nur Thomas' Text zu kritisieren und zu ändern, sondern auch ihn selbst und seine Selbsttäuschungen zu entlarven. Wer ist hier eigentlich der Regisseur? Stück und Wirklichkeit vermischen sich allmählich...

Im Grunde kann man VENUS IM PELZ auf zwei Arten sehen: Einmal einfach dem folgen, was der Film zeigt: Ein Zweipersonenstück über Macht, Fiktionen und das Geschlechterverhältnis oder aber, und das ist wohl bei >90% des Publikums anzunehmen, als einzigen Insiderwitz Polanskis über sein Werk und seine Biographie. In fast jeder Szene kann man ein offenes Zitat oder eine verdeckte Anspielung erkennen. Wenn Thomas und Vanda etwa die Szene mit einer Jugenderinnerung der Hauptfigur  an seine erste, lustvoll empfundene Auspeitschung durchgehen, dann meint Vanda darin plötzlich Kindesmisshandlung zu erkennen, wogegen Thomas sich wehrt. All diese vermeintlichen Anspielungen werden aber sofort aber wieder aufgehoben und ins Gegenteil verkehrt. Auch die Rollenverteilung zwischen Mann und Frau, zwischen Herrscher und Beherrschtem wird nicht nur immer wieder verdreht, sondern zunehmend komplexer verschachtelt. Polanski bestätigt und dementiert alles. Mal behauptet er die Freiheit der Fiktion von der Biographie des Autors, mal deckt er den angeblich unbewussten Niederschlag der Wünsche des Autors im Werk auf. Dazu gehört natürlich der Scherz, die Rolle der Vanda durch seine Frau Emmanuelle Seigner darstellen zu lassen und den Rolle des Thomas von Mathieu Amalric, der dem Erscheinungsbild des jüngeren Polanskis verblüffend ähnelt. Aber was folgt daraus genau?

Hat Polanski es je anders gehalten? Kaum war seine Ehefrau Sharon Tate brutal von der Manson-Gang ermordet worden, verfilmte er seine Version vom mörderischen König MACBETH, der von seinen Alpträumen getrieben wird. Kaum musste er wegen der Vergewaltigungsklage aus den USA fliehen, das schob er mit TESS eine Fiktionalisierung des Themas nach. Und selbstverständlich hat er schon in zahlreichen Interviews zu VENUS IM PELZ sich mal wieder über die dauernde Thematisierung dieser Vorgänge durch die Presse beklagt. So geht's dann weiter, sein sinisteres Changieren zwischen Opfer und Täterrolle, zwischen Fiktion und Wirklichkeit.

Kurz also: wie ist der Film? Als reiner Theaterfilm sicher vielschichtiger als etwa DER GOTT DES GEMETZELS. Bedenken hatte ich wegen der Besetzung der Hauptrolle mit Emmanuelle Seigner. Alle drei Filme, die sie bisher mit ihrem Mann zusammen gedreht hatte, gehören nicht unbedingt zu den stärksten in seinem Werk. Ihre Auftritte sind damals hölzern und bestenfalls mittelmäßig gewesen. Sicher hat sie nicht die Häme verdient, die ihr allein deswegen entgegenschlug, weil sie mit Polanski einen Mann geheiratet hatte, der ihr Vater sein könnte. Inzwischen aber ist aus der jungen Nachwuchsschauspielerin eine gereifte Mittvierzigerin geworden, die hier deutlich differenzierter und überzeugender auftritt. Und aus den genannten Gründen war sie vermutlich eh die einzig sinnvolle Besetzung. Amalric dagegen ist fast ein besserer Polanski als Polanski es selbst war. Also: Wer solch ein verschachteltes Bühnenstück mag, wird diesmal von Polanski sehr gut bedient. Wer anderes erhofft, sollte es sein lassen. Zwar ist VENUS IM PELZ auch ein Drama über Erotik, aber kein Erotikdrama, wie es etwa BITTER MOON war. 8.5/10.
Ich mag keine Filme; die verblöden nur. (Alfons d. Ä.)

Moonshade

Steht schon (bei Polanski irgendwie immer) auf der Shortlist, allein wegen des Theaterfaktors.

Hier noch die Spon-Kritik: http://www.spiegel.de/kultur/kino/roman-polanskis-sm-komoedie-venus-im-pelz-nach-sacher-masoch-a-933827.html
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