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Once Upon a Time in Hollywood (Tarantino Filmprojekt über die Tate Morde)

Begonnen von Mr. Blonde, 24 Juli 2017, 03:59:32

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Lunita

Der Trailer sieht verdammt vielversprechend aus. Und habe ich da für den Bruchteil einer Sekunde einen Karmann Ghia gesehen? ;) Ich freue mich jedenfalls drauf und hoffe, dass diese ganzen Gerüchte bzw. Aussagen zum Karriereende eine Ente sind.

Mr. Blonde



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Lunita


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Glod

Filmstarts haut 5/5 raus.

http://www.filmstarts.de/kritiken/257482/kritik.html

Zum Vergleich:

Inglorious Basterds 4/5
Django Unchained 4/5
Hateful Eight 4/5
"Er wird mir eine Kugel verpassen und dann Selbstmord begehen." -Nina Meyers-

"Wir passen schon auf, dass er keinen Selbstmord begeht." -Jack Bauer-

Hitfield

Ungewohnt viel Gegenwind und Kritik von Kollegen. Normalerweise ist ja kollektives Eierschaukeln angesagt, zumindest in der Öffentlichkeit.


"All those moments will be lost in time, like tears in the rain."

vodkamartini

ZitatFilmstarts haut 5/5 raus.

http://www.filmstarts.de/kritiken/257482/kritik.html

Zum Vergleich:

Inglorious Basterds 4/5
Django Unchained 4/5
Hateful Eight 4/5
Filmstarts halt, das Online-Äquivalent zu cinema. Lese dort auch die Kritiken nicht gern, viel zu viele Allgemeinplätze. Die Bewertung hat für mich nur sehr wenig Aussagekraft.
www.vodkasreviews.de

There's a saying in England: Where there's smoke, there's fire. (James Bond, From Russia with love)

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ROCK 'N' ROLL WIRD NIEMALS STERBEN, IHR SCHEISSER!
 -Rollie LeBay


Ko(s)misches Sein.

McClane

Duncan Jones' Tweet zeugt aber auch von gewisser Doofheit. Den Vorwurf der Geschichtsverfälschung konnte man Tarantino schon bei den Basterds machen, aber Tarantinos Filme spielen ja in einem popkulturellen Paralleluniversum.
"Was würde Joe tun? Joe würde alle umlegen und ein paar Zigaretten rauchen." [Last Boy Scout]

"testosteronservile Actionfans mit einfachen Plotbedürfnissen, aber benzingeschwängerten Riesenklöten"
(Moonshade über yours truly)

StS

In diesem Fall nehmen aber wirklich so einige Anstoß daran, wie er in der Hinsicht mit den Manson-Morden im finalen Drittel des Films umgegangen ist.

Hier z.B. mal der letzte Teil der Variety.com-Kritik dazu:

Zitat von: undefined(...) It's now August 8, 1969, and the rest of the film is devoted to Quentin Tarantino's version of how the Manson murders play out, which I will not reveal. I will say that what Tarantino does here rhymes, to a point, with the violent climax of "Inglourious Basterds." Yet that movie, as much as it toyed with history (which was no more, really, than any of the late-studio-system World War II movies it drew from), was also, in the largest sense, true to history. Hitler got destroyed, and the Americans won. Which is, in fact, what happened. The way Tarantino plays with the Manson murders in "Once Upon a Time...in Hollywood" is at once more extreme and more trivial. And frankly, for this Tarantino believer, that made it less satisfying.

You can say, as many will, that it's only a movie. But for much of "Once Upon a Time...in Hollywood," Tarantino brilliantly uses the presence of the Manson girls to suggest something in the Hollywood cosmos that's diabolical in its bad vibes. And the way the movie resolves all this feels, frankly, too easy. By the end, Tarantino has done something that's quintessentially Tarantino, but that no longer feels even vaguely revolutionary. He has reduced the story he's telling to pulp.

Ich bin gespannt darauf, was er sich da hat einfallen lassen.
"Diane, last night I dreamt I was eating a large,  tasteless gumdrop and awoke to discover I was chewing one of my foam disposable earplugs.
Perhaps  I should consider moderating my nighttime coffee consumption...."
(Agent Dale B.Cooper - "Twin Peaks")

JasonXtreme

Ich tippe nach wie vor drauf, dass Leo und Brad die Killer von Manson fertigmachen :D
"Hör mal, du kannst mein Ding nicht Prinzessin Sofia nennen. Wenn du meinem Ding schon einen Namen geben willst, dann muss es schon was supermaskulines sein. Sowas wie Spike oder Butch oder Krull, The Warrior King, aber NICHT Prinzessin Sofia."

Hitfield

ZitatIn diesem Fall nehmen aber wirklich so einige Anstoß daran, wie er in der Hinsicht mit den Manson-Morden im finalen Drittel des Films umgegangen ist.

Hier z.B. mal der letzte Teil der Variety.com-Kritik dazu:

Zitat(...) He has reduced the story he's telling to pulp.

(...)

Prophetisch, fast zwei Jahre her:

ZitatIch habe nur mit dem Kopf geschüttelt, als ich die Ankündigung vor ein paar Tagen las. Tarantino ist der denkbar unpassendste Kandidat für so ein Thema. An den Morden und dem Sektenkult ist nichts Pulpiges oder Cooles - und das ganze als Retro-Kiffer-Crime Geschichte anzulegen, dürfte recht peinlich werden.

Pulp ist Tarantinos Markenkern, und bei diesem Sujet passt das m. E. nicht. Interessanter als der ganze Manson-Kram ist am Trailer ohnehin das 60er-Jahre-Feeling und das Duo DiCaprio/Pitt. Wird der erste Tarantino, bei dem mir eine VoD-Sichtung in ein paar Jahren reicht.
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StS

,,Once Upon a Time in Hollywood": Im Grunde ein typischer Tarantino-Streifen... mit einer tollen Besetzung, vielen lässigen Dialogen und pfiffig arrangierten Sequenzen, einem starken Soundtrack und einer stimmigen Atmosphäre... zugleich aber auch ein wenig ungewohnt für ihn, da des Öfteren geradezu ,,locker-leicht-oberflächlich-leer" anmutend. Die Laufzeit vergeht wie im Flug... ohne Längen und stets unterhaltsam... mit diversen starken Momenten (unter ihnen ein Besuch im Kreise der Manson Family) sowie mit allerlei cineastischen Zitaten und Verweisen bestückt. Und dann der höchst brutale, perplexende finale Akt des Films: Auf der einen Seite ärgerlich, angrenzend anmaßend und pietätlos... auf der anderen aber wiederum prima zum Kontext des Werks passend sowie im Zuge dessen die Doppeldeutigkeit des Titels betonend.

7/10
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PierrotLeFou

Zitat von: StS am 15 August 2019, 22:14:09Und dann der höchst brutale, perplexende finale Akt des Films: Auf der einen Seite ärgerlich, angrenzend anmaßend und pietätlos... auf der anderen aber wiederum prima zum Kontext des Werks passend sowie im Zuge dessen die Doppeldeutigkeit des Titels betonend.

Könntest du mir den einmal (geschwärzt) spoilern?
"Eines Tages werde ich ein wahrhaft großes Drama schreiben. Niemand wird verstehen, worauf es hinaus will, aber alle werden nach Hause gehen mit einem vagen Gefühl der Unzufriedenheit mit ihrem Leben und ihrer Umgebung. Dann werden sie neue Tapeten aufhängen und die Sache vergessen." (Saki)

McClane

Ich tue es mal für ihn:

Spoiler: zeige
Die Manson-Jünger klingeln nicht bei Tate, sondern bei Rick Dalton und werden dort von Dalton, Booth und dessen Hund in die ewigen Jagdgründe geschickt. Booth kommt ins Krankenhaus, während Dalton zu einem Get-Together bei Tate eingeladen wird, wobei er merkt, dass er noch geschätzt wird (z.B. von Tate und Jay Seberg).


Ich hatte schon so etwas erwartet und sehe auch keinen großen Unterschied zum freien "Inglorious Basterds"-Ende, das übrigens noch viel krasser die Geschichte umschreibt - egal was Knödel wie Duncan Jones sagen. Und der Titel von "Once Upon a Time in Hollywood" sagt ja schon, dass es eine Art Märchen ist.

Kann StS' Ausführungen weitestgehend zustimmen. Es ist nicht der mutigste Tarantino, aber von einer unheimlichen Liebe zu Film und Fernsehen der 1960er beseelt, mit zahllosen Verweisen, die ich vermutlich nicht alle erkannt habe. Ein bestimmtes Popkulturwissen lohnt sich - wenn man z.B. weiß, wer Audie Murphy ist, dann versteht man den Vergleich von Cliff Booth und ihm deutlich besser. Sehr schön ist auch wie Tarantino mit Materialität und Format des Films spielt: 4:3-Szenen, wenn es Szenen aus der fiktiven "Bounty Law"-Serie, die Schrammeligkeit einer alten Filmkopie eines früheren Rick-Dalton-Films usw. "Once Upon a Time in Hollywood" hat wenig äußere Handlung, hakt manchmal Checklisten ab (Red-Apple-Zigaretten, Fußfetisch-Shots, Tarantinos Musikfundstücke im Radio etc.), ist aber ein warmherziges Portrait einer vergangenen Ära mit extrem viel Liebe für die Figuren, bei dem DiCaprio mal wieder extra glänzt: Rick Dalton ist ein eitler Geck, der zuviel säuft, aber gleichzeitig auch hart für seinen Schauspielerjob arbeitet, dem es peinlich ist seinen Text zu vergessen und der Angst vor dem Karriereende hat - faszinierend, wie er da innerhalb einer Einstellung in Tonalität und Mimik wechseln kann um so viel zum Ausdruck zu bringen. Der Schlussakt ist Tarantino-typisch,
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will heißen: ordentliches Gemetzel
, aber er hat Vergleichbares schon souveräner inszeniert. Auch wenn ich eine Idee toll fand:
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Was wäre, wenn die Manson-Jünger nicht auf verängstigte Zivilisten treffen, sondern einen Typen auf Acid, der gar keine Angst vor ihnen hat, sie noch nicht einmal Ernst nimmt.
(7/10)
"Was würde Joe tun? Joe würde alle umlegen und ein paar Zigaretten rauchen." [Last Boy Scout]

"testosteronservile Actionfans mit einfachen Plotbedürfnissen, aber benzingeschwängerten Riesenklöten"
(Moonshade über yours truly)

PierrotLeFou

Lieben Dank! So eine
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 "Inglorious Basterds"-Wendung hatte ich auch ungefähr erwartet – also: dass die Manson Family hier "scheitert"; nicht aber, dass sie gar nicht bei Tate eindringt...


Bin mal gespannt; "1969" fällt natürlich voll in mein Beuteschema, Tarantino hingegen finde ich nahezu immer auch irgendwie nervig...
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Roughale

Ich bin auch ähnlicher Meinung, nur dass ich nicht sagen würde, dass der Film keine Längen hat, die hat er, wirkt aber trotzdem verdammt kurzweilig, ich war überrascht, wie schnell die überlange Laufzeit verstrichen ist. Aber diese verspürten Längen waren auch aus unterschiedlichen Gründen immer interessant, also ist es eventuell nur Wortklauberei und diese habe ich nur im Moment so verspürt, rückblickend könnte ich gar keine jetzt nennen. Optisch der Oberhammer, schauspielerisch bis in die kleinste Rolle Champion's League (Leo muss Oscar #2 bekommen, diesmal dann zurecht ;)), der Soundtrack absolut klasse, nur komischerweise irgendwie nicht so tarantinoesk weil ich da keine Spielereien mit anderen Genres oder Epochen ausmachen konnte, aber das passt zu meiner abschliessenden Analyse des Films. Ich sehe den Film als namentlich vorgegebens Märchen, das in eher dokumentarischer Art erzählt wird, bei Dokumentationen könnte man die Musik als eher unpassend ansehen, muss man aber nicht ;)

Ich fand ihn richtig gut, nicht sein Bester, abver immer noch 9,5/10 bei mir. Auf das making Off bin ich sehr gespannt, ich hoffe da wird man einiges noch erfahren können, besonders, wie sie die alten Filmszenen gepimpt haben.

esta es la mejor mota
When there is no more room for talent OK will make another UFC

StS

Ich hatte natürlich im Vorfeld auch überlegt, wie das Ende wohl aussehen mag... hab allerdings definitiv nicht mit so etwas wie
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den Flammenwerfer-Einsatz gegen das Manson-Girl
gerechnet  :schock: 

Kurz hatte ich bspw. spekuliert,
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Tarantino hätte die Morde an Tate und den anderen vielleicht anders "herbeigedichtet"... z.B. als Racheakt dafür, dass Booth auf der "Manson-Ranch" aufgekreuzt war... dass sie ihn infolge dessen aufsuchen und es dann irgendwie dazu kommt, dass sie (aus Versehen oder zusätzlich) bei seinen Nachbarn (also bei Tate) landen und die betreffenden Morde begehen.


Ich bin gespannt, ob QT es tatsächlich durchzieht, eine 4-stündige Schnittfassung des Streifens als Mini-Serie zu veröffentlichen. Würde ich mir auf jeden Fall mal anschauen.
"Diane, last night I dreamt I was eating a large,  tasteless gumdrop and awoke to discover I was chewing one of my foam disposable earplugs.
Perhaps  I should consider moderating my nighttime coffee consumption...."
(Agent Dale B.Cooper - "Twin Peaks")

manisimmati

17 August 2019, 02:12:57 #50 Letzte Bearbeitung: 17 August 2019, 02:17:24 von manisimmati
Ich finde, das ist der erste und einzige Tarantino-Streifen, der auch nur ansatzweise an die Genialität von Pulp Fiction heran kommt. Endlich mal wieder was, das sich in mehrere Richtungen deuten lässt und nicht nur billige Rachegelüste bedient! Endlich mal wieder Überraschendes, Zweideutiges, Detailliertes, Alltägliches, Originelles, Genre-Übergreifendes, Komplexes und Langweiliges. Ja, ich mag das Teil. Nur die erste Viertelstunde steht etwas sperrig im Raum. Aber wenn man erstmal im Flow drin ist, vergehen die 160 Minuten wie im Flug. 9/10

EDIT: Je länger ich darüber nachdenke, desto stärker erinnert mich der Film vom Ansatz her an Paul Thomas Anderson. Dabei denke ich vor allem (naja, eigentlich nur) an Boogie Nights und Inherent Vice.

PierrotLeFou

Zitat von: manisimmati am 17 August 2019, 02:12:57Endlich mal wieder was, das sich in mehrere Richtungen deuten lässt und nicht nur billige Rachegelüste bedient!

Sehe ich ganz anders. Während "Hateful 8" (teilweise auch unbeabsichtigt) vermeintlich kathartische Rache subversiv unterlief, ist das hier bloß eine märchenhafte Hollywood-Wild-West-Mär, die
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Charles Manson seinen zweifelhaften Ruhm zurecht nicht gönnt und der Manson Family unterhaltsam aufs Maul gibt...
Sharon Tate
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darf noch leben, Polanski hätte womöglich nie eine 13-Jährige missbraucht und entsprechend zeichnet Tarantino, dem passend zu seinen Sexismen auch so ein paar Chauvi-Eigenschaften nachgesagt werden, ein Hollywood-Bild, in dem ein abgehalfterter Stuntman den Blowjob von einer vielleicht doch nicht ganz 18-Jährigen weit von sich weist...
War ganz unterhaltsam, zwei, drei Momente (vor allem Pitts Aufenthalt auf der Ranch) erachte ich als äußerst gewitzt, inszenatorisch war der Film immer dann am besten, wenn Tarantino die Verdienste Anderer aufgreift, hat mir aber im Hinblick auf seine moralische Haltung durchweg das Gefühl gegeben, dass Tarantino so ziemlich die letzte Person wäre, mit der ich mal zusammentreffen wollen würde... (
Spoiler: zeige
Das Bruce-Lee-Bashing, die simple "Filmische Rache ist geil"-Haltung, die Gegenüberstellung von Tate und der Kino-Kartenverkäuferin sowie den Blick auf weibliche Körper, der mir hier im Finale dicht an offener Frauenverachtung entlangschrammelt, habe ich doch als etwas störend empfunden.
)
7,5/10
"Eines Tages werde ich ein wahrhaft großes Drama schreiben. Niemand wird verstehen, worauf es hinaus will, aber alle werden nach Hause gehen mit einem vagen Gefühl der Unzufriedenheit mit ihrem Leben und ihrer Umgebung. Dann werden sie neue Tapeten aufhängen und die Sache vergessen." (Saki)

Dr. Schnabel

Zitat von: PierrotLeFou am 21 August 2019, 03:57:43Sehe ich ganz anders. Während "Hateful 8" (teilweise auch unbeabsichtigt) vermeintlich kathartische Rache subversiv unterlief,..

Ich finde, manisimmati hat da völlig Recht.

Wenn ich einen Film der letzten Jahre als Musterbeispiel nennen müsste, der im eigentlichen Sinne - und zudem völlig plakativ - kathartische (!) Rache (!!) bedient, dann ist das "The Hateful Eight".
... alias: Der Zerquetscher

PierrotLeFou

Zitat von: Dr. Schnabel am 21 August 2019, 12:17:25
Zitat von: PierrotLeFou am 21 August 2019, 03:57:43Sehe ich ganz anders. Während "Hateful 8" (teilweise auch unbeabsichtigt) vermeintlich kathartische Rache subversiv unterlief,..

Ich finde, manisimmati hat da völlig Recht.

Wenn ich einen Film der letzten Jahre als Musterbeispiel nennen müsste, der im eigentlichen Sinne - und zudem völlig plakativ - kathartische (!) Rache (!!) bedient, dann ist das "The Hateful Eight".
Tarantino hat nun in "Death Proof", in "Inglourious Basterds" und in "Django Unchained"
Spoiler: zeige
(und jüngst eben wieder in "Once Upon a Time ... in Hollywood")
rein negativ konnotierte Figuren (misogyner weinerliche Serienkiller / Nazis / Sklavenhalter / Manson Family) spaßig einer Strafe durch moralisch zumindest etwas gefestigtere Figuren ausgesetzt (
Spoiler: zeige
auch wenn Dalton im neuen Film ein eitler Geck ist und sein Stuntman vielleicht tatsächlich einmal eine schwere Schuld auf sich geladen hat, was der Film mit einer gewissen "Wäre ihr recht geschehen"-Attitüde entschärft
).
In "Hateful 8" hat er zum einen die s/w-Zeichnung etwas aufgegeben, insofern zB die Rassismus-Opfer hier ihrerseits Rassisten sind (und Farbige etwa über Mexikaner herziehen); vor allem aber ist doch die Bestrafung der kriminellen Frau nicht kathartisch. Da liegen zwei verfeindete Männer nebeneinander, die ihren Rassismus und ihre persönlichen Abneigungen überwinden, um gemeinsam einer Frau einen möglichst nicht zu milden Tod zu bescheren. (Zumal es zuvor Yoko Onos "Woman is the nigger of the world" implizit thematisiert worden ist und anfangs mehrdeutig eine Definition und Beurteilung von gerechter Strafe geliefert worden ist...)
Es mag sein, dass da am Ende bloß Tarantinos eigene Misogynie durchscheint und das Finale in der Tat kathartisch sein soll. Ich würde eher sagen, dass da nach den geführten (oder zumindest berührten) Diskursen die Verbrüderung zweier durchaus rassistisch eingestellter Unsympathen zwecks grausamer (und eindeutig genüsslich durchgeführter) Bestrafung einer (durchaus unsympathischen und kriminellen) Frau nichts Kathartisches hat, sondern bloß unangenehm und zynisch wirkt.
Spoiler: zeige
Dagegen kehrt mir der aktuelle Film doch wieder zu sehr zur Taktik zurück, ein "Rache ist geil"-Faible an jenen Grüppchen durchzuspielen, die heute gesellschaftlich weithin geächtet werden.
"Eines Tages werde ich ein wahrhaft großes Drama schreiben. Niemand wird verstehen, worauf es hinaus will, aber alle werden nach Hause gehen mit einem vagen Gefühl der Unzufriedenheit mit ihrem Leben und ihrer Umgebung. Dann werden sie neue Tapeten aufhängen und die Sache vergessen." (Saki)

McClane

Ich würde Pierrots Tarantino-Bashing zwar nicht beipflichten, sehe das mit der Rache-(Nicht-)Katharsis im Vergleich von "Hateful 8" und OUaTiH ähnlich. Ich möchte noch in einem anderen Punkt sekundieren:

Spoiler: zeige
In "Hateful 8" ist die Rache beinahe extra sinnlos, da die beiden Männer ja schwer verletzt sind, vielleicht sogar an ihren Wunden sterben werden - aber wenigstens nehmen sie Daisy noch mit, so kann man ihre Moral zusammenfassen. Natürlich bleiben die Fragen, ob sie damit verhindern, dass Daisy abhaut, falls sie draufgehen, aber die Verbitterung im gemeinsamen Hass hat schon eine fiese Note.

Dagegen sind die Manson-Leute hier fast durchweg lächerliches Kanonenfutter. Und - auch wenn ich Tarantino jetzt nicht als per se misogyn sehe - an dem einen Manson-Girl tobt der Film sich ja richtig aus, wenn sie nach massiven Verstümmelungen noch mit dem Flammenwerfer gebrutzelt wird.

Außerdem mag Daisy irgendwo eine unsympathische Schrulle sein, sie hat aber immerhin einen Namen (zumindest einen, den man sich beim Filmschauen merkt) und Tarantino gesteht ihr ja durchaus Gefühle wie Trauer angesichts des Todes ihres Bruders zu.
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"testosteronservile Actionfans mit einfachen Plotbedürfnissen, aber benzingeschwängerten Riesenklöten"
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Dr. Schnabel

Zitat von: PierrotLeFou am 21 August 2019, 15:20:16Tarantino hat nun in "Death Proof", in "Inglourious Basterds" und in "Django Unchained"
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(und jüngst eben wieder in "Once Upon a Time ... in Hollywood")
rein negativ konnotierte Figuren (misogyner weinerliche Serienkiller / Nazis / Sklavenhalter / Manson Family) spaßig einer Strafe durch moralisch zumindest etwas gefestigtere Figuren ausgesetzt (
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auch wenn Dalton im neuen Film ein eitler Geck ist und sein Stuntman vielleicht tatsächlich einmal eine schwere Schuld auf sich geladen hat, was der Film mit einer gewissen "Wäre ihr recht geschehen"-Attitüde entschärft
).
In "Hateful 8" hat er zum einen die s/w-Zeichnung etwas aufgegeben, insofern zB die Rassismus-Opfer hier ihrerseits Rassisten sind (und Farbige etwa über Mexikaner herziehen); vor allem aber ist doch die Bestrafung der kriminellen Frau nicht kathartisch. Da liegen zwei verfeindete Männer nebeneinander, die ihren Rassismus und ihre persönlichen Abneigungen überwinden, um gemeinsam einer Frau einen möglichst nicht zu milden Tod zu bescheren. (Zumal es zuvor Yoko Onos "Woman is the nigger of the world" implizit thematisiert worden ist und anfangs mehrdeutig eine Definition und Beurteilung von gerechter Strafe geliefert worden ist...)[/spoiler]

Ich meine, Du verlierst Dich da sehr im Detail. Und so faszinierend das ist, manchmal sieht man dann den Wald vor lauter Bäumen nicht. So geht das mir jedenfalls manchmal.

Ich denke nämlich nicht, dass Tarantino Rassismus aufrechnet oder seine Figuren allzu komplex anlegt. In den "Hateful Eight" ist eine Szene, in der der Schwarze den weißen Konföderierten-Offizier (also den Dern) erst provoziert, um ihm dann zu sagen, dass er seinen Sohn getötet hat, um ihm dann zu sagen, dass der ihn zuvor erniedrigt und wimmernd oral befriedigen musste (An dieser Stelle meine ich sogar, der Durst nach filmischer Rache hat Filmgeschichte geschrieben)- um ihn dann zu erschießen! Und das in einer Zeit, in der weiße Rassisten Schwarze in Kirchen ermorden. Also wenn das nicht kathartische Rache ist, was denn bitte dann? Das ist für mich mindestens auf dem politischen oder auch moralischen Niveau von "Ein Mann sieht rot". Jedenfalls, wenn man es politisch unvoreingenommen und völlig ungehemmt betrachtet.

Zitat von: PierrotLeFou am 21 August 2019, 15:20:16Es mag sein, dass da am Ende bloß Tarantinos eigene Misogynie durchscheint und das Finale in der Tat kathartisch sein soll. Ich würde eher sagen, dass da nach den geführten (oder zumindest berührten) Diskursen die Verbrüderung zweier durchaus rassistisch eingestellter Unsympathen zwecks grausamer (und eindeutig genüsslich durchgeführter) Bestrafung einer (durchaus unsympathischen und kriminellen) Frau nichts Kathartisches hat, sondern bloß unangenehm und zynisch wirkt.
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Dagegen kehrt mir der aktuelle Film doch wieder zu sehr zur Taktik zurück, ein "Rache ist geil"-Faible an jenen Grüppchen durchzuspielen, die heute gesellschaftlich weithin geächtet werden.


Ich bin mir nicht sicher, ob ein Mann, der die womöglich bekannteste weibliche Nemesis der Erwachsenenfilmgeschichte entworfen hat, ein Frauenfeind ist. Eine Frau, die sich an ihren ehemaligen - bis auf eine Ausnahme - männlichen Peinigern blutig rächt und ihnen physisch wie psychisch überlegen ist (Kill Bill). Ein Misogynist würde sich auch nicht visuell derart daran delektieren, wie sehr sich die Mädchen aus "Death Proof" am Ende "wohltuend" an Kurt Russell rächen.

Wohingegen ich beim aktuellen Tarantino übrigens das Thema Rache vergleichsweise wenig wahrnehme. Mich persönlich freut das übrigens, denn er ist für mich der angenehmste und unprätentiöseste Tarantino seit Jackie Brown. Ich bin kein großer Fan von seinen Ausflügen in die Politik, liebe aber geradezu seine 90er-Produktionen. Aber das ist nur mein subjektives Empfinden und steht nicht zur Diskussion.

Bei der Punktzahl sind wir uns übrigens einig. 7,5 trifft es auch für mich voll.
... alias: Der Zerquetscher

McClane

Zitat von: Dr. Schnabel am 21 August 2019, 18:45:55In den "Hateful Eight" ist eine Szene, in der der Schwarze den weißen Konföderierten-Offizier (also den Dern) erst provoziert, um ihm dann zu sagen, dass er seinen Sohn getötet hat, um ihm dann zu sagen, dass der ihn zuvor erniedrigt und wimmernd oral befriedigen musste (An dieser Stelle meine ich sogar, der Durst nach filmischer Rache hat Filmgeschichte geschrieben)- um ihn dann zu erschießen! Und das in einer Zeit, in der weiße Rassisten Schwarze in Kirchen ermorden. Also wenn das nicht kathartische Rache ist, was denn bitte dann? Das ist für mich mindestens auf dem politischen oder auch moralischen Niveau von "Ein Mann sieht rot". Jedenfalls, wenn man es politisch unvoreingenommen und völlig ungehemmt betrachtet.

Aber kann man diese Szene nicht auch anders verstehen? Ich sehe Jacksons Figur da nicht als strahlenden Helden. Man kann seine Motivation verstehen, aber er ist immer noch ein Typ, der berechnend eine Situation erschafft, in der er einen alten, nicht besonders gefährlichen Mann ungestraft abknallen kann - der mag ein schlechter Mensch sein, seine Geschichte hat man als Zuschauer aber nur erzählt bekommen, nicht gesehen.
"Was würde Joe tun? Joe würde alle umlegen und ein paar Zigaretten rauchen." [Last Boy Scout]

"testosteronservile Actionfans mit einfachen Plotbedürfnissen, aber benzingeschwängerten Riesenklöten"
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PierrotLeFou

Zitat von: McClane am 21 August 2019, 18:38:01Und - auch wenn ich Tarantino jetzt nicht als per se misogyn sehe - an dem einen Manson-Girl tobt der Film sich ja richtig aus, wenn sie nach massiven Verstümmelungen noch mit dem Flammenwerfer gebrutzelt wird.
Ja! ;) Und diese Figur, die am meisten (und am "lustigsten") zu leiden hat, hatte ja den Plan zuvor ersonnen. Und das mit einer Argumentation über filmische Gewalt, von der Tarantino wenig zu halten scheint...
Das sollte schon Spaß machen
"Eines Tages werde ich ein wahrhaft großes Drama schreiben. Niemand wird verstehen, worauf es hinaus will, aber alle werden nach Hause gehen mit einem vagen Gefühl der Unzufriedenheit mit ihrem Leben und ihrer Umgebung. Dann werden sie neue Tapeten aufhängen und die Sache vergessen." (Saki)

Vince

Zitat von: PierrotLeFou am 21 August 2019, 19:56:01Ja! ;) Und diese Figur, die am meisten (und am "lustigsten") zu leiden hat, hatte ja den Plan zuvor ersonnen.

Was aber dann doch erst recht untermauert, dass es hier wohl weniger darum geht, das weibliche Geschlecht zu bestrafen als es vielmehr darum geht, Recht walten zu lassen gemäß der Rangordnung der Angreifer. Wenn man nämlich so anfängt, müsste man schließlich auch darauf eingehen, dass
Spoiler: zeige
der männliche Einbrecher vom Hund quasi kastriert wird. Komisch, dass da nichts reingedeutet wird.


Ich bin da ganz beim Schnabel: Dem Regisseur, der Kill Bill, Death Proof oder auch Jackie Brown gedreht hat, gezielt Misogynie vorzuwerfen, erscheint mir doch ziemlich weit hergeholt.

PierrotLeFou

Zitat von: Dr. Schnabel am 21 August 2019, 18:45:55Ich denke nämlich nicht, dass Tarantino Rassismus aufrechnet oder seine Figuren allzu komplex anlegt. In den "Hateful Eight" ist eine Szene, in der der Schwarze den weißen Konföderierten-Offizier (also den Dern) erst provoziert, um ihm dann zu sagen, dass er seinen Sohn getötet hat, um ihm dann zu sagen, dass der ihn zuvor erniedrigt und wimmernd oral befriedigen musste (An dieser Stelle meine ich sogar, der Durst nach filmischer Rache hat Filmgeschichte geschrieben)- um ihn dann zu erschießen! Und das in einer Zeit, in der weiße Rassisten Schwarze in Kirchen ermorden. Also wenn das nicht kathartische Rache ist, was denn bitte dann? Das ist für mich mindestens auf dem politischen oder auch moralischen Niveau von "Ein Mann sieht rot". Jedenfalls, wenn man es politisch unvoreingenommen und völlig ungehemmt betrachtet.
McClane hat dazu schon etwas gesagt, was ich ebenso sehen würde. Ich möchte aber noch einmal betonen, dass er als Rassismus-Opfer eben keinerlei Probleme damit hat, Rassismus gegenüber Mexikanern zu tolerieren und in einem gewissen Maße auch selber auszuleben... Schon ein dreckiger Charakter, der ja bereits über den Filmtitel in eine Ecke mit Charakteren gedrängt wird, welche nicht als reine Helden zu betrachten sind.

Spannend fand ich an besagter Szene vor allem die schon in "Pulp Fiction" vorhandene Homophobie. "Kathartische Rache" konnte ich darin nicht sehen, weil gar nicht klar ist, was davon wirklich geschehen ist - und weil es bloß dazu dient, einen Typen abknallen zu können (wenn es auch nicht schade um diesen ist).


Zitat von: undefinedIch bin mir nicht sicher, ob ein Mann, der die womöglich bekannteste weibliche Nemesis der Erwachsenenfilmgeschichte entworfen hat, ein Frauenfeind ist. Eine Frau, die sich an ihren ehemaligen - bis auf eine Ausnahme - männlichen Peinigern blutig rächt und ihnen physisch wie psychisch überlegen ist (Kill Bill). Ein Misogynist würde sich auch nicht visuell derart daran delektieren, wie sehr sich die Mädchen aus "Death Proof" am Ende "wohltuend" an Kurt Russell rächen.
Ich würde jetzt nicht sagen, dass Tarantino ein übler Frauenfeind ist, aber er verfügt meines Erachtens über latent frauenfeindliche Haltungen. "Kill Bill" würde ich nicht als Argument dagegen betrachten, sondern als Argument dafür begreifen.
Hier ist keine normale Frau am Werk, sondern ein Racheengel, eine Männerfantasie. Ich kann nur extrem wenig normale Frauen bei Tarantino entdecken. Das sind entweder Racheengel, die Tarantinos erotischem Blick auf die starke Frau entspringen, oder nervige Quasseltaschen, die erschossen werden, oder freizügig sexy tanzende Augenweiden. (Natürlich haben auch die Männer ihre Schablonen - wobei schwule Männer übrigens richtig schlecht wegkommen -, die aber teilweise etwas positiver konnotiert sind: Sexy rumtanzen oder oberkörperfrei auf dem Dach Reparaturen vornehmen und über die eigenen Narben am muskulösen Leib Mut, Tatbereitschaft und Entschlossenheit zu zeigen... das ist schon ein Unterschied.)
Ich will Tarantino jetzt über solche Perspektiven definieren. Aber er hat so ein paar sexistische Szenen abgedreht - und sich in Weinstein-/MeToo-/Polanski-Debatten auch nicht unbedingt durch feinfühlige, durchdachte Kommentare hervorgetan.

Zitat von: undefinedWohingegen ich beim aktuellen Tarantino übrigens das Thema Rache vergleichsweise wenig wahrnehme. Mich persönlich freut das übrigens, denn er ist für mich der angenehmste und unprätentiöseste Tarantino seit Jackie Brown. Ich bin kein großer Fan von seinen Ausflügen in die Politik, liebe aber geradezu seine 90er-Produktionen. Aber das ist nur mein subjektives Empfinden und steht nicht zur Diskussion.
Gut, der Film mändert natürlich ziemlich dahin und bloß im Film-im-Film und beiden gewaltsamen Zusammenstößen mit der Manson Family (und im "Freundschaftskampf" mit einem überheblichen Bruce Lee) steht die Rache im Vordergrund, derweil ein Bogen fehlt, in dem die Family zuvor anderen Leuten Übel zusetzen würde... Dennoch kulminiert der Film ja in einem seine Strenge zusammenführenden Finale, in dem genüssliche Rache an kaputten Typen zelebriert wird.
"Eines Tages werde ich ein wahrhaft großes Drama schreiben. Niemand wird verstehen, worauf es hinaus will, aber alle werden nach Hause gehen mit einem vagen Gefühl der Unzufriedenheit mit ihrem Leben und ihrer Umgebung. Dann werden sie neue Tapeten aufhängen und die Sache vergessen." (Saki)

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