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Parasite (Goldene Palme 2019, Bong Joon-ho)

Begonnen von manisimmati, 3 August 2019, 23:59:56

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manisimmati

3 August 2019, 23:59:56 Letzte Bearbeitung: 4 August 2019, 18:47:30 von manisimmati


Die ganze Familie Ki-taek ist arbeitslos und umso mehr interessiert sie sich für den sorglosen Lebensstil der wohlhabenden Familie Park. Dank einer glücklichen Fügung und der Empfehlung eines Freundes gelingt es dem Sohn, eine Anstellung als privater Englischlehrer bei den Parks zu ergattern. Dies ist der Anfang einer unkontrollierbaren Verkettung von Ereignissen, aus deren Sogwirkung niemand wirklich heil herauskommen wird...

(Zitat: Filmcoopi)

Da hat der liebe Bong Joon-ho (Snowpiercer, Memories of Murder) ein Monster von einem Film geschaffen: verstörend, spannend, politisch, witzig, was nicht? Das Teil hat dieses Jahr zurecht die Goldene Palme abgestaubt. Hab ihn heute in der Schweiz gesehen. Ich glaube, der läuft noch nicht in Deutschland? Wenn er kommt: Unbedingt sehen! Der Trailer verrät nicht viel, den kann man sich geben:


PierrotLeFou

Verstörend würde ich den jetzt nicht gerade nennen. Auch spannend war er mMn nur in kleinen Einzelszenen für die Dauer weniger Sekunden. Ich finde, dass hier die satirischen und grotesken Momente tonangebend sind (ein bisschen wie in Kim Ki-duks "Moibiwooseu" (2013)). Mitunter angestellte Vergleiche mit Pasolinis "Teorema" kann ich nachvollziehen, denke aber, dass sie im Hinblick auf Inhalt und Form nicht so ganz glücklich sind. Formal ist dieser Film hier z.B. wesentlich "organischer" und mainstreamtauglicher. Mich hat er jetzt nicht so abgeholt (was heißen soll, dass ich ihn zwar ziemlich gut fand, aber nicht so gut wie es mir von einem Palme-d'or-Gewinner erhoffen würde; letztlich bin ich bei einer starken 7/10 gelandet). Als Satire war er mir zu zahm, zu gefällig; und als Thriller oder Drama zu grotesk und satirisch, um mich wirklich zu fesseln... Interessante Details (wie den Nordkorea-Verweis) gab es zwar, aber überwiegend war mir dieses Spiel mit arm/reich-Klischees, das sich ironisch jeder eindeutigen Lesart verweigert, zu unergiebig und in den möglichen Aussagen jeweils nicht originell genug.
"Eines Tages werde ich ein wahrhaft großes Drama schreiben. Niemand wird verstehen, worauf es hinaus will, aber alle werden nach Hause gehen mit einem vagen Gefühl der Unzufriedenheit mit ihrem Leben und ihrer Umgebung. Dann werden sie neue Tapeten aufhängen und die Sache vergessen." (Saki)

manisimmati

6 September 2019, 00:34:42 #2 Letzte Bearbeitung: 6 September 2019, 00:37:15 von manisimmati
Zitat von: PierrotLeFou am 31 August 2019, 18:58:35Verstörend würde ich den jetzt nicht gerade nennen. Auch spannend war er mMn nur in kleinen Einzelszenen für die Dauer weniger Sekunden.

Da würde ich widersprechen. Das ganze Finale,
Spoiler: zeige
an dem sich die "Schattenfamilie" vor der echten Familie verstecken muss (Stichwort Sex)
, fand ich so beunruhigend wie schon lange nichts mehr. Auch
Spoiler: zeige
der Mann im Keller
ist ganz nicht ohne. Spannend ist das Teil meiner Meinung nach definitiv. Zugegeben: Wenn man dem Film eine Aussage entziehen will, scheint diese nicht besonders originell. Obwohl ich finde, dass es hier schon um mehr geht als nur Arm/Reich-Klischees. Ich habe mich aber eh vor allem an der Tatsache erfreut, dass Bong Joon-ho die ursprünglich sehr charismatische Familie – im Stile eines gefälligen Indie-Streifens eingeführt – immer ambivalenter darstellt. Wer wird hier eigentlich ausgebeutet? Ist die reiche Familie tatsächlich so unschuldig, wie suggeriert? Einzelne Details lassen einen anderen Schluss zu. (Der Gestank der Armut ...) Das Publikum kann sich hier viele spannende, moralische Fragen stellen, finde ich. Aber ich hab wohl einfach einen "Sweetspot" für satirische und groteske Thriller, haha. Den Kritikpunkt mit der Gefälligkeit kann ich hingegen nachvollziehen. Mich persönlich hat das nicht gestört. Manchmal reicht es mir, wenn ein Regisseur eine gute Geschichte gut erzählt. Ist hier geschehen.

PierrotLeFou

Ich finde, dass die Frage, auf wen sich der Titel bezieht, schon sehr früh auftaucht – und dass die reiche Familie schon von Anfang an als keinesfalls unschuldig vorgestellt wird...
Habe gestern erstmals Bong Joon-hos "The Host"/"Gwoemul" gesehen. Womöglich werde ich mit diesem Filmemacher einfach nicht ganz warm: was an diesem plump antimaerikanischen, mild sozialkritischem Monsterfilmchen übermäßig erwähnenswert sein soll, erschließt sich mir nicht ganz.
"Eines Tages werde ich ein wahrhaft großes Drama schreiben. Niemand wird verstehen, worauf es hinaus will, aber alle werden nach Hause gehen mit einem vagen Gefühl der Unzufriedenheit mit ihrem Leben und ihrer Umgebung. Dann werden sie neue Tapeten aufhängen und die Sache vergessen." (Saki)

Wolfhard-Eitelwolf

Nachgeholt für 99 Cent und sehr gut unterhalten worden. Runde Charaktere, ruhige Bilder und mitunter skurrile Situationen entwickeln hier einen wunderbaren Flow - ob der Showdown allerdings derart dramatisch hätte sein müssen, lasse ich mal dahingestellt. Ich bin sicher, dass es eine bodenständigere Auflösung auch getan hätte. Knappe 9/10 Punkte.

EmLikesMovies

Meine Erfahrung mit koreanischen Filmen sind zugegeben sehr begrenzt, ich habe da wohl einiges nachzuholen.

Parasite hat mich vor allem wegen der unglaublichen Kameraführung und den - teils übertrieben - dramatischen Wendepunkten doch in seinen Bann gezogen. Auch wenn mir diese Gesellschaftsstrukturen fremd scheinen, kann man sich doch wirklich in jede einzelne der Figuren hineinfühlen, was heute nur wenige Filme erreichen.
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