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Brand New Cherry Flavor (Horror-Mystery-Miniserie, Netflix)

Begonnen von Moonshade, 20 Oktober 2021, 11:00:32

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Moonshade

Im Windschatten von "Squid Game" gestartet, bekommt BNCF nicht ganz so große mediale Aufmerksamkeit, kann aber mit einem wilden Mix aus 90er Optik, Hollywood, Horror, Mystery, Thriller und Dramedyelementen durchaus punkten.

ZitatLisa N. Nova (Rosa Salazar) kann ihr Glück kaum fassen: Nicht allein, dass ihr Studentenfilm mit dem Titel Lucy's Eye die Aufmerksamkeit des Produzenten Lou Burke (Eric Lange) auf sich zieht, was ihr den Weg nach Hollywood ebnen könnte. Er will den verstörenden Horrorkurzfilm sogar zu einem richtigen Spielfilm ausbauen lassen, der berühmte Schauspieler Roy Hardaway (Jeff Ward) soll darin auftreten. Und Lisa darf Regie führen! So dachte sie zumindest. Kurz nach der Vertragsunterzeichnung stellt sich jedoch heraus, dass Burke ein falsches Spiel mit ihr gespielt und sie einfach durch einen anderen Regisseur ersetzt hat. Außer sich vor Wut, derart hintergangen worden zu sein, wendet sie sich an Boro (Catherine Keener), die sie zufällig vorher kennengelernt hat und die ihr angeboten hatte, jemandem weh zu tun. Tatsächlich lässt sie sich darauf ein, den verhassten Produzenten mit einem Fluch zu belegen. Doch der Preis hierfür ist hoch ... (Quelle: Film-Rezensionen)

Basierend auf dem Roman von Todd Grimson (allerdings wurden seine Bücher in D noch nicht verlegt und sind auch schon ein paar Jahre alt)! Die achtteilige Serie ist als Literaturverfilmung voraussichtlich in sich abgeschlossen.

Darsteller: Rosa Salazar, Catherine Keener, Eric Lange, Jeff Ward

IMDB: https://www.imdb.com/title/tt11343600/reference
OFDB: https://ssl.ofdb.de/film/355160,Brand-New-Cherry-Flavor
"Du hältst durch und ich halte durch und nächstes Jahr gehen wir einen saufen!

"Anything invented after you're thirty-five is against the natural order of things.!" (Douglas Adams)

Private Joker

Ja, die hatte ich vor einiger Zeit schon durch und fand das rechtschaffend strange.

Zunächst hatte ich den subjektiv nicht sehr erfreulichen Verdacht, das wäre "me-too-die Horrorserie", aber das relativiert sich schon noch. Trotzdem kann man sich vorstellen, warum Netflix auf den Zug aufgesprungen ist, Hispano-Amerikanerin + sexuelle Nötigung passt anscheinend prima in die Zeit, in der die sich für den weißen Hetero als Hauptfigur (etwa in "Witcher") fast schon entschuldigen müssen.

Weil der Fluch der (fast) missbrauchten Frau sich in relativ kurzer Zeit gegen alles und jeden wendet, muss man das aber nicht zwingend als Ausschlusskriterium gegen das Ansehen (oder, wer genau umgekehrt tickt, als USP und Hauptgrund fürs Streamen) betrachten, das ist mit zunehmender Laufzeit schon "Horror" pur. Mit durchaus knackigen Szenen, aber auch keine reine Ekelpackung, und mit Keener und Salazar auch attraktiv besetzt; andererseits aber auch mit relativ wenig Erzählfluss oder "Spannung" im klassischen Sinn, so dass ich ganz ehrlich am Ende auch nicht unfroh war, dass das vermutlich abgeschlossen ist und keine zweite Staffel "droht".

Ich würde da, auch weil die Erinnerung schon leicht verblasst, keine Punktewertung raushauen, aber mal reinschauen lohnt sich iirc schon.
"Ich bin zu alt für diesen Scheiß" "Dem Scheiß ist es egal, wie alt Du bist" (James Grady - Die letzten Tage des Condor)

Moonshade

Ich veredele die Miniserie mal flugs mit einem eigenen Eintrag bei uns, denn auch wenn ich erst 5 von 8 Episoden von BNCF gesehen habe, bin ich nicht nur einigermaßen geflasht, ich bin sogar als Filmfan mit Vollgas angefahren worden.

Jede allgemeine Umschreibung der Romanverfilmung wird dem Seherlebnis nicht gerecht. Ich habe seit längerer Zeit keinen so weirden Shit gesehen, der mit soviel visuellem Charme, bizarren Bildern und unglaublichen Charakteren umgesetzt worden ist.

Wer eine Umschreibung möchte: als hätten David Cronenberg und David Lynch eine Nacht in den 90ern kurz nach Twin Peaks durchgesoffen und Pilze geschluckt und hätten die Notizen von letzter Nacht und den Frust über den letzten nicht finanzierten Filmpitch dann für die Kamera aufbereitet - und dabei ist tatsächlich ein fesselnder Plot heraus gekommen.

Die Serie hat de facto - angesiedelt in den 90ern in Hollywood - keine sympathischen Charaktere, aber schafft gleichzeitig das Kunststück auch keine Figur zu erschaffen, die man möglichst auf graphische Art schnell um die Ecke bringen möchte. Alle Figuren sind irgendwie interessant und das Mysterium des Plots ist ausnahmsweise mal nicht mit Folge 2 zu ergründen, einfach weil man zu diesem Zeitpunkt längst noch nicht alle Infos zum "wer" und "davor" hat.

Rosa Salazar legt eine absolut hypnotische und abgründige Performance hin, bei der man sie gleichzeitig lieb und Angst vor ihr haben muss. Catherine Keener als fusselige Hippie-Tattoo-Voodoo-oder-so-Hexe hat offenbar den Spaß ihres Lebens und wer Eric Lange als typischen Tinseltown-Regisseur noch nicht kennt, es lohnt sich.

Es gibt bisher keine leeren Stellen, jede Szene hat in Sachen Look und Inszenierung etwas zu bieten und bisweilen stürzt man in phantastische Abgründe und unerklärliche Phänomene: Protagonistin Lisa erbricht regelmäßig Kätzchen oder gebärt sie aus anderen unerwarteten Körperöffnungen; Untote laufen durch LA und grunzen durch ein Gewächshaus, Pflanzen wachsen binnen dreier Tage durch Decken und Wände, in Schlafzimmern entstehen Falltüren in dunkle Gewölbe, Flüche setzen schreckliche Reaktionen in Gang, gesichtslose Frauen lauern in Träumen, dämonische Entitäten tauchen auf  und dann ist da noch das Mysterium von Protagonistin Lisas experimentell-aufwühlendem Studentenfilm, der offenbar sehr realistisch realisiert wurde.

Dass bei diesem kranken Scheiß tatsächlich noch ein strukturierter Plot rauskommt, ist der größte Gewinn der Serie und angesichts der Erzählweise (die Folgen setzen linear meistens da an wo die letzte aufhört) ist das Ding der definitive Binge-Watching-Treat des kommenden Wochenendes, weil spannend, komisch und eklig zugleich.

Der 8-Teiler ist praktisch unbemerkt gestartet, sollte aber bald mal Fahrt aufnehmen, denn wer dringend mal "WAS ANDERES" sehen will und noch dazu einen guten Magen hat (den sollte man mitbringen) und bedauert, dass Lynch keine 4.Staffel von Twin Peaks dreht, ist meiner Ansicht nach hier vom Feeling genau richtig.

Von mir aktuell 9/10.
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"Anything invented after you're thirty-five is against the natural order of things.!" (Douglas Adams)

Moonshade

Entsprechend der ersten Folgen schnell zuende geschaut und...ja, die Serie wird einen Hauch schwächer, sobald sich das Ende nähert.

Also nicht richtig schwach, allerdings endet entweder die Vorlage entsprechend offen für eine Fortsetzung oder die Macher wollten sich die Möglichkeit einer Fortsetzung offen halten.
Das führt dazu, dass man der
Spoiler: zeige
 finalen Konfrontation am Ende aus dem Weg geht
, obwohl man eben auf die erzählerisch vorbereitet wird und für den weiteren Verlauf der Schauplatz, der eben Kern der 8 Folgen war, eigentlich inhaltlich komplett aufgegeben wird (was einen seltsamen Nachgeschmack hat,
Spoiler: zeige
angesichts der Tatsache, dass am Ende außer der Hauptfigur wirklich alle Nebenfiguren zerstört oder tot sind
).
Das hat dann in der letzten Szene einen gewissen
Spoiler: zeige
"ach, das wars?"-Faktor
, wobei eben noch ein paar Fragen offen sind, die wohl dann erklärt werden, wenn
Spoiler: zeige
Lisa in Brasilien nach ihren Wurzeln und ihrer Mutter forscht.


Dennoch würde ich der Serie flotte 8/10 spendieren und wäre mal auf die Vorlage neugierig - nicht zuletzt auch, was denn nun der Serientitel zu bedeuten hat, der in keiner Szene auch nur irgendeine winzige Erwähnung oder Entsprechung findet.
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StS

1 Folge hab ich noch vor mir...   :happy3:
Mag sie ebenfalls recht gern.
"Diane, last night I dreamt I was eating a large,  tasteless gumdrop and awoke to discover I was chewing one of my foam disposable earplugs.
Perhaps  I should consider moderating my nighttime coffee consumption...."
(Agent Dale B.Cooper - "Twin Peaks")

StS

22 Oktober 2021, 10:44:10 #5 Letzte Bearbeitung: 22 Oktober 2021, 11:24:47 von StS
Basierend auf dem gleichnamigen 1996er Kultroman Todd Grimsons hat uns ,,Netflix" mit ,,Brand New Cherry Flavor" (2021) eine (für Freunde derartiger Kost) wunderbar grotesk-eigenwillige 8-Folgen-Mini-Serie beschert: Eine Cautionary-Tale-Horror-Satire – quasi David Cronenberg trifft David Lynch ... samt #MeToo-Elementen, einer Prise William Malone (eine bestimmte Kreatur) und viel ,,Weirdness", wie sie gern in gewissen ,,Indies" (á la ,,the Blazing World") zu finden ist...

Eine junge Regisseurin kommt nach Hollywood, um die Spielfilm-Version ihres verstörenden Debüt-Kurzfilms zu realisieren – lernt einige der ,,Schattenseiten" der Industrie kennen und setzt schon bald eine grausam-bizarre Ereignisfolge u.a. damit in Gang, dass sie einen Produzenten (Eric Lange), der sie hintergangen hat, von einer mysteriösen Frau (Catherine Keener) mit einem Fluch belegen lässt...

Kätzchen, die per Erbrechen (von einem Menschen) ,,geboren" werden, gesichtslose Frauen, Maden und Spinnen, tumbe Zombie-hafte Gestalten, Amateur-Killer, neu entstehende Körperöffnungen (für erotische Empfindungen... und ebenfalls für Kätzchen), Pflanzen, die geschwind durch Decken und Wände wachsen, auf einmal auftauchende Falltüren, Sex, Drogen, Flüche, Pyrokinese... und noch einiges mehr... gepaart mit Beziehungs- und Business-Geflechten:

Eine wüste Mischung, die manchmal etwas ,,gewollt schräg" anmutet... im Rahmen dessen aber stets reizvoll, unterhaltsam sowie erstaunlich strukturiert und nachvollziehbar bleibt. Optisch, inszenatorisch und darstellerisch passt das Gebotene – wobei Hauptdarstellerin Rosa Salazar auf jeden Fall als ,,herausragend" anzuführen ist, welche mich oft an Aubrey Plaza erinnert hat und die ganze Sache bestens zu ,,tragen" vermag. Schade fand ich indes, dass ausgerechnet die letzte (geradezu antiklimaktisch geartete) Folge meiner Meinung nach die schwächste ist...

7/10
"Diane, last night I dreamt I was eating a large,  tasteless gumdrop and awoke to discover I was chewing one of my foam disposable earplugs.
Perhaps  I should consider moderating my nighttime coffee consumption...."
(Agent Dale B.Cooper - "Twin Peaks")

Moonshade

Okay, dann geht es dir ähnlich wie mir, dass es so wirkt als hätte man einen möglichen Höhepunkt auf eine fortsetzungsfähige
Spoiler: zeige
Eternal-Conflict-Variante
runterreduziert.
Da bekommt man natürlich Appetit auf mehr - obwohl es sicherlich kreativ sicherer gewesen wäre, ein so batshitcrazy-Thema nicht daran festzumachen, dass sich Abermillionen Netflix-Abonnenten ermutlich dafür begeistern würden (was eine Fortsetzung ja möglicher machen würde).
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StS

Die Sache ist ja auch, dass die Produktion als "Mini-Serie" beworben wird, nicht als "Season 1". Klar, das muss nichts heißen (siehe z.B. "the Sinner")... aber einen klareren Abschluss hätte ich mir (nicht bloß deswegen) schon gewünscht. Ich gehe übrigens nicht davon aus, dass eine 2. Staffel kommt. Dafür lief die Serie zu "unter dem Radar" und ist ja auch nicht für eine breitere Masse geeignet...
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Perhaps  I should consider moderating my nighttime coffee consumption...."
(Agent Dale B.Cooper - "Twin Peaks")

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