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Surreale Filme

Begonnen von HolyShit, 25 Dezember 2005, 15:33:04

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Dionysos

Zitat
-Der Mann befindet sich im Gesamten Film im einem Stadium permanenten Wachtraums, er realisiert garnicht, ob die Situation, in der er sich befindet gerade ein Traum oder Realität ist
-Der gesamte Film ist ein Mix aus Traum/Realität, voll mit unerklärlichen Phänomenen, die normaleweise in der Realität nichts gemein haben, ausser man ist verrückt, oder wie der Mann, vollkommen apathisch .


Dieser permanente Zustand des Verschmelzens von Traum und Realität bezieht sich aber bei "The Machinist" auf die Person selbst, also auf die Art und Weise, wie sie die Umwelt wahrnimmt. Dieser Zustand wird vom Zuschauer vollständig aus der Sicht der Figur wahrgenommen und man bekommt so einen intensiven, subjektiven Einblick in das gestörte Unterbewusstsein dieses Menschen.

Aber: Surrealismus ist ein Stilmittel, eigentlich vielmehr eine Kunstform, die nicht nur die Grenzen zwischen Traum und Realität aufhebt/aufheben will, sondern eigentlich gegen jegliche Form der rationalen Erfassbarkeit seitens des Zuschauers strebt. In "The Machinist" geht es aber "nur" um die Darstellung eines einzelnen Menschen, der die Grenzen zwischen Traum und Realität nicht mehr mehr erfassen kann/will, der Film selbst hat aber mit der Kunstform des Surrealismus nichts weiter zu tun... 

Spoilerwarnung für alle, die "The Machinist" noch nicht kennen --->


Ganz abgesehen davon wird dieser Zustand am Ende des Films auch vollständig aufgeklärt und damit für den Zuschauer rational erfassbar, was zum Beispiel am Ende von "Lost Highway", der eine ganz ähnliche Thematik hat, aber sehr wohl dem Surrealistischen angehört, nicht der Fall ist. Dort ist man am Ende wieder am Anfang angelangt, der Film selbst hat keine "normale" erzählerische Struktur, "The Machinist" dagegen läuft in seiner Handlungsabfolge vollkommen linear und jederzeit nachvollziehbar ab, was aber dem abstrakten Grundgedanken des Surrealismus vollkommen widerspricht.


Spoiler Ende


Also: Ein Film, der die Verschmelzung zwischen Traum und Realität thematisiert, oder einfach gesagt, der von Menschen handelt, die nicht mehr zwischen den beiden Bewusstseinsebenen unterscheiden können, kann, muss aber nicht zwingend gleichzeitig ein surrealistsicher Film sein.
"The Machinist" ist damit schon allein aufgrund seiner linearen Erzählstruktur kein surrealistischer Film, sehr wohl aber der hier auch erwähnte "Lost Highway", da dieser in seiner Gesamtheit die komplexen, abstrakten Vorgänge des menschlichen Unterbewusstseins darzustellen versucht und aufgrund dessen sämtliche Regeln des Erzählkinos vollkommen auf den Kopf stellt.


MfG.


God doesn't make the world this way. We do. - Watchmen

Sometimes, I guess there just aren't enough rocks. - Forrest Gump

It doesn't take much to see that the problems of three little people don't amount to a hill of beans in this crazy world. Someday you'll understand that. - Casablanca

Deathlord

Deine Argumentation kann ich leider nicht ganz nachvollziehen, unter anderem die Tatsache, dass Du mir mit deinen Thesen aufzeigen willst dass The Machinist überhaupt keine Surrealität aufweist. Gut, ich hab Lost Highway lieder nicht gesehen und kann deshalb nichts zu dem Film sagen, aber nur diesen einen Film als Vergleich zu nehmen, ist, finde ich ungenügend.

Natürlich denke ich auch, dass The Machinist auf der anderen Schiene läft und vielleicht doch nicht als komplett surreal einzustufen gillt, aber Ansätze sind nun mal eben vorhanden.
Zitat von: Dionysos am  7 Januar 2006, 05:46:46

Dieser permanente Zustand des Verschmelzens von Traum und Realität bezieht sich aber bei "The Machinist" auf die Person selbst, also auf die Art und Weise, wie sie die Umwelt wahrnimmt. Dieser Zustand wird vom Zuschauer vollständig aus der Sicht der Figur wahrgenommen und man bekommt so einen intensiven, subjektiven Einblick in das gestörte Unterbewusstsein dieses Menschen.

Aber: Surrealismus ist ein Stilmittel, eigentlich vielmehr eine Kunstform, die nicht nur die Grenzen zwischen Traum und Realität aufhebt/aufheben will, sondern eigentlich gegen jegliche Form der rationalen Erfassbarkeit seitens des Zuschauers strebt. In "The Machinist" geht es aber "nur" um die Darstellung eines einzelnen Menschen, der die Grenzen zwischen Traum und Realität nicht mehr mehr erfassen kann/will, der Film selbst hat aber mit der Kunstform des Surrealismus nichts weiter zu tun... 

Damit hast du dich doch eigentlich selber widersprochen. Denn Surrealismus wird laut Wikipedia durch unter anderem eine künstlerische Bewegung dargestellt, die (Zitat) eigene Wirklichkeit des Menschen im Unbewussten und verwertete Rausch- und Traumerlebnisse als Quelle der künstlerischen Eingebung (suchte) und sie bemühte sich darum, das Bewusstsein und die Wirklichkeit global zu erweitern und alle geltenden Werte umzustürzen. Zitat Ende

Demnach folgt Surrealität aus dem Menschen und ist ein Ergebnis der subjektiven Wahrnehmung. Wie sonst hätten die Künstler sich in den ,,Zustand" ser Surrealität versetzen sollen?  Zitat: Bei surrealistischen Kunstwerken wurde versucht, das rationale Denken während der Arbeit völlig auszuschalten und Träume zeichnerisch darzustellen, wobei die Schnelligkeit, mit der man seinen Traum auf das Papier brachte, die Traumnähe vergrößerte. Zitat Ende

Genau dies geschieht doch eben in The Machinist, der einzige Unterschied ist, der Mann ist sich dessen nicht bewusst und wenn wir die Auflösung nicht gesehen hätten, würden wir den Film auch zum Großteil nicht verstehen. Dass der Film linear ist, gibt dem Surrealismus doch keinen Abbruch, oder ist  A Clockwork Orange nicht linenar?

Es mag sein, dass der Film nur die eingeschränkte subjektive Sicht dieses einen Menschen aufzeigt, aber uns wird auch eine Welt geboten, eine Welt, die nichts mehr mit der Realität zu tun hat, eben eine surreale Welt, auch wenn es nur seine Welt ist.

Dionysos

Meine Argumentation besagt lediglich, dass "The Machinist" kein surrealistischer Film ist, weil er er schlicht und ergreifend im eigentlichen Sinne keine surrealistischen Elemente enthält. In diesem Film geht es wie gesagt nur um einen Mann, der Traum und Realität nicht mehr ausseinanderhalten kann und wir werden als Zuschauer eine Art Gast in seiner eigenen kleinen Welt.
Doch der Surrealismus selbst, auf den wir uns hier beziehen und von dem auch bei Wikipedia die Rede ist, bezieht sich nicht auf die Darstellung der Psyche eines einzelnen kranken Menschen, sondern ist als Kunstform selbst eine Verschmelzung zwischen Traum und Realität, die allen Regeln des rationalen Denkens trotzt. In diesem Film bekommen wir aber nur Einblick in die Psyche eines einzelnen Menschen, von seinem subjektiven Weltbild, die Welt selbst aber bleibt für uns als Zuschauer auch innerhalb dieses kleinen Filmuniversums ein und dieselbe. Die "echten" surrealistischen Filme, nennen wir als Beispiel einfach mal den klassischen Vertreter "Un Chien Andalou", beziehen sich handlungstechnisch nicht auf eine einzelne Person, sondern lassen die gesamte Welt, so wie wir sie kennen, zu einer Aneinanderreihung von Traumbildern ohne klar erkennbaren logischen Zusammenhang verschmelzen, während (wie gesagt) in "The Machinist" die Welt für den Zuschauer erhalten bleibt und alles erklärbar ist.

Die Kunstform des Surrealismus stützt sich auf die Schaffung einer eigenen, irrationalen Welt, die innerhalb ihres Spielraums eine Eigendynamik entwickelt, die jeder Zuschauer für sich selbst erfahren muss. Ein ähnlicher Effekt wie zum Beispiel bei den bekannten Tintenkleckstests, in denen auch jeder etwas anderes sieht und bei denen jeder anders empfindet. Auch das wird durch die vorliegende Definition klar erklärt:
Zitat von: WikipediaEs werden absolut reale Dinge in völlig abstrusen Zusammenhängen dargestellt; so dass es dem Betrachter nicht mehr möglich ist zwischen Traum und Realität zu unterscheiden.
In "The Machinist" ist genau dies aber am Ende sehr wohl möglich.

ZitatGenau dies geschieht doch eben in The Machinist, der einzige Unterschied ist, der Mann ist sich dessen nicht bewusst und wenn wir die Auflösung nicht gesehen hätten, würden wir den Film auch zum Großteil nicht verstehen.

Die Tatsache, dass man surrealistische Filme nicht wie andere Filme mit logisch nachvollziehbarer Handlung deuten und verstehen kann ist (zumindest in meinen Augen) ein wesentlicher Aspekt dieser Stilrichtung. Ob man nun "Lost Highway", "Un Chien Andalou", oder andere Vertreter als Beispiel nehmen, sie haben alle eines gemeinsam: Es gibt keine eindeutige Interpretation, und genau das ist ein wichtiger Kernpunkt beim Surrealismus: Jeder Betrachter denkt sich seinen eigenen Teil dazu, jeder muss sich seinen eigenen Reim auf das eben gesehene machen. Und die Tatsache, dass "The Machinist" eine eindeutige Erklärung liefert, zerstört eben jenen Grundgedanken.
God doesn't make the world this way. We do. - Watchmen

Sometimes, I guess there just aren't enough rocks. - Forrest Gump

It doesn't take much to see that the problems of three little people don't amount to a hill of beans in this crazy world. Someday you'll understand that. - Casablanca

Seemops

Zitat von: Dionysos am  7 Januar 2006, 21:56:55
Es gibt keine eindeutige Interpretation, und genau das ist ein wichtiger Kernpunkt beim Surrealismus: Jeder Betrachter denkt sich seinen eigenen Teil dazu, jeder muss sich seinen eigenen Reim auf das eben gesehene machen.

im prinzip ist das richtig, allerdings nie konsequent. es gibt meistens (gerade bei den surrealisten) anhaltspunkte für interpretation, man denke nur an dalí...

das problem bei dieser diskussion allerdings ist: surrealismus damals, als kunstform und lebeweise, auch als werkzeug politischer aussagen, greift heute nicht mehr. die kritieren von damals sind vielleicht für damalige werke "bindend", allerdings nicht mehr für heute, ganz einfach, weil die damalige surrealistische bewegung beendet ist.
es gibt sicherlich genug surrealistische elemente und eigenschaften, genauso wie es noch die bezeichnung "kafkaesk" gibt, aber sie nur auf ihren tatsächlichen ursprung zurückzuführen ist falsch. der begriff "surreal" kann auch heute noch verwendet werden und zwar ohne den kontext der kunstform surrealismus.
"Ford - ich glaube, ich bin ein Sofa!"

HolyShit

9 Januar 2006, 19:01:36 #34 Letzte Bearbeitung: 9 Januar 2006, 19:04:53 von HolyShit
hmm, kann man denn dann überhaupt jacobs ladder dazuzählen?

Und leider weiß ich nicht, wo man einige Filme wie Dante Tomasellis Horror oder Kairo herbekommen soll  :00000109:
Gibts da bestimmte Anlaufstellen?

mr. pink

@HolyShit:

Ich würd dir Filmundo empfehlen.
I expect that you think that I should be haunted
But it never really bothers me

Pappe

Leute, Leute, Leute...

Warum steht eigentlich Metropolis von Fritz Lang nicht längst an erster Stelle? :icon_rolleyes: :eek:

Gnoipy

11 Januar 2006, 22:24:43 #37 Letzte Bearbeitung: 11 Januar 2006, 22:32:11 von Gnoipy
Zitat von: Pappe am 11 Januar 2006, 21:48:03
Leute, Leute, Leute...

Warum steht eigentlich Metropolis von Fritz Lang nicht längst an erster Stelle? :icon_rolleyes: :eek:

Der ist expressionistisch  ;)

EDIT: Für Hitchcocks Spellbound hat Salvador Dalí das Bühnenbild der Traumsequenz entworfen. Ich denke zumindest diesen Teil des Films könnte man surrealistisch nennen
"Um ein tadelloses Mitglied einer Schafherde sein zu können, muß man vor allem ein Schaf sein." Albert Einstein
"Studios are like flies - they'll both eat honey or shit with equal enthusiasm" Saul Zaentz

miou-miou

12 Januar 2006, 12:59:14 #38 Letzte Bearbeitung: 12 Januar 2006, 17:54:30 von miou-miou
Conrad Rooks: Chappaqua (Film über Delirium Tremens nach übermäßigem Alkoholkonsum, LSD-tripping, Drogenkonsum im allgemeinen und anschließende Entziehungskuren - Verschmelzen von verschiedenen Realitätsebenen). Kann ich sehr empfehlen! Mit W.S.Burroughs, A.Ginsberg, Ravi Shankar, Ornette Coleman, Moondog,.......
Ein paar Stills (courtesy of www.mitternachtskino.de - übrigens ne prima Seite, wenn man sich über surreale Filme informieren möchte):



"I saw three of these dusters a short time ago, they were waiting for a train. Inside the dusters, there were three men. Inside the men, there were three bullets."

Wub^4

Wenn mal jemand was wirklich total surreales sehen möchte: Cat Soup (ist allerdings animiert, kein realfilm). Erhältlich als Japan- oder US-Import.  :respekt:

Perkons

vor 10 Jahren oder so hab ich einen polnischen Horrorfilm mit dem Titel "Novembre" gesehen. Leider erinnere ich mich nicht mehr sogenau, worum es ging (werd die VHS mal rauskramen). der Film ist mir jedenfalls als surreal in errinnerung (und positiv obendrein)
Naked Lunch, Videodrome und Themroc wurden  glaub ich schon genannt...

eltopo

15 Januar 2006, 12:37:13 #41 Letzte Bearbeitung: 15 Januar 2006, 12:39:39 von eltopo
Zitat von: Neo am  6 Januar 2006, 20:37:32
ich empfehle doch mal allen, zumindest einen Blick in die Wikipedia zu werfen: http://de.wikipedia.org/wiki/Surrealismus
Da gibt es schonmal einige Grundfakten, die wohl so einige in dem Thread hier nicht kennen :icon_mrgreen: :icon_mrgreen:
Neo

Stop! Von Andrzej Zulawski ist dort nur Possession aufgelistet, weil bei Wikipedia Diabel und Der Silberne Planet absolut unbekannt (!) sind (obwohl sie schon 30 Jahre auf dem Buckel haben) und die Marx Brothers überwiegend zur Slapstick eingeordnet werden.
Foto: "Na srebrnym globie"

DudeGrunge

evtl ''Elmer''  aufgrund der farbigen Drogenräusche
Anne ist in der Küche ... und im Bad

McHolsten

"Der silberne Planet" kommt ja Ende Dezember in Deutschland raus - als Bildformat ist 1,33:1 angegeben, also auch wieder im falschen Format. Trotzdem überlege ich da; im weitesten Sinne ein Endzeitfilm?
Gore on!

PierrotLeFou

Zitat von: eltopo am 15 Januar 2006, 12:37:13
Zitat von: Neo am  6 Januar 2006, 20:37:32
ich empfehle doch mal allen, zumindest einen Blick in die Wikipedia zu werfen: http://de.wikipedia.org/wiki/Surrealismus
Da gibt es schonmal einige Grundfakten, die wohl so einige in dem Thread hier nicht kennen :icon_mrgreen: :icon_mrgreen:
Neo

Stop! Von Andrzej Zulawski ist dort nur Possession aufgelistet, weil bei Wikipedia Diabel und Der Silberne Planet absolut unbekannt (!) sind (obwohl sie schon 30 Jahre auf dem Buckel haben) und die Marx Brothers überwiegend zur Slapstick eingeordnet werden.
Foto: "Na srebrnym globie"


Der nimmt im Prinzip Jacobs Ladder und Mulholland Drive in Ansätzen vorweg: http://www.amazon.de/Third-Part-Night-UK/dp/B000NHG7Z2/ref=sr_1_1?ie=UTF8&s=dvd&qid=1259416032&sr=8-1
dazu reichlich symbolträchtig mit origineller Bildkomposition... der sollte eigentlich gefallen... (auch wenn ihn unwürdige Freunde von mir als behäbig empfunden haben... (pffz, Frechheit...))
"Eines Tages werde ich ein wahrhaft großes Drama schreiben. Niemand wird verstehen, worauf es hinaus will, aber alle werden nach Hause gehen mit einem vagen Gefühl der Unzufriedenheit mit ihrem Leben und ihrer Umgebung. Dann werden sie neue Tapeten aufhängen und die Sache vergessen." (Saki)

MOADIB

Absolut geil UND auf jeden Fall sureal (die Traumszenen!!!) > The Cell         Ich finde ihn einfach nur geil / Die gute Jennifer Lopez distanzierte sich nachher von dem Film wegen der Gewalttätigkeit. Hahahaha.

Noch was feines > Alexandro Jodorowsky's Santa Sangre!!!!  Hammer.


Ciao

MOADIB
Das ganze Leben ist ein (schlechter) Film

whitesport

Ganz klar auch "Die Teufel".

Und das linear erzählte Filme nicht surrealistisch sein können, ist natürlich ganz grosser Humbug.

McHolsten

Zitat von: whitesport am  7 Dezember 2009, 11:52:33
Ganz klar auch "Die Teufel".

Von de Warner USA eigentlich dieses Jahr eine VÖ bringen wollte...  :icon_rolleyes:
Gore on!

eltopo

...mit diesem schönen Cover


McHolsten

Ob da noch was kommt?
Ich habe mir jedenfalls erstmal für ~10€ das Doppelset aus UK gekauft; hoffe die Qualität wird dem Film einigermassen gerecht. Ich habe jetzt schon so viele Jahre gewartet, nun will ich den auch mal (Probe) gucken!  :icon_confused:
Gore on!

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