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Ziele eines Review-Autors!?

Begonnen von Red Shadow, 9 Oktober 2006, 22:17:42

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Red Shadow

9 Oktober 2006, 22:17:42 Letzte Bearbeitung: 9 Oktober 2006, 22:19:49 von red shadow
Tja, wenn man so will, sollte man als Autor eine Intention haben. Was ist für euch entscheidend? Information, die Beeinflussung der Meinung, Manipulation oder Provokation ;)? Ich stehe eher für die Mischform, je nach Lust und Laune ;. Genau genommen glaube ich schon, dass Kritiken einen wesentlichen Einfluss bei der Bewertung haben. Noten sind so was statistisches, da bleibt man mitunter gerne bei greifbaren Meinungen hängen. Speziell die üblichen Verdächtigen dürften hierbei eine große Rolle spielen. Im Sinne von: Was hat Moonshade gegeben :icon_lol:. Hmmmm :LOL:.
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Bretzelburger

Interessant, daß du das Thema ansprichst - Ähnliches ging mir letztens durch den Kopf und zwar im Zusammenhang mit dem Reviewer-Kritik-Thread, denn im Grunde müßte man seine jeweilige Intention mit erwähnen. Ohne das Wissen darüber ist eine kritische Stellungnahme Dritter immer unvollkommen.

Meiner Meinung nach ist die jeweilige Intention schon davon abhängig, welche Position der Film hat - damit meine ich, ist es ein neuer Film, den ich vielleicht frühzeitig in einer Sneak sah ? - Ist der Film gerade aktuell angelaufen ? - Handelt es sich um einen etwas älteren Film, zu dem es schon eine Menge Reviews gibt oder ist es ein Film, der noch nie besprochen wurde ? (es gibt sicher noch einige zusätzliche Varianten).

Wenn ich einen ganz neuen Film bespreche, empfinde ich mich in der Position eines "typischen Filmkritikers" - ich möchte informieren und neugierig machen, aber auf keinen Fall zu sehr ins Detail gehen - je nach dem wie ich den Film finde, will ich einen Kinobesuch an- oder abraten (ohne das explizit zu sagen).

Ganz anders die Situation (und Intention)bei einem alten und unbekannten Film. Da ist es mir als Review-Autor klar, daß der Film nicht einfach mal eben ausgeliehen werden kann - deshalb ist es für mich wichtig meine Begeisterung möglichst genau zu untermauern, um wenigstens ein paar dazu zu bewegen, sich den Film zu besorgen. Außerdem ist es mir völlig klar, daß ich nur Wenige erreiche, entsprechend versuche ich meine Argumente nachvollziehbar zu machen. Aus diesem Grund bespreche ich auch nur alte Filme, die mir sehr gut gefallen - was hat es für einen Sinn ,einen alten Film, den kaum Jemand kennt, zu verreißen? - Er bleibt dann so oder so unbekanntund ich habe auch keine Lust extra einen schlechten Film zu kaufen, nur um ihn hier besprechen zu können.

Wieder anders war für mich die Situation bei einer Review für "Pulp Fiction" . Hier gibt es schon so viele Reviews, daß man im Grunde keine neue mehr schreiben muß. Ich habe mir einen Großteil der Kritiken angesehen und dann einen Teilaspekt, den ich dort nicht vertreten fand, herausgehoben. Streng genommen ist das keine vollständige Review, da ich dort inhaltliches Wissen und Intentionen der Macher beim Leser voraussetze.

Auch meine Review zu "Miami Vice" (welche ja hier schon kritisiert wurde)ist unter dem Eindruck schon vieler vorhandener Kritiken geschrieben worden - ich war eben schon ein bißchen spät dran. Auch hier hielt ich es nicht mehr für notwendig bestimmte Aspekte zum hundertsten Mal durchzukauen und habe mich auf für mich wichtige Punkte konzentriert.

Zusammengefasst liegt meine Intention immer darin, den Leser zu unterhalten und zu etwas zu bewegen (zu was kann ich natürlich nicht endgültig beeinflussen). Man kann diese Haltung kritisieren und klar darauf bestehen, daß jede Review für sich alleine stehen sollte - wie haltet ihr es damit?

Vince

Schwierige Frage, die ich wie Bretzelburger dahingehend beantworten würde, dass die Intention mit dem besprochenen Film variiert. Wenn ich beispielsweise einen Klassiker bespreche, setze ich gewisse filmhistorische Grundkenntnisse voraus. Bei "Frankenstein" erwarte ich gewissermaßen, dass der Leser weiß, wie das Monster aussieht und dass es von einem gewissen Boris Karloff verkörpert wurde. Ich gehe davon aus, dass der Leser weiß, dass die Kreatur aus Leichenteilen zusammengesetzt und in einem maroden Schloss zum Leben erweckt wurde. Das lasse ich alles in meinen Ansatz einfließen und versuche dabei in aller Regel, "zweispurig" zu schreiben. Also so, dass es spoilerfrei und verständlich bleibt für jene, die diesen Filmklassiker noch nicht kennen, dabei aber allen anderen trotzdem meine Sichtweise darlege, ohne sie mit Sachen zu langweilen, die sie eh schon wissen. Die erste Gruppe will ich also neugierig machen und der zweiten Gruppe neue Perspektiven eröffnen.

Diese Zweispurigkeit betrachte ich persönlich mit als schwierigste Herausforderung beim Reviewschreiben.

Aber selbst neuere Filme schreibe ich bevorzugt für die Gruppe von Leuten, die den Film schon kennt. Wie etwa "Silent Hill". Das ist mehr Analyse als informative Entscheidungshilfe. Zwar verzichte ich grundsätzlich auf Spoiler, aber dennoch ist es mir lieber, man beschäftigt sich mit meinen Kritiken, nachdem man den Film kennt.

Dann sind da noch Fälle wie "Asterix und die Normannen". Das habe ich mehr oder weniger für Leute geschrieben, die zwar die Comicserie und auch die bisherigen Verfilmungen kennen, nicht jedoch diesen speziellen Film. Dann noch Sachen wie "The Art of Dying" oder "Population 436" - Filme, bei denen man nicht unbedingt davon ausgehen kann, dass der Leser den Film schon kennt, weshalb ich versuche, dort mit Quervergleichen zu ähnlich gelagerten Filmen informativ zu sein. Ganz im Gegenteil zu meinem "Armageddon"-Review - wer den Streifen nicht kennt, hat die Neunziger hinterm Mond gelebt, deshalb gibt es bei solchen Filmen Insider. Dann "Angriff der Riesen-Moussaka", ein Review für jene, die durch den Titel auf den Film aufmerksam geworden sind - wie ich selbst. Oder "Dhoom", für Bollywood-Hasser von einem Bollywood-Hasser, der diesen Bollywood-Film auf seine Qualitäten als Actionfilmparodie abklopft.

Also - je nach Film ist es wirklich ganz verschieden, was ich mit dem Review bezwecke. Eine Intention ist auch nicht immer bewusst da, manchmal schreibe ich quasi einfach "drauf los".

McHolsten

10 Oktober 2006, 01:05:34 #3 Letzte Bearbeitung: 10 Oktober 2006, 01:27:12 von McHolsten
Meine Intention ist es möglichst vielen Leuten aufzuzeigen, dass es noch genug Filme im Horrorbereich gibt, die fernab jeglich kommerzieller Machart irgendwie zu unterhalten wissen. Sprich: Unbekannten Independentproduktionen, zwerchfellerschütternden Schund, gerstensaftforderndem Amateursplatter die Chance zu geben der breiten Mehrheit Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. Das x-te Review zu Blockbustern und Kommerzproduktionen (auch wenn ich sie ganz selten auch mal anschaue) überlasse ich anderen; ich will in erster Linie den Kram publik machen, wo andere sich schämen würden, überhaupt eine punktuelle Wertung in das OFDB Punktesystem einfliessen zu lassen...  :icon_mrgreen:
Gore on!

Vince

Zitat von: McHolsten am 10 Oktober 2006, 01:05:34
Das x-te Review zu Blockbustern und Kommerzproduktionen (auch wenn ich sie ganz selten auch mal anschaue)

Guter Punkt übrigens: Welche Intention hat jemand, der jetzt noch Review Nr. 95 zu "Mega-Sommer-Blockbuster" schreibt und nichts weiter zu sagen hat als die üblichen Phrasen? Kann man in einem solchen Fall überhaupt von einer Intention sprechen, oder ist das einfach nur ein urtriebhaftes Mitteilungsbedürfnis, eine höchst primitive Urform der Kommunikation? ;)

Stefan M

Es kommt schon vor, daß ich häufiger ein dringendes Bedürfnis verspüre, zu einem populären Film, den bereits 12000 andere Leute vor mir besprochen haben, noch eine weitere Kritik zu verfassen.

Ich mag womöglich der letzte Horror-Fan auf der Welt gewesen sein, der sich "High Tension" angesehen hat; da mich Ajas Werk jedoch hinterher aufgrund der Frage "Ist der Schlußtwist hochintelligent oder - wie ein nicht unbeträchtlicher Teil meint - nur saudumm?" dermaßen beschäftigte wie schon lange kein anderer Film mehr (hatte ich vor kurzem hier an anderer Stelle schon einmal angemerkt), mußte ich einfach noch meinen Senf dazu abgeben - mit dem Hauptaugenmerk auf besagtem Twist, den nahezu jeder Kritiker kurz und bündig in einem Absatz über zwei, drei Zeilen ansprach und abhandelte. Ich wollte das hingegen ausführlicher tun.

Dann gab es auch noch "Tanz der Teufel", bei dem mir auf Anhieb schon während des ersten Sehens so viele verschiedene Punkte einfielen, die regelrecht danach schrieen, in Schriftform zusammengefaßt zu werden, so daß ich nicht umhin kam, mal schnell in aller gebotenen Kürze eine Kritik anzufertigen.

Bei Lukas Moodyssons "Raus aus Amal" bot sich eine detaillierte Besprechung eigentlich ebenso nicht mehr an, weil er schon u.a. von Moonshade ausgiebig gewürdigt wurde (und dann auch noch mit der identischen Punktzahl), was meine Motivation normalerweise vorzeitig in die Tiefe reißt, doch dieser Film ist ein so wunderbar bezaubernder - mich dazu nicht zu äußern, das hätte ich mir nie verziehen.  ;)

Im allgemeinen gilt jedoch (mittlerweile - das galt für mich nicht von Anfang an): Lieber ein unbekannteres bzw. von den OFDb-Mitgliedern sträflich vernachlässigtes Werk rezensieren, als "Braindead" mit dem x-ten Positivkommentar, der in der Masse an Reviews eh untergeht, zu versehen.
"Ein Leben ohne Mops ist möglich, aber sinnlos." (Loriot)

Synchronisation ist nicht grundsätzlich schlecht und manchmal sogar richtig gut!

StS

Zitat von: McHolsten am 10 Oktober 2006, 01:05:34
Meine Intention ist es möglichst vielen Leuten aufzuzeigen, dass es noch genug Filme im Horrorbereich gibt, die fernab jeglich kommerzieller Machart irgendwie zu unterhalten wissen. Sprich: Unbekannten Independentproduktionen
...
die Chance zu geben der breiten Mehrheit Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. Das x-te Review zu Blockbustern und Kommerzproduktionen (...) überlasse ich anderen

So sehe ich das auch. Wenn bereits mehr als 4 bis 5 Reviews zu dem betreffenden Film vorhanden sind, welche auch qualitativ gut zu verorten sind, lasse ich es sein und wende mich lieber einem Werk zu, das bislang kaum Aufmerksamkeit erhalten hat, damit jemand, der sich ggf dafür interessiert, zumindest eine Einschätzung in Review-Form in der Ofdb vorfinden kann.  ;)
"Diane, last night I dreamt I was eating a large,  tasteless gumdrop and awoke to discover I was chewing one of my foam disposable earplugs.
Perhaps  I should consider moderating my nighttime coffee consumption...."
(Agent Dale B.Cooper - "Twin Peaks")

Moonshade

Generell denke ich, das viele sporadisch schreibende Autoren in der ofdb und auch anderswo tendenziell nur ihre Begeisterung oder Enttäuschung ausdrücken wollen und dementsprechend ihre Lieblingsfilme bzw. ihre momentanen Flops besprechen.

Bei den "festen" Autoren sieht die Sache natürlich ganz anders aus - da ist meistens eine Intention dahinter, wie auch in meinem Fall.

Generell möchte ich mit den Reviews zwei Dinge erreichen: Information und Unterhaltung.
Dabei gehe vom AAL aus (vom ahnungslosesten anzunehmenden Leser), der, wenn ich dieses bereits angeführte Beispiel mal weiterspinnen darf, zwar die Bilder von "Frankenstein" anno 1931 kennt, aber auf den Zuruf des "Boris Karloff" nur mit Fragezeichen reagiert.
Natürlich gibt es Infos, die selbst im Rahmen unserer eigenen filmischen jugendlichen Ungewißheit (also die Zeit, bevor wie so etwa 16 wurden), heute eigentlich jeder wissen müßte und dann doch nicht weiß.
Typische Phänomene eines modernen Filmfans sind etwa (bereits mehrfach beobachtet), die Fähigkeit einen Film anhand einer Szene zu erkennen ("Ja, den hab ich mal gesehen!") und ihn auch latent zu bewerten (gut/schlecht/naja...), aber weder den Titel zu wissen, noch sich auch nur den Hauptdarsteller zu merken, sofern er nicht omnipräsent ist.
Deswegen ist es für mich wichtig, diesen Leuten auch einen Anhaltspunkt zu vermitteln, in dem ich selbst bei total bekannten Filmen irgendwo im Text binnen dreier Sätze den Inhalt subsummiere und in der Besprechung die Hauptdarsteller noch einmal vermerke.

Diesen (und allen anderen) Lesern möchte ich dann grundsätzlich nur einen Überblick verschaffen, was sie in dem Film erwartet; als Leser soll man nach Lesung einordnen können, was einen hier erwartet und man sollte einschätzen können, ob der Film einen selbst ansprechen könnte. Zielgruppenorientierte Besprechung, die nicht selten darin gipfelt, eine Empfehlung in Richtung Zielgruppe auszusprechen.

So ganz kann ich natürlich auch nicht aus meiner Besserwisserhaut, so daß ich nicht widerstehen kann, mir bekannte Infos in den Text einzupflegen und so den Unterhaltungsfaktor ein bißchen zu pushen. Das mache ich halb aus reinem Spaß an der Freude (bzw. ein wenig Geltungssucht) und kann vielleicht das eine oder andere Aha-Erlebnis verschaffen.

Und bisweilen regt sich dann natürlich auch noch der "richtige" Filmkritiker; derjenige, der ernstgenommen und selbst zur Kunst erhoben werden will; der sich sogar in der Lage sieht, eine unterschwellige Ebene in einem Film zu erkennen und psychologische, narrative, widersprüchliche, experimentelle oder radikaltheoretische Elemente in einem Film zu entdecken und diese auch zu benennen.
Das sind, (jaja leider, aber es stimmt), wenn man das generelle Zuschauervolk betrachtet, leider Elemente, die maximal unbewußt wahrgenommen werden oder über die nachzudenken im Sinn der Unterhaltungsfunktion unbequem erscheinen.

Das offenbart sich mir immer wieder selbst nach Kinobesuchen mit mir befreundeten Personen, die sich aber selbst nur auf den Unterhaltungswert (oder noch schlimmer: die zufällige Befindlichkeit an diesem Tag) fixieren (wollen). Führt man dann (ohne erhobenen Zeigefinger) einige besonders interessante oder enttäuschende Elemente an, erntet man meistens schnelle Ablehnung oder Themenwechsel, da sich viele nicht damit auseinandersetzen wollen (offenbar erscheint es ihnen als unzumutbare Belastung, mehr als eine Ein-Wort-Einschätzung über einen Film zu verlieren).

Falls aber doch jemand ein bißchen unter die Bettdecke schauen will, kann er (so zumindest von mir gewollt) etwas Gedankenfutter mitnehmen, muß sich aber nicht auf eine breitflächige und fachliche Analyse einlassen.
Um Ähnliches bemühe ich mich bei technischen Details, was die Visualisierung, Inszenierung oder Ausstattung angeht.

Sowieso subjektiv von hinten bis vorne, bemühe ich mich so um etwas "gespielte" Neutralität, meine persönliche Meinung findet aber immer noch ihren Platz, wobei ich hoffe, das nicht gerade die das entscheidende Element ist, an dem ein Leser die Qualität eines Films fest macht.

Was ich für Filme bespreche, ist eigentlich egal, sie müssen nur ihren Reiz haben und ich noch etwas zu erzählen, was nicht schon hundertmal durchgekaut wurde. Sobald man einen Aufhänger hat, lohnt sich der Schreibprozess an sich schon mal.
"Du hältst durch und ich halte durch und nächstes Jahr gehen wir einen saufen!

"Anything invented after you're thirty-five is against the natural order of things.!" (Douglas Adams)

Rain Jao

Für Andere: Mehr um zu informieren, als um zu lenken. Nach und nach eine Art Überblick zusammenzukriegen. Deswegen bleibe ich auch in gewissen stabilen Kategorien, nenne Querverweise und mach öfters eine Einleitung davor. Mag es nicht, wenn der Film ganz nackig im Raum steht und man bei Null anfängt, sondern man Zusammenhänge hat und als Leser vielleicht auf Früheres, Gleichzeitiges und Kommendes stösst. [ Das wäre übrigens das Erste gewesen, was ich bei Red Shadows "The Killer" angeprangert hätte. Gerade der Film hat ja nun eine Vorgeschichte. ]

Für Mich: Hab nach einer [Schreib]Pause wieder angefangen, damit ich bewusster sehe und auch nach den 1 1/2h noch etwas davon habe. Mir ging es eine Weile so, dass Alles - nicht nur die Filme - an mir vorbeirauschte. Kam dann tatsächlich auch schon vor, dass ich an zwei aufeinanderfolgenden Tagen das Gleiche angeschaut habe, und es erst am Ende mitbekommen habe. Jetzt habe ich mir nicht nur was reingepfiffen, sondern mich auch damit beschäftigt und einen gewissen Abschluss hingelegt. Dann kann ganz beruhigt der Nächste kommen.

Vince

Zitat von: Stefan M am 10 Oktober 2006, 11:22:58
Es kommt schon vor, daß ich häufiger ein dringendes Bedürfnis verspüre, zu einem populären Film, den bereits 12000 andere Leute vor mir besprochen haben, noch eine weitere Kritik zu verfassen.

Ich mag womöglich der letzte Horror-Fan auf der Welt gewesen sein, der sich "High Tension" angesehen hat; da mich Ajas Werk jedoch hinterher aufgrund der Frage "Ist der Schlußtwist hochintelligent oder - wie ein nicht unbeträchtlicher Teil meint - nur saudumm?" dermaßen beschäftigte wie schon lange kein anderer Film mehr (hatte ich vor kurzem hier an anderer Stelle schon einmal angemerkt), mußte ich einfach noch meinen Senf dazu abgeben - mit dem Hauptaugenmerk auf besagtem Twist, den nahezu jeder Kritiker kurz und bündig in einem Absatz über zwei, drei Zeilen ansprach und abhandelte. Ich wollte das hingegen ausführlicher tun.

Dann gab es auch noch "Tanz der Teufel", bei dem mir auf Anhieb schon während des ersten Sehens so viele verschiedene Punkte einfielen, die regelrecht danach schrieen, in Schriftform zusammengefaßt zu werden, so daß ich nicht umhin kam, mal schnell in aller gebotenen Kürze eine Kritik anzufertigen.

Nein, wie gesagt: Wenn jemandem ein Film wirklich am Herzen liegt oder wenn er irgendwie, und sei es nur durch den eigenen persönlichen Stil, eine neue Perspektive einzuwerfen imstande ist, finde ich das vollkommen in Ordnung. Ich mag halt nur nicht die von Moonshade erwähnte Kategorie der Affektschreiber, die sich nach dem Kinobesuch schnell ihren Frust oder ihre Euphorie von der Seele schreiben müssen und nicht merken, dass sie in metertiefe Fußabdrücke eintauchen. Diese, wenn ich es mal überspitzt ausdrücken will, Ignoranz gegenüber den anderen vorhandenen Kritiken ist mir ganz ehrlich gesagt ein Dorn im Auge. Natürlich hat hier jeder, der halbwegs die deutsche Rechtschreibung beherrscht, das Recht, zu jedem Film eine Kritik zu verfassen, aber ich denke mir schon oftmals: Muss das jetzt schon wieder sein? Ich finde es halt sympathischer, wenn gerade neue Schreiber sich zunächst mit unbekannten Filmen befassen.

Moonshade

Leider tendieren die meisten Neu-Schreiber aber eher dazu, bei A (bzw. bei 0-9) anzufangen (scheitern sofort) oder aber die Liste der Besten Filme von oben durchzuarbeiten (scheitern bald, sind meistens ungewöhnlich langweilig, da nichts Neues kommt).
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Mr. Vincent Vega

Ich sehe das nicht sooo eng wie ihr. Exemplarisch unterstreiche ich diesen Satz:

Zitat von: Stefan M am 10 Oktober 2006, 11:22:58
Bei Lukas Moodyssons "Raus aus Amal" bot sich eine detaillierte Besprechung eigentlich ebenso nicht mehr an, weil er schon u.a. von Moonshade ausgiebig gewürdigt wurde (und dann auch noch mit der identischen Punktzahl), was meine Motivation normalerweise vorzeitig in die Tiefe reißt, doch dieser Film ist ein so wunderbar bezaubernder - mich dazu nicht zu äußern, das hätte ich mir nie verziehen. ;)

Es geht ja auch immer noch ein bisschen um einen selbst. Zu "The Descent" bsp. gab es auch bereits gefühlte 100 Reviews, und dennoch habe ich meine paar Zeilen da noch zu abgeliefert, einfach weil ich das auch für mich festhalten und meine 10/10 rechtfertigen möchte. Ob ich da nun völlig neue Aspekte hervorhebe, ist mir dann auch nicht allzu wichtig. Im Übrigen hat auch kürzlich Moonshade dazu ein weiteres Review geschrieben, obwohl auch darin imho keine herausragend neuen Erkenntnisse zu finden waren, was mir aber auch relativ egal ist, denn es geht ja auch irgendwo um das Interesse an der Meinung von jemandem. Und Lust und Laune ist für mich manchmal auch wichtiger, als ein etwas störrischer Pragmatismus. :icon_razz:

(generell stimme ich euch aber trotzdem zu!)

Moonshade

Ich mach das manchmal bei 100 vorliegenden Reviews zu einem Film auch noch, aber z.B. zu "Braindead" fällt mir einfach nichts Besonderes mehr ein, muß vielleicht noch ein paar Jahre reifen und dann als Oldie-Review herauskommen.

Wenn er mich begeistert, ist auch kein Film vor mir sicher.
"Du hältst durch und ich halte durch und nächstes Jahr gehen wir einen saufen!

"Anything invented after you're thirty-five is against the natural order of things.!" (Douglas Adams)

Vince

Zitat von: Mr. Vincent Vega am 10 Oktober 2006, 14:28:27
Im Übrigen hat auch kürzlich Moonshade dazu ein weiteres Review geschrieben, obwohl auch darin imho keine herausragend neuen Erkenntnisse zu finden waren, was mir aber auch relativ egal ist, denn es geht ja auch irgendwo um das Interesse an der Meinung von jemandem.

Na, eben, das ist ja genau der Punkt. Wenn sich jemand schon anderweitig bewiesen hat, interessiert mich seine Meinung auch zu einem "The Descent" noch, auch wenn es schon 101 Reviews gibt. Nur wenn sich ein Autor einzig und allein über solche Reviews der 101. Ausführung definiert, dann interessiert mich seine Meinung halt i aller Regel nicht sonderlich.

Ich selbst würde auch herzensgerne mehr zu größeren Filmen schreiben, aber mir fehlt halt bei so vielen Vorrezensenten schlichtweg die Motivation. Da müsste ich den Film schon relativ frühzeitig sehen, damit ich einer der ersten wäre. Ansonsten bestünde nur noch die Möglichkeit, ein paar Jahre verstreichen zu lassen und erst dann eine Kritik zu schreiben, denn man muss ja auch immer bedenken: Der Zeitpunkt des Erstellens der Kritik fließt auch in den Inhalt ein. In ein paar Jahren macht eine Kritik zu "Silent Hill" (da häufen sich derzeit ja auch die Reviews) wieder viel mehr Sinn als jetzt zum DVD-Start hin.

Red Shadow

Zitat von: Vince am 10 Oktober 2006, 01:15:34
Guter Punkt übrigens: Welche Intention hat jemand, der jetzt noch Review Nr. 95 zu "Mega-Sommer-Blockbuster" schreibt und nichts weiter zu sagen hat als die üblichen Phrasen? Kann man in einem solchen Fall überhaupt von einer Intention sprechen, oder ist das einfach nur ein urtriebhaftes Mitteilungsbedürfnis, eine höchst primitive Urform der Kommunikation? ;)

Na, aber hallo! So würde ich das nicht darstellen ;). Ich achte nicht speziell darauf, wie viele Kritiken bereits vorhanden sind oder welche Aspekte besprochen wurden. Jeder hat seinen Stil und transportiert alleine deshalb schon eine neue Perspektive. Ich schätze ja Autoren in erster Linie im Gesamtpaket, also beispielsweise unter anderem auch wegen der Stilistik oder dem Bewertungsschema. Die Filmauswahl mag sicherlich ein Aspekt sein, weshalb man bestimmte Autoren liest, aber ich finde es überhaupt nicht falsch, wenn bei 50 vorhandenen Kritiken eine weitere hinzufügt wird. Den frischen Wind in häufig besprochenen Regionen lehne ich jedenfalls nicht ab. Beispielsweise warte ich bis heute noch auf Moonshades "Uhrwerk Orange" und "Pate 2" Kritiken ;). Klar, andererseits hat es seinen Reiz, wenn man unbekannte oder bisher nicht bzw. zu wenig gewürdigte Filme bespricht, aber ich sehe durchaus eine relevante Intention hinter der 51sten Kritik zu "Pulp Fiction". Eine gesunde Mischung aus alten und neuen, unbekannten oder bekannten Filmen ist meiner Meinung nach durchaus wünschenswert.
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Vince

Zitat von: red shadow am 10 Oktober 2006, 17:40:48
Na, aber hallo! So würde ich das nicht darstellen ;). Ich achte nicht speziell darauf, wie viele Kritiken bereits vorhanden sind oder welche Aspekte besprochen wurden. Jeder hat seinen Stil und transportiert alleine deshalb schon eine neue Perspektive. Ich schätze ja Autoren in erster Linie im Gesamtpaket, also beispielsweise unter anderem auch wegen der Stilistik oder dem Bewertungsschema. Die Filmauswahl mag sicherlich ein Aspekt sein, weshalb man bestimmte Autoren liest, aber ich finde es überhaupt nicht falsch, wenn bei 50 vorhandenen Kritiken eine weitere hinzufügt wird. Den frischen Wind in häufig besprochenen Regionen lehne ich jedenfalls nicht ab. Beispielsweise warte ich bis heute noch auf Moonshades "Uhrwerk Orange" und "Pate 2" Kritiken ;). Klar, andererseits hat es seinen Reiz, wenn man unbekannte oder bisher nicht bzw. zu wenig gewürdigte Filme bespricht, aber ich sehe durchaus eine relevante Intention hinter der 51sten Kritik zu "Pulp Fiction". Eine gesunde Mischung aus alten und neuen, unbekannten oder bekannten Filmen ist meiner Meinung nach durchaus wünschenswert.

Also, der zitierte Teil von mir war ja auch etwas ironisch gemeint, und ansonsten hoffe ich doch, mich in meinen letzten beiden Postings diesbezüglich weit genug erklärt zu haben, so dass wir doch letztendlich diesbezüglich die gleiche Meinung teilen dürften. ;)

Moonshade

Zitat von: red shadow am 10 Oktober 2006, 17:40:48
Beispielsweise warte ich bis heute noch auf Moonshades "Uhrwerk Orange" und "Pate 2" Kritiken ;).

Ach ja?
Na dann muß ich wohl mal...
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Hey_Yo

10 Oktober 2006, 20:54:15 #17 Letzte Bearbeitung: 10 Oktober 2006, 20:58:32 von Hey_Yo
Ich habe mich ja auf die neueren Sachen spezialisert (sonst gibt's sowieso wieder nur Haue :D), deshalb schreibe ich mit der Intention zu informieren (wenn es dann mal ältere Sachen sind, habe ich entweder eine andere Meinung oder es war noch kein/kaum ein Review vorhanden). Gehe jede Woche in die Sneak und kann den interessierten Review-Lesern dann schon ein paar Tage vorher eine erste Einschätzung geben, ob sie denn wirklich dafür 5€ ausgeben wollen. Auch ich lese, wenn ich mal einen Film nicht in der Sneak sehe, ihn aber noch im Kino anschauen werde, lieber mal ein Fazit in der OFDb (nicht das ganze Review, aber mit dem Fazit kann man dann meistens etwas anfangen und sich darauf einstellen, was einen erwartet), bevor ich ganz uninformiert reingehe - es sei denn, der Inhalt spricht mich schon so sehr an, dass ich mir auch das schenke. Und diese M'keit biete ich den Lesern dann schon, selbst wenn sie gleich am Starttag reingehen wollen.
Deshalb brauche ich mir auch meistens keine Gedanken darüber zu machen, ob schon viele Einträge da sind oder nicht - nur bei "Wolf Creek" war neulich schon viel los, aber ich schrieb trotzdem noch was, weil es mir dann auch Spaß macht, meine Meinung niederzuschreiben. Ob ich dann Aspekte der anderen Rezensenten aufgreife, weiß ich oft gar nicht, da ich meistens nur die "üblichen Verdächtigen" lese, und die dann auch, sobald zu viele von ihnen schon was geschrieben haben, nur ausgewählt oder überfliegend. Wenn da 20 Reviews sind, habe ich nie die Ausdauer, ALLE zu lesen, um zu gucken, ob ich noch neue Sachen, Thesen etc. einbringen kann. Das Problem habe ich ja zum Glück nicht so oft.
Und bei RomComs, die ich dann des Öfteren bespreche, sind glücklicherweise oft nicht viele Reviews vorhanden, so dass es da auch selten zu Übeschneidungen kommt. Wenn es dann aber an die offizielle Vorführung geht und ich ein Review lese, das meine Meinung (im Großteil) aufzeigt, lasse ich das Reviewschreiben. Gerade neulich gab es so einen Fall: Rollos "Lady in the Water"-Review, das sogar Formulierungen hatte, die mir in den Sinn kamen, so dass ich das gar nicht erst angefangen habe, zu schreiben...

ZitatDas sind, (jaja leider, aber es stimmt), wenn man das generelle Zuschauervolk betrachtet, leider Elemente, die maximal unbewußt wahrgenommen werden oder über die nachzudenken im Sinn der Unterhaltungsfunktion unbequem erscheinen.[...]Führt man dann (ohne erhobenen Zeigefinger) einige besonders interessante oder enttäuschende Elemente an, erntet man meistens schnelle Ablehnung oder Themenwechsel, da sich viele nicht damit auseinandersetzen wollen (offenbar erscheint es ihnen als unzumutbare Belastung, mehr als eine Ein-Wort-Einschätzung über einen Film zu verlieren).

Auch wenn ich da wahrscheinlich in meinem Freundeskreis andere Elemente anführe als du, so kenne ich das Gefühl doch sehr gut. War Anfang des Jahres mit einer Bekannten im Kino ("King Kong"), die ich danach fragte, wie sie denn den Film fand: da kam die ausschweifende Antwort "gut". Ich fing dann an, diesen und jenen Part zu kritisieren, als die Aufmerksamkeit gegen null tendierte und ich mit "hast recht, war ganz gut" schloss, bevor sie noch einschlief :D.
Ein weiterer Fall war die Vorstellung von "Final Destination 3", die ein Kollege begeistert verließ. Als ich ihn darauf hinwies, dass das zum dritten Mal das gleiche Schema war, fiel ihm das auch auf. So war seine Euphorie etwas gebremst, aber ich wusste mal wieder, dass ich dank der OFDb durch ganz andere Augen sehe, wenn ich im Kino sitze. Und solch "unwissende" Leute kann man durch die Reviews ja mal versuchen, wachzurütteln oder ihnen andere Aspekte, die sie vielleicht übersehen haben, aufzuzeigen. Ich sehe die Filme bestimmt immer noch deutlich oberflächlicher als viele der Rezensenten hier, aber wenn ich dagegen meinen Freundeskreis sehe, kann man die Filme anscheinend noch viel mehr auf die Unterhaltung reduzieren.
"Wenn du die Augen schließt und dir etwas wünschst, dann ist Gott der, der dich ignoriert." ("The Island")

"My fortune cookie's empty... That's also the title of my autobiography." (Richard Karinsky, "Caroline in the City")

Bretzelburger

Das ist natürlich ein interessanter Aspekt, den du ansprichst. Mir ging es ähnlich als mich letztens eine Freundin auf das "Parfüm" ansprach und ich fast schon eine halbe Review ablieferte bevor ich dann doch innehalten konnte. So genau will es der normale Konsument gar nicht wissen.

Im genauen Gegensatz dazu habe ich inzwischen das Gefühl, daß ich durch das Reviewschreiben Filme gar nicht mehr so einfach ansehe, sondern deutlich aufmerksamer bin, quasi als Review-Autor schon in Bereitschaft. Das empfinde ich als Bereicherung. Um dein Beispiel aufzunehmen, als ich "Final Destination 3" sah, waren mir die ersten Teile immer gegenwärtig, man taucht sozusagen schon in die Historie, Hintergründe oder Intentionen ein ,bevor man einen Film ansieht. Diese Zusammenhänge sind für eine Review notwendig, fürs "einfache Gucken" nicht unbedingt.

LJSilver

Ich wähle in der Regel Filme aus, zu denen es entweder noch kein Review gibt oder meine Meinung signifikant vom Rest abweicht (Memento  :king: ). Mit ersterem bezwecke ich meistens, auf Filme hinzuweisen, die noch recht unbekannt sind.

Genrell schreibe ich lieber kurz und bündig. Romanreviews kann ich entsprechend auf den Tod nicht leiden, weil ich in der Regel einfach nur wissen will, wie gut der Film nun ist. Positive wie negative Aspekte auf den Punkt gebracht und keine endlosen Analysen über sekundäre Dinge ist, was mich interessiert und das versuche ich auch in meinen Reviews so rüberzubringen.

McHolsten

Ich füge hinzu - gerade da es im Horrorbereich auch genug Schund gibt, muss ja zumindest einer den Rest vor möglichen Fehlkäufen warnen...  :icon_mrgreen: [Die filmische Arschkarte absichtlich zu ziehen hat zwar was von Selbstgeißelung, aber was tut man nicht alles für andere].  ;)
Gore on!

Vince

Noch eine Sache, die zwar weniger die Ziele eines Review-Autors betrifft, aber zumindest seine Motivation, überhaupt in der ofdb zu schreiben: Ich mag sehr die Autorengerichtete Präsentation der Reviews. Da muss ich der ofdb mal ein großes Lob aussprechen. In der imdb oder bei amazon (da habe ich meine ersten kläglichen Review-Versuche getätigt) würde mir die Motivation vergehen, weil die einzelnen Kritiken in einem Schwall aus anderen Kritiken untergehen würden. Hier steht man mit Namen direkt auf der Hauptfilmseite und bekommt die Möglichkeit, sich ziemlich gut zu präsentieren. Natürlich ist das irgendwo auch der Tatsache zu verdanken, dass nicht zuuu viele Leute Reviews schreiben. Ich weiß nicht, wie das hier mit 100 oder 200 Reviews aussehen würde, die alle untereinander mit Autorennamen aufgestapelt wären - insofern kann man vielleicht noch froh sein, dass die extrem reviewstarken Filme höchstens etwa 50 Mal besprochen wurden.

Mich würde ja auch mal eine Rangliste der meistbesprochenen Filme interessieren...

Fastmachine

12 Oktober 2006, 23:00:31 #22 Letzte Bearbeitung: 12 Oktober 2006, 23:19:05 von Fastmachine
Zitat von: LJSilver am 11 Oktober 2006, 10:54:27
Genrell schreibe ich lieber kurz und bündig. Romanreviews kann ich entsprechend auf den Tod nicht leiden, weil ich in der Regel einfach nur wissen will, wie gut der Film nun ist. Positive wie negative Aspekte auf den Punkt gebracht und keine endlosen Analysen über sekundäre Dinge ist, was mich interessiert und das versuche ich auch in meinen Reviews so rüberzubringen.

Das ist eine klare und vertretbare Position. Nicht zu jedem Film will man immer lange Einlassungen lesen. Manchmal benötigt man auch bei einem Film, der einen an und für sich stark interessiert, nur mal schnell eine kurze, treffende Hilfe zur Orientierung.
Deshalb greife ich auch immer wieder auf Autoren wie Onkel (hat ein sehr umfassendes Repertoire und schreibt flüssig und gefällig) und Adam Kesher (Sehr kurz, sehr prägnant)zurück.

Trotzdem ist dergleichen nicht mein Ziel beim Reviewschreiben. Ich möchte keine Kurzorientierung, geschweige denn Einkaufstipps geben.
Im Allgemeinen schreibe ich meine Reviews ohne ein bestimmtes Ziel, obwohl ich mich um eine angemessene Argumentation bemühe, die den Lesern deutlich machen soll, woher meine mehr oder weniger drastisch geäußerte Meinung zum Film herrührt. Aus diesem Grund haben meine Reviews immer eine gewisse Länge.
Ich habe dabei keine professionellen Ambitionen. Ich möchte kein Journalist werden, noch Profi-Schreiber. Mein Beruf hat nicht das geringste mit Film zu tun. Alles, was ich hier schreibe, ist reines Freizeitvergnügen. Soweit ich mich erinnere, war das erste Review, das ich hier schrieb, auch das erste Film-Review, welches ich jemals geschrieben habe.

Ich schreibe, wenn Zeit und vor allem Lust dazu vorhanden ist. Derzeit etwa ein bis zwei Mal im Monat. Irgend einen Drang, mich zu allen aktuellen Filmen zu äußern, habe ich nicht. Da die aktuelle Filmproduktion in der OFDb meist vielfach und häufig auch angemessen besprochen wird, habe ich mich hauptsächlich auf die Filme vergangener Jahrzehnte konzentriert. Hier gibt es auch noch viele Filme, die gar nicht oder nur wenig beackert sind.

Am Reviewschreiben reizt mich, dass man sich mit völlig unterschiedlichen Themen, die nichts mit den Themen zu tun haben, mit denen man sich sonst den lieben langen Tag beschäftigt, auseinandersetzen muss. Im Gehirn werden auch mal andere Muskeln trainiert. Wenn man so will, eine reine Gedankenspielerei, ein reines Privatvergnügen. Stillschweigend natürlich die Hoffnung, dass die Aspekte des Films, über die man sich vor oder während des Schreibens selbst klar geworden ist, so artikuliert wurden, dass sie für andere auch klar werden beim Lesen. Vielleicht gibt es dann doch so etwas wie ein Ziel. Viele Reviews unterschiedlicher Autoren haben mich beim Lesen angeregt, zum Weiterdenken oder zum Widerspruch, jedenfalls habe ich die Lebenszeit nicht bereut, die ich ins Lesen gesteckt habe. Wenn meine Reviews einigen Lesern ebenfalls das Gefühl geben, die Lesezeit war keine verschwendete Lebenszeit, dann freut mich das und ich hätte das Gefühl, etwas zurückgegeben zu haben, was ich aus der OFDb gezogen habe.

Allen anderen, die mühevoll durch die langen Sätze meiner langen Reviews waten: Ich entschuldige mich für die Strapazen.  :icon_mrgreen:




Ich mag keine Filme; die verblöden nur. (Alfons d. Ä.)

McKenzie

16 Februar 2007, 20:32:58 #23 Letzte Bearbeitung: 16 Februar 2007, 20:34:54 von McKenzie
Nachdem ich mich hier im Forum bislang kaum blicken haben lasse bin ich gerade auf diesen interessanten Thread gestoßen. Das verfassen und natürlich vor allem veröffentlichen von Reviews ist und bleibt für mich neben der ungeheuren Flut an Informationen die schönste Option der OFDb.

Wie ich schon in meinem Profil geschrieben habe (der Text ist nicht mehr unbedingt aktuell, vielleicht sollte ich ihn wieder einmal updaten) ist es mir sehr wichtig, darauf aufmerksam zu machen, das es neben den Multiplexen in denen die von mir nicht gerade geliebte Konfektionsware aus Hollywood vor mehr an Unterhaltung denn an Kunst oder dem aufregenden Erlebnis eines ungewöhnlichen Films interessiertem Publikum präsentiert wird, auch noch kleine Nischenkinos gibt, in denen wiederum Filme laufen, die sich jenseits der Aussicht auf klingelnde Kassen auch noch an Experimente und auf ungewöhnliche Wege wagen und damit ebenso interessant wie aufregend sind.

Deswegen gebe ich auch offen zu, eine Art Werbung für diese Nische zu betreiben und auch in der OFDb, wo sie von Review-Autoren leider nicht gerade viel Aufmerksamkeit erhält, Reviews für solche Independent-Produktionen zur Verfügung zu stellen und auf sie aufmerksam zu machen. Das Filme, nach denen ich die Kinokarte bereut habe eher zu kurz kommen ist klar, schließlich greift niemand gerne zum verbrannten Randstück einer delikat belegten Pizza. Ganz unabhängig davon sehe ich meine meisten Reviews zu älteren Filmen, insbesondere aus der Europloitation-Ecke die einzig und allein von meinem persönlichen Ummut oder -Mut zeugen sollen. Aber auch hier interessiert es mich nicht (mehr), das zigste Review zu Lucio Fulcis "Zombi 2" zu schreiben sondern auch eher den Filmen die Zeit zu widmen, die bisher leer ausgegangen sind. Die dritte Schiene sind ältere Autorenfilme, die ich in der Regel nur dann bespreche wenn ihr Gehalt in meinen Augen so groß ist, das unbedingt mehr Menschen davon zehren sollten.

Dabei bin ich aber nie darauf aus, "klugzuscheißen" (den Verdacht hat Mr. Hankey, den ich im übrigen selbst oft lese an anderer Stelle geäußert- ist aber schon verziehen da ich das öfter zu hören bekomme ;)) sondern lediglich Reviews abzuliefern, die man ernstnehmen kann- und wenn ich ein Review zu "Braindead" oder einem ähnlichen Film lese, in dem davon die Rede ist wie "geil die rote Suppe durch die Gegend klatscht" dann kann ich persönlich das mitnichten ernstnehmen. Vielleicht ist meine krankhafte Liebe zu verschlungenen Sätzen und ungenügender Kommasetzung dabei eine Untugend doch die kommt leider schon seit der Grundschule jedesmal über mich sobald ich in die Tasten, bzw. zum Stift greife.

Letzten Endes nähere ich mich mit meinem Grundziel also schon näher an Moonshade, dessen Filmgeschmack und Ansichten ich nun kaum teile- an: Nämlich zu möglichst vielen, darunter eben auch weniger bekannten Filmen, Reviews zur Verfügung zu stellen, damit eine möglichst große Bandbreite der Filmkunst mit all ihren (teils verwunderlichen) Facetten abzudecken. Diesen verwunderlichen, seltsamen und obskuren Facetten gehört auch meine große Liebe und da gerade diese Filme es immer schwerer haben als der Mainstream oder das astreine Arthouse-Kino möchte ich sie nach Kräften unterstützen!
ZitatPunctuality is the thief of time
- Oscar Wilde
ZitatOne problem with people who have no vices is that they're pretty sure to have some annoying virtues.
- Elizabeth Taylor

Adam Kesher

Ich gestehe, dass meine Absichten beim Verfassen einer Besprechung höchst egoistisch sind: Ich will schlicht herausfinden, woher meine gefühlsmäßige Meinung zu einem bestimmten Film rührt, indem ich gedankliche Nachforschungen anstelle und sie formuliere. Durch den Prozess des Schreibens und Verdichtens verschaffe ich mir allmählich Klarheit über die tiefer liegenden Ursachen meiner Meinung, sei sie wohlwollend oder skeptisch. Am Ende hoffe ich, dass meine Gedanken für einzelne Leser interessant oder bereichernd sind und dadurch zu einem kleinen Beitrag für einen größer angelegten Filmdiskurs werden.

Unausweichlich bringt dieses Vorgehen einen doppelten Effekt mit sich: Zum einen werden die Besprechungen zu einer Art Werbemaßnahme für Filme, die mir gefallen; zum anderen streuen sie meine individuelle Art, Filme zu schauen und zu deuten. Obgleich der Ansatz einseitig, vielleicht sogar eigensinnig erscheinen mag, folge ich ihm einigermaßen sorglos, weil ich davon ausgehe, dass die Flut an verschiedensten Besprechungen unterschiedlichster Autoren, in der meine Besprechungen sich am Ende bewegen, ein stimmiges Gesamtbild erzeugt.

Adam Kesher

Im Grunde genommen - ist mir aufgefallen - verhält es sich auch so, dass das Notieren von Gedanken zu einem Film mir nicht nur behilflich ist, mein Bauchgefühl zu erklären, sondern umgekehrt auch wieder geschmacksbildend wirkt, also meinen Bauch erst empfänglich für bestimmte Eindrücke werden lässt. Gewiss taugen Aufzeichnungen zu Filmen nicht dazu, Unschönes schönzureden - und selbst wenn eine solche Urteilsverkehrung in ihrer Macht läge: wem sollte daran gelegen sein? -, sehr wohl aber liegt es in ihrer Reichweite, bislang verschlossenes zu erschließen. Ich glaube zumindest, im Laufe der Zeit eine Verfeinerung meines Geschmacks beobachtet zu haben, die ich wenigstens teilweise auf meine Verschriftungen zurückführe.

Bretzelburger

Das kann ich nur bestätigen - hinzu kommt, daß mir beim Schreiben oft Zusammenhänge auffallen, die ich kurz nach dem Ansehen des Films nicht wahrgenommen hatte. Die schriftliche Auseinandersetzung mit dem Thema bedeutet eben auch ein inneres Ordnen der Gedanken und dieser Prozess verbessert natürlich auch die "Verfeinerung des Geschmacks", wie du es so schön geschrieben hast.

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