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Autoren-Thread: Vince

Begonnen von Vince, 30 November 2006, 23:55:57

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Vince

Zitat von: Chili Palmer am 21 Januar 2008, 01:33:23
Zu deinem Haunted-Hill-2-Review: In "Stanley Kubrick: A Life In Pictures" wird anhand des in einem Plattengeschäft in "Clockwork Orange" stehenden 2001-Soundtracks gesagt, dass Kubrick hiermit den Punkt erreicht hatte, an dem er sich solche Selbstreferenzen erlauben konnte. Wenn nun also der Gag vom unter Verstopfung leidenden Jeffrey Combs zweitverwertet wird, würde ich jedem anderen Ideenarmut vorwerfen, in deinem Fall bleibt mir aber nur festzuhalten:

Du kannst dir solche Selbstreferenzen erlauben.

Und bevor ich hier wegen Vergleichen mit dem Filmgott von Kenzie oder wegen prätentiösen Gedröhnes von Vega kielgeholt werde,
Nicht nur von den beiden, von mir gleich mit dazu. Das ist ja eine geradezu blasphemische Äußerung. Der arme Stanley, wenn der das lesen könnte. ;)
War halt nen kleener Insider extra für den Chili, ich wusste ja, dass du den Gag hier schonmal erwähnt hattest.  ;)

Zitatmerke ich kritisch an, dass deine kryptische Bemerkung bezüglich "Jumanji" genau das Gegenteil vom Sinn und Zweck deines Verrisses bewirkt hat: Irgendwie möchte ich da jetzt ganz gerne reinschauen.  :icon_mrgreen:
Lohnt sich natürlich nicht wirklich, das ist einfach nur eine Szene, die arg an "Jumanji" erinnert...

ZitatApropos Jumanji: Kennst du Zathura? Den fand ich ja sogar besser.
Jein. Gesehen ja, aber nicht mit voller Aufmerksamkeit. Mein vager Eindruck war, dass er nicht unoriginell war, aber irgendwie nicht an die Schauwerte von "Jumanji" rankommt. Aber um das zu spezifizieren, müsste ich mich noch mal im vollen Bewusstsein ransetzen, mein Urteil ist da im Moment wenig wert.

ZitatUnd, um last but not least mal einen Klassiker von dir hervorzuzerren: Schöne "Dschungelolympiade"-Kritik.
Ähm, ich muss dazu sagen, dass ich da etwas gemacht habe, das ich heutzutage niemals mehr machen würde: ich habe eine Kritik auf schwammigen Erinnerungen geschrieben, die zu dem Zeitpunkt Jahre zurücklag, wenn nicht sogar schon ein Jahrzehnt. Passend, dass du gerade jetzt auf die Kritik verweist, denn bei meiner aktuellen "Dumbo"-Kritik habe ich diesen Fehler umgangen. Das ist genauso wie "Die Dschungelolympiade" eine Kindheitserinnerung gewesen, beide Filme hatte ich Dutzende Male gesehen. "Dumbo" habe ich letztes Wochenende zum ersten Mal seit etlichen Jahren wieder gesehen und obwohl ich die Befürchtung hatte, der Zauber sei inzwischen verflogen, bin ich von einer nostalgischen Welle überschwemmt worden. War ein tolles Gefühl.

Und wenn du jetzt erwähnst, dass es eine "Dschungelolympiade"-DVD gibt (war mir irgendwie gar nicht bewusst), sollte ich unbedingt mal Ausschau halten. Wie gerne würde ich diesen Film mal wieder sehen...

Chili Palmer

Zitat von: Vince am 21 Januar 2008, 14:29:53
Das ist ja eine geradezu blasphemische Äußerung. Der arme Stanley, wenn der das lesen könnte. ;)
War halt nen kleener Insider extra für den Chili

Ich bin auch fast ein wenig stolz auf mich, wie ich aus dieser Insider-Mücke einen blasphemischen Elefanten gemacht habe.  :icon_mrgreen:

"Dschungelolympiade" ist gerade röstfrisch erschienen und halt entsprechend teuer, "Zathura" bekommt man mittlerweile überall nachgeworfen (um mal ein wenig embedded Schnäppchenthread zu betreiben: zuletzt 2.99€ bei Weltbild).
Der hat mir gezeigt, dass Jon Favreau das Händchen besitzt, dass nötig ist, um aus Projekten wie "Iron Man" großartige Comic-Unterhaltung zu zaubern.

Und "Dumbo" ist auch eine fantastische Kritik geworden. Wahrlich kein blasphemischer Elefant.  ;)
"I'm an actor, love, not a bloody rocket surgeon".

"Der Terminader is ja im Grunde so'n Kaiborch."

Vince

Zitat von: Chili Palmer am 21 Januar 2008, 14:43:29
"Dschungelolympiade" ist gerade röstfrisch erschienen und halt entsprechend teuer,
Hui, gut zu wissen. Danke, dann halte ich mal Ausschau.
Bei "Zathura" hätt ich ja eigentlich viel lieber das Doppelpack mit Jumanji, den ich auch noch nicht in der Sammlung habe... andererseits sind 3 Euro echt ein Schnäbbsche...

ZitatUnd "Dumbo" ist auch eine fantastische Kritik geworden.
Danke!

ZitatWahrlich kein blasphemischer Elefant.  ;)
Zumindest blasierte Elefanten gibts da zuhauf. ;) Und rosa Elefanten... mir wird gerade bewusst, dass Barney Gumbles "Stampfi" offenbar eine "Dumbo"-Hommage ist, oder?

Chili Palmer

Zitat von: Vince am 21 Januar 2008, 14:48:45
Bei "Zathura" hätt ich ja eigentlich viel lieber das Doppelpack mit Jumanji, den ich auch noch nicht in der Sammlung habe... andererseits sind 3 Euro echt ein Schnäbbsche...

Hmm, Sammlerdilemma, ich kenn' das. Das Doppelpack ist auch recht hübsch. :icon_confused:

Und das mit Barney, ja, das könnte wirklich sein. Muss auch mal wieder dringend "Dumbo" gucken.
"I'm an actor, love, not a bloody rocket surgeon".

"Der Terminader is ja im Grunde so'n Kaiborch."

Chili Palmer


Mein kürzlich gefasster Reviewplan zum "Tag, an dem die Erde stillstand", hat sich nach Lektüre deines Reviews erledigt.

Und ich bin froh darüber, denn ich hätte nur wiederholen können, was du hier so schön ausführst; Die Sonderstellung dieses warnenden Werks innerhalb seines Genres, umringt von paranoiden Zeitgenossen, seine gekonnte Umsetzung des globalen Phänomens über die Fernseh- und Rundfunkmontagen und die beeindruckenden "Alles-Aus"-Szenen, sowie der Ausblick auf die recht spannende Ausgangslage des geplanten Remakes.
Da fehlte letztendlich nur die Erwähnung, dass Gort noch ein weiteres Mal zur Erde zurückkehren sollte - im Rahmen einer polizeilichen Gegenüberstellung in Springfield. Sehe aber auch ein, dass diese brisante Information beim besten Willen nicht in den Text integrierbar ist. Aber so konnte ich wenigstens auch noch meinen Beitrag leisten. Klaatu barada nikto!

Feine Sache. Das Review, bei dem mein Mauszeiger stillstand.
"I'm an actor, love, not a bloody rocket surgeon".

"Der Terminader is ja im Grunde so'n Kaiborch."

Vince

Springfield reicht immer aus für eine eigene Abhandlung... also nur zu, da lässt sich noch was rausquetschen! ;)
Vielen Dank für das Feedback, vielleicht motiviert das ja wieder zu etwas mehr Aktivität, ich hab momentan eine heftige Schreibkrise.

Chili Palmer


ALF sagt: Kopf hoch!

Bei den hochklassigen Filmen, die jetzt anrollen, ist die Krise bestimmt schneller vorbei, als du "This makes me very angry" sagen kannst. Das ist gerade eher meine Krise: Wie soll ich all' diese Filme mitnehmen?
"I'm an actor, love, not a bloody rocket surgeon".

"Der Terminader is ja im Grunde so'n Kaiborch."

Mr. Vincent Vega

Zitat von: Vince am 22 Februar 2008, 14:16:09
ich hab momentan eine heftige Schreibkrise.

Ein verbreitetes Phänomen. Zwischen Anfang Dezember und Februar ging es mir genauso, ich habe verhältnismäßig wenig geschrieben und hatte überhaupt keine Lust, hielt alles von mir für schrecklich und unzumutbar. Richtig gefangen habe ich mich noch nicht, aber ich versuche meine Schaffenskrise nicht so zu stilisieren wie McKenzie und in einer Mischung aus "8 1/2" und "M. Butterfly" zur Selbstinszenierung hochzuschrauben. :icon_mrgreen:

Das geht bestimmt vorüber. Vor gar nicht so langer Zeit habe ich doch erst festgestellt, wie viele Reviews mir von dir in letzter Zeit gefallen haben.

Vince

Danke euch für die Aufmunterung... ja das wird schon wieder, gerade im Moment kommt halt noch dazu, dass wichtige Prüfungen unmittelbar bevorstehen und auch noch einige private Dinge, Motivation und Kreativität sind wie davongeflogen, die Texte gefallen mir nicht mehr und überhaupt bin ich momentan wieder eher bei CD-Reviews. Aber das ändert sich alles noch.

Zitat von: Mr. Vincent Vega am 22 Februar 2008, 15:11:21
Richtig gefangen habe ich mich noch nicht, aber ich versuche meine Schaffenskrise nicht so zu stilisieren wie McKenzie und in einer Mischung aus "8 1/2" und "M. Butterfly" zur Selbstinszenierung hochzuschrauben. :icon_mrgreen:

Ist der jetzt eigentlich fürs Erste komplett von der Bildfläche verschwunden? Hab ewig nix mehr von ihm gelesen, weder Reviews noch Forenbeiträge.

Mr. Vincent Vega

Zitat von: Vince am 22 Februar 2008, 15:22:27
Ist der jetzt eigentlich fürs Erste komplett von der Bildfläche verschwunden? Hab ewig nix mehr von ihm gelesen, weder Reviews noch Forenbeiträge.

10 Tage Berlinale + Restverdauungszeit = in Kürze dürfte er wieder zur Stelle sein

Chili Palmer


Vega hat ihn in die Grube des Sarlacc geworfen, nehme ich mal an.
"I'm an actor, love, not a bloody rocket surgeon".

"Der Terminader is ja im Grunde so'n Kaiborch."

Mr. Vincent Vega

Was immer noch besser ist als der sehr unrühmliche Abgang des später ja doch mit Bedeutung aufgeladenen fetten Boba.

Chili Palmer


Ich sehe euch beide gerade richtig gemütlich zur Berlinale beisammensitzen - wie Han und Greedo.
"I'm an actor, love, not a bloody rocket surgeon".

"Der Terminader is ja im Grunde so'n Kaiborch."

Mr. Vincent Vega


Chili Palmer


Tut dir hoffentlich leid, die Sauerei.
"I'm an actor, love, not a bloody rocket surgeon".

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McKenzie

22 Februar 2008, 19:09:52 #345 Letzte Bearbeitung: 22 Februar 2008, 19:11:59 von McKenzie
Ich kondoliere dir, Vince, jetzt sind wir schon zu dritt.  :pidu: :andy: :icon_mrgreen:

Mach' es einfach wie ich und lehne dich entspannt zurück. Mehr als warten kannst du ohnehin nicht tun, man kann die Muse nicht herbeirufen, sie muss schon von selbst angeschwebt kommen.  :icon_lol:

Avantgardistische oder transgressive Underground-Kurzfilmer sind übrigens ein lohnendes Therapie-Objekt, ich versuche mir gerade auch, an solcherlei Dingen meine Autoren-Weisheitszähne abzufeilen.

Zitat von: Mr. Vincent Vega am 22 Februar 2008, 15:11:21
aber ich versuche meine Schaffenskrise nicht so zu stilisieren wie McKenzie und in einer Mischung aus "8 1/2" und "M. Butterfly" zur Selbstinszenierung hochzuschrauben. :icon_mrgreen:

:nono: Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen, Süßer. :anime:

In Wirklichkeit war das ganze Gejammere von mir doch nur eine Rechtfertigung für die schlechte Qualität der Reviews - oder bist du selbst nachdem du mich nun live in all meiner Bescheidenheit ( :icon_cool:) erlebt hast, immer noch der Überzeugung, das ich narzisstische Tendenzen aufweise? Ein narzisstischer Autor greint nicht, er schreibt.  :icon_twisted:

Zitat von: Mr. Vincent Vega am 22 Februar 2008, 15:24:11
Zitat von: Vince am 22 Februar 2008, 15:22:27
Ist der jetzt eigentlich fürs Erste komplett von der Bildfläche verschwunden? Hab ewig nix mehr von ihm gelesen, weder Reviews noch Forenbeiträge.

10 Tage Berlinale + Restverdauungszeit = in Kürze dürfte er wieder zur Stelle sein

Immer noch kein eigener Internet-Anschluss und sehr, sehr wenig Zeit. Die Berlinale dürfte auch einen nicht unbeachtlichen Teil dazu beigetragen haben - 10 Tage leben und schlafen wie ein echter Cinemensch, zusammen mit anderen Cinemenschen - davon hat man dann nach 35 Filmen, wenig Schlaf und viiiiel Nerdigkeit erst einmal die Nase voll.  ;)

Zitat von: Chili Palmer am 22 Februar 2008, 15:30:18

Ich sehe euch beide gerade richtig gemütlich zur Berlinale beisammensitzen - wie Han und Greedo.

Wurde leider nix draus, wir saßen lediglich bei einer japanischen Rosamanze gemeinsam im Kino (was ich nicht wusste...) und so blieb leider der "Kinobesuch mit Filmgespräch" aus (um ein Haar wären wir zusammen in "There Will Be Blood" gegangen, das wäre was geworden - nämlich Konsens, vom allerfeinsten).  :bawling: :icon_twisted:

ZitatPunctuality is the thief of time
- Oscar Wilde
ZitatOne problem with people who have no vices is that they're pretty sure to have some annoying virtues.
- Elizabeth Taylor

Jared Kimberlain

Hi Vince,

freut mich, dass deine "Blockade" sich allem Anschein nach gelegt hat.
Habe mit heute morgen dein Review zu "The Verdict" angeschaut (habe den Film selbst gerde gekauft und gesehen) und kann dir dazu nur sagen, sehr gelungen.
Wirklich gut, freue mich auf mehr.

Gruß,
J.K.
"Ich bin was ich bin."

Vince

Danke JK. Du weißt ja, auf deine Meinung lege ich sehr viel wert gerade bei Filmklassikern, ich weiß ja um dein gigantisches Filmwissen und dass du auch nicht davor zurückschreckst mir zu sagen, wenn ich in Sachen Interpretation mal irgendwo daneben gegriffen habe.

Richtig gelegt hat sich die Blockade leider noch immer nicht, die totale Schreibeuphorie, wie ich sie früher schon mal hatte, ist noch nicht wiedergekommen und mit meinen Texten war ich auch schon mal zufriedener. Aber ich will schon ein bisschen im Rennen bleiben und nicht ganz aufgeben und wenn es mich dann mal wieder ein bisschen kitzelt, nutze ich es aus. ;)

Jared Kimberlain

Danke für die Blumen.

Ich habe dich ja im Abo  :icon_mrgreen: , und habe auch deine letzten Reviews gelesen.
Da habe ich mich auch noch zurück gehalten, weil mir teils die Filme unbekannt waren und deine übliche Qualität nicht ganz rüberklam.

Aber mit "The Verdict" habe ich dich doch wieder so gelesen, wie ich es sehr schätzen gelernt habe. Wobei selbst hier zu erkennen ist, das die Freude am Schreiben bei dir noch nicht wieder so richtig da ist. War in diesem Fall aber sekundär, hat mir wirklich gefallen.

Also, nicht aufgeben. Du bist schließlich mein einziger Review Autor, den ich noch im Abo habe.  ;)

Gruß,
J.K.
"Ich bin was ich bin."

Vince

Merci beaucoup, das ehrt mich.
Ich bete mir halt noch ein paar Mal "Tschakkaaaa - du schaffst es" vor, dann bin ich bald wieder auf Hochtouren. ;)

Vince

Mr. McKenzie, Ihr Fehdehandschuh war beileibe kein Federhandschuh, denn er schmerzte mein Gesicht auch zwei, drei Tage nach Ansicht von "Crash" noch und so musste ich es kühlen:
*Klick*

Mr. Vincent Vega

Ich werde darauf später (per edit) zu sprechen kommen. Es gibt etwas Haue. :icon_mrgreen:

Vince


McKenzie

20 April 2008, 19:05:49 #353 Letzte Bearbeitung: 20 April 2008, 19:09:32 von McKenzie
Von mir gibt es auch ein wenig Haue...

Ich sitze gerade am Notebook eines Freundes und da ich mit der Handhabung dieser Dinger nicht gerade gut Freund bin spare ich mir das direkte Zitieren am besten...

Ich bin fasziniert davon, wie du weitgehend ohne einen Kritiker-typischen, prätentiösen Sprachgebrauch so kryptisch und in den Formulierungen komplex sein kannst; da wird die Schlichtheit an sich schon fast wieder zur Prätention - eine Gefahr, in der ich mich auch oft schweben sehe (es sei bezüglich meiner Schaffenskrise angemerkt das sich auf meiner Festplatte inzwischen schon ein ansehnlicher Berg halbfertiger oder auf Eis gelegter Reviews angesammelt hat...).

Es fasziniert mich, wie offensichtlich lakonisch du den Film wahrgenommen hast - als interessantes Kuriosum aber zugleich auch Extrem im Cronenbergschen Schaffen, aber eben auch als einen Film, der ohne selbiges relativ verloren und hilflos in der Hemisphäre ernsthafterer Sexualstudien im Mainstream (Mr. Vincent Vega verzeihe mir das ob meiner 10/10 für den Film) hängen würde.

Kurz gesagt: Gerade das kann ich nur bedingt verstehen und dann vor allem dadurch, das "Crash" irgendwo schon direkt auf Cronenbergs letzte 3 verweist die sich allesamt durch eine gewisse Unauffälligkeit, eine scheinbare Konventionalität auszeichnen und deren Kern einer subjektiveren Wahrnehmung unterliegt als noch die Frühphase (etwa von "Shivers" bis "Die Fliege" oder "Naked Lunch"). Als Beispiel hier ja auch die sehr zweigeteilte Rezeption von "Eastern Promises". Vielleicht befinde ich mich in einem gewaltigen Irrtum, wenn ich vermute, das dir der sich "normal" stellende aber auch abstrakt wirken wollende Umgang mit den sexuell veräußerten Neurosen in "Crash" wie ein Rückzieher vorkam im Vergleich zu den "mittleren" Filmen der Frühphase in denen Cronenberg noch unbedarfter aber eben doch schon sehr reif, nur mit einem Quäntchen weniger Selbstbewusstsein zur Sache ging (Vielleicht auch die späteren Filme, hast du "Naked Lunch" schon gesehen?).

Da ich gerade etwas mit mir ringe, weil ich fürchte, dir meine eigentlichen Kritikpunkte nicht wirklich verständlich machen zu können, greife ich zu meiner geliebten Plakativität, auch auf die Gefahr hin, missverstanden zu werden:
Der Tenor deines Reviews erweckt den Anschein, als wäre dir die Kenntnis einiger (oder sogar zahlreicher, aller?) vorangegangenen Cronenberg-Filme wie ein großer Balken vor dem Kopf gehangen, als hätten sie dich behindert insofern als du den Film nur noch als Cronenberg wahrnehmen konntest, nicht mehr aber als vollkommen eigenständigen Film. Das habe ich persönlich getan und deine Verknüpfungen zur offensiven Körperlichkeit der früheren Filme sind zwar nachvollziehbar und sicher auch im Grunde richtig, allzu wichtig finde ich sie allerdings nicht. "Crash" markiert (und damit schließt sich imo der Kreis zu den letzten drei Filmen "Spider", "A History of Violence" und "Eastern Promises", du erinnerst dich ja vielleicht noch an mein Review zu letzterem) für mich persönlich die erste echte Abkehr Cronenbergs von der Körperlichkeit hin zur filmischen Sinnlichkeit (nicht einmal so sehr im erotischen Sinne!) und vielleicht hat dich das einfach irritiert. (Sehr anmaßend von mir, ich weiß  ;)). Deine Vermutung, der Film würde ohne Kenntnis von Cronenbergs übrigen Filmen eher so aufgenommen werden müssen (dieses "ausschließlich" brannte mir wie ein Dorn im Auge - das ist dann vielleicht ein klein wenig anmaßend von dir)

ZitatDie Funktionalität dieses für sich genommen allzu sterilen Fleisch-Metall-Amalgams ist also ausschließlich im Gesamtkontext von Cronenbergs Schaffen zu begreifen, da es sich vollends in seinen Dienst stellt. Außerhalb ist es wenig mehr wert als ein gewöhnlicher Film über ungewöhnliche sexuelle Obsessionen; innerhalb stellt es die Schienen für den Übergang vom Biologischen ins Psychologische.

begründet sich anscheinend eher auf einer Vermutung, du hast ihn ja im Schaffenskontext eingeordnet (einordnen ist immer doof, manchmal lasse ich mich aber auch dazu verführen  :icon_mrgreen:), einer Vermutung die ich jetzt mal ganz stark bezweifeln möchte (nicht zuletzt deshalb, weil einer meiner Begleiter im Kino noch nichts von Cronenberg gesehen hatte und vollkommen begeistert war - es handelt sich dabei um eine Person mit durchaus ungewöhnlichem Geschmack die sich an gewöhnlicheren Dingen nur partiell begeistern kann).

Nun ja, vielleicht verstehst du ja was ich meine, vielleicht bin ich dreist, auf jeden Fall könnte dir ein wenig intellektuelle Entschlackung nicht schaden (Die Metaphern meine ich nicht, die sind hier wirklich sehr exquisit, besonders diejenige um den sich verformenden Sandstein, wunderbar :respekt:), sonst landest du noch in Bamako (Insider, heißt soviel wie: Im Himmelreich der Prätention  :icon_lol:), trotzdem war dieser Text das anregendste neue OFDb-Review, das ich seit einiger Zeit gelesen habe, sehr interessant (vielleicht resultiert das labyrinthische linguale Treppenhaus des Reviews auch aus dem Film selbst, manchmal kann man einfach nicht anders [gestern habe ich zum 2. Mal "There will be Blood" gesehen und war am Ende, glaubte, den Film einigermaßen verstanden zu haben - meine Kritik, würde ich eine schreiben, wäre vermutlich ebenfalls sehr prätentiös]).

Lange Rede, kurzer Sinn: 7/10, dito.  :icon_mrgreen: :icon_cool:

EDIT: Vielleicht habe ich auch dein Review überhaupt nicht verstanden und den Review-Godard im Schafspelz in dir noch nicht entdeckt.
ZitatPunctuality is the thief of time
- Oscar Wilde
ZitatOne problem with people who have no vices is that they're pretty sure to have some annoying virtues.
- Elizabeth Taylor

filmimperator

20 April 2008, 19:08:40 #354 Letzte Bearbeitung: 20 April 2008, 19:11:16 von filmimperator
Wie es der Zufall so will, habe auch ich neulich "Crash" gesehen und für sehr seltsam, aber trotz aller Befremdlichkeit für gut befunden. Deswegen war ich umso gespannter, als du nun eine Review zu diesem Film geschrieben und mit der gleichen Punktzahl wie ich bedacht hast.

Du erwähnst gleich zu Beginn Folgendes:

ZitatEs ist hinlänglich bekannt, dass David Cronenberg mit seinem Gesamtwerk ein Leitthema verfolgt: die Mutation im weitesten Sinne, meist mit einer Selbstzerstörung am Ende des Fadens.

Ich habe schon einmal vor längerer Zeit einen Essay über Cronenberg gelesen auf der dann leider von einem Hacker drangsalierten Seite kinetoskop.de, der dieselbe Thematik aufgriff. Darf ich fragen, woher man diese Infos zu Cronenbergs Schaffen bekommt?

Ansonsten noch eine Nachfrage: Aufgrund deiner doch ausführlichen Darlegungen um Solipsismus etc., die allesamt zwar für mich etwas hochtrabend, aber beim wiederholten Lesen zusehends verständlich werden, stelle ich mir die Frage, ob du selbige Ausführungen wiederum einem Essay zu Cronenberg oder einem Philosophiestudium  ;) entnommen hast. Auf jeden Fall habe ich selten eine so in Sachen Inhalt äußerst analytische und tiefsinnige Review gelesen, auch wenn du es hin und wieder mit der bildlichen "Körper"-Sprache etwas übertreibst...

Weiter so!  :respekt:

Ich habe den Film zwar neben dem Deformierungsaspekt eher als Metapher auf den durch Statussymbole pervertierten, amerikanischen Way of Life verstanden (Autos werden zur Obsession, der exzessive Konsum kann tödlichen Ausgang haben), dies sind jedoch nur meine bescheidenen Überlegungen, die auf keinerlei Literatur beruhen. Ebenso wie ich ja immer noch die These vertrete, "There Will Be Blood" wäre ein Quasi-Anti-Cronenberg - und ja, ich könnte es sogar begründen  ;)
Unterschiedliche Meinungen? Chuck Norris interessieren nicht mal die Fakten!

McKenzie

Zitat von: filmimperator am 20 April 2008, 19:08:40
Ebenso wie ich ja immer noch die These vertrete, "There Will Be Blood" wäre ein Quasi-Anti-Cronenberg - und ja, ich könnte es sogar begründen  ;)

Review?  :icon_twisted: :eek:
ZitatPunctuality is the thief of time
- Oscar Wilde
ZitatOne problem with people who have no vices is that they're pretty sure to have some annoying virtues.
- Elizabeth Taylor

filmimperator

Zitat von: McKenzie am 20 April 2008, 19:12:44
Zitat von: filmimperator am 20 April 2008, 19:08:40
Ebenso wie ich ja immer noch die These vertrete, "There Will Be Blood" wäre ein Quasi-Anti-Cronenberg - und ja, ich könnte es sogar begründen  ;)

Review?  :icon_twisted: :eek:

Für eine Rezension würde dieser eher schwer verständliche Gedankengang nicht wirklich ausreichen und der Zeitpunkt meiner Film-Rezeption liegt auch schon zu weit zurück. Allerdings versuche ich dies jetzt hier einmal kurz darzustellen: Daniel Plainview war schon immer ein Einzelgänger, bricht sich bei seinen ersten Bohrungen das Bein und benutzt fortan nur noch seine Mitmenschen als Mittel zum Zweck bis er sie verstößt (seinen ertaubten Sohn) oder ermordet (seinen Pseudo-Bruder). Eine Familie von ihm als solche existiert nicht und der Aspekt der körperlichen Deformierung wird bei "There Will Be Blood" auf die Ebene der psychischen Deformierung gehievt: Der fortschreitende Verfall, der fortschreitende Niedergang (wie Vince ihn in seiner "Crash"-Kritik auch thematisiert hat) von geistigen, oder besser: moralischen und somit mentalen Werten, die sich in ihrer Konsequenz in eine Überbietungslogik ergeben. Erst Verstoß, dann schneller Mord, schließlich genüssliche Zelebration des Mordens nach zuvoriger Erniederigung...
So in etwa. Plausibel - auch ohne Review?  ;)
Unterschiedliche Meinungen? Chuck Norris interessieren nicht mal die Fakten!

McKenzie

Ja, nachvollziehbar, interessant. Ich bleibe persönlich dabei, dass man den Charakter Daniel Plainview aber nicht verurteilen darf, sonst bleibt einem der richtige Zugang zum Film verschlossen (ach ja, das ist schon wieder richtigs schön elitär).
ZitatPunctuality is the thief of time
- Oscar Wilde
ZitatOne problem with people who have no vices is that they're pretty sure to have some annoying virtues.
- Elizabeth Taylor

Vince

Ich danke euch für eure (bzgl. Kenzies erstem Posting) mir nicht immer ganz schlüssigen, aber durchweg hochinteressanten Rückmeldungen.

MccKenzie, ich mag dich womöglich nicht richtig verstanden haben - es fällt mir etwas schwer, deinen Kritikpunkten so recht zu folgen... auch weil ich irgendwie glaube, in ihnen eigentlich eher Zustimmungen zu meiner Argumentation erkennen zu können. Ich geh's mal ein bissl durch:


Zitat von: McKenzie am 20 April 2008, 19:05:49
da wird die Schlichtheit an sich schon fast wieder zur Prätention - eine Gefahr, in der ich mich auch oft schweben sehe
Ich mich selbst auch - seit Monaten oder gar Jahren. Die Sache hatten wir ja schon mal angesprochen. Das Prätentiöse an sich liegt mir mehr als fern - jeder, der mich persönlich kennt, wird das bestätigen - aber mein Stil hat wohl so was an sich, das mich hin und wieder in diese Ecke drängt.

ZitatEs fasziniert mich, wie offensichtlich lakonisch du den Film wahrgenommen hast - als interessantes Kuriosum aber zugleich auch Extrem im Cronenbergschen Schaffen, aber eben auch als einen Film, der ohne selbiges relativ verloren und hilflos in der Hemisphäre ernsthafterer Sexualstudien im Mainstream (Mr. Vincent Vega verzeihe mir das ob meiner 10/10 für den Film) hängen würde.
Ich bin mir nicht sicher, ob ich zustimmen würde, dass ich den Film als "Extrem" sehe... ja, vielleicht, weil er strukturell gesehen eine Ausnahmeposition einnimmt mit seiner intervallartigen Permanenz, diesem Fortbewegen über die sexuellen Höhepunkte, von einem zum nächsten und gerade DURCH diese kumulative Anhäufung der Sexszenen selbige als "Höhepunkte" demontierend. Es kam mir so vor, als wenn Cronenberg die Sexualität ihrer "Pointe" berauben wolle, indem er das Infinite aufgreift, von dem ich ja ziemlich zu Beginn schreibe.

ZitatKurz gesagt: Gerade das kann ich nur bedingt verstehen und dann vor allem dadurch, das "Crash" irgendwo schon direkt auf Cronenbergs letzte 3 verweist die sich allesamt durch eine gewisse Unauffälligkeit, eine scheinbare Konventionalität auszeichnen und deren Kern einer subjektiveren Wahrnehmung unterliegt als noch die Frühphase (etwa von "Shivers" bis "Die Fliege" oder "Naked Lunch").
Na genau darauf will ich doch hinaus. "Crash" eben als die das Zurückliegende resümierende, vor allem aber das die Weichen stellende Bindeglied für die dann folgenden Filme.

ZitatAls Beispiel hier ja auch die sehr zweigeteilte Rezeption von "Eastern Promises". Vielleicht befinde ich mich in einem gewaltigen Irrtum, wenn ich vermute, das dir der sich "normal" stellende aber auch abstrakt wirken wollende Umgang mit den sexuell veräußerten Neurosen in "Crash" wie ein Rückzieher vorkam im Vergleich zu den "mittleren" Filmen der Frühphase in denen Cronenberg noch unbedarfter aber eben doch schon sehr reif, nur mit einem Quäntchen weniger Selbstbewusstsein zur Sache ging (Vielleicht auch die späteren Filme, hast du "Naked Lunch" schon gesehen?).
"Naked Lunch" war mein zweiter Cronenberg nach "Die Fliege", ja...
Ansonsten kann ich dir in diesem Abschnitt nicht so recht folgen. Vielleicht, weil mir "Eastern Promises" noch fehlt...?
Die Inszenierung der Sexszenen etc. als "Rückzieher" zu betrachten, in solchen Dimensionen hab ich eigentlich gar nicht gedacht... vielleicht irritiert auch die eher tiefe Note (im Vergleich zu deinen 10 und Vegas 9), mit der ich aber - entgegen meiner Angewohnheiten, zugegeben - lediglich den, um es mal ganz salopp zu formulieren, "Unterhaltungswert" (bitte nicht zu wörtlich nehmen) bewerten wollte oder eben die Fähigkeit dieses Films, auf eigenen Füßen zu stehen. Im Gegensatz dazu dann halt die Einordnung in den Gesamtkontext. Es gibt also durchaus eine Ebene, auf der ich "Crash" wesentlich stärker einstufe als bei der 7/10, die ja immer so ein wenig zu sagen scheint "joa ganz nett, feiner Film, hat Spaß gemacht" (und gerade das hat er ja nicht unbedingt!).

ZitatDer Tenor deines Reviews erweckt den Anschein, als wäre dir die Kenntnis einiger (oder sogar zahlreicher, aller?) vorangegangenen Cronenberg-Filme wie ein großer Balken vor dem Kopf gehangen, als hätten sie dich behindert insofern als du den Film nur noch als Cronenberg wahrnehmen konntest, nicht mehr aber als vollkommen eigenständigen Film.
Es fällt mir bei Cronenberg in der Tat schwer, einen seiner Filme außerhalb seines Gesamtschaffens zu betrachten, einfach wegen der roten Linie und der logischen, mitunter folgerichtigen Auswahl der Themen - aber bei "Crash" fiel es mir eigentlich nicht schwerer als sonstwo. Im Gegenteil, zu Anfang erschien mir "Crash" sogar als der autarkeste aller Cronenbergs. Das verkehrte sich ins Gegenteil, als ich intensiver über ihn nachdachte und die Dinge, die ihn gewissermaßen zur "Ausnahme" machen, hinterfragte. Daher vielleicht auch die "Wolf im Schafspelz"-Metapher.

ZitatDas habe ich persönlich getan und deine Verknüpfungen zur offensiven Körperlichkeit der früheren Filme sind zwar nachvollziehbar und sicher auch im Grunde richtig, allzu wichtig finde ich sie allerdings nicht.
Na meine Intention war halt aufzuzeigen, wie Cronenberg bislang arbeitete, um zu zeigen, wie "Crash" eine Rümpelaktion in Gang setzt, die (wiederum bezogen auf das Gesamtwerk) einem Sprung auf der evolutionären Leiter gleichkommt, wo relational dazu gesehen die älteren Filme eher mal ein Pickel auf dem Gesicht waren, der aufplatzte. Und das macht "Crash" für mich NUR im Kontext des Ganzen so außergewöhnlich: Im Film selbst wird der "Crash" seiner eigentlichen Natur beraubt, ein Klimax zu sein. Im Gesamtwerk Cronenbergs hingegen IST "Crash" ein Klimax, oder vielleicht auch eher ein Anti-Klimax aufgrund der Lethargie seiner Inszenierung. Dieses Paradoxon kommt eben nur im Zusammenspiel von Mikro- (nur der Film) und Makro- (Gesamtwerk)Ebene zustande und nicht, wenn man den Film als Einzelnes betrachtet.
Da du aber genau diesen Blickwinkel hast (den ich im Übrigen legitim finde, ich beanspruche nicht, dass man "Crash" nur auf meine Art interpretieren darf; das mag vielleicht im Review so rübergekommen sein, bei den entsprechenden Ausdrücken, die derartiges suggerieren, muss ich vielleicht noch mal rübergehen), ist es ja nur folgerichtig, dass du es für unwichtig hälst, auf die Körperlichkeit der früheren Filme einzugehen.

Zitat"Crash" markiert (und damit schließt sich imo der Kreis zu den letzten drei Filmen "Spider", "A History of Violence" und "Eastern Promises", du erinnerst dich ja vielleicht noch an mein Review zu letzterem) für mich persönlich die erste echte Abkehr Cronenbergs von der Körperlichkeit hin zur filmischen Sinnlichkeit (nicht einmal so sehr im erotischen Sinne!) und vielleicht hat dich das einfach irritiert. (Sehr anmaßend von mir, ich weiß  ;)).
Hier ist wieder so ein Punkt, wo ich glaube, dass du mir eher zustimmst als widersprichst... genau das sag ich doch? Die "ABKEHR" - alleine dieses Wort suggeriert doch eine Einordnung in den Kontext und verbietet eine autarke Betrachtung.

ZitatDeine Vermutung, der Film würde ohne Kenntnis von Cronenbergs übrigen Filmen eher so aufgenommen werden müssen (dieses "ausschließlich" brannte mir wie ein Dorn im Auge - das ist dann vielleicht ein klein wenig anmaßend von dir)
Jup, siehe oben. Da muss ich dann vielleicht mal das ein oder andere Wort ersetzen. Du kennst das ja vielleicht, wenn man einmal so richtig in der Leidenschaft ist (die war bei diesem Text übrigens erstmalig seit Monaten wieder so richtig da), wirft man gerne mit "ausschließlich", "absolut", "vollkommen", "keineswegs", "in jeder Hinsicht" etc. um sich. ;)

ZitatDie Funktionalität dieses für sich genommen allzu sterilen Fleisch-Metall-Amalgams ist also ausschließlich im Gesamtkontext von Cronenbergs Schaffen zu begreifen, da es sich vollends in seinen Dienst stellt. Außerhalb ist es wenig mehr wert als ein gewöhnlicher Film über ungewöhnliche sexuelle Obsessionen; innerhalb stellt es die Schienen für den Übergang vom Biologischen ins Psychologische.

Zitat(nicht zuletzt deshalb, weil einer meiner Begleiter im Kino noch nichts von Cronenberg gesehen hatte und vollkommen begeistert war - es handelt sich dabei um eine Person mit durchaus ungewöhnlichem Geschmack die sich an gewöhnlicheren Dingen nur partiell begeistern kann).
Puh, also diese "Begleiter-Reaktion"-Argumente finde ich ja immer ein wenig dubios. ;) Grundsätzlich ist es doch so, dass die meisten, die nicht grad unbedingt auf Meta-Jagd sind, eher wenig mit dem Film anfangen können (siehe zB. die Kritik von GhostShit) oder ihn zumindest nicht gut genug finden, um ihn zu seinen Lieblingen von Cronenberg zu zählen. Und das hat seine Gründe, wie ich finde.

ZitatNun ja, vielleicht verstehst du ja was ich meine, vielleicht bin ich dreist, auf jeden Fall könnte dir ein wenig intellektuelle Entschlackung nicht schaden
Ich weiß. Aber ein bisschen ist es halt auch wieder Cronenberg schuld, der Mistsack. :D Du erinnerst dich vielleicht ja noch an Fastmachines Attacke hier in meinem Thread - die ging auch Richtung Cronenberg-Review.
Ich denke auch, mein Ansatz ist vielleicht ein bissl zuuu verkopft einfach von den Inhalten her, hatte aber selbst eigentlich den Eindruck, diese extrem schwierig zu veräußernden inneren Monologe halbwegs verständlich in die Sprache der Normalsterblichen übersetzt zu haben. Halbwegs.

Zitattrotzdem war dieser Text das anregendste neue OFDb-Review, das ich seit einiger Zeit gelesen habe, sehr interessant
Na dann verbleibe ich hier ja wenigstens nicht ganz ohne Lob. Vielen Dank. ;)

Zitatvielleicht resultiert das labyrinthische linguale Treppenhaus des Reviews auch aus dem Film selbst, manchmal kann man einfach nicht anders
Ja, so ist das. Wie oben geschrieben. Was soll ich machen. Cronenberg is the one to blame for the whole mess! ;)

ZitatEDIT: Vielleicht habe ich auch dein Review überhaupt nicht verstanden und den Review-Godard im Schafspelz in dir noch nicht entdeckt.
Vielleicht geht es auch gar nicht darum, es wirklich zu verstehen, vielleicht muss man einfach nur was fühlen beim Lesen... sonst wär ich zB kein Fan von Apollons Kritiken, bei denen ich geschätzte 80 Prozent nicht kapiere und dennoch bin ich immer fasziniert. ;)

Zitat von: filmimperatorDarf ich fragen, woher man diese Infos zu Cronenbergs Schaffen bekommt?
Na ich würd mal sagen: durch fleißig Cronenberg gucken. ;) Ich weiß jetzt nicht, ob es grad ein Filmlexikon mit Cronenbergs Bild gibt und diese Information schwarz auf weiß danebensteht... das zieht man sich halt folgerichtig durch die Rezeption seiner Filme.

Der Begriff "Solipsismus" entstammt tatsächlich meinem Studium (Kommunikationswissenschaften, nicht Philosophie ;) ). Hab ich vor einiger Zeit mal irgendwo aufgegriffen und es crashte mir mit 120 Sachen in den Schädel, als der Spader die Unger von hinten nahm...

ZitatIch habe den Film zwar neben dem Deformierungsaspekt eher als Metapher auf den durch Statussymbole pervertierten, amerikanischen Way of Life verstanden (Autos werden zur Obsession, der exzessive Konsum kann tödlichen Ausgang haben), dies sind jedoch nur meine bescheidenen Überlegungen, die auf keinerlei Literatur beruhen.
Das schreit doch nach weiterer Ausführung in einem "Crash"-Review. Das "There will be Blood"-Review hat McKenzie ja schon gefordert. Das würd ich dann aber erst lesen, wenn ich den mal irgendwann selbst gesehen habe. ;)

Mr. Vincent Vega

Ich finde die Kritik tatsächlich auch ziemlich prätentiös. Vielleicht neigst du dazu, wenn es es darum geht, sich komplexen Stoffen zu nähern, ich erinnere mich, dass deine in medizinischer Sprache verfasste - ich glaube, ein wenig auch als Gag gemeinte - Besprechung zu DEAD RINGERS auch dieses Merkmal aufwies.

Würde ich den Unterhaltungswert des Films bewerten, bekäme er von mir sicher nur 5/10, im Gegensatz zu anderen Cronenberg-Filmen bedeutete dieser für mich Arbeit, aber eine sehr ergebnisreiche. Und die Genialität dieses Films hat sich deshalb 9 Punkte verdient, um das noch einmal kurz anzumerken. Im Übrigen stimme ich mit vielem von McKenzie nicht überein, vor allem grundsätzlichen Sachen, wie z.B., dass man Filme nicht ins Schaffenswerk ihres Regisseurs einordnen sollte, im Gegenteil, das ist bei Cronenberg mehr als sinnvoll (und vielleicht rechtfertigt McKenzie damit nur den Umstand, dass er noch diverse Lücken in dessen Oeuvre zu schließen hat :icon_mrgreen:).

Insgesamt gefällt mir die Besprechung natürlich, deinen Duktus habe ich oft gelobt, und ich würde mich nur wiederholen. Störender als sonst jedoch erscheint mir deine Vorliebe für blumige Metaphern, die das Beschriebene vielleicht veranschaulichen mögen (und sicher auch sollen), die ihr vorangestelltes Theorem aber stets mit einem quasi populistischen Nachsetzer entwürdigen. Das klingt seinerseits jetzt wieder etwas dramatisch, aber schon dieser erste Absatz hier zeigt das:

ZitatDie Destruktivität erfolgt jedoch einzig aus dem Grunde, weil der menschliche Körper den Veränderungen auf Dauer nicht standhalten kann; sonst ginge von Cronenbergs Filmen wohl eher die These der Unendlichkeit aus als die der Zerstörung. Aber gerade um den Körper und die Konfrontation seiner "Festigkeit" mit der Veränderung geht es ja. Seine Filme sind folglich Stromschnellen, die an den Felsen des Ufers entlanggleiten, ihnen Sandkörnchen entreißen und ihre Form damit unwiderruflich verändern.

Dem ersten Satz, der unbedingt richtig und eine m.E. überaus weise Erkenntnis ist, folgt eine unnötig prätentiöse Veranschaulichung, die das eben Gesagte noch einmal dichterisch nachplappert. So etwas beobachte ich öfter bei dir, und das ist nicht schlimm, aber es fällt doch negativ auf, wenn du betont "wissenschaftlich" vorgehst, so wie hier.

Interessant, dass du deine Eingangsthese im zweiten Absatz weiterverfolgst, und CRASH unterschwellig einen Bruch mit Cronenbergs bisherigen Arbeiten andichtest, weil er eine Unendlichkeit behandelt, die vorher durch Zerstörung unmöglich schien. Hierzu möchte ich nur anmerken, dass ich CRASH sehr stark auf DEAD RINGERS beziehe, der im Tod eine Erlösung sah für die Qual des menschlichen Daseins, die sich aus dem Wunsch nach Verschmelzung, dem Zurückfinden in den Urzustand ergab. Hier thematisiert Cronenberg weiterhin das Leiden des Menschen, doch er findet anders als zuvor Projektionsventile. Er arrangiert sich mit seiner Umwelt, und das im radikalsten Sinne: Er wird zu ihr. Das ist aber keine Unendlichkeit, das ist immer noch Zerstörung, und zwar Zerstörung aller Fügung. Und es ist (in Bezug auf das Ende, leider) Selbstzerstörung, auch wenn Cronenberg hier zu ungeahntem Optimismus aufläuft und die Veräußerlichung der Triebe quasi als therapeutischen Zweck darstellt (ist Deutungssache). Nur eine Anmerkung, überlies es einfach. :icon_mrgreen:

Richtig übrigens, dass man den Film im Cronenberg-Kontext sehen muss, was nicht heißt, dass er sich nur dann erschließt, es ist durchaus interessant, ihn isoliert zu betrachten. Was ich an CRASH ja so herausragend finde, und das ist etwas, das er im Kern bildet, wenn auch nicht ganz ernst (wie überhaupt alle Cronenberg-Filme immer auch komisch sind): Er bringt auf den Punkt, was für eine verklemmte Gesellschaft sich der zivilisierte Mensch eigentlich erdacht, angeschlossen und unterworfen hat. Er beschwört Multisexualität, das totale Verschmelzen, das Ende solch unsinniger Kategorien von Homo- und Heterosexualität (nebenbei: was für eine Hammerszene mit Spader und Koteas :icon_mrgreen:). Und er zeigt, wie der Mensch sich selbst beschneidet, wie er als sexuelles Wesen geboren wird, wie er zunächst alles sexuell wahrnimmt, alles sexualisiert (Babys lutschen an allem, fassen sich überall hin, erkunden ihre Umwelt ohne Scham), und sich dann immer mehr einschränkt, beherrscht und zurechtweist. Das beginnt mit einer ausgeprägten sexuellen Wahrnehmung und Entdeckungslust - und endet dann beim ehelichen Blümchensex im dunklen Schlafzimmer, wartet also nur auf den totalen Ausbruch, die totale Freimachung. CRASH ist ein Pamphlet pro Mensch, pro Sexualität, wie ich es so noch nie gesehen habe. Und damit bleibt sich Cronenberg doch sehr treu, denn er schildert die vermeintliche Evolution, das Entwickeln, das Erwachsenwerden als Rückwärtsprozess, so wie schon in DEAD RINGERS (ich halte deshalb diesen und CRASH vielleicht für seine beiden Meisterwerke). Und deine Gedanken (Stichwort: "Körper-Eskapismus") gehen da vielleicht in eine ähnliche Richtung wie meine, während wir in der Beurteilung völlig unterschiedlich vorgehen: Für mich ist das ja keine Flucht, sondern das absolute Gegenteil ("Der in "Crash" dargestellte Drang, sich von der eigenen biologischen Basis in das Mechanische zu flüchten, beschreibt ein Fluchtverhalten [...]").

Mein Kopf raucht grad, aber ich möchte noch in den Raum werfen, dass Cronenberg für meine Begriffe sogar die gesamte Fetischszene auf einen Nenner bringt. Und dass dieser Film einem so manche Klarheit bringen kann, wenn man nachts durch diverse Großstadtetablissements streift (dass das, was man gemeinhin als pervers abtut, eigentlich die freieste, konsequenteste, gesündeste Form von Sexualität bedeuten kann).

Und noch ganz kurz: Ich verehre Cronenberg dafür, dass er so viel weiterdenkt als alle anderen, dass er sich in Bereiche vorwagt, in die andere nicht mal hineinschnuppern würden, wiel sie viel zu sehr mit sich selbst beschäftig sind. Und das macht ihn für mich zu einem Meister. Wenn alle immer über die Kanon-Filmemacher lamentieren, wird er oft vergessen, weil er kein so großer Handwerker ist. Aber er ist ein Denker, und das kann noch viel wichtiger sein. Nein, ist es. So. :icon_mrgreen:

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