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Ex Drummer (Kontroverser Stoff aus Belgien)

Begonnen von Shub, 3 März 2008, 17:12:25

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Mr. Blonde

20 Februar 2013, 19:20:48 #60 Letzte Bearbeitung: 20 Februar 2013, 19:56:59 von Mr. Blonde
Ich frage mich, ob er nicht letzten Endes vom "Pöbel" überrannt wird, der ihn ja dann
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aus der Band wirft, was nicht mit seinem Ego in Einklang zu bringen ist. Erst da beschließt er wohl, sich zu rächen.
War das schon vorher in ihm oder ist er nur das Produkt seines Umgangs geworden?
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Die ständigen Eskapaden mit der Mutter und die Antipatie zu Koen de Geyter werden wohl mit daran Schuld sein. Dazu werden alle Probleme in dieser Welt eigentlich mit Gewalt gelöst, während er eigentlich mehrfach denkt, er wäre der coole Kopf, der über dieser Konfliktlösung steht.


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Bretzelburger

Die Frage, die sich mir stellt - auch angesichts der bisherigen Diskussion - wieso hat der Film eine solch große Resonanz? - Wieso sehen sich so Viele einen Film an, der sich mit dem tiefsten Prekariat auseinander setzt? - Seit den Zeiten des italienischen Neorealismus hat es immer wieder Filme gegeben, die sich mit Armut und Chancenlosigkeit in der Gesellschaft beschäftigten, meist mit einem tief pessimistischen Gestus. Doch diese, oft als anstrengend empfundene Filme, sieht sich kaum Jemand an, oft mit dem dummen Argument, sich im Kino nichts ansehen zu wollen, was man täglich in der Realität vor Augen hat. Wie gesagt, ich kenne den Film nicht, aber mir kommt es schon so vor, als würden hier vor allem voyeuristische Bedürfnisse befriedigt - klar, mit einem Schlag in den Magen, von mir aus auch mit einem Gefühl des Ekels, aber nichtsdestotrotz eben auch mit ordentlich Thrill vom Pups-Sessel aus.

RoboLuster

21 Februar 2013, 00:57:32 #62 Letzte Bearbeitung: 21 Februar 2013, 01:57:24 von RoboLuster
Die richtige Zeit? Wird wohl bekannter sein als andere, ältere? Filme... und italienischer Neorealismus sagt wahrscheinlich noch weniger Leuten etwas.^^

Auch da er in der KK Reihe veröffentlicht wurde, werden einige auf den Film aufmerksam geworden sein.

Ah, vielleicht liegt es auch daran, das Ex Drummer weniger anstrengend anzuschauen ist, und ja, warum sonst sollte man sich sowas ansehen? Bestimmt nicht zur Bildung. Interessierter Voyeurismus. Nicht mehr, als beim asi RTL Nachmittagsprogramm, und schlimmer ist der Film auch nicht. Warum Ex Drummer aber so gut weg kommt (eigentlich wird der Film dennoch recht wenigen Menschen bekannt sein, im Verhältniss), kann ich nicht sagen, mich zB konnte er, abgesehen von dem Opa, in keinster Weise ansprechen, und das Gezeigte hat auch nicht mein Interesse geweckt, auch wenn der Film nicht schlecht gemacht ist, im Gegenteil, imo.

Ich meine aber, dass du schon interessiert bist an dem Film, guck ihn dir ruhig mal an... mich würde dann hier deine Meinung interessieren.

edit:
Die anderen, mir bekannten, Filme aus der KK Reihe, Irreversible, Salo, Menschenfeind und vorallem der, imo, sehr geniale Santa Sangre haben mir sehr gut gefallen. Ken Park hatte ich relativ schnell wieder ausgemacht, hat mich einfach nicht interessiert, ich hab vor Jahren Kids gesehen und sowas muss ich heute nicht nochmal gucken, A Hole in my Hart habe ich mir nach der IA auch ganz geschenkt. Die anderen fand ich wie gesagt richtig gut, auch wenn ich Salo wirklich wegen voyeuristischer Bedürfnisse eingeschaltet hatte. Finde ich aber auch nicht schlimm, wenn man halt mal sehen will, wie Menschen Scheiße essen, was solls. War insgesammt aber auch ein guter Film.
https://youtu.be/RPQOMyyg9b8                          
"Shoot first, think never!" - Ash

soisdas

Zitat von: Bretzelburger am 21 Februar 2013, 00:04:04
Die Frage, die sich mir stellt - auch angesichts der bisherigen Diskussion - wieso hat der Film eine solch große Resonanz? - Wieso sehen sich so Viele einen Film an, der sich mit dem tiefsten Prekariat auseinander setzt? - Seit den Zeiten des italienischen Neorealismus hat es immer wieder Filme gegeben, die sich mit Armut und Chancenlosigkeit in der Gesellschaft beschäftigten, meist mit einem tief pessimistischen Gestus.
Mal ungeordnet ein paar Gedanken dazu. Auf der einen Seite spielt da natürlich der Voyeurismus eine Rolle und die "Schläge in die Magengrube" (was ich i.d.R. schlichtweg für eine Umschreibung der Wirkung von grafischer und psychischer Gewalt halte). Viel wichtiger finde ich aber, dass Ex Drummer nicht so pessimistisch ist, wie er vielleicht auf den ersten Blick wirkt. Dem Zuschauer wird ja eine "Lösung" angeboten, sei sie noch so irrsinnig. Im Prinzip bedient er die Überheblichkeit gegenüber den Menschen, auf die man nur zu gerne herabsieht und denen man jegliche Daseinsberechtigung am liebsten heute als morgen absprechen würde. Der Film zieht einen mit all dem vermeintlichen Ekel, der Perversion und dem asiozialen Verhalten auf die Seite von Dries,
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der dem ganzen Treiben schlussendlich einfach ein brachiales Ende setzt und dabei scheinbar nicht einmal als der Irre dasteht. Schließlich hat er die Welt nur von etwas nutzlosem Abschaum befreit. Who cares? Dass er dabei auch einen gewissen Nervenkitzel, vielleicht sogar Lustgewinn, verspürt und ihm diese Gelegenheit evtl. sogar ganz recht kam, wird in den letzten Minuten deutlich.
Insofern hält einem der Film schon einen Spiegel vor, denn solche Gedanken sind vielen sicher nicht ganz fremd, wenn vielleicht auch nicht in diesem Ausmaß. So traurig es sein mag, ich kann diesem bitteren Zynismus in gewisser Weise etwas abgewinnen und dort fängt die Unterhaltung an. Natürlich kommt aber auch hinzu, dass er einfach gut gefilmt ist und einen Bombensoundtrack vorzuweisen hat. Das wollen wir ja nicht verschweigen. ;)

klepp

@ Mr. Blonde: Sorry, aber das geht mir jetzt doch zu sehr ins Detail, um noch wirklich mitreden zu können. Einen groben Eindruck von der Art und der Wirkung des Films habe ich noch, (der verlässt mich auch so schnell nicht wieder  ;)) aber die Einzelheiten sind nicht mehr präsent genug, um ernsthaft darüber zu diskutieren.

@ Bretzelburger: Neben der Veröffentlichung in der Kino Kontrovers-Reihe sollte da vermutlich noch erwähnt werden, dass Ex Drummer auch auf dem Fantasy Filmfest lief, wo er übrigens auch den Publikumspreis gewonnen hat. Dazu kommt noch ein gewisses Image, das sicherlich auch einige Leute neugierig gemacht hat. Siehe ja auch den Thread-Titel hier.  ;)

Zumindest stilistisch gesehen hat der Film jetzt auch nicht so viel mit Realismus zu tun, würde ich sagen, man könnte es vielleicht Postrealismus nennen. Bei YouTube gibt es ein paar Ausschnitte, die ein ganz gutes Bild vermitteln, welchen Eindruck der Film hinterlässt.
ex drummer "The Feminists" gig

Und natürlich: Ex Drummer best scene
Wobei die im Kino (und aus dem Film heraus) natürlich noch ganz anders wirkt, da hat sie mich damals echt umgehauen. (Pun intended)
Kleine Bemerkung am Rande: Die Band am Anfang ist Funeral Dress, die ich vor vielen Jahren auf meinem ersten Punk-Konzert gesehen habe. Heute bin ich mindestens doppelt so alt und frage mich, wie das passieren konnte.  ;)

PS:
Zitat von: Bretzelburger am 21 Februar 2013, 00:04:04
Wie gesagt, ich kenne den Film nicht, aber mir kommt es schon so vor, als würden hier vor allem voyeuristische Bedürfnisse befriedigt - klar, mit einem Schlag in den Magen, von mir aus auch mit einem Gefühl des Ekels, aber nichtsdestotrotz eben auch mit ordentlich Thrill vom Pups-Sessel aus.
Dir ist aber schon klar, dass man diese Aussage auch eins zu eins auf beispielsweise die 120 Tage von Sodom übertragen könnte. Ist es da nicht eher positiv zu bewerten, wenn ein Film solche Themen auch an ein Publikum heranträgt, das ihnen sonst vielleicht eher aus dem Weg geht?

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