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Ben-Hur - William Wyler

Begonnen von MMeXX, 14 Juli 2014, 13:43:34

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MMeXX

14 Juli 2014, 13:43:34 Letzte Bearbeitung: 14 Juli 2014, 14:02:10 von MMeXX


Ben-Hur

OFDb.de

Weitere Titel:
Ben Hur
Ben-Hur: A Tale of the Christ
William Wyler's Ben-Hur

Produktion: USA 1959

Regie: William Wyler (Hm, anscheinend habe ich von ihm bisher nur An einem Tag wie jeder andere gesehen.)

Darsteller: Charlton Heston (Planet der Affen, Der Omega-Mann, Soylent Green, True Lies), Stephen Boyd (Die phantastische Reise, Der Untergang des Römischen Reiches), Haya Harareet

Drehbuch: Von Karl Tunberg nach dem Roman von Lew Wallace. Die IMDb nennt zudem folgende Kollegen als ungenannte Helferlein: Gore Vidal, Maxwell Anderson, S.N. Behrman, Christopher Fry

Inhalt: Die Odyssee des Judah Ben Hur (Charlton Heston). Als wohlhabender Kaufmann lebt er in Jerusalem ein gutes Leben, auch wenn die römischen Besatzer nicht gerne gesehen sind und eine gewisse Unruhe im Volk herrscht. Als Judahs Jugendfreund Messala (Stephen Boyd) als Verwalter Jerusalems eingesetzt wird, wird Judah schnell klar, dass Messala es ernst meint, wenn es um die Störenfriede geht und dafür auch seine Freundschaft hinten anstellt. Als bei dem Besuch eines ranghohen Römers ein unglücklicher Zwischenfall geschieht, wird Judah zum Sündenbock gemacht und Messala statuiert an ihm ein Exempel, lässt ihn einsperren und wenig später aus der Stadt schaffen. Für Judah beginnt nun ein vielfältiges wie grausames Leben: Wüstenwanderung, Ruderer, Lebensretter, Pferderennenteilnehmer, Jesus-Begegner und und und... Denn Judah kennt nur ein Ziel: Er will wissen, was aus Mutter Miriam und Schwester Tirzah geworden ist.

DVD/BD? Der Film ist hierzulande zu erschwinglichen Preisen sowohl auf DVD wie auch auf BD erhältlich. Für hochgradig Interessierte und Sammler gibt es die Ultimate Collector's Edition, welche jede Menge Bonus, die Verfilmung von 1925 sowie zwei Büchlein enthält.

MMeXX

Die epische Reise des Judah B.

Lange habe ich mich davor gedrückt, letzte Woche habe ich mir dann mal einen Ruck gegeben und dieses Monstrum (hinsichtlich der Laufzeit) von Film geschaut. Wie Cleopatra wird das wohl ziemlich lange bei einer einmaligen Sichtung bleiben. Und die ganze Pracht des Films entfaltet sich sicher auch nur auf einer großen Leinwand, aber besser als den Film gar nicht zu sehen.

Trotz seiner diskutablen Ansichten zum Thema Waffen mag ich Heston als Schauspieler ganz gern (aus den paar Filmen, aus denen ich ihn kenne). Und auch hier kann er wieder zeigen, was er so hat und kann. Der Film lässt sich zwar insgesamt auch gut als 3-Akter einteilen, doch eine Ordnung nach inhaltlichen Abschitten erscheint sinnvoller. Da wäre zum einen der Rahmen, der sich mit Jesu befasst (Geburt, zwischendrin ein Kreuzen der Wege von J. und J., Kreuzigung). Winkelzug dabei natürlich ganz offensichtlich, dass man nie das Gesicht von Jesus sieht. Die Szene, in der Jesus Ben Hur Wasser reicht, gehört für mich mit zu den stärksten Momenten des Films. Das liegt an der erwähnten Inszenierung, aber auch an dem Zusammenspiel der Akteure, speziell des Römers. Diese "menschlichen" Szenen sind in meinen Augen den imposant inszenierten anderen "großen" Szenen (Seeschlacht, Wagenrennen) auch etwas überlegen. Die Seeschlacht ist für mich vor allem wegen der schieren Anzahl an Schiffen und Menschen bewundernswert, ebenso die Kampf- und Explosionsszenen. Das Wagenrennen vermag das dann in Sachen Härte noch zu toppen, wenn dann mal einer der Teilnehmer wortwörtlich überrollt wird. Bombastisch natürlich auch einige Panoramaaufnahmen (bspw. der Einzug in Rom :exclaim:), bei denen man sich wohl selbst im größten Kino ein noch größeres Bild wünscht. Einfach beeindruckend. Da kann man deutlich erkennen, wo gegen das aufkommende Fernsehen gepunktet werden sollte - mit Erfolg. Aber die schönsten Bilder sind nur von geringem Nutzen, wenn die restliche Geschichte einen nicht richtig mitnimmt. Und das war bei mir leider der Fall. So tragisch-theatralisch die Passion des Judah Ben Hur auch ist, vermag es der Film letztlich nicht, mich völlig mitzureißen. Ich kann auch nicht ganz genau sagen, woran es liegt. Möglicherweise habe ich mich nicht völlig drauf einlassen können, vielleicht erschien mir das "Was ist aus Miriam und Tirzah geworden?"-Motiv nicht zwingend genug oder die prächtigen Bilder waren mir inhaltlich nicht genug ausgefüllt. Das ändert zwar nichts daran, dass man sich den Film definitiv mal anschauen sollte, höchste Weihen bleiben ihm von meiner Seite allerdings verwehrt. 7/10.

ratz


Ich selbst habe den Film erstmalig komplett & bewußt vor gar nicht so langer Zeit gesehen (als die Blu-ray erschien), ihn aber dann auf einem ausreichend großen Fernseher genießen dürfen und war doch dergestalt beeindruckt, daß er in der übernächsten Weihnachtsszeit wieder im Player landete. Und natürlich lasse ich mich gern einwickeln in die Überwältigungsstrategie von Farben, Panoramen, Massenszenen und natürlich dem Wagenrennen, das immer noch großartig ist.
Nicht zu unterschätzen ist – und Max, das hatten wir ja schon bei der Jungfrauenquelle – der religiöse Aspekt, der den Film fraglos dominiert, denn die Reise von Ben Hur ist zuallererst eine zum Glauben, die Begegnungen mit Jesus sind die emotionalen Höhepunkte des Films (und nicht die Frage, was aus Frau und Tochter geworden ist). Der überwältigende Erfolg damals und bis heute ist sicherlich den religiös stärker geprägten Publikumskreisen in den USA zuzurechnen.
Wenn man zu dieser Ebene keinen oder nur einen vermittelten Zugang (aha, jetzt geht es ums Christentum, da muß ich wohl durch) hat und auf die Action- oder Abenteuerelemente angewiesen ist, kann sich die Laufzeit schon etzwas ziehen. Außerdem muß man es schaffen, die gelegentlichen Leben-des-Brian-Remineszenzen auszublenden  :icon_mrgreen: (und daran merkt man auch, wie genial der Monty Python Film ist).
Aber wenn man den Film einordnet und anerkennt als das, was er ist (ein komplett durchdesigntes Studioprodukt der Goldenen Ära mit gezielt platzierter Message, in dem Darstellerleistungen eher schematisch bleiben und sich dem Produktcharakter unterordnen), kann man (bzw. ich) ihn doch als zwar nostalgisches, aber doch mitreißendes Filmerlebnis immer mal wiedersehen.

MMeXX

Nö, für mich ist Hurs Reise nicht in erster Linie eine zum Glauben. Das hat auch mit Unterschätzen nichts zu tun. Der überdeutliche Rahmen des Films macht das ja schon in den ersten Bildern überdeutlich klar. Dennoch sind das für mich zwei unterschiedliche Stränge (Jesus - Ben Hur), die sich immer mal wieder kreuzen. Sicher hat die Religion Einfluss auf seine Reise, aber ich sehe da andere Aspekte stärker (neben dem erwähnten Kern der "heile Familie" z. B. persönliche Interessen, Mit- und Gegeneinander von Menschen aufgrund irgendwelcher erdachter Systeme). Einen Zugang zur der religiösen Ebene (jüdisch wie christlich) habe ich durchaus, aber auch mit diesem Zugang bleibt bei mir eben die Distanz zu den Figuren, die mich nicht komplett mitreißen können.

Nerf

ZitatMMeXX [16|Jul 09:22 Vormittag]:   Ich wollte eigentlich 6/10 geben. Aber dann sah ich am Horizont einen Konsensbär und bin eingeknickt. Also schreib ruhig was.

Ich schreibe: Max ist doof! :zunge:

6/10, kaum nachvollziehbar. Wenn ich nachher mal Zeit habe, längere Erklärung.
You've been chosen as an extra in the movie adaptation
Of the sequel to your life.

MMeXX

Zitat von: Nerf am 16 Juli 2014, 11:37:266/10, kaum nachvollziehbar
Deswegen habe ich ja auch schon zwei erläuternde Posts hier verfasst, Mr. Starship-Troopers-5/10. :icon_mrgreen:

Crumby Crumb & the Cunty Bunch

Da liegen noch viel mehr Leichen im Keller, der soll die Füße also mal schön still halten.
'Are you talkin' to me? You talkin' to me?' - Raging Bull, Pacino. Love that movie!

Nerf

Zitat von: MMeXX am 16 Juli 2014, 12:05:02
Mr. Starship-Troopers-5/10. :icon_mrgreen:

Was Schlimmeres als die Wertung (zu der ich btw immer noch stehe) haste nicht ausgebuddelt? :icon_twisted:

So, also.
Neben deMilles 10-Gebote-Remake ist "Ben Hur" mein Lieblings-Monumentalfilm. Ganz einfach, weil er allerbeste Unterhaltung im klassischen Hollywood-Sinn darstellt: Visuelle Opulenz, handwerkliche Brillanz, ein ganz auf Überwältigung des Zuschauers zielendes Gesamtkonzept, dabei aber immer erzählerisch stringent und mit allem gewürzt, was man an den alten Schinken so liebt: Emotionen, Spannung, Schmalz und sogar ein wenig Humor (in Hugh Griffiths augenrollendem Scheich z.B.).

Selbstverständlich kann man die aufgesetzte religiöse Botschaft nicht ernst nehmen, es ist zwar die Geschichte eines Zweiflers, der durch Schicksalsschläge noch und nöcher gehen muss, feststellt, dass auch Rache ihm nicht weiterhilft (die Szene mit dem sterbenden Messala und seine prophetischen letzten Worte - ganz großes Kino) und sich am Ende auf den Weg der Vergebung und des Glaubens begibt. Solche Botschaften lassen sich eingebettet in Pomp und Action nicht wirklich transportieren, ich sehe den Film daher immer noch als reines Unterhaltungsprodukt (das aber immer wieder gern) und komme auf 9/10.
You've been chosen as an extra in the movie adaptation
Of the sequel to your life.

ratz

Zitat von: MMeXX am 15 Juli 2014, 17:18:57
Nö, für mich ist Hurs Reise nicht in erster Linie eine zum Glauben. Das hat auch mit Unterschätzen nichts zu tun. Der überdeutliche Rahmen des Films macht das ja schon in den ersten Bildern überdeutlich klar. Dennoch sind das für mich zwei unterschiedliche Stränge (Jesus - Ben Hur), die sich immer mal wieder kreuzen. Sicher hat die Religion Einfluss auf seine Reise, aber ich sehe da andere Aspekte stärker (neben dem erwähnten Kern der "heile Familie" z. B. persönliche Interessen, Mit- und Gegeneinander von Menschen aufgrund irgendwelcher erdachter Systeme). Einen Zugang zur der religiösen Ebene (jüdisch wie christlich) habe ich durchaus, aber auch mit diesem Zugang bleibt bei mir eben die Distanz zu den Figuren, die mich nicht komplett mitreißen können.

Ich will Dir einen Zugang zur sagen wir mal spirituellen Ebene auch gar nicht absprechen, auch wenn es so geklungen haben sollte. Allerdings stehst Du mit Deiner Haltung schon etwas isoliert einer Geschichte gegenüber, die im Untertitel "A Tale of the Christ" trägt und in der der Hauptcharakter nach langen (buchstäblichen) Irrwegen zum Christentum konvertiert (noch deutlicher in der Buchvorlage, die damals zu jeder erbaulichen Basisbibliothek und fest zu den allgemeinen Bildungsgütern gehörte).
Daher rührt dann aber auch das gleichnis- oder parabelhafte Wesen der Story únd der Figuren (Blaupause für alle konvertierten Römer ist Augustinus), wo dann eine differenzierte Charakterzeichnung weder erforderlich noch gewünscht ist. Beides geht nicht: entweder Parabel oder Charaktere.

Zitat von: Nerf am 16 Juli 2014, 13:59:35

Selbstverständlich kann man die aufgesetzte religiöse Botschaft nicht ernst nehmen

Aufgesetzt ist sie eben gerade nicht, sondern dem Stoff inhärent. Aber ich stimme dahingehend zu, daß der Action- und Abenteueranteil im Kinofilm den wichtigeren Teil ausmacht und er, wie ich auch oben sagte, zuallererst ein industrielles, knallhart kalkuliertes Unterhaltungsprodukt ist (wenn man an den religiösen Zuschauern verdienen kann, warum sie nicht auch mitnehmen).

PierrotLeFou

"Ben Hur" ist toll... von allen Monumentalschinken mit Abstand der beste. :anbeten:

Eine starke Geschichte über eine faszinierende Männerbeziehung, untermalt mit enorm pathetischer Musik (die am schönsten bei der Speerwurfszene aufspielt), eingefangen in grandiosen Bildkompositionen von einem der größten Meister der Rauminszenierung (dem seinerzeit nur Welles das Wasser reichen konnte), pompös ausgestattet... und - was ich immer sehr schätze - endlich mal mit einer halbwegs vernünftigen Laufzeit... und wenn ich andere Monumentalfilme jener Jahre eher als naiven Kitsch betrachte, so sehe ich hier nur perfekt arrangiertes Pathos, wobei der Film teilweise subtiler ist, als der ganze Bombast vermuten lässt.

Wyler hat eigentlich nur äußerst engagierte, formvollendet, ambitionierte Filme gedreht... :love:
"Eines Tages werde ich ein wahrhaft großes Drama schreiben. Niemand wird verstehen, worauf es hinaus will, aber alle werden nach Hause gehen mit einem vagen Gefühl der Unzufriedenheit mit ihrem Leben und ihrer Umgebung. Dann werden sie neue Tapeten aufhängen und die Sache vergessen." (Saki)

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