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Schauspielerei als Beruf - nah am Prekariat?

Begonnen von pm.diebelshausen, 12 Juni 2012, 14:19:32

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pm.diebelshausen

12 Juni 2012, 14:19:32 Letzte Bearbeitung: 12 Juni 2012, 21:02:14 von Dr. STRG+C+V n0NAMe
Möchte mal diesen Artikel bzw. seinen Inhalt zur Diskussion stellen.

http://www.spiegel.de/karriere/berufsleben/wie-schauspieler-in-der-armutsfalle-landen-a-838053.html

Darin geht es um den zunehmend unsicheren Lebenserhalt mithilfe des Berufs Schauspieler in Deutschland. Ich habe in dem Bereich weiter keine Einsichten, kenne aber den Aspekt des Geldmangels und der generellen Knausrigkeit bei Produktionen als Grund für miese Stimmung und ergo miese Qualtität. Die Mitarbeit aus Gefälligkeit stößt da immer wieder sauer auf in den verschiedenen Ebenen von Pre- bis Postproduction. Von daher passt der Artikel in mein allgemeines Bild. Aber vielleicht mögt Ihr das differenzieren.








Hier der gesamte Text aus der Druckansicht - ist übersichtlicher:

http://www.spiegel.de/karriere/berufsleben/wie-schauspieler-in-der-armutsfalle-landen-a-838053-druck.html
SPIEGEL ONLINE
12. Juni 2012, 10:50 Uhr
Armutsfalle Schauspielerei
Willkommen in der Rollenlotterie


EDIT n0NAMe: Hab das mal gekürzt. Wer weiß, ob Spiegel es so gut findet, wenn man ihre Texte kopiert und hier reinstellt.
Es gibt viele, die nicht reden, wenn sie verstummen sollten, und andere, die nicht fragen, wenn sie geantwortet haben.

Lunita

Naja, das ist eigentlich eine altbekannte Tatsache. Nicht umsonst sind so viele Schauspieler/innen auch Kellner, Werbesprecher etc., sowohl hier, als auch in anderen Ländern. Es gibt halt seeeehr viele, die den Beruf ergreifen wollen, aber nur begrenztes Angebot. Ich glaube nicht recht, dass das in letzter Zeit schlimmer geworden ist als früher.

Ein Bekannter von mir ist erfolgreicher Sprecher. Der meint, die ganzen Sprecher, die immer rumheulen, können sich nicht gut selbst vermarkten und nehmen alles, was kommt. Er ist noch relativ jung, keine Berühmteit, aber er kann sehr gut von seinem Job leben, weil er selektiert, gut "netzwerkt" und zuverlässig ist. Das kann man vermutlich auch auf Schauspieler übertragen. Und auf viele andere selbständige Berufe auch, wenn vielleicht auch nicht so extrem. Weil die nicht so überlaufen sind.

pm.diebelshausen

Zitat von: Lunita am 12 Juni 2012, 17:56:01
Naja, das ist eigentlich eine altbekannte Tatsache. Nicht umsonst sind so viele Schauspieler/innen auch Kellner, Werbesprecher etc., sowohl hier, als auch in anderen Ländern. Es gibt halt seeeehr viele, die den Beruf ergreifen wollen, aber nur begrenztes Angebot. Ich glaube nicht recht, dass das in letzter Zeit schlimmer geworden ist als früher.

Vielleicht nicht, aber dass es vermehrt zum Thema und kritisiert wird, könnte neu sein.
Es gibt viele, die nicht reden, wenn sie verstummen sollten, und andere, die nicht fragen, wenn sie geantwortet haben.

Lunita

Klar, aber in den letzten Jahren liest man auch immer öfter, dass in DE so viele Kinder unter die Armutsgrenze fallen. Ist halt Definitionssache. Hungern muss hier niemand. Ich glaube, wir leiden vermehrt auf hohem Niveau.

pm.diebelshausen

13 Juni 2012, 02:01:37 #4 Letzte Bearbeitung: 13 Juni 2012, 02:14:42 von pm.diebelshausen
Da hast Du recht. Geht auch nicht um hungern oder nicht, sondern um die Stimmung, die durch diese Knauserigkeit in der deutschen Filmlandschaft verbreitet wird. Wo Du Geld hinschickst, arbeiten die Leute gerne. Wo Du Gefälligkeiten einforderst, ohne sie vertrauenswürdig ins Boot motiviert zu haben, funkioniert es nicht. Und: wenn ein ausgewogenes Geben und Nehmen bestünde, würde manches vielleicht auch ohne Geld und ohne Murren laufen.

@n0NAMe: Danke, hast auch recht.
Es gibt viele, die nicht reden, wenn sie verstummen sollten, und andere, die nicht fragen, wenn sie geantwortet haben.

Hitfield

13 Juni 2012, 02:33:23 #5 Letzte Bearbeitung: 13 Juni 2012, 02:37:32 von Hitfield
Ich kann die Aussagen im Spiegel-Artikel aus eigener Ansicht eigentlich nur sekundieren, wobei das Problem nicht nur Schauspieler betrifft, sondern alle - Filmkomponisten, Regisseure, Regieassistenten usw.

Was im Artikel fehlt ist die Problematik, dass Schauspieler im Prinzip typische Freiberufler sind und sich ihre Aufträge selbstständig an Land ziehen müssen, aber trotzdem auf Lohnsteuerkarte arbeiten (während der Produktion). Um ALG2 zu beziehen und nicht auf Hartz4 abzurutschen, müssen sie 100 Drehtage in zwei Jahren zusammenbekommen. Das ist aber fast unmöglich, selbst wenn man regelmäßig gebucht wird. Nur sehr wenige kommen alleine durch Schauspielerei für Film und Fernsehen auf dieses Kontingent.

Die Monokultur beim Casting speziell im Fernsehbereich bei den öffentlich-rechtlichen Sendern ist wirklich besonders krass. Die erreichen i.d.R. zwar insgesamt ein hohes Niveau bei den Rollenbesetzungen, aber manchmal hat man den Eindruck, überall nur noch Christine Neubauer (oder einen der Handvoll anderen Kandidaten, die gerade omnipräsent sind) zu sehen.
"All those moments will be lost in time, like tears in the rain."

ratz


Ich finde es jetzt auch nicht überraschend, Künstler sein ist in der Mehrzahl der Fälle nichts, wovon man reich werden kann. Ich kenne von der Spezies Musiker auch die ganz verschiedenen Fälle: Konzertsolisten, die richtig gut gebucht sind und entsprechend gut verdienen, und andererseits Freiberufler, die sich mit Honorar-Unterrichtsstunden und Muggen gerade so über den Monat hangeln (und es nicht mal in die KSK-Versicherung schaffen).

ZitatZuletzt musste auch die Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten (GVL), die für Künstler und Produzenten die Zweitverwertungsrechte wahrnimmt, ihr System umstellen. Die meisten Schauspieler verloren so 90 Prozent der Ausschüttungen, mit denen sie fest gerechnet hatten.

Das ist übrigens wirklich heftig, bereinigt aber auch verschiedene Ungerechtigkeiten, die die letzten Jahrzehnte über geherrscht haben. Denn durch die Zweitverwertung hatten die, die eh schon erfolgreich waren, jährlich noch ein paar angenehme Tausender mehr.

cu, r.

pm.diebelshausen

In diesem Sinne: RIP Silvia Seidel.  :icon_neutral:
Es gibt viele, die nicht reden, wenn sie verstummen sollten, und andere, die nicht fragen, wenn sie geantwortet haben.

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