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Tarantino: Verlieren neue Filme nachträglich ihren Charme?

Begonnen von Hana-Bi, 6 Juli 2013, 16:17:27

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Hana-Bi

6 Juli 2013, 16:17:27 Letzte Bearbeitung: 6 Juli 2013, 16:22:26 von Hana-Bi
Mir kommts vor, als habe ich seit Ewigkeiten keinen eigenen Thread mehr erstellt. Allerdings werde ich auf meine Frage wohl in keinem anderen Forum eine zufriedenstellendere Antwort erhalten.

Was ich vermeiden will: Keine Antworten bitte mit "Tarantino war schon immer überbewertet" oder "Tarantino ist Scheiße" etc.
Ich hätte schon gerne eine anständige Diskussion. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass man mindestens 2 Filme von ihm mag.

Nun aber zum Anliegen. Mir ist aufgefallen, dass ich Reservoir Dogs gar nicht mehr auf DVD besaß. Keine Ahnung was mit meiner DVD passiert ist. Jedenfalls, für 8 Euro dachte ich mir Gestern, nehme ich mir mal die BluRay mit. Da ist auch massig an Bonusmaterial drauf, welches ich absolut noch nicht kannte. Super Investition also. Ich schaute mir den Film Heute Morgen an, und ich war danach verwundert, welch eine Wirkung der Film immer noch auf mich hat. Ich habe in den vergangenen 10 Jahren den Film vermutlich über 20 mal gesehen. Immer noch ein absolut geiler Film. Independent Kino auf höchstem Niveau.

Meine Meinung ändert sich auch bei, True Romance, Pulp Fiction und Jackie Brown nicht. Den Höhepunkt seines Schaffens erreichte Quentin Tarantino, natürlich nur meine ganz persönliche Meinung, mit dem Kill Bill Zweiteiler. Welches ich einfach mal als ein großes Werk bezeichne, da beide Teile ja praktisch einen kompletten Spielfilm darstellen (was ja auch eigentlich so geplant gewesen war, wäre die Lauflänge nicht dazwischen gekommen). Mit Kill Bill bewegte sich Tarantino von seinen gängigen Themen ein wenig in eine andere Richtung, blieb aber seinem Stil treu. Ich finde beide Filme bis Heute nicht wirklich fürs breite Publikum gemacht. Eine Freundin von mir kommt mit Kill Bill überhaupt nicht zurecht.

Und dann hat er halt Death Proof gebracht. Es gibt Tage, da geht mir der Film extrem auf die Nerven, und es gibt Tage, wo mir entweder die gekürzte Fassung, oder die Langfassung ganz gut gefallen. Alles aber, was Tarantinos vergangene Filme auszeichnete, nervte in Death Proof. Das hat er ja auch mittlerweile eingesehen.

Als 2009 Inglourious Basterds in die Kinos kam, habe ich den Film unglaublich abgefeiert. Jetzt, einige Jahre später, muss ich diese Meinung revidieren. Die Basterds können mich so gar nicht mehr beeindrucken. Ohne das ich es wirklich bemerkt habe, verloren die Basterds immer mehr an Charme. Es machte sich eine Abnutzung breit.

Wie das bei Django ist, weiß ich noch nicht. Ich habe den Film erst einmal gesehen. Ich war begeistert bei der ersten Sichtung, war mir aber schon da sicher, dass es für mich niemals der Meilenstein wird von Tarantino, für den ihn alle halten. Mit dem Werk von Quentin Tarantino an sich hat der Film nur noch wenig zu tun. Dafür ist er auf ein komplett anderes Publikum zugeschnitten. Anders als bei Kill Bill, wo dieser typische Tarantino Stil unverkennbar war. Das liegt nun auch nicht daran, dass Sally Menke verstorben ist, denn die hat ja noch bei Inglourious Basterds mitgewirkt.

Meine Frage nun in die Runde, hat noch jemand das Gefühl, Tarantinos neue Filme, könnten sich über die Jahre abnutzen? Was hat sich verändert? Mir kommts vor, als wäre Tarantino vor den Basterds nicht wirklich bekannt gewesen (was natürlich nicht stimmt), und je erfolgreicher er wird mit seinen neuen Filmen, umso mehr geraten Klassiker wie Reservoir Dogs in Vergessenheit. Ich könnte wetten, eine Person die Django abfeiert, könnte ich mit Reservoir Dogs zum einschlafen bringen.

Jetzt sind meine Gedankengänge doch etwas abgeschweift, aber, vielleicht interessiert es ja irgendjemanden.

Discostu

Ich kann dir deine Frage natürlich nicht einfach beantworten, deshalb nur ein paar unsortierte Gedanken:

1. Nostalgie ist ein nicht zu unterschätzender Faktor. Ich persönlich habe Pulp Fiction und Reservoir Dogs als Teenager gesehen und da haben mir beide Filme ausgesprochen gut gefallen, weshalb ich sie bis heute zu meinen Lieblingsfilmen zähle. Generell neige ich aber dazu, Filme, mit denen ich aufgewachsen bin, höher zu bewerten, als Filme, die ich in den letzten Jahren erstmals gesehen habe. Das geht vielleicht nicht jedem so, aber ich denke, dass das auf jeden Fall mit reinspielt.

2. Konzepte nutzen sich mit der Zeit ab und Künstler werden mit der Zeit häufig unkreativer. Ob das nun eine Band wie Metallica, ein Autor wie Stephen King oder das Team hinter einer TV-Serie wie The Simpsons ist, muss man leider sagen, dass die Werke dieser Menschen selten mit der Zeit besser werden. Die kreativste Zeit haben die meisten Leute eben nicht mit 50, sondern mit 20-30 und wenn man dann auch jahrzehntelang das selbe Konzept verfolgt, dann nutzt es sich zusätzlich noch ab. Tarantino ist leider nicht Kubrick, der sich mit jedem Film wieder einem völlig anderen Thema oder Genre zugewendet hat, sondern insgesamt haben all seine Filme das Konzept cooler Dialoge und der Ansammlung von etlichen popkulturellen Referenzen, wenn auch das Genre in letzter Zeit häufig wechselt. Und das ist jetzt nunmal nicht so revoultionär mehr, wie es noch Anfang der 90er war.

3. Deine Frage lässt sich erst mit der Zeit beantworten. Ich habe persönlich Inglourious Basterds erst zwei Mal und Django Unchained erst ein Mal gesehen. Es wäre absolut unfair, diese nun mit Filmen vergleichen zu wollen, die ich bereits zehn Mal gesehen habe. Ob Inglourious Basterds wirklich schlechter als Pulp Fiction ist, können wir deshalb gar nicht objektiv beurteilen. Dafür müsste man beide Filme in 20 Jahren jemandem zeigen, der Tarantino noch gar nicht kennt.

4. Das Internet gibt dir zumindest soweit recht, dass laut Rotten Tomatoes Tarantinos beste Filme (als Regisseur) Pulp Fiction und Reservoir Dogs sind. Die Kritiker sagen aber auch, dass Inglourious Basterds und Django Unchained besser sind als Kill Bill 1 & 2. Und die Kritiker haben immer Recht!

Fastmachine

INGLOURIOS BASTERDS und DJANGO UNCHAINED wirken in der Tat anders. Möglicherweise liegt das daran, dass es sich um Historienfilme handelt, während die früheren Filme alle mehr oder weniger in der Gegenwart spielen. In der Gegenwart und ihren popkulturellen Verweisen bewegt sich Tarantino wie selbstverständlich. Seine beiden historischen Filme sind ein merkwürdiger Kompromiss zwischen historischer Genauigkeit, alternativer Geschichtsfantasie und anachronistischen Popreferenzen. Das scheint Tarantino nicht so überzeugend zu einem Ganzen verdichten zu können.
Ich mag keine Filme; die verblöden nur. (Alfons d. Ä.)

RoboLuster

6 Juli 2013, 17:11:14 #3 Letzte Bearbeitung: 6 Juli 2013, 17:14:45 von RoboLuster
Zitat von: Hana-Bi am  6 Juli 2013, 16:17:27
Und dann hat er halt Death Proof gebracht. Es gibt Tage, da geht mir der Film extrem auf die Nerven, und es gibt Tage, wo mir entweder die gekürzte Fassung, oder die Langfassung ganz gut gefallen. Alles aber, was Tarantinos vergangene Filme auszeichnete, nervte in Death Proof. Das hat er ja auch mittlerweile eingesehen.

Ich wollte mich schon auf "eine anständige Diskussion" einstimmen, habe jetzt aber achon keine Lust mehr. Wie kommst du darauf zu behaupten, Tarantino hätte bzg Death Proof mittlerweile etwas eingesehen?

So eine Aussage alleine stehen zu lassen, ist allenfalls diffamierend. Ich möchte wissen, woher du das hast.
https://youtu.be/RPQOMyyg9b8                          
"Shoot first, think never!" - Ash

manisimmati

Ich finde, das hat schon was. In Inglourious Basterds und Django Unchained sehe ich vorwiegend zwei Farcen, die zwar wahnsinnig unterhaltsam sind, aber nicht wirklich was zu sagen haben. Mir persönlich sind sie zu ... hm ... glattpoliert? Das ist bei Reservoir Dogs und Pulp Fiction noch anders gewesen. Die waren roher, hatten noch ganz seltsame, langsame, ja verstörende Momente, etwa die Ohren- oder die SM-Szene. Da war nicht einfach alles saucool, sondern da steckte mehr dahinter – etwas wirklich Tragisches, das nicht gleich wieder mit irgend einem Witz oder einem Zitat zunichte gemacht wird. Diese "ernsthaft ernsthafte" Seite vermisse ich bei den aktuellen Tarantino-Produktionen.

Mr. Boo

Mir geht es eigentlich genau anders rum. Von Death Proof war ich im Kino recht enttäuscht, als ich ihn auf DVD gesichtet habe, fand ich ihn dagegen richtig gut. Die Basterds haben eine Kinowertung von 8 bekommen, danach 2x gesehen und auf 10 hochgestuft. Django habe ich 9 Punkte gegeben, aber seitdem noch nicht gesehen.

Ich finde alle Tarantinos gut bis genial.


Intergalactic Ape-Man

Was mich an Tarantinofilmen mit der Zeit genervt hat, war eigentlich eher der Hype. Wenn jede Dumpfbacke auf jeder Dorffete zu Sounds aus Pulp Fiction oder From Dusk Till Dawn abgeht und daraus einen völlig degenerierten Quitschekult macht, macht das Kino keinen Spaß mehr. Oder wenn deine Freundin dich in Hostel schleppt, weil sie, eigentlich nur Bücher lesend, abgeleitet vom Tarantino Namedropping dir etwas Gutes tun will. Naja. Reservoir Dogs fand ich gut, aber an sich nie großartig, das ist halt so. Pulp Fiction war damals eine Bombe, man hat ihn selbst im Wechsel mit zwei, drei anderen Filmen möglicherweise zu oft in entspanntem Rausch gesehen. Dann hat man es über. Dann entdeckt man es nach Jahren wieder. Jackie Brown hingegen war ein Grower. Erst langweilig, dann geil, wenn man sich einfindet und entdeckt. Four Rooms? Kürzlich erst gesehen. Hat seine Momente. From Dusk Till Dawn ist heute vielleicht zu infantil. Kill Bill? Erster Teil als Splattersensation nicht mehr im richtigen Alter erwischt. Teil 2 war großartig, so daß sich insgesamt ein schöner Epos ergibt. Es fällt hier aber schon deutlich auf, daß die Heimversion vielzu glänzend erscheint, die filmische Wirkung aus der Kinovorführung irgendwie fehlt. Sin City? Zu wenig Tarantino für eine Beurteilung, als solches aber ein feiner Film mit Stärken und Schwächen. Death Proof? Der Geheimtip nach Jackie Brown. Endlich ein ehrlicher Tarantino Film mit emporgerissenem Fuck Off Finger. Alles drin, was Tarantino nachgesagt wird, mal selbstironisch, mal übertrieben und voller Liebe zum Film. Endlich ein Film, der zeigt, wie man einen Tarantino Film lesen kann, wenn man ihn nicht einfach versucht zu genießen, ohne sich mit dem Essay dahinter auseinander zu setzen. Inglourious Basterds? Nett. Viele Steilvorlagen für die P.-Fraktion, um bildungsbürgerlich eine Zuneigung zum Schund zu legitimieren. Starke Szenen ja, aber ein guter Film? Nicht zur vollen Zufriedenheit. Django Unchained? Hinterlies ein großes Fragezeichen. Das wars jetzt? Muß ich wohl noch mal sehen, bevor ich eine Durchschnittswertung draus mache. Vor allem nervt Waltz nur noch mit seinen hochnäsigen Rollen, die er zwar auch schon vor IB bekleidete, jedoch mit den Bindegliedern Wasser für die Elefanten und Der Gott des Gemetzels langsam nervig werden. Die Frage für mich stellt sich deshalb nicht über einen Charmeverlust der einzelnen Filme, sondern ob Tarantino in die richtige Richtung geht.

Teppi

6 Juli 2013, 18:11:48 #7 Letzte Bearbeitung: 6 Juli 2013, 18:15:05 von Teppi
Mir persönlich kommt es genau andersrum vor wie manisimmati.

"Reservoir Dogs", "Jackie Brown" und vor allem "Pulp Fiction" zählten in meiner Jugend zu meinen absoluten Lieblingsfilmen. Die Coolness der Charaktere und das für meine damaligen Sehgewohnheiten sehr neue Konzept, die Protagonisten einfach nur "labern" zu lassen, beindruckten mich ungemein. Heute, viele vergleichbare Filme später, haut mich das nicht mehr komplett um. Klar, cool und andersartig ist es immer noch, nur fehlt mir bei all der lässigen Lockerheit ein Zugang zu den Charakteren. Wenn bspw. ein Vincent Vega umgebracht wird, dann ist das aufgrund der unerwarteten Beiläufigkeit nach wie vor ein klasse Drehbuchkniff. Nur irgendwelche Emotionen löst es nicht im Geringsten bei mir aus, zu glatt und geschmiert sind die überzeichneten Charaktere.

Genau hier ist meiner Meinung nach ab "Inglorious Basterds" ein Wandel wahrzunehmen. Die Figuren sind in dieser Farce nach wie völlig überstilisiert, gehen mir persönlich mit ihrem Schicksal aber nicht nur an schattigen Orten vorbei. Als Beispiel möchte ich die Apfelstrudel-Szene nennen - hier war meiner Meinung nach eine emotionale Wucht zu spüren, wie bei keinem Tarantino zuvor. Bei "Django" sehe ich es in abgeschwächter Form ähnlich, auch wenn ich den Film aus verschiedensten Gründen nicht so genial wie die "Basterds" finde.

Ausgeklammert habe ich nun "Death Proof", weil dieser das bereits ziemlich abgenutzte Konzept ein weiteres Mal kopierte und mich somit einfach nur langweilte, und Kill Bill. Vor allem Vol.1 ist mit seiner Fokussierung auf Action und Schauwerte ein (audio-visuell überragender) Ausreißer in Tarantinos Schaffen, wie ich finde.

Hana-Bi

Es gefällt mir so ausführliche Antworten hier zu lesen. Ich bin leider gerade verhindert, daher kann ich mich erst später dazu äußern.

Bis auf:

@Robo

Ich war mit der Aussage etwas voreilig vermutlich, aber hier mal der Artikel:

http://www.ign.com/articles/2012/11/28/tarantino-calls-death-proof-his-worst-film

Zitat"Death Proof has got to be the worst movie I ever made," he admitted in a roundtable conversation with The Hollywood Reporter. "And for a left-handed movie, that wasn't so bad, all right? So if that's the worst I ever get, I'm good. But I do think one of those out-of-touch, old, limp, flaccid-d!@k movies costs you three good movies as far as your rating is concerned."

Zitat"I'm really well versed on a lot of directors' careers, you know, and when you look at those last five films when they were past it, when they were too old, and they're really out of touch with the times, whether it be William Wyler and The Liberation of L.B. Jones or Billy Wilder with Fedora and then Buddy Buddy or whatever the hell. To me, it's all about my filmography, and I want to go out with a terrific filmography."

Ein vollkommener Zuspruch für Death Proof würde sich dennoch anders anhören. Ich glaube, diese erstmalige Kritik die er da wirklich einstecken musste, hat ihn schon recht getroffen. Zumal er ja ein Perfektionist ist.

Discostu

Ich würde vorschlagen, sich in dieser Diskussion auf Filme zu beschränken, bei denen Tarantino Regie und Drehbuch für den ganzen Film übernommen hat. Hier jetzt auch sowas wie Four Rooms, Sin City und From Dusk Till Dawn mitzubehandeln, macht das Ganze meiner Meinung nach nur unnötig unscharf.

Intergalactic Ape-Man

Zitat von: Discostu am  6 Juli 2013, 18:17:16
Ich würde vorschlagen, sich in dieser Diskussion auf Filme zu beschränken, bei denen Tarantino Regie und Drehbuch für den ganzen Film übernommen hat. Hier jetzt auch sowas wie Four Rooms, Sin City und From Dusk Till Dawn mitzubehandeln, macht das Ganze meiner Meinung nach nur unnötig unscharf.

Verstehe ich, ist sinnvoll, muß aber dazu sagen, daß gerade früher ja alles aus dem Umfeld als Tarantinofilm gesehen wurde, jedenfalls bei uns. So gehörten Killing Zoe und Curdled z.B. auch automatisch zum Kanon, weil es damals irgendwie auch so kommuniziert wurde.

Hana-Bi

So, jetzt kann ich auch etwas mitmischen^^

Discostu:

Ich versuche immer, bei Medien (Egal ob Film, Buch oder Videospiel), die Nostalgie Brille abzusetzen. Funktioniert leider nicht immer. Bei Filmen funktioniert das bei mir aber noch ganz gut. Ich bin erst 26. Selbst als Jackie Brown in die Kinos kam (praktisch immer noch einer der neueren Tarantino Filme), war ich gerade mal 10 Jahre alt. Selbst in Kill Bill Volume 1 wurde mir der Zutritt verwehrt, weil ich erst 17 war (ungelogen, ich kam nicht ins Kino, weil ich vermutlich wie 12 aussah). Kill Bill Volume 2 war dann mein erster Tarantino im Kino. Ärgerlich, der Film war FSK 16 und ich war bereits 18. Das erste mal, dass ich überhaupt was von Tarantino sah, war Ende der Jahrtausendwende From Dusk Till Dawn. Danach holte ich Reservoir Dogs und Pulp Fiction nach. Obwohl ich Jackie Brown genial fand, blieb der Film weitgehend unbeachtet, was nicht minder an Pulp Fiction gelegen haben dürfte, dessen Einfluss immer noch riesig war. Mit Kill Bill kam dann auf einmal etwas völlig anderes. Ich bin selbst seit der Kindheit verrückt nach allem, was aus Japan kommt. Und mit Kill Bill kam dann so ein völlig überzogener Japan Actioner, mit Splatter und Anime und allen Klischees, die man so in den Filmen findet. Da ich damals schon einiges von Miike gesehen habe (Ichi the Killer zum Beispiel), und auch Battle Royale, da dachte ich mir: "Wow, der Kerl hat echt all die Filme geschaut, die ich auch gesehen habe". Ich war unglaublich begeistert. Und mit Volume 2 hat er mich praktisch genau so begeistert. Dieser Cut, von Japan Splatter zu einem Spaghetti Western, 70er Jahre Kino und das leicht trashige Shaw Brothers Hong Kong Flair, ich fand, all das war ihm ziemlich gut gelungen.

All seine Filme habe ich unzählige male gesehen, und ich weiß nicht warum, aber Inglourious Basterds begeistert mich einfach nicht mehr. Und das obwohl ich den Film zum Release noch ziemlich abgefeiert habe. Der Film ist ja jetzt nun auch schon ein paar Jahre alt (wenn auch immer noch recht neu), aber es ist kein Film, den ich mir noch so oft anschauen würde, wie die Vorgänger.

ZitatWas mich an Tarantinofilmen mit der Zeit genervt hat, war eigentlich eher der Hype. Wenn jede Dumpfbacke auf jeder Dorffete zu Sounds aus Pulp Fiction oder From Dusk Till Dawn abgeht und daraus einen völlig degenerierten Quitschekult macht, macht das Kino keinen Spaß mehr.

Dieser Hype ist mir nun bei Django aufgefallen. Jetzt können alle Fast and the Furious Kinogänger und die Till Schweiger Fans von sich behaupten: "Hey ich hab einen Tarantino im Kino gesehen. Voll geil und blutig und zum lachen". Ich verstehe nicht so ganz, was passiert ist. Bei Kill Bill wurde Tarantino noch wegen der Gewalt und dem seltsamen Erzählstil kritisiert, nun lockt er, mit lockerem Erzählstil, linear also, und noch mehr Gags, Millionen Leute ins Kino. Vermutlich sogar größtenteils die Zuschauer, die seine vorherigen Filme nicht mochten.

Ich muss mir Django unbedingt noch einmal ansehen. Stand Heute wieder vor der BluRay, aber für knapp 20 Euro im billigen Amaray Case und ohne nennenswerte Bonusinhalte können sie die behalten. Da ist mir noch eine  1 zu viel vor dem Preis.

blade2603

Zitat von: Hana-Bi am  6 Juli 2013, 21:04:15


Dieser Hype ist mir nun bei Django aufgefallen. Jetzt können alle Fast and the Furious Kinogänger und die Till Schweiger Fans von sich behaupten: "Hey ich hab einen Tarantino im Kino gesehen. Voll geil und blutig und zum lachen". Ich verstehe nicht so ganz, was passiert ist. Bei Kill Bill wurde Tarantino noch wegen der Gewalt und dem seltsamen Erzählstil kritisiert, nun lockt er, mit lockerem Erzählstil, linear also, und noch mehr Gags, Millionen Leute ins Kino. Vermutlich sogar größtenteils die Zuschauer, die seine vorherigen Filme nicht mochten.


mmmhhhh du sagst also Leute die FatF schauen oder evtl. Till Schweiger Filme (schaue ich zugegebenermaßen nicht)  Orgasmen kriegen wenn sie einen erwachsenen Film von Tarantino sehen?? Mit der Materie als unterbelichteter "boah alter cooles Auto das total gepimpt aussieht" vollhonk nicht über seinen Horizont hinauswachst und an der Komplexität der Figuren und der Geschichte so wie an der stilistischen Pop kulturellen erzähl weise zugrunde geht? Stimmt sehe ich als Fan der Serie auch so :viney:

Zum Thema!

Während des Hypes der um Pulp Fiction entstand wurde ich halt auch auf Reservoir Dogs aufmerksam und habe ihn mir damals blind auf VHS für 40 DM in meiner Videothek bestellt, den Film kannte bis dahin keiner. Mit nem Kumpel damals direkt geschaut und der Film hat unsere filmische Welt komplett auf den Kopf gestellt. Kurz danach kam dann Pulp Fiction in die Videothek und den Film habe ich damals bestimmt  5 mal hintereinander geschaut, es war halt was ganz neues, was frisches, was "bis dahin" einzigartiges. Es gab in diesem Mikrokosmos soviel zu entdecken immer und immer wieder. Auch danach, bis heute gehört dieser und auch Reservoir Dogs zu Quentins besten Filmen die er je gemacht hat! (hier, halte ich wie gewünscht True Romance oder Natural Born Killers oder FDTD usw raus) Bei Jackie Brown war mir der Hype um den neuen Film zu extrem, so das ich bis heute noch keine Motivation verspüre mir den Streifen anzuschauen. Kill Bill 1+2 habe ich beide im Kino geschaut. Beide Filme, wobei mir der 2. etwas besser gefällt, haben wieder sein ganzes Talent aufblitzen lassen. Diese sind die Dialoge die er zaubern kann.

Death Proof hab ich auch noch nicht gesehen. Das gesehene hat mir einfach nicht gefallen, wobei ich Russel unheimlich gerne sehe. Auch er konnte mich nicht reizen den Film zu schauen.

Bastards habe ich auch wieder nur im Heimkino gesehen. Habe den Film nur einmal gesehen, er hat mir gut gefallen, wobei ich da aber hauptsächlich Waltz die Lorbeeren überreichen möchte. Seine Darstellung, hat den Film zu was besonderen gemacht. Motivation den Film noch mal zu sehen, habe ich indes keine.

Django muss ich mir noch anschauen, hatte ihn hier und bin nur 30 Min. weit gekommen. Was ich bis dahin gesehen habe, war großartig.

_________


Der Mythos Tarantino lebt von seinen Erfolgen und wird bei jedem Film daran gemessen. Klar ist, Tarantino hat nie den selben Film 2 mal gemacht (zumindest optisch gesehen). Er hat jedem Film eine eigene Identität gegeben. Tarantino hat mit seinen ersten beiden (!) Filmen Meilensteine der Filmgeschichte geschaffen an denen er sich jedesmal messen muss. Und nicht nur das, es wird grundsätzlich erwartet das er Meilensteine schafft. Das klappt nicht immer, siehe wohl Death Proof.
Er muss sich mit jedem Film der kritischen Filmgemeinde stellen, entweder liebt man seine Filme oder man hasst sie (ist glaube ich sogar ein Zitat aus der Cinema zu Pulp Fiction). Bei mir ist es so, wie bei einigen dies hier ja schon geschrieben haben, ich wurde von 2 herausragenden Filmen geprägt, in einer jugendlichen Phase wo das gesehene auf einmal eine neue Filmwelt präsentiert hat. Kill Bill 1+2 kann ich mir auch nicht so oft anschauen wie die alten Filme. Ich kann noch nicht mal ausmachen woran es genau liegt.  Tarantino war für mich aber auch nie der "scheisse den Film von dem muss ich mir jetzt alle 10 mal anschauen" Typ. Er macht Filme und wenn sie mir zusagen schaue ich sie oder ich lass es halt.

Ich denke die gefühlte Abnutzungserscheinung tritt tatsächlich auf. Evtl. liegt das an der Erwartungshaltung und zum anderen an der Schnelllebigkeit und dem dazu gehörigen Hype der um einen "Tarantino" gemacht wird.
"Jedes Publikum kriegt die Vorstellung, die es verdient." -Mario Barth
◾ Originalzitat von: Curt Goetz

(aus den Känguru Büchern)

Newendyke

Ja, der Quentin...

Die Eingangs von Hana-Bi gestellte Frage, ob sich QTs jüngere Filme schneller abnutzen, kann ich jetzt für mich nicht beantworten. IB sehe ich mir immerwieder gerne an (Gänsehaut beim Anfang und der angesprochenen Apfelstrudel-Szene sowie auch Pitts geile Darstellung des Südstaatlers) und Django habe ich mir auf BD auch schon 3 Mal gegönnt und es genossen.
QT weiß weiterhin mich zu begeistern bzw. mir einen echt feinen Filmabend im Kino zu bescheren, auch gerade deshalb - wie auch schon erwähnt wurde - weil er eben keine Standardkost im Blockbustereinerlei fabriziert. Jedoch habe ich einen dicken, fetten Minuspunkt, der mir seit Kill Bill aufstößt: Big Budget. Kill Bill ist bekanntermaßen sein erster Film, der die 100 Mio. $-Marke in der Produktion angekratzt hat, was man natürlich in vielen Settings und Einstellungen dem Film bzw. Filmen ansieht, aber mir kommt es seitdem vor, als würde Herr T. sich zitieren und rezitieren und bis auf der Rahmenhandlung immer und immerwieder auf die gleichen Schemen zurückgreifen, z. B. Morricones Musikstücke, (Spaghetti) Western-Zitate, Kameraeinstellungen von großen Meistern des asiatischen und französischen Kinos, zuweil ausufernde Diaologe (die zwar meist amüsant sind und in dem Mikrokosmos auch ihre Berechtigung haben, aber den Spannungsbogen dann doch etwas überreizen, siehe Barszene in IB). All das kann er sich dem Erfolg gebührend auch leisten, aber es kommt mir eben so vor, dass QT mit den großen Budgets an Mut zu Neuem verloren hat.
Daher werden wohl RD und PF immer einen höheren Stellenwert besitzen, da bis heute noch alles stimmt: Charaktere, Geschichte, Musikuntermalung und Inszenierung. Erst vor ein paar Wochen habe ich mir Pulp Fiction nach gefühlten Jahren wieder angesehen und ich bin aus dem Grinsen nicht mehr rausgekommen, die kleinen Details, die Anspielungen, der Witz und Charme (Walkens Monolog!) ist für mich noch heute auf den Punkt perfekt. Und bei Reservoir Dogs bin ich immerwieder begeistert, wie man in so viel ruhigen Szenen, so viel berstende Spannung aufbauen konnte! Allein der Dialog mit White und Pink (?), als sie im Gang des Lagers stehen und die Kamera gefühlte 10 Minuten von der Ferne drauf hält, ohne Schnitt, ohne Tricks, pures Theater.
Jackie Brown: Für mich die Perle seines Schaffens, wohl auch deshalb, weil ich ein großer Fan des Autors der Vorlage bin und QT noch mit einem moderaten Budget gefilmt hat, sich auf die Geschichte und die Dramatik konzentriert hat. Die letzten 40 Minuten sind pures 70er Jahre Katz-und-Maus-Spiel! Die Chemie zwischen Grier und Foster habe ich vorher und seitdem auch nie wieder bei einem älteren Filmpaar gesehen - es strahlt mehr Erotik aus, als tausend junge Dinger in ner Tittensuppe...

Nichtsdestotrotz ist QT ein genialer "actors director", was man vorallem bei Sam Jackson sieht, DER eigentlich für jeden seiner Rollen in einem Tarantino einen Oscar verdient hätte...

Ich würde gerne mal wieder einen kleinen Film von ihm sehen, nachdem er wohl als nächste seine History-Trilogie abschließen wird.


"Ich will jetzt nichts mehr hören, von wegen keinen Job, kein Auto, keine Freundin, keine Zukunft und keinen Schwanz." (der Meister - Gran Torino)

McClane

Tarantino ist ein schwieriges Thema, zumal ich auch bei vielen seiner Fans etwas die Scheuklappen sehen: Diejenigen, die eigentlich möchten, dass er immer wieder "Pulp Fiction" dreht, und seit seiner Abwendung vom Gangsterfilm immer wieder schreien, er habe seinen Biss verloren. Andere, zu denen ich mich zähle, hingegen erkennen in seinem Schaffen eine Weiterentwicklung, egal ob sie diese jetzt begrüßen oder nicht.

Ich persönlich sehe "Death Proof", auch wenn er durchaus Spaß macht, als Symptom eines dringend benötigten Wendepunkts, der dann mit den Basterds kam: Ständiges Aufzählen irgendwelcher Popkulturphänomene, die nur Onkel Quentin und eine Handvoll Auserwählter kennen, ein dauerndes Kreisen um das eigene Schaffen, ein Film, der zwar durchaus charmant ist, aber oft bemüht charmant. "Inglourious Basterds" halte ich persönlich dagegen für ein bisheriges Meisterwerk, habe ihn auch öfter als jeden anderen Tarantino gesehen (insofern ziehen die Argumente mit Nostalgie und häufigem Konsum nicht bei allen Zuschauern), da er viele seiner Markenzeichnen einbaut, sich gleichzeitig aber weiterentwickelt, seine langen Dia- und Monloge beispielweise nicht nur des Zitats oder Coolness wegen einbaut, sondern sehr oft zur klassischen Spannungserzeugung nutzt. Für mich ist Tarantinos Schaffen eine Kurve mit Höhen und Tiefen, deshalb würde ich nicht pauschal behaupten, dass die neuen Filme weniger Wiedersehwer besäßen.
"Was würde Joe tun? Joe würde alle umlegen und ein paar Zigaretten rauchen." [Last Boy Scout]

"testosteronservile Actionfans mit einfachen Plotbedürfnissen, aber benzingeschwängerten Riesenklöten"
(Moonshade über yours truly)

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