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Dogville

Begonnen von Kanapa, 28 Oktober 2003, 17:17:32

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Kanapa

- Leichte Spoiler -

Ein großartiger Film, nicht wahr? Eine gute Geschichte, wunderbare Schauspieler - und die Kulisse erst.
Nur ging mir der Schluß zu schnell, sodaß ich die Szene im Auto nicht ganz mitbekam: Also das mit der Arroganz & dem Gut und Böse. Woher ihr plötzlicher Sinneswandel? Ich habe die Argumentation einfach nicht verfolgen können.
Vielleicht kann es mir ja jemand erläutern? Wäre nett.

endoskelett

Verzeiht, wenn ich den mittlerweile recht alten Thread raufhole, aber zu dem Film besteht wohl kein anderer Thread hier.

Ein großartiger Film, dem stimme ich zu.

Die Einfachheit mit der von Trier dieses knallharte Thema der Rache/Vergebung inszeniert, ist beeindruckend.

Grace, als Flüchtling, sucht in dem abgeschiedenen Örtchen Zuflucht und sucht im weiteren ein Leben. Ein neues Leben als das, was sie bisher kannte, bei ihrem Vater, ohne Mord und Gewalt. Doch am Ende findet sie wieder nur das was sie bisher kannte. Sie wird gedemütigt, vergewaltigt und wird von den Einwohnern im Prinzip nach deren Willen ihrem Tod überlassen, da sie ja meinen in den Händen der Gangster sei ihr dieser gewiss. Diese Gräueltaten hat sie in ihrem frühren Leben höchstwahrscheinlich nicht am eigenen Leib erfahren, sondern nur im Rahmen der Mafiamachenschaften ihres Vaters, doch in Dogville nun selbst höchstpersönlich. Ich würde Grace (=Gnade) symbolisch betrachtet als einen Engel bezeichnen, der geschickt wurde, um dem Dorf zu helfen, Leben einzuhauchen, was am Anfang ja wirklich geschieht oder gut gedeiht, dann aber misslingt. Sozusagen eine Chance für die Bewohner ihren "Humanismus" zu beweisen, evtl ihrem Schöpfer (Gott (?)... möglicherweise symbolisiert durch Grace's Vater, der als Mafia-Pate, diese gewisse Macht hat, die Macht Leben zu löschen oder zu erhalten bzw vergeben) gegenüber. Dann wird ihr der "Deal" vorgeschlagen, der Vorschlag, indem sie zu ihm zurückkommt und ihm wieder Liebe gibt, im Gegenzug die Macht zu erhalten, das Leid was sie ertragen musste in Dogville zu sühnen bzw zu, ich sags ungern, aber zu rächen. Vielleicht ist es auch kein Rächen, sondern die Tatsache die Welt vor diesen schlimmen Einwohnern weiter zu verschonen. Sie hatten ja ihre Chance und haben sich zu den Verbrechen hinreissen lassen, sie sind ja "nur" Menschen. Grace bezeichnet ihren Vater als arrogant, da er sich zum Richter aufschwingt und sich anmaßt in seiner Stellung als Verbrecherkönig über das Leben anderer zu entscheiden. Grace will den Dogville'rn vergeben, gehorchen sie ja "nur" ihrer eigenen Natur, wie Hunde eben (Dogs..). Doch kann man ihnen etwas Wegweisendes beibringen, indem man ihnen vergibt? Würde ein neue/r Flüchtling kommen, käme nicht die selbe Geschichte zum Tragen? Nicht ausgeschlossen, aber auch nicht zwingend. Also mahnt der Vater sie dazu, nicht arrogant zu sein und nicht die Schuld auf sich selbst zu nehmen und/oder bei sich zu suchen. Er bezeichnet sie ja als arrogant, weil sie ihre eigenen moralischen Werte über denen der Einwohner stellt.

Der Dialog im Wagen ist eine wahre Pracht, lässt sich doch so einiges reininterpretieren.

Mir scheint der Vater hat in einem gewissen Sinne all das mitbekommen, was im Dorf geschah, obwohl er ja nicht anwesend war die vergangene Zeit, also symbolisiert er für mich "Gott". Grace wird dann zum Rache-Engel.

Was sich nun inwiefern als Gut/Böse definiert, ist eine der Fragen. Wird Grace als Engel nicht auch von der Macht übermannt und wird zum Bösen, indem sie sich rächt? Tja, "die Bewohner gaben ihr Bestes. Aber ihr Bestes ist nicht gut genug".

Zerreissend der Moment in dem Grace die Rache (oder doch Erlösung der Welt vor dem Bösen personifiziert durch die Einwohner?) selbst wird: "Hier gibts eine Familie mit Kindern. Zuerst sind die Kinder dran und zwingt die Mutter zuzugucken. Sagt ihr, dass ihr aufhört, wenn es ihr gelingt ihre Tränen zurückzuhalten. Das schulde ich ihr!"

Ein Bühnenstück als Film verpackt. Grandios.
R: Do you like our owl?
D: It's artificial?
R: Of course it is.
D: Must be expensive.
R: Very.
R: I'm Rachael.
D: Deckard.

Seemops

Gutes Review!!!

Kann dir nur zustimmen, deine Interpretation kommt meiner sehr nahe.

Mich hat die Gefühlsgewalt sehr beeindruckt, man wird sehr (negativ) berrührt in diesem Film. Mal wieder ein Beweis für die Schrecklichkeit des Menschen. Daher find ich den Vergleich mit den Hunden nicht treffend, also eher eine Kritik an von Trier, wenn er diesen Vergleich so beabsichtigte.
Hunde würden sowas nicht tun. Die negative Konnotation ist mir aber durchaus bewusst und von daher ebenso die Notwendigkeit dieser Darstellung.

Wunderbar find ich die Inszenierung, die in so ziemlich allen Belangen an das epische Theater von Brecht anknüpft und seinen Sinn erfüllt.
"Ford - ich glaube, ich bin ein Sofa!"

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