OFDb

120 Tage von Sodom

Begonnen von Freddy Voorhees, 11 Februar 2005, 16:35:07

⏪ vorheriges - nächstes ⏩

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Bretzelburger

Zitat von: zaroff am 17 Oktober 2007, 20:08:02
Jeder, der sich ernsthaft mit dem Medium Film auseinandersetzt sollte Salo gesehen haben.

Gerade bei diesem Film ist eine sachliche Einordnung nur durch ein fundiertes Hintergrundwissen möglich.

Ich persönlich möchte den Film niemals wieder sehen.
Danke für den konstruktiven Beitrag, dem ich noch - um eventuelle Missverständnisse zu beseitigen - hinzufügen möchte, dass ich den Film EINMAL im Kino sah, er mich zwar beeindruckte, aber völlig verstörte. Ich habe ihn mir dann knapp 30 Jahre später noch ein zweites Mal angesehen, auch um meine Kritik schreiben zu können. Das genügt für die nächsten 30 Jahre...

Littlejoe

Zitat von: Bretzelburger am 18 Oktober 2007, 09:32:55
aber völlig verstörte. ...

Genau DAS meine ich.
Warum lassen wir uns bewusst durch bestimmte Filme "verstören"?

Catfather

Salo ist kein guter oder schöner Film, aber durchaus ein wichtiges Stück Filmgeschichte. Und nicht vergessen, es basiert auf einem Marquis De Sade Roman, der 1000 x extremer und perverser ist!
Und soooo schlimm finde ich den Film übrigens gar nicht, in der Wirklichkeit geht es noch wesentlich schlimmer zu, da passieren noch ganz andere Sachen als die im Film gezeigten.
Das "Salo" starker Tobak ist und sich nicht für Jedermann eignet, sollte mittlerweile bekannt sein...   :icon_rolleyes:
Für alle, die sich noch eigene Gedanken machen:
http://www.NachDenkSeiten.de/
die kritische Homepage!

Butzemann

18 Oktober 2007, 17:26:08 #33 Letzte Bearbeitung: 18 Oktober 2007, 17:35:00 von Butzemann
So, nun hab ich mir den Film auch mal angeschaut, um vielleicht einer der wenigen Tausend zu sein, die ihn gesehen hat  :icon_razz:

Nein mal ernsthaft.

Gleich nach der Sichtung wollte ich auch ein paar Reviews dazu lesen und es stachen mir auch gleich zwei gut gemachte und verständnissvolle ins Auge. Zum einen das Review von Der Mann mit dem Plan und von Bretzelburger.

Ich teile die Meinungen und sehe den Film auch eher als Zitat "Parabel auf eine Politik, die ihr Volk vergewaltigt, ohne dass dieses rebelliert" bzw. drastische Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Extremauswüchsen/Entwicklungen und deren Interpretation Pasolini's. (mal schnell zusammengefasst)

Das viele mit den "Szenen" nicht zurecht kommen (können) verstehe ich voll und ganz, und es werden wohl auch bei mir ein paar Jahrzehnte ins Land gehen, bis ich mir diesen Streifen nochmal angucke. Jedoch, und das viel mir gleich auf, werden die Szenen nicht ausgeschmückt, nicht "unterstrichen", nicht in "Szene" gesetzt, sondern werden als das dargestellt was sie sind. Die Frage, wie sie auch hier diskutiert wurde, ist, ob eben solche Szenen nötig sind um die Intention des Regisseurs mitzubekommen/zu verstehen?

Also ehrlich gesagt, war es mir vollkommen klar, dass Pasolini den Zuschauer auf das Heftigeste ansprechen wollte, um 1. keine Doppeldeutigkeiten hervorzurufen (was man, wie schon im 1. Review lesen konnte, auf das Minimalste der Kameraarbeit, Ausstattung und  Dramatik/Inszenierung zurückführen kann ) und 2. seine Meinung über den Umstand dass soetwas tatsächlich wieder geschehen kann bzw. geschehen ist mitzuteilen.

Es reicht auch vollkommen diesen Film 1 Mal zu sehen, denn er verfehlt bestimmt nicht sein Ziel, nämlich die Meinungsbildung des Zuschauers anzuregen.

P.S. Jetzt kommt eine drastische Aussage noch hinzu: Hätten die US Soldaten die im Irak "heimlich" gefoltert bzw. Insassen erniedrigt haben anders gehandelt, wenn sie Pasolini's Film gesehen hätten ?

Version 2.0 [ http://blog-plus.de ]

Heimkino [ http://www.bluray-disc.de/blulife/heimkino/butzemann ]


"Von all den Dingen die mir sind verloren gegangen, hab ich am meisten an meinen Verstand gehangen"

Roughale

Zitat von: Hedning am 18 Oktober 2007, 18:10:47
Mich würde es interessieren, ob es Beispiele oder Argumente für einen Zusammenhang zwischen Faschismus und sexuellen Perversionen gibt. Mir scheint es ehrlich gesagt eher so, dass Pasolini hier zwei als böse empfundene Phänomene willkurlich als sich gegenseitig bedingend darstellt.

Nicht unbedingt aus Willkür, es können ja auch zwei Sachen gewesen sein unter denen er gelitten hat - ist reine Spekulation, so gut kann ich mich an Pasolinis Biographie nicht erinnern...

esta es la mejor mota
When there is no more room for talent OK will make another UFC

Nerf

Zitat von: Bretzelburger am 17 Oktober 2007, 15:49:59
Da wir uns persönlich kennen, bin ich ein wenig überrascht, dass du mich hier so hinstellst. Warum muss man sich gleich Dünnhäutigkeit oder übertriebenen Eifer vorwerfen lassen, wenn man auf eine pauschale, wenig durchdachte und ziemlich diffamierende Aussage reagiert ?

Eben da wir uns persönlich kennen und ich mich noch gut an deine deutlichen Worte zum Film erinnere, die du auf dem UT gesagt hast, bin ich eben davon ausgegangen, dass dieser Film für dich eine Herzensangelegenheit darstellt. Das würde auch die (positive) Vehemenz erklären, mit der du ihn verteidigst. Du nimmst für dich in Anspruch, den Film und seine Intentionen verstanden zu haben; nimmt man in dem Fall nicht automatisch eine gelassene Haltung gegenüber denen ein, die nur pauschal und diffamierend über den Film reden? Zumal hier nicht jeder so denkt wie Freddy Vorhees (über dessen Postings du dich ja am meisten beschwerst). Roughale z.B. hat sich differenzierter über den Film geäußert, und sich auf keine der beiden Seiten geschlagen:

Zitat von: Roughale am 15 Oktober 2007, 11:25:49
Ich denke, dass Freddy Voorhees Antwort eigentlich ganz treffend war, egal ob und wie hochkarätig man den Film bewertet. Wenn man da was goriges erwartet, sozusagen einen Film, der die Gelüste weiter bedient, die mit den Hostels in TCMs bewfriedigt wurden - dann eher Hände weg...

Ich denke, dass dieser Film den Warnugssticker verdient hat, der besagt, dass es sich um einen Kunstfilm mit Vergangenheitsbewältigung des Regisseurs handelt. Aber manchen würde wahrscheinlich auch ein schlichtes "Achtung! Pasolini" reichen  :king:

Ein Film, der bei falscher Erwartungshaltung extrem nach hinten losgehen kann... Er mag filmhistorisch wichtig sein, aber dass heisst noch lange nicht dass er gut ist...

ZitatMich hat persönlich NICHT daran gestört, dass er den Film nicht mochte, sondern die völlig ignorante Art, die deutlich hinter seiner Aussage steht. Ich habe dich noch nie in dieser Art argumentieren hören - stört es dich deshalb nicht, weil es deine eigene Meinung trifft ?

Ich bin durchaus fähig, andere Meinungen zu akzeptieren. Mir hier klammheimliche Freude vorzuwerfen, dass "Saló" hier endlich mal verbale Prügel bezieht oder wie auch immer, trifft die Sache daher nicht ganz. :icon_smile:
Vielleicht sollte man einfach darüber stehen, wenn jemand anders provokante Postings über den eigenen Lieblingsfilm schreibt. Mittlerweile haben etliche hier ihre Meinung präzise vorgetragen und das in einer Weise, mit der sowohl Freddy als auch du leben können sollten - ein einsames Verteidigen der filmischen Werte von "Salo" gegen eine Übermacht an Filmbanausen ist also nicht nötig.

ZitatDiese klassische "das hätte man auch anders machen können" Behauptung überrascht mich von dir auch. ALLES hätte man anders machen können, aber darum geht es nicht, sondern darum zu kapieren, warum Pasolini es so machen wollte - das hat auch etwas mit künstlerischer Freiheit zu tun.

Überspitzt gesagt: Die Behauptung ist so klassisch wie die Aussage "wer mit dem Film nichts anfangen kann, hat ihn nicht kapiert". Zu verstehen, warum Pasolini es so machen wollte, reicht bei dem Film aber wohl nicht aus, selbst in dem Fall kann man ganz unterschiedlicher Meinung sein, was die Wahl der Mittel angeht. Und ja, ich behaupte immer noch, dass sich die künstlerische Intention Pasolinis auch auf andere Weise hätte ausdrücken lassen: Wer schocken und provozieren will, hat das volle Recht dazu, muss aber damit rechnen, dass der ein oder andere

Zitat von: Roughalesich zuvor nicht intensiv mit de Sades Vorlage beschäftigt hat, sich nicht der Intention Pasolinis bewusst ist und (...) nicht bereit ist künstlerisch verschlüsselte Botschaften zu rezipieren.

ZitatWenn Pasolini die Darstellungen angedeutet hätte oder das gesamte Geschehen mehr psychologisch angelegt hätte, dann hätte das seiner Wut und Verzweiflung nicht entsprochen.

Wie bereits gesagt: Man kann nicht jedes künstlerische Ausdrucksmittel mit den inneren Zuständen des Regisseurs entschuldigen. Das ist meine Meinung.

ZitatPasolini wollte drastisch sein. Das er damit auch längst nicht Jeden erreicht, ist klar und das er es auch anders hätte machen können, auch, aber das wäre dann ein ganz anderer Film geworden.

Ein schlechterer? :icon_smile:
Pasolini hat es so gemacht, wie er es sich vorgestellt hat; er ist keine Kompromisse eingegangen, dafür das Risiko, manchen vor den Kopf zu stoßen, was er ja auch geschafft hat. Das meine ich ganz wertfrei und werde mich hiermit wieder aus der Diskussion ausklinken.
You've been chosen as an extra in the movie adaptation
Of the sequel to your life.

psychopaul

19 Oktober 2007, 15:25:48 #36 Letzte Bearbeitung: 19 Oktober 2007, 15:28:25 von Bettwurst
Zitat von: Littlejoe am 17 Oktober 2007, 18:17:12
Gut, aber das greift auch schon ein wenig in den Bereich der Diskussion wie weit das Medium Film "gehen" darf?
Daher auch meine Frage zu den Meinungen. Den Streifen werde ich mir nun mit Sicherheit nicht anschauen!

Warum müssen Regisseure das Grauen, das sie erlebt haben, in so einer Form lebendig werden lassen - und so noch mal die Zuschauer dasselbe Grauen erleben lassen?
Das ruft bei mir Vergleiche eines Menschen hervor, der die eigenen Kinder schlägt, weil er selbst als Kind Prügel einstecken musste.


Es gibt doch den beliebten Spruch, Kunst sei nur dann gut, wenn sie nachhaltig verstört oder so ähnlich. Steht dann wohl genau entgegengesetzt zu deiner Meinung.  ;)
Ich sehe "gerne" Filme, die den Zuschauer nicht schonen, sondern drastisch und hart Dinge zeigen oder kommentieren. Das "warum" zu erklären ist wohl ziemlich komplex und schwierig, im Moment schwirren mir da auch einige Gedanken durch den Kopf, aber dazu vielleicht später...

Der Vergleich mit den Prügeln ist sinn- und haltlos, denn niemand wird gezwungen, sich einen Film anzusehen und kann jederzeit abdrehen oder rausgehen. Du schreibst ja, als wäre das Publikum einem Regisseur "ausgeliefert", wie der Schwächere einem Stärkeren. Das kann sogar sein, wenn man sich in den Bann von unangenehmen Filmen ziehen lässt, aber man behält jederzeit die Kontrolle.

Es gibt bei jedem - grauenhaften, schrecklichen etc. - Film, Leute, die etwas daraus mitnehmen können. Als Künstler/Filmschaffender sollte man nicht an diejenigen denken, die nichts damit anfangen können, sondern umgekehrt an diejenigen, die man erreichen möchte und kann. Und selbst wenn der Film nur aus reiner Selbstbefreiung gedreht wird und "niemandem" gefällt, ist das auch legitim, genauso wie bei Musik, Malerei, Bildhauerei, Töpferei auch.

Und Film darf so weit gehen, wie es eben nur irgendwie geht. Muss.

So, jetzt wird es dann echt Zeit, dass ich mir Salo endlich mal anschaue.  :icon_eek:  :andy:
Filmblog
Letzte Bewertungen

Three little devils jumped over the wall...

Bretzelburger

Zitat von: Nerf am 19 Oktober 2007, 11:22:53
Zumal hier nicht jeder so denkt wie Freddy Vorhees (über dessen Postings du dich ja am meisten beschwerst). Roughale z.B. hat sich differenzierter über den Film geäußert, und sich auf keine der beiden Seiten geschlagen:

Ich zitiere mich hier mal selbst (vom 15.10, also 4 Tage alt) :
ZitatAuch Roughales Aussage ist alles andere als positiv, aber wesentlich offener formuliert.

Meine Reaktion bezog sich ausschließlich auf Vorhees Art und Weise (keineswegs darauf ,dass er den Film nicht mag).Mehrfach habe ich das differenziert und verdeutlicht, dass ich nicht das Gefühl habe, einer "Bande an Ignoranten" gegenüber zu stehen, aber bei dir ist das (bis jetzt) nicht angekommen, so dass ich befürchte, eher bei dir einen Nerv mit meiner Art der Reaktion getroffen zu haben.


TinyPortal 2.0.0 © 2005-2020