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Buchrezensionen

Begonnen von Jerry Garcia, 6 August 2011, 03:14:07

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Jerry Garcia



Robert Ludlum. Ein weiterer Roman aus der Feder der ersten Adresse, wenn es um klassische Spionage- und Agententhriller geht. Auch die neueste Geschichte bietet wieder eine rasante Story um Intrige und tödlichen Verrat. Ex-Agent Hal Ambler wird von seinen Auftraggebern auf einer entlegenen Insel gefangen gehalten. als ihm die flucht gelingt, nimmt eine mörderische Jagd ihren Anfang.

Der Ort seines Martyriums wird von höchster Geheimhaltung beherrscht und Parrish Island ist eine von der Außenwelt abgeschnittene Insel, sechs Meilen vor der Küste Virginias. Selbst in Regierungskreisen wissen nur wenige von der psychiatrischen Anstalt, die sich in der Mitte der Insel befindet. Ehemalige Agenten, die aufgrund ihrer psychischen Verfassung ein Sicherheitsrisiko darstellen, werden hier gefangen gehalten. Unter ihnen Hal Ambler - als so gefährlich eingestuft, dass er nach Dauermedikation vollständig isoliert wird. Allerdings gibt es einen Unterschied zwischen Ambler und den restlichen Insassen: Hal Ambler ist nicht krank oder verrückt. Mithilfe einer Krankenschwester gelingt ihm die Flucht aus der Klinik. Aber die Welt, in die er zurückkehrt, ist nicht mehr die, die er verlassen hat. Alte Freunde und Kollegen erkennen ihn nicht, die Person Hal Ambler scheint nie existiert zu haben. Von seinen eigenen Leuten gejagt, muss Ambler herausfinden, wer ihn ausschalten will. Dazu muss er sich erinnern. Was macht ihn zur Gefahr, dass jemand bereit ist, für seinen Tod alles zu riskieren?

Dieser Roman ist ein gelungener Thriller. Er ist kurzweilig und hält einige überraschend Wendungen bereit - fast wie ein echter Ludlum zu Lebzeiten. Handwerklich gut, routiniert, aber etwas fehlt - nämlich der echte Ludlum-flair. Trotz dieser leisen Kritik sorgen die sympathischen Protagonisten und das atemberaubende Tempo für ein gelungenes Lesevergnügen. Insgesamt erkennt man aber durchaus etliche Parallelen zur Bourne-Trilogie, aber Robert Ludlum hat sich zu Beginn seiner Schriftstellerkarriere auf eine Themennische festgelegt, diese dann konsequent und gekonnt variiert und somit etliche hochkarätige Thriller verfasst. Seit seinem Tod im März 2001 werden die Manuskripte aus seinem Nachlass von Co-Autoren oder Ghostwritern verarbeitet (hier seien genannt "Die Amblerwarnung" sowie "Die Bancroftstrategie") oder schlicht verwurstet ("Der Tristan-Betrug"). Dieser Beitrag jedenfalls ist gelungen und ich hoffe, man findet noch einige Notizzettel mit Plotansätzen für weitere Romane unter dem Namen Robert Ludlum - und adäquate Ghostwriter hinsichtlich der Umsetzung. ca. 550 Seiten.

Jerry Garcia



Mira Grant. Fast drei Jahrzehnte nachdem sich weltweit die Toten erhoben haben, sind die Blogger Shaun und Georgia Mason der größten Schlagzeile ihres Lebens auf der Spur: einer Verschwörung, deren Drahtzieher nicht davor zurückschrecken, das Zombievirus als Waffe einzusetzen. Sie müssen die Wahrheit ans Licht bringen, auch wenn es sie das Leben kostet.


Im Jahr 2014 haben die Menschen den Krebs besiegt und mit einem anderen Mittelchen auch den Schnupfen. Blöd gelaufen, wenn sich die beiden Virenstämme vermengen und die Leutchen dann zombifizieren. Mittlerweile sind 26 Jahre vergangen und man hat mit der Katastrophe zu leben gelernt. Nachteil weiterhin - jeder trägt das Virus in sich und kann sich spontan verwandeln, auch jegliches Säugetier, das mehr als 20 Kilo wiegt (trotz meines Übergewichts von ebendieser Zahl, kann es aber mich zum Beispiel nicht treffen, da man zum "Erwachen", wie es genannt wird, auch ein Gehirn braucht) ist davon betroffen. Man darf sich also auf Zombiepferde und so einstellen. Die Menschen leben in geschlossenen Enklaven, die Weite des Landes ist gefährlich, Farmen so gut wie verboten. Größere Menschenansammlungen gibt es aus Angst nicht mehr. Und in dieser Zeit findet der Präsidenschaftswahlkampf statt und einer der Kandidaten will sich nicht in schützenden Bunker verkriechen, sondern vor Ort den traditionellen Wahlkampf ausfechten. Als Begleitung wählt er die Blogger Georgia und Shaun Mason mit ihrer Truppe. Die wissen, dass sich eine solche Gelegenheit nur positiv auf ihre Karriere in der Blogosphäre auswirken kann und sagen zu. Die Reise geht natürlich nicht ohne Probleme vonstatten.


Ich fasse mich aus Zeitgründen diesmal recht kurz. Wer hier jetzt ob des Titels ein ein rasantes Zombiegemetzel erwartet, wird enttäuscht. Es gibt zwar den einen oder anderen Angriff durch die Beisser, der dann auch mit etwas Action garniert ist, aber hauptsächlich geht es um die Verschwörung und die veränderten Lebensumstände in der neuen, immer noch us-dominierten Welt. Alaska haben sie zwar verloren und diverse Regionen in Kalifornien zeigen sich aufmüpfig, aber sonst ist die Weltmacht noch existent. Der Rest der Welt verdient sich wie gewohnt nur eine Nebenbemerkung. Im Vordergrund steht die Anpassung an die Umstände, die Veränderung der Medien, die sich von dusseligen Realityshows (TV, Presse usw. aus vergangener Zeit werden teilweise heftig kritisiert) nun den Blogs zuwendet. Blogger sind jene, die die Wahrheit verbreiten, der Rest der Presse unterwirft sich (wie früher bzw. heute) der Zensur und nur regierungsgenehme Nachrichten werden verbreitet. Anders die aufstrebende Bloggerszene. Doch was ist deren Begleitung des Kandidaten auf Schritt und Tritt mit Kameras und Mikrofonen anders als ne Realityshow. Und diverse Einlagen wie die private Zombiehatz von Shaun dienen auch nur der Quote. Also wohl doch nichts so Neues, wie man weismachen will. Am Anfang ein Zombieangriff mit nem netten Stunt, zwischendurch die eine oder andere Attacke, dazu die Verschwörung, die im ersten Band der Trilogie doch recht bieder und allzu bekannt daherkommt, also recht vorhersehbar ist, ein bisserl Schicksal und Tränendrüsen gegen Ende, der obligatorische Verrat und manchmal der Eindruck, hier ein Jugendbuch in den Händen zu halten (bin ich blond, nenn ich mich Buffy, total kindisches Verhalten des einen oder anderen Protagonisten, die als gerade mal 20 Jahre alt geschildert werden usw. und völlig frei von jeglichem erotischen Ansatz. Genau wie Schneewittchen - kein Arsch und kein Tittchen. Das ist schließlich nix für junge Gören.), wechseln sich ab. Politik, Zusammenhalt, Freundschaft, Lebensumstände, Berühmtheitsstreben und Action, die nicht übermäßige Härten aufzuweisen hat, prägen die 500 Seiten. Zombies und Politiker der rechten Art müssen hier als Aufhänger für Angst und dunkle Mächte herhalten, die ihre Ziele zu erreichen versuchen. Im Prinzip sind die Zombies nur die Randfiguren - austauschbar. So fallen gute Ansätze dann wieder hintenrunter und werden den Klischees geopfert, der Schurke schon sehr früh von der Autorin selbst entlarvt und die Endzeitwelt nur zu einem Spielfeld für einen (Jugend-?)Thriller in neuem Gewand, der womöglich in Buch Zwei "Deadline" etwas mehr hermacht. Ich werde die Trilogie jetzt auch zu Ende lesen, kann das vorliegende Buch aber nur bedingt empfehlen. Auch weil man die Zombies locker durch Russen, atomare Verseuchung oder Terroristen ersetzen kann und sie nur als Grund dienen, mal wieder die Einschränkung der Bürgerrechte und Freiheit der Menschen durch die Regierung (wenn auch nicht zu unrecht) anzuprangern. Heute wird ja auch die Angst geschürt, um sich noch weiter in die Belange und Privatsphäre der Bevölkerung einzumischen. Das alles bleibt aber auf einem recht biederen Niveau, ist daher aber leicht verständlich und wird der vermeintlich anvisierten Zielgruppe keine Probleme bereiten. Wer wie ich auf den Erwerb eines soliden, actionreichen Zombieromans für Erwachsene gehofft hat, wird wenig zufrieden sein und sich mit dem Thrillerbereich trösten müssen, der wenigstens halbwegs akzeptabel ist. Der große Wurf ist das nicht, der Ball ist kurz nach dem Start abgestürzt. Soweit meine Kurzfassung zu dem Buch.

Jerry Garcia



Victor O'Reilly. 1981. Ein Mann wie Carlos. Unbekannt, unerkannt, der Henker genannt. Er tötet nicht aus Idealismus, sondern für Geld. Ob PLO oder IRA, wer bezahlt, in dessen Diensten verrichtet er sein Geschäft. Nun plant er seinen größten und letzten Coup, bevor er sich zur Ruhe setzen will. Doch er macht einen gravierenden Fehler.

Alles beginnt auf Fitzduanes Insel. Ein mysteriöser Selbstmord eines Schülers aus dem auf der Insel per Erbverordnung ansässigen Internat für wohlbehütete Zöglinge aus reichem Elternhaus, dessen Folgen und ein altes Ritual - so wird Fitzduane, Ex-Söldner und nun Kriegsberichterstatter, der sich als Eigentümer der Insel und damit auch als Grundbesitzer des Geländes, auf dem das Internat unterhalten wird, für die Vorkommnise auf seiner seit Generationen im Familienbesitz befindlichen Insel verantwortlich fühlt, in die gewalttätigen Ereignisse hineingezogen. Er beginnt in eigener Regie zu ermitteln.
Sein Weg führt ihn in die Heimatstadt des ermordeten Schülers, Bern (CH). Die ansonsten eher betuliche Schweiz und deren Hauptstadt Bern werden plötzlich von einer Spirale der Gewalt, die sich immer schneller dreht, heimgesucht, denn der Henker ist nun dabei, sämtliche Wege, die zu ihm führen könnten, hinter sich zu versperren. Da werden Menschen am hellichten Tage auf Marktplätzen von Kugeln durchsiebt, in der Aare verstümmelte Leichen gefunden und falsche Spuren zu Unbeteiligten gelegt, um die eigene Fährte zu verwischen. Bei der Gelegenheit werden nicht nur Attentate auf Fitzduane, der dem Henker mutmaßlich immer näher kommt, verübt, sondern im Zuge der Ermittlungen auch mal schnell ein Eingang per Panzer in ein verbarrikadiertes und mit Sprengfallen ausgestattetes Haus gerammt, um die dortigen Killer zu eliminieren. Gefangene werden keine gemacht. Danach wird dem Henker der Boden in der Schweiz zu heiß und ermacht sich auf und davon, da es seinen Plan auszuführen gilt. Bis dahin ein sehr guter, flüssiger Thriller, in dem ordentlich die Post abgeht.
Im letzten Drittel des Buches, das sich auf ca. 200 Seiten erstreckt, wird die letzte Konfrontation eingeläutet und die überbietet alles bis dato Gelesene. Im ausklingenden 20. Jahrhundert sieht sich Fitzduane dazu gezwungen, seine alte Inselburg mit den vorhandenen Waffen wie Hellebarden, Säbeln, Armbrüsten, vorsintflutlichen Kanonen sowie einigen wenigen aus seiner Zeit als Söldner illegal gebunkerten automatischen Waffen gegen eine Armee aus nicht ganz 100 Terroristen zu verteidigen, deren eigentliches Vorhaben es war, die Schüler des Internats zu entführen, um Lösegeld zur Finanzierung weiterer Operationen gegen ihre jeweiligen Unterdrücker zu erpressen. Allein die Vorstellung dieser Belagerung einer Burg im Jahre 1981 bringt einen schon mal zum Schmunzeln, das aber schnell von der Sapnnung und der Action verdrängt wird. Es werden alle Mittel angewandt, um die Gegenseite mit ihrer modernen Ausrüstung von der Burg bzw. dem Burginneren, wohin die Internatsschüler geflüchtet sind, fern zu halten, was auch bei den Verteidigern etliche Opfer fordert. Ein fantastisches Actionfeuerwerk in Buchform, bei dem keine Wünsche offen bleiben und auch die eingangs erwähnten Ereignisse aufgelöst werden. Und glücklicherweise mal keine islamischen Fundamentalisten, die von einem heldenhaften amerikanischen Übermenschen im Alleingang zur Strecke gebracht werden.

Der Autor hat glücklicherweise auf zu dick aufgetragenen Patriotismus und unbeugsamen Heldenmut verzichtet, die Charaktere nicht zu einseitig ausgearbeitet und als weiteren Pluspunkt eine sehr gute Recherche zu Ländern, Städten und Organisationen erarbeitet, die wirkliche Informationen beinhalten (Waffenrecht der Schweiz, Unterschiede bei Bund, Kantonen und Kommunen aufgezeigt), das Tempo auf über 600 Seiten ständig angezogen und mit seinem auch hin und wieder etwas humorvollen Stil (besonders bezüglich der Klischees über Iren und Schweizer) das Werk dauernd auf Betriebstemperatur gehalten, sodass keine Sekunde Langeweile aufkommt. Mittlerweile wird ja mit dem neuen Modebegriff "Pageturner" nur so um sich geworfen. Dieses Buch hätte das Prädikat 100% verdient, aber hier wurde es natürlich nicht verwendet. Ein echter Killer-Thriller. Mehr davon.

Jerry Garcia



Steve Berry. Fatima, Portugal, 1917: Die heilige Jungfrau Maria erscheint drei Schäferkindern und verkündet ihnen drei Geheimnisse. Die ersten beiden Botschaften werden schon bald von der Kirche enthüllt, doch die dritte bleibt noch lange unter Verschluss - bis ins Jahr 2000. Warum nur widersetzte sich die Kirche so lange dem offensichtlichen Willen der Mutter Gottes? Und warum zweifeln noch immer viele Gläubige, dass es wirklich das letzte Geheimnis von Fatima war, was der Vatikan damals enthüllte?

Rom, Gegenwart: Pater Colin Michener, Sekretäar von Papst Clemens XV., macht sich große sorgen um den Heiligen Vater. Nacht für Nacht vergräbt sich dieser in den geheimen Archiven des Vatikans: Die Geheimnisse von Fatima lassen ihm keine Ruhe. Und schließlich schickt der Papst Michener mit einem mysteriösen Auftrag nach Rumänien - wo sich der junge Priester bald in einem tödlichen Gewirr aus Verdächtigungen, Verrat und Mord gefangen sieht. Und schließlich muss Michener sich dem stellen, was den Papst so verängstigt hat - und ein Geheimnis aufdecken, das die katholische Kirche in ihren Grundfesten erschüttern wird.
"Urbi et Orbi" ist ein weiterer Roman, der sich im Sog von Dan Brown's "Sakrileg" zu einem literarischen Welterfolg aufmachen will und sich um die 1917 verkündeten 3 Geheimnisse der Fatima dreht. Aber im Gegensatz zu Brown entwirft der Autor hier keine wilden Auswüchse an Spekulationen, Geheimlogen und Verschwörungstheorien, die von vielen (besonders amerikanischen) Konsumenten für der Weisheit letzter Schluss gehalten wurden. Demzufolge wird hier auch die Action eher klein geschrieben und stattdessen eine anscheindend ordentlich recherchierte Geschichte abgeliefert, die von Dialogen lebt und daraus auch ihre Spannung bezieht, die sich aber nicht jedem erschließen kann, der sich nicht zumindest etwas mit der katholischen Kirche beschäftigt hat, sowie der Frage, aus welchem Grund nun die kirchlichen Würdenträger um ihre Macht bangen. Die Interessen des kleinen Kirchenstaates werden von Berry so klar geschildert, dass man - zumindest ich - sich fragt, was die kleinen und großen Intrigen, das Unterdrücken von Informationen sowie das Ansammeln von finanziellen Reichtümern und Kunstgegenständen mit der gepredigten Nächstenliebe zu tun haben. Doch dies ist nur ein Nebenaspekt in einer durchaus interessanten Geschichte, die von wirklich gläubigen Christen wohl auch besser nachvollzogen werden kann als von mir, da mir doch der tiefere Einblick in die Aspekte der Religionsgemeinschaft fehlt.

Trotz meiner Eingangsbemerkung, dass Steve Berry auf der Erfolgswelle der Kirchenthriller mitreitet, ein sehr eigenständiges Werk, das nicht so sehr an Dan Brown sondern eher an Tom Gifford erinnert, aber auch nicht unbedingt viel Neues bietet. Als Protagonist muss ein zweifelnder amerikanischer Priester herhalten, der natürlich auch der Liebe nicht abgeneigt ist, was denn auch eine Thematisierung des Zölibats innerhalb der Geschichte rechtfertigt, die aber zum unvermeidlichen Happy-End führt. Gegen Ende kommt dann etwas Action in die Story als die europäischen konservativen Kräfte alle Mittel einsetzen, um die Veröffentlichung der Geheimnisse von Fatima durch den (ja, tatsächlich - deutschen) Papst der Erneuerung und Öffnung zu verhindern. Sprachlich ordentlich umgesetzt, einigermaßen lesenswert, aber auch wirklich Grundlage für geteilte Meinungen (ich finde geteilte Meinungen gut, solange jeder meine Meinung teilt). Geschmäcker sind halt verschieden und daher von mir keine wirkliche Empfehlung für das Buch. Geht so. Dutzendware.

Jerry Garcia

18 Februar 2012, 15:17:37 #184 Letzte Bearbeitung: 18 Februar 2012, 15:25:50 von Jerry Garcia



Kurzkritik:
Eine Lawine in den Schweizer Bergen reißt Jonathan Ransom in die Tiefe. Er überlebt, seine Frau wird für tot erklärt. Später erhält er im Hotel einen Brief, der an seine Gattin gerichtet ist. Ein Schließfachschlüssel bringt ihn in den Besitz brisanter Dokumente. Ein hervorragender Thriller, der seinen Protagonisten vor schier unüberwindliche Herausforderungen stellt und ihn mit Polizei, CIA, Israelis sowie etlichen undurchsichtigen Figuren konfrontiert. Ein nahezu perfektes Buch mit dem bekannten "Wem kannst Du trauen?"-Muster, aber so spannend, verwinkelt, voller Wendungen und auch Action, dass er mich sehr positiv überrascht hat. Knapp 590 Seiten.

Jerry Garcia



Als der Arzt Jonathan Ransom in London in ein Attentat auf den russischen Außenminister platzt, zerbricht sein Leben in Scherben, wie er es sich nach den Ereignissen in der Schweiz nicht vorstellen konnte. Die Polizei verdächtigt ihn, mit den Drahtziehern in Verbindung zu stehen. Aber er ist unschuldig und flieht. Unterdessen haben die wahren Attentäter schon ein neues Ziel ausgemacht, das Tausenden das Leben kosten würde. Wie schon der Vorgänger "Geblendet" und auch der Erstling "Das Nummernkonto" aus den späten Neunzigern hat das Buch alles, was ein wirklich ordentlicher Thriller braucht, um den Leser zu begeistern und sich zu einem wahren Kracher zu entwickeln. Reich hat gut recherchiert und ist narrativ etlichen seiner Kollegen überlegen. Trotz des einen oder anderen kleinen Mangels auch hier wieder (mit nem kleinen Bonus für die Vorgänger) eine gute Leistung. Knapp 560 Seiten.

Jerry Garcia



Luis Miguel Ariza. Nora Pulaski steht kurz vor der Erfüllung ihres Lebenstraums: einem Flug auf den Mars. Doch wenige Wochen vor dem Start enthebt die NASA sie ihrer Verantwortung für das Projekt. Was die ehrgeizige Wissenschaftlerin nicht ahnt: Hinter dieser Entscheidung steckt der berühmte Geologe und Weltraumforscher Robert Pulaski. Ihr Onkel verschwand vor einiger Zeit, und alle gingen davon aus, er sei tot. Seine Spur führt Nora nach Spanien, zum kantabrischen Meer. Hier hat eine multinationale Erdölorganisation in den Tiefen der See einen sensationellen Fund gemacht, der die weltweite Energiekrise für alle Zeiten lösen könnte. Doch das Unternehmen hat mit Robert Pulaski seinen wissenschaftlichen Kopf verloren. Also beauftragt der Ölmilliardär Calvin Steiffel Nora mit der Leitung des Projekts. Vor der kantabrischen Küste, wo Steiffels gigantisches Ölsuchschiff mit seiner High-Tech-Unterwasserstation vor Anker liegt, mehren sich indes seltsame Begebenheiten: Zuerst verschwindet ein Fischerboot während eines Sturms spurlos. Dann treibt der Wind mehrere Riesenkalmare noch nie gesehener Größe ans Ufer. Mehrere junge Leute, die nachts am Strand des kleinen Fischerstädtchens Luarca gewesen waren, erkranken schwer und sind geistig verwirrt - offensichtlich haben sie Grauenhaftes erlebt. Im Dorf machen bald alte Legenden und Schauergeschichten die Runde. Und auch auf dem Ölschiff treten Krankheitsfälle auf. Um die Ursache dieser Vorfälle zu klären, muss Nora in die Tiefsee tauchen, wo die lichtscheuen Riesenkalmare leben, die plötzlich gegen die Menschheit mobil m achen. Ihr Unternehmen wird zu einem Wettlauf mit der Zeit. Denn in den Tiefen des Ozenas gibt es kein Entrinnen.

Und da haben wir es wieder, das Potpourri der üblichen Verdächtigen in einer solchen Story. Die ungerecht behandelte, aber hübsche, überaus intelligente, ehrgeizige (als Hauptfigur wird das Wort Egoismus von ihr ferngehalten) Wissenschaftlerin mit hohen Weihen, zudem über jegliche Schwächen in der Charakterformung erhaben, den bösen Verwandten, den gierigen Ölmagnaten und das sonstige Drumherum an Geheimdiensten und Geheimnissen.Etwas Inspiration hat der Autor sicher bei Frank Schätzing ("Der Schwarm") und Michael Crichton ("Sphere") gefunden, gewisse Ähnlichkeiten sind nicht von der Hand zu weisen. Insgesamt mischt er hier den Spionagethriller mit Elementen aus der Wissenschaft und dem Unterwasserabenteuer, klaustrophobische Stimmung beim Tauchgang eingeschlossen. So kämpfen hier verschiedene Parteien aus den USA, Russland und Spanien um die Errungenschaften und versuchen sich gegenseitig auszutricksen, während Nora natürlich nur der Wissenschaft (und nicht erwähnt - ihrem Ruf) dient, um alle Geschehnisse aufzuklären. Die Riesenkalmare, von denen man einen Einsatz a la Frank Schätzing erwartet sind eher in einer Nebenrolle untergebracht, die zwar mal angreifen dürfen, aber nicht in dem Maße, wie es der deutsche Titel und Klappentext suggerieren, der Tauchgang wird dann mehr zu einem Kammerspiel. Nix mit Creature Feature. Ende und Auflösung bitte ich den geneigten Leser bitte auf eigene Faust zu erkunden.


Irgendwie ist das Buch aber besser gelungen als die Romane von Douglas Preston oder Lincoln Child, da es nicht ganz so sehr die Masse bedient und alles vereinfacht darstellt - von den Charakteren bis zur Geschichte per se -, sondern mit anscheinend guter Recherche etliche Fakten unterzubringen weiß und man sich doch etwas konzentrieren muss, um alles aufzunehmen. Natürlich werden auch hier einige Klischees voll bedient, wenn es um die Darstellung und die Eigenschaften der Hauptpersonen geht, doch in der Gesamtheit nicht ganz so aufdringlich. An eine Qualitätsangleichung von Frank Schätzing und seinem "Der Schwarm" zu denken, ist dann aber auch etwas übertrieben. Trotz eingestreuter Angriffe, SF-Elementen, Spannungsszenarien und gierigen Konzernen plus Umweltbotschaft kommt Luis Miguel Ariza an die Leistung des Deutschen nicht ganz heran. Manchmal etwas sperrig, aber durchaus lesbar. Kein unbedingtes Muss, aber auch kein Totalausfall und wer sich die bisher genannten Autoren auf den Einkaufszettel geschrieben hat, sollte Ariza ruhig dazunehmen, da er in diesem Genre vielleicht bald ein gewichtiges Wort mitreden kann. Rund 650 Seiten.

Jerry Garcia



Sean Creed. London. In einem Hotelzimmer des Ritz erwacht der ehemalige CIA-Agent Danny Shanklin - in der Hand ein Sturmgewehr, neben ihm die Leiche eines Mannes, den er noch nie zuvor gesehen hat. Noch völlig benommen stolpert er auf den Balkon und sieht das Unfassbare: Auf dem Platz vor dem Ritz liegen überall Leichen. Eine Limousine brennt, schreiende Menschen laufen ziellos umher. Sämtliche Einsatzkräfte der Londoner Polizei sind auf der Straße. Scharfschützen beziehen Stellung. Inmitten dieses Chaos sieht Danny plötzlich drei Menschen, die ganz ruhig wirken. Eine der Personen hält einen großen Gegenstand in der Hand und Danny begreift: Dieser Gegenstand ist eine Fernsehkamera und die ist genau auf ihn gerichtet.


Als seine Familie von einem irren Serienkiller, der immer noch frei rumläuft, mit Ausnahme der Tochter bei einem Urlaub in den Bergen getötet wurde, schmeißt Danny den Job bei der CIA und verdingt sich freiberuflich. Seinen Kontaktmann bekommt er nie zu sehen, Aufträge werden nur virtuell in einem Online-Spiel erteilt. Während Danny sich auf seinem Hausboot mit seiner Gelegenheitsfreundin vergnügt, wird ein russischer Diplomat von einer feschen Tussi in die berühmte Honigfalle gelockt und von seinen Häschern dann für deren Zwecke benutzt. Und Danny tappt bei seinem neuen Auftrag auch in einen Hinterhalt und wird mit einer Injektion betäubt. Danach findet er sich im Hotelzimmer wieder, das auf dem Klappentext Erwähnung findet. Schnell begreift er, dass er sich aus dem Hotel absetzten muss, da man sicher ihm die Schuld für diesen verheerenden Anschlag geben wird. Nun beginnt eine atemlose Hetzjagd quer durch London, an der sich nicht nur die Sicherheitsbehörden sondern auch die Gangster beteiligen, da Dannys Flucht so nicht in ihrem Programmheft stand. Und Danny versucht natürlich, nicht nur seine Haut zu retten, sondern auch die Hintergründe der Sache aufzudecken. Und schleppt dabei seine Tochter mit sich rum, die er in dem Internat, in dem sie unterbracht ist, aus offensichtlichen Gründen nicht zurücklassen konnte.


Das werbeträchtige Lob von Jeffrey Deaver, dass es von der ersten bis zur letzten Seite nur um Tempo geht, ist so nicht ganz stimmig, da doch rund 100 Seiten dazu benötigt werden, den Plan in die Tat umzusetzen - dann aber geht die wilde Hatz richtig los. Und London bzw. die britische Regierung als Hauptstadt der Paranoia und Überwachungskameras bekommt auch ihr Fett weg, da nimmt Creed (eigentlich Emlyn Rees, Sean Creed ist nur für den deutschen Markt gewählt) kein Blatt vor den Mund. Rasant, spannend, bei den Charakteren leider etwas unausgegoren und seicht, geht die Jagd ungemein schnell voran, unterbrochen nur durch gelegentliche Rückblenden zum Tod seiner Frau und des Sohnes, die sein Verhältnis zu seiner Tochter erklären sollen und leider manchmal an den völlig falschen Stellen eingbaut sind. Mitten in einer Jagd durch ein Einkaufszentrum, wo er sich in höchstem Tempo durch die Massen schlängelt, denkt Danny plötzlich an die Vergangenheit - eher unwahrscheinlich. In einem ruhigen Moment ja, aber nicht mitten in einer Flucht, die Verfolger auf Sichtweite hinter ihm. Als Leser ist man dem Protagonisten bezüglich der Hintergründe zumindest teilweise etwas voraus, aber wer ihn in die Falle gelockt hat, warum man gerade ihn ausschalten will und welchen nutzen wer dann aus dem Attentat zu ziehen gedenkt, bleibt lange im Dunkeln, was der Spannung natürlich nicht abträglich ist. Tiefsinnig ist das Buch jetzt nicht gerade und die Wendungen sind auch nicht die großen Überraschungen, die schnelle Wandlung der Tochter von der ihren Vater verachtenden Göre zur vertrauensseligen Familienagehörigen geht viel zu schnell vonstatten. Für längere Auseinandersetzungen blieb wohl auch keine Zeit, wollte der Autor nicht den Fluss des Buches abschwächen, der wirklich nur auf die Rasanz abzuzielen scheint. Fetziges Tempo hat das Buch also, nur wirklich abwechslungsreich ist es durch die dauernde Jagd nicht und bis auf das Attentat und eine Foltersequenz bietet es auch keine sonderlichen Härten, die zwar nicht unbedingt vonnöten sind, aber der Held der Geschichte vermeidet zunehmend jede tödliche Auseinandersetzung, was bei den Polizisten durchaus verständlich ist, aber bei den Gegnern eher weniger. Insgesamt also seichte, schnelle Unterhaltung, die nicht enttäuscht und "Gehetzt" hält, was der Klappentext verspricht, wenn man nicht eine komplexe Story erwartet hat und die mit Sicherheit eine Fortsetzung erfahren darf, da einige Fäden noch nicht verknüpft sind. 416 Seiten.

Jerry Garcia



Patrick Lee. Ein unscheinbares Gerät mit ungeheurer Macht. Es stellt eine Schleuse in die Zukunft her. Forscherin Paige Campbell wagt als Erste den Blick ins Morgen. Und sieht nichts als eine tote Einöde. Ruinenstädte und Knochenberge. Offenbar steht das Ende der Menschheit schon in wenigen Wochen bevor. Es sei denn, Paige und ihr Partner Travis Chase finden heraus, welche Kräfte unsere Zivilisation zu zerstören drohen. Die beiden müssen den Sprung wagen, sie müssen in die Zukunft. Auch auf die Gefahr hin, nicht mehr zurückzukehren.

Zwei Jahre sind seit "Die Pforte" ("The Breach") vergangen. Ein neuer Präsident ist am Ruder und lenkt die Geschicke der USA. Und Travis Chase hat sich nach der Eröffnung gegen Ende des ersten Abenteuers von der Bordert Town zurückgezogen, sich von Paige Campbell eine neue Identität verpassen lassen und lebt ruhig und unerkannt in Atlanta. Paige hingegen ist noch voll in ihrem Element und mit einer neuen Entität beim Präsidenten vorstellig geworden. Auf dem Rückweg von der Vorführung wird ihr Team und die Wagenkolonne aus dem Hinterhalt überfallen. Nur Paige überlebt, wird aber zusammen mit der Entität entführt. Zuvor kann sie gerade noch eine Nachricht an eine Kollegin abschicken, die wiederum Travis um Hilfe bittet. So wird er wieder für Border Town aktiv. Mithilfe der Entität - einem Portal in die Zukunft - können sie Paige befreien und stoßen auf ihren neuen Gegner Finn. Dazu das Programm UMBRA, in das anscheinend auch der aktuelle Präsident eingeweiht ist. 70 Jahre in der Zukunft ist die USA entvölkert, Ex-Präsident Garner ermordet, das gesamte Land eine Einöde. Sie machen es sich zum Ziel, die Ereignisse zu verhindern, doch in Finn haben sie einen unerbittlichen Gegner gefunden.

Um "Dystopia" ("Ghost Country") wären Vorkenntnisse aus "Die Pforte" zwar durchaus nützlich, aber nicht zwingend erforderlich. Man kann es auch als eigenständiges Buch lesen. Glücklicherweise macht sich auch die Vergangenheit des Autors als Drehbuchschreiber bemerkbar. Kein langes Schwadronieren in unwichtigen Nebensächlickeiten, sondern direkt auf den Punkt gebrachte Handlung ohne Fissimatenten. Sprachlich vielleicht nicht die Oberliga, aber dafür leicht konsumierbar und trotz der Sci-Fi-Elemente bezüglich der Zeitreisenthematik gut verständlich, wenn auch hin und wieder mit Logiklöchern. Rafinesse sucht man hier zwar vergeblich, dafür sind seine Figuren nicht immer so eindimensional, wie man es aus ähnlichen Werken gewohnt sein mag. Besonders der Gegner Finn hat eine durchaus hehre Motivation. Nur den Weg, den er wählt, kann man als falsch bezeichnen. Tolle (Endzeit-)Action (obwohl nicht ganz so massiv wie im Vorgänger) mit einem hohen Spannung-Level trotz eines leichten Hängers im Mittelteil machen auch "Dystopia" wieder zu einem guten Page Turner aus der Feder von Patrick Lee. Teil 3 um unsere womöglich äußerst düstere Zukunft kann also gerne kommen. 417 Seiten.

Jerry Garcia



C.M.Taylor. NIE MEHR ZWEITE LIGA. Seine Welt ist der Profifußball: wo man sich über Marken definiert, die Bewunderung grenzenlos ist und es nichts - und niemanden - gibt, den man nicht für Geld kaufen kann. Bis zur letzten Saison hatte Kev King den Premiership-Status, der seinem extremen Livestyle angemessen war. Doch jetzt ist King verletzt und wird in eine untere Liga abgeschoben. Er wird zunehmend paranoid, verliert die Kontrolle über sein Leben. Und er wird wütend, furchtbar wütend. Auf seinem Weg an die Spitze hinterlässt er eine Spur der Verwüstung.


Mit dem Verein aus der Premier League abgestiegen, verletzt, gefrustet und von einem Paparazzo zwischen den Beinen der Frau des Teamkapitäns abgelichtet. Interessiert Kev nur am rande. wichtiger ist, wie hoch die Summe ist, für die er dem Bilderwicht die Fotos abkaufen kann. Und 20.000 Pfund sind lächerlich. Kev ist beleidigt. Das ist seinem Bekanntheitsgrad völlig unangemessen. Sein Ziel Titelseite erreicht er aber. Und bekommt vom Kapitän ordentlich die Fresse poliert. Und sein Trainer schmeißt ihn raus. Dazu zickt noch die Vorzeige-Gattin Sas, Model und Dschungelcamp-Teilnehmerin mit neuer Oberweite, weil er die Aktion hinsichtlich der Karriereplanung und Medienpräsenz der beiden nicht mit ihr abgesprochen hat. doch er wird wieder unter Vertrag genommen. Zwar nur als Ergänzungsspieler und Ersatz für den Ersatz im Mittelfeld, doch es ist die Premier League. Kev ist wieder auf dem Weg nach oben, belügt mal kurz seinen Manager, der von dem Deal nichts weiß, über sein Wochengehalt, das für Kevs Verhältnisse mit 63.000 Pfund eh nur ein Taschengeld ist. Und er sieht sich als Diener im Sinne der Verbraucherrechte. Mit dieser Begründung vor sich selbst, tötet er seinen ehemaligen Trainer, einen Kundenberater und wer ihm sonst noch im falschen Moment über den Weg läuft. Und er spielt Fußball. Von Mal zu Mal besser. Kommt wieder in die Stammelf. Spielt um Titel mit. Hat aber mittlerweile keine Freunde mehr, die Polizei auf den Fersen, seinen Ex.Manager als Erpresser am Hacken und einen Schreiberling, der Nutzen aus den Fußballmorden ziehen will. Wie soll er dem nur entkommen und dabei seinen Livestyle wahren?


Angesiedelt im Bereich des britischen Profifußballs mit seinen vielen Legionären aus dem Ausland und den Großverdienern durch ausländische Clubbesitzer im Milliardärsstatus, die mit ihrem Geld nur so um sich werfen und ihr Hobby und ihre Gladiatoren finanzieren, um sich mit Titeln schmücken zu können, werden auch am Rande reale Spieler wie M. Ballack oder C. Ronaldo sowie Lampard oder Gerrard und Vereine wie Tottenham oder Arsenal und in der Champions League der FC Bayern München erwähnt, doch die Hauptfiguren sind fiktiv, der Verein, bei dem Kev anheuert, wird namentlich nie genannt. Der Fokus des Autors richtet sich auf die fiktive Figur des Kevin King, der sich ausgestattet sieht mit etlichen "Eigenschaften" von Spielern, die man kennt. Narzisstisch, arrogant bis zum Erbrechen (da fällt mir ein realer Spieler zu ein), mediengeil, sich nur über Äußerlichkeiten und Statussymbole definierend, bildungstechnisch auf unterem Niveau und ein Popstar der Fußballkultur. Er braucht die Anbetung der Massen, die er im Grunde als proletenhafte Habenichtse verachtet. Wirkliche Freunde gibt es für ihn nicht, es ist immer eine Kosten-Nutzen-Rechnung. Ein eitler Fatzke und Kotzbrocken, der sich ständig ungerecht behandelt fühlt, leicht ausrastet und dann mal eben einen tötet, von dem er glaubt, dass er ihn übervorteilt hätte oder der ihn nicht perfekt bedient hat (falscher Kaffee serviert, vermeintlich unfähiger Kundenberater). Eine völlig überzogene psychotische Figur in einem vielleicht gar nicht so überzogenen Portät des heutigen Fußballgeschäfts und seinen konsumhörigen Zöglingen, die glauben, ihr Promi-Status sei wohlverdient und gebe ihnen jedes Recht, zu tun, was sie wollen. Besonders den Markenwahn stellt Taylor in den Vordergrund, was dazu führt, dass man als Leser seitenweise mit Aufzählungen von Prestigeprodukten konfrontiert wird (die vielleicht auch dem Autoren ein paar ExtraPfund für Produkt Placement eingebracht haben könnten). Leider kann man das von einer Handlung nicht sagen. Während mit den Produkten gewuchert wird, ist die Handlung eher minimalistisch, der Schreibstill alles andere als filigran. Und einen wirklichen Spannungsbogen hat Taylor nun auch nicht aufgebaut. Livestyle, Prestige, Komfort, ein bisserl Fußball mit dem FCBayern, der das Champions League Endspiel natürlich mit 1:2 verliert - gegen einen britischen - Kevs - Club und ein paar Morden und ob Kevs Oma die Sache überlebt, ist nicht so ganz klar - vermutlich eher nicht. Eigentlich nur eine Aufzählung, statt einer amüsanten Satire oder einer wirklichen Geschichte. Mir als bildungsfähigem Minderbegabten hat das Buch anfangs Spaß gemacht, doch mit Fortschreiten der (fast hätte ich geschrieben Handlung) Seitenzahl wird die Sache einfach nur noch langweilig und dröge. Zudem klingt es, als hätte man versucht, "American Psycho" aufs Fußballgeschäft oder den Promikult allgemein zu übertragen. Stellenweise aberwitzig, wie die Reichen nicht wissen, wohin mit hrem vielen Geld, aber letztendlich würde ich das Buch nicht gerade als Empfehlung weitergeben. 430 Seiten.

Jerry Garcia



Oliver Harris. Im reichsten Stadtteil Londons wird ein russischer Oligarch vermisst. Detective Nick Belsey, hoch verschuldet und mit einem Disziplinarverfahren am Hals, wittert die Chance, sich mithilfe der Identität des Vermissten abzusetzen. als er bemerkt, dass er nicht der einzige ist, der diese Idee hatte, steckt er bereits mittendrin in einer Spirale aus Lügen, Korruption und Finanzbetrug.


Belsey wacht eines Morgens irgendwo im Park in den Hecken auf. Ihm fehlt jede Erinnerung an den vorigen Abend. Erst nach und nach dämmert ihm, dass er nach einer durchzechten Nacht im Vollsuff einen Streifenwagen geklaut und anschließend demoliert hat, um danach zwischen den Hecken auf dem Boden zu pennen. Wie er sich eingestehen muss, ist er nicht gerade auf der Siegerstraße. Hochverschuldet, das Haus verloren. Quasi obdachlos. Wie er sich da wieder rauslavieren will, ist ihm ein Rätsel. Da kommt ihm der Vermisstenfall Alexi Devereux gerade recht. Der Oligarch hatte allein gelebt und so nistet sich Berlsey kurzerhand in dessen feudalem Stadthaus ein. Und wenn er das schon übernommen hat, denkt er sich, dass er doch gleich dessen Identität vollständig übernehmen könnte, die Konten abräumen und raus aus London und England. Problem: im Haus sind keine Papiere mehr, keine Kontendaten, Ausweise oder sonstige Unterlagen. Also beginnt er zu ermitteln und gerät in einen verzwickten Fall. Doch bei seinen Nachforschuingen fällt ihm auf, dass da schon eine weitere Person zugange ist. Und er hat ja auch noch sein Disziplinarverfahren wegen des Wagens und einiger anderer Vorfälle am Hals. Nicht genug damit, kommt ihm ein Mordfall dazu, dessen Täter ihm bekannt ist und der der Sohn eines ihm gut bekannten Kleinkriminellen ist, dessen Hilfe er braucht. Scotland Yard ist auch nicht fern, eine Reporterin hat sich an seine bzw. Devereux' Hacken geheftet, die einer Spur zu Finanzmanipulationen in der Stadtkasse folgt. Irgendein großes Geschäft ist im Gange, das alles andere als legal ist. Involviert scheinen die Stadtoberen, Polizisten, Security-Firmen und reiche Ausländer aus China, Russland, Saudi-Arabien und Kroatien. Als dann auch noch ein Mädchen aus dem Hinterhalt erschossen wird, das ihm irgendwie bekannt vorkommt, kann er nicht mehr einfach so davonlaufen. Das will er aufklären, bevor er verschwindet. Besonders, da er glaubt, dass sie irgendwie mit dem Fall zu tun hat. Während er versucht Geld aufzutreiben, um sich neue Papiere zu beschaffen, entwickelt sich die Szenerie immer geheimnisvoller. Immer mehr Parteien tauchen auf und jagen plötzlich ihn.


Nick Belsey ist nicht gerade der Vorzeigepolizist der Stadt, von einem vorbildlichen Charakter weit entfernt. Die Arbeitsauffassung war anscheinend schon immer lasch, Beziehungen zur Londoner Unterwelt seit jeher vorhanden. Eine Hand wäscht die andere. Er lässt sich treiben, spielt, säuft und mogelt sich durch den Tag. So folgt man ihm als Leser auf den ersten ca. 150 Seiten, wie er versucht, mit allen Mitteln - die wenigsten legal - seinem Dilemma zu entfliehen. Dann nimmt die Handlung unvermittelt an Fahrt auf, wird nicht nur durch den einen oder anderen Mord temporeicher und mit etwas Action dargestellt, sondern auch verzwickter, weil sämtlichen handelnden Personen hinter dem Oligarch her und allesamt keine Vorzeigebürger sind, obwohl viele von ihnen entsprechende Positionen innehaben. Kaltschnäuzig umgeht Nick sämtliche Regeln, arbeitet nach dem Mord an dem Mädchen eher zweckgebunden wieder in seinem Beruf und verlässt sich auf die Trägheit des Polizeiapparates, dass die ihm nicht auf die Schliche kommen. Moral ist seine Stärke sicher nicht. Herausgekommen ist ein komplexer Thriller mit einigen ruhigen Momenten, einem eigentlich abstoßenden Protagonisten, durchgehend spannend und sollte es eine Fortsetzung geben, würde ich mir diese sicher zulegen. Originell war dieses Debüt auf jeden Fall. Stilistisch leicht zu verdauende Kost, ohne allzu billig zu wirken und den Leser wie den "Helden" lange im Dunkeln lassend. Das macht einen guten Thriller doch aus - dass man nicht schon nach 50 Seiten weiß, wer der Täter ist, wer wann welchen Love Interest abkriegt. Genau das hat Oliver Harris vorzüglich hinbekommen. 480 Seiten.

Jerry Garcia



Jeff Abbott. Sam Capra ist ein brillanter Geheimagent, liebender Ehemann und werdender Vater - der von einem Augenblick auf den nächsten alles verliert. Ein Bombenattentat vernichtet die CIA-Zentrale in london, und eine scheinbar übermächtige Geheimorganisation entführt seine Frau, stellt ihn als den Schuldigen hin und zwingt ihn zur Flucht. Wenn Capra überleben will, muss er seinen Verfolgern stets einen Schritt voraus sein.

Alles beginnt mit einem Einblick in die Freizeitbeschäftigung von Sam - dem Parkour-Lauf. Danach verabschiedet er sich von seiner schwangeren Ehefrau und fährt zur Arbeit in die Londoner Zentrale der CIA. Mitten in einer Präsentation zu dem Geldfluss von Terroristen und eines ihrer Finanzgenies, dem Geldzar, erhält er einen Anruf seiner Gattin, die ihn beschwört, das Gebäude schnellstens zu verlassen. Nach einigem Zögern gibt er ihrem Drängen nach und entkommt so der veheerenden Explosion, die das Gebäude und seine Kollegen vernichtet. Seine Frau sieht er als Gefangene in einem Wagen auf dem Beifahrersitz, bedroht von dem Mann am Steuer. Er versucht sie zu verfolgen, nutzt dabei seine Parkour-Erfahrungen, kann aber das Entkommen nicht verhindern. Stattdessen wird er von den eigenen Leuten festgesetzt und verhört. Man bringt ihn sogar im gewohnten amerikanischen Stil von Gerechtigkeit, Menschenrechten und Demokratie ins Ausland, um dort die auf eigenem Staatsgebiet untersagten Methoden des hochnotpeinlichen Verhörs anzuwenden; von Waterboarding bis zu Schlägen und Stromstößen und Dauerbeschallung mit Schlafentzug ist alles dabei. Doch irgendwann lässt man ihn frei. Bedingung: Er bleibt zwar auf der Lohnliste, wird aber nicht mehr im Dienst eingesetzt, bekommt dafür einen regulären Job als Barmann zu Hause in den USA, wo sie ihn ständig im Auge behalten können. Natürlich ist das alles nicht in seinen Plänen vorgesehen und er setzt sich mithilfe seiner alten Kontakte und gefälschten Papieren Richtung Europa ab. Auf dem Containerschiff, auf das er sich zur Flucht geschmuggelt hat, wird er aber entdeckt. Doch wider erwarten nicht von seinen ehemaligen Kollegen. Es ist Mila, die für eine ultrageheime Organisation arbeitet und ihm ihre Hilfe anbietet, ohne ihn einzuweihen. Sie gelangen nach Holland, wo Sam nach und nach auf die Spur der Entführer kommt. Die entpuppen sich nicht nur als Waffenschmuggler, sondern auch als Mädchenhändler. Und testen eine neuartige Waffe auch sogleich auf dem Bahnhof von Amsterdam. In größter Sorge um seine Frau, versucht sich Sam dort einzuschleusen. Er stößt auf eine weitere Organisation, die sich Novem Soles nennt und anscheinend umstürzlerische Pläne hat und deren Spur wieder nach London führt.



Auf einen ruhigen und friedfertigen Start folgt zügig die Action, wobei ich sagen muss, dass mir ein Parkourlauf in Schriftform längst nicht so spektakulär erscheint, wie ihn in Filmen a la Getto Gangz von David Belle visuell dargebracht zu sehen. So entwickelt sich ein schneller, rasanter und auch spannender Thriller, in dem der Protagonist auch nach und nach das Töten lernt und sich überraschend schnell damit abfindet, dass es notwendig ist, wenn man sich vor Augen hält, dass er zu Beginn eher einer dieser Power Point-Päsentatoren war. Lange hält er sich denn auch mit Gewissensbissen nicht auf. Zudem hat er ja noch die Suche nach Frau und Kind als Motivation im Hintergrund. So wächst der ehemals friedliebende Familienmensch in den haarsträubendsten Situationen immer mehr über sich hinaus und zeigt so einigen Gegnern völlig unerwartet, was ne Harke ist. Die Story hält einige Wendungen und Überraschungen bereit, ist eher actionlastig, denn ausgeklügelt und glaubwürdig. Macht aber gar nix. Bis auf einzelne Sequenzen mit Sam werden die Figuren nicht groß charakterisiert, dienen teilweise nur als Staffage und der Story, aber das kann ja noch kommen, denn das Buch ist eindeutig auf eine Fortsetzung ausgerichtet (Die mit "The last minute" auch schon fertig ist und wohl nächstes Jahr auf den deutschen Markt kommen wird.), nicht alle Fragen werden beantwortet. Wie schon "Run!" oder "Vertrau mir" wieder ein starker Actionthriller von Jeff Abbott. 525 Seiten.

Jerry Garcia



Scott Turow. Der Richter sitzt stundenlang am Ende eines Bettes, in dem eine tote Frau liegt. Seine Frau. Erst am nächsten Morgen ruft er die Polizei. Er wird des Mordes angeklagt werden. Alles wird gegen ihn sprechen. Er wird beweisen müssen, dass er unschuldig ist. Vor zwanzig Jahren hatte Rusty Sabich eine Affäre mit einer Kollegin, die brutal ermordet wurde. Sein Widersacher in der Staatsanwaltschaft, Tommy Molto, hatte unnachgiebig versucht, Rustys Schuld zu beweisen. Diesmal will Tommy Molto zu Ende bringen, was er damals begann.

Vor rund zwanzig Jahren kriselte es in der Ehe vom serbischstämmigen Rusty Sabich, als er sich auf die Affäre mit einer Kollegin einließ. Doch das war damals nicht das einzige Problem. Der Tod seiner Geliebten hätte Rusty um ein Haar in den Knast gebracht. Seine Frau hielt zu ihm, sie überstanden die Krise und verurteilt wurde er auch nicht. Er arbeitete weiter in seinem Beruf, der alte Ruf war wieder hergestellt und alles nahm seinen geregelten Lauf. Könnte alles so schön sein, würde seine Gattin Barbara nicht tot im Ehebett aufgefunden. Erste Verdachtsmomente weisen darauf hin, dass Medikamente im Spiel waren. Und schon steht Tommy Molto bzw. sein Scherge Jimmy Brand, der nach einer steilen Karriere giert, auf der Matte, Verlierer in der vorangegangenen Auseinandersetzung um den Tod der Geliebten. Diesmal soll es besser laufen und gleichzeitig der Eindruck vermieden werden, dass Molto nur auf Wiedergutmachung seines verlorenen Prozesses aus ist und nun versucht, die niederlage von vor 20 Jahren jetzt mit allen Mitteln ausmerzen zu wollen. Doch auch Richter Sabich hat wohl nichts aus den Ereignissen von damals gelernt. Molto und sein Team finden heraus, dass sich Sabich mit einer ehemaligen Untergebenen trifft. Da wäre denn schon mal ein Motiv für den Mord. Jetzt kann er die Angelegenheit vor gericht bringen und einen aufsehenerregenden Prozess anstrengen, dessen penible Vorbereitung Monate braucht, um eine unanfechtbare Verurteilung zu erreichen. Natürlich ist auch Sabich nicht untätig und geht seinerseits in die Offensive, um das Schlimmste zu vermeiden. Doch er ahnt nicht, was wirklich auf ihn zukommen wird.

Viele Cineasten werden sich sicher noch an den sehr gelungenen Kinohit "Aus Mangel an Beweisen" mit Harrison Ford in der Hauptrolle erinnern. Nun liegt mit dem Justizthriller "Der letzte Beweis" nicht nur das neueste Werk von Scott Turow vor, sondern auch die Fortsetzung seines damaligen Erstlings und verfilmten Bestsellers. Turow beweist damit auch, dass es sich lohnt (auch für den Leser), sich beim Verfassen eines Buches Zeit zu lassen und dabei die Qualität des Romans hochzuhalten, anstatt auf jährliche Outputs für den Massenmarkt in leicht verständlicher Sprache und wenig komplexer Handlung zu setzen, um das eigene Konto aufzustocken und vielleicht noch Hollywood anzulocken, das ja unerklärlicher Weise gerade auf solche Werke reagiert wie ein Hai auf Blut. Uninspiriert, handlungsarm, nur durch den schnellen Dollar motivierte Machwerke im Boulevardstil. So erreicht man zwar hohe Verkaufszahlen, aber keine guten Storys. Glücklicherweise ist das nicht die Arbeitsweise von Scott Turow, was ihn von anderen Autoren in diesem Genre wohltuend unterscheidet. Er bietet dem Käufer einen vielschichtigen und hochspannenden Fall, den er in jahrelanger Vorbereitung qualitativ hochwertig und ausgiebig recherchiert hat. Es hat wohl schon seinen Grund, warum er seit seinem Debüt 1987 erst acht Romane verfasst hat und das ist sicher nicht der Mangel an Käuferschichten. Auch in "Der letzte Beweis" werden die Figuren tiefgründig (und ich für meinen Teil muss sagen, dass mir die Hauptfigur mal so gar nicht sympathisch war, ein Egoist, wie er im Buche steht - und das ist nicht mal alles) präsentiert, ist die Sprache klar und ausdrucksstark, verglichen mit anderen Schreiberlingen schon fast ein literarischer Höhenflug. Erneut setzt Turow zu einem Blick auf das amerikansiche Justizsystem an, der zeigt, dass es bei den ganzen Strategien, Verwicklungen und Machtspielchen nicht immer einfach ist, den wirklich Schuldigen zu bestrafen. Zudem werden Verhandlungen nur nach dem Motiv des Sieges geführt. Die Verteidiger sind nicht im Geringsten an Schuld oder unschuld ihres Mandanten interessiert, sie wollen ihn nur aus dem Knast heraus halten. Aber auch die Staatsanwaltschaft, die eigentlich dazu da sein sollte, dass die Gerechtigkeit siegt, denkt nur an das Gewinnen des Prozesses, nicht an ihren eigentlichen Auftrag. Geht ein Unschuldiger in den Knast - egal, Hauptsache wieder eine Kerbe auf der Siegerliste. Da wird durch die Anwälte vor Gericht geschauspielert, getrickst, Geschworene mehr oder weniger subtil beeinflusst, nur um den Prozess zu gewinnen und natürlich ist es immer noch so, dass Angeklagte mit einem guten Ruf, einer entsprechen geschätzten Profession oder genügend Geld anders behandelt werden, als ein armer Schlucker. Wirkliche Gerechtigkeit geht anders und das prangert Turow hier auch deutlich an. Die Geschichte um Rusty Sabich dient dazu nur als Aufhänger - aber als ein äußerst spannender und gelungener. Für Freunde von Gerichtsthrillern eine klare Empfehlung und und große Vorkenntnisse aus dem Debüt "Aus Mangel an Beweisen" sind auch nicht nötig. 576 Seiten.

Jerry Garcia



Jeffery Deaver. Während eines Abendessens mit einer schönen Frau erhält Bond eine alarmierende Nachricht: Ein verheerender Anschlag wurde angekündigt. Britische Sicherheitsinteressen sind massiv gefährdet, und man rechnet mit Tausenden von Todesopfern. Allein James Bond kann die bevorstehende Katastrophe jetzt noch abwenden. Doch nur, wenn seine Vorgesetzten ihm eine Carte Blanche erteilen - und 007 damit an keine Regel mehr gebunden ist.

Der Einsatz führt Bond direkt nach Serbien, wo auf ein Treffen zwischen den vermeintlihcen Übeltätern in der an ihn überbrachten Nachricht hingewiesen wird. Doch es ist nicht nur ein schlichtes Treffen, sie wollen auch einen Zug mit einer gefährlichen Ladung entgleisen lassen. Bond kann das Unglück noch einigermaßen abwenden, aber der Rädeslführer - ein Ire - kann entkommen und hat dabei Bonds zwei serbischen Unterstützer, den Lokführer und auch seine eigenen Leute eliminiert. Da die Serben Bond die Schuld geben, muss er zügig aus dem Land evakuiert werden. Der Balkan war keine Reise wert. In London soll er sich auf die Fährte des Iren und eines Kompagnons mit dem Codenamen NOAH machen, da man die serbische Aktion nur für einen Probelauf für einen weitaus größeren Anschlag hält. Schwierige Aufgabe, da Bond sich im Inland an die Gesetze halten muss und seine Befugnisse begrenzt sind. Zusammenarbeit mit den anderen Diensten des Reiches ist nicht so sein Ding. Er verfolgt eine Spur zu dem Ort March, stößt auf ein altes, ausgemustertes Armeelager und kann bei einem Erkundungsgang gerade noch so einer Sprengung der Anlage entfleuchen. Doch er erhält zumindest Informationen zu Hydt, dem Lumpensammler. Dieser ist ein großes Tier im Recyclinggeschäft. Als Hydt nach Dubai aufbricht, ist ihm Bond auf den Fersen, da er vermutet, dass dort ein weiterer Anschlag vonstatten gehen soll. Er sichert sich die Unterstützung seines CIA-Kumpels Felix Leiter und ist endlich wieder mit der im Ausland nutzbaren Carte Blanche ausgestattet. Doch was als ein tödliches Attentat auf 90 Menschen gedacht war, entpuppt sich als unerwartete Wendung. Weiter geht die Jagd nach Kapstadt, wo Bond Unterstützung bei den örtlichen Behörden erhält, einem nicht gerade gut beleumundeten Kollegen möglichst aus dem Weg geht und dann das Hauptquartier und die Finanziers von Hydt und seinem Planer und Killer Dunne, dem Iren, findet. Jetzt gilt es zu handeln, die Zeit wird knapp, um Projekt Gehenna zu verhindern.

Dies war mein erstes Buch zu James Bond, ansonsten kenne ich nur die bisher gedrehten Filme und kann meine Vergleiche nur an diesen ausrichten. Deaver mischt Zutaten aus dem bekannten Agenten wie M, Moneypenny, Pre-Title-Sequenz, Felix Leiter massenhaft Product Placement und in einigen Momenten echtes Bond-Flair mit einem Reboot der Reihe (ganz nett die Idee, ein Reboot mit dem Thema Recycling zu verknüpfen). Bond ist gerade erst 2 Jahre beim Dienst, man erfährt etwas über sein Vorleben und auch die Eltern, die bei einem Unfall starben. Und genau diesen untersucht Bond in einem zweiten Handlungsstrang so ganz nebenbei zur Haupthandlung. Doch die Carte Blanche nutzt der neue Bond sehr zögerlich. Wo der Filmbond früher draufgehalten hat, verwundet der Frischling trotz sämtlicher Befugnisse die gefährlichsten Gegner bloß, ist mittlerweile von einer schlimmeren political correctness als Daniel Craig. Die Action ist weichgespült, wirkliche Härten, wie sie der Titel eigentlich erwarten ließ, gibt es nicht. Chauvigehabe plus entsprechende Sprüche hat man ihm ebenfalls ausgetrieben. Zudem ist das Buch um geschätzte 100 Seiten zu lang. Nach der Sequenz in Serbien, passiert lange Zeit recht wenig, wird viel mit Dialog gearbeitet und erläutert und erklärt, bis man sich wünscht, es habe doch bitte bald ein Ende. Rasanz hat das keine, leider. Das reißt auch der Showdown vorm endgültigen Showdown nicht raus, bei dem es wenigstens einige Schusswechsel und ein bisserl Feuerwerk gibt. So bleibt eigentlich nur eine solide, unspektakuläre und routinierte Arbeit - eine Auftragsarbeit eben. Aber alles irgendwie doch schon mal gelesen und das auch noch besser - nur eben nicht als Bond verkauft. Da übrigens die Ermittlungen im Falle seiner Eltern zu keinem endgültigen Ergebnis führen, dürfte einer Fortsetzung nichts im Wege stehen. 530 Seiten.

Übrigens kann man die beiden Schlachten aus den Zulukriegen, die im Buch erwähnt werden, auch in Filmen besichtigen: Die Schlacht bei Rorkes Rift wurde unter dem Titel "Zulu" mit Michael Caine verfilmt und jene bei Isandhlwana als "Zulu Dawn" mit Burt Lancaster.

Jerry Garcia



Tom Wood. Fast jeder Mensch kann morden. Aber niemand schafft es unentdeckt davonzukommen. Und das immer wieder. Victor, ein so eiskalter wie brillanter Auftragskiller, ist ein Meister darin. Früher arbeitete er auf eigene Rechnung, doch mittlerweile steht er im dienst der CIA. Nun soll er dabei helfen, die zwei größten internationalen Waffenhändler auszuschalten, um unzählige Leben zu retten. Doch dieser Auftrag erfordert mehr als nur Kaltblütigkeit und eine ruhige Hand. Victor muss mit höchster Raffinesse vorgehen, um sein Ziel zu erreichen - und um seinen Einsatz zu überleben.

Nach einer erfolgreichen Operation in Rumänien, die einige Fragen aufwirft, wird Victor nach Deutschland geschickt. In Hamburg soll er Waffen entgegennehmen, die er für einen Folgeauftrag in Berlin benötigt. Das Treffen mit seinem Waffenlieferant gerät zu einem blutigen Fiasko, dem Victor nur knapp entkommen kann. Glücklicherweise kann er sein Arbeitsmaterial noch in einem abseits stehenden Transporter finden. In Berlin erledigt er seinen Hit in perfekter Manier und wird von seinem Kontaktmann nach Weißrussland geschickt, wo es gilt, den Handlanger eines libanesischen Waffenhändlers zu beseitigen. In der Zwischenzeit puzzeln Roland Procter, der Kontaktmann, dessen Identität Victor bis dahin völlig unbekannt ist, und dessen Partner Peter Clarke in Washington D.C. an einem riskanten Spiel, dessen Ausgang Victor überleben kann - aber nicht zwangsläufig muss. Für den gepressten Arbeitnehmer geht indessen fast alles schief, was in Minsk nur so schiefgehen kann. Kann er eingangs noch die Bodyguards vom Libanesen und dessen weißrussischen Kollegen noch sauber eliminieren, kommen plötzlich noch vier Typen einer weiteren Partei hinzu, mit der niemand gerechnet hat. Auch die überleben die Begegnung mit Victor nicht, doch seine Zielperson entwischt und ein Beobachter der unbekannten Truppe entkommt ebenfalls. Jetzt jagen ihn die Leute der beiden Verbrecher und die Hintermänner von Gruppe drei. Victor setzt sich nach Linz ab, dann weiter nach Bologna. Lässt sich dort neue Papiere beschaffen und meldet sich bei seinem Auftraggeber. Dieser schickt ihn nach Sotschi, wo er den russischen Makler des Todes Kasakov endgültig zur Ruhe betten soll. Nach einiger Zeit akribischer Vorbereitung ist alles fertig, aber kurz vor dem finalen Schuss bemerkt Victor, dass er nicht allein ist und wendet sich gegen seine Beobachter. Drei Mann. Er schaltet zwei aus und befragt den letzten Mann noch, bevor er ihn ebenfalls endgültig erledigt. Von dem erfährt er, dass der Libanese, der Victor entkommen ist, in der Zwischenzeit von den drei Beobachtern ausgeschaltet wurde. Ihm dämmert, dass hier ein Spiel läuft, in das er nicht eingeweiht wurde und dass womöglich er auch eines der Opfer darin sein soll. Ist da Verrat im Spiel? Wer steckt hinter diesem perfiden Plan? Victor ist nun Gejagter und Jäger zugleich.

Der aus "Codename Tesseract" ("The Killer") bekannte Profi-Killer Victor, der seinem selbsterwählten Beruf effizient, kaltblütig und emotionslos nachgeht, dem unbeteiligte opfer, die ihm zufällig in den Weg geraten, wenig bedeuten und der auf seine akribische Arbeit und seine Unabhängigkeit stolz ist, wurde in der Person von Procter zum Dienst für die CIA gepresst. Das geht ihm gewaltig gegen den Strich und er will sich aus den Klauen seiner unfreiwilligen Partner lösen. Aber erst muss er Aufträge für sie erledigen, da sie sonst seine Identität preisgeben. Daraus strickt Tom Wood aka Tom Hinshelwood in seinem zweiten Roman "Zero Option" ("The Contract") einen fulminanten Thriller, der allein auf den ersten 100 Seiten mehr Speed aufzuweisen hat als das Jeffery Deaver-Werk "Carte Blanche" - und auch dem Begriff einer Carte Blanche - wenn auch selbsterteilt sozusagen - näher kommt als im Deaver-Roman Mr. Bond. Hier werden keine Kompromisse gemacht. In einem auf den Punkt gebrachten Stil ist "Zero Option" auf Schnelligkeit und Power ausgelegt, zögert nicht lange rum und verbietet sich ausufernde Beschreibungen von Belanglosigkeiten. Das Buch, das seinen Protagonisten durch Rumänien, Italien, Deutschland, Russland, Bulgarien und weitere internationale Schauplätze hetzt, ist eine geballte Ladung, der Ikonen wie Frederick Forsythe, ehemalige Koryphäen wie Tom Clancy oder der selige, leider schon verstorbene Robert Ludlum ihren Respekt zollen müssten. Mit seinem zweiten Buch hat Tom Wood nicht nur bewiesen, dass sein Erstling "Codename Tesseract'" keine Eintagsfliege war, sondern dass er binnen kürzester Zeit an die Spitze der Thrillerautoren vorgestoßen ist. Er lässt es demnach auch diesmal kräftig krachen und spielt mit zwielichtigen Plänen, undurchsichtigen Charakteren und diversen Wendungen mit der Erwartungshaltung des gespannten Lesers. Ein Action-Thriller in Reinkultur, bisher das Highlight des Jahres. Gehört mit zum Besten, was ich in den letzten Jahren in dem Genre gelesen habe (und wenig war das nicht). Spannungsgeladene Adrenalin-Action vom rumänischen Anfang bis zum bulgarischen Schluss. Für Freunde und Fans der genannten Autoren schon fast Pflichtprogramm, aber auch für Genreliebhaber eine uneingeschränkte Kaufempfehlung. Hier dürfte Hollywood gerne mal von der derzeitigen Remakewelle abweichen und die Rechte nicht nur erwerben, sondern auch zur Verfilmung - bitte R-Rated - nutzen. Buch Nummer drei darf gerne kommen. 510 Seiten.

Jerry Garcia



Nate Southard. Der Überfall auf eine Bank in El Paso läuft völlig aus dem Ruder und so bleibt dem Ganoven Danny Black nur die Flucht in die Wüste von New Mexico - auf dem Rücksitz eine weibliche Geisel, einen schwerverwundetetn Psychopathen und dessen hysterische Freundin. Als sie in den verlassenen Fabrikhallen von Red Sky Manufacturing Schutz suchen, ahnen sie nichts von dem geheimen Leben im Wüstensand um sie herum. Bald umschwirren Armee-Helikopter das Gebäude und eröffnen erbarmungslos das Feuer. Die Soldaten tragen Gasmasken und sie haben es eilig, denn die Sonne sinkt..... und aus den Schatten kriecht das hungrige Grauen hervor.


Danny und seine Kumpane haben eigentlich alles unter Kontrolle und haben ihre Pfründe aus dem Safe der Bank schon eingesackt, bis der Proll Dale einen Kunden umnietet, weil der ihn angeblich schief angeguckt hat. Daraus entwickelt sich ein schieres Gemetzel, dem auch vier Bullen zum Opfer fallen, die zum Tatort geeilt sind. Am Ende lässt die Gruppe ein gutes Dutzend Leichen zurück - inklusive ihres Kollegen Sampson. Sie flüchten mit ihrem bereitstehenden Transporter, verfolgt von zwei Streifenwagen. Wallace, der Fluchtwagenfahrer, drängt beide nacheinander in den Gegenverkehr und hängt sie somit ab. Jetzt ist ein Wagentausch fällig. Dann geht es hinaus in die Wüste nach New Mexico. Dort finden sie Zuflucht in einer verlassenen Fabrikhalle, ohne zu ahnen, dass dort im Dunkeln etwas auf sie lauert. Und Psycho-Braut Gina dreht endgültig am Rad. Sie bedroht ihre Partner und will, dass ihrem Dale sofort geholfen wird und sie ihn operieren. Was ja so einfach ist mitten in der Wüste. Sie ballert wild um sich und verletzt Nelson, Dannys besten Kumpel, bevor sie sich tiefer in die Räumlichkeiten der Fabrikhalle absetzt und ihren schwerverletzten Prollfreund mit sich schleppt. In der Zwischenzeit taucht am Horizont ein Helikopter, der schwerbewaffnete Soldaten transportiert, die Gasmasken tragen und sofort losballern und dabei die Geisel Mel leicht verletzen. Jetzt müssen sich auch Danny und seine restlichen Leute in die Schatten des Gebäudeinneren flüchten, verfolgt von den mittlerweile gelandeten Armeeangehörigen. Und mit der Dunkelheit, die mit untergehender Sonne die Halle durchdringt, werden die ausgehungerten Geschöpfe immer mutiger und trauen sich auf die Jagd nach Fleisch zu gehen. In ihrer Gier nach Nahrung kennen die Kreaturen keine Gnade.


Nate Southard hält sich nicht lange mit seichtem Vorgeplänkel auf und startet sofort mit kräftigen Dosis an blutiger Action. Für die Figurenzeichnung bleibt da wenig Spielraum und der Leser erfährt eher nebenbei, dass Danny eigentlich der ruhige und nicht wirklich gewalttätige Planer ist, der zu den Überfällen erpresst wird und dass sein bester Kumpel Nelson ein verträglicher Typ, der seinem Freund einfach nur beisteht sowie der Fahrer Wallace eben nur ein Spitzen-Driver, doch ansonsten eher unbedarft ist. Für Gina und Dale gilt nur, dass sie völlig durchgedrehte Killer-Psychos sind. Kumpan Nummer sechs namens Sampson ist nicht lange genug dabei, dass er charkterisiert werden könnte. Viel Leerlauf gibt es nicht, bis auf einige Seiten der Fahrt durch die Wüste ist ständig was im Gange, ob nun durch Gegner oder eben untereinander. Größere Dialogparts sucht man hier vergebens, Humor findet man ebensowenig. Southard hat mit seinem minimalistischen, flotten und gradlinigen Stil, bei dem er kein Wort zuviel schreibt, eine gelungene Mischung aus Horror- und Actionthriller kreiert, die den einen oder anderen Filmfan sicher an diverse Werke aus seiner Home Entertainment Sammlung erinnern dürfte. Vielleicht ist "Red Sky" etwas anspruchslos und bietet keine umwälzenden Neuerungen, aber dafür ist es eine äußerst unterhaltsame und blutige Horrorgeschichte. Sie ist brutal - inklusive Folter -, aber keine Splatterorgie. Angereichert mit dem zarten Pflänzchen einer bloß angedeuteten Liebesgeschichte, die aber kaum Raum einnimmt und den Lesefluss und das Tempo nicht mindert. Der Festa-Verlag darf nach diesem gelungenen Erstling gerne weitere Romane von Nate Southard veröffentlichen. 270 Seiten.

Jerry Garcia



David Baldacci. Die verwackelten Bilder eines gefolterten Russen, der seine letzten Worte in die Kamera spricht, versetzen die ganze Welt in Entsetzen. In rasender Geschwindigkeit verbreitet sich das Video über das Internet - und mit ihm die alarmierende Botschaft des Mannes: Er ist Opfer der russischen Regierung, und er ist nicht das einzige. In großem Stil räumt Russland sein eigenes Volk aus dem Weg. Daraufhin spitzen sich die Konflikte zwischen den Großmächten der Welt zu. Ganze Armeen rüsten auf - es droht ein neuer globaler Krieg innie dagewesenen Ausmaßen. Nur Shaw, Agent einer multinationalen Geheimdienstorganisation, soll die Wahrheit hinter den Gräueltaten aufdecken und den Krieg verhindern. Dieser Auftrag kann ihn das Leben kosten - und die Welt retten.

Politiker, Medien, Manipulation, Gier. Danach richtet Baldacci seinen neuen Thriller aus. Wie man mit genug Geld und Einfluss die Massen so manipulieren kann, dass man seinen eigenen Interessen dahinter vollkommen versteckt ausführen kann, indem man einfach seine eigene Wahrheit erfindet und sie unters Volk bringt und am Ende davon profitiert. So wird auch das Video eingesetzt, das den gefolterten Russen zeigtdas dann eine Eigendynamik entwickelt, die ihresgleichen sucht. Mit entsprechendem Unterbau wird die gesamte Welt zu Protesten gegen Russland animiert, werden neue Feindbilder geschaffen, Völker aufeinander gehetzt, um die eigenen - doch recht verworrenen - Ziele zu erreichen. Um dies zu verhindern, muss nun Agent Shaw gegen diesen perfiden Plan antreten. Die dabei auftretenden Widrigkeiten räumt er nicht gerade zimperlich aus dem Weg und muss sich dabei nicht nur den Dämonen seiner Vergangenheit stellen, sondern auch aufpassen, dass er nicht von den eigenen Leuten hintergangen wird, was denn auch gegen Ende zu einem kleinen Aha-Effekt führt.

Nach den Reihen um Oliver Stone und den Camel-Club sowie dem Ermittler-Duo Maxwell/King nun endlich wieder ein Stand-Alone von David Baldacci und sofort ist eine Steigerung gegenüber den vorgenannten zu erkennen. Zwar ist er bei seiner Charakterzeichnung der Hauptfiguren nicht vom Pfad des Üblichen abgewichen und hat eine klare Trennung zwischen Gut und Böse vorgenommen und einige Klischees wie ein Trauma aus der ach so dramatischen Vergangenheit der Helden mit eingebaut oder die große, absolut kräftige Statur des gutaussehenden Protagonisten, gegen den natürlich kein anderer auch nur im geringsten anstinken kann. Hier bleibt doch alles recht banal, wie schon in Tausenden anderer Thriller gelesen. Davon aber abgesehen, hat er in punkto Action noch einige Pfund draufgepackt, stellenweise rüde umgesetzt und tatsächlich kann sich einem der Eindruck aufdrängen, dass Baldacci mit diesem Werk in die Nähe eines Clancy zu dessen guten Zeiten gerückt ist. In die Nähe wohlgemerkt, denn trotz internationaler Verwicklungen, kriegerischen Auseinandersetzungen und amerikanischem Heldenpatriotismus fehlt doch noch einiges bis zu der Ikone des Technothrillers. Es bleibt aber ein starker Spannungsroman mit einer klaren Sprache, klaren Verhältnissen und einer ordentlichen Portion Action. Durchaus beachtenswert. Das Perzeptionsmanagement, das hier angesprochen wird, ist eigentlich die Weiterführung des "Spin Doctors", der für seinen Auftraggeber Fakten zum Positiven hin verdreht, sodass dieser am Ende doch gut dasteht. Aber alles basiert auf Fakten. Das Perzeptionsmanagement erfindet aber einfach die Fakten und verkauft sie dann als Wahrheit. Beispiele gibt es dafür schon (Irak, Massenvernichtungswaffen) und auch Boulevardzeitungen sowie Politiker im Wahlkampf nutzen dies in geringerem Umfang. Einfach mal was behauptet, mit irgendwelchem Gewäsch untermauert und publiziert. Die Masse wird es schon glauben. Und in Zeiten des www ist es ja noch einfacher geworden. Da fragt man sich schon, ob man überhaupt noch etwas glauben soll, das einem so als News verkauft wird. Egal, von wem. 480 Seiten.

Jerry Garcia



Da mir demnächst das dritte Buch von Charles den Tex um seinen Protagonisten Michael Bellicher in die Finger kommt, hier meine Meinung zum ersten, die zum zweiten folgt hinterher.

Charles den Tex: Ein Albtraum für jeden Computerbesitzer: Stellen Sie sich vor, Sie fahren Ihren Rechner herunter und eine kriminelle Organisation hat weiterhin Zugriff auf Ihre gespeicherten Informationen. Und nicht nur auf Ihre, sondern auf die von Millionen anderer Menschen auf dieser Welt. Michael Bellicher arbeitet in Amsterdam in einer international operierenden Beratungsfirma. Alles, wovon er jemals geträumt hat, scheint erreicht. Bis ihn das Wiedersehen mit seinem Bruder völlig aus der Bahn wirft. Zwei Tage erscheint Michael nicht an seinem Arbeitsplatz und erhält prompt die Quittung: die fristlose Kündigung. Um sich noch einmal Zugang zu seinem Büro zu verschaffen, lässt er sich über Nacht im Firmengebäude einschließen - eine fatale Fehlentscheidung. Denn in dieser Nacht wird er Zeuge eines Mordes und gerät selbst unter Verdacht. Michael taucht unter - und versucht währenddessen seine Unschuld zu beweisen, wobei er auf den mysteriösen Mr. Miller stößt.

Als Grundlage für seinen Roman nutzt der Schriftsteller die Diskussion um die Sicherheit des Internet. Da heutzutage jede Information im Netz abgespeichert wird, gibt es augenscheinlich keine wirklichen Geheimnisse mehr. Nachdem Michael Bellicher des nachts in seiner Firma einen Mord beobachtet und trotzdem vom System als einziger Anwesender registriert wurde, gerät er schnell in Tatverdacht. Also ab auf die Flucht und versucht im Alleingang die Unschuld zu beweisen. Eine Website führt in zum "Haus von Mr. Miller". Die Polizei auf den Fersen, von den wahren Schuldigen ständig bedroht, sucht er nach Antworten auf die Fragen, was seine Firma damit zu tun hatte und welche Rolle die ermordete Kollegin in diesem Geflecht gespielt hat. Und so wird der Leser nicht nur mit dem menschlichen Aufwand/Nutzen-Denken in Bezug auf Freundschaften konfrontiert, sondern auch mit der rabiaten Wirtschaftswelt im Bereich der Beratergremien - und davon hat ja mittlerweile jeder Politiker, dessen Regierung, mehr oder weniger nutzlose Prominente oder Fußballer, mehr oder weniger gierige Wirtschaftsboss mindestens einen an der Hand, der ihm sagt, wo es lang geht und wie er das Meiste für sich herausholen kann und natürlich auch für den Berater selbst, der ja nur vermeintlich für seinen Klienten arbeitet, sondern in der Hauptsache selbst verdienen will und bei dieser Aufgabe auf die jeweiligen Geschicke mehr Einfluss nehmen kann, als erwartet oder erhofft. Und er erhält mehr Informationen als eigentlich gewünscht und die Öffentlichkeit je erfährt, wenn er beispielsweise Politikern beibringen muss, wie sie schlechte Nachrichten dem Volk als neue Errungenschaften verkaufen. Die Berater wissen die Wahrheit und der Rest der Welt wird verschaukelt. Und jede Info steht im Netz - und das kann manipuliert werden. Privatsphäre - das war einmal. Datenschutz - wo denn???

Spannend, mit einem ordentlichen Tempo prangert den Tex die Möglichkeiten des Internet und die Machenschaften der Wirtschaft und Politik an. Im Roman kann seine Hauptfigur Michael Bellicher sich noch gegen die Bande behaupten, doch im wahren Leben dürfte das kaum hinzubekommen sein. Oder wie will sich jemand gegen die Online-Durchsuchungen wehren, wenn er gar nichts davon mitbekommt, dass er für eine solche von einem ihm völlig unbekannten Gremium in der politischen oder wirtschaftlichen Grauzone gecastet wurde? Sämtliche Infos oder sein Surfverhalten, seine Interessen, seine Daten und Nachrichten landen in den Speichern unberechtigter Personenkreise, die diese wieder für ihre Zwecke nutzen können. Und es ist ja nicht nur der eigene PC. Überall werden die Daten der Bürger irgendwo im Netz verarbeitet, selbst beim Einkauf - und jeder mit ein bißchen Sachkenntnis kann sie sich besorgen, nutzen oder gar verfälschen. Tun kann man dagegen schon lange nichts mehr, diese Welt hat sich längst verselbständigt. 447 Seiten.

Jerry Garcia



Charles den Tex: Hat irgendjemand eine Ahnung, was hier los ist? Michael Bellicher weiß nicht, wie ihm geschieht: Der junge Amsterdamer Unternehmensberater wird Zeuge eines schweren Autounfalls und ruft die Polizei. Doch die eintreffenden Beamten beschuldigen ihn eines anderen Unfalls mit Todesfolge und nehmen ihn vorläufig fest. Wieder auf freiem Fuß, muss er feststellen, dass er ohne sein Zutun Eigentümer maroder Treibhäuser im niederländischen Gartenbaugebiet geworden ist. Bellichers Existenz wird mehr und mehr fremd bestimmt. Wer stiehlt erst seine Identität und will dann auch noch sein Leben?

Wieder erzählt Michael Bellicher wie schon in "Die Macht des Mr. Miller" seine Geschichte selbst und hat auch einiges damit zu tun, dem Leser zu vermitteln, wie er ein weiteres Mal derart in die Bredouille kommen konnte. Nach dem Unfall auf Kaution entlassen, auch noch als Kreditbetrüger beschuldigt, macht er sich daran, mit Unterstützung seines Partners und seiner übrig gebliebenen Freunde und Familienmitglieder aus seinem früheren unfreiwilligen Abenteuer, hinter die Machenschaften zu kommen, die ihn so in Schwierigkeiten gebracht haben. Ein Mann, der das Internet schon als selbstverständlich und unverzichtbar sowie absolut sicher angesehen hat (hat er keine Lehren aus den Vorgängen in seiner früheren Firma gezogen?), wird durch Datenhandel in eben jenem Netzwerk zu einer völlig anderen, oder besser, einer Unperson, erhält ohne eigenes Zutun den Ruf eines Verbrechers und muss seine Unschuld beweisen, um sein bisheriges Leben - das echte, nicht weltweit vernetzte - wieder zu erhalten.

Das Alles ist äußerst spannend geschildert und der Autor hat einiges an Kritik an den heutigen Methoden der Terrorbekämpfung und den Datenschutzrichtlinien sowie der Gesellschaft allgemein in seinen Thriller einfließen lassen. Hier geht es nicht nur um den Diebstahl einer Identität, sondern auch um illegale Einwanderer und Arbeitgeber, die diese unter unwürdigen Bedingungen schamlos ausnutzen und auf diese Art die Löhne drücken sowie europäische Regierungen, die sich eigentlich nicht anders verhalten als die Amerikaner, die ihren Bürgern die Grundrechte aufgrund von Terrorängsten immer mehr beschneiden. So kann man lesen, dass es auch in unserem Nachbarland eine Art "Holland-Gitmo" gibt und die Methoden sich kaum von denen der großen Macht jenseits des großen Teiches unterscheiden und weil das alles ja gut funktioniert und vor allem auch etliches an Geld damit verbunden ist, freut sich auch die Wirtschaft über die Einschränkungen beim Datenschutz, kann man doch nun bedenkenlos Adressen versilbern, Personal überwachen, Werbemaßnahmen anpassen und vieles mehr. Damit das Ganze nicht zu trocken wird, enthält den Tex' Roman auch einige starke Actionpassagen wie eine Autohatz durch etliche Gewächshäuser, bei der es auch anständig Glasbruch zu bestaunen gibt. Wie das Durcheinander dann aufgelöst wird, sei hier nicht verraten, aber es lässt Zweifel an unseren Politikern noch stärker werden und der freien Wirtschaft traut eh keiner mehr und zu was Regierungen fähig sind - siehe Amerika. Auf jeden Fall liegt hier intelligente, informative Thrillerkost vor, die das Zeug zu einer Verfilmung hätte, wäre da nicht der heutige Massengeschmack für Fast-Food-Kino mit Epilepsieanleihen ohne verquickte Handlungsstränge. Ist für die momentane Filmkunst und deren Kunden vermutlich zu anstrengend. Daher bleibt bloß das Buch - und das ist es wert, gelesen zu werden. Klare Leseempfehlung für Thrillerfans. 446 Seiten.

Jerry Garcia



Tim Curran. Kannibalismus, Mord, Vergewaltigung - wenn die Zivilisation endet, wird die Erde zur blutbesudelten Hölle. Und der Mensch wird weniger Mensch.


In Greenlawn, Indiana, naht das Wochenende an einem Freitag, dem 13. Grillen, faulenzen oder Ausflüge sind das Ziel der Menschen an diesem sonnigen Tag zum Halbgötter zeugen. Doch etws irritiert Louis, aber er verdrängt das Gefühl und fährt kurz zwecks einer Erledigung von zu Hause weg. Unterwegs sieht er zwei kräftige Kerle, die den Zeitungsjungen mit Baseballschlägern zu Matsch verarbeiten. Die Typen hauen fröhlich lachend nach getaner Verrichtung ab. Doch als Louis sich um den zu Brei geschlagenen Burschen kümmern will, greift der ihn tatsächlich trotz schwerster Verletzungen an. Louis wehrt sich und gibt dem Jungen damit unabsichtlich den Rest. Die herbeigerufene Polizei scheint das wenig zu scheren. Im Gegenteil, sie trampeln noch ein bisschen auf der Leiche rum, testen aus, wie labbrig der völlig blutüberströmte und zerschlagene Körper noch ist. Während der entsetzte Louis nun langsam auch vor den Uniformierten ordentlich Bammel kriegt, drehen auch die Schüler der örtlichen Bildungsstätte durch und killen einen Lehrer sowie den Hausmeister auf brutalste Art und Weise. Und kaum zu Hause, steht sein Postbote vor Louis' Tür und fängt auch an zu spinnen. 70 Jahre alt und wird aggressiv, flucht, schmeißt mit der Post seiner Kunden um sich und pisst in die Gegend, bevor er sich verzupft. Im Supermarkt gehen die Kunden aufeinander los und metzeln sich gegenseitig nieder. Die Überlebenden laben sich am Fleisch der Toten und schreiben mit Blut und Exkrementen rituelle Worte und Bilder an die Wände. Nach und nach breitet sich diese Rage über die gesamte Stadt aus. Selbst Kinder werden zu blutrünstigen Bestien. Louis und Macy, eine Schülerin, die ebenfalls bisher verschont blieb, versuchen sich durchzuschlagen, werden dabei immer wieder von verwilderten Kreaturen attackiert, die im Laufe der Stunden tatsächlich auch lernfähig werden und Fallen stellen. Ein Mob aus veränderten Bürgern macht gemeinsam mit einer Meute Hunde die Polizeistation nieder, bevor sich Mensch und Köter gegenseitig an die Kehle gehen - im wahrsten Sinne des Wortes. Indes werden Macy und Louis getrennt. Sie wird von einem neu gebildeten Clan entführt, Louis dagegen zwecks Tötung verfolgt. Er kann zwar der Gruppe entkommen, aber ob er es aus der Stadt schafft?


Zu Beginn, als das Grauen so nach und nach die Stadt übernimmt, musste ich kurz an den Film "Crazies" denken, doch die nächsten Seiten beweisen, dass der Film gegen dieses Buch eher ein Kindermärchen ist. Es entwickeln sich rund 400 Seiten blutigstes Dauergemetzel, ein echtes Schlachtfest. Ohne Mitleid oder Rücksicht auf zarte Gemüter, da wird geköpft, ausgeweidet, gefressen, vergewaltigt - aber auf einem höheren Niveau als es ein Richard Laymon je erreicht hat. Verfilmt wird "Zerfleischt" (der Titel ist Programm) sicher nicht, denn das Werk würde von den Medienwächtern in dieser Form sofort eingezogen. Erinnern wenige Szenen wie die mit dem Postboten noch an King oder Little, wird man auf der nächsten Seite sofort eines besseren belehrt. So hart und deftig haben King oder Little nie gesplattert, wollten sie wohl auch nie. Lange Einleitung ist die Sache von Tim Curran nicht. Kurz die Örtlichkeit beschrieben, die zwei Protagonisten vorgestellt und dann losgelegt, dass das Blut nur so aus den Seiten sprudelt und nicht mehr aufgehört. Die Sprache ist präzise, kommt direkt auf den Punkt, liest sich flüssig und fesselnd. Die Handlung ist dermaßen derb,heftig, blutig, exzessiv und teilweise etwas geschmacklos, dass "Zerfleischt" wirklich nicht jedermanns Sache sein dürfte. Horrorfans mit Sinn für blutige Details und ständiger Action werden dafür umso besser bedient. Die erwartet hier das volle Brett. So sehr, dass die Aufzählung der Gräueltaten schon fast wieder zuviel wird. Und man kann Tim Curran durchaus zugute halten, dass er einen Sinn in der Story versteckt haben könnte. Wie zivilisiert sind wir heute wirklich mit unseren Kriegen um Öl, Territorien, Macht? Oder den Attentaten auf Unschuldige? Den Verbrechen an Kindern? Die Ausbeutung der Schwachen, die Ausgrenzung der Alten und Kranken? Vielleicht nicht so blutrünstig, aber sonst? Man schaue auf lügende und vorteilnehmende Politiker, die nur für sich selbst und ihre Machterhaltung, statt für das Volk arbeiten oder die Wirtschaft, die in ihrem Streben nach Gewinnen rücksichtslos die Arbeitnehmer ausbeutet mit ihren Niedriglöhnen oder Fabriken in rechtlich freundlicheren Gegenden errichtet,. wo die Sicherheitsnormen geringer sind und sich keiner um etwaige Opfer einer Katastrophe schert (siehe Bhopal in Indien). Wer schert sich noch um den Nächsten? So gesehen macht sein Menscheits-Reboot durchaus Sinn, hält der Welt einen brutalen Spiegel vor. 410 Seiten.

Jerry Garcia



Richard Laymon. Eine Nacht in Los Angeles: Eher aus Zufall befreit der ängstliche Neal eine junge Frau aus der Gewalt eines Serienkillers. Zum Dank dafür schenkt sie ihm ein Armband, das magische Kräfte besitzt. Mit seiner Hilfe kann man in die Körper anderer Menschen eindringen - fühlen, was der andere fühlt, spüren, was der andere denkt. Doch was zunächst ein prickelndes Erlebnis zu sein scheint, verwandelt sich für Neal schnell in einen Albtraum.

Neal ist ein wahrer Hasenfuß. Fährt zur Abgabe von Videos extra Umwege, da er hofft, er könnte so irgendwelchen Gangs aus dem Wege gehen oder die Begegnung mit Verbrechern vermeiden. Irgendwie fürchtet er sich nachts vor seinem eigenen Schatten in der Straßenbeleuchtung. Aber ne geladene Knarre im Handschuhfach, der Knülch. Als er mal wieder durch die Walachai fährt, um (eingebildete) Konflikte zu vermeiden, hört er in der Stille um sich herum plötzlich Schreie einer Frau. Und greift sich tatsächlich völlig entgegen seiner sonst feigen Art seine Kanone (obwohl wir bei Laymon sind, ist es diesmal die aus dem Handschuhfach) und eilt zu Hilfe. Auf einem Stück Brachland wird eine an einen Baum gefesselte nackte Lady von einem vermummten bärtigen Kerl bedrängt und misshandelt. Er pumpt vier Kugeln in den Typ und fährt die gerettete Elise dann nach Hause. Die macht ihm einige sehr eindeutige Angebote zur Begleichung ihrer Dankesschuld, doch er lehnt sie ab (und das bei einem Laymon, tsts). Schließlich akzeptiert er ein Armband, das bestimmte Fähigkeiten besitzen soll. Nach der Erklärung, dass man damit in die Körper anderer Menschen eindringen kann, verabschiedet er sich. Er nutzt dann zu Hause das Geschenk, um zu prüfen, ob es wie versprochen funktioniert und testet dann, ob Elise auch wirklich noch unversehrt ist, nachdem er gegangen war. Ist sie nicht. Der Killer hat überlebt und erledigt nun seinen zuvor unterbrochenen Job. Er rast zu ihr hin, findet sie aber nur noch tot vor. Geschockt fährt er wieder zu sich und erzählt seiner Freundin von den Geschehnissen, verschweigt aber vorerst das Armband. Da er bei Elise seine Visitenkarte hinterlassen hat, glaubt er, dass der Killer nun auch hinter ihm her ist und zieht vorübergehend zu Marta. Während die zur Arbeit geht, testet er weiter das Armband, blamiert sich mal ordentlich und entschließt sich dann um der Sicherheit Martas willen, die Wohnung und die Stadt zu verlassen. Auf dem Weg nach Nevada liest er unterwegs die blutjunge Kellnerin Sue auf, die ihn dann auf seiner Reise zu "The Fort" - Casino und Vergnügungspark - begleitet. Und da wird dann gefahren, gelabert und gelabert und gefahren bis man endlich am Ziel ist. Er nutzt dann jede sich bietende Attraktion (hier wieder typisch für Laymon denn auch wirklich jede), bevor er auf die Idee kommt, er könne wieder zu Marta zurückfahren - aber mit Sue im Schlepptau. Entgegen seiner Befürchtungen ist die durchaus nicht sauer wegen seines Anhängsels. Schwesterlich teilen sich die Mädels den Typen. Dann hecken sie einen Plan aus, wie sie den Killer fangen und eine stattliche Summe Geld abgreifen können. Klappt aber nicht wie so schlau ausgedacht.

Nach dem durchaus brauchbaren "In den finsteren Wäldern" vom feinen Festa-Verlag, der auch demnächst mit "Licht aus" einen weiteren Laymon bringt, und dem extrem blutrünstigen "Zerfleischt" von Tim Curran (ebenfalls Festa), nun wieder ein Laymon von Heyne Hard Core. Nach einem durchaus netten Beginn mit einer feinen Idee, leiert sich Laymon gewohnt kreativbefreit durch seine Geschichte. Da wird man nach den vorgenannnten Werken schnell wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Fast völlig unblutig, ohne Drive und Action wird der Leser eingelullt in Gelaber und einige Autorenfeuchtträume, die man getrost auch hätte weglassen können, da sie eher eine Rubbelvorlage für pubertierende Jungspunde sind, denn eine atmosphärische Story. Nach dem Mord an Elise wird es laaaang und laaaangweilig. Über 100 Seiten dauert die Fahrt nach Nevada und bis zur Rückkehr vergehen auch noch einige Orgasmen, ohne dass sonst etwas an der Spannung rührt. Esprit oder frische Ideen vermisst man hier jedenfalls völlig. Und mit feiner Feder geschrieben ist auch was anderes. Der Killer bleibt blass und hat kein Profil, kommt zudem eh nur selten zu Besuch und das Frauenbild ist zwar typisch Richie, aber Alice Schwarzer würde auf die Palme gehen. Eigentlich bleibt die gesamte Grundidee fast ungenutzt - was hätte man daraus alles machen können, statt sie so zu verschwenden. Denn die war wirklich gut, hätte nur einen besseren Autor benötigt. So bleibt ein munterer Beginn und ein halbwegs akzeptabler Schluss und dazwischen viel, viel Leerlauf. Die 750 Seiten hätte man gut und gerne um 500 Seiten kürzen können. Eigentlich entpuppt sich "Der Gast" nur als ein blutleerer Thriller mit Mystery-Touch und wieso er bei Heyne Hard Core aufgelegt wurde, dürfte das Geheimnis des Verlags bleiben. Laues Lüftchen. Schwach. Und im September kommt dann aus dem gleichen Hause "Das Loch" (in das wohl jeder Leser nach dem "Genuss" von "Der Gast" gefallen sein dürfte).


Jerry Garcia



Carsten Stroud. Niveville, eine Kleinstadt im Süden der USA, verschlafen, altmodisch und noch immer fest in den Händen der Gründerdfamilien. Hier lässt es sich leben. Aber irgendetwas läuft schief in Niceville. An einem Sommertag verschwindet der kleine Rainey Teague. Zehn Tage später wird er gefunden - in einer alten Gruft. Er liegt im Koma. Nick Kavanaugh, der Ermittler, steht vor einem Rätsel. Niceville findet keine Ruhe mehr. Merle Zane und Charlie Danziger überfallen eine Bank und machen sich mit zweieinhalb Millionen Dollar aus dem Staub. Nach einer Meinungsverscheidenheit knallen sich beide gegenseitig ab. Beide überleben schwer verletzt. Niceville wird zu einem Ort ohne Gnade. Während eines langen infernalischen Wochenendes überschlagen sich die Ereignisse. Liegt ein Fluch über Niceville? Geht er aus von einem mit schwarzem Wasser gefüllten Loch auf dem Felsen über der Stadt? Man sagt, etwas lebt darin. Doch was?

Niceville ist nicht so idyllisch wie gedacht. Hier sind in den letzten Jahren überdurchschnittlich viele Menschen verschwunden. Diese alarmierenden Zahlen sorgen dafür, dass bei sofort von allen Polizeistellen inklusive FBI in der nächsten größeren Stadt sofort reagiert wird, als die Suche nach dem kleinen Rainey beginnt. Trotzdem ist er nicht aufzufinden. Man verfolgt alle möglichen Spuren, bis der Ermittler Nick Kavanaugh in einem Geschäft die Aufnahmen der Überwachungskamera begutachtet. Er sieht den Burschen vor dem Schaufenster auf dem Gehweg stehen und etwas betrachten - einen alten Spiegel. Anscheinend erschreckt ihn etwas, denn er tritt zurück und verschwindet von einem Schritt auf den anderen. Puff und einfach weg - ohne Spur. Dann wird er zehn Tage später in einer fast hundert Jahre alten Gruft gefunden. Firedhofsarbeiter haben sein Weinen gehört. Er wird aus der vollkommen unberührten Gruft geholt und ins Krankenhaus gebracht und fällt dort ins Koma. Wie kam der Junge in die Gruft, die seit "Einweihung" nicht mehr geöffnet oder angerührt wurde? Sein Vater bleibt einige Stunden bei dem Jungen und fährt dann nach Hause, um sich den Schädel wegzuschießen. Die Mutter hatte schon Tage zuvor ihren Wagen vor dem Loch Crater Sink geparkt, die Schuhe ausgezogen und verschwand anscheinend in den Tiefen des dunklen Wassers. Ein Jahr später ist der Fall immer noch ungelöst, der Bube weiter im Koma. Das Leben geht seinen Gang. Dazu gehört auch ein Banküberfall. Merle Zane und Charlie Danziger jagen mit ihrem Mercury vor der Meute der Verfolger her - bestehend aus vier Polizeiwagen und einem Presseheli. Im Hinterhalt wartet ein Komplize mit schwerem Gewehr. Er holt erst den Pressehubschrauber vom Himmel und erledigt dann nach und nach die vier Verfolger, bevor er zu seinem Wagen geht - dem des County-Sheriffs. Die beiden Bankräuber verstecken sich im Wald, um die Suche abzuwarten und dann erhält Danziger einen Anruf, bevor er beginnt, auf Zane loszuballern. Der schießt zurück und beide verziehen sich schwer verletzt in ihre jeweiligen Verstecke. Später werden weitere Vermisste gemeldet und auch einige Leichen gefunden. Alle haben mit einer myteriösen Clara zu tun, alle haben zu den ehemaligen Gründerfamilien gehört. Wie übrigens auch der kleine Rainey Teague. Und alle haben mit dem seltsamen Spiegel zu tun. Ein jeder wird von einer dunklen Wolke bedrängt und sieht darin schwarze Vögel mit scharfen Schnäbeln. Und die Bankräuber? Haben aus der Bank noch einen Gegenstand mitgehen lassen, der einen Inhaber einer Secvurityfirma auf den Plan ruft, eine Gruppe chinesischer Geschäftsmänner und werden von allen gehetzt. Nach und nach führen zumindest einige Wege zusammen, doch damit ist es nicht genug. Da kommt noch ein Mann namens Bock ins Spiel, der einen Sorgerechtsprozess verloren hat und auf Racxhe sinnt und seine Pläne erst einmal an völlig Unbekannten testet. Auf diese Weise kommt er mit dem Securitymann, dem Sheriff und anderen Beteiligten in Kontakt. War es das? Nein. Denn eine riesige Menge schwarzer Vögel bringt ein Fluzeug zum Absturz und sammelt sich dann auf dem Berg vor dem Wasserloch und beobachtet es.

Niceville ist ein sehr kurzweiliger Auftakt zur Trilogie von Carsten Stroud. Der Beginn liest sich noch wie ein Thriller mit vielen Verdächtigen und einer gewissen Portion Action, bevor das Buch in eine Art Mysterythriller kippt. Eigentlich ist das gesamte Szenario in einer typischen Südstaatenatmosphäre inklusive diverser Klischees angesiedelt, wobei aber der ansonsten meist auch vorhandene Rassismus hier bis dato fehlt. Dafür sind aber die sonstigen Zutaten wie uralte Familientraditionen der früheren Sklavenhalter, Hass auf den Norden wegen des verlorenen Bürgerkriegs und alles beherrschende Gründerfamilien in ihren weitläufigen Domizilen, die nicht alle auf einer Seite stehen. So pendelt die Story temporeich und mit kurzen Kapiteln sehr interessant gestaltet, zwischen heftigen Schusswechseln und unheimlichen Begebenheiten hin und her, verlangt vom Leser einiges an Aufmerksamkeit durch die Vielzahl der Figuren und Schauplätze um Niceville herum. Zwischen Bankräubern und Gespenstern. Die Geschichte wird von Seite zu Seite komplexer und kaum glaubt man, dem Geheimnis auf der Spur zu sein, wirft Stroud neue Fragen auf, gibt es ein weiteres Rätsel. So gelingt es dem Autor aber auch, den Leser bei der Stange zu halten, die Neugier treibt einen (naja, zumindest mich) dazu, immer weiter zu lesen, vollkommen gespannt, was als nächstes kommt. Und das ist nicht wenig. Damit hat man einen vielschichtigen Roman aus den Bereichen Thriller, Mystery und Fantasy in den Händen, der sich mit Outputs von Stephen King (hier - bis jetzt - ganz klar Vorteile vor dessen letztem Buch "Der Anschlag" hat) oder Dean Koontz durchaus messen kann und ein großartiges Puzzle zum Mitraten und der trotz einiger Ballereien ohne übermäßigen Einsatz von blutiger Gewalt und extrem brutalen Szenen auskommt. Langweilige Parts gab es ebenfalls keine. Wer hier noch keine Lösungsansätze findet außer dem mit den alten Familien, sollte sich nicht grämen, dafür sind ja noch die weiteren Teile zuständig, für die auch noch mehr als genug Handlungsstränge offen bleiben, um aufgelöst zu werden. Jedenfalls ist die Saat jetzt ausgebracht, aber geerntet wird erst mit "Niceville - Die Rückkehr" (2013) und "Niceville - Der Aufbruch" (2014), auch wieder aus dem DuMont-Verlag. Und ich kann dem Klappentext nur zustimmen - "Niceville" ist absolut geeignet, zu einer hochinteressanten TV-Serie verarbeitet zu werden, falls die Folgebücher die Qualität des vorliegenden halten können. Da wären Cliffhanger am Ende jeder Folge quasi garantiert. Hat mir also gut gefallen und stellt eine positive Überraschung dar, da mir Carsten Stroud bis dato noch kein Begriff war. Wer die von mir schon erwähnten Referenzautoren schätzt, sollte mal einen Blick wagen. Rund 510 Seiten.

Jerry Garcia



Joe R. Lansdale.

"Wilder Winter":

Hap Collins: weiß, hetero, Kriegsdienstverweigerer. Leonard Pine: schwarz, schwul, Vietnamveteran. Die beiden ungleichen Freunde haben auch schon bessere Tage gesehen und schlagen sich mit Gelegenheitsjobs auf den Rosenfeldern von Texas durch. Eines schönen Wintermorgens tauchen Haps Ex-Frau Trudy und ein paar Kumpels aus den 60er Jahren auf, die den bewaffneten Kampf gegen das Establishment wiederbeleben wollen. Das Startkapital dazu liegt angeblich im Sabine River: eine Million Dollar aus einem schiefgelaufenen Bankraub. Hap ist in der Gegend aufgewachsen und soll bei der Suche helfen. Doch die Zeiten haben sich geändert, und auch ehemaligen Revolutionären sitzt mittlerweile das Hemd näher als die Hose. So bewahrheitet sich bald das, was Leonard von Anfang an klar war: Wo Trudy ist, gibt's Ärger. Es wird ein wilder Winter.

Fängt an wie ein normaler Krimi. Knacki verrät Kumpel, wo eine Beute versteckt ist, die aus einem Bankraub stammt und die wohl immer noch vor Ort ist. Daraus macht Lansdale, der eh nicht für ellenlange Romane bekannt ist, eine raffiniert erzählte Geschichte, die man schon in einem Rutsch durchliest. Das Anwerben von Hap durch Trudy, Leonards KdN (Kraft durch Nörgeln)-Einstellung, die Suche nach dem Ort des versteckten Geldes im Sumpfgebiet von Texas und die Komplizen von Trudy haben schon was für sich. Besonders die ersten beiden Drittel vertreiben dem Leser die Zeit mit den ständigen Frotzeleien der beiden Kumpels, wie sie unterschiedlicher nicht sein können, in derbem Umgangston auf humorigste und pfiffigste Weise. Dann schlägt das Geschehen um und es wird mit Auftauchen der Altrevoluzzer und dem Geld hart und blutig. Die Situation eskaliert und der Showdown hat es wirklich in sich. Das Buch war trotz seiner geringen Seitenzahl jeden Euro der Anschaffung wert.

"Rumble Tumble":

Hap arbeitet als Rausschmeißer in einem Nachtclub und wohnt, seit ein Tornado sein Haus zerstört hat, bei Leonard - sehr zu dessen Missvergnügen. Haps zweite Stütze ist seine Freundin Brett. Als deren Tochter, eine drogenabhängige Prostituierte, an eine brutale Biker-Gang "verliehen" wird, ist Brett wild entschlossen, sie nach Hause zurückzuholen. Dass sie dies nicht allein schaffen kann, ist klar. Leonard besorgt einen Koffer voll Waffen und adoptiert nebenbei einen "Sohn", Hap steuert seine Treffsicherheit und gelegentliche Gewissensbisse bei, und Bretts Mutterinstinkt verwandelt sie in eine Furie. Eine wilde Jagd durch Texas, Mexiko und Oklahoma beginnt.

Im Vergleich zu "Wilder Winter" setzt Lansdale in Sachen Humor und Action noch einen drauf. Lachen bis es einem im Blutrausch vergeht. Und da Lansdale seine Geschichten, die er famos erzählt, nicht künstlich aufbläht, um unwesentliche Randnotizen unterzubringen und Seiten zu schinden, geht die Story geradlinig und straight voran. Keine Schnörkel, kein leeres Blabla oder sinnlose Psychospielereien. Wortgewandt und stilsicher geht es von einer Bredouille in die nächste, wird nach Oklahoma auch noch Mexiko unsicher gemacht und bei der Rückkehr nach Texas wird man auch noch mal überrascht. Ungeschminkt, hart, amoralisch kommt Lansdales Texas daher. Blutig, brutal und schonungslos. So kümmern sich die beiden Kumpels mit schierer Waffengewalt um die Befreiung von Tillie und nicht wenige bleiben dabei endgültig auf der Strecke. Aber sie schaffen es erwartungsgemäß zurück und Leonard kann sich wieder um seinen "Sohn" kümmern. Wie gewohnt: kurz und gut. Und da beim Golkonda-Verlag und dem anhängenden Shayol-Verlag noch weitere Bücher von Lansdale zu erwerben sind, werde ich mich demnächst um "Sturmwarnung" und "Teufelskeiler" kümmern. 196 + 224 Seiten.

Jerry Garcia



Don Winslow. Russische Erpresser und abtrünnige KGB-Agenten, Antiquitätenhändler und Versicherungsbetrüger, vietnamesische Gangs und abgelegte Liebschaften - Jack Wade verstrickt sich in einem Dickicht aus Verschwörung, Korruption und Betrug, so sehr, dass er am Ende beschließt, Feuer mit Feuer zu bekämpfen.

Hausbrand in einer Villa. Eine Tote aus gutem Hause und mit reichem Gatten. Der Hauskläffer im Handtaschenformat überlebt, weil er im Garten war, die Kinder, weil sie beim getrennt lebenden Ehemann gewesen sind. Eine Tischlerei brennt samt Inhaber ab. Zwei Vietnamesen mit einer undurchsichtigen Lieferung werden vom Empfänger abgeknallt und dann heiß entsorgt. Das alles passiert, bevor Jack Wade überhaupt aus dem Bett kriecht. Er wird von seinem Arbeitgeber, California Fire and Life, zum Brand der Villa geschickt und vermutet erst einmal schlampige Arbeit des Polizisten vor Ort, den er aus seiner früheren Beschäftigung bei den Hütern des Gesetzes nur zu gut kennt. Er macht seine Bestandsaufnahme und begibt sich zum wenig trauernden Ehemann, der sich mehr für die Versicherungssumme interessiert als für seine mehr als nur gut durchgebratene Ehefrau. Schon während der Befragung wird ihm der jüdische Russe nicht nur äußerst unsympathisch sondern direkt suspekt. Aber er hat noch keine Beweise, wie er die Zahlung verhindern kann. Doch dafür ist er ja Ermittler der Versicherung. Und tatsächlich findet er bald erste Belege dafür, dass etwas faul ist an der Geschichte und Mord mit Brandstiftung hier überzeugender klingt als nur ein simpler Unfall. Währenddessen muss seine Ex-Geliebte, die bei den Cops ihren Lebensunterhalt verdient, sich mit dem Fall der beiden Vietnamesen rumschlagen, die bis dato noch als verschollen gelten. Und stößt in der Gemeinde der Vermissten wie gewohnt auf allgemeines Schweigen. Nebenbei entwickelt sich ein geplanter Versicherungsbetrug zu einem wahrhaft brenzligen Fiasko, das acht Tote Mexikaner fordert. Und Jack stößt bei seinen Ermittlungen immer tiefer in die Auswirkungen der Immobilienkrise (Ja, die gab es auch damals schon und ist keine Erfindung des neuen Jahrtausends. Nur haben sich die kalifornischen Amerikaner mit Feuer saniert und ein Erdbeben hat ja dann auch noch gütlich mitgeholfen und einen Krieg im eigenen Land konnten sie denn doch nicht anzetteln, um died Wirtschaft anzukurbeln. Für das konnte man aber keinen Schuldigen ausmachen. Jedenfalls mussten die Versicherungen zahlen statt bloß zu kassieren und der Wiederaufbau hat neuen Schwung in die Wirtschaft gebracht.), Vericherungsbetrug inklusive sowie mafiöse Vereinigungen aus Russland und Vietnam. Und der arme gebeutelte Nicky Vale muss nicht nur den Tod seiner Gattin verkraften, sondern sich mit alten Freunden, alten Feinden und neuen "Freunden" rumschlagen. Dass dazu eine Gruppe Armenier gehört, ist nicht gerade von Vorteil, wie jeder weiß, der sich die Serie "The Shield" angeschaut hat. Dann kommt noch das FBI ins Spiel und Jack Wade erlebt sein blaues Wunder. Je weiter er die Strukturen offenlegt, die Fäden zusammenführt, umso größer ist die Gefahr für sein Leben. Und er weiß wirklich nicht immer, woher die Gefahr gerade kommt.

"Die Sprache des Feuers" ist kein neuer Roman von Don Winslow, sondern schon 1999 verfasst, aber erst jetzt hierzulande unters Volk gebracht. Laut dem veröffentlichenden Verlag Suhrkamp werden noch weitere, frühere Werke des Autors folgen, was durchaus in meinem Sinne ist und die sicher von mir erworben werden. Zudem ist gerade ein Prequel zu "Savages" ("Zeit des Zorns") mit dem Titel "Kings of cool" in der Mache. Der hier besprochene "Die Sprache des Feuers" ist nicht ganz so auf minimalistische Sätze und Dialoge ausgelegt wie die neueren Werke Winslows. Trotzdem ist sein Stil unverkennbar und auch einige Spritzer seines trockenen Humors sind schon vorhanden. Natürlich beschreibt der gebürtige New Yorker gewohnt sicher das kalifornische Lebensgefühl des unabhängigen Lebens, bei dem weniger auf Bildung und Sicherheit Wert gelegt wird, denn auf Sonne, Strand, Spaß, Surfen, Wellen und fast grenzenlose Freiheit. Und es gibt einen längeren, außerordentlich informativen Vortrag über die Arbeit der Versicherungen und die Eigenschaften des Feuers sowie über Brandherd und Brandursache (derart realistisch, dass ich sehr geneigt war, meine gesamte Elektroinstallation mal überprüfen zu lassen). Hier bekommt das Buch dann aber aufgrund der Detailgetreue und Akribie die eine oder andere Länge, die aber später wieder wettgemacht werden. Ganz sicher, das Tempo wird wieder ordentlich anziehen. In Rückblenden wird der Protagonist als scheuer Surfertyp, der in seinem Polizistenleben zwar Fehler gemacht hatte, aber auch reingelegt wurde, charakterisiert. Seitdem geht er treu seinem Job bei der Versicherung nach, erweist sich als clever und durchaus mitfühlend, aber konsequent den Klienten gegenüber, die möglicherweise seinen Arbeitgeber um einige Dollars erleichtern wollen. Und im letzten Drittel wird dann richtig aufgeräumt. Zudem wird der Spannungsanteil durch einige nicht ganz erwartete Wendungen erhöht und das Versicherungsgewerbe bekommt dann auch sein Fett weg. Eigentlich kommt keiner ungeschoren davon, jeder hat letzten Endes ein Päckchen zu tragen. Auch der Protagonist muss sich den Gesetzen seines Handelns beugen. So ist "Die Sprache des Feuers" kein epochales Meisterwerk (Jaja, ich weiß, ich überteibe da etwas.) wie "Tage der Toten", aber immer noch ein spannender Thriller weit über dem Durchschnitt anderer Veröffentlichungen. Für gelungene Lesestunden taugt es allemal. Nur sollte der Verlag vielleicht etwas mehr Sorgfalt an den Tag legen. Eine der Figuren heißt mal Tillinan, dann wieder Tillanin. Kein großes Drama, aber nervig. Sonst gibt es nix zu meckern. Rund 420 Seiten.

JasonXtreme

@ Jerry Garcia
Dann kannst Du getrost auch alle anderen Hap/Leonard Bücher lesen - die sind ALLE Gold wert!!! Lansdale ist mein persönlicher Lieblingsautor - und DIE WÄLDER AM FLUSS ist auch ganz große Klasse!!!
"Hör mal, du kannst mein Ding nicht Prinzessin Sofia nennen. Wenn du meinem Ding schon einen Namen geben willst, dann muss es schon was supermaskulines sein. Sowas wie Spike oder Butch oder Krull, The Warrior King, aber NICHT Prinzessin Sofia."

Jerry Garcia

@JasonXtreme.
So sie in Deutsch erscheinen, werde ich das auch tun. Mit dem Englischen hab ich es nicht so. Demnächst kommt aber "Schlechtes Chili" raus. Steht schon auf der Orderliste. Und bei Golkonda gibt es  noch diese, die auch bald geordert werden.

http://golkonda-verlag.de/cms/front_content.php?idart=274

Aber ich hab noch einige andere Sachen aufm Stapel, die ich fast schon "abarbeiten" muss. Und Filme schauen, arbeiten oder sonstigen Privatverpflichtungen muss ich zwischendurch auch noch nachkommen. Klingt schon fast nach Stress.

Gruß
Jerry Garcia

JasonXtreme

Naja ich les die auch nur deutsch, und hab mir halt die alten VÖs im Netz zusammengesucht ;) die Anfrage beim Label, ob die noch mehr bringen (inkl. der die noch nie auf deutsch erschienen) war aber eher mau - naja ich hoffe noch.
"Hör mal, du kannst mein Ding nicht Prinzessin Sofia nennen. Wenn du meinem Ding schon einen Namen geben willst, dann muss es schon was supermaskulines sein. Sowas wie Spike oder Butch oder Krull, The Warrior King, aber NICHT Prinzessin Sofia."

Jerry Garcia

"Schlechtes Chili" kommt jetzt vom DuMont Buchverlag, die anderen waren ja von Golkonda. Vielleicht kommt ja von DuMont noch mehr. Deren Vorschau geht leider nur bis April dieses Jahres. Bleibt also nur WARTEN.

Jerry Garcia



Bryan Smith. Jessica möchte einen günstigen Gebrauchtwagen kaufen. Als sie mit dem Besitzer alleine in dessen Wohnung fährt, fällt er über sie her und vergewaltigt sie. Jessica will nur noch eines: Rache. Deshalb netführt sie den Mistkerl in die einsame Wildnis. Sie will ihn erschießen, er soll sterben. Aber die beiden befinden sich an einem bösen Ort. Die inzüchtigen Bewohner des Städtchens Hopkins Bend hüten seit Generationen ein grauenvolles Geheimnis - und Jessica kommt ihnen für ihre perversen Spiele gerade recht.


Hoke, der miese Autoverkäufer und Mädchenschänder, befindet sich in einer unbequemen Situation. Zusammengerollt in einem engen Kofferraum harrt er in der Dunkelheit des Zeils, während er ordentlich durchgeschüttelt wird - vor Angst und den Unebenheiten der Straße. Doch bald halten sie an. In einem abgelegenen Waldstück darf es aus seinem Gefängnis aussteigen und sich bereit machen für die letzte Kugel, die Jessica ihm für seine Schandtat zu offerieren gedenkt. Gerade als er entgegen seinen sonstigen Gepflogenheiten weinerlich um sein verkorkstes Leben betteln will, tauchen aus dem Wald mehrere degenerierte Hillbillie-Figuren auf, die eher Ähnlichkeiten mit einem Kuriositätenkabinett aufweisen und versuchen sich die beiden zu greifen. Ohne nur einen Gedanekn an den Vergewaltiger zu verschwenden, ballert Jessica in den Wald und macht sich auf die Socken, um den Typen zu entkommen. Während sie versucht, sich im Wald zu orientieren, werden an einer einsamen Tanke in diesem Hinterwald das Pärchen Pete und Megan überfallen, Pete dabei von einer Spackenfamilie verschleppt, Megan kann vorerst abhauen, doch dann trifft sie auf den Sheriff. Hilfe bekommt sie von dem nicht - höchstens hinsichtlich ihres eigenen Werts als lebendes Wesen, das künftig den örtlichen Stripclub aufwerten soll. Sie also als Neunutte im Ortszentrum und die anderen Fremden gefangen als Festschmaus für die beiden Waldschratfamilien, die untereinander für die verblödete Nachkommenschaft sorgen und nur Jessica auf der Flucht. Die macht es dann aber richtig und hinterlässt eine Blutspur, bis sie auf einen Kerl trifft, der normal zu sein scheint. Die anderen versuchen aus dem Wald zu fliehen, bzw. eine Möglichkeit zur Flucht zu entdecken, Hoke, der elende Vergewaltiger, begegnet Garner, der einige Überraschungen zu bieten hat. Schaffen sie es, dieser gruseligen Region zu entkommen, ohne davor als Nahrungsmittel zu dienen oder im Puff bis ans Lebensende ihr Horizontalwerk zu vollbringen? Die Hoffnung hat jeder, aber erfüllen tut sie sich nicht.


Die Inhaltsangabe des ersten in deutsch übersetzten Buches von Bryan Smith ist in Wirklichkeit nur das Vorgeplänkel zu viel schlimmeren Dingen und hat gegenüber vielen Machwerken den Vorteil, dass sie nicht gleich das komplette Buch zusammen fasst. Dafür beschreibt der Klappentext auch nicht im mindesten, was den Leser an blutigen Details da erwartet. Tiefe und dunkle Wälder, bewohnt von weit verstreuten Hinterwäldlern, deren Zentrum ein kleiner Ort ist, der sich sogar einen Sheriff leisten kann. An Klischees wird da vorerst mal nicht gespart, man glaubt alles irgendwie schon mal gelesen zu haben oder aus einem Film zu kennen, ABER: Smith schafft es problemlos das durch viele Zutaten zu übertünchen. So wird aus "Verkommen" ganz schnell schon auf den ersten Seiten blutige Unterhaltung. Schrecken wechselt mit Action und hin und wieder tauchen auch schablonenhafte Figuren wie der Sheriff auf, was aber nicht wirklich negativ ins Gewicht fällt. Nun hetzt Smith seine Protagonisten in verschiedenen Erzählsträngen durch den Wald, lässt ihnen trotz der Gefahr, aber immer wieder Zeit für einige Sexspielereien, die aber bei Weitem nicht so dumpf und pubertärliterarisch zelebriert werden wie bei dem uneingeschränkten Meister von Büchern Marke "Wie schläft man bei Sex ein". (Namen bitte selbst eintragen). Alles schön ins Gesamtkonzept eingebunden, keine lange Seitenhascherei durch unnütze Randereignisse oder Regionalbahnfahrplantexte. Ist das Buch in Hälfte eins als gut und unterhaltsam zu bezeichnen, fehlen ihm bis dahin aber die Besonderheiten, die den Leser wirklich mit einen Oh Mann-Effekt aufhorchen lassen, was aber durch Action, eingestreute Gewalt, etwas Sex und kurze Kapitel mit Cliffhangern, die zu weiterlesen geradezu verleiten, wieder ausgeglichen wird. Wer also bis dahin auf etwas gewartet hat, das ihn aus dem Lesestühlchen hebt, sollte nicht die Geduld verlieren, denn Teil zwei wird ihn fürs Warten belohnen. Die Figuren, die sich im Laufe der Geschehnisse durchaus entwickeln, nehmen den Kampf auf, Hoke wird von einer undurchsichtigen Type namens Garner, die extrem brutal einige Spacken zerlegt, in Beschlag genommen - und Jessica: DIE geht durch die Familienbanden und Polizisten durch,wie ein heißes Messer durch Butter. Ballert, was das Zeug hält und macht keine Gefangenen, Leichen pflastern ihren Weg. Rambo war gegen sie ein Ausbund an Sanftmut. Und da geht das Feuer erst richtig an, das Tempo wird sehr hoch und die Hillbillies können sich auf ihr blaues Wunder gefasst machen. Jetzt wird aufgedreht bis zum Anschlag, bis zu Unappetitlichkeit. Mit Bryan Smith hat der Festa-Verlag mal wieder einen guten Griff getan, denn der bietet einen blutrünstigen Backwood-Slasher, der das Blut in den Adern gefrieren lässt und bei dem nicht jeder so aus dem Wald rauskommt, wie er reinspaziert ist. If it's too hot you're too cold. ca. 380 Seiten

Der Festa-Verlag hat noch weitere Bücher des Autors angekündigt.

Jerry Garcia



Simon Kernick: 48 Stunden. Soviel Zeit bleibt Andrea Devern, um 500.000 Pfund Lösegeld aufzutreiben. Diese Summe fordern die Kidnapper für das Leben von Andreas vierzehnjähriger Tochter Emma, die nach einem Zahnarztbesuch wie vom Erdboden verschluckt ist. Ihr Stiefvater soll sie abholen, auch von ihm fehlt jede Spur. Tatsächlich kann sie die Summe auftreiben. Da sie dem nervlichen Druck nicht standhält, bittet sie ihren ehemaligen Liebhaber Jimmy Galante um hilfe. Bei der Geldübergabe hinterlässt Andrea das Geld wie verabredet in einem verfallenen Haus, während Jimmy die Entführer identifizieren soll. Doch als er danach nicht wieder auftaucht, macht sie sich Sorgen und fährt zum Haus zurück. Ein Bild des Grauens empfängt sie: Galante wurde an einem Haken aufgehängt, seine Finger und Zehen abgetrennt. Statt ihre Tochter freizulassen, verlangen die Entführer erneut 500.000 Pfund. Auf der Heimfahrt gerät die völlig aufgelöste Andrea in eine Verkehrskontrolle, wo sie die Beamten in ihre verzweifelte Situation einweiht. Detective Mike Bolt übernimmt den Fall und gerät bald in einen Strudel der Gewalt, der auch in seine Vergangenheit zurückreicht.

Die Figur der armen Geschäftsfrau, deren Tochter entführt wird, ging mir schon nach einigen Zeilen absolut auf den Keks. Mit der entführten Tochter kann man natürlich Mitleid haben, aber die Mama entpuppt sich als Steuerhinterzieherin mit Schwarzgeld im Schließfach, Ex-Nutte mit (verstorbenem) reichen Eheman, Lügnerin und absolute Unsympathin. Tönt dann auch noch rum, dass sie für ihren geschäftlichen Erfolg viel gearbeitet und geschuftet habe, und dies ist nicht alles: der Ex-Geliebte, der zu Hilfe eilt, trägt den Namen Jimmy Galante - wenn der Name nicht ins Brit-Mafiosi-Programm passt. Nachdem sie also ihren Gangsterhelfer an die Entführer verloren hat, muss sie sich neue Unterstützung holen. Da kommt Mike Bolt natürlich gerade recht, da sie ihn ebenfalls von früher kennt und ihr manipulatives Spiel geht in die nächste Runde. Hilft natürlich nicht unbedingt bei der Lösung ihres Problems - der Rückkehr ihrer Tochter, um die sie sich wenigstens ehrliche Sorgen macht.

Bis Seite 80 ging der Roman noch gut voran und war gut lesbar, danach aber begannen die Verwicklungen um die gebeutelte Lügenmutter, die mir immer unsympathischer wurde und meines Erachtens sofort nach Bekanntwerden ihrer Steuerhinterziehung mit einem Strafbefehl bedacht gehört hätte. Action ist von nun an Mangelware, große Spannung kommt vorerst auch nicht auf, es wird langatmig, was dazu führt, dass man hier leider noch mehr Abstriche machen muss als im Vorgänger. Klar, es kommt noch eine unerwartet Wendung gegen Ende ins Spiel und der Inspektor überschreitet ein weiteres Mal seine Grenzen und zwar diesmal so weit, dass er einen zweifelsfrei Unschuldigen trotzdem noch zu Brei schlägt, obwohl der mittlerweile wehrlos am Boden liegt. Gerechtfertigt wird das Vorgehen mit einem leicht angedeuteten Kritikansatz am britischen Rechtssystem. Der Stil ist wie im bisher in Deutschland einzig erschienen Vorgänger eigentlich recht flüssig und gut lesbar, wird aber durch die Schwächen im Gesamtwerk leider der Sache nicht gerecht. Aufgrund der absolut unsympathischen Mutterfigur, dem Mangel an Spannung und Action kann ich mich hier nur auf ein "Mittelmaß" festlegen. Schade - hatte nach "Gnadenlos" mehr erhofft. 416 Seiten.

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