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Buchrezensionen

Begonnen von Jerry Garcia, 6 August 2011, 03:14:07

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Jerry Garcia



Patrick Lee. Ein Anruf mitten in der Nacht: Eine alte Freundin bittet Sam Dryden um Hilfe. Es gilt einen Mord an vier jungen Mädchen zu verhindern. Doch woher wusste Claire von dem drohenden Verbrechen? Sam erfährt: Claire hat für ein High-Tech-Unternehmen gearbeitet, das kurz zuvor von einer heftigen Explosion verwüstet wurde. Die Firma forschte an einem hochgeheimen Apparat, der sich nun in Claires Händen befindet: Ein Radio, das Sendungen aus der Zukunft empfangen kann. Wer es besitzt, kann den Lauf der Geschichte ändern. Kurz darauf ist Claire in der Gewalt eines hochgeheimen Konsortiums, das die Technologie seit ihren Anfängen in den Laboratorien Hitlerdeutschlands zu kontrollieren und zu nutzen sucht. Und Sam befindet sich auf der Flucht, mit dem Gerät, im Kampf gegen einen übermächtigen Gegner.

Sam Dryden schließt sich Claire an und folgt ihr ohne groß nachzufragen hinaus in die Wüste. Dort finden sie einen Trailer vor, der im Prinzip von Müllhalden umgeben ist und in dem ein schleimiger Typ vier Mädchen gefangen hält. Sie befreien sie, der Täter stirbt. An sich nichts ungewöhnliches, aber die Story hat einen Haken. Claire hat von einer Maschine, einem Radio gleich, erfahren, dass die Mädchen dort sind und misshandelt werden und auch von ihrem Tod. Die Erklärung, die sie liefert, erscheint völlig verrückt, unglaubwürdig. Und dennoch: nichts davon stellt sich als unwahr heraus. Claire hat als Sicherheitsberaterin in einer Firma gearbeitet, die Sensationelles entwickelt hat. Ein Radio, das in die Zukunft "hört". Man kann über bestimmte Frequenzen Nachrichten hören, die erst in zehn Stunden und vierzig Minuten geschehen werden. Selbstverständlich gibt es auch andere Kreise, die den Nutzen für sich in so einer Errungenschaft sehen. Einen Nutzen, der garantiert nicht der Allgemeinheit dient. Und schon wurde die Firma von einer Explosion dem Erdboden gleichgemacht. Nur Claire und zwei weitere Kollegen konnten dem Inferno entkommen. Doch durch die Geschehnisse mit den Kindern haben sie sich verraten. Sie werden überfallen und Claire von den Feinden in Gewahrsam genommen, Dryden kann gerade so entkommen. Mittlerweile hat er auch noch das FBI auf den Hacken, weil es denen seltsam erschien, dass er an den verschiedenen Tatorten anwesend war, wie sie den gefundenen Fingerabdrücken entnehmen konnten. So ist er einerseits auf der Flucht, andererseits auf der Jagd. Er sucht die abgetauchten Kollegen von Claire, um an weitere Informationen zu kommen, wie er sie befreien kann und was es mit dieser Apparatur auf sich hat, dass dafür eine Menge Menschen sterben mussten. Und dazu immer die skrupellosen Feinde im Nacken.

Patrick Lee hat mit seinen vorherigen Büchern - "Die Pforte", "Dystopia", "Im Labyrinth der Zeit" und "Mindreader" -  klar unter Beweis gestellt, dass er schnell zu den großen Autoren der Spannungs- und Actionliteratur aufgeschlossen hat. Und thematisch wählt er sich nicht auch noch die üblichen Serienkiller, Profiler, Detectives mit diversen privaten Problemen, keine Allerweltsgeschichten, wie man sie auf dem übersättigten Massenmarkt findet und die nur noch zum Einschläfern der Kunden taugen. Er geht den Weg, einige Elemente des Übernatürlichen und der Science Fiction einzubringen, diese dann mit einer rasanten und temporeichen Geschichte zu Papier zu bringen und seinen Lesern damit höchst unterhaltsam zu beweisen, dass er zu den wenigen Autoren zählt, auf die Verlass in punkto abwechslungsreicher und intelligenterer Story ist, die auch mit einem guten Anteil an Action ausgestattet ist. Auch sein fünftes Buch lässt der Monotonie keinen Raum, ist ein Page Turner und somit auch das beste Argument gegen Langeweile. Und seine Maschine ist irgendwie auch die Frage, ob der Leser einem gewissen moralischen Dilemma standhalten könnte, wenn er sie sein eigen nennen würde. Die hier als feindliche Organisation aufgebaute Gruppe hat derartige Probleme nicht. Sie hat ihre Möglichkeiten sogar erweitert, kann im Prinzip schon weit in die Zukunft sehen und wenn dort jemand Präsident wird, der ihren finanziellen Zielen und ihrem Machtstreben im Wege steht, dann hat sie die Möglichkeit, den Menschen im Hier und Jetzt im Alter von vielleicht zehn Jahren aus dem Weg zu räumen, bevor er "Schaden" anrichten kann. Das wäre so, als hätte man schon im Jahr 1980 verhindert, dass sich ein deutscher Kanzler die Einheit auf die Brust heften kann. Es gäbe sie nicht. Oder auch die Leute, die danach folgten und nur am Volk vorbeiwerkelten und ihren eigenen Vorteil sahen. Hätte man selbst standgehalten bei solchen Möglichkeiten? Zum Glück ist das ein Roman und der hat Sam Dryden. Der fightet sich durch die Bösewichter, entgeht Kugeln, Explosionen, Erdbeben und finsteren Gedanken und rettet somit das Abendland. Einziger Nachteil im Buch: Es mussten mal wieder die Nazis herhalten. Warum nicht die Kanadier? Oder das fiese und abtrünnige Alaska? Vielleicht strebt auch Hawaii mit Waffengewalt und Massenvernichtungswaffen die Souveränität an? Wieso immer wieder die ollen Nazis? Abgesehen von diesem Kritikpunkt ist "Das Signal" ("Signal") schnelle und rasante Actionkost, die hervorragend unterhält und den Leser nach weiteren Büchern um Sam Dryden rufen lässt. Ein Highlight unter den von mir bisher in diesem Jahr gelesenen Büchern. Kann ich nur empfehlen, Actionfreunde kommen voll auf ihre Kosten. 460 Seiten.

Jerry Garcia



Adam Millard. In den Jahren zwischen 1975 und 1978 terrorisierte Larry »Schweinegesicht« Travers das Camp Diamond Creek, wo er mehr als 100 notgeile, zugekiffte Teenager mit seiner Axt (die Machete hatte sich bereits ein Typ aus New Jersey gekrallt) zerstückelte und sich einen gewissen Ruf erarbeitete. Das Leben konnte für einen Psycho-Schlächter wie ihn nicht besser laufen. 1978 wurde er dann allerdings vom letzten weiblichen Opfer seiner jährlichen Tour reingelegt, gefangen genommen ... und ein wenig in Brand gesetzt. Man hielt ihn für tot, Larry Travers verschwand, doch seine Legende lebte weiter. 2014: Larry lebt in den Wäldern bei seiner herrischen und etwas altmodischen Mutter. Er hat nun ein Alter erreicht, in dem er in Ruhe Bingo spielen oder Puzzles lösen könnte, ohne sich dafür schämen zu müssen. Doch der Drang zu töten kehrt zurück, und Larry glaubt, er hätte noch immer das Zeug zu einem gemeingefährlichen Psychopathen. Schweinegesicht ist zurück. Nur um einiges älter.

1978. Sommercamp. Ein Killer mit einer Schweinsmaske jagt und meuchelt Kids und Betreuer. Nur noch ein Mädel bleibt übrig - und sie zeigt dem Killer, wo es lang geht. Das Ende der Geschichte ist ein Killer, der angekokelt von der Bildfläche verschwindet. Sprung ins Jahr 2014. Eine Gruppe von  Jugendlichen, die sich untereinander durchaus auf die Schippe nehmen und manches davon auch so meinen, wie es gesagt wurde, machen sich auf den Weg ins Camp Diamond Creek. Als sie unterwegs an einem ziemlich heruntergekommenen Laden von Tankstelle und Tante Emma-Hinterwäldler-Schuppen halt machen, um Sprit nachzufüllen und vielleicht noch etwas zum Beißen zu holen - okay, der Wunsch vergeht ihnen dann recht schnell, als sie das Interieur des Ladens sehen -, werden sie vom Inhaber noch gewarnt, nicht in dieses verfluchte Camp zu fahren. Aber wer hört den schon auf alte Säcke? Also düst man weiter, erreicht das Camp, das aussieht, als wäre es nach einem Erdbeben nicht wieder eröffnet worden und richten sich langsam ein. Zu ihnen gesellt sich noch Jason, der sich als Betreuer vorstellt, der in einer Hütte in der Nähe wohnt und der der einzige Betreuer ist, wie er anmerkt. Abseits dieses Camps fristet ein Mann über 60 sein Dasein in einer verfallenen Hütte ohne jeglichen Komfort, ja gar ohne jeglichen Anschluss ans Stromnetz und Sanitäranlagen. Dafür aber unter der Fuchtel seine nahezu hundertjährigen Mutter. Er spürt das Alter in den Knochen, die Bewegungen werden langsamer, die Gelenke knacken. Aber er hat einen Drang in sich, der ihm wieder etwas Spaß verheißt: Er will unbedingt wieder töten. Die Axt nehmen und Teenager in einem Camp abschlachten. Larry, die Schweinsmaske ist wieder da. Und er macht sich auf zum fröhlichen Halali für Kids in Diamond Creek.

Jau, die fieseste Sau seit "Schweinchen Babe" - und auch die älteste. Adam Millard spielt fröhlich mit den Klischees des Slasherfilms, lässt alle Zutaten, die ein solches Werk braucht, in sein Buch einfließen. Von der Öko-Tusse bis zum Nerd, der typischen und grenzdebilen Superschnecke bis hin zu den Sportskanonen ohne Verstand - es kommen alle zu ihrer Ehre. Und ebenso munter bedient er sich der Rollennamen diverser Ikonen des gepflegten Metzelfilms wie auch den Realnamen einiger Darsteller. Als Namedropping schon ein Fest für Filmfreunde. Ein "Wiederlesen" mit all den Figuren, die einen damals auf Leinwand oder als Videothekenware erschrecken oder amüsieren konnten (kam halt immer auf den eigenen Alkoholspiegel an). Und so ganz nebenbei, irgendwie fast schon vorsichtig versteckt in die Story eingebettet, findet man dann kleine Seitenhiebe Richtung Akkordweltmeistern des Musikgeschäfts wie Oasis oder Status Quo oder schlicht die "Wertung" der 90-er Jahre. Da sitzt dann fast jeder Spruch, jeglicher Gag zündet und wenn man den einen oder anderen der zitierten Filme gesehen hat, kann man sich so bildlich die Situationen ausmalen, was den Witz der gesamten Story noch unterstützt. Aus den ersten Schmunzlern werden schnell Lacher - und zwar schon bevor Schweinefresse Larry mit der Axt als Gehhilfe loshumpelt. Es fehlt nichts - weder das "Final Girl" (den Film muss ich mir endlich mal anschauen) noch die kleinen Tittenshows der Mädels, wenn sie die Burschen etwas anheizen wollen. Die Kills sind kreativ, wenn auch schwierig zu bewerksstelligen für den ollen "Larry". Neben existenziellen Fragen wie: "Welchen Zweck erfüllt überhaupt Justin Bieber?" zieht Adam Millard das Genre derart durch den Kakao, dass selbst der sturste Bock irgendwann wird lachen müssen, bevor er dazu in den Keller flüchten kann. Larry, die alte Slasherwutz im Pensionsalter und mit Mamikomplex, ist eine wüste und wild-irre, saukomische Perle der nicht ernstzunehmenden Horrorunterhaltung, die eine Fortsetzung nach sich ziehen muss, auch wenn der Autor kurz meint, man wolle ihn mit der Forderung verarschen (Er hat übrigens schon nachgegeben und "Larry 2 - Das Squeequel" geschrieben - klar ein Fall für Voodoo-Press!!). "Larry" ist eine der seltenen Perlen, die man eigentlich nur mit einer 11 von 10 Punkten adeln kann. Selten so gelacht. Kurzum: Kaufen und fertig!!! 160 Seiten.

Jerry Garcia



Edward Lee. Neun Erzählungen von Edward Lee, die seine obszöne literarische Klasse zeigen. Und natürlich geht es wieder um seine Lieblingsthemen: Sex, Rednecks und Monster – und das alles gewürzt mit Zynismus und blutiger Gewalt.

Da bekommt es der Leser mit einem Sammelsurium von Auswüchsen der Lee'schen Art zu tun. Man begegnet Lud, der dafür sorgt, dass kinderlose Paare doch zum Babyglück kommen oder zwei Mafiastrategen, die es tatsächlich schaffen, eine Leiche zu verlieren. Tote Nutten kehren ins Leben zurück und rächen sich an ihren Peinigern oder ein Mann geht zur Therapie, weil er immer wieder dem Drang nachgibt, Rotze aufzuklauben und zu essen. Ein kleiner Fisch, der vom großen Boss eine Lieferung kaufen will, erlebt sein blaues Wunder und in einer anderen Geschichte geht Mr. Smith garantiert nicht nach Washington. Zwei Psychotanten geraten eindeutig an den falschen Kerl und "Das Baby" entfaltet die ganze Hölle Backwood. Und zum krönenden Abschluss gibt es noch eine kleine Lehrstunde, was "Das McCrath Modell SS40-C, S-Serie" ist und welchen Nutzen es dem geneigten Besitzer bringen kann.

Da gibt es kein Taktieren, keine langen Einführungen (Okay, die eigentlich nach Lee-Art doch, aber ich meinte hier eher die Charakterisierung der Figuren), sondern der Leser wird direkt ins Geschehen hineingeworfen. Und wer die Werke von Edward Lee schon kennt, weiß auch, dass ganz besonders jene in der Extrem-Reihe des Festa-Verlages nichts für zarte Gemüter und empfindliche Mägen sind. Die neun Geschichten sind nur etwas für ganz Abgebrühte. Aber in der ersten Geschichte "Mr. Torso" war für mich auch auffällig, dass die Grundidee der Story durchaus Brett Williams dazu gereizt oder besser inspiriert haben könnte, seinen "Frauenzwinger" zu schreiben. Dann hat er noch etwas darum herum zugefügt und fertig war ein Lee light. Und bei der Tirade von Tipps (Tibbs?) stand wohl ganz klar Clint Eastwood aus seiner Ansprache in "Dirty Harry" Pate, als der seinen neuen Partner (gespielt von Reni Santoni) in dem Film begrüßt. Auch in "Ms. Torso" gibt es eine Anspielung auf einen Schauspieler. Hier ist es Robert Blake ("Baretta"), der sich wegen Mordes an seiner Frau verteidigen musste (im wahren Leben) und später freigesprochen wurde. Alle Geschichten habe nicht nur den Autor gemeinsam, sie loten auch mal wieder Grenzen aus und die eine oder andere kann man wirklich ganz klar der Industrie als neuesten Appetitzügler andrehen. Jener vergeht einem da ganz gewaltig. Mit der Lee-Diät wären unglaubliche Umsätze zu machen. Blut, Gekröse, jegliche Körperflüssigkeiten und Körperöffnungen (inklusive einiger neuer) gehören zum widerwärtigen, von den Lesern geliebten Repertoire von Edward Lee. Und jede seiner Geschichten hat ein feines Finale, das Progagonisten und manchmal auch den Leser überrascht. Und zwischen den Zeilen versteckt der Autor auch seine Portion Humor (etwas, das Brett Williams z. B. nicht hinbekommen hat) und recht harsche Sozialkritik. Man muss sich schon fragen, wieso es in einem so reichen Land zu solchen Brutstätten der Gewalt kommen kann? Warum hier keine soziale Regelung und Unterstützung greift, so sie überhaupt angedacht ist? Kostet sie zuviel Geld? Geld, das man lieber "nutzbringend" für Wirtschaftsbosse und Waffen einsetzt? Aber auch die Frage, wie reiche Banker solch seltsame Gelüste entwickeln können? Langeweile?

Auf jeden Fall ist eines sicher: Edward Lee maträtiert und foltert das, was überall als "guter Geschmack" doktriniert wird. Er fragt nicht, ob er das Schreiben darf, weil die Masse es als Unbothaft ablehnt. Er tut es einfach. Wobei das Wort Geschmack bei der einen oder anderen Story sicher auch einen "bitteren Beigeschmack" hervorufen würde, sag ich mal ganz frech. "Mr. Torso - und andere Extremitäten" ist alles das, was von dem Autor erwartet wird. Böse, schrill, blutig, eklig, grob und unappetitlich bis an die Grenze des Erträglichen. Aber kein Lee ohne Humor, man muss ihn nur zu schätzen wissen. Edward Lee bietet wahre Exzesse um Sex und Gewalt und wagt sich da weiter vor als andere Autoren. John Aysa könnte da mithalten, aber sonst keiner. Die neun Kurzgeschichten von Edward Lee bieten auf jeden Fall Abwechslung, konnten aber nicht den kleinen Wermutstropfen verhindern, den ich da jetzt eingieße: es nutzt sich mit der Zeit etwas ab. Vielleicht hätte ich mir die Lektüre besser auf drei oder vier Lesungen verteilt. Jedenfalls ist das Buch ganz sicher ein scheußlich-schrecklicher und gelungener Gegenentwurf zum gepflegt-humorigen Frauenkrimi, den die großen Verlage ja anscheinend neben den verfilmbaren Jugendtrilogien momentan derart schätzen, dass jeder, der nicht schnell genug flüchtet, seines Skriptes beraubt wird, um es zu veröffentlichen. Festa läuft den Trends halt nicht hinterher, Festa macht Trends. Und die Extrem-Reihe ist so einer. Lee-Fans kommen hier voll auf ihre Kosten und Lee-Gegner rühren das Dingen eh nicht an. 250 Seiten

Jerry Garcia



Ken Bruen. Detective Sergeant Brant lässt sich nicht erpressen. Auch nicht von einer Femme fatale wie Angei, die selbst davor nicht zurückschreckt, ihre Komplizen zu ermorden. Nach einem ersten Bombenattentat sieht sich die Southeast London Police Squad einem Ultimatum ausgesetzt, entweder zahlen oder weitere Opfer in Kauf zu nehmen. So begegnen sich zwei Outsider, die skrupellos mit allen Mitteln versuchen, das Spiel zu gewinnen.

Angie sitzt im Bau. Ihr ist das im Prinzip völlig egal. Eigentlich auch, was mit ihrer Mitgefangenen Beth passiert. Nur aus reiner Langeweile rettet sie ihr bei einer Keilerei den Arsch. Zum Dank dafür fängt Beth im Suff an, schon fast platt von dem selbstgebrannten Knastalk, davon zu erzählen, wie man den perfekten Coup umsetzt. Und bald kommt Angie raus. Den Plan hat sie nie vergessen. Aber sie braucht Komplizen. Da kommen ihr die Gauner Jimmy und sein Bruder Ray gerade recht. Trifft sich besonders gut, dass die auch gerne ihre Weiber teilen. Sie vögelt beide und hält sie somit bei Laune. Und dann geht in London eine Bombe in einem Kino hoch. Es gibt keine Verletzten und erst recht keine Toten, da kein Zuschauer den Film sehen wollte, der in dem Moment lief. Dann ein Anruf bei der Polente und schon wird ein sechsstelliger Betrag gefordert. Der Chef geht hoch wie ne Rakete und schon sitzen Sergeant Brant und Inspector Roberts an dem Fall dran. Auch die Polizistin Falls ist involviert, doch deren Weltbild bricht zusammen, als Kollege McDonald mit einer frischen von der Polizeischule namens Andrews einen Dealer festnehmen will und flüchtet, als der eine Waffe zieht. Sein Problem: die Neue hat den Kerl dann überwältigt, er was so stoned, dass er die Knarre ncht geladen hat. McDonald ist bei den Kollegen unten durch, Falls aber gerät an Angie - und die wickelt sie um den Finger. Partys, Suff und Drogen. Und Brant arbeitet mit seiner ureigenen Methode an dem Fall. Er sucht einen Informanten auf und als der für die Hinweise bezahlt werden will, gibt es auf die Backen. Sein Partner Porter ist entsetzt, dass dieser Bulle überhaupt auf die Straße darf, überhaupt Polizeidienst verrichten darf, ohne gefeuert zu werden. Im Hintergrund werden die Fäden gesponnen, wie man von offizieller Seite aus, die Zahlung vermeiden kann, ohne wie die Deppen in der Öffentlichkeit dazustehen. Doch dann explodiert ein kleiner Sprengsatz in der Polizeikantine. Das fördert die Zahlungsmoral. Ruckzuck wird ein Übergabetreffpunkt und Zeitpunkt ausgehandelt und schon läuft die Sache.

Auch "Füchsin"(Buch 5 um Brant)  das eigentlich vor "Kaliber" (Buch 6 um Brant) spielt, aber danach erschien, lebt von dem eigenwilligen (vorsichtig formuliert) Brant, dessen Methoden man ja filmisch mit Jason Statham in "Blitz" (Buch 4 um Brant und nicht in Deutsch erschienen) aufbereitet bekam. Brant sind die Menschen um ihn herum eigentlich scheißegal. Es ist schon freundlich von ihm, wenn er seinen homosexuellen Partner nur als Schwuchtel bezeichnet. Die Vorgesetzten gehen vorsichtig mit ihm um, lassen ihn in Frieden, was er auch anstellt. Irgendwie hat er alle in der Hand. Die Southeast London Police Squad hat derart viel Dreck am Stecken, dass man sich schon fragen muss, was für "Ordnunghüter" das eigentlich sind. Regeln gelten für die nicht und erst recht nicht für Brant. Der hält einen Kopfschuss VOR der Festnahme eines Gangster für eine selbstschützende Maßnahme, die keinerlei weitere Erklärung erfordert. Und nun muss er Angie finden. Eine rücksichtslose Soziopathin, die nur aus Jux tötet, um mal zu sehen, wie das aussieht, wenn einer die ehle durchgeschnitten bekommt. Und die mit den Menschen spielt - ihren Kumpanen und den Bullen. Falls weiß bald ein Lied davon zu singen, denn danach sinkt sie auf die Stufe von McDonald. Eigentlich sind sich Bulle Brant und Sozio Angie ähnlich. Keinen der Beiden schert es, was mit den Menschen um ihnen herum geschieht, deren Gefühle schon gar nicht. Brant pöbelt, stänkert, reizt, schlägt und schießt ohne Reue und Angie manipuliert und tötet in gleicher Weise. Wer in den Büchern um Brand das Gute sucht, der dürfte wohl immer noch unterwegs sein und wenn ihm niemand was zu futtern bringt, ist er/sie mittlerweile sicher mangels Nahrung qualvoll verendet. Hier regiert das Böse, die Gewalt. Aber auch der fiese und trockene Humor. Da ist der Spruch gegen den Tom Cruise-Film, den im Kino, das gesprengt wurde, keiner sehen wollte, so richtig Kindergarten-harmlos. Selbstverständlich tut sich speziell Brant mit derartigen Sprüchen hervor, die auf die Schwächen von Kollegen oder Zivilisten zielen hervor, wobei er aber Politiker, Vorgesetzte und die Nutten, die er gerne und besonders umsonst besucht, alle gleich behandelt. Und immer seinen eigenen Nutzen im Sinn. "Was krieg ich dafür?" ist sein Lebensmotto. Ken Bruen ist Hard-Boiled, politisch völlig unkorrekt und immer einen Blick und die Lesezeit wert. Er stiehlt sie dem Leser nicht mit ausuferndem Geschwalle, er bringt die düstere Welt in kurzen und knappen Sätzen mit einem bösartigen Humor auf den Punkt. 180Seiten.

Jerry Garcia



Ken Bruen. Der Südosten Londons wird vom Manners Killer heimgesucht, der seinen Opfern eine Lektion in Anstand beibringen will. Sein Pech, dass die Ermittlungen ausgerechnet Inspector Brant übernimmt, der gerade einen Kriminalroman schreibt und in bester The Killer Inside Me-Manier von Jim Thompson der Meinung ist, dass, wenn schon jemand in seinem Revier ungestraft mit einem Mord davonkommt, er das doch bitteschön selbst ist.

Sergeant Brant gehört zur Metro-Police von London. Brant arbeitet auf seine ureigene Weise, was den Vorgesetzten und Kollegen nicht wirklich behagt. Und dann wird er herausgefordert. Der Manieren-Killer tanzt ihm auf der Nase herum und das gefällt Brant gar nicht. Es ist SEIN Job, den Leuten Mores beizubringen. Da kann er auf die Hilfe eines dämlichen Serienkillers gerne verzichten. Der Killer muss also aus dem Weg. Gar nicht so einfach bei einem Typen, der genug Geld hat, um sich nicht in die Regionen begeben zu müssen, in denen sonstige Gewaltverbrecher zu finden sind. Brants Kollege Roberts findet schnell heraus, wie man in diesem Umfeld der Gangster mit lästigen Bullen umspringt. Dort jedenfalls ist der Manieren-Killer nicht zu finden. Und Brant? Der geht seinen Kollegen mit seinen Ambitionen einen Kriminalroman - oder besser DEN Kriminalroman - zu schreiben schwer auf die Nüsse. Lässt sich doch eiskalt vom Kollegen Porter ein Expose verfassen, das er bei einer Agentin einreicht, die ihren neuen Autor bald besser kennenlernt. Dann ist da noch Falls, die wieder auf Ochsentour geschickt wird, weil sie nicht ins Raster passt und Mist gebaut hat. Jetzt soll sie mit McDonald in die Schulen gehen und den jungen Gangstern die Feinheiten der Polizeiarbeit erläutern. McDonald hat das besser drauf - eine aufs Maul und Ruhe ist. Doch unterdessen macht der Manieren-Killer weiter von sich reden, die Bosse bekommen Bammel ob der schlechten Presse. Und Brant scheint sich mehr für seinen Roman zu interessieren, denn für seine Arbeit.

Man erinnert sich vielleicht noch an Jason Statham in "Blitz"? Ja, das ist gut. Und eine noch schlimmere Marke als jener im Film ist der Sergeant Brant in den Büchern. Der klaut, kifft, kokst, haut und schießt, was das Zeug hält. Brant ist ein Schweinehund oberster Güteklasse. Die Arbeit interessiert ihn nur, wenn er davon profitieren kann - und er meint damit nicht nur sein Gehalt. Ein weiteres Hobby von ihm ist die Ausübung von Gewalt im Dienst. Gangster verdreschen macht einfach Spaß. Und wenn grad mal keiner da ist, tut es auch ein renitenter Kollege. Brant provoziert, lästert, dealt, prügelt. Kein Vorzeigepolizist. Aber das gilt auch für alle anderen Figuren in "Kaliber". Wer eine nette Identifikationsfigur sucht, lese lieber ne andere Lektüre, hier findet man keine. Und falls doch, kriegt sie von Brant eine auf die Fresse. Brant ist böse und hat einen nicht überschaubaren Mangel an Skrupeln. Ihm ist jedes Mittel recht. Und es ist ihm eine Freude, all seine Kollegen und Bosse ebenfalls als Kotzbrocken dastehen zu lassen. Erziehung ist alles. Hier wimmelt es nur von schrägen Typen und Arschgeigen, die zu keinem anderen Job zu gebrauchen wären. Und der Manieren-Killer? Entpuppt sich bald als ein überheblicher und selbstgerechter Psycho, der auch nicht wirklich alle Tassen im Schrank hat. Und dies schildert der Autor in knappen, sehr zurückgenommenen Sätzen. Keiner spricht ein Wort zuviel, die Dialoge sind fast minimalistisch. "Kaliber" ist noir in Reinkultur. Von Recht und Ordnung findet man hier eigentlich nichts, aber man kann sich dem schwarzen Humor von Ken Bruen auch nicht entziehen. Ein gelungenes und kurzweiliges Buch, das aber auch nur rund 180 Seiten zu bieten hat. 178 Seiten

Jerry Garcia



Olen Steinhauer. Flughafen Wien, 2006: Auf dem Rollfeld steht ein Airbus mit einhundertzwanzig Passagieren an Bord, den Terroristen in ihre Gewalt gebracht haben. Die CIA vor Ort hat die Chance, die Geiselnahme zu beenden und Blutvergießen zu verhindern. Doch ihr Plan wird verraten – alle Passagiere kommen ums Leben. Der entscheidende Anruf kam aus dem Quartier der CIA. Kalifornien, 2012: CIA-Agent Henry Pelham ist nervös. Nach Jahren wird er seine Kollegin Celia Favreau wiedersehen, mit der er in Wien eine kurze Beziehung hatte. Zusammen versuchten sie in jener Nacht fieberhaft, das Leben der Passagiere zu retten. Nun hat die interne Ermittlung der CIA den Fall neu aufgerollt. In einem Restaurant treffen sich Henry und Celia. Was als Gespräch unter ehemals Vertrauten beginnt, entwickelt sich zu einem packenden wechselseitigen Verhör, das schließlich die Wahrheit über den Verrat von Wien ans Licht bringt.

Die Verstorbenen aus dem Flugzeug in Wien lassen der CIA keine Ruhe. Irgendwann kommt ans Licht, dass von Hauptquartier aus bei den Terroristen in der Maschine angerufen wurde. Aus welchem Anlass? Und vor allem - Wer hat da angerufen? Gehörte etwa jemand zu den Verbrechern? Henry Pelham macht sich auf, dieses Rätsel zu bearbeiten. Verschiedene Mitarbeiter von damals hat er schon an deren derzeitigem Wohnort aufgesucht und befragt. Nun ist er in Kalifornien, um Celia zu befragen. Mit ihr hatte er in Wien damals eine Affäre - bis sie ihrem Arbeitgeber und dem Stress plötzlich und unerwartet den Rücken kehrte (und somit auch Henry) und einen reichen älteren Mann namens Drew heiratete, mit dem sie nun friedlich in ihrem feinen zu Hause mit ihren beiden Kindern lebt. Sie verabredet sich mit Henry zum Essen in gediegenen Lokal in der Stadt. Sie schwelgen einige Zeit in der Erinnerung an früher, bis das Gespräch die Wende nimmt, die es nach Henry auch nehmen sollte. Es wird zum Verhör.

Olen Steinhauer lässt sich Zeit, stellt in aller Gemütsruhe die Protagonisten vor, zeigt nach und nach ihre Schwächen auf, seziert fast schon ihre Beziehung zueinander. Und nur in kleinen, eher schon minimalen Portionen serviert er dem Leser die Ereignisse von damals in Wien. Wer die bisherigen Bücher von Olen Steinhauer kennt, dürfte wissen, dass vordergründige Action bei ihm nicht zu finden ist. Statt an den America First-Krachern orientiert er sich eher an alten Meistern des Spionagefachs und streut klitzkleine Hinweise in seine Story ein, die erst sehr spät ein richtiges Bild ergeben. "Der Anruf" ist ein äußerst dialoglastiges Buch, das auch von den Rückblenden zu den früheren Geschehnissen sowie der Beziehung der Protagonisten lebt. Deren Blick auf die Dinge wird in unterschiedichen Sichtweisen erzählt. Mal aus der Warte von Celia und ein anderes Mal aus der von Henry. Zugegeben, passieren tut nicht wirklich viel in dem eher als Kammerspiel angelegten Roman mit Hang zum klassischen Krimi. Man wartet aber als Leser direkt darauf, dass sich endlich etwas ergibt, sich Spuren auftun oder jemand einen Fehler macht. Das macht die Spannung der Lektüre aus. Er ist raffiniert und durchaus clever konstruiert, sodass man bei den rund 270 Seiten nicht vor Langeweile völlig ermüdet, obwohl nicht wirklich viel passiert. Statt "Der Anruf", der natürlich wichtig und der eigentliche Auslöser des Ganzen ist, hätte man den Roman auch "Der Dialog" nennen können. Und der Leser lernt das Spiel um Spionage und Verrat, um Lügen und Halbwahrheiten im diffusen Licht der Geheimdienste durch Olen Steinhauer ("Die Kairo-Affäre") gut kennen. Keine Helden in Anzügen, denen alles gelingt. Nur Menschen mit Fehlern und irrigen Ansichten oder Loyalitäten, die durchaus auch immer mal wieder wechseln können. Wer Action sucht, ist hier falsch. Für einen komplexen Spionagethriller aber genau richtig. 270 Seiten.

Jerry Garcia



Filip Alexanderson. Jonas hat es nicht leicht: Er muss sich um seine kranke Mutter kümmern und nebenbei sein Jurastudium durch harte Arbeit auf Stockholms Baustellen verdienen. Dabei leidet er immer wieder unter heftigen Migräneanfällen. Während einer solchen Attacke hat er eines Tages einen schrecklichen Unfall, den er wie durch ein Wunder überlebt. Bei der schnell eingeleiteten Operation entfernen die Ärzte eine merkwürdige Kapsel in Jonas' Kopf – und von dem Moment an ist seine Welt nicht mehr die, die sie war. Es gehen seltsame Dinge vor sich, und während Jonas verzweifelt nach Antworten sucht, wird er plötzlich selbst zum Gejagten.

Eldh findet einen Obdachlosen leblos an seinem angestammten Schlafplatz. Er scheint mit Strom misshandelt worden zu sein. Sie weiß, dass der Täter noch in der Nähe ist und sucht ihn. Und siehe da: Er ist auf dem Weg in die U-Bahnstation. Doch er merkt, dass ihm jemand folgt und kann die nicht mehr sehr agile Eldh abhängen. Und die gerät kurz darauf wieder ins Zentrum eines Mordes. Diesmal an einem Kind. Sie wird bei den Eltern als Mitarbeiterin des Sozialamtes vorstellig und startet vorsichtig eine Art Verhör, um mehr über das tote Kind zu erfahren. Leider vergebens. Ihr nächster Weg führt sie ins Leichenschauhaus, wo sie sich als Polizistin ausgibt, um zur Leiche des Kindes vorgelassen zu werden. Das gelingt ihr auch. Unterdessen ist Jonas mit sich selbst und seinem Leben völlig ausgelastet. Er muss sich um seine kranke Mutter kümmern, die in sich selbst ruht, nicht mehr redet, nicht aus dem Haus geht und kaum fähig ist, für sich zu sorgen. Um dies alles finanziell überstehen zu können, geht Jonas neben seinem Jurastudium auch auf dem Bau arbeiten. Oft genug auch schwarz, damit er die Steuer vermeiden kann. Bei einem seiner Einsätze auf dem Bau wird er, nachdem er einigen polnischen Kollegen zuvor noch bei deren bürokratischen Formularen geholfen hatte, plötzlich von einem schweren Migräneanfall gepeinigt und gerät in den Weg eines Stahlträgers, der von einem Kran umgeschwenkt wird. Der trifft ihn schwer am Hinterkopf und die Arbeiter denken, dass Jonas tot sei. Doch der junge Mann lebt. Sofort ruft man eine Ambulanz, die ihn in ein Krankenhaus fährt. Dort kommt er auf den Op-Tisch und man entfernt aus dem nahezu zerschmetterten Hinterkopf eine seltsame Kapsel. Noch während die Ärzte und Schwestern rätseln, warum Jonas überhaupt noch lebt und was die Kapsel zu bedeuten hat, springt der auf, greift sich die Kapsel und flüchtet aus dem Krankenhaus. Hilfe kann er nur bei seiner Ex-Freundin Rebecka finden. Mit ihr zusammen geht er zu einem Professor Schröder, der mehr über den Zustand von Jonas und das Geheimnis der Kapsel zu wissen scheint. Doch irgendjemand ist den Beiden auf den Fersen. Noch während sie mit dem Professor sprechen, werden sie überfallen.

Auf der Vorderseite des Umschlags wird das Buch als Thriller deklariert. Doch es dauert nur rund 50 Seiten, bis der Leser ohne Schwierigkeiten feststellen kann, dass er hier nicht zu einem simplen Thriller mit etwas Action und Krimihandlung gegriffen hat, sondern sich Mystery mit einigen phantastischen Elementen ziemlich breit macht, die ich anhand der Inhaltsangabe nicht so wirklich auf der Rechnung hatte. Erwartet oder erhofft hatte ich mir eher einen feinen Kracher im Bourne-Stil. DAS hatte sich bald erledigt, ABER Filip Alexanderson rückt auch nicht so schnell mit Ansätzen zu einer Lösung heraus. Das hält natürlich die Spannung hoch und nötig den Leser praktisch, nicht von der Lektüre zu lassen, wenn er endlich die Hintergründe und Zusammenhänge erfahren will. Da auch das Tempo ganz okay ist, nimmt die durch die unterschiedlichen Handlungsstränge hin und wieder auftretende, leichte Verwirrung in Kauf, auch wenn es sehr lange dauert, ein gewisses Konzept hinter den Geschehnissen zu entdecken. Denn schon bald geht es um Experimente (Okay, war zu erwarten), Energiestöße, Parallelgesellschaften und auftretende Energiebündel, Kinder und Schutzbefohlene, wilde Hetzjagden durch Schweden, Schießereien und Explosionen. Und kaum glaubt man, die ersten Ideen zu einer auflösung des Ganzen zu haben, tauchen neue Geheimisse auf, haben plötzlich Menschen ungeahnte Superkräfte, für die sie auch eine ganz spezielle Nahrungsaufnahme benötigen, die schon recht seltsam anmutet. "Firstborn - Der Gejagte" entwickelt sich vom angekündigten Thriller schnell zu einem Genrebastard, der eine seit Ewigkeiten hinter den Kulissen der Öffentlichkeit aktive Verschwörung aufdeckt und mit ungeahnten Kräften und Action nicht geizt. Man muss aber die nötige Geduld und Aufmerksamkeit mitbringen, sonst wird die Lektüre möglicherweise eher zur Tortur. Ist man aber erst einmal bei der Sache und hat die ersten "Verwirrungen" mit dem einen oder anderen Hinweis hinter sich gebracht, entwickelt sich das Buch von Filip Alexanderson zu einem temporeichen Mystery-Thriller mit Tendenz zur Entlarvung politischer Eliten als Hintermänner ein einem fiesen Spiel mit den Menschen, die sie ahnungslos durch die Wahl in ihre Positionen gehieft haben. Und an Kritik am Staat selbst spart der Autor auch nicht. So etwas kann in Schweden doch gar nicht passieren!!! Diesen Satz kann man wohl auf jede Nation übertragen, in der gutgläubige Wähler von den agierenden Parteien (Die sich auch noch heuchlerisch "Volksparteien" nennen.) ständig und mit Wonne übers Ohr gehauen werden. "Firstborn - Der Gejagte" ist ein gutes Buch, ein sehr unterhaltsames, das mit ziemlicher Sicherheit noch eine Fortsetzung erfahren wird. Und ich werde es kaufen, das ist mal sicher. 445 Seiten.

Jerry Garcia



Nika S. Daveron. Elayne ist ganz besessen von dem Spiel "Fine Line", welches es durch eine spezielle Technologie ermöglicht, in den Körper der Spielfigur einzutauchen. Doch schon bald entbrennt ein Kampf um Leben und Tod, als jemand versucht, diese Technologie zu stehlen.

Elayne ist Studentin im Fach Latein, aber sie ist auch schon von Kindheit an eher die Nintendo-Göre gewesen, denn die niedliche Barbiemama. Und so kommt es, dass sie in ihrer neuen Wohngemeinschaft schnell durch einen Mitberwohner mit dem Spiel "Fine Line" infiziert wird. Sie findet schnell eine Gilde, mit der sie zusammen in der virtuellen Welt Abenteuer erleben kann. Und irgendwann fällt sie einer anderen Gruppe auf, die sich ihre Mitglieder aus schon bestehenden Gilden raussucht. Natürlich müssen die Erwählten schon gewisse Standards erfüllen, um wirklich dazu zu gehören. Und diese neue Gilde - Xanadu - wartet auch gleich mit einer sensationellen Neuerung auf: Sie kann den Spieler selbst in seinen Avatar eintauchen und ihn somit die Spiele live erleben lassen (Da musste ich unwillkürlich an neue "Techniken" bei Filmen denken: die kotzenswerte Wackelkamera.). Was sich wirklich wie eine wunderbare neue Erfahrung herausstellen könnte, entwickelt sich bald zu einem Kampf gegen Hacker, der ihr eigentlich nicht wirklich liegt. Sie wollte ja nur spielen. So ganz nebenbei macht sich aber auch die Liebe zu einem ihrer Mitspieler bemerkbar, als man sich mal zu einem Gildetreffen verabredet.

Ich muss schon sagen, dass mich das Buch positiv überrascht hat. Es kommt zwar nicht an ein Werk von Daniel Suarez heran und hat absolut nicht mit den sonst von mir bevorzugten Genres am Hut, kann aber ordentliche Unterhaltung auch für Nichtspieler wie mich bieten. gerade in dieser Hinsicht ist es doch recht leicht verständlich gestaltet und stoppt daher auch nicht den Lesefluss. Natürlich musste ich mich beim Einstieg in die an die ungewohnte Kost gewöhnen, aber das gelang recht schnell und mit den ersten vier Zeilen auf Seite 125 kamen dann auch einige Sympathiepunkte dazu. Es machte schon Spaß, dem Abenteuer zu folgen, Elaynes kleine Verwicklungen und größeren Auseinandersetzungen mitzuerleben sowie ihrem zweifelhaften Geschick, jedes Fettnäpfchen zu finden - egal, wie gut es versteckt wurde - und mit Schmackes reinzulatschen. Die Gestaltung der Charaktere ist okay, da gab es auf jeden Fall schon einige schlimmere, die dem Leser ein Buch so richtig verleiden konnten. Das passiert in "Fine Line" NICHT. Eine durchaus gekonnt servierte Geschichte, in der die Liebelei nicht in den Vordergrund gehieft wird und auch das eine oder andere Versatzstück, das zum Tragen kommt, nicht weiter stört. Vermutlich hatten Gamer noch etwas mehr Spaß an dem Buch. Das sei ihnen gegönnt. Mir hat es die Lesezeit jedenfalls auch nicht vergällt. Und irgendwie will sich bei mir der Eindruck nicht verflüchtigen, dass da noch etwas nachkommt. Aber einen kleinen Wermutstropfen muss ich dann noch loswerden: Wo isser denn  jetzt her, der kleine Jey? Indien oder Bangladesh? Da ist er im Buch leider öfter hin- und hergewechselt. Ein Danke an den Luzifer-Verlag für das Rezensionsexemplar. 330 Seiten.

Jerry Garcia



Gregg Hurwitz. 1. Gebot: Keine voreiligen Schlüsse. Seine Nachbarn halten Evan Smoak für einen harmlosen Verkäufer von Industriereinigern. Dabei ist er eine der tödlichsten und geheimsten Waffen der US-Regierung: ein Absolvent des Orphan-Programms, in dem Waisenkinder zu hocheffizienten Killern ausgebildet wurden. 4. Gebot: Es ist nie persönlich. Nach Jahren des Mordens im inoffiziellen Regierungsauftrag, ist Evan in den Untergrund gegangen. Er hilft nun den Verzweifelten, die mit ihren Problemen nicht zur Polizei gehen können - mit allen Fähigkeiten, die ihm zur Verfügung stehen. Dabei hält er sich strikt an seine eigenen Gebote. Doch diesmal bricht er eine der Regeln und sein Auftrag entwickelt sich zur Katastrophe. Nun muss er gegen ein Gebot nach dem anderen verstoßen, damit das allerwichtigste unangetastet bleibt:
10. Gebot: Lasse niemals einen Unschuldigen sterben

Evan Smoak war Killer der Regierung. Irgendwann ist er aus dem Programm, das Kinder zu legalen Mördern machte, ausgestiegen und hat sein eigenes Programm entwickelt. Er legt einigermaßen brauchbar getarnt in einem dieser High Rise-Gebäude, in dem die Wohnungen teuer, verschwiegen und verwinkelt sind und man sich dennoch mit einer Hauseigentümerversammlung und eben Mitbewohnern abplagen muss. Er kann dem so gut wie möglich aus dem Weg gehen, vermeidet ausufernde Kontakte, erweist sich als schlechter Gesprächspartner, da er nur einsilbige Antworten gibt, wenn überhaupt. Er hat ein System entwickelt, wem er wann zu Hilfe eilt. Hat er einer Person aus der Bredouille geholfen, bekommt diese eine Telefonnummer und soll die dann an jemanden weitergeben, der ebenso in Not geraten ist wie sie selbst. Eine Regel: Die Nummer darf nur einmal weitergegeben werden. Lange lief alles wunderbar, bis eines Tages innerhalb kürzester Zeit ZWEI Personen anrufen, die beide angeblich die Nummer von der Person haben, der Smoak zuvor das Leben vereinfacht hat. Und außerhalb des Jobs wird ihm nicht nur Druck vom Hausaverwalter wegen seine ständigen Abwesenheit bei diversen Eigentümerversammlungen gemacht, da kommt auch noch der achtjährige Peter mit seiner Mutter Mia regelrecht in sein Leben gestürmt. Und da Mia eine gestresste Anwältin und alleinerziehende Mutter ist, hat Evan bald mehr Kontakt zu den beiden Personen, die im selben Haus wohnen, als er sich je gewünscht hatte. Wäre ja alles nicht so gravierend, wenn sein nächster Job nicht höchste Gefahr bedeuten würde. Wieso zwei Anrufe? Was war mit den Schüssen auf seine neue Schutzbefohlene Katrin? Woher wussten die Angreifer, wo sie sind? Da kann er keinen kleinen Jungen gebrauchen, der ständig um ihn herumschwirrt und dabei womöglich in Gefahr gerät.

Vielleser und Serienhanseln dürften von der Handlung kaum überrascht werden. Unser aller Michael Madsen hat diese Art der Unterstützung, Dienst oder Service schon in einer Serie mit dem Titel "Rache nach Plan" angeboten. Und Bücher über Killer, die von ihrer Regierung enttäuscht wurden, weil sie plötzlich feststellen mussten, dass sie selbst ein Gewissen entwickeln und in ihrer Regierung dagegen der Großteil der Machthaber oder in der Befehlskette übergeordneten Personen ein solches vollkommen vermissen lassen und sich daher nun in Eigenregie dem Schutz bedürftiger Bürger widmen, hat es auch schon viele gegeben. Dennoch hat mich die Inhaltsangabe neugierig gemacht. Die festen Regeln des Mannes, seine Einsätze, vielleicht mal ein besonders ungewöhnlicher - erfährt man halt nur, wenn man es selbst liest. Eigentlich ist das Buch auch von Beginn an interessant gestaltet, der Autor weiß, wie man mit drehbuchartigen Satzkombinationen - also möglicht kurz und leicht verständlich - den Leser (und wohl bei Filmen gewisse Schauspieler) bei Laune hält und einige feine Cliffhanger einbaut. Die eine oder andere kleine Wendung und auch die Frage um Verrat oder Fehler generieren einen gewissen Spannungseffekt. Dazu etwas (Für Leser eines Stephen Hunter oder Ben Coes sowie Mark Greaney auf Solopfaden sehr milde) Action mit Blut, Blei und Schwert sowie der einen oder anderen minimalistischen Kampfsporteinlage peppen die Handlung und das Tempo auf. Und jetzt das ABER:

Es herrschen auch viele der bekannten Versatzstücke vor. Frau, alleinerziehend in gutem Job, mit einem Jungen, der sich nach einer Vaterfigur sehnt und ansonsten völlig verzogen ist. Wäre der bei mir so in der Wohnung rumgeturnt und hätte sie eingesaut, hätte ich ihn an die Hungerhilfe Afrika gespendet. Aber Evan findet bald Interesse an der kleinen Familie, was die selbstverständlich in Gefahr bringt, aus der er sie retten muss. Ist ja alles für einen Thriller im Bereich Mainstream nicht sooo schlecht, aber wenn dann die Gefälligkeitskommentare von Autorenkollegen Vergleiche mit Jack Reacher, Mitch Rapp oder Jason Bourne auf den Buchumschlag geknallt werden, dann ist das recht weit von der Wahrheit entfernt. Einzig in einem Punkt stimme ich Lee Child zu: Es ist das bisher beste Buch des Autors. Wer aber raue und knallharte Action mit Shoot-outs ohne Ende und vor allen Dingen auch ohne allzuviel Emotionspaketen will, der muss den hier nicht lesen. Ist ne kann Anschaffung, wenn man sich grad mal vor der Gartenarbeit oder sonstigen minimal aufwändigen Tätigkeiten drücken will. Kein Murks, aber auch kein Muss. 440 Seiten.

Jerry Garcia



Taylor Stevens. Vanessa Michael Munroe hat sich nach Afrika, zurückgezogen und arbeitet als unbedarfter junger Mann getarnt bei einer kleinen Sicherheitsfirma. Es ist ein ruhiges Leben, bis sie beauftragt wird, ein Schiff Richtung Kenia zu begleiten. Mitten auf See entdeckt sie, dass sich eine illegale Waffenlieferung an Bord befindet. Nur Stunden später wird das Schiff von somalischen Piraten angegriffen, und Munroe gelingt es in letzter Sekunde mit dem schwer verletzten Kapitän ans somalische Festland zu fliehen. Doch schon bald muss sie herausfinden, dass die Piraten nicht auf die Ladung des Schiffes aus waren, sondern auf dessen Kapitän.

Nach den Ereignissen, die sie auch mit Bradford auf Distanz brachten, hat sich Munroe nach Afrika zurückgezogen, wo sie sich mit Lebensart und den Menschen auskennt. Getarnt als Michael arbeitet sie für Leo, den Chef einer kleinen Sicherheitsfirma, sowie dessen Frau Amber. Auf Druck von Leo, dem mit Natan ein Mann ausgefallen ist und der noch dazu vermutet, Michael habe ein Verhältnis mit seiner Frau, kommt sie mit auf ein Schiff, das Fracht nach Mombasa bringen soll. Worüber man sie nicht informiert hat, ist die Waffenladung an Bord, die vor der somalischen Küste in Empfang genommen werden soll. Was Munroe zudem ärgert, ist der Umstand, dass sie hier nur als Anhängsel und nicht als vollwertiges Mitglied der Mannschaft behandelt wird. Leo tut sich in dieser Hinsicht besonders hervor. Doch all dies wird erst einmal nebensächlich als der Frachter überfallen wird. Sie kann zusammen mit dem Kapitän fliehen, doch das macht ihre Lage nur noch gefährlicher. Denn nicht die Ladung war das Ziel der Piraten, sondern der Kapitän. Doch bevor sie wieder zu der Munroe wird, die sie war, bevor sie nach Afrika zurückkam, muss sie erst einmal mit ihrem Leben klarkommen, die Medikamente absetzen und "Klar Schiff" machen. Danach legt sie in gewohnter Manier los und zeigt den Piraten und deren Auftraggebern, wozu eine Frau wie sie wirklich fähig ist.

Hab ich doch letzt in einem Forum gemeint, dass weibliche Autoren, die das Thrillergenre fast schon in Perfektion beherrschen, eigentlich nur von Gayle Lynds vertreten werden. Dabei habe ich aber Taylor Stevens glatt vergessen. Und zudem hat die auch noch eine Protagonistin geschaffen, die nicht in die üblichen Schubladen passt. Sie hat ungeahnte Fähigkeiten, die ihr vonnutzen sein können, aber auch eine ungezähmte Wut und Mordlust, die ihr antrainiert wurde und die sie kaum bezwingen kann. Und genau mit dieser hadert sie im ersten Teil des Buches. Wegen ihr ist sie nach den Ereignissen in "Die Geisel" und einem weiteren Buch, das zwar vor "Die Spezialistin" in den USA erschien, hierzulande aber nicht berücksichtigt wurde (Für deutsche Großverlage eine nicht unübliche Praxis. Da werden Leser gerne derart veräppelt.), wieder nach Afrika gegangen. Sie sehnt sich nach Ruhe und Frieden. Doch auch ohne selbst aktiv zu werden, ist ihr dies nicht vergönnt. Ob es nun Leo oder einige seiner Mitarbeiter sind, entweder wird sie nicht gleichberechtigt behandelt oder in irgendeinen Trouble hineingezogen. Es dauert, bis die aus den Büchern zuvor bekannte Munroe wieder zum Vorschein kommt. Doch dann wird es für ihre Feinde und Gegner gefährlich - auch wenn sie sich im Gegensatz zu früheren Ereignissen stellenweise merklich zurücknimmt. Hat man so ungefähr das erste Drittel hinter sich gebracht, nimmt auch die Spannung zu, kommen nach und nach die Hintergründe des Überfalls an den Tag. Nach den etwas düsteren Gedankengängen der Protagonistin zuvor und den politischen Vorgängen in Afrika gibt es später auch wieder Lichtblicke im Leben der Vanessa Michael Munroe, doch zuvor muss sie noch einige heikle Szenen überstehen. Das Buch ist in einem flüssigen und temporeichen Stil verfasst, der nach dem ersten Drittel dann auch richtig greift und mehr ind mehr in den Bann zieht. Obwohl es jetzt nicht der stärkste Band aus der Reihe ist, kann Taylor Stevens auch nach diesem Buch von meinem Leseverständnis her nur ebenfalls attestiert werden, dass sie mit Ihrer ungewöhnlichen Protagonistin und internationalen Schauplätzen sowie teilweise etwas härterer und kaltblütigerer Action zu den besten Thrilleautorinnen gehört, die ich je das Vergnügen hatte lesen zu dürfen. Warum die auf dem Buchumschlag zitierte Dallas Morning News sie allerdings mit Dan Brown vergleicht, ist mir ein Rätsel. Taylot Stevens ist entschieden besser und im Gegensatz zu dem Genannten kann sie die Qualität auch über mehrere Bücher beibehalten. 470 Seiten.

Jerry Garcia



Bryan Smith. Vier Jahre sind seit den Ereignissen des ersten Buches vergangen, in dem Jessica einer Familie von perversen Mutanten ausgeliefert war. Nun kehrt Jessica zurück nach Hopkins Bend. Sie ist auf der Flucht, weil ihr ein Mord angelastet wird, den sie gar nicht begangen hat. Aber in der verlassenen Geisterstadt sind die Dinge nicht so, wie sie Jessica erwartet. Bald findet sie sich in einem Albtraum des Perversen wieder.

Jessica ist wieder da. Aus der Armee geflogen, weil sie in Kabul Scheiße gebaut hat, was etliche Menschenleben kostete. Selbst Daddy konnte da nix mehr machen. Und da sie nichts zu tun hat, niemanden killen darf, da versumpft sie eben regelmäßig und wacht am Tag danach mit einem Riesenkater auf. Und hat hin und wieder mal jemanden abgeschleppt oder sich abschleppen lassen. Diesmal war Zelda die Glückliche. Doch Jessica hat weitere Probleme, wie sie bald feststellen muss. Da rät ihr Papa, dass sie zurück nach Hopkins Bend gehen soll. Das ist so etwas wie eine Geisterstadt geworden und dürfte wohl der sicherste Platz für sie sein. Doch wie das mit solchen sicheren Plätzen so ist: manche sind der Gestalt, dass sie Neugierige anlocken. Daphne und Begleiter Adam sind solche Abenteurer. Daphne schnappt sich Adam immer dann, wenn ihr Freund gerade außerhalb zu tun hat. Sie will halt trotzdem ein bisschen Spaß. Doch Backwood sollte man meiden. Sie werden von Hinterwäldlern aufgegriffen. Adam nippelt gleich ab, Daphne (die später auch mal "nippeln" darf, hehe) wird mitgeschleppt. Was sie dann erwartet, hätte sie sich in ihren übelsten Albträumen nicht vorgestellt. Und dann ist da noch Sienna aus der Umgebung, in der durchaus noch einige Leute leben - und was für welche. Sienna macht sich bald auf den Weg, um bei einer Verwandten zu wohnen, wo sie nicht ständig kritisiert wird. Sie findet diese nahe dem Tode in ihrem Bett, da ihr Mann schon seit Tagen bei Sienna Schwester ein- und ausgeht (denkt euch euren Teil selber) und die kranke Gattin daheim vor sich hinsiechen lässt. Eine vorzügliche Sache. Sie kann die Olle ersticken und dann ihr Ritual zu Wiederbelebung von Toten praktizieren. Und in diese Brutstätte der Gewalt verschlägt es Jessica erneut.

Mal wieder starker Stoff von Bryan Smith. Was bei Frank Festa unter der "normalen" Horror- und Thriller-Reihe angesiedelt ist, hätte bei anderen Verlagen wohl kein Zuhause gefunden und wenn doch, dann nur mit heftigen Kürzungen, durch die es dann zu einer Novelle geworden wäre, noch dazu zu einer mickrigen. Bryan Smith dreht also auf. Und mit dem ersten Teil hat er mich eigentlich sofort in den Bann gezogen. Bryan Smith und Verschwörung, Militärangehörige, die Mist gebaut hat, Mordanschläge - ganz mein Ding. Man lernt aber auch so nach und nach weitere Figuren kennen, die mal etwas länger bleiben und auch vorgestellt oder aber dem Fortgang der Story schnell zum Fraß vorgeworfen werden. Aber mal ehrlich, die gesamte Brut, die durch diesen Roman geistert, könnte man zur Fütterungszeit in nen Tigerkäfig sperren. Lauter böse Menschen und bald auch tote Menschen. Mit Jessica kann man anfangs noch etwas mitfiebern aufgrund er vorgefallenen Ereignisse zu diesem Zeitpunkt, aber auch sie fällt in bösartige Muster zurück. Wie soll man sich auch unter all diesen schrägen, bösartigen, versifften und durchgeknallten Drecksäcken auch normal verhalten? Je weiter die Geschichte fortschreitet, um so dicker trägt der Autor auf. Ein heftiges Gemenge aus Hinterland-Kannibalen, Totenbeschwörungen und sadistischen Mistschweinen. Auch der Egoismus hält Einzug. Der eine oder andere perverse Zug darf nicht fehlen und dann wird es vogelwild, ein richtiger Streifzug durch die Genres und wer an den bisher bei Festa verlegten Werken der Horror-Reihe seinen Spaß hatte, wird sich mit dieser Lektüre sicher wohlfühlen und ein merkwürdiges Ziehen im Magen verspüren. Wer das als Hunger identifiziert, sollte vielleicht mal über seinen künftigen Werdegang nachdenken. Die Story wird immer rasanter, die Gewaltspirale dreht sich immer schneller und seinen Stil hat Herr Smith ja nicht geändert, da kann man sich flugs durchlesen. Eine derb-blutig-brutal-böse Fress- und Fickorgie, die aber aufgrund der Tatsache, dass darum herum eine Geschichte erzählt wurde, besser daherkommt, als so manche reine Schlachtorgie (die ich aber trotzdem nicht missen will). ABER einen Wermutstropen, nen großen, muss ich einfügen, weil es im Buch etwas gibt, das ich die nächste Zeit lieber etwas missen WILL. Diese Backwoodwaldschrate und die Geschichten um sie werden mit der "Flut", die da in letzter Zeit so auf uns Leser losgelassen wurde, etwas nervig. Oder um im Jargon des Buches zu bleiben - sie schmecken derzeit etwas fade. Hier werde ich zumindest, was die nächsten Wochen angeht, mal eine Pause einlegen,sollen die Hinterwäldler sich mal ohne meine lesende Begleitung durch die Wälder metzeln und rammeln (heißt aber nicht, dass ich kommende Werke nicht kaufe, ich werde sie nur nicht gleich nach Erhalt lesen). Und das führt dann auch dazu, dass ich hier viel lieber Army-Jessicas Abenteuern - sogar Rückblenden nach Kabul - im Land der fiesen Verschwörer gefolgt wäre und stattdessen auf einige Zutaten der Sienna-Story oder auch Daphnes Leidensweg verzichtet hätte. Davon aber abgesehen findet diese Fortsetzung von "Verkommen" die Zustimmung von mir und sicher auch der anderen Leser derartiger Lektüre. Nur das Cover war für  ich etwas "langweilig" - von denen wurde diese Rückansicht von Mädels mit Waffen in letzter Zeit die B-Horror-Ware bei Filmen überschwemmt. Hat also jetzt nix mit der Qualität zu tun, sondern nur mit dem abgenutzten Motiv. Würde ich das Endergebnis "punktieren", wäre es eine 7/10. Also kein Fehlkauf. Rund 400 Seiten

Jerry Garcia



Dale Brown. Ein amerikanisches Aufklärungsflugzeug wird von einer neuartigen Waffe getroffen, die die Elektronik seines Ziels regelrecht zum Schmelzen bringt. Das Flugzeug stürzt südlich von China ins Meer. Eine Bergung scheint unmöglich, da die Gewässer zu China gehören – und das neue chinesische Staatsoberhaupt ist bereit, alles zu tun, um diesen Standpunkt zu vertreten. Als die Situation zwischen den USA und China zu eskalieren droht, wird kein anderer als der ehemalige Air-Force-General Patrick McLanahan auf den Plan gerufen, um die bevorstehende Apokalypse zu verhindern.

McLanahan ist jetzt Chef bei Sky Masters und treibt die Entwicklung und Nutzung von Bombern einer neuen Generation schnell voran. Und er gedenkt sie dann an die Streitkräfte sozusagen zu vermieten. Inklusive dem entsprechenden Personal am Boden und in der Luft. Sein Sohn Brad hingegen, der durch ganz viel Vitamin B an der Air Force Academy aufgenommen wurde, ist ganz schnell wieder draußen. Zoff mit einem dienstälteren Ausbildungskadetten ließ den vorgesetzten Offizieren keine Wahl, als den Störenfried, der sich zudem weigerte, sich zu entschuldigen, aus dem Kader zu entfernen. Doch die McLanahans halten zusammen. Patrick bringt Brad bei einem befreundeten Colonel unter, der den Jungen unter seine Fittiche nimmt und einen echten Flieger aus ihm machen will. Und während in der Heimat derartige Kleinigkeiten schon Stress auslösen, geschieht im chinesischen Meer Ungeheuerliches: Die nach und nach erstarkten (wirtschaftlich und militärisch) Chinesen wollen sich die ganze Region unter den Nagel reißen. Um die Kontrolle zu behalten, haben sie auch in neue Waffensysteme investiert. Und mit einem solchen holen sie ein amerikansiches Aufklärungsflugzeug vom Himmel. Während diplomatische Noten die Runde machen, wird im Hintergrund an einem Plan gearbeitet, den aufstrebenden Asiaten zu zeigen, wer der Herr im Hause ist. Durchaus nützlich sind dabei auch diverse Intrigen in der Führung der Riege der Mächtigen Chinas und streikende Arbeiter im Land des Feindes. Die Zeit für McLanahan scheint gekommen, seine neuen Flugzeuge mit ebenso neu entwickelten Waffen einzusetzen.

"Feuerhölle" ist der Abschluss der Reihe um Patrick McLanahan (wird aber weitergeführt mit Sohnemann Brad) und ich bin ehrlich gesagt ganz froh darum. Die letzten beiden Romane waren recht fade und dieser hier erreicht bestenfalls Mittelmaß. Da man einen Autor (Wie es im richtigen Arbeitsleben auch geschieht) an seinen besten Leistungen misst, hört die Serie doch etwas enttäuschend auf. Es ist gar nicht das Beschreiben der technischen Details, der Waffensysteme oder der politischen Winkelzüge, denn das hat Dale Brown früher bestens verknüpft und damit auch Kollegen wie Tom Clancy gezeigt, dass man Politthriller auch mit satter Action garnieren kann, ohne von einem gewohnten Stil abzuweichen. Doch mittlerweile ist Brown dieses Gefühl abhanden gekommen, die Action wird minimiert, die Familie McLanahan nimmt viel Raum ein. Und ist dabei langsam schon nervig. Der Sohn, der schön mit Protektion überall ein Pöstchen bekommt, diese unheimliche Heldenverehrung und dieses einseitige Darstellen von Recht und Unrecht. Pathos hier, Pathos da. Und die Chinesen sind wieder so ultraböse: schießen Demonstranten nieder, intrigieren untereinander, sind verlogen und nicht vertrauenswürdig, zeigen offen imperialistische Tendenzen. Alles Eigenheiten, die man auch bei den Amerikanern findet, dort aber als gute Eigenschaften geschildert werden. Oder will mir jemand erzählen, die USA würde Vietnams Seerecht schützen, wenn es vor Vietnam kein großes Ölfeld gäbe oder sie den Seeweg brauchen, um im chinesischen Meer zu patroullieren und die Chinesen auszuspionieren? Ich bin das ja durchaus gewohnt bei Dale Brown, aber manchmal bewegt er sich da tatsächlich an der Grenze des Erträglichen. In den letzten beiden Büchern hat die Action fast gänzlich gefehlt, hier ist es etwas mehr, aber nicht sonderlich viel. Deshalb hat man leider auch die Zeit, sich über allzuviel "America/McLanahan First" zu mokieren. Spannung, Tempo, Action - all das gibt es hier leider nur mit gebremstem Schaum. Vorbei die Zeiten der hektischen Luftkämpfe, Bombardierungen von Anlagen des Feindes, ja noch nicht einmal mehr die Hatz nach einem Maulwurf gibt es. Rasante Luftkämpfe sind Mangelware geworden. Keine Ahnung, ob der deutsche Verlag auch die Romane um Sohnemann Brad bringen wird, aber wenn schon Dale Brown, dann würde ich die Serie "Dreamland", die er zusammen mit Jim DeFelice (Co-Autor von Scott McEwen als der "American sniper" zu einem fertigen Buch machte) verfasst hat, dieser eigentlich vorziehen. Die Reihe läuft auch schon einige Jahre und dürfte gerade zu Beginn noch den Dale Brown zeigen, der bisher so viel Freude gemacht hatte. Kaufempfehlung nur für Komplettisten. 530 Seiten.

Jerry Garcia



Edward Lee & John Pelan. Captain Jack Cordesman wird an den Schauplatz eines bestialischen Mordes gerufen. Der Tote wurde das Opfer eines Kannibalen. Neben den Bissspuren gibt es nur einen einzigen Hinweis: ein paar lange, rote Haare. Als diese Haare auch an weiteren Tatorten gefunden werden, wird klar, dass die Polizei von Seattle es mit einem Serienkiller zu tun hat – mit einer Frau.

Locke ist ein Dichter, einer, der von seinen Arbeiten nicht leben kann und auch nicht leben will. Daher ist er auch ständig auf finanzielle Almosen unterschiedlicher Freunde und somit gönner angewiesen. Dennoch ist es ihm irgendwie gelungen, eine tolle Frau namens Clare abzubekommen. Er liebt sie abgöttisch - bis sie ihn verlässt, weil sie ihn nach ihren Worten nicht mehr lieben würde. Jetzt geht es mit ihm erst recht den Bach runter. Seine Verse und Reime klingen in seinen Ohren nur  noch nach hohlem Schwachsinn. In der Bar seines Vertrauens trifft er aber plötzlich einen Mann, der scheinbar das gleiche Schicksal wie er erlitten hat. In Ermangelung eines Namens nennt er ihn erst einmal Weißhemd. Doch bald kommt man bei der Trinkerei ins Gespräch und siehe da, die Vermutungen von Locke erwiesen sich als richtig. Doch als der Kerl ihn erst auf den Parkplatz ruft und sich dann im Auto mit einer ordentlich großen Wumme die Birne wegbläst, kommt die Polizei ins Spiel. Captain Jack Cordesman ist an dem Fall dran und bald weisen die Funde am Tatort darauf hin, dass der Tod mit dem Mord an einem kleinen Dieb in der Marina zusammenhängen muss. Der eigentlich relativ unbedeutende Wicht wurde völlig zerstückelt und angekaut aufgefunden. doch vorerst weist auch vieles auf Locke hin. Der Captain bleibt dran. Besonders als der Freund von Locke, Lehrling, ebenfalls tot entdeckt wird. Und wieder scheint die Vrogehensweise identisch gewesen zu sein. Doch Locke wird nicht nur unglücklicherweise von der Polizei in die Mangel genommen, es widerfährt ihm auch Gutes. Von dem geheimnisvollen Locke bekommt er bald ein Angebot gemacht, das ihn leicht korrumpieren könnte, falls er es annimmt. Wirft er seine bisherigen Prinzipien wirklich über den Haufen?

Es ist ja durchaus schon bekannt, dass Edward Lee sich nicht nur auf seine extremen Werke reduzieren lässt. Er kann auch mit Handlung und einer gewissen intellektuellen Note arbeiten. und auch John Pelan, mit dem er ja schon bei zwei extrem ausufernden Titel gemeinsame Sache gemacht hat, erscheint fähig, diese Noten in ein Horrorbuch einzubringen. Lange Zeit dreht sich die Szenerie hauptsächlich um Locke und seine Verzweiflung, seine Liebe und seinen Liebeskummer. Und mit der Zeit gingen mir seine schwülstigen Texte und sein Geplärre doch auch auf den Keks. Glücklicherweise wurde diese innere Einkehr eines einsamen Dichters doch hin und wieder durch seltsame und durchaus auch recht brutale Vorkommnisse aufgelockert, bei denen man zumindest leicht entschärft auch wieder die nicht unerwarteten Sexszenen goutieren durfte. Und mit der Zeit schlichen sich einige Fetzen der Wiedererkennung in die Story ein, was den Eindruck einer Zweitverwertung einer Geschichte ohne allzu großen Aufwand zu betreiben auch kurz nährte. Was  mir jetzt in dem Buch gefehlt hat, waren RICHTIGE und ORDENTLICHE Ermittlungen durch einen kompetenten Bullen, der einen vermeintlichen Thriller zu einem spannenden macht. Kam jetzt so nicht vor. Hätte man Cordesman durch einen dieser Boulevard-Schreiberlinge ersetzt, wäre es auch nicht anders abgelaufen - kurz, die Bullen waren überflüssig und die Ermittlungen derartig gut getarnt, dass sie selbst Leonardo DiCaprio als oscarprämierter Trapper und Held der amerikansichen Spurensucher nicht gefunden hätte. Na gut, wenigstens waren für den Filmfreund ein paar kleine "Aufmerksamkeiten" drin. Das Schiff zu Beginn mit dem halluzinierenden Kaptän hatte den Namen Angus Scrimm, der Film "Ilsa" wird kurz genannt und unser alter Mickey Rourke bekommt ordentlich sein Fett weg, wenn eine Figur kurz anmerken darf, dass die Kids es heutzutage wohl cool finden als Penner rumzulaufen. Daran und an einigen Zeilen zu "CD-Roms oder was sonst immer das ist" kann man auch schnell den Bogen schlagen, dass "Shifters" doch schon im Original einige Jahre auf dem Buckel hat. In den 90-ern lief Rourke ja zur Pennerhöchstleistung auf und traute sich sogar zu einem Boxkampf (ein Vorkampf, zum Vorkrampf mutiert) in Deutschland anzutreten, der als TV-Übertragung eine schwere abendliche Tortur war, wie Rourke damals mit schrägsitzender Zipfelmütze durch den Ring stolperte. Vermutlich war er damals eh dermaßen breit, dass er nicht wusste, wo er war und was er da tat. Zurück zum Buch: Es ist irgendwie ein Kampf zwischen Liebe/Poesie/Kunst gegen Blut/Tod/Gewalt/Verführung, wobei vom ersten zuviel geboten wird und vom zweiten zuwenig. Es dauert, bis das Buch richtig in Fahrt kommt, die verschiedenen Beziehungen unter den Figuren sortiert werden (Naja, halbwegs zumindest) und der Witz mit den Penis-Nuggets verdaut ist. Die Auflösung - so man es so nennen kann - ist ein bisschen wild und halbgar, aber okay. Das Buch ist auch keines der Highlights in der Vita des Autors, für ne 6,5/10 reicht es aber immer noch mit dieser milden, aber wilden Story der Kollegen Lee & Pelan.  ca. 400 Seiten                   

Jerry Garcia



Philip Kerr. Amerika 1960. Der Profikiller Tom Jefferson wird von der Mafia auf Fidel Castro angesetzt. Doch dann läuft die Sache völlig aus dem Ruder. Jefferson erhält ein Tonband, auf dem zu hören ist, wie sich seine Frau mit John F. Kennedy im Bett vergnügt. Kurz darauf ist sie tot - und Jefferson mit dem Geld der Mafia spurlos verschwunden.

Tom Jefferson ist ein Profi. Sein Geld verdient er damit, Leute zu töten. Ausgebildet von der Armee der USA, ist er heute selbstständig tätig und verdient Unmengen mehr als im Staatsdienst. Ein erster Auftrag, der ihm hier im Buch angetragen wird, führt ihn nach Argentinien, wo er im Auftrag der Israelis einen alten Naziverbrecher zur Strecke bringen soll, der sich hierher geflüchtet hat. Sein Spotter ist bei diesem Job eine Frau, die schon einige Erfahrung in diesem Metier aufweisen kann. Dennoch wird ihr speiübel als der Scharfschütze nach dem ersten Volltreffer sicherheitshalber einen weiteren Schuss ins Ziel setzt, bei welchem dem Opfer Kiefer, Zähne und Blut mit einer derartigen Wucht auseinandergerissen werden, dass sie über die gesamte Vorderseite des Cafes verstreut werden, das das Opfer gerade betreten wollte. Nach den erfolgreichen Schüssen, baut Tom Jefferson in aller Ruhe sein Gewehr auseinander und verlässt mit der Frau seinen Schützenstand, den er in einem leerstehenden Zimmer eines Hotels eingerichtet hatte. Sein Können spricht sich herum und weitere Aufträge warten schon auf ihn. Die Mafia, die mit Sicherheit auch Verbindungen zur CIA hat, bietet ihm eine Menge Geld, um eine Machbarkeitsstudie anzufertigen, wie man Fidel Castro aus dem Weg räumen könnte. So führt ihn sein Weg ins Land, das die Amerikaner zur Jahrhundertwende von den Spaniern befreit hatten und heute noch voller Stolz auf den Sieg von Teddy Roosevelt an San Juan Hill verweisen. Dass Fidel Castro seine Landsleute dann von dem Joch der Amerikaner und deren Verbrecherorganisationen ebenfalls mit hohem Aufwand an Menschenleben befreite, sieht man dann auf US-Seite eher weniger gern. So kundschaftet Jefferson die Umgebung um den Regierungspalast aus, von dem Fidel immer seine ausufernden Reden hält, probiert aus, wie schnell die Sicherheitsleute reagieren, wenn Schüsse fallen und wie flott die Revolutionsarmee vor Ort ist. Bei seiner Rückkehr kann er den Auftraggebern berichten, dass so ein Attentat durchaus machbar ist, wenn die Umstände und vor allem das Geld stimmen. Später, nach einigen Schlucken auf die gute Nachricht, hört man ein Band mit dem wahrscheinlich neuen Präsidenten John F. (Jack) Kennedy, den sein mafiaumtriebiger, irischer Raubolzen von Vater, Joe Kennedy, ins Amt zu hieven gedenkt. J. F. ist ein Charmebolzen, der jeden Wähler zu seinen Gunsten stimmen lassen kann und bei der Gelegenheit auch jede Gattin eines jeden Wählers in seine Koje holt, wenn sie auch nur ansatzweise entsprechendes Aussehen zu bieten hat. Mit einer gewissen Freude hört man sich ein Band an,auf dem Kennedy gerade mit der Monroe zugange ist. Doch dann steht Jefferson auf und verschwindet kommentarlos. Nicht die Monroe hat den künftigen Präsidenten mit eindeutigen Aktivitäten versorgt, sondern Jeffersons Frau Mary. Und der Killer ist spurlos verschwinden. Tage später findet man seine Frau - tot. Ermordet. Und die Mafia, die Castro loswerden wollte, vermisst ihr Geld. Das Honorar, das Jefferson für den Job kriegen sollte, hat er mitgenommen.

Philip Kerr lässt hier wieder alles aufleben, das in den 60-er Jahren Furore machte. Der Kalte Krieg in vollem Gange, der noch nicht Präsident Kennedy küngelt mit der Mafia, um ans Amt zu kommen und verspricht ihnen dann, sie in Ruhe weiter ihren Geschäften nachgehen zu lassen. Man ist auf Seiten der CIA schon gedanklich mit der Schweinebucht beschäftigt, in deren Hölle man jedoch nur Exilkubaner schicken will, weil man da a) keine Amerikaner opfern muss und b) den Russen eine lange Nase ziehen kann, weil ja keine Amis beteiligt waren. All das sind mehr oder weniger bewiesene Behauptungen, die sich im Fall der Kennedys und ihres Umfeldes hartnäckig halten. Dass die nicht so heilig waren, wie man der Welt weismachen will, ist aber durchaus erwiesen. In einer ziemlich anschaulich geschilderten Vergangenheit des Jahres 1960 mit Anmerkungen zu Autos, Büchern, Filmen und Musik sowie Mode und Lebenseinstellung baut Philip Kerr einen von Beginn an spannenden Thriller auf. Anhand der Inhaltsangabe ahnt der geneigte Leser ja schon, welche Richtung das Buch einschlagen wird, aber es ist nun einmal von Philip Kerr - und der hat immer noch etwas an Wendungen für seine Leser in petto. Wertungsneutral schildert der Autor Vorkommnisse, die in der Realität durchaus ihren Platz hätten haben können und durch den einen oder anderen erwähnten Punkt vielleicht sogar hatten. Dieser Thomas Jefferson verschwindet für einige Zeit im Buch von der Bildfläche, man wird eher mit den vergrätzten Mafiosi bekannt gemacht, die einen von ihnen gekauften Polizisten namens Jimmy Nimmo auf die Jagd nach dem betrügerischen Killer ansetzen und auf Ergebnisse warten. Alles Geschilderte passt auch in die schmutzige Welt eines James Ellroy, aber der Stil ist so weit von Ellroy entfernt wie die Sechziger Jahre von der Gegenwart. Dennoch liest sich "Der Tag X" sehr flott, auch ohne überbordende Action abzufeuern, was eh nicht das Ding von Philip Kerr ist. Es wird ein ausgeklügelter Plan entwickelt, der alle inklusive Leser, aber mit Ausnahme der Hauptfigur Jefferson, am Ende überrascht. Obwohl man als Leser ja die wahren Abläufe und Ereignisse kennt (kennen sollte). Für Leute, die gerne einen richtig spannenden Thriller in Händen halten, dabei aber auf ständige Shoot-Outs verzichten wollen/können und die nicht unbedingt Amerika- oder Kennedy-hörig sind, ein wunderbarer Mix aus Fiktion und Tatsachen mit feiner Nadel gestrickt und (fast) perfekt serviert. 530 Seiten.

Jerry Garcia



Nicholas Petrie. Körperlich fit, intelligent und eigensinnig – mit Peter Ash sollte man sich nicht anlegen. Ash hat jedoch mit seinem eigenen Trauma zu kämpfen. Nur wenn er es überwindet, kann er eine Katastrophe verhindern, die Tausende Menschen in den Tod zu reißen droht.

Peter Ash ist fertig mit der Welt: Seit seiner Rückkehr aus den Kriegen im Irak und in Afghanistan erleidet er Panikattacken, sobald er bloß einen Raum betritt. Das "weiße Rauschen", wie er es nennt, zwingt ihn, in der Wildnis zu bleiben und bei jedem Wetter unter freiem Himmel zu schlafen. Doch als ein Freund aus der Army Selbstmord begeht, spürt Ash, dass mehr hinter der Geschichte steckt, und wagt sich wieder unter Menschen. Er hilft der Witwe des Mannes, ihr baufälliges Haus zu renovieren. Unter der ramponierten Veranda entdeckt er mehr als nur morsches Holz: Hier bewacht ein verdammt großer und verdammt hässlicher Hund einen explosiven Fund – einen Koffer voller Geld und Sprengstoff. Der Koffer ist aber lediglich ein Puzzleteil in einem wahnsinnigen Anschlagsplan, der Tausende das Leben kosten soll. Ash bleibt nicht viel Zeit, um die Täter ausfindig zu machen. Und bei seinen eigenen Ermittlungen findet er Umstände vor, die er sich zuvor nicht hätte träumen lassen. Er wird verfolgt, engagiert sich für einen vermissten Veteranen und muss erkennen, dass in dieser Welt der Gier ein Menschenleben oder auch nur lebenswürdige Zustände nichts mehr zählen. Durch die Gesetzgeber noch unterstützt können raffgierige Zeitgenossen sich fast alles erlauben, ohne auch nur ansatzweise dafür belangt zu werden.

Nicholas Petrie hat hier seinen eigenen Jack Reacher zum Leben erweckt. Peter Ash ist ein traumatisierter Veteran, der zwar in geschlossenen und/oder engen Räumen gegen Panikattacken kämpfen muss, seit er aus Übersee und den dortigen Konflikten zurück ist, sich aber mehr oder weniger damit arrangiert hat. Er führt sein Einsiedlerleben in den Bergen und Wäldern der USA. Doch Menschlichkeit, Verantwortungsbewusstsein und Schuldgefühle sind ihm geblieben. Und das führt ihn direkt zu der Frau seines Kumpels Jimmy, der sich umgebracht hat, weil er mit den Folgen des Krieges nicht zurechtkam. Der Fund des Koffers bringt dann die Spannung ins sein Leben und das Buch. Und die Riesentöle Mingus dann auch - nach gewissen Anfangsschwierigkeiten - Humor. Und obwohl nicht dick aufgetragen und auf jeder zweiten Seite tränenrührig vermarktet, vermittelt Nicholas Petrie die Probleme, die Kriegsverteranen haben, wenn sie in die Heimat zurückkehren. Viele schaffen den Weg zurück ins Privatleben mit Arbeit und Familie, aber etliche bleiben alleine gelassen, haben keine Chance, sich wieder einzufügen. Die Unterstützung der Regierung wird immer weiter gekürzt. Viele sind obdachlos - und das aus mannigfaltigen Gründen. Dass Nicholas Petrie hier weniger erfunden hat, als man glauben mag, wurde mir durch einen Betroffenen bestätigt. So ist der spannende Thriller auch ein sozialkritisches Plädoyer für den verantwortungsvollen Umgang mit den Männern und Frauen, die für ihr Land in den Krieg gezogen sind. Und eine Anklage gegen die Gleichgültigkeit, die herrscht und die miesen Finanzjongleure, die mit ihren Praktiken die letzte Krise ausgelöst haben, massenweise Familien - auch die von Veteranen - ruinierten und auf die Straße trieben und dennoch nicht etwas bestraft wurden, sondern neben Boni im schlimmsten Fall noch immense Abfindungen kassierten. Die gierigen Hedgefondsmanager mit ihren Risikogeschäften, bei denen nur ihre Kunden verlieren konnten, nicht aber sie. All dies ist eingebettet in einen hochdramatischen Thriller, der auch einige Actionsequenzen aufblitzen lässt, aber insgesamt tatsächlich mehr an die Werke von Lee Child erinnert, denn an jene von Ben Coes, um, nur ein Beispiel zu nennen. Die sprachlichen Fähigkeiten des Autors sowie dessen flotter Stil machen aus "Drifter" einen hochunterhaltsamen Roman, der mit ernsten Themen ebenso wie mit reinen Unterhaltungselementen punkten kann - und Mingus, der Hund, ist eine Marke für sich. Ausgefeilte und superb skizzierte Figuren und Charaktere bringen viel Leben in die Geschichte und wenn Herr Baldacci hier mit lobenden Worten zitiert wird, darf man dem schon mal glauben, denn der Plot ergibt sich erst nach einiger Zeit, das Puzzle zusammenzusetzen dauert, doch dann werden die Handlungsstränge und Motive nach und nach miteinander verwoben. Und solange spekuliert man auch als Leser, was sich da denn nun abspielt, wer mit wem warum zusammenarbeitet. Klasse Suspense-Thriller aus der Feder eines neuen Autors, der hoffentlich noch weitere Bücher dieser Art schreiben wird. Möglichst MIT Peter und Mingus. Rund 410 Seiten.

Jerry Garcia



In letzter Sekunde wird der 14-jährige Ricky von einem mysteriösen Fremden gerettet. Dieser macht ihm ein erstaunliches Angebot: Ricky bekommt eine Wohnung und 100 £ pro Woche, wenn er sich von dem Typ namens Felix unterrichten lässt. Wozu er professionelles Kampftraining und Beschattungstechniken braucht, ist Ricky zwar ein Rätsel, aber er willigt ein – und findet sich plötzlich inmitten einer gefährlichen Mission wieder.

Ricky ist ein Straßenkind in London. Nachdem seine Eltern bei einem Autounfall starben, wurden er und seine Schwester bei veschiedenen Pflegegfamlien untergebracht. Kein Zuckerschlecken und seine Schwester hat sich bald darauf umgebracht. Nun hatte Ricky aber auch keinen Grund mehr, sich an die Regeln seiner neuen Familie zu halten und machte sich auf und davon. Er lebte von da an auf der Straße, hielt sich mit Diebstählen über Wasser. Und als Taschendieb war er gut, hielt sich sogar für einen echten Supermann der Taschendiebe. Und er hatte Regeln. Niemals Frauen mit Kindern beklauen, keine offensichtlich armen Leute. Und schon hatte er sich ein neues Opfer ausgeguckt. Ein Typ mit Hut, der nach Geld aussah und am Stock ging. Anrempeln, zugreifen, abhauen. Dauerte nur Sekunden. Und da der Mann anscheinend behindert war, schien er ihn auch nicht zu verfolgen. Doch als er gerade seine nicht geringe Beute zählt, steht doch tatsächlich der Kerl vor ihm. Gibt ihm sogar Ratschläge, was er besser machen muss - und fordert seine Sachen zurück. Danach macht er ihm ein Angebot, das nicht so recht zu durchschauen ist. Wohnung, Geld - und was will der Typ dafür? Ihn lehren? Quatsch. Bestimmt illegal. Ricky lehnt ab und verduftet. Doch er macht einen weiteren Fehler. In einem Park, der nachts abgeschlossen wird, trifft er auf einige aggressive Penner. Die werden zwar von der Parkaufsicht rausgeworfen, während Ricky sich verstecken kann, doch am nächsten Morgen sind sie da, bereit, ihn zusammenzuschlagen oder schlimmer. Und hier greift wieder der Mann mit dem Stock ein. Diesmal akzeptiert Ricky das Angebot und stellt fest, dass ihm die neuen Zukunftsaussichten zwar gefallen könnten - aber nur zu seinen Bedingungen. Bald erfährt er den Sinn hinter den ganzen Trainingseinheiten. Izzy, die Tochter eines britischen Diplomaten, ist vor ihrem gewalttätigen Vater davongelaufen. Ricky soll sie finden und zurückbringen. Doch sie soll dort ihren Vater ausspionieren, der im Verdacht steht, Pläne der Trident und der Bewaffnung an die Russen zu verraten. In diese Gefahr will er sie nicht bringen und er erledigt die Aufgabe selbst.

"Agent 22 - Undercover" ist ein Ableger zu "Agent 21" mit einem neuen Protagonisten, den man diesmal von der Straße holt. Gemein haben die beiden Jungen, dass sie Außenseiter sind und zu den armen Seelen der großen Stadt gehören. Den Ablauf kennt der Leser aus diversen Büchern zuvor, zumeist für Erwachsene geschrieben, aber auch zwei oder drei Jugendreihen und vielen Filmen dieser Art. Der Stil list leicht und schnell konsumierbar, wobei man Chris Ryan nicht vorwerfen kann, dass er seine erwachsenen Leser in den Büchern für jene Zielgruppe irgendwann einmal überfordert hätte mit der Komplexität einer Handlung oder den Formulierungen seiner Sprache. War also die beste Voraussetzung, auf spannende Jugendbücher umzusteigen und den Kids Abenteuer vorzusetzen, in denen sie ihre Jungsträumereien von Action und Abenteuer mit Wonne Seite für Seite verschlingen können. Der Bursche, der diese Werke dann von mir abstaubt, war damals nach dem Erstling um "Agent 21" so begeistert, dass er gleich in der Schule ein Referat drüber gehalten hat. Action und Gewalt halten sich ein einem für die Zielgruppe erträglichen Rahmen und wer hier an "Strike Back"-Sex denkt, kann es gleich knicken und sich lieber ein Buch von Edward Lee aus der Festa Extrem-Reihe kaufen. Leichte Kost, fesselnd, spannend und zielgruppengerecht. Für die Kids geeignet, mal wieder zu einem Buch zu greifen, das sie nicht langweilt (wie etwa Schulbücher). Rund 350 Seiten.

Jerry Garcia



Tim Curran. Vor 200 Jahren brannte die Siedlung Clavitt Fields bis auf die Grundmauern nieder. Die Hoffnung der Einheimischen, dass mit dem Feuer auch das unaussprechlich Böse von diesem Ort vertrieben wurde, erwies sich als frommer Wunsch. Denn das Grauen verkroch sich unter die Erde – und lauert dort in der Dunkelheit bis zum heutigen Tag. Nach der Entdeckung verwitterter Skelette auf einer verlassenen Farm stößt der Ermittler Kenney auf die unterirdischen Tunnelsysteme und entfesselt ein blutiges Inferno.


Lieutenant Kenney ist mit seinen Leuten auf dem Gelände der alten Ezren-Farm. Nachdem eine Planierraupe etwas freigelegt hatte, das nach Leichen aussah, wurde Kenney hinzugezogen und war bald in dieser Nebelsuppe, die zudem noch von Nieselregen in ihrer Ungemütlichkeit unterstützt wurde, fast bis zu den Knien im Matsch des Feldes gefangen. Mittlerweile hatten sie acht Leichen ausgegraben. Leichen, die nicht vollständig waren. Und wie die Gerichtsmedizinerin feststellte, angefressen worden. Doch die Spuren wiesen auf eine unbekannte Art von Täter hin. Es können weder Tiere noch Menschen gewesen sein. Es wird immer merkwürdiger - bis dann einer der vielen Kollegen vor Ort einfach verschwindet. Jetzt hat die Suchmannschaft eine weitere Aufgabe. Der Mann muss gefunden werden. Doch die düstere Gegend hütet ein Geheimnis, das schon ewig vor der Welt verborgen wird. Der Sheriff des Ortes erweist sich schnell als eher unkooperativ, doch als immer mehr unheimliche Vorkommnisse die Suchmannschaft erschüttern und die Angst umgeht, ist er einer derjenigen, die mutig voran in die Tiefe steigen, in die der Vermisste anscheinend gezogen wurde oder einfach nur gestürzt ist. Sie gehen zu sechst nach untern und stellen fest, dass dort ein Höhlensystem existiert, das scheinbar auch irgendwelche Kreaturen beherbergt. Neben Stapeln von Knochen und abgenagten Schädeln. Wo sind sie hier nur gelandet? Was verbirgt sich hier unten?

Wie schon bei "Skin Medicine" hat mich Tim Curran auch hier sofort mit seinem ersten Satz in den Bann gezogen. Wieder einmal hat er bewiesen, dass er aus einer banalen und simplen Tätigkeit mit geschickten Worten sofort den Gedanken an blutigen Horror im Leser wecken kann. Und dann ist man auch schon mittendrin in einer Atmosphäre, die an alte britische Horrorschinken mit Moor und Nebel erinnert oder - zumindest bei mir - auch die wahrlich gruseligen Bilder von den Schlachtfeldern des 1. Weltkrieges wie zum Beispiel Verdun hervorruft, wo im diesigen und feuchten Matsch der Schützengräben der Nebel und/oder das Giftgas übers den Stacheldraht ziehen und den Soldaten still und leise das Leben aus den Körpern ziehen. Also das Szenario ist somit schon von Beginn an beängstigend und benötigte noch nicht einmal eine blutrünstige Szene. Von Seite zu Seite treibt Tim Curran die Handlung und auch die Spannung voran und erst nach und nach während der Suche in diesen fremdartigen Höhlengängen offenbart er das wirkliche Grauen, das dahintersteckt. Und das ist etwas, das der geneigte Leser bisher so noch nicht dargeboten bekam. Klar kennt man den Einsatz alter Indianermythen oder einfach nur von Generation zu Generation übertragenen Geschichten um furchtbare Ereignisse, die dazu führten, dass ganze Städte oder gar Völker ausgerottet wurden. Und hier setzt Tim Curran durchaus unterschwellig ein Plädoyer für Toleranz ein und richtet seinen Finger anklagend auf all jene Menschen, die Gerüchte streuen oder wissentlich die Unwahrheit verbreiten, um ihren eigenen Glauben zu rechtfertigen und anderen aufzuzwingen. Und genau mit dieser Art Verachtung anderer Menschen und deren Meinungen kann man sie in einen Untergrund treiben, wo schon etwas auf sie wartet. Etwas, das ihnen die Möglichkeit gibt, sich irgendwann zu rächen. Etwas, das ihr Anderssein in eine neue, stärkere Rasse verwandelt. aber auch etwas, das die armen Menschen vielleicht nur für eigene Zwecke benutzt. Mit jeder Seite wird offenbart, was die Ereignisse hervorgerufen hat und in welcher Gefahr mittlerweile nicht nur die Suchtrupps schweben. "Nightcrawlers" ist ein düsterer und finsterer Albtraum tief unter der Erde, dem man sich nicht entziehen kann. Wie eingangs schon erwähnt, beherrscht Tim Curran sein Metier und zwingt den Leser regelrecht in seinen Bann. So sehr, dass es nicht leicht fällt, das Buch aus der Hand zu legen. Ein eisiger Schreckensroman, in dem auch durchaus neben den schockierenden auch blutige Szenen eine Rolle spielen. Und wer wissen will, was da unter der Erde auf die Menschen lauert, bekommt hiermit eine Kaufempfehlung. Und ich hätte so als Veröffentlichungsswunsch aus dem Hause Curran nun gerne "Grim Riders". rund 400 Seiten

Jerry Garcia



F. Paul Wilson. Vampire verbreiten sich über die ganze Welt. Nach Europa überrennen sie Russland, den Nahen Osten und die Metropolen in Indien und China. Nun sind sie in Amerika angekommen. Sie übernehmen Stadt um Stadt und verschleppen die letzten Lebenden in ihre sogenannten Rinderfarmen, um sie als Zuchtvieh und Quellen des Blutes zu halten. Pater Joe hat sich dem Suff hingegeben. Er wartet nur noch auf das Ende. Doch als er erfährt, dass die Untoten seine Kirche entweihen, um dort entsetzliche Rituale zu feiern, beschließt er, sie zurückzuerobern, und sei es nur für eine Nacht. Gemeinsam mit einem Rabbi, einer Nonne und weiteren Verbündeten wartet der Pater auf die Dämmerung und das Erwachen der Bestien.

Die Vampire auf dem Vormarsch. Russland, China, Indien usw. sind am Arsch, aus Europa hört man gar nichts mehr. Und jetzt ist Amerika dran. Von Osten aus beginnt der Triumphmarsch der Vampire. Die Menschheit steht kurz vor dem Aussterben. Doch nicht völlig - Futterhaltung ist für die neuen Herrscher wichtig. Zum Überleben brauchen sie Blut. Daher dürfen sie die Gattung Mensch nicht ausrotten. So halten sie sich einige dieser Exemplare in extra Zuchtstätten. Und da die Vampire tagsüber in Ruhestellung sind, haben sich etliche Menschen als Tagwächter angeboten, was der Höllenbrut gerade recht kam. Zudem übernehmen diese Kollaborateure die Drecksarbeit für ihre neuen Herren. Dafür wurde ihnen versprochen, frühzeitig zum Vampir gemacht zu werden und dann mit ihren Herren auf gleicher Ebene zu regieren. Doch nicht alle Menschen sind Verräter oder wollen Seite an Seite mit diesen schrecklichen Wesen leben. Und so macht sich Carole auf, den Untoten das tote Leben schwer zu machen und soviele wie möglich zu killen. Andernorts übernehmen Vampire und ihre Gesellen eine Kirche und halten dort grausige Rituale ab. Und der Pater der Kirche, ein gebrochener Mann namens Joe, hockt in einer düsteren Kneipe rum und lässt sich volllaufen. Dort wird er von dem Rabbi Zev aufgetrieben und dazu überredet, endlich den Kampf gegen die neuen Teufel aufzunehmen. Denn der Rabbi weiß, dass die Vorwürfe des Kindesmissbrauchs, die gegen Joe erhoben wurden, jeglicher Grundlage entbehren und von gerade dem Priester in Umlauf gebracht wurden, der nun mit seinen Vampirjüngern die Menschheit blutig und äußerst brutal dezimiert. Es ist keine Zeit für Selbstmitleid, sondern Zeit zum Kämpfen. Zusammen mit dem Rabbi sowie Carole und seiner Nichte Lacey tritt Pater Joe an, um die Welt von dieser Seuche namens Vampire endgültig zu befreien.

Das Buch wurde sogar schon einmal verfilmt unter dem Titel "Midnight Mass", in dem der Autor höchstselbst eine kleine Rolle - eher ein Cameo - innehatte. Ich vermute mal, wenn die Herren Autoren von irgendwelchen Vorlagen zu Filmen manchmal wirklich wüssten, was nach Abschluss der Verträge dann mit ihrem Werk veranstaltet (ziemlich oft eher verunstaltet) wird, würden sie es sich mehr als nur einmal sehr gut überlegen, ob sie den Scheck einstreichen. Der Film war derartige Grütze, dass selbst eine der mieseren Asylum-Produktionen noch gut dagegen ausgesehen hat. Und dem wiederholten Beweis, dass eine deutsche Billigsynchro einen miesen Film tatsächlich noch mieser machen kann. Warum ich jetzt über diesen Murks salbadere? Weil dieser misslungene Murks mich lange davon abgehalten hat, das Buch zu kaufen. Und als ich es dann endlich mal hatte, weil beim FESTA-Verlag eigentlich zumeist gute Qualität abgeliefert wird, hab ich dennoch gezögert, es zu lesen. Nun hab ich es endlich hinter mich gebracht und kann ganz ehrlich sagen, dass F. Paul Wilson lieber auf die Kopeken für die Filmrechte verzichtet hätte, denn das Buch ist ein anderes Kaliber. Wie auf der Umschlagsrückseite versprochen, wird der geneigte Leser hier nicht von diesen vermeintlich hübschen (okay, liegt eh im Auge des jeweiligen Betrachters) Außenseiter-Vampiren mit Drang zur ewigen Liebe und Hang zu Herz-Schmerz zu Tode gelangweilt. Leserlebenserhaltende Action und deftige Szenen mit nem ganzen Schwung Blut und Gemetzel liefern das ab, was dem Film gefehlt hat (und somit auch dem Zuschauer). Es gibt zwar durchaus brutalere Werke in der weiten Welt da draußen und selbstverständlich auch beim Festa-Verlag, aber verglichen mit den hier herangezogenen Beispielen, ist "Mitternachstmesse" ein überwältigend gutes Buch. Dass der Autor hier wieder sein Thema Religion ins Spiel gebracht hat, hab ich einfach "überlesen". Ist es halt Christen-Horror. Hauptsache unterhaltend, temporeich und ohne große Pausen, die den Leser möglicherweise einschläfern könnten. Wer also wieder in seiner Buchhandlung des Vertrauens vor den dortigen Regalen steht und nur den Kopf schütteln kann, ob dieser vielen Teenieschmachtfetzen in allen Bereichen des Horror- oder postapokalyptischen Lebens, der sollte sich dieses Buch in den Einkaufskorb legen. Da macht man wenig falsch. Aber Finger weg vom Film. Da ist jeder Cent vergeudet. Also ein Hoch auf das Buch. Also eine klare Leseempfehlung. 500 Seiten

Jerry Garcia



Matthew Reilly. Drei verfeindete Gruppen, Amerika, das alte Europa und ein Trupp acht kleinerer Staaten, liefern sich eine brutale Jagd zu den antiken Weltwundern. Dort sind die sieben Steine einer goldenen Pyramidenspitze versteckt. Der Ex-Soldat Jack West, seine Spezialeinheit und das Mädchen Lily riskieren alles, um den zwei großen Mächten zuvorzukommen. Denn nur mit allen sieben Steinen kann am Tag des Tartarus, dem 20.März 2006, die überwältigende Sonnenkraft komprimiert und somit das Ritual der Macht oder des Friedens vollzogen werden. Der Schlüssel zum Ritual ist Lily, das Orakel. Es ist die größte und wichtigste Schatzsuche der Menschheit, ein Rennen gegen die Zeit, ein atemberaubendes Abenteuer.

Jack West ist der Anführer der kleinen Gruppe des Staatenbundes, der sich für den Frieden einsetzen will. Die anderen beiden Parteien wollen jeweils für sich die Macht über die Welt erobern und die anderen unterdrücken. Schon bei der ersten Station müssen sie sich nicht nur ihrer Gegner erwehren, sondern auch Fallen der Erbauer überleben, die als Sicherung gebaut wurden. Danach wird zur nächsten Pyramide gehetzt, um den zweiten Stein zu finden und dem bisher gefundenen zuzufügen. Aber als wäre das alles nicht genug, stehen sie auch noch unter Zeitdruck, denn nur bis zu einem bestimmten Datum haben sie Zeit, alle Steine zusammenzufügen und über ihre Feinde zu triumphieren. Und diese Feinde haben es in sich. Sie nehmen keine Rücksicht, gehen mit List, Tücke und Brutalität gegen den kleinen Trupp vor. Doch Jack West gehört zu jenen Menschen, die sich mit unkonventionellen Mitteln zu wehren wissen. Und da ist das kleine Mädchen Lily, das Orakel, eine der Möglichkeiten, den Verfolgern ein Schnippchen zu schlagen. Nicht immer ist das größere Waffenarsenal eine Sieggarantie. So hetzen die Bösen die Guten von Ort zu Ort, werden immer wieder abgewehrt, geben aber auch nicht auf. Doch Jack West hat immer noch einen Trumpf im Ärmel.

Ich schick es gleich vorweg: Ich bin ein Fan von Matthew Reillys Büchern. Ganz besonders seinen Romanen um Shane Schofield (Und ja, der Gründer dieses Blogs ist dies auch, wie unschwer zu erkennen ist. Deshalb darf ich nun schon seit einiger Zeit meinen Blödsinn hier verzapfen.) kann ich immer wieder immens viel abgewinnen. Ein Höllentempo und irrwitzige Action, die von Realismus so weit entfernt ist, wie ich vom Gewinn des Pulitzer-Preises. Doch bei Reilly geht es nur um die reine und pure Unterhaltung. Er versucht nicht wie Dan Brown oder andere aus der Ecke der Literatur, dem Leser vorzugaukeln, das Konstrukt, das er da liest, sei auf realen Ereignissen gefußt. Da können diese Herren sich gerne seitenweise über irgendwelche - okay, geschickt - verknüpften Daten und erfundenen Stories austoben und die Charaktere ellenlang vorstellen und deren Gefühlsleben (Leser-)einschläfernd ausbreiten, gegen den Actionspaß von Matthew Reilly können sie nicht an. Auch "Das Tartarus-Orakel" ist wieder flott inszeniert und packt von Beginn an, doch leider muss ich hier aus meiner Sicht ein "ABER" anführen. Wer die Militäraction um Scarecrow und Konsorten nur so verschlungen hat, wird feststellen, dass hier doch mit etwas gebremstem Schaum agiert wird und sich gerade zu Beginn einige Sequenzen nur wiederholen. Die Charaktere kommen wie üblich nicht über die wichtigsten Merkmale hinaus, dafür lässt er es aber an anderen Stellen an krachender Action nicht mangeln und auch die Beschreibungen der Sieben Weltwunder lassen nichts missen. Es dauert selten lange, bis man in ein Buch von Matthew Reilly derart eingetaucht ist, dass man die temporeichen Abläufe der Handlung wie einen Film vor Augen hat und sich einen Jerry Bruckheimer zu Zeiten vor seiner "Disneyfizierung" als Produzent und Michael Bay als Regisseur wünscht. Statt Remakes zu fabrizieren Matthew Reilly verfilmen!!!! Auch "Das Tartarus-Orakel" hat genug Potenzial, um als eigenständiger Film vor dem heutigen Quark locker bestehen zu können. Ja, es ist etwas schwächer als die Vorgänger wie "Der Tempel", "Showdown" und natürlich die Bücher um Shane Schofield, aber besser als die Schnarcher aus der Tastatur eines Dan Brown allemal. Und die werden allemal verfilmt. Jeder Reilly ist ein guter Reilly!!!!   520 Seiten

Jerry Garcia



Herausgeber Edward Lee und Frank Festa. Enttäuscht, weil das, was als Horror angeboten wird, dir nur ein müdes Gähnen entlockt? Dann brauchst du die Frischzellenkur des Extreme Horror. Edward Lee: "Ihr wollt Hardcore? Bekommt ihr. Blut und Gedärme? Sex, Gewalt und Folter? Könnt ihr im Übermaß haben, meine Freunde, persönlich überreicht von einem Zirkel der besten Extreme-Horrorautoren der Welt."

Als Autoren der verschiedenen Shorties tummeln sich hier Edward Lee, Shane McKenzie, Monica J. O'Rourke, Jack Ketchum, Kristopher Rufty, Graham Masterton, Lucy Taylor, Tim Miller oder auch einer meiner favorisierten Autoren von Festa im Horror- und Extrembereich - Wrath James White. Da wird über Folter und Vergewaltigung erzählt, MPS thematisiert, Familienzusammenführung mal anders unters lesende Volk gebracht und Edward Lee lässt seinen gewohtnen und oft geschätzten Backwoodekel vom Stapel. Es werden ungewöhnliche Sexualpraktiken zu einer noch ungewöhnlicheren Story verquickt und geile Typen in miese Fallen gelockt. Und da man seine Autoren-und Verlegerpappenheimer kennt, weiß man auch, dass dies die Art Lektüre ist, die sich die Klientel des Verlages wünscht.

Edward Lee gibt in seinem Vorwort zu bedenken, dass es ja der Leserwunsch ist, WIE er Unterhaltung für sich jeweils selbst definiert. Und dass er auch für sich bestimmt, was für ihn als Unterhaltung gilt. Das schlägt sich auch im Schreibstil nieder. Warum also meckern über kurze und abgehackte Sätze, Cliffhanger zu quasi jedem Abschnitt, wenn sie den Leser durch einen Actionparkour oder eine Ansammlung blutiger Ekelszenen jagen, dass er das Buch nicht aus der Hand legen kann. Gefällt der Kundschaft das Gebotene, hat der Autor alles richtig gemacht. Sollen sich die Herren Berufskritiker doch ins ........ Bein schießen. Auch Herr Frank Festa hat sich natürlich zu Wort gemeldet. Für Leute, die hin und wieder im Forum des Verlages blättern, nicht wirklich viel Neues, aber für andere oder Neuleser schon mal einen Blick wert. Aber einmal hat er sich getäuscht: 50 Millionen Elvis-Fans können sich sehr wohl irren. Der Nachklapp stammt von Inge Festa, die kurz und lapidar feststellt, dass Sauereien gefälligst auch für Frauen da sein sollen. Sind sie bei dem Verlag auf jeden Fall. Wieder sei ein Blick ins Forum angeraten. Über die ehemalige strikte Ablehnung dieses Verlages und seiner Ausrichtung durch so ziemlich alle, die im Verlagsmetier zu tun haben oder jene, die sich als Kritiker vom Hohen Ross solcher Art "Müll" überlegen fühlten oder Buchläden, die Angst hatten, ihre schnieke-pieke Laufkundschaft für dauerbeworbenen 08/15-Schmuh, der lieblos und überteuert in die Regale gepackt wurde, würden sich durch die Festa-Titel beschmutzt fühlen und dem Laden den Rücken kehren sowie fast schon Anti-Festa-Kampagnen aus allen Ecken sowie einer gewissen Stigmatisierung der Leserschaft des Verlags, hab ich ja schon mal rumgesülzt, also soll es das nun gewesen sein. 

Die Geschichten: Haben erwartungsgemäß Gewalt, Sex, Erniedrigung, Folter und Vergewaltigung gemeinsam. In den verschiedensten Spielarten werden Körperflüssigkeiten vergossen und/oder ausgetauscht. Hie und da gibt es tatsächlich einen kleinen niff gegen Ende der Story, aber insgesamt bleibt hier eine größere Überraschung aus, was ein bisschen schade ist. Aber die Anthologie enthält alles, nach dem es den Festea-Extrem-Leser gelüstet, die Autoren sind sich ihrer bisherigen Arbeiten treu geblieben und die beiden Neuen - Rufty und Taylor - haben sich da gut eingebracht, fallen nicht im Vergleich zu den eher etablierten Schreiberlingen des Schreckens ab. Was mir gefehlt hat, war zumindest EINE Hammerstory mit genialem (Okay, nicht zu genial, denn dann hätte ich ihn ja nicht erkannt) Twist am Ende, die für länger im Gedächtnis bleibt. Wenigstens hat Frau O'Rourke - von der ich das echt nicht erwartet hatte - einen netten Einfall gehabt. Aber es ist auch hin und wieder ein kleiner Touch Drama zu entdecken unter all dem Unflat der hier für die geneigte Leserschaft fabriziert wurde. Darüber hinaus ist die Wahl der Autoren gelungen, der Anhang mit den Lesermeinungen ein nettes Danke an die Leute, die Festa über Facebook oder das Forum folgen und wer hier kritische Anmerkungen sucht: die waren da absolut nicht gefragt worden. Also bitte nicht deswegen rummeckern von wegen einseitig. Festa-Bashing gibt es andernorts schon genug, wo die political correctness überhand genommen hat und das, was man als guten Geschmack zu empfinden hat, bestimmt wird. Allein durch ihre Käufe oder die Unterstützung in den sozialen Medien zeigen diese Menschen nicht nur ihre Treue zum Verlag, sondern auch, dass sie sich nicht von der Masse oder einer Regierung, die alle auf Linie -Regierungslinie natürlich - bringen will, in irgendeine Ecke schieben lassen, die sie nicht wollen. Unter den Käufern der Festa-Bücher sind mehr Individualisten als im Rest der Republik zusammen. Durch die meinungsmachende Gleichschaltung der anderen Verlage werden ja immer mehr Genres quasi durch konsequente Nichtveröffentlichung oder, falls doch mal eine Chance erhalten, massive Kürzungen aus den Regalen dirigiert, in denen sich eigentlich eine gewisse Vielfalt finden lassen sollte. Aus Vielfalt wurde regierungstreu aber schnell Einfalt. Um dem entgegenzuwirken braucht es Verlage wie Festa (und ein paar wenige andere), die nicht mehr massenkonforme und ausgegrenzte Formate übernehmen und Erfolge damit feiern. Und der Gesamteindruck der Anthologie ist gewohnt gut. Der Umschlag mit seiner Lederoptik, die Cover Art (Okay, hab da ein, zwei andere Favoriten, doch die sind anderweitig beschäftigt.) und bei dem neuen Papier hat man den Eindruck, Festa wolle in die Werbung gehen: Festa-Weiß gibt ein breites lächeln Preis. Die Stories sind schnell und flüssig zu lesen, mit all den Zutaten gewürzt, die sich die Leserschaft da wohl vorgestellt hat und zumeist ist der Unterhaltungswert hoch (Wobei ich jetzt nicht meine, dass die Werke so mies sind, dass man sich beim Lesen nebenbei lieber mit dem Partner unterhält, obwohl das sicher auch seinen Wert hat- aber nicht beim Festa-Lesen.), ABER irgendwie hat halt der letzte kleine Schritt zum "extrem stark" gefehlt. Vielleicht bin ich als Stammkäufer dieser Metzleien auch schon etwas übersättigt und erwarte einfach zuviel. Wer sich aber von meinen eigenen kleinen Kritikpunkten entfernt fühlt, darf hier gerne investieren. Die Anthologie beinhaltet natürlich auch Genreperlen und Edward Lee haut auch wieder die perversesten Ferkeleien seit was weiß ich wann raus. Anerkannte Autoren wie Ketchum und Masterton sind ebenfalls mit auffälligen Stories vertreten, die beweisen, dass man auch anders kann. Kurz: jede Geschichte ist eine Art Bewerbungsschreiben an den Käufer. Und keiner hat versagt. Also Freunde der Sonne äh des Genres, kaufen, schlicht und einfach kaufen. Die anderen können sich ja verschämt abwenden und Jojo Moyes ins blümchenverzierte Einkaufskörchen legen. Mit allem Pipapo rund 350 Seiten                         

Jerry Garcia



Brian Panowich. Seit Generationen hat der Burroughs-Clan Bull Mountain fest im Griff. Schwarzgebrannter, Hasch, Crystal Meth. Schon oift hat das FBI versucht, die Sippe auffliegen zu lassen. Nie ist es gelungen. Jetzt scheint ein junger, ehrgeiziger Agent den perfekten Plan zu haben. Doch für dessen Umsetzung braucht er die Hilfe des einzigen integren Burroughs: Clayton. Damit bricht ein Familienkrieg aus, an dessen Ende es nur einen Sieger geben kann - und viele Tote.

Das Buch beginnt die Lebensgeschichte des Clans im Jahre 1949 zu erzählen, doch die sind schon seit Ewigkeiten hier verwurzelt. Doch erst die Ereignisse, die im genannten Jahr beginnen, bringen der Familie mächtig Schwierigkeiten. Während eines Jagdausflugs kommt es zu einem dieser bedauerlichen Unfälle, wie man sie schon öfter lesen durfte. Ab da ist es mit dem Frieden vorbei. Die Geschäfte gehen zwar weiter, man expandiert zwar und hat Verbindungen bis nach Florida, aber alles ist nun durch ein gewisses Maß an Misstrauen zu nichts anderem als den üblichen Reibereien unter Gangstergruppen gekommen, die an sich nichts mit Next of kin am Hut haben. Über die Jahre hinweg etablieren sich alte und auch neue Familienmitglieder, zu denen auch Halford und Clayton gehören. Sie hatten noch einen weiteren Bruder, der aber schon tot ist. Und Clayton ist aus der Art geschlagen. Während Halford den Clan auf die überlieferte Art und Weise weiterführt, ist Clayton auf die Seite des Gesetzes gewechselt und sogar County-Sheriff geworden. Am Familiensitz auf dem Berg darf er sich nicht mehr blicken lassen, die Familie hat ihn verstoßen. Doch dann kommt der Agent Simon Holly in die Stadt und versucht Clayton zu überreden, ihm bei den Ermittlungen gegen seine Familie zu helfen. Er hat durchaus gute Argumente vorzubringen, hält auch mit einigen Informationen nicht hinterm Berg, die er und seine Behörden (FBI und GBI - letzteres ist das Georgia Bureau of Investigation) zusammengetragen haben. Da geht es um Waffen, Schnaps, Prostitution und massenweise Drogen. Verschiedene Gruppen, die in diese Geschäfte verwickelt sind - und auch um ganz private Dinge, die sich vor Jahren und Jahrzehnten ereignet haben und auf alle Beteiligten einen tiefschwarzen Schatten werfen. Und das ist erst der Beginn, die Ausgangslage, der Anfang eines reinen Südstaatendramas.

Wer sich das mal bildlich vor Augen führen will, stelle sich einfach ein bisschen die Situation und das Land in der Serie "Justified" vor. Es fehlt zwar ein Typ Marke Timothy Olyphant oder sein Gegenspieler Walton Goggins, aber sonst fehlt da nicht viel. "Bull Mountain" ist Kain und Abel im tiefen Süden, Redneck-"Romantik" um Familienbande allenthalben, wie sich im Laufe der 335 Seiten noch erweisen wird. Brian Panowich wechselt die Zeiten der Handlung hin und her von den Auswirkungen des ersten Mordes und den folgenden Entwicklungen der Familie und deren Ausweitung des Geschäftes aus Gier oder eben um die Familie durchzubringen - da stritten sich schon die Clan-Geister heftig rum. Die Rückblenden werden nach und nach an die Handlung ins Jahr 2015 herangeführt und man erfährt so, wie Clayton Sheriff wurde  und wie der Clan dazu steht und wer vom Clan nun das Sagen hat. All jene, die die Jahre seit 1949 überlebt haben oder neu hinzukamen, werden jetzt in den Strudel der Ereignisse hineingezogen, die der Bundesagent Holly auslöst. Mord und Totschlag, Raub und Drogenmissbrauch, Lug und Trug, Egoismus, Freundschaft und unterschiedliche Motive geben sich mit Waffenhandel und Verrat stetig fein die schmutzige Hand. Alles ist da - Liebe und Hass, ein Tupfer echte Romantik, aber auch toughe Frauen und trotz des Handlungsortes in den Südstaaten einen netten Seitenhieb Richtung Rassismus und Vorurteile. Was man anfangs nicht ahnen kann/soll, ist wohl, dass sich nach ungefähr zwei Dritteln des Buches einige Handlungsfäden zusammenknüpfen, die man so halt nicht ganz erwartet hat. Ist zwar nicht so, dass man vor lauter Staunen erst einmal das Buch aus der Hand legen muss, aber ein netter Einfall allemal. Und aufgepasst, dass man nicht irgendwann Crowder statt Burroughs liest. Das Buch ist mit seinen 335 Seiten recht kurz, dafür gibt es aber auch wenige Verschnaufer, die das ganze Konstrukt ausbremsen würden. Vergangenheit und Gegenwart sind in ihren jeweils kurzen Kapiteln so verknüpft, dass man ihnen gut folgen kann und dann auch die Zusammenhänge von früher und jetzt leicht erkennen kann und dennoch die Wendungen nicht wirklich vorhergesehen hat. Also feine Arbeit durch Brian Panowich. Die TV-Serie "Justified" (Ja, schon wieder die. Ruhe!! Hihih.) wurde mir dereinst mal als Country Noir beschrieben. Okay, wer also Country Noir in Buchform will, hier ist sie. Und wem das auch noch gefällt, sollte seine wohlverdienten Kröten - egal auf welchem Berg man nun sitzt oder Hohem Ross - in dieses Buch investieren. Und zudem ist es auch noch ein Debüt. Nur einen Wermutstropfen muss ich hier mal wieder drüberschütten: Selbst bei den Lobeshymnen auf der Rückseite des Buchdeckels sind Fehler. Meine Güte, es sollte doch möglich sein, Daniel Woodrell zu schreiben statt Dankiel Woodrell. Sieht das denn keiner? Im Buch sind auch noch einige Fehler drin, wobei ich aber auch manche einfach dem Satz/Layout zuschreibe - und darauf hat das Lektorat/Korrektorat meines erfragten Wissens nach keinen Einfluss mehr, ist also nicht dafür verantwortlich.

Jerry Garcia



Stephen Blackmoore. Das Leben von Nekromant Eric Carter läuft nicht gerade optimal. Seine unfreiwillige Heirat mit der Todesgöttin Santa Muerte verändert seine Kräfte, verändert ihn. Zwar gelingen ihm einige Zauber jetzt mit einem Fingerschnippen, dafür hört er Stimmen, die er nicht hören sollte. Eric zweifelt an seiner Zurechnungsfähigkeit. Keine tolle Prognose für jemanden, der tägöich mit den Toten spricht. Während er nach einem Weg sucht, das Band zwischen ihm und Santa Muerte zu lösen, wird er zur Zielscheibe eines Psychopathen, der das Aussehen und die Erinnerungen von Menschen stiehlt ― und sich in ihre Haut kleidet. Erik hat alle Hände voll damit zu tun, seine eigene zu retten.

Eric ist nach seiner Rückkehr nach Los Angeles nicht gerade freundlich empfangen worden. Der Tod seiner Schwester, den er aufklären und rächen will, war nur der Beginn eines Trips in die Hölle. Er wird in ein Bündis mit Santa Muerte gezwungen, das ihm zwar neue Kräfte verleiht, ihn aber auch in eine Situation bringt, in der er nur verlieren kann. Der Tod seines Freundes Alex trifft ihn auch ziemlich hart und treiben ihn die Stimmen, die er nun hört, langsam aber sicher in den Wahnsinn. Was ihm aber dann endgültig auf den Geist geht, ist der Russe Sergei, der hautraubende Psycho, der den Leuten nicht nur diese nimmt, sondern auch die Erinnerungen. Und er ist hinter Eric her. Und er hat da noch nicht erfahren, dass dieser verrückte Russe ein unheimliches Obsidianmesser hat, das wundersame Dinge vollbringen kann. Bei dem wilden Szenario um Flucht und Jagd müssen etliche Menschen, nicht mehr Menschen und Geister ihr Leben bzw. ihr Dasein lassen. Und selbst auf dieser Ebene der Welt gibt es die Intrigen, die scheinbar überall gesponnen werden. Eric hat guten Grund an allem zu zweifeln, was er so sieht, hört oder wahrnimmt.

Dieser Dark Fantasy-Roman ist der dritte Band aus der Reihe um Eric Carter. Ein vierter soll folgen, aber das Erscheinen im Original ist auch erst für 2017 angekündigt, es wird also dauern. Verändert wurde das Erfolgsrezept der ersten beiden Bücher selbstverständlich nicht. Auch "Gehässige Geister" ist ein wilder Mix aus unerwarteten und völlig verrückten Ereignissen und stellenweise trockenem Humor. Vogelwilde Einfälle hinterlassen trotz des zumeist düsteren Tonfalls der Geschichte schon das eine oder andere Lächeln auf dem Gesicht des Lesers. Carter ist nun auch nicht gerade der typische Held einer solchen Mär, eher die Marke Drückeberger und der leichte Weg ist ihm grundsätzlich lieber als sein Leben für was auch immer aufs Spiel zu setzen. Sein Pech - die Probleme kommen immer wieder zu ihm und da muss er durch. Irgendwie ist er eine Art tragischer Held wie dereinst Hank Thompson bei Charlie Huston. Egal was er unternimmt, um seinem Schicksal zu entgehen, immer wieder wird ihm eine Rolle aufgezwungen, auf die er nicht die geringste Lust hat. Statt im Thrillermilieu wie Hank ist Eric eben in der Fantasy unterwegs. Das Buch hat auf jeden Fall Tempo und viele lobenswerte Ideen und ist für ein Werk aus dem Mainstream der Verlage auch an mancher Stelle recht heftig und blutrünstig. Bei spezialisierten Verlagen außerhalb der Laufkundschaft wäre es aber eher der sanfteren Ecke zuzurechnen. Es tauchen massenhaft weibliche Figuren auf, die allesamt nicht zu unterschätzen sind und dem armen Eric ständig Schwierigkeiten bereiten und auch diverse Überraschungen bereithalten. Manchmal nerven die vielen Figuren und die mannigfaltigen Beweggründe, um dem Helden Schwierigkeiten zu bereiten, rätselt man fast rum, wer nun warum wer ist. Zum Russen kommt plötzlich eine Russin, ein Fall lköst sich derart schnell in Wohlgefallen auf, dass man sich fragt, welchen Sinn das ganze Trara darum überhaupt sollte und das offene Ende (eigentlich bleiben mehrere Handlungsstränge offen) macht das Warten auf den nächsten Band auch nicht leichter. Was mal wieder negativ aufgefallen ist, ist die tatsache, dass man bei den Großverlagen nicht in der Lage zu sein scheint, auch nur den Klappentext fehlerfrei zu halten. Da wird aus Eric kurz mal Erik - und im Buchtext selbst ist dann auch so der eine oder andere Lapsus drin. Und dass die Publikumsverlage auf Hinweise reagieren, die solche Fehler vielleicht für eine weitere Auflage ausmerzen könnten, hab ich mir längst abgeschminkt. Darauf wird nicht reagiert. Wenn ich schon den vollen Preis zahlen soll, will ich gefälligst auch vernünftige Ware. Wenn Handwerker keine gescheite Arbeit abliefern, meckert man ja auch und fordert Korrektur. Nur Politiker sind anscheinend noch so beratungsresistent wie Großverlage. Sieht man dann ja auch an der Beliebtheitsskala. Ich habe bis auf drei Exemplare übrigens keine Rezensionsware von Verlagen erhalten und schon gar nicht erbeten. Da soll es den einen oder anderen geben, der dafür auch eine entsprechende Würdigung des Buches erhofft. Dann lieber mein Geld ausgeben und im Eventualfall auch die Freiheit zu haben, eine schlechte Kritik abzugeben, wenn das Buch halt nicht gefallen hat.   
Übrigens hat das Buch durchaus auch was zu meiner miserablen Bildung beigetragen. "Rikoschettieren" kannte ich tatsächlich bisher noch nicht. Okay, als Ableitung aus dem Englischen und im Bezug auf den Text war es nicht schwer zu deuten, aber ich habe es für so eine neue Eindeutschung eines englischen Begriffs gehalten. Von wegen - es wurde mir als veraltet angezeigt. Da hätte ich es eigentlich kennen MÜSSEN. Rund 290 Seiten

Jerry Garcia



Dirk van den Boom. Die neue U-Boot-Waffe ist der Stolz der japanischen Kriegsmarine. Die Jungfernfahrt des neuesten Bootes zieht nicht nur die Aufmerksamkeit des Kaiserhauses auf sich, sondern ist gleichzeitig eine Bewährungsprobe für die ausgesuchte Mannschaft. Doch kurz nach dem Auslaufen ereignet sich Mysteriöses: Das U-Boot scheint zu sinken und alle Besatzungsmitglieder verlieren das Bewusstsein. Als sie wieder erwachen, müssen sie mit Entsetzen feststellen, dass ihr Boot sein Element verlassen hat. Es ruht auf der Spitze eines gigantischen Grabmals für den König von Mutal, dem Herrn der größten Metropole der Maya, mitten auf dem mittelamerikanischen Festland, rund 1500 Jahre in der Vergangenheit. Die verwirrte Mannschaft gerät direkt in einen Krieg und steht vor der entscheidenden Frage, wohin ihr Weg nun führen soll – zu einem Imperium oder direkt in die Katastrophe?

Es wird das Jahr 1914 geschrieben, der 1. Weltkrieg hat vor rund zwei Monaten begonnen, mit dem sich Japan aber nicht ernsthaft befasst. Sie sind derzeit mit Großbritannien eine enge Verbindung eingegangen, die auch neueste Errungenschaften der Waffentechnik beinhaltet. Nur im äußersten Falle einer Bedrohung ihrer momentanen Freunde würde das Kaiserreich dazu bringen, in diesen Krieg einzugreifen. Aber ein neues U-Boot zu testen, gehört nun einmal zu den Aufgaben der japanischen Marine. Und als Gast ist sogar der Sohn des Kaisers an Bord. Ebenso der britische Ingenieur Lengsley. Die Jungfernfahrt wird gestartet und gestaltet sich ohne Probleme. Doch dann geht das U-Boot auf Tiefe und die gesamte Mannschaft verliert das Bewusstsein. Als sie wieder erwachen, müssen sie mit Schrecken feststellen, dass sie nicht mehr in ihrem gewohnten Element, dem Wasser, sind - und anscheinend auch nicht mehr in ihrer Zeitlinie. Nach und nach kann man sich zusammenreimen, dass man ins Zeitalter der Mayas versetzt wurde. Wie und warum, dafür gibt es  keine Erklärung. Zuerst werden sie als Götterboten verehrt, was die Eingewöhnung in diese fremde Landschaft und Kultur durchaus vereinfacht. Man beginnt die Sprache zu lernen und die eigene zu lehren. Und als dann bei einem Angriff durch ein fremdes Stadtreich die Waffen der Japaner den Ausschlag geben, sind sie in ihrer neuen Heimat willkommen.

Der zweite Zyklus um die Zeitreisenden weist natürlich einige Parallelen auf. Der Culture clash ist im Prinzip der Gleiche, nur dass das Schiff diesmal nicht in der Lage ist, eine Flotte zur See zu unterstützen. Dennoch gibt es auch hier eine gewisse Verbrüderung unter den Völkern. Anhand der Wahl des Settings kann der Autor viel mehr als im Vorgänger-Zyklus auf Rassismus und Menschenrechte eingehen. Waren die Römer doch selbst hinsichtlich ihrer Geschichte weitaus mehr als Eroberer und Unterdrücker bekannt, sind die Völker Süd- und Mittelamerikas in Europa doch eher damit verbunden worden, dass die mit Ankunft der Europäer nur die Opfer waren. Von den Kämpfen der Stadtstaaten oder Königreichen untereinander, dem versklaven der Verlierer und den Riten ist hierzulande weniger bekannt. Dies bietet einen bewissen Freiraum für den Autor westliche Kolonialansprüche und das Niederschlagen von Aufständen gegen die Einnahme durch ihrer Länder durch Europäer mit brutalen Mitteln zu skizzieren. Er hält aber auch nicht mit den Aktivitäten der Maya hinterm Berg, die ebenfalls kriegerische und imperialistische Ambitionen aufzuweisen hatten. Ganz abgesehen von für Fremde ganz und gar brutale und blutigen Sitten und Gebräuchen. Es beginnt ein Prozess des Lernens für alle Beteiligten, an dem auch der Leser durchaus teilhaben darf. Nicht alles Fremde ist schlecht. Aber da auch nicht alles gut ist, kommt es im Laufe der Geschichte auch zu einigen Kämpfen, einer ziemlich blutigen Schlacht, zu Intrigen und Betrug, Verrat und Gier. Eogismus und Allmachtsfantasien bahnen sich ihren Weg und können nur durch die vernünftig agierenden unter den Handelnden schlimmere Konfrontationen vielleicht vermeiden. Bis zum Ein stieg in die Story dauert es nicht lange, schnell tritt das Ereignis ein und man ist schnell dabei, mit Elan durch die Seiten zu lesen. Sicher gibt es einige Stellen, die man als "bekannt" ausmacht, aber insgesamt ist "Aufgehende Sonne" ein flotter Beginn des neuen Zyklus, der im Epilog für diejenigen, die sich noch nicht durch die bisher erschienen vier Bücher oder irgendwelche Rezensionen geackert haben, noch eine kleine Überraschung. Wem also die Deutschen in Rom zugesagt haben, der könnte auch den Japanern unter Mayas etwas abgewinnen. Ich jedenfalls hab schon direkt mit Band 8 "Stürmische Himmel" begonnen. rund 280 Seiten.

Jerry Garcia



Dirk van den Boom. Stürmische Zeiten brechen an. Die Götterboten etablieren ihre Herrschaft über Mutal, die Metropole der Maya, und setzen ihren Feldzug gegen die angrenzenden Städte fort. Angst und Widerstandsgeist werden geweckt und pflanzen einen neuen Geist der Kooperation in die Köpfe der Mayakönige, die sich nicht kampflos ergeben wollen. Doch auch innerhalb der Gruppe der Gestrandeten wird der Kurs des Kapitäns mehr und mehr hinterfragt. Als schließlich eine römische Expedition aus dem fernen Europa anlandet und ein Botschafter aus Teotihuacán sich für die Entwicklungen interessiert, droht das jahrhundertealte Machtgleichgewicht Mittelamerikas endgültig aus den Fugen zu geraten.

Im Reich der Maya schickt sich der Japaner Inugami an, nach und nach weitere Städte zu erobern und "sein" Reich zu erweitern. Er hat einen ganz klaren Plan von der Zukunft. Speziell seiner, aber auch der von Chitam oder dem Reich Yaxchilan. Doch er hat auch etwas zu seinen Kenntnissen der Kriegsführung dazugelernt, das ihm treue Untertanen schaffen könnte. Und die wird er brauchen. Denn seine Leute um Aritomo beobachten die ganze Entwicklung mit Sorge. Ihnen ist mittlerweile so ziemlich alles ausgegangen, das sie aus ihrer Zeit mitgebracht haben, lediglich einige Munitionsvorräte sind noch vorhanden. Es bleibt ihnen kleine andere Wahl, als sich anzupassen und mit ihren neuen Genossen auszukommen. Aus seiner Sicht wirklich hervorragend gelingt das dem britischen Ingenieur Robert Lengsley, der sich mit der Schwester von Chitam - Une Balam - auf eine besonders vergnügliche Art und Weise für die Verbindung zwischen den Maya und den Zeitreisenden hervortut. Aus der Welt jenseits des Meeres landet aber in Mittelamerkika auf einer vorgelagerten Insel die aus sechs Schiffen bestehende Reisegruppe der Römer an. Man macht sich schon Gedanken um eine Basis, einen Heimathafen vor Ort und versucht, mit den Einheimischen in Kontakt zu treten. Auf friedliche Ko-Existenz soll sich die künftige Lebensweise abspielen, denn man hat aus den Überlieferungen der Männer der Saarbrücken und den wenigen noch lebenden Crewmitgliedern des Schiffes gelernt. Erste Gespräche erweisen sich nach anfänglichen Verständigungsschwierigkeiten ob der unterschiedlichen Sprachen als recht fruchtbaren Boden dafür, diesen Kurs beizubehalten. Andernorts ist Metzli, König von Teotihuacan, zwar alarmiert durch die jüngsten Erfolge des Inugami, aber er denkt  nicht daran, sich diesem Fremdling und seinen Expansionsplänen einfach zu unterwerfen. Und er hat noch etwas parat, das diesen kriegerischen Emporkömmling mit einiger Sicherheit in die Schranken weisen wird - und Metzli hat keine Bedenken, dies auch mit aller Macht einzusetzen.

Im Zentrum des zweiten Romanes um die Zeitenwanderer aus Japan steht der Kapitän des U-Bootes - Inugami. Sein Drang nach Expansion und Gründung eines Riesenreiches unter seiner Führung entwickelt sich weiter, ist aber von dem Rassismus, der Japanern im Allgemeinen unterstellt wird, doch ein Stück entfernt. Das kann man besonders beim Kampf um Yaxchilan sehr schön herauslesen. Inugami lernt, erkennt, dass eine gewisse Menschlichkeit mehr einbringen kann, als das reine Beseitigen der Gegner aufgrund der überlegenen Waffen und Technologie. So nutzt er geschickt die vorhandenen Strukturen und den Glauben der Maya aus, um seine Position zu etablieren. Bis auf die Schlacht um Yaxchilan besteht "Stürmische Himmel" vor allen Dingen aus Ränkespielen, deren Hintergrund der Leser nicht immer sofort erkennen kann. Politische Winkelzüge beherrschen weite Teile des Buches und was aus der Zweisamkeit des Briten mit der Schwester von Chitam wird, bleibt vorerst auch abzuwarten. Klar zu erkennen ist aber auch, dass hier Gut und Böse nicht klar definiert sind und man sogar Inugami nicht einfach auf einen machtgeilen Killer reduzieren kann/darf.

Während einige ausgewählte Charaktere besonders beleuchtet werden, bleibt dem Rest nur der Hintergrund, der Background für die Hauptfiguren und somit eine eher oberflächliche Vorstellung beim Leser. Bisher scheint das auch zu genügen, aber bei Dirk van den Boom weiß man auch nie, ob er den einen oder anderen später aus der Versenkung holen und ihm dann auch mehr Profil geben wird.

Mit Spannung erwartet der Leser dann sicher auch, wann die nun in dieser neuen Welt angekommen römischen-preussischen Zeitreisenden auf Inugami, Aritomo und deren Truppe sowie die Maya unter deren Führung treffen. Bisher wird nur die Neugierde geschürt und insgesamt mit dem ersten Zyklus, den man nicht unbedingt gelesen haben muss, um der jetzigen Story folgen zu können, und den neuen Handlungssträngen mit gealterten Zeitreisenden aus den ersten sechs Büchern bzw.in den meisten Fällen deren Nachkommen, eine interessante Geschichte erzählt, die es ebenfalls schafft, den Leser blendend zu unterhalten und dabei auch einige Aspekte einzubinden, die einen kurzen Moment des Innehaltens, der Besinnung auf Schwächen der Gegenwart durchaus geradezu herausfordern. So gesehen hat die Lektüre auch einen gewissen sozialkritischen Aspekt zu bieten, wie man es auch aus den anderen Gesichten kennt. Also nicht allein auf Action und oberflächliches Vergnügen reduziert. Sprachlich hat Dirk van den Boom so einigen Autoren, die ich lesen durfte und oft auch wollte, schon etwas voraus und Schnappatmung garantierende, kurze und knappe Sätze, die einer Story ein höllisches Tempo verleihen sollen (Matthew Reilly sei hier als Beispiel genannt. Ein Autor, den ich sehr gerne lese, wenn mir nach überbordender Action ist.), sind sein Ding nicht. Und der Cliffhanger am Ende von "Stürmische Himmel" lässt noch eine Menge erwarten, vielleicht sogar etwas in der Art, die ein Matthew Reilly fabriziert, nur eben mit vollständigen Sätzen. Hätte ich den Folgeband nicht schon vor einiger Zeit gekauft und die Reihe erst jetzt nach dem Erscheinen von Band 10 begonnen, würde ich sicher nun auch über den Zeitraum bis zum nächsten Buch winseln. Dennoch werde ich jetzt erst einmal wieder einige andere Genres lesen, da ich nicht von den Blogverfolgern gesteinigt werden will, weil ich wieder ein Genre "bevorzuge". Wer also ein Faible für diese Romane der Alternate History hat, wird sich bis zu meiner nächsten Rezi zu dem Thema etwas gedulden müssen, kann aber ohne Gefahr zu laufen, gelangweilt zu werden, zu den Büchern aus der Feder von Dirk van den Boom greifen. Man sollte aber zumindest mit Band 7 - "Aufgehende Sonne" - beginnen. Ein Wort noch zu den Buchcovern: Neben dem nur von mir (nicht selbst) ernannten Kult-Cover Artist Michael Sch. und seinen Illustrationen gefallen mir auch jene von Timo Kümmel ziemlich gut und hin und wieder spoilert er ja sogar auf dem Cover etwas von der Story, was man ja glücklicherweise vorher nicht weiß.290 Seiten

Jerry Garcia



Lee Child. Jack Reacher betritt die Basis seiner ehemaligen Einheit bei der Militärpolizei, und ahnt nicht, was ihm bevorsteht. Er ist nach Virginia gereist, um seine Nachfolgerin Major Susan Turner kennenzulernen. Doch wenig später wird ihm klar, dass es ein großer Fehler war, einen Fuß auf einen Militärstützpunkt zu setzen. Denn wie jeder ehemalige Soldat der USA ist Reacher Reservist. Prompt erhält er seinen Einberufungsbefehl - und wird außerdem des Mordes angeklagt und verhaftet. Reacher gelingt die Flucht aus dem Gefängnis, doch seine wichtigste Frage bleibt zunächst ungeklärt: Wer versucht ihn auf diese Weise kaltzustellen?

Jack Reacher erreicht nach einigen Wochen des Reisen von South Dakota nach Virginia den Stützpunkt, den er früher selbst als Kommandant geleitet hatte. Doch die Person, die er dort treffen will, ist nicht da. Verhaftet und im Bau. Und er selbst wird von ihrem Vertreter auf dieser Position sofort wieder in den Dienst der US-Streitkräfte gebunden. Der Grund dafür wird schnell offensichtlich - ihm wird ein Mord vorgeworfen, der auf einem 16 Jahre alten Fall basiert. Und als wäre das nicht genug, hängt man ihm noch eine zweite Sache an, die ihn fast vom Stuhl haut. Er wird nicht unter Arrest gestellt, sondern darf in einem schäbigen Motel ein Zimmer beziehen. Auf Ehrenwort, dass er nicht flieht. Kaum erscheint er dort, tauchen auch zwei Figuren auf, die wie Militärangehörige aussehen. Sie wollen ihn drängen, sofort die Stadt zu verlassen. Kann man mit einem x-bliebigen Typen versuchen, aber nicht mit Jack Reacher. Der donnert ihnen die Köpfe an das Fahrzeug, mit dem sie vorgefahren sind und hat vorerst Ruhe. Er will nun den Oberstleutnant Morgan zur Rede stellen, der statt Major Turner auf dem Platz des Kommandeurs sitzt. Vom Desk-Sergeant erfährt er, dass Turner im Knast sitzt und ihn angeblich nicht sprechen will. Doch da steckt mehr dahinter. Er bricht mit ihr aus und macht sich daran, all das zu klären, was ihnen da angelastet wird. Wer hat es auf ihn abgesehen und besonders: Wer will Turner loswerden? Bei ihrer Flucht werden sie bald von einem Polizisten erkannt, können dem aber entkommen. In der bewaldeten Gegend von Virginia sehen sie auf einem Hügel ein Feuer leuchten. Reacher sieht das als Gelegenheit an Geld und einen fahrbaren Untersatz zu kommen. Am Ort des Geschehens erklärt er, dass hier eine Meth-Küche war, der Drogenpanscher aber zu unvorsichtig und nun als Kotelett gut durch bei seinen kokelnden Drogen liegt. Sie greifen sich das Geld und einen schnittigen Schlitten und fahren weiter. Unbehelligt kommen sie nicht aus der Gegend. An einer Unfallstelle, die ihre Fahrt stoppt, erkennt einer der Männer den Wagen und sie wollen die beiden fremden Insassen zur Rückgabe zwingen. Nicht mit Reacher. Jetzt haben sie zwar immer noch den Wagen, sind aber der Lösung ihrer Probleme kein bisschen näher gekommen.

Der Vagabund lässt sich von einer Idee treiben, die er bei einem Telefonat entwickelt hat. Warum auch nicht? Reacher hat es weder eilig, noch ein festes Ziel. Er ist immer noch der Mann, den man als Nichtsesshaften mit Drang zur Bewegung sowie einem klaren Gerechtigkeitsempfinden beschreiben kann. Er handelt überlegt und mit einem riesigen Schatz an Wissen, das er kontrolliert und nicht spekulativ einsetzt. Jemand hat einmal mir gegenüber zu dem Killer Victor in den Romanen von Tom Wood geäußert, dieser Victor wäre mit seiner berechnenden und alles beobachtenden Art nur ein überschlauer Charakter und das wäre etwas zuviel des Guten, das dem Leser bei der Figur des Victor geboten wird. Tja, dann würde dem krittelnden Menschen auch der Reacher dieses Buches wenig zusagen. Der Mann, der alles weiß - ja, so kommt er hier rüber. Fehlerlos, makellos und allen anderen Personen geistig und körperlich meilenweit voraus. Nicht dass mich das hier allzu sehr stören würde, die Grenze zum eher unsympathischen Supermann, dem alles zufliegt wird hier meines Erachtens noch nicht überschritten. Zumindest nach meinem Maßstab. Doch es ist manchmal hart an der Grenze. Was jetzt die Spannung angeht, ist die gleichbleibend hoch, da Lee Child um die Hintergründe sehr, sehr lange einen weiten Bogen schlägt und kaum etwas zu früh in der Geschichte dem Leser präsentiert. Man kann im einen Fall lange nur Vermutungen anstellen, um was es dabei geht, dass man ihn und seine Nachfolgerin kaltstellen will. Und wer jetzt mäkelt, dass ich den zweiten Fall völlig außer Acht lasse - das ist Absicht. Die Sache um Turner und den uralten Mord reichen völlig. Was Action angeht, ist hier zwar keine völlige Fehlanzeige, aber die Bösewichter bekommen ab und an mal von Reacher dicke Backen verpasst, ein paar Rednecks werden an den Familiencodex erinnert und auf einer Reise Richtung Kalifornien im Flugzeug Beobachter sehr grob ausgeschaltet. Todesfälle werden nur im Off geschildert. Lee Child konzentriert sich hauptsächlich auf den Thrill, nicht auf krachende Action. Naja, und ein Spässle mit David Baldacci hat er sich erlaubt. Zudem ist Lee Child ja Brite und weiß somit auch, was im Fußball geschieht, aber seinen Detective Podolski hat er vermutlich doch ohne Blick auf den deutschen Nationalspieler kreiert. Und ich konnte mich des Eindrucks nicht erwehren, dass so manche Szene oder mancher Dialog direkt für einen Film geschrieben wurde. Dialoge wie: "Vielen Dank." "Nein, ich danke IHNEN!" hört an immer wieder in Filmen, wenn es um die kleinen Helferlein geht, die den Protagonisten irgendwie unterstützen. Das Buch ist gut, ein typischer Reacher, ABER gemessen an seinen besten Leistungen ist dieser hier eben nur solide und ordentlich. Ja, ich meckere auf hohem Niveau, doch so ist es halt. Man wird immer an den eigenen herausragenden Leistungen gemessen und für eine vermeintlich schwächere kritisiert, selbst wenn diese noch um etliche Längen besser ist als das, was andere so verbrechen. Und die Fälle sind auch etwas banal meiner Meinung nach. Gerade der von mir hier nicht erwähnte löst sich dann auch genau so auf, wie von mir erwartet. Man erfährt wieder etwas mehr über den Mann Reacher und seine Vergangenheit und der deutsche Verlag hat ja ein Buch der Reihe ausgelassen, "um die Reise des Recher nicht zu unterbrechen", die in den beiden Vorgängern ja begann. Das in den USA schon länger erschienene Buch "The Affair" spielt nämlich 1997, also VOR der Zeit des ersten Buches um den Ex-Militä-Bullen, ist somit der eigentliche Start der Reihe. Erinnert an Vince Flynn, der die Vorgeschichte seines Mitch Rapp ja auch erst NACH einigen Abenteuern des erfahrenen Trouble-Shooters verfasste. "Die Gejagten" ist also eine gute und spannende Lektüre, die auch unterhält, aber nicht an die besten aus der Reihe herankommt. Dennoch ist "Never go back (Originaltitel)" für Reacher-Fans eine Pflichtanschaffung.

Jerry Garcia



Matthew Reilly. Eine tödliche Sonne nähert sich der Erde, die Apokalypse droht. Die Katastrophe kann nur verhindert werden, wenn ein jahrtausendealter Schutzschild aktiviert wird. Ex-Soldat Jack West steht vor seiner größten Herausforderung. In gnadenlosem Tempo jagt Reilly seine Leser von einer spektakulären Actionszene zur nächsten. Jack West und sein Team aus Spezialisten haben neun Tage Zeit, um die weltweit verstreuten sechs legendären Säulen zu finden, die zusammen die bedrohliche fremde Sonne abwehren können. Das Wissen um die Säulen, ihre Funktionsweise und die Orte, wo sie ihre Wirkung entfalten, ist vor langer Zeit von einer geheimnisvollen intelligenten Macht verschlüsselt auf der Erde hinterlassen worden. Wer die Säulen aktiviert, wird mit unendlicher Erkenntnis belohnt – und mit der Weltherrschaft. Eine erbarmungslose Jagd beginnt, an der sich verschiedene Geheimdienste und Organisationen beteiligen. Es ist ein Rennen gegen die Zeit, das von einem entlegenen Höhlensystem in China über das englische Stonehenge zu einem unterirdischen Tempel in Ägypten führt. Quelle: Amazon.de

Was kann man zu einem Buch von Matthew Reilly aus der Zeit schon sagen? Er jagt den Leser mit einem Speed durch die Seiten, dass es wirkt wie eine Fahrt mit einem japanischen Hochgeschwindigkeitszug. Schneller als der hiesige ICE der Deutschen Bahn, der zwar mal Wolfsburg außen vor lässt, aber ansonsten dennoch eher ein Bummelzug gegen die Japaner ist. Sicher sollte man beim Autor und seinem Stil einige Abstriche machen, was Stil und auch Logik angeht, aber das gleicht er mit Action wieder aus und hier gönnt er sich sogar eine kleine Hommage an Indiana Jones. Es ist im Vergleich mit den Scarecrow-Romanen zwar etwas eingebremst und die Zutaten wie Tiere oder Kinder hemmen das Ganze meines Erachtens auch etwas, aber darüber hinaus werden die Fans übertriebener und sehr oft völlig unrealistischer Action wieder blendend bedient. Es ist halt weiterhin einfach Unterhaltungsliteratur, die mindestens so unrealistisch ist wie die Versprechungen von Politikern vor anstehenden Wahlen. Nur kann man das Buch an die Seite legen, die andere Brut wird man so leicht nicht los. "Die Macht der sechs Steine" ist Action pur, rasant, fesselnd, atemberaubend. Und endet mit einem fetten Cliffhanger gegen den sogar Lord Steven schlank wirkt. Bis dahin aber kann man sich am schnellen Wechsel der Schauplätze und an der 747 begeistern, die an einer Highwayjagd aufgeboten wird und dem darauffolgenden vorübergehenden Ende in Südafrika darauf vorbereiten lassen, dass ein weiterer Teil um Jack West in die Läden kommt. Und während ich das hier formuliere, ist auch schon klar und bekannt geworden, dass es bald sogar ein weiteres - somit viertes - Buch um den Abenteurer aus Australien geben wird. Problem dabei: Seit geraumer Zeit findet sich in Deutschland kein Verlag mehr, der die Bücher von Matthew Reilly veröffentlicht. rund 480 Seiten.

Jerry Garcia



Mark Dawson. Er war Number One. Der beste Agent der Group 15, einer Untergrundeinheit des britischen Geheimdienstes. Doch nach zehn Jahren des Tötens hat John Milton genug – er will raus. Jetzt ist er der meistgesuchte Mann der britischen Regierung, denn niemand steigt ungestraft aus. Der russische Geheimdienst macht sich die Situation zunutze und erpresst Milton, aber was sie fordern, stellt selbst ihn vor eine Herausforderung: Er soll eine ehemalige Kollegin finden. Auch sie war einst Number One, auch sie ist untergetaucht – und mindestens so gefährlich wie Milton.

Acht Jahre ist es her, da hatte John Milton seinen ersten Einsatz. Er und weitere Kollegen sollten einen russischen Agenten und seine Gefährtin ergreifen und ausschalten. Der Auftrag wurde vermasselt. Die Agentin der Gegenseite zwar tot, aber der Mann konnte fliehen - und die Presse hatte ihren großen Aufmacher auf den Titelseiten und in den TV-News. Wilde Schießerei in der Stadt unter Tausenden von einkaufswilligen Passanten und Touristen. Dies hatte selbstverständlich Konsequenzen: Die Leiterin des Coups - Number One Beatrix Rose - muss eliminiert werden. Control, der oberste Chef der geheimen Agententruppe, ordnet ihren Tod an. Um sie zu fassen, nehmen fünf der Agenten die Familie von One als Geiseln. Als One nicht spurt, erschießen sie kaltblütig ihren Mann und drohen, das auch mit ihrer Tochter zu machen. Doch sie weiß auch, dass sie beide keine Überlebenschance hätten, wenn sie sich ergeben würde. Also erledigt sie einen ihrer Ex-Kollegen und flüchtet.
Acht Jahre später. John Milton ist mittlerweile vom Neuling Number Twelve zu Number One aufgestiegen. Doch er will aussteigen und beendet seine Tätigkeit für die Geheimorganisation der britischen Regierung einseitig. Nun ist er der Gejagte und muss sich in verschiedenen Verstecken in aller Herren Länder vor seinen Häschern verbergen. Doch plötzlich taucht eine Frau auf, die sich als russische Agentin herausstellt und ihn anheuern will, die ehemalige Number One zu finden. Man will ihr Wissen und ihre Unterlagen in russische Hände bekommen. Zudem übermittelt sie Dawson, dass einer seiner Jäger aus alten Zeiten, ein Mann namens Pope, in russischer Gefangenschaft ist. Gerade Pope, der einzige Mann, der ihn nicht tot in der Zentrale abliefern will. Milton stimmt zu und gerät in ein perfides Spiel der Geheimdienste und den Rachegelüsten einer tödlichen Ex-Agentin.

Mark Dawsons Buch ist eher ein Thriller für zwischendurch, ein Häppchen, wenn man etwas Leichtes, aber dennoch über Niveau von Bild-Zeitung oder JoJo Moyes, lesen will. Dass Mr. Dawson mit anderen verglichen zumindest bei diesem Buch eher ein Actionleichtgewicht ist, erschließt sich bei dem Vergleich der Aktionen in Sibirien zwischen Mark Dawson und Will Jordan. Letzterer ist da um Längen besser, aber auch wirklich im oberen Spektrum der Skala einzuordnen. Die Figuren sind eigentlich alle ziemlich schnell in ihre jeweiligen Kategorien zu bestimmen. Auf der einen Seite die Bösen, die Feinde Britanniens und auf der anderen die Verteidiger der freien Welt. Auch bei den Agenten beider Seiten gibt es kaum Zwischentöne. Der Fall an sich ist alles andere als komplex oder verwirrend. Jeder will etwas haben und was das ist, wird schnell klar. So wird es bald nur eine Hatz von Actionsequenz zu Actionsequenz, wogegen ich eigentlich nicht viel einzuwenden habe, doch hier ist es leider eingebettet in Romanheftniveau. Man kann dadurch aber auch durch die Seiten huschen ohne Pause, ein gewisses Maß an Action wird dann auch geboten. Aber alles recht brav gehalten, kein Vergleich mit Actionbrettern der Marke Hunter, Coes oder Greaney, um nur einige zu nennen. Ein unterhaltsamer und auch einigermaßen spannender, doch auch sehr simpler Reißer, der - wenn  man die vielen Lehrseiten mal abzieht - nur auf knapp 300 Seiten Lesestoff kommt, dafür aber mit einem offenen Ende protzt, das eine Fortsetzung verspricht. Tja, da sind wir wieder bei den deutschen Verlagen und ihrer Marotte mitten in einer Reihe einfach aufzuhören und keine weiteren Bücher mehr zu bringen. Mal schauen, wie es hier wird. Als leichte Kost Marke Strandkorb geeignet absolut kein schlechter Griff. Höhere Weihen gewinnt er damit aber nicht. 310 Seiten (inklusive einiger Leerseiten, die nicht extra berechnet wurden).

Jerry Garcia



John Ringo. Ein im Labor gezüchteter Zombievirus hat die Erde nahezu entvölkert. Einige der Überlebenden haben sich zur "Wolf Squadron" zusammengeschlossen und suchen mit gekaperten Booten auf dem Atlantik nach Resten der Menschheit. Steven, seine Frau Stacey und die Töchter Sophia und Faith stehen vor ihrer bisher größten Herausforderung: die Räumung eines Schlachtkreuzers. Wird es ihnen gelingen, die an Bord eingeschlossenen Soldaten zu befreien, bevor sie verhungern oder die Infizierten über sie herfallen?

Weiter geht es mit der munteren Befreiung von Schiffen von ihren zombiefizierten ehemaligen Besitzern und deren Crews. Dass dazu ein richtiger Schlachtkreuzer gehört, wird zu einer Herausforderung für die neuen Herrscher der Welt. Die Truppe muss jeden einzelnen Niedergang sichern, sämtliche Kajüten, Mannschaftsquartiere, Aufzüge, Kombüsen und alle weiteren Ecken, die so ein Kreuzer aufzuweisen hat. Das heißt Zombies bekämpfen und dabei auch noch auf mögliche Überlebende zu achten, die sich vielleicht noch irgendwo verbarrikadiert haben. Und es gibt tatsächlich welche, die sich in Lebensmittelbunkern eingeschlossen haben und nach zuvor aufgestellten Regeln dann auch tatsächlich ausharren konnten, bis die Wolfsquad sie befreien kommt. Allen voran natürlich Faith, die Kampfbiene der Squad. Nach der Befreiung werden - wie schon alle anderen Geretteten zuvor - die Überlebenden nach ihren Fähigkeiten zu den Arbeiten an Bord der Flotte eingeteilt. Wer sich weigert, muss die Schiffe verlassen. Auf ihrem Weg zur Befreiung der Welt von den Untoten kommt man auch zu den kanarischen Inseln, wo man sich kurzzeitig sogar auf den Häuserkampf einlässt, sich dann aber darauf besinnt, dass man sich zuerst mit den Bordkanonen eine breite und blutige Schneise in die Menschenfresser ballern sollte. Gesagt getan. Mehr und mehr kristallisiert sich mit der Zeit heraus, dass man eine neue Hierarchie aufbauen muss und ganz nebenbei einem russischen Kommandeur eine gewisse Aufmerksamkeit zu widmen hat, der damit droht, einen neuen Krieg gegen die amerikanisch geführte Flotte anzuzetteln.

Dass ich gegen  Geschichten mit der Überschrift "Dialog in Blei" und das verbunden mit dem gerne genutzten "America First" nichts einzuwenden habe, ist ja mittlerweile bekannt. Doch die Grenze des Erträglichen ist irgendwie fließend. Hat mich dereinst Patrick Robinson mit seinen späteren Romanen ordentlich vergrätzt, schafft das John Ringo in dieser Reihe leider auch. Es ist zwar das einzige größere Manko, aber das hat es in sich. Deshalb stelle ich es vorne an. Wenn man als Leser Hauptpersonen des Romans regelrecht zu hassen beginnt, ist das kein gutes Zeichen. Hier ist es die Familie mit Führeranspruch (die Wortwahl ist beabsichtigt) namens Smith und ihre "Wolf-Spitznamen". Besonders die 13-jährige Blage Faith geht mir derart auf den Sack, dass ich es kaum in unzensierten Worten beschreiben kann. Die dumme Bunz kann alles, darf alles und ist absolut waffen- und blutgeil. Hüpft mit ihren Knarren wild herum, grölt dabei Rocksongs und ballert Zombies ab. Militärische Disziplin - Nada!! Erziehung dürfte da eh nie existiert haben. Wenn John Ringo das wenigstens etwas ironisch inszeniert hätte, wäre es vielleicht erträglich geworden, aber so leider nicht. Ich hab mir tatsächlich vorgestellt, wie ein Edward Lee das durch den Kakao gezogen hätte. Moppel meint zu tanzen, erschüttert aber nur den Kreuzer, ballert mit der Kanone in der Linken auf die Zombies und spielt mit dem Revolver in der Rechten "Russisch-Mösen-Roulette". DAS in typischem Lee-Style formuliert hätte wohl für mindestens einen Schmunzler gesorgt. Da der Rest der Familie kaum besser ist  und gegen Ende dieses Buchs auch noch eine Ordensselbstbeweihräucherungsorgie sondergleichen kommt, kotzen mich diese Figuren leider nur an.

Bevor ich jetzt nur meckere, zum guten Teil des Buches: Es ist eine gelungene Mischung aus Action und militärischer Ordnung. Planen, Organisieren, Regeln aufstellen, Hierarchien schaffen - die ganze Palette, die man für ein geregeltes Leben nach der Apokalypse und zur Befriedung und Befreiung der Welt von Ungemach so braucht. Das gehört dazu, ist wichtig für den Aufbau einer neuen Zivilisation. Um aber eine solche aufbauen zu können, müssen Schiffe erobert, die Untoten vernichtet und Inseln befriedet werden. Dazu braucht es Kämpfer, massenweise Munition und den Mut der Verzweiflung. Diese zweite Buch von insgesamt vier erscheint irgendwie wie eine Vorbereitung auf die entscheidenden Schlachten, die auf die Menschheit zukommen, die selbstverständlich unter amerikanischer Führung in alter Stärke glänzen soll. In Häuserkämpfen und unter Dauerbeschuss werden Inseln geräumt, Schiffe geleert und neu bemannt, Widrigkeiten einfach beseitigt. Widerspenstige Charaktere werden zügig auf Linie gebracht, andere Meinungen zwar gehört, aber mit Argumenten überstimmt. Ja, die Figuren. Sie sind alle (Ausnahmen sie oben) perfekt in ein Actionszenario eingepasst, das nicht viel Platz für menschliche Faktoren lässt. Hier ein bisschen Intrige, dort ein spinnerter Russe, dazu viele Mitläufer oder Befehlsempfänger. Lange Zeit lassen es die Protagonisten und ihre Anhänger oder Kameraden krachen, dass die Fetzen fliegen. Hauptsächlich Zombiefetzen. Blut spritzt, Wände und Kabinen werden tiefdunkelrot eingefärbt. Es gibt auch zu betrauernde Verluste, aber die halten sich in gewissen Grenzen und Gefühlsduselei hat in diesem Roman wie auch im Vorgänger eher wenig Platz. Gut so, Geflenne in derartigen Stories ist nur ein Hemmnis im Lesefluss. Einerseits waffenstarrende und krachende Military-SF mit einigen Redneck-Figuren im Kampf gegen Feinde der Nation, die hier in Zombieform antreten, um Amerikas Anspruch auf die Weltherrschaft zu unterminieren, andererseits medizinische und soziales Verhalten begründende Abhandlung eingebettet in die (Zombie-)Apokalypse und ein gewisses Wunschdenken. Manchmal etwas zu "verquasselt", aber im Endeffekt gut unterhaltender, schneller und blutiger Zombie-Reißer mit Tendenz nach oben, was die Action angeht. Der Finalkampf wird in den folgenden Büchern kommen. Bin gespannt - und auch bereit die eingangs erwähnten Nervensägen zu ertragen. 540 Seiten, die bezüglich der Familie Smith ein Ärgernis sind, ansonsten aber Ballern und Bürokratie nach US-Militär-Standards.

Jerry Garcia



Walter Diociaiuti. Renè Del Conte, ein Horrorautor, der seit Jahren in England lebt, muss wegen der Scheidung von seiner Ehefrau nach Italien zurückfliegen. Dort erwarten ihn nicht nur seine Eltern, Verwandte und Freunde, sondern auch der wahre Horror. In einem kleinen Dorf in der Nähe seiner Geburtsstadt, in dem auch sein Freund Eros Mancini wohnt, bricht die Hölle los: Babys, die plötzlich und ohne plausible Erklärung sterben, Kühe, die keine Milch mehr haben, und dazu noch brutale Morde. Die Polizei tappt im Dunkeln. Eros, der eines Nachts eine Beobachtung macht, hat eine eigene Theorie.

Eine Mutter kann ihr Baby nicht stillen, weil sie keine Milch mehr hat. Ein Bauer muss bei seinen Kühen ebenfalls festsstellen, dass die Euter trocken sind. Und es geschehen weitere unheimliche Dinge in Toricella. Und dies passt irgendwie recht gut mit dem Besuch des Horrorautors Rene, der eigentlich seit langer Zeit sein Dasein in England fristet, in seinem Heimatort zusammen, bei dem Rene sofort seinen alten Kumpel Eros besucht, mit dem er früher die Gegend unsicher gemacht hat. Natürlich stoßen noch weitere Bekannte hinzu und der Alkohol fließt in Strömen. Es werden Sprüche geklopft, dass die Schwarte kracht, Blödsinn verzapft und uralte "Abenteuer" aus der Erinnerung gekramt. Doch das ist bald vorbei. Weitere unheimliche Ereignisse tragen sich zu - und diese werden immer blutiger und brutaler. Niemand kann sich vorstellen, was sich hier überhaupt abspielt. Die Polizei hegt zwar gewisse Vermutungen, die sich dann aber durch die Erkenntnisse der Leichenbeschauer widerlegen lassen. Leider aber nur, um schlimmeren Gedanken Platz zu machen. Die ganze Sache ist zu mysteriös. Bis eines Tages Opa Paolo eine Story zum Besten gibt, die eher an eine alte Sage erinnert. Natürlich glaubt ihm keiner, wird er als oller Spinner abqualifiziert - bis etwas so Grauenvolles und Unvorstellbares passiert, dass seine Erzählung plötzlich einen ziemlich glaubwürdigen Hintergrund bekommt, aber dennoch eine überaus gruselige Angelegenheit über die menschliche Vorstellungskraft hinaus beschreibt. DAS kann es in dieser Welt nicht geben.

Ich gebe es zu, ich habe lange, sehr lange gezögert, ob ich mir dieses Buch zulege. Reviews gelesen, die mal so und mal so ausgefallen sind und daher leider auch keine große Entscheidungshilfe waren, bis ich mich dann entschlossen habe, an meinem Glauben an die kleineren Verlage (hier Voodoo-Press) festzuhalten und mir die Lektüre zu kaufen. Für mich zwar eine recht lange währende, aber keine Fehlentscheidung. Der Autor mit dem für deutsche Hinterlandzungen so schwer auszusprechenden Namen hat hier ein Buch vorgelegt, das von Beginn an Spannung aufbaut. Erst mit weniger spektakulären Ereignissen, um dann aber in recht zackigem Tempo immer mehr und immer grausiger werdende Geschehnisse folgen zu lassen. Das Wiedersehen der Freunde wird zwar thematisiert, aber zum Zelebrieren lässt Walter Diociaiuti seinen Helden keine Zeit. Lange rätselt man als Leser mit herum, was hier überhaupt geschieht und als man dann erste erschreckende Bestätigungen hat, dass hier ein uralter Fluch am Werke ist, nimmt das Tempo noch einmal einen richtigen Tacken zu. Im tiefen Dunkel wird ein kleiner Ort von Wesen überfallen, denen man sich nur mit einer riesigen Feuersbrunst erwehren kann und dennoch feststellen muss, dass man wohl nur die aggressive Vorhut erwischt hat. Die dunkle und unwirkliche Atmosphäre wird in einer faszinierenden Art und Weise dem Leser nahegebracht, das Grauen fast spürbar und wer vor irgendwelchen Viechern, der Dunkelheit oder Höhen einen gewissen "Respekt" hat, kann sich wahrhaft wohlig gruseln. Splatterig-blutig, eklig, stinkig, brutal und spannend - und mit gepflegtem Hard Rock (z. B. die frühen Scorpions mit ihrem Kracher "Speedy's coming") als "Schutzpatron" und Retter in der Not vor hypnothisierendem Gedudel. Mal etwas andere Herangehensweise als dieses Musikgenre ständig zu verteufeln. Nette Idee, die mir gefiel. Sagen, Legenden, europäisches Setting, Rasanz, etwas Gekröse und ein wenig Sex, ganz viel Spannung und totale Unterhaltung auf 224 Seiten, die keinen Hänger aufzuweisen haben. Sollte ein Leser doch einen festgestellt haben wollen, muss er vielleicht mal an sich selber suchen, gg. Würde ich durchaus für den Abend am Kamin in ansonsten dunkler Nacht empfehlen. Und wer Bammel bekommt - Heavy Metal hilft. Tolle Veröffentlichung von Voodoo-Press.

Jerry Garcia



David McCallum. Er hat schon in einem Film mit Tom Cruise gespielt - nur nie in derselben Szene. Harry Murphys Karriere plätschert so vor sich hin und er wartet nun schon seit Jahren auf den Durchbruch. Dafür hat er nun Gelegenheit im wahren Leben den Helden zu spielen: Harry erfährt von einem Mordkomplott und entscheidet sich spontan, nach London zu reisen und das Opfer zu warnen. Kurz nach seiner Ankunft, muss er auch schon wieder zurück nach New York – begleitet von einem Koffer voller Geld und einer taffen Londoner Polizistin. Und als Teil eines Plans, den Drahtziehern des Mordes das Handwerk zu legen.

Harry ist mal wieder zwischen zwei Jobs, das Geld wird knapp. Also muss endlich ein Engagement her. Einen Roman als Hörbuch zu sprechen, wäre schon ganz in Ordnung. Doch vorher schlägt das Schicksal zu. Unterwegs in der City verspürt er plötzlich ein dringendes Bedürfnis und geht in eine Lokalität, um dort die Toilette zu nutzen. Pech gehabt. Zwei bullige Typen machen ihm klar, dass er sich verziehen soll. Tut er - und sucht sich ein anderes stilles Örtchen in einer Seitengasse. Leider direkt unter dem Fenster einer der Toiletten, die er soeben nicht betreten durfte. Bei der Gelegenheit hört er Pläne über ein Mordkomplott, das in London stattfinden soll. Was er nicht weiß, sind die Zusammenhänge. Ein Mafiaboss entschließt sich, seine Geschäfte zu legalisieren. Dazu müssen aber sämtliche Verbindungen zu diversen Geschäftspartnern gekappt werden. Einer davon, ein Colonel Villiers, hat seinen Hauptsitz in London. Nach einigem Hin und Her steht der Beschluss: Harry muss den Colonel warnen und so fliegt er nach London. Er trifft den Mann auch und sie können gemeinsam gerade noch so einem Attentat entgehen. Der gescheiterte Mörder wird verletzt und kommt in ein Krankenhaus, Harry und der Colonel können flüchten. Da wird Harry auch noch "Opfer" einer Verwechslung und so drückt ihm der Colonel einen Koffer mit einer Million Dollar in die Hand, die er nach Amerika bringen soll. Tut Harry auch. In der Zwischenzeit lässt Mafioso Max den verhinderten Killer in London durch einen zuverlässigen Gewährsmann entsorgen. Wenigstens das klappt. Was Harry indes nicht so ganz recht ist, ist die Tatsache, dass er von einer Polizistin begleitet wird. Aber auch das ändert sich bald und schon sind sie beste Freunde. Aber wie lange?

Nun hat man also den Erfolg der TV-Serie "Navy CIS" dazu genutzt, den Roman von David McCallum auch unters deutsche Leservolk zu bringen. Ich hab ja auch wegen des Namens erst einmal aufgehorcht. Der Schauspieler, Musiker und Autor ist ja schon lange im Geschäft. Sei es nun "Solo für O.N.K.E.L.", "Der Unsichtbare" oder "Gesprengte Ketten". Und der Verlag wollte wohl sich und auch dem Autor selbst einen Gefallen tun und hat kein aktuelles Bild zum Kurzporträt abgedruckt. An einigen Stellen very british inklusive dem Humor der Insulaner (Zitat Beginn: "Ich glaube, wir haben die British Telecom verärgert." Zitat Ende) als Harry und der Colonel von einem Überwachungswagen verfolgt werden. "Murphys Gesetz" ist ein Krimi um Mafia, Morde und einen eher abgehalfterten Schauspieler und Sprecher für Hörbücher, der so wenig zu tun, dafür aber so viele Flausen im Kopf hat, dass er mit seiner wenigen Kohle nach England fliegt, um einen Fremden zu retten. Naja, gab schon bessere Ausgangslagen für einen Thriller. Der Ton ist bewusst flapsig gehalten, die Geschehnisse wechseln zwischen spannend, mörderisch und humorvoll-unwahrscheinlich. Ich würde vorschlagen, das Buch nicht mit der totalen Ernsthaftigkeit anzugehen. Und als Schauspieler, der schon weit über 50 Jahre seinem Beruf frönt, kann David McCallum nicht einen Thriller schreiben, ohne wenigstens etwas Hollywood-Flair einzubringen und den einen oder anderen Namen zu erwähnen oder einige Film-Requisiten in die Handlung einzubauen. Das Buch ist recht flott geschrieben, der Stil alles andere als schwer zu lesen. Es geht schnell voran und durch die vielen Figuren in den USA und England sowie die gesamte Organisation um den Boss Max herum, muss man schon aufpassen, wer hier mit wem was plant und wie ausführt. Geldwäsche und Wirtschaftskriminalität gehen hier mit Mord und Drogen Hand in Hand. Harry ist nun nicht der strahlende Supermann, den man aus vielen derartigen Thrillern kennt, sondern eher ein armer Teufel, der aus reiner Gutmütigkeit in eine Rolle gedrängt wird, die er garantiert nicht auf dem Zettel hatte. Aber auch einer, der seinen Lebensmut und Humor nicht verliert. "Murphys Gesetz" ist jetzt nicht DER Überhammer und David McCallum nicht der neue Stern am Thrillerhimmel, aber für gute Unterhaltung sorgt er schon. Kann man sich ohne Reue schon mal zulegen. Die Seitenzahl ist entgegen der Angaben eines der größten Versandhändlers nicht 400 Seiten sondern nur 338. Für dortige Verantwortliche eher verschmerzbarer Fehler. Hauptsache Bücher verkauft.

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