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Finsterworld

Begonnen von blade2603, 18 Oktober 2013, 20:41:09

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blade2603

Genre   Drama / Comedy
Preise   Zenith Award at Montreal World Film Festival 2013 / TV-Spielfilm Award at Cologne Conference Film Festival 2013

Cast:
Carla Juri, Corinna Harfouch, Ronald Zehrfeld, Sandra Hüller, Jakub Gierszal, Michael Maertens, Bernhard Schütz, Margit Carstensen, Johannes Krisch, Leonard Scheicher

Regie:    Frauke Finsterwalder

Drehbuch: Christian Kracht, Frauke Finsterwalder

Erscheinungsdatum   17.10.2013

Homepage:
http://www.finsterworld.de/

Trailer:
FINSTERWORLD Trailer

Inhalt:
FiNSTERWORLD spielt in einem scheinbar aus der Zeit gefallenen Deutschland. Ein Land, in dem immer die Sonne scheint, Kinder Schuluniformen und Polizisten Bärenkostüme tragen und Fußpfleger alten Damen Kekse schenken. Jedoch lauert hinter der Schönheit dieser Parallelwelt der Abgrund, und dorthin geht die Reise.

Bin eben durch Facebook drauf gestoßen. Irgendwie hat der Trailer was!
"Jedes Publikum kriegt die Vorstellung, die es verdient." -Mario Barth
◾ Originalzitat von: Curt Goetz

(aus den Känguru Büchern)

Fastmachine

War gerade drin und bin - ja, was eigentlich genau: erheitert? verstört? - jedenfalls sehr eigenwillig und eigenständig unterhalten worden.

Im Grunde ist der Film für diejenigen, die mal abseits vom Multiplex-Mainstream etwas sehen wollen, was nicht gleich wieder auf der Arthouse-Schiene rollt. Ein deutscher Film, der denkbar weit von der Schweiger und Herbig Welt entfernt angesiedelt ist, und auch keiner dieser entsetztlichen fernsehtauglichen Amphibienfilme ist. Und das unfassbarste: Ein deutscher Film, der trotz denkbar deutscher Themen durchweg von einem schrägen, ziemlich abseitigen Humorverständnis durchdrungen ist.

Die Inhaltsangabe oben führt etwas in die Irre. Es geht im Grunde (was erst langsam klar wird) um drei Generationen einer ziemlich autistisch und selbstbezogen nebeneinander herlebenden Familie. Es geht um den komplett entgleisten KZ-Besuch einer Schülergruppe
Spoiler: zeige
"Ready for KZ-Besuch, ihr Spasten?"
. Es geht um gerontophil-fetischistische Fußpfleger mit großem Herz und Backtalent, um Furry-Cosplay liebende Polizisten und und und.....alle versuchen irgendwie dem stillen deutschen Unglück zu entgehen.

Schwächen? An manchen Stellen vielleicht etwas zu forciert, zu hanebüchen konstruiert, aber trotzdem fügen sich selbst diese Passagen in das Konzept. Selbst das Finale, die Auflösung geht ganz und gar unkonventionelle Wege, nicht zuletzt bei der Moral des Ganzen, die einen mit einem "Ja, aber..." entlässt.

Ein unerwarteter Film, den ich überhaupt nicht auf der Rechnung hatte. Ein ziemlich undröger deutscher Film, der lustigerweise auch noch das deutsche Routine-Filmschaffen verulkt. Und das ohne Riesenbudget. Dass ich das noch erleben darf. Dafür: 8 bis 9/10.
Ich mag keine Filme; die verblöden nur. (Alfons d. Ä.)

ratz


Doch so gut? Hätte ich jetzt nicht erwartet, da ich vom Trailer schon Ausschlag kriegte ob des arg bemühten Dialog"witzes" und mäßiger Besprechung in der epd film... Bleibe skeptisch und warte auf die TV-Ausstrahlung  ;)

Fastmachine

19 Oktober 2013, 20:57:24 #3 Letzte Bearbeitung: 19 Oktober 2013, 21:07:50 von Fastmachine
Der Film spaltet die Kritik, da er trotz seiner Originalität im Ganzen wie im Detail angreifbar ist. Es ist sicher die Frage, ob man da im Grundsätzlichen überhaupt andocken will. (Ähnlich verärgert, ratlos, gelangweilt oder begeistert steht man etwa vor Helge Schneiders Filmen). Ich fand den Film trotz aller verständlichen Einwände gut, weil er einen eigenständigen Zugriff aufs Thema hat, der sich sehr wohltuend vom Üblichen unterscheidet. Dafür mein "durchweg gut" als Note.    

Das "Bemühte" und "Uncoole" der deutschen Kultur und ihrer Kunstproduktion ist in gewisser Weise überhaupt das Thema des ganzen Films. Schnöselige, verzogene Blagen, bemühte Idealisten, vergeblich um ironische Distanz bemühte Besitz- und Bildungsbürger, überambitionierte und verhärmte Pseudokünstler, Spießer und ihre kleinen Fluchten. Die Witze, die Lockerheit, die Gefühle, sie entgleisen und mißlingen irgendwie immer und schlagen sehr merkwürdige Volten. Etwa der im Trailer angedeutete KZ-Besuch kippt nicht nur einmal, sondern mehrmals und liefert keinen am Ende lesbaren pädagogischen Ertrag. In der einen oder der anderen Richtung.
Durch die Figur der Dokumentarfilmerin fürs Fernsehn macht sich die Regisseurin über die grämlich-nervtötende Realität selbstironisch lustig...nein, das trifft es nicht. Es ist eine Art bizarrer Selbstexorzismus, eben nicht von oben herab.

Also FINSTERWORLD ist keine "deutsche Satire", keine "deutsche Komödie", sondern eine Art semisurrealer Deutschlanddokumention, bzw. deren Parodie. Herbeizitierte "gesellschaftskritische" Vorabendserien- und Tatortästhetik, die völlig schief geht. Wie der eine Schüler sagt: Deutschland ist das Land ohne Comicfiguren, gerade mal zu Fix und Foxi hat's gereicht.

Ich hoffe, durch mein nebulöses Posting ist alles deutlicher geworden  :icon_mrgreen:

 
Ich mag keine Filme; die verblöden nur. (Alfons d. Ä.)

vodkamartini

Der Trailer spricht mich jetzt nicht sonderlich an, das wirklt leider eben trotzdem mal wieder bemüht und angestrengt auf "anders" getrimmt. Die "Fix und Foxi"-Stelle ist allerdings recht witzig, obwohl man mal ehrlicherweise zugeben muss, dass dieses Manko auf fast alle Länder außer den USA zutrifft. Wer hat denn schon noch Comicfigueren hervorgebracht die wirklich global funktionieren? Das ist bestimmt keine deutsche Eigenart, oder ein deutsches Manko.
www.vodkasreviews.de

There's a saying in England: Where there's smoke, there's fire. (James Bond, From Russia with love)

Chili Palmer

Zitat von: vodkamartini am 19 Oktober 2013, 21:19:34
Wer hat denn schon noch Comicfigueren hervorgebracht die wirklich global funktionieren? Das ist bestimmt keine deutsche Eigenart, oder ein deutsches Manko.

Frankreich, Belgien, Großbritannien, Japan...

...wobei du das im Kontext des Films sicher auch anders auffassen würdest, da geht es eben um diese spezifische Einstellung zu den Dingen. Es ist genauso "typisch deutsch", das Fehlen eines international tragfähigen Comiccharakters zu beweinen, wie das österreichische Kino zu beneiden, etc.

@Fastmachine:

Sehr schön alles mit dem Nebelwerfer zugekleistert, gefällt.  :respekt:

Sehe das auch ähnlich und versuche derzeit, dem noch ein Review abzutrotzen. Falls es danebentrotzt, haue ich die Fragmente sonst hierhin. Mal sehen.
"I'm an actor, love, not a bloody rocket surgeon".

"Der Terminader is ja im Grunde so'n Kaiborch."

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