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Da 5 Bloods (Vietnam / Chadwick Boseman / Spike Lee / Netflix)

Begonnen von StS, 18 Mai 2020, 16:40:59

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StS



Vier afroamerikanische Veteranen kehren Jahrzehnte nach dem Krieg auf der Suche nach den Überresten ihres Truppenführers nach Vietnam zurück...

"Diane, last night I dreamt I was eating a large,  tasteless gumdrop and awoke to discover I was chewing one of my foam disposable earplugs.
Perhaps  I should consider moderating my nighttime coffee consumption...."
(Agent Dale B.Cooper - "Twin Peaks")

Private Joker

14 Juni 2020, 01:56:55 #1 Letzte Bearbeitung: 22 Juni 2020, 18:36:32 von Private Joker
Das hätten Netflix und Lee ja kaum besser timen können - passgenau zur wiederaufgeflammten Rassismus- und BLM-Debatte startet der Frontalangriff auf das weiße Amerika (inklusive weißem Präsidenten und weißem Vietnamkino) diese Woche beim zuletzt eher für unpolitsche Haudraufilme zuständigen Streamingmarktführer. Weil das in diesen Zeiten schnell zum Minenfeld werden kann (wie komme ich jetzt auf den Vergleich?) sage ich zur politischen Aussage des Filmes nur soviel: Das ist 100% Lees Sichtsweise, und er hat natürlich das Recht, das so zu sehen. Die Tatsache, dass er den Film finanziert bekommt und offenbar weitgehend nach seinen Vorstellungen gestalten kann, zeigt aber auch, dass es ganz so übel noch nicht stehen kann, um die USA und den Rest der Welt.

Die filmische Machart kann und darf man aber sicher etwas ausführlicher diskutieren und gegebenenfalls auch kritisieren. Wer da einen einfachen, ehrlichen Kriegsfilm mit inhaltlichem Schwerpunkt "Ausnutzung afroamerikanischer Soldaten als Kanonenfutter in Vietnam" erwartet oder vielleicht wie ich auch etwas erhofft hat, wird eher enttäuscht sein. Die Rückblenden auf den Krieg nehmen spätestens nach der Anfangsphase des Filmes nur einen minimalen Raum ein und büßen durch den Kunstgriff, da auch die "alten" Darsteller zu zeigen, jeden Realitätsanspruch ein. Überhaupt Kunstgriff: Lee packt vielleicht schon etwas zu heftig in die filmische Wunderkiste, mit drei unterschiedlichen Bildformaten (besonders die erste Überblendung aus der Gegenwart in die Kriegszeit ist schon eine starke Szene, keine Frage), Standbildern, Fotos, Gesangseinlagen, Dialoge zum Publikum hin und so weiter. Dass die Kernstory zumindest phasenweise in den Grenzbereich zum von mir nicht allzusehr geliebten "Geld und Gold verderben den Charakter"-Subgenre gerät, ist neben der einmal mehr bei Netflix ziemlich ausufernden Lauflänge zumindest mal ein Diskussions- wenn nicht sogar Kritikpunkt.

Andererseits: Ein pralles Stück Kino, das in anderen Zeiten mal die ganz großen Leinwände ausgefüllt hätte, ist das schon, mit tollen Bildern, hervorragenden Darstellern (Lindo, vor allem), starken wenn auch "motherfuckerlastigen" Dialogen und, wenn es Anspruch des Regisseurs mal gerade erlaubt, sogar ordentlicher Action.

Insofern sehe ich den irgendwo im Grenzbereich von 7-8 Punkten mit Tendenz zur besseren Note. Allerdings sicher kein Film, den ich mir sofort oder sehr zeitnah ein zweites Mal ansehen werde, aber ausschließen würde ich es auch nicht.
"Ich bin zu alt für diesen Scheiß" "Dem Scheiß ist es egal, wie alt Du bist" (James Grady - Die letzten Tage des Condor)

Cropsy

Das ursprüngliche Script handelte von 4 weissen Veteranen die nach Vietnam reisen und vorgesehen war Oliver Stone als Regisseur, der sich einem anderen Projekt widmete. Das Script wurde umgeschrieben, als der Produzent Lloyd Levin lies, dass "The Treasure of Sierra Madre" Spike Lee´s Lieblingsfilm ist. Lee mochte die Prämisse und das Script wurde umgeschrieben- in seinem Beisein.

Warum man aber beim umschreiben nicht auf das grösste Plothole, das gleich am Anfang vorkommt, nicht korrigierte, wird auf ewig ein Geheimnis bleiben. Kleiner Tipp: Das Alter der Charaktere, den Randfiguren und die Zeit zw. Vietnam und 2020 passen nicht überein. Einer der Charaktere alterte gar nicht, wie mir scheint. Ebenso warum man sich darauf konzentrierte, die Charaktere zu Stereotypen verkommen zu lassen und den Plot mit sämtlichen Klischees zukleisterte. Die Truppe trifft immer 1A, aber der Feind ist natürlich wieder zu dumm, um auch nur einmal richtig zu treffen. Die Plotline hat das Niveau eines Lifetime Film. Die Dialoge sind auch arg unnatürlich. Alles, aber wirklich alles, ist unfassbar arm geschrieben. Nichts plausibles, uninspirierendes, der Fokus auf div. geschenisse ist so auf "egal" Niveau. Eine verschwendung grossartiger Talente.

Warum erinnern mich die Kriegsszenen eigentlich die ganze Zeit an "Tropic Thunder"?

Witzig ist auch, dass niemanden auffiel, dass Trump supporter Paul mit dem falschen Arm salutiert :D
Ebenfalls kann man keine einzige Entscheidung der versch. Stereotypen nachvollziehen. Was Spike Lee hier falsch machte, machten die Hughes Bros. mit ihrem Debüt Dead Presidents genau richtig.

Das Editing geht nie über das Niveau einer Soap Opera hinaus.

Ein Marketing Spruch besagt: "Werbung ist wie ein Pfeil. Je schärfer die Message, desto härter trifft es das Ziel" Bei 5 Bloods ist es ungefähr so, dass 1000 Pfeile in die Luft geschossen werden. Mit der Hoffnung, dass eine davon das Ziel trifft. Das passiert, wenn 4 Leute an einem Script sitzen.
Das schafften Filme wie "Green Book" oder, witzigerweise Lee´s Film davor, "Blackkklansman"

1 von 10 Spike Lee Disjoints

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