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Lynch - Genie oder Sadist?

Begonnen von Filmjunkie, 12 September 2005, 23:01:09

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Filmjunkie

Hallo erstmal.....

Geht es nur mir so, oder gibt es noch andere die Lynchs Werke nicht verstehen? Ich meine natürlich Filme wie : " Mullholand Drive " oder " Lost Highway "
Ist es überhaupt Lynchs Intention "verstanden" zu werden? Gibt es überhaupt eine "Erklärung" für diese Streifen?
Oder haben Journalisten die behaupten, Lynch würde in seiner Villa in Malibu residieren und sich vor Lachen krümmen, wenn er neue, meist weithergeholte Erklärungen, in den Medien liest, recht und es gibt gar keine rationale Lösung?

Snake Plissken

Also, zumindest zu Lost Highway kenne ich diese Erläuterungen: http://cinetext.philo.at/magazine/circvit.html
Was aber nicht bedeutet, das ich sie 100%ig verstehe :icon_rolleyes:
Ich glaube kaum, das jemand wie Lynch in seiner Villa sitzt und sich über Leute kaputtlacht, die über seine Filme nachdenken.

Snake

Vince

Es ist ja eigentlich allgemein bekannt, dass seine Filme keine allgemeingültigen Komplettlösungen zulassen, das wurde ja schon oftmals diskutiert. Ob sich Lynch deswegen in seiner Villa einen ablacht, will ich mal bezweifeln, da er ja nie ein Geheimnis daraus gemacht hat. Wenn du also solche Fragen stellst, gehst du mit der komplett falschen Einstellung an die Filme. Es geht bei Lynch eher um die Atmosphäre und um das Gefühl an sich, das man beim Sehen hat. Nur daraus lässt sich die Substanz ziehen. Der Mensch tendiert ja allgemein dazu, alles danach zu bewerten, ob es in sein logisches Weltbild passt. Betrachtet man nun dieses logische Weltbild als nur einen von vielen zu berücksichtigenden Faktoren, kann man es ausklammern und den Film nach anderen Kriterien betrachten und bewerten.

Filmjunkie

Mir ist klar,dass man sich schon auf den,zugegeben eigensinnigen, Mikrokosmos Lynchs einlassen MUSS um seine Fime zu "verstehen" bzw. den "Humor" zu geniessen! Ich mag beide Streifen außerordentlich gern, keine Frage. Ich wollte eigentlich nur wissen, ob ich aufgrund meiner mangelnden geistigen Fähigkeiten nicht zwischen den Zeilen lesen kann, oder ob es so beabsichtigt ist und es jedem Zuschauer so geht.

Vince

Ich denke, da brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Es gibt überall interpretierbare Fragmente, die sich aber ganz einfach nicht über den kompletten Film miteinander verbinden lassen. Stell dir die Filme wie ein Kreuzworträtsel vor, bei dem man an verschiedenen Stellen anfangen kann zu lösen, jedoch immer dann, wenn man auf einen anderen Lösungsansatz trifft, sich die einzelnen Buchstaben einfach nicht miteinander vereinbaren lassen.

Filmjunkie


.sixer.

Ich finde die Frage etwas verquer. Lynch hat so viele unterschiedliche Filme gemacht, so das ich einen gemeinsamens Konsens garnicht ausmachen kann.

Einige seiner Filme - besonders jene, die aus seiner eigenen Feder stammen - sind sicherlich Kontroverse, andere sind wiederum ziemlich eindeutig.

Ich selbst denke, dass es grade die Kunst ausmacht ein Werk nicht gleich interpretieren zu können. Und ich denke, dass Lynch die Idee dahinter den Zuschauern überlässt.
"How do you know I'm mad?" said Alice
"you must be," said the cat, "or you wouldn't have come here."

Wir ham kein Strom,
wir ham kein Geld,
wir sind der geilste Club der Welt.

ganymed

eine eindeutige aussage für mich konnte ich aus beiden nicht erkennen

aber halbwegs eindeutige gefühle haben sie bei mir ausgelöst


bei lost highway ist das gerüst warscheinlich so ein möbiusband sone art schleife die unendlich läuft und es ist schon schwierg sich das möbiusband vorzustellen merk ich grad wieder

Rain Jao

Um ehrlich zu sein hab ich beide Filme noch nicht gesehen, obwohl ich sie seit laengerem in der Reichweite habe und werde es die naechste Zeit auch nicht.
Wegen der Tatsache, dass ich fuer beide anscheinend Erklaerungen brauch, um sie verstehen zu koennen. Ich will auf keinen Fall einen Film, der mir alles wie Pansen vorkaut; aber ich kanns auch nicht leiden, wenn ich eine Bedienungsanleitung dafuer brauche, nur weil die zugehoerige erklaerende Serie gecancelt wurde.
Ein Film sollte es schon schaffen, fuer sich selber sprechen zu koennen.



ganymed

du brauchst keine anleitung vorher

hab zuerst lost highway gesehen und nachtraglich etwas rumgelesen


mulholland drive da hab ich nichts wegen erklärung hinterher gelesen
will ihn mir aber jetzt nochmal ansehen

blade2603

Mullholand Drive kann man doch garnicht kapieren oder??? ich meine ich hab ihn net gesehen.. aber sollte das nicht der pilotfilm zu einer serie werden???? und da dann der rest erklärt und erläutert werden?
"Jedes Publikum kriegt die Vorstellung, die es verdient." -Mario Barth
◾ Originalzitat von: Curt Goetz

(aus den Känguru Büchern)

Filmjunkie

Ein Rat von mir an alle.. VERGESST es nach Interpretationsmöglichkeiten zu suchen! Schaut den Film, lasst euch inspirieren,versucht Andeutungen zu verstehen - MEHR aber nicht! Schauen und einwirken lassen..

ganymed

stimmt so kann man es empfehlen


Hana-Bi

Zitat von: blade2603 am 13 September 2005, 00:14:15
Mullholand Drive kann man doch garnicht kapieren oder??? ich meine ich hab ihn net gesehen.. aber sollte das nicht der pilotfilm zu einer serie werden???? und da dann der rest erklärt und erläutert werden?



Das wurde gecanceled. Die haben einen Film draus gemacht.

Lynch ist für mich einer DER Regiesseure wie sie Hollywood noch mehr braucht. Und in so einer schwierigen Zeit, wo es den Ammis an Einfaällen mangelt, wäre ein neuer Lynch Film eine super Idee.

Ich habe Mullholland Drive auch das erste mal vor einer Woche gesehen. Der Film ist bei mir hier Kul geworden, wir haben den letzte Woche 3 mal gesehen. Man sollte am besten seinen Verstand total ausschalten wie es die anderen hier schon sagen. Ein Lynch Film ist eine andere Dimension. Und wer sich damit nicht abfinden kann der sollte seine genialen Filme am besten nicht sehen. Als nächstes steht Lost Highway auf meiner Liste.

Filmjunkie

Zitat von: Hana-Bi am 13 September 2005, 01:08:48
Als nächstes steht Lost Highway auf meiner Liste.

Mach das auf jeden FALL.. Wärmstens zu empfehlen! Ich finde Lost Highway, noch ein Stück besser,wenn man das überhaupt sagen kann, als Mullholland Drive. ;)

Vlad

David Lynch Filme sind m.E. mit surrealer Kunst oder noch besser mit Träumen vergleichbar. Ein Dali-Gemälde kann man einfach ansehen und sich von der visuellen Wucht beeindrucken lassen und/oder sich auf gedankliche Spiele und Interpretationen einlassen. Wenn man einen aufregenden (Alp-)Traum hatte, ist es auch nicht gerade lebensnotwendig, ihn zu entschlüsseln.

Manche Elemente sind rational wirklich nicht greifbar und zum finale von Mulholland Drive hat Mr. Lynch nach meinem Empfinden schon etwas übertrieben. Dennoch lässt sich gerade letzterer auch rational halbwegs einordnen (auch wenn viele Fragen offenbleiben, aber ist ja schließlich nicht die Sendung mit der Maus). Zur Not reichen da schon einige Ausführungen auf IMDb.com.

Filmjunkie

Zitat von: Vlad am 13 September 2005, 12:03:30
David Lynch Filme sind m.E. mit surrealer Kunst oder noch besser mit Träumen vergleichbar. Ein Dali-Gemälde kann man einfach ansehen und sich von der visuellen Wucht beeindrucken lassen und/oder sich auf gedankliche Spiele und Interpretationen einlassen. Wenn man einen aufregenden (Alp-)Traum hatte, ist es auch nicht gerade lebensnotwendig, ihn zu entschlüsseln.

Dali-Gemälde? Nun, mir ist ja bekannt, dass man Lynchs Filme einfach auf sich einwirken lassen sollte/muss,aber warum ist Herr Lynch dann in die Filmszene eingestiegen und nicht in die bildenden Künste?

Ich weiss,dass auch Streifen eine Art von Kunst sind,keine Frage,aber warum hat er dann beispielsweise in Lost Highway eine ausgearbeitete Story,universell lösbare Andeutungen und Interpretationsansätze miteinander vereint, wenn es doch von Anfang an seine Intention war,dass sie keiner versteht?  :algo:

Warum hat er nicht einfach eine sinnlose Aneinanderreihung von Bildern, eine Wucht von visuellen Reizen praäsentiert? Ich meine, Abläufe in seinen Filmen sind ja bis zu einem gewissen Grad rational nachvollziehbar,oder nicht?Warum also eine in sich geschlossene Story? Wofür diese Story, die in ihrer Konzeption Lücken aufweist und dem Zuschauer (wie z.B. mich) schlaflose Nächte beschert?

-reaper-

Also Mulholland Drive ist doch eigentlich gar nicht sooo "unlogisch"...

...wenn man die erste Filmhälfte als "Traum" sieht!
.  <- Punkt

Hana-Bi

Nein der Film ist nicht unlogisch, wenn man die Wahrheit erstmal kennt schaut man sich den Film immer wieder an. Ich denke mal (kenne nur Mullholland Drive und Twin Peaks von Lynch) das kein Lynch Film unlogisch ist, oder gibts da doch welche????

Snailhead

Nur weil man nicht alles in seinen Filmen beantworten kann, heißt das doch noch lange nicht das seine Filme unlogisch sind. :doof:

David Lynch ist Künstler, und Kunst zu verstehen liegt immer im Auge das Betrachters.
Ich denke das jede Szene in seinen Filmen einen bestimmten Zweck erfüllt,diesen aber nicht jeder nachvollziehen kann,weil es nicht jedem möglich ist so zu denken wie der Erschaffer des jeweiligen Werks.

Ich habe es aufgegeben alles zu verstehen,dennoch glaube ich das es eine Lösung gibt.

Aber auch ohne eine Lösung schaue ich mir seien Filme immer wieder gerne an........oder gerade deswegen :icon_cool:

Genie und Wahnsinn liegen oft dicht beieinander :icon_twisted:

Die Sektion

6 Januar 2007, 18:25:43 #20 Letzte Bearbeitung: 6 Januar 2007, 18:28:10 von Die Sektion
Zitat von: Filmjunkie am 13 September 2005, 21:49:07
Dali-Gemälde? Nun, mir ist ja bekannt, dass man Lynchs Filme einfach auf sich einwirken lassen sollte/muss,aber warum ist Herr Lynch dann in die Filmszene eingestiegen und nicht in die bildenden Künste?

Ok, hier muss ich das erstemal Stopp rufen. Es wurde ja schon auf den Surrealismus verwiesen und der hat sich schon ganz früh auch in Filmen geäußert. Ich denke hier an Dali/Bunuels´ "Andalusischen Hund" oder Dalis Skizzen für den Disneyfilm. Lynch ordnet sich hier also einer Kunstrichtung unter in der es keine Grenze gibt zwischen Film und bildender Kunst. Und jeder der "eraserhead" gesehen hat wird mit hier sicherlich zustimmen. Kaum ein Film hat je wieder einen Alptraum so wieder gegeben.

Zitat von: Filmjunkie am 13 September 2005, 21:49:07
Ich weiss,dass auch Streifen eine Art von Kunst sind,keine Frage,aber warum hat er dann beispielsweise in Lost Highway eine ausgearbeitete Story,universell lösbare Andeutungen und Interpretationsansätze miteinander vereint, wenn es doch von Anfang an seine Intention war,dass sie keiner versteht?

Was seine Intention war ist für unsere rezeption des Filmes doch völlig unerheblich. Es gibt eine Menge Filmemacher wo man ernsthaft derren Intentionen in Frage stellen muss (Riefenstahl, Eisenstein, Griffith usw.) deren Filme aber dennoch höchst unterhaltsam und auf hohem Niveau sind. Was wir aus dem Film machen ist das einzig interessante. Und zu der ausgearbeitetn Story ist schon alles gesagt. Das die Story in Sich logisch ist, ist Teil des Lanchen universums und notwendig.

Zitat von: Filmjunkie am 13 September 2005, 21:49:07
Warum hat er nicht einfach eine sinnlose Aneinanderreihung von Bildern, eine Wucht von visuellen Reizen praäsentiert? Ich meine, Abläufe in seinen Filmen sind ja bis zu einem gewissen Grad rational nachvollziehbar,oder nicht?Warum also eine in sich geschlossene Story? Wofür diese Story, die in ihrer Konzeption Lücken aufweist und dem Zuschauer (wie z.B. mich) schlaflose Nächte beschert?

Lynch (so ist mein Eindruck) arbeitet meist nur mit versteckten optischen Reizen. Andere Filme gehen viel offensichtlicher mit den Ängsten um. Die Konzeptionen der Geschichten weisen auch keien Lücken auf, sondern sind teil des logischen Universums. Wir haben uns daran gewöhnt das wenn ein Held in ein Auto in hollywood steigt er sofort den Schlüssel umdreht und los fährt. Wir fragen nciht danach: Warum hat der Schlüssel gesteckt? Warum springt das Auto gleich beim erstenmal an, es sei denn es ist ein Killer hinter dir her. Lynch stzt ebenso einfache regeln in seinen Werken voraus die eingehalten werden, nur sind es nicht dieselben die wir aus anderen Filmen kennen.


my 2 cents


und P.s.: Kann nicht endlich mal jemand den Titel ändern? Wißt ihr denn nicht was ein "Sadist ist? Hier der Wikipedia-Eintrag: "Als Sadismus im medizinischen Sinn bezeichnet man die Tatsache, dass ein Mensch (sexuelle) Lust oder Befriedigung nur dadurch erlebt, andere Menschen zu demütigen, zu unterdrücken oder ihnen Schmerzen zuzufügen. In gewissem Rahmen kann sich Sadismus auch durch z. B. tierquälerische Handlungen ausdrücken." Bei aller Kontroverse um Lynch, das finde ich dämlich!

mcBain

Ich finde das ganze Thema hier etwas deplaziert. Man sollte sich bei dem recht großen Qevre von Lynch, welches vomn Werbefilmen für Nike, zu Michael Jackson Videos, TV Serien und nat. filmen erstreckt, das anhand der speziellen Filme diskutieren. Bersonders entleert finde ich die beiden Kategorien, die das Thema beschreiben..meintest du nicht eher dass hier GENIE UND WAHNSINN; denn Sadismus zusammengehören?! Was hat das denn mit Sadismus zu tun, wenn jemand einen Film macht, der ebend nicht auf gängige ERzählroutinen, Montagetechniken und chronologische Storys abfährt? Natürlich ist Lynch ein etwas Querköpfiger Künstler,  aber man sollte zumindest einmal Filme gesehen, bzw. sich darauf eingelassen haben. Ich sage, man muss ihn nicht verstehen müssen, man kann es jedoch, wenn man sich in den Kosmos hinanbegibt. Problematisch wird es immer dann, wenn gesagt wird "den kann eh keiner verstehen, soll man nich..usw" ich denke ein Künstler verschlüsselt nat. durch Symbole aber mit etwas Lektüre und Filmwiss. KnowHow lassen sich die Filme wohl interpretieren, natürlich ist dies eine Auslegungssache. Ich sage hiermit nochmal, dass ich MD auch interpretiert bzw. eine für mich schlüssige chronologische Abfolge gemacht habe...Not 1,3 ich denke wer will kann mir meilen und ich schicke die Arbeit. 

D00mspacemarine

Ich stimmeVlad zu:
Also ich habe Mullholand Drive (1x) und Lost Highway(3x) gesehen.
Ich habe diese Filme immer als Kunst gesehen und immer wieder etwas Neues an den Filmen entdecken können. Mich hat es nie gestört, dass der Film durch seine Art aus der Rolle heraus fällt. Zu empfehlen sind beide alle male.

Zitat von: Filmjunkie am 13 September 2005, 21:49:07
Dali-Gemälde? Nun, mir ist ja bekannt, dass man Lynchs Filme einfach auf sich einwirken lassen sollte/muss,aber warum ist Herr Lynch dann in die Filmszene eingestiegen und nicht in die bildenden Künste?

Ich denke da ein Film weit aus mehr Möglichkeiten für Hernn Lynch bieten, als nur ein Bild. Alleine Geschichte, Optik, kleine Gimmicks , Verweise, Atmosphäre (ja leck mich am  :hacki: fast alles lässt sich zu Kunst machen  ;)) etc...
Der Film erlaubt ganz andere Stilmittel als das Malen. Und Herr Lynch kann mit dem Film sich so ausdrücken wie er will. Ob jemand ihn auch so versteht wie er sich das gedacht aht ist doch fast scho belanglos.
Bei einer Ausstellung schaut man sich doch Kunst an. Für den einen ist es ein Bild mit einem Motiv, für den Anderen ist es ein Bild, welches Gefühle des Malers ausdrückt, etc... Man geht auch nciht in der Ausstellung zu dem Künstler hin und sagt:"Nun mal raus mit der Sprache, was soll das darstellen" oder man frägt was er ausdrücken will.

Ich denke so kann man das schon gut zusammen fassen.
Da Filme noch nicht so komerziell als Kunst ausgebeutet wurde ist dies natürlich zuerst etwas absolut neues mit dme man nicht so recht weiss was man damit anfangen soll.

Zitat von: Filmjunkie am 13 September 2005, 21:49:07
Warum hat er nicht einfach eine sinnlose Aneinanderreihung von Bildern, eine Wucht von visuellen Reizen praäsentiert? Ich meine, Abläufe in seinen Filmen sind ja bis zu einem gewissen Grad rational nachvollziehbar,oder nicht?Warum also eine in sich geschlossene Story? Wofür diese Story, die in ihrer Konzeption Lücken aufweist und dem Zuschauer (wie z.B. mich) schlaflose Nächte beschert?

Damit der Betrachtet mal das Hirn anwirft und sich gedanken macht.  :D
Warum sollte man nicht selbst die Lücken versuchen zu füllen? Ach herrlich jetzt habe ich wieder Lust auf einen der oben genannten Filme  ;)

@Filmjunkie: Manche Kinos bieten Diskussionrunden an zu etwas Niveauvollen Filmen. zu Lost Highway, American Psycho gab es auch einige. Das war äusserst interessant sich auszutauschen was die Meinung von anderen Betrachtern war. Halte mal Ausschau nach solchen Filmvorführungen mit anschliessender Diskussion, das dürfte genau dein Ding sein. Pass nur bloss auf, dass nicht alte Menshcen drinnen sitzen die bei jeder Frage alles auf den 2. Weltkrieg projezieren müssen (war bei American Psycho)... das hat echt genervt. :andy:

JPS

14 Januar 2007, 06:33:09 #23 Letzte Bearbeitung: 14 Januar 2007, 06:57:22 von JPS
Immer wieder interessant: die menschliche Suche nach Sinn und Ordnung, um der eigenen Ohnmacht gegenüber der Komplexität der Welt zu entfliehen.
Das ist es, was Künstler und Verrückte eint: sie wissen von dieser Komplexität und ihrer Ohnmacht (erstere können das irgendwie kommunizieren, sich damit auseinandersetzen und es sublimieren, letztere verzweifeln daran und scheitern in ihrer Umwelt).

Ich kann nicht verstehen, dass Filme immer wieder daran gemessen werden, inwieweit sie dem Cogito zugänglich sind, inwieweit sie logisch sind und erklärbar - gerade unsere abendländische Kultur ist ja von der Vormachtstellung des Cogito geradezu besessen. Logik hat aber den Nachteil, dass sie nur abstrakte Formeln bereitstellt zum Erfassen der Phänomene und ihrer Beziehungen untereinander, dass sie die Welt auf ihre einfachsten, uns erkennbaren Betandteile reduziert und dabei das Ganze aus den Augen verliert.

Eine Psychose (als das Idealbild eines unerklärbaren, unheimlichen und scheinbar sinnlosen Zustands und ein möglicher Zugang zu Lynchs Oevre) kann man auf mehrere Arten filmisch darstellen: man zeigt den Psychotiker und seine Handlungen und gibt dem Zuschauer die Rolle des unbeteiligten Beobachters, der den festen Boden unter den Füssen hat und das Definitionsrecht für das, was real, gut, schön, logisch und im Gegensatz dazu verrückt, absurd, pervers (etc.) ist. Das schafft Distanz zum Dargestellten, was den meisten Menschen ganz recht sein dürfte.
Oder man bedient sich den der Psychose eigenen "Mitteln", was Lynch macht: Raum und Zeit eind aufgelöst, es gibt keinen Anfang und kein Ende, die Konturen verschwinden, Objekte sind symbolhaft überhöht oder verfremdet, Beziehungen werden dargestellt und nicht kommuniziert, die Bilder wirken direkt auf das Gegenüber, den Zuschauer, der wiederum - wie der Psychotiker auch - verzweifelt versucht, die Bilderflut, die Symbole, die Beziehungen und Zusammenhänge zu ordnen, um wieder sicheren Boden unter die Füsse zu bekommen. Hier stimmen Dargestelltes und das Medium, welches es darstellt, vollkommen überein, Bilder, Töne, Darstellung, Architektur, "Handlung", Figuren. Und das ist der Grund, weshalb Lynch Filme macht und nicht nur Bilder malt (was er vor dem Filmemachen machte - denn Lynch kommt ursprünglich von der Malerei, was seine ersten Arbeiten noch ganz sichtbar beeinflußt hat), denn das Medium Film vereint eben verschiedene Medien, Ausdrucksmöglichkeiten und Stilmittel in sich.

Darüberhinaus: um was es in den Filmen geht (nicht der Inhalt, sondern der Gegenstand der Betrachtung) liegt doch gerade bei Lynch offen auf der Hand: in einigen geht es um Paare und ihre Entfremdung voneinander, ihre Sehnsüchte, Emotionen, Zweifel, in einem anderen um eine Schauspielerin und deren Träume und Schicksal, in anderen um Sexualität, um Isolation, um Moral, Schuld und andere Themen - all das ist doch in den jeweiligen Filmen unverschlüsselt enthalten und kann im Einzelfall als Rahmenhandlung dienen.

@ D00mspacemarine  - vollkommen richtig, damit der Zuschauer mal das Gehirn anwirft, aber ergänzend dazu: es eben auch mal ausschaltet und sich dem Film hingibt, sich mitreißen lässt und Fragen stellt. Denn das ist es, was ich aus jedem guten Film mitnehmen will: Fragen, Nachdenkliches und mich Anregendes, Bewegendes. Es geht auch um Stimmungen, um Gefühle und nicht immer nur um das Hirn, damit die Welt in ihrer Vielfalt von uns verstanden und erfahren werden kann.



Red Shadow

14 Januar 2007, 12:54:22 #24 Letzte Bearbeitung: 14 Januar 2007, 12:55:58 von red shadow
Zitat von: Vince am 12 September 2005, 23:11:43
Es ist ja eigentlich allgemein bekannt, dass seine Filme keine allgemeingültigen Komplettlösungen zulassen, das wurde ja schon oftmals diskutiert. Ob sich Lynch deswegen in seiner Villa einen ablacht, will ich mal bezweifeln, da er ja nie ein Geheimnis daraus gemacht hat. Wenn du also solche Fragen stellst, gehst du mit der komplett falschen Einstellung an die Filme. Es geht bei Lynch eher um die Atmosphäre und um das Gefühl an sich, das man beim Sehen hat. Nur daraus lässt sich die Substanz ziehen. Der Mensch tendiert ja allgemein dazu, alles danach zu bewerten, ob es in sein logisches Weltbild passt. Betrachtet man nun dieses logische Weltbild als nur einen von vielen zu berücksichtigenden Faktoren, kann man es ausklammern und den Film nach anderen Kriterien betrachten und bewerten.

Na ja, jeder hat seine eigene Perspektive, richtig oder falsch gibt es in diesem Zusammenhang nicht, ich kann jedenfalls sehr gut nachvollziehen, wenn man mit Lynchs' Werken nicht viel anfangen kann. Mir persönlich reicht die zweifelsohne gute Atmosphäre auch nicht, um seine Filme als Meisterwerke des Independent-Kinos in den Himmel zu loben - man sollte sich auch, inwiefern auch immer, in positiver und negativer Weise wohl fühlen und eine emotionale Verbindung zu den Werken aufbauen. Das geschieht bei mir nicht, ich möchte Filme innerhalb meiner Gedankenwelt verstehen und zumindest ergründen können, weshalb ich fasziniert bin. Das ist in diesem Fall hinfällig, weil für mich persönlich unmöglich aufgrund des fehlenden Zugangs. Mir bleibt hier quasi nur die oberflächliche Betrachtung übrig. Ich finde es auch merkwürdig, wenn große Entwirrungen und finale Lösungen geschrieben werden, obwohl der Regisseur selbst keine konkrete Logik hinter seinen Visualisierungen sieht. Es läuft vielmehr darauf hinaus, dass man sich auf die Filme emotional einlassen muss und seine Empfindungen wiedergibt - ich spüre bei Lynch, mit Ausnahme der oberflächlich atmosphärischen Finessen, meistens nicht. Da bin ich gerne ketzerisch, bevor ich aufgesetzt einen Mikrokosmos, der mir nicht liegt, feiere.
Why so serious?

WEAR RED, GET LOUD! GO 49ers!

Who's got it better than us? Nooobody!!!

Schlangenlederjacke

Eingangs möchte ich kurz erwähnen, daß Lynch es als den größten Fehler seines Schaffens ansieht, mit dem Kinoflim "Fire Walk With Me" eine Art Auflösung gegeben zu haben.

Zur Interpretationsweise:

Vielleicht ist es bekannt, daß Lynch von der Malerei zum Film kam und daß seine filmische Ausdrucksform stark davon geprägt ist.

Also sind seine Filme hauptsächlich auch auf die gleiche Weise zu interpretieren, wie ein Gemälde.

So kann man natürlich das Handwerk analysieren und die technischen Mittel auseinander dividieren, aber geht es bei einem Gemälde nicht in erster Linie um die Wirkung bzw. um die Gedanken und Emotionen, die es bei jedem ganz individuell auslöst?

Lynchs filmisches Werk beweget sich in meinen Augen klar zwischen Expressionismus und Surrelalismus.

"Den Malern des Expressionismus waren nicht die wirklichkeitsgetreue Weitergabe von Eindrücken und schöne Formen wichtig; im Gegensatz zu den impressionistischen Malern drückten die Expressionisten ihre eigenen Regungen aus, sie gaben ein ,,durchfühltes" und interpretiertes Motiv weiter."

"Die Bewegung der Surrealisten versuchte, das Unbewusste darzustellen, indem sie Traum und Realität miteinander verschmelzen ließ. Es werden absolut reale Dinge in völlig abstrusen Zusammenhängen dargestellt, so dass es dem Betrachter kaum mehr möglich ist zwischen Traum und Realität zu unterscheiden."

(Wikipedia)


Beispielsweise deutet Lynch klar auf seine Vorliebe für den Expressionismus hin, wenn er in "Lost Highway" seinen Hauptdarsteller erklären läßt, daß dieser keine Videokamera besitzt, weil er es bevorzugt, sich an die Dinge so zu erinnern, wie er sie erlebt hat und nicht, wie sie tatsächlich geschehen sind. Die surrealen Motive, wie z.B. die in fast allen Filmen zu findenden Traumsequenzen oder mystischen Figuren, bilden das wohl bekannteste Markenzeichen seiner Filme.

Also, Ihr könnt Lynchs Filme anhand seines Handwerks bewerten, aber noch viel besser:

Spielt mit Euren eigenen Interpretationen und geniesst das ganz individuelle Gefühl, daß während und nach dem "betrachten" solch eines Films in Euch entsteht.

Es ist Filmkunst/Kunstfilm und David Lynch ist eben weder Steven "Popcorn" Spielberg noch Oliver "Message" Stone.


Grüsse von der Schlangenlederjacke



barryconvex

Zitat von: Filmjunkie am 12 September 2005, 23:01:09
Oder haben Journalisten die behaupten, Lynch würde in seiner Villa in Malibu residieren und sich vor Lachen krümmen, wenn er neue, meist weithergeholte Erklärungen, in den Medien liest, recht und es gibt gar keine rationale Lösung?

Also nicht "Genie oder Sadist" sondern "Genie oder Scharlatan?"
Kann er gar nicht anders, als uns sich (in Geschichten) so und nicht anders darzustellen, ganz gleich, ob ihn irgendjemand versteht // versus // wertet er nur banale Filme durch Pseudomystizismus auf, der sich ohnehin nicht auflösen läßt, aber immerhin seine Fanschar bei Laune hält.

Würde meine Meinung nur von Mulholland Drive abhängen, würde ich vermutlich zu der zweiten Ansicht gelangen, weil es einfach sein schwächster Film bisher ist. Die magischen Momente von Lost Highway entsprechen hier eher einer Art Nummernrevue von Elementen, die man bereits aus anderen Filmen (besser) kennt.
Vieles an Mulholland Drive ist einfach Ballast und banal (der Auftragsmörder, der Hundekot, der Poolreiniger) und schaden der eigentlichen Geschichte.
Neben einem "echten" surrealen großen Film wie "Possession" kann Mulholland Drive in meinen Augen nicht bestehen.
(Auch weil Surrealismus nichts mit Kreuzworträtseln à la ist sie jetzt Betty oder... zu tun hat.)

psychopaul

14 Januar 2007, 20:32:16 #27 Letzte Bearbeitung: 14 Januar 2007, 20:34:43 von psychopaul
Zitat von: barryconvex am 14 Januar 2007, 20:22:04
Vieles an Mulholland Drive ist einfach Ballast und banal (der Auftragsmörder, der Hundekot, der Poolreiniger) und schaden der eigentlichen Geschichte.

Aha.
Ich finde, dass diese fast burlesken, meinetwegen lächerlichen Szenen genau deshalb perfekt in die "Szenerie" (ich möchte nicht spoilern, man versteht mich auch so, auf was ich hinaus will, nehme ich an) und zu dem, was den Film schließlich als Gesamtwerk ausmacht, hineinpassen.
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Hana-Bi

14 Januar 2007, 20:52:53 #28 Letzte Bearbeitung: 14 Januar 2007, 20:56:10 von Hana-Bi
Zitat von: barryconvex am 14 Januar 2007, 20:22:04
Würde meine Meinung nur von Mulholland Drive abhängen, würde ich vermutlich zu der zweiten Ansicht gelangen, weil es einfach sein schwächster Film bisher ist. Die magischen Momente von Lost Highway entsprechen hier eher einer Art Nummernrevue von Elementen, die man bereits aus anderen Filmen (besser) kennt.
Vieles an Mulholland Drive ist einfach Ballast und banal (der Auftragsmörder, der Hundekot, der Poolreiniger) und schaden der eigentlichen Geschichte.
Neben einem "echten" surrealen großen Film wie "Possession" kann Mulholland Drive in meinen Augen nicht bestehen.
(Auch weil Surrealismus nichts mit Kreuzworträtseln à la ist sie jetzt Betty oder... zu tun hat.)

Also diesen ganzen Absatz hier halte ich für völlig banal. Ich gebe Psychopaul völlig recht, die Punkte die du in Mulholland Drive kritisierst runden den ganzen Film noch ein wenig ab. Genau sowas Fehlte mir einfach in Lost Highway. Dieser Humor aus Mulholland Drive erinnert wieder an die guten alten Twin Peaks Zeiten. Für mich zählt Mulholland Drive zu meinen absoluten Lieblingsfilmen und für mich ist es Lynchs bester Film. Lost Highway war zwar ebenfalls genial aber mir doch eine Nummer zu komplex gewesen. Und der Punkt das Lynch nur durch nicht aufgelöste Handlungsstränge seine Fans bei Laune hält halte ich ebenfalls für unsinnig. Genau das ist Lynchs Stil, das macht seine Filme aus. Jeder Regisseur hat ein Stilmittel, ich finds Klasse das manche Handlungsstränge nicht aufgelöst werden. Welcher amerikanische Regisseur hat überhaubt noch den Mut sich überhaubt noch etwas vom Mainstream zu entfernen?? Für mich ist und bleibt David Lynch einer der beeidnruckendsten Filmemacher aller Zeiten, das mögen vielleicht viele Leute anders sehen aber ich liebe seine Filme.

barryconvex

Zitat von: Hana-Bi am 14 Januar 2007, 20:52:53
Und der Punkt das Lynch nur durch nicht aufgelöste Handlungsstränge seine Fans bei Laune hält halte ich ebenfalls für unsinnig. Genau das ist Lynchs Stil, das macht seine Filme aus.
Aua.

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