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Presumed Innocent (AppleTV+ Mini-Serie mit Jake Gyllenhaal)

Begonnen von StS, 1 Mai 2024, 18:33:22

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StS


It tells the story of a horrific murder that upends the Chicago Prosecuting Attorneys' office when one of its own is suspected of the crime...

Den Harrison Ford Film mochte ich damals.
Hätte ich AppleTV+, würde ich mir die Serie ansehen...
"Diane, last night I dreamt I was eating a large,  tasteless gumdrop and awoke to discover I was chewing one of my foam disposable earplugs.
Perhaps  I should consider moderating my nighttime coffee consumption...."
(Agent Dale B.Cooper - "Twin Peaks")

StS

"Diane, last night I dreamt I was eating a large,  tasteless gumdrop and awoke to discover I was chewing one of my foam disposable earplugs.
Perhaps  I should consider moderating my nighttime coffee consumption...."
(Agent Dale B.Cooper - "Twin Peaks")

Private Joker

Bekommt wohl eine zweite Staffel - berichtet zumindest Quotenmeter:

https://www.quotenmeter.de/n/153123/apple-verlaengert-presumed-innocent

Was einen dann schon etwas verwundert; Buchverfilmungen dieser Preisklasse sind normalerweile eher als abgeschlossene Mini-Serie angelegt. Und irgendwo spoilern die ja damit auch etwas den Schluss der ersten Staffel, selbst wenn Vorlagenkenner da eh keine großen Sensationen erwarten werden.

Die aktuellen Folgen habe ich soweit mal mitgenommen, wenn auch etwas wegen noch relativ präsenter Erinnerungen an Buch und Film etwas lustlos. Machart und Besetzung sind sicherlich wieder appletypisch gediegen, wenn auch nicht durchgehend gelungen (also das Casting). Die Rolle der toten Staatsanwältin etwa ist schon deutlich verändert im Vergleich zum Film, wo man mit Greta Scacchi durchaus einen damals potenten Namen dabei hatte. Ihre Nachfolgerin (Renate Reinsve, nie gehört) hat wenig Ausstrahlung und noch weniger Dialog, schaut abseits der irgendwo leicht schizophren inszenierten Sexszenen (Motto: "so drastisch es geht, wenn ich rein gar nichts zeigen will") so etwa wie Bambi kurz nach dem Tod von Rehmama aus der Wäsche. Auch der Versuch, mit Negga da etwas Diversität und Sozialkritik an Bord zu bringen, bleibt eher halbherzig - das ist ohne den Hauch eines Zweifels eher ein Produkt mit Protagonisten aus der und als Zielgruppe für die weiße Mittelschicht. Da hilft es auch nicht, wenn die Frau des Staatsanwalts zwischenzeitlich mal entdeckt, dass ihr Sohn schwarz ist und entsprechend Vorverurteilungen befürchten müsste, während die Familie zeitgleich eine 1,5 Mio-Kaution aufbringen und sich einen Topverteidiger leisten kann, ohne da mit der Wimper zu zucken.

Aber sicher alles keine Gründe, das nicht wenigstens bis zum Schluss von S1 zu sehen - mal schauen, wie clever die eine S2 da vorbereitet haben.
"Ich bin zu alt für diesen Scheiß" "Dem Scheiß ist es egal, wie alt Du bist" (James Grady - Die letzten Tage des Condor)

Private Joker

Erst mal vorbei. Und aus meiner Sicht: ein bisschen wie erwartet, langsam gestartet, gut gesteigert und dann weitgehend enttäuscht. 

Fangen wir mit den Stärken an, denn das geht weitgehend spoilerfrei. Mit dem Beginn des Gerichtsverfahrens zieht da die Spannungsschraube tatsächlich ganz gut an, das x-fach gesehene Szenario mit unwilligen Zeugen, parteiischen Sachverständigen und viel "Einspruch" "Stattgegeben" bewährt sich auch hier. So um Folge 4 erreicht das einen sagen wir mal kleinen Höhepunkt, mehr sage ich ohne Spoilerschwarz dann doch nicht.

Was uns dann zwanglos zum großen Problem bringt, nennen wir es mal den "Zeugin der Anklage-Faktor". Für die älteren: Beim Ende unterscheiden sich die die unterschiedlichen Versionen (Kurzgeschichte/Theaterstück/Verfilmungen) nach Christies Krimiklassiker jeweils in mehr oder weniger wichtigen Details, um dem vermeintlich wissenden Publikum noch eine kleine Überraschung zu bieten. Hier hat sich der Jurist Kelley (bzw. seine Schreiber) an relativ massiven Änderungen an dem Buch des Kollegen Turow versucht, und der (entfernte) Kollege Private Joker sagt: Das ging gründlich schief.

Spoiler: zeige
 Fangen wir mit den lässlichen Sünden an: Seit wann plädiert denn die Verteidigung vor dem Staatsanwalt? Das gehört zur guten Tradition fast aller Rechtsstaaten, dass die Verteidigung/der Angeklagte noch auf die Ausführungen der Anklagebehörde reagieren kann, und sei es als "letztes Wort". Viel übler aber, und "DER" Elefant im Raum: Was soll der Blödsinn mit dieser speziellen Fesselung? Wie kann der durchaus intelligent dargestellte Sabich auf die Idee kommen, damit den Verdacht auf einen Gefängnisinsassen zu lenken ? Diese Art der Fesselung ist nebenbei bemerkt absolut gängig, zB in der S/M-Szene (da wohl "Hogtie" genannt) und ganz gewiss keine valide Ablenkung, da hat keiner ein Patent drauf. Überdies nimmt sie die Option, da auf eine Affektat zu plädieren, was uns zwangslos zu Gericht und Staatsanwaltschaft führen, die den Faktor auch völlig ignorieren, insbesondere die Richterin ("mit Mord kommen Sie nicht durch, das war doch niemals eine geplante Tat" sagt sie einmal). Und für die StA: Letztlich lässt diese Fesselung doch nur zwei ernsthafte Schlüsse zu: Entweder hat sich das Opfer im Rahmen von Sexspielen vor ihrem Tod freiwillig fesseln lassen, und wurde dann von Ihrem Lover erschlagen -  dann wäre Savich (fast) ohne jeden Zweifel der Mörder. Oder es sollte gezielt eine falsche Spur gelegt werden, denn warum bitte sonst sollte man eine Tote fesseln?. Wird aber alles mit keinem Wort erwähnt oder durch einen Sachverständigen aufgeklärt.

Und Elefant Nummer 2 - das Tatgeschehen und die Rolle der Tochter. Da wo die Vorlage noch mit einem (oder zwei, bin mir da nicht mehr ganz sicher) "Besucher" am Tatort auskam, herrscht hier Andrang wie bei der Rushhour - zweimal Rusty, einmal der "andere Sohn", einmal die Tochter; gefilmt/beobachtet dabei wird erstaunlicherweise nur der Sohn. Und dann Rustys Tochter: So richtig clever ist das ja nicht, das Beil im Garten zu vergraben; auch wenn nicht jede Hausdurchsuchung das Komplettumgraben des Vorgartens beinhalten mag, so ein paar frische Grabungsspuren könnten den Fall hier ganz fix beenden. Umgekehrt: Das Einschmuggeln des überaus sorgfältig gereinigten Beils + ein spurenfrei ersteller Zettel beim Staatsanwalt, das ist alles für einen Teenager erstaunlich professionell - und woher wußte die, dass der für die Katze eine Tür offenlässt (btw. schon mal von Katzenklappe gehört?).

So gesehen ist das "neue" Ende ein klarer Doppelfail - es nimmt der Handlung die eigentliche Pointe (iirc hatte die Frau im Buch ja durchaus beabsichtigt, dass ihr untreuer Ehemann in Verdacht gerät) und gleichzeitig jede Glaubhaftigkeit. Da wäre sogar die eigentlich ganz geschickte Spekulation um eine Täterschaft des verliebten Tommy Molto pfiffiger gewesen.

Wobei mir die von Saarsgard prima gespielte Figur "Molto" tatsächlich mit am besten gefiel in einem Cast, in dem wie im Vorpost erwähnt nicht jede Umbesetzung wirklich zündet, zB der Verzicht auf den eloquenten Verteidiger mit den spanisch/südamerikansichen Wurzeln (seinerzeit im Film sehr präsent: Raul Julia), der sich zwecks Aufrechterhaltung des ethnischen Proporzes irgendwie in den recht farblosen Oberstaatsanwalt verwandet hat.

Unter dem Strich klafft da leider eine Riesenlücke zwischen der durchaus soliden Spannungsdramaturgie und dem rückwärts gedacht leider massiv verschlimmbesserten Plot, der in wichtigen Details so gar keinen Sinn mehr macht. Daraus ergibt sich zwangsläufig eine Kompromissnote für "drangeblieben, aber letztlich enttäuscht" um die 5/10. Mal schauen, ob sich das ohne den Balast einer eigentlich runden Vorlage, der man zwanghaft was "Neues" anfügen wollte, in Staffel 2 etwas freischwimmen kann.
"Ich bin zu alt für diesen Scheiß" "Dem Scheiß ist es egal, wie alt Du bist" (James Grady - Die letzten Tage des Condor)

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