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Italienische Geschichte/Politk ca. 1960 - 1980...

Begonnen von a deer, 22 Juni 2009, 01:40:37

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a deer

Hallo zusammen,
Nachdem ich gerade eben im Programmkino "Das Zehnte Opfer" bewundern durfte und einerseits begeistert bin vom Film (auch wenn das Kinoerlebnis ansich merkwürdigerweise und fast unbegründbar durchwachsen war...), andererseits eben auch beschämt über mein eigenes Wissen bezüglich dieser wahrscheinlich (zumindest male ich mir das als fast unwissender, der nur ein paar Autorenfilme und die Freibeuterschriften aus dieser Zeit kennt...) höchst wichtigen und für ganz Europa / die Welt bezeichnenden Phase, möchte ich mich nun darüber informieren, allein schon um für all die tollen grotesken Szenen dieses Filmes auch ein Hintergrundswissen zu haben (während der Aufführung war das Pubikum zurecht oft amüsiert, allerdings wurde der Film anscheinend von den meisten als schräg/trashiges 60er-Filmchen wahrgenommen, was er imo definitiv nicht vordergründig ist, da steckt viel mehr, viel "schlimmeres" dahinter, was ich aber faktisch kaum bzw. nur intuitiv belegen kann, wo wir wieder beim Threadthema wären ....)

Gibt es irgendwelche Literatur, die für "Einsteiger" geeignet ist, preismäßig empfehlbar und auch für die "Buß/Bahn"-Weiterbildung (soll heißen ich les das Teil wahrscheinlich vor allem in der Bus bzw. in der Bahn ;)) geeignet ist? Oder bin ich mit Informationen aus dem Internet erstmal besser bedient? Von mir aus auch nicht nur Italien, aber doch mit Italien als einem der Schwerpunkte. Gesucht habe ich übrigens noch nichts, mach ich wahrscheinlich auch erst morgen oder so....

Eigentlich würde ich bei so einem irgendwo doch speziellen Thema gar nicht erst nachfragen, da aber Filme aus der Zeit bei einigen der User hier doch recht beliebt sind, wenn mich meine Erinnerung nicht täuscht, wage ich es einfach mal.....

Ich hoffe, mein Posting kommt jetzt nicht zu eitel und pseudo rüber, ich denke, ich bin wirklich an der Zeit interessiert, sowieso schade, dass es in auf dem deutschen DVD-Markt scheinbar Nachholbedarf gibt, selbst die bekanntesten Autorenfilmer (Pasolini, Antonioni, Fellini etc.) haben ja bei weitem noch nicht alle Filme veröffentlicht bekommen.....

a deer

So, nach ein wenig Recherche muss ich leider feststellen, dass es auf dem deutschen Markt wirklich keine große Auswahl gibt, hab mir jetzt ein gebrauchten Exemplar von "Kleine Geschichte Italiens von 1945 bis Heute" von Friederike Hausmann geholt, mal schaun, vielleicht hätte ich nicht in der Euphorie, mich mal ausnahmsweise für die "wirklich wichtigen Dinge" zu interessieren, einen Thread starten sollen.....

Aber vielleicht will ja jemand mal über die Zeit diskutieren, wer weiß, vielleicht ist der Thread ja doch irgendwann mal für was gut  :icon_lol:  :icon_redface:....

Bretzelburger

Zwei Dinge haben mich an deiner Thread-Eröffnung positiv überrascht - das ein Film wie "Das zehnte Opfer" (und damit ein Film von Elio Petri) im Kino gezeigt wird und das dieser darüber hinausgehendes Interesse erzeugen kann. Um deine Frage direkt zu beantworten - ich kenne auch kein Buch über italienische Politik seit 1945, kann mir aber auch kaum vorstellen, dass solch eine Literatur über oberflächliche Geschichtsanordnungen hinaus ginge.

Neben einigen Dingen, die ich damals ganz normal in der Zeitung aufgeschnappt habe und konkreten Erlebnissen in Italien (wo ich zum ersten mal 1978 war), habe ich mein Wissen vor allem aus den Filmen und dazu begleitenden Texten, die allerdings fast ausschließlich in italienischer Sprache erschienen sind. Der Neorealismus der 40er Jahre, der immer gerne auf die frühen 50er begrenzt wurde, hat in Italien bis heute Tradition, wenn auch in ganz unterschiedlicher Interpretation (es gibt dazu von Seeßlen einen sehr guten Text, der den "Neorealismus" unterschiedlich kategorisiert). Petri war, neben Rosi und Damiani der wichtigste Vertreter des kritischen Realismus im Italien der 60er und 70er Jahre. "Das zehnte Ofer" nimmt in seinem futuristisch, satririschen Charakter eine ungewöhnliche Position ein, ist aber für Petri nicht untypisch. Es ist schwierig (und vor allem sehr zeitaufwändig) sich der Vielfalt an Regisseuren aus dieser Zeit (darunter auch Pasolini, Fellini, Visconti, Antonioni, die sich aber anders der Thematik näherten) zu widmen, aber es macht Spaß und führt immer wieder zu Entdeckungen großartiger Filme, die hierzulande völlig unbekannt sind (z.B. "L'invenzione di Morel" von Emidio Greco von 1974). Um mich Petri zu nähern, werden ich seine Filme chronologisch besprechen, auch weil der Zeitbezug nicht unwichtig ist - mit seinem ersten Film "L'assassino" von 1961 habe ich gestern begonnen.



a deer

Die Kinovorführung war im Kino des Düsseldorfer Filmmuseums, war auch nur durch Zufall darauf gestoßen und da ich dystopische Werke meistens sehr schätze hab ich ihm eine Chance gegeben und wurde nicht enttäuscht. Meine "Must see"-Liste hat nun wieder einen Regisseur mehr. Umso überraschter war ich dann auch, dass es dieses mal nicht wie eigentlich üblich recht leer war, was wohl vor allem daran lag, dass von der Heinrich-Heine-Universität in irgendnem Studienrahmen deutsche Untertitel für den Film hergestellt worden waren (ob das jetzt irgendwas Veröffentlichungsmäßig zu bedeuten hat weiss ich nicht....) und natürlich, weil die Vorstellung kostenlos war :icon_lol:
Tja, und während des Filmes hab ich mich dann über einen Teil des Publikums geärgert bzw. fand es schade, dass der Film anscheinend kaum ernstgenommen wurde und eher als Reliquie aus einer längst vergessenen Zeit rezipiert wurde. Allerdings musste ich mir gleichzeitig ja auch selbst den Vorwurf machen, nicht alle Zusammenhänge voll zu verstehen (bzw. nur zu erahnen) und kam mir dabei dann ein wenig heuchlerisch vor, daher wohl das Interesse.....

Man man, aus Schamgefühl aufgrund des eigenen Unwissens büffeln, hätte ich das mal vor ein paar Jahren gemacht   :LOL:

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