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Wie verfilmt man Shakespeare? "Al Pacino's Looking for Richard" und andere

Begonnen von pm.diebelshausen, 28 März 2010, 01:11:11

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jororo

Zitat von: ratz am 30 März 2010, 13:19:01
Zitat von: Chowyunfat2 am 30 März 2010, 01:24:43

Shakespeare's Motivation!


In diese Gefilde kann und will ich nicht folgen, für mich ist der Autor in mehr als einer Hinsicht tot, und das ist auch gut so.



Sehe ich auch so, aber versuch mal, das jemandem im Unterricht beizubringen... Die gieren immer nach der "Meinung des Autors" und werden ganz kirre, wenn man denen sagt, dass völlig unerheblich ist. Ich merke aber grade, dass ich zum eigentlichen Thema (Wir sollte man Shakespeare verfilmen?) nichts Substantielles beizutragen habe und ziehe mich deshalb besser aus dem Thread zurück... Aber der ist so schön frei von gewissen...Forenmitgliedern... die sonst immer ihren Senf dazu geben...
Was bringen die ganzen PISA-Studien, wenn das Hessenabitur schon als Behindertenausweis anerkannt wird? (S. Hieronymus)

https://www.youtube.com/watch?v=jQJ8Pofd_X8

pm.diebelshausen

Zitat von: Intergalactic Ape-Man am 30 März 2010, 13:26:58
Daher komme ich mich als Hauptschüler ohne Klemptnereilehrgang nun auch so ordinär vor. :king:
Schöner Satz von Dich. :O)

Zitat von: jororo am 30 März 2010, 09:36:57
ach ja
@diebelshausen: findest du, dass Shylock durch die Rede aus seinem Rollendasein heraus kommt? Ich finde, sie löst ihn nicht ganz aus dem "Klischeerollendasein" (auch wenn sie seinem Charakter nötige "Widerhaken" gibt, um aus der reinen Klischeezitierung ansatzweise heraus zu treten), was man ja auch am Schluss merkt, wenn es ihm nur um Geld und das eigene Leben geht. Die Rede wurde ja auch in den folgenden Jahrhunderten als Heuchelei interpretiert und inszeniert, also als Bekräftigung der "verlogenen Natur der Juden"

Ich stimme da Ratz auf einem Umweg zu: ganz klar ist Shylock eine Figur, die die Klischee-Vorstellungen bezüglich eines Juden bedient. Das ist günstigstenfalls Verallgemeinerung zu nennen, schlimmstenfalls und eher aber Antisemitismus. Ob in dem Stück nun  antisemitische Ansichten zementiert werden, oder ob diese Vorurteile von Shakespeare gerade dazu genutzt werden, sie als solche zu entlarven, ist relativ uninteressant (und jetzt komme ich auf Ratz' Bemerkung zum Tod des Autors), denn viel wichtiger, einflussreicher, aussagekräftiger ist, was eine jeweilige Gesellschaft in ihrer Zeit daraus macht. Ich bin jedenfalls der Meinung, dass Shakespeares Stück nicht gegen den Strich vergewaltigt werden muss, um zu einer Darstellung der Figur Shylock zu kommen, die den antisemitischen (oder auch rassistischen) Vorstellungen entgeht, indem sie zu Recht in ihrer Rede darauf hinweist, dass er trotz allem und vor allem ein Mensch ist. Ein Arschloch von mir aus, ein Fiesling, ein Sturkopf, einer, der seinerseits Unmenschlichkeit an den Tag legt (um nicht zu sagen ein "Unmensch", aber das klingt in diesem Zusammenhang wieder falsch) - aber ein Mensch. Nicht all das weil er Jude ist. Ob Shakespeare das sagen wollte, weiß ich nicht, ist mir auch egal. Es liegen Möglichkeiten in seinen Stücken und wäre dem nicht so: sie wären nicht so großartig und hätten nicht so gut überlebt.
Es gibt viele, die nicht reden, wenn sie verstummen sollten, und andere, die nicht fragen, wenn sie geantwortet haben.

Chowyunfat2

Zitat von: jororo am 30 März 2010, 09:36:57
Ob Shakespeare jetzt katholisch war oder nicht (auch der Familie seiner Frau wurden ähnliche Tendenzne nachgesagt) ist reine Spekulation...
Ich sehe ein, daß ich mir mit meiner Absicht, in Shakespeare's Kopf einzudringen, zuviel vorgenommen habe, dachte, wenn ich ihn verstehe, dann erst recht auch"Hamlet".  (interessieren würde aber es mich trotzdem).
Zitat von: ratz am 30 März 2010, 13:19:01
Zitat von: Chowyunfat2 am 30 März 2010, 01:24:43

Aaaarghh... Wenn ich bloß vernünftig Englisch beherrschen würde...


Heul nicht rum  :icon_mrgreen:, sondern nimm Dir ein zweisprachiges Reclamheftchen, oder noch einfacher, schau die Filme im O-Ton mit dt. UT. Natürlich ist es Arbeit, aber eine, die sich lohnt!
Dafür habe ich mir Ostern jetzt mal ganz spontan reserviert. Ob ihr's glaubt oder nicht, zum ersten mal in meinem Leben habe ich in diesem Thread Menschen gefunden, mit denen ich mich über Shakespeare unterhalten durfte, und mein Interesse drohte deshalb schon in den letzten Monaten und Jahren, immer mehr zu verwelken. Ich kenne auch viel zu wenige Stücke, um diesen Thread mit meinem Senf bereichern zu können und werde mich deshalb ebenfalls vorerst aus demselben ausklinken, denn da habe ich ja noch sehr viel (süße) "Arbeit" vor mir. Aber in ungefähr 10 Jahren werde ich diesen Thread womöglich noch einmal neu aufwärmen...
Grüße
Chowyunfat2

ratz

Zitat von: Intergalactic Ape-Man am 30 März 2010, 13:26:58

Was hält das sublime Bildungsbürgertum denn von der Herangehensweise Kurosawas? Sollte der Name gefallen sein, habe ich ihn wohl überlesen. Ran empfand ich jetzt in Unkenntnis King Lears seiner Zeit durchaus respektierlich.


Tu nicht so, steckst doch selbst voll drin in der Bildungsbürgerbrühe, auch wenn Du noch so viele Trash-Titel aufzählst  :icon_mrgreen:.

Ran und Das Schloß im Spinnwebwald sind ja meines Wissens die beiden Kurosawa-Adaptionen von Sh.-Stücken, King Lear und Macbeth. Und zwar eben genau Adaptionen und keine Verfilmungen: Der Text geht völlig flöten, das Handlungsgerüst und viele Motive werden ins mittelalterliche Japan übersetzt. Genialerweise verschmilzt K. die Stücke dann mit der eigenen japanischen Noh-Theater-Tradition, die weniger auf die Sprache, aber mehr auf die visuellen Merkmale abzielt wie die Sets (leere, nüchterne Räume oder Landschaften), Gesichter (die Mimik der Schauspieler wurde, so belehrt mich mein DVD-Booklet, bestimmten typisierenden Noh-Masken nachempfunden - besonders aufgefallen sind mir Mifunes ständig gebleckte Zähne im "Schloß"), und Bewegung bzw. Gestik (hektische Phasen, in denen K. seine ganze Kamera- und Schnittkunst vorführt, vs. lange, statische Einstellungen mit extrem zurückgenommenen Körperbewegungen der Schauspieler - vgl. den Anfang von Ran oder Kagemusha). Insofern sind K.s Versionen fürs Kino beinahe besser geeignet, da sie auf das visuelle, ritualisierte Repertoire des Noh zurückgreifen können und nicht auf endlosen Wortkaskaden basieren, die notdürftig mit Handlung drapiert werden müssen.
Ich bin kein Spezi auf dem Gebiet des japanischen Films, aber K.s Adaptionen sind ein schlagender Beweis dafür, daß Sh.-Plots in gewisser Weise universal und in andere Kulturen übersetzbar sind (obwohl natürlich gerade die Plots von Sh. in den seltensten Fällen erdacht, sondern aufgegriffen und in allerdings genialer Weise verdichtet wurden). Die Sprache bildet dagegen ein gewisses Hemmnis, da das barocke Englisch selbst Muttersprachlern immer fremder und erklärungsbedürftiger wird, was man an den über die Jahrzehnte wachsenden Anmerkungsapparaten der kritischen Ausgaben sieht.

cu, r.

Chowyunfat2

Wen es interessiert und Pay-TV sein Eigen nennt, hier ein paar Programmtips zu Filmen, die in diesem Thread erwähnt wurden:
"Hamlet" (Zeffirelli/Gibson) läuft am 14. April um 18:00 Uhr auf "Kinowelt TV (pay-tv)", Wiederholung 22. April 02:50 Uhr.
Auf demselben Sender am 21. April um 11:35 Uhr dann noch "Rosencrantz und Güldenstern".
Allerdings beide wahrscheinlich ohne englischen Ton.
"Kabel1classics (pay-tv)" zeigt am 21. April um 10:30 Uhr "10 Dinge, die ich an dir hasse", auf dem gleichen Kanal am 23. April um 00:55 Uhr den "Sommernachtstraum" von 1998 (Hoffmann).
Ich weiß, das gehört in den Fernseh-Tips-Thread, mir erschien es aber sinnvoller in diesem aufgehoben.
*edit*
Auf Kinowelt läuft Ostersonntag um 17:35 Uhr noch Kurosawa's "Ran".
Ich hätte ja gerne auch ein paar Free-TV-Tips genannt, aber da kommt in den nächsten 2-3 Wochen NULL. Da müssen wir wohl erst auf seinen nächsten Geburts\Todestag warten.

ratz

Zitat von: Chowyunfat2 am 30 März 2010, 21:27:35

Dafür habe ich mir Ostern jetzt mal ganz spontan reserviert.


Ich war schon fleißig: Mein Branagh-Hamlet-Review ist geschafft. Dazu mußte ich ihn mir noch mal ansehen...  :bawling:  ;)

Dann noch ein nicht zu entspanntes Ostern, Du hast zu tun!  :icon_mrgreen:

cu, r.

Chowyunfat2

Zitat von: ratz am  3 April 2010, 03:40:52
Dann noch ein nicht zu entspanntes Ostern, Du hast zu tun!
Bin schon mittendrin in der Materie, aber das hier kann ich jetzt doch nicht für mich behalten:
Al Pacino 2010 als "König Lear" (*edit* bis jetzt erst in Planung, wie @ratz im folgenden Posting richtig anmerkt) In seiner Paraderolle als gebrochener Charakter.
Der Starbesetzung nach zu urteilen, wird wohl auch diese anstehende Verfilmung den Weg auf den dt. Markt finden:
"Coriolanus" mit G. Butler , Regie-Debüt für Ralph Fiennes.

pm.diebelshausen

3 April 2010, 13:41:50 #37 Letzte Bearbeitung: 5 April 2010, 23:35:22 von pm.diebelshausen
Fein, fein, dann freue ich mich auf diesen mittelmäßigen, überhypten, ollen Lear aber sehr.

Hat denn eigentlich einer von Euch Shakespeare-Stummfilm-Erfahrung? Habe hier seit einer Weile die frühen (zwischen 1899 und 1911) vom BFI herausgegebenen liegen, z.B. Richard III, komme aber noch nicht dazu, mal reinzuschauen - und Ostern gehört immer den Jesus-Filmen.
Es gibt viele, die nicht reden, wenn sie verstummen sollten, und andere, die nicht fragen, wenn sie geantwortet haben.

ratz

Zitat von: Chowyunfat2 am  3 April 2010, 13:32:50

Al Pacino 2010 als "König Lear" In seiner Paraderolle als gebrochener Charakter.
Der Starbesetzung nach zu urteilen, wird wohl auch diese anstehende Verfilmung den Weg auf den dt. Markt finden:
"Coriolanus" mit G. Butler , Regie-Debüt für Ralph Fiennes.

Hm, ob der Pacino-Film dieses Jahr noch kommt, wenn er sich laut imdb noch in der Preproduction befindet, was übersetzt heißt: Es läuft noch nix ...? Und hoffentlich ist Pacino dann nicht zu alt, denn RIII ist ja eigentlich strahlender Kriegsheld. Freuen tu ich mich trotzdem drauf - derartig großartige Stücke kann man gar nicht so richtig versauen  ;)

Edit: Wenn das mal nicht in die Psychopathologie des Alltagslebens Kap. VI fällt, hab mir ganz fest das falsche Stück eingebildet ... - Der Lear ist ja quasi die Meßlatte für alte Charakterdarsteller oder solche, die sich dafür halten. Ian Holm hatte ich schon genannt, McKellen gibt es sogar auf Blu Ray, da muß Herr Pacino natürlich nachziehen. Aber es könnte sogar funktionieren, mal sehen. Wird, wie gesagt, in diesem JAhr sicher nichts mehr.

cu, r.

ratz


Gerade lese ich daß Roland Emmerich (!) einen Film über Shakespeare bzw. die Person, die dahintersteckt, macht: "Anonymous". Gedreht wird auch noch in Berlin... Kein Kommentar  :icon_mrgreen:

cu, r.

Chowyunfat2

Ich bin sehr voreingenommen und behaupte mal, daß es ihn gab und daß er seine Stücke selbst geschrieben hat. WARUM hätte er sie denn auch nicht selber schreiben sollen??? Bacon war schwul (dazu erscheinen mir Sh's Stücke insgesamt zu "hetero") und Marlowe war ein Psychopath. Aber ich bin mal gespannt, wen sie noch so auf der Liste haben...   Klingt mir alles ein wenig nach "DaVinci-Code"-Hysterie.
*edit*
"Edward De Vere" kenn ich gar nicht, wird vielleicht irgendwie doch interessant...aber mein Weltbild wirbelt der Film ganz bestimmt nicht durcheinander, notfalls werd ich dann halt De Vere-Fan. Nur der Thread-Titel müsste dann noch umbenannt werden.  :doof:

jororo

*gäääääääääääääääääääääääääääääääähn* Diese Theorie gibt es seit Jahrhunderten (tauchte das erste Mal gut 200 Jahre nach Shakespeares Tod auf, damit man uach ja nichtsmehr beweisen kann...) und gilt unter den meisten Experten als völlig haltlos. Aus Textanalysen (Wortschatz, Syntax, lokalen Ausdrucksweisen, Variationen imVErsmaß...) kann man mit ziemlicher Sicherheit ableiten, dass die Shakespearetexte von einer Person geschrieben sind, teilweise nicht komplett, sondern in Kollaboration. Einige Texte, die zeitweise Shakespeare zugeschrieben wurden, sind auch entlarvt worden, andere, umstrittene ("The Two Noble Kinsmen") können mit Sicherheit als "authentisch" bezeichnet werden (wie gesagt, Kolloboration).

Außerdem gibt es keinen einzigen Hinweis auf einen anderen Autoren, der nicht an Kleinigkeiten (die bezeichnete Person konnte nachweislich nicht schreiben, war zum Zeitpunkt, als Schlüsseltexte entstanden, schon tot, u.Ä.) scheitert. Zeitgenössisch wurde Shakespeares Urheberschaft nie in Frage gestellt, erst, als die Stücke an Berühmtheit und Bedeutung gewannen (wir sprechen hier vom 19. Jhdt., als Shakespeare seinen Höhepunkt auf dem Theater hatte), fiel den Leuten auf, dass man von Shakespeare "wenig" weiß (relativ viel im Vergleich zu allen seinen Zeitgenossen, aber natürlich weniger als heutzutage...), und dann entwickelte sich, wohl aus dem Bedürfnis,etwas "Neues" zu Shakespeare zu sagen, diese mMn vollkommen haltlose Theorie. Der Autor der Shakespearestücke hieß Shakespeare.

Neben richtigen Literaturwissenschaftlern hat auch Bill Bryson ein hoch unterhaltsames Shakespearebuch geschrieben, in dem er am Ende auch auf diese Theorie eingeht. Sehr weichgespült (teilweise geht er über zentrale Aspekte des elisabethanischen Bühnenwesens grob farhlässig hinweg), aber niemals "falsch" und sehr unterhaltsam.

Ja, jetzt habe ich mich doch noch mal gemeldet, aber diese vollkommen unsinnige Theorie, die mMn nur dazu dient, damit sich selbstverliebte Literaturwissenschaftler äußern können, ohne auf gesicherte Fakten Rücksicht zu nehmen (ein Grund, warum ich damals froh war, fertig mit dem Studium zu sein...), nervt mich...
Ach ja, und es ist mir völlig egal, ob man in die Sonette eine "Geschichte" hereinlesen kann,weil die ein Redakteur ohne Shakespeares Zutun in eine Reihenfolge gebracht hat...
Was bringen die ganzen PISA-Studien, wenn das Hessenabitur schon als Behindertenausweis anerkannt wird? (S. Hieronymus)

https://www.youtube.com/watch?v=jQJ8Pofd_X8

ratz


Ich schreib das mal hier für die Spezis rein: Bei Amazon (dort die Zweitanbieter) gibts für lächerlich wenig Geld diesen Othello von Trevor Nunn mit Ian McKellen.

cu, r.

Chowyunfat2

Zitat von: ratz am 16 April 2010, 15:19:00

Ich schreib das mal hier für die Spezis rein: Bei Amazon (dort die Zweitanbieter) gibts für lächerlich wenig Geld diesen Othello von Trevor Nunn mit Ian McKellen.

cu, r.
Auch wenn ich kein Spezi bin, hat der engl. UT? Weiß nicht, ob ich da ganz ohne noch mitkommen würde. Die gleiche Frage stell' ich bei der Gelegenheit direkt mal auch für den McKellen-"Lear" (gibt's auch recht günstig bei Amazon), zu dem leider auch kein OFDB-Fassungs-Eintrag vorhanden ist.

pm.diebelshausen

16 April 2010, 19:37:20 #44 Letzte Bearbeitung: 16 April 2010, 19:45:23 von pm.diebelshausen
Keine UT. Und 4:3 ist Originalformat, nehme ich an?

Habe hier noch einen passenden Lesetipp:
Douglas Brode: Shakespeare in the Movies - From Silent Era to Today
ISBN 0-425-18176-6
273 Seiten

Wobei "today" das Jahr 2000 ist. Der Autor ist amerikanischer Film-Professor (-Historiker vermute ich mal). Das Buch ist nach Stücken geordnet und hat dann innerhalb der Kapitel Besprechungen der verschiedenen Verfilmungen. Lohnt sich, wenn einen das Thema interessiert. Und sowohl gebraucht als auch neu relativ günstig zu haben.
Es gibt viele, die nicht reden, wenn sie verstummen sollten, und andere, die nicht fragen, wenn sie geantwortet haben.

Chowyunfat2

Ups...die IMDb gibt's ja auch noch, guten Morgen. Trotzdem danke, @pm   
:andy:

Chowyunfat2

Mein bisheriger Lieblings-Hamlet K. Branagh wurde grade von dem hier abgelöst:

David Tennant!

"Startrek"-Star Patrick Stewart als Claudius (nicht schlecht, aber unspektakulär), und absolut hammergeil als Polonius: Oliver Ford Davies.
  :king:  :LOL:

ratz


Potztausend, Julie Taymor hat sich an The Tempest vergangen, und ich habs erst jetzt gemerkt:

The Tempest Trailer (HD)

Das könnte klappen oder auch der tierische, alberne Overkill werden - aber das was damals bei Titus ja auch zu befürchten, der mir aber nach wie vor sehr gut gefällt. Nur kam letzterer mit äußerst sparsamen CGI aus, was man sich jetzt ja wohl abschminken kann. Die Gender-Suppe wird auch wieder ordentlich umgerührt, wohl bekomms.

Na mal sehen, trau nie einem Trailer.

cu, r.

ratz

Zitat von: Chowyunfat2 am  3 April 2010, 13:32:50

Der Starbesetzung nach zu urteilen, wird wohl auch diese anstehende Verfilmung den Weg auf den dt. Markt finden:
"Coriolanus" mit G. Butler , Regie-Debüt für Ralph Fiennes.


Ist bald soweit: Läuft am 15. und noch einmal am 20. 2. auf der Berlinale im Wettbewerbsprogramm. Ich werde auf jeden Fall versuchen da reinzukommen, zumindest aber noch das Stück lesen, das ich auf Chowyunfat2s Hinweis hin schon gebunkert hatte  :icon_smile:. Der Sh.-Text wird trotz zeitgenössischen Settings übrigens unverändert übernommen  :respekt:.



(Einen Trailer gibt es irgendwie nicht)

cu, r.

Chowyunfat2

Zitat von: ratz am  6 Februar 2011, 16:46:41
Der Sh.-Text wird trotz zeitgenössischen Settings übrigens unverändert übernommen
Das "Zeitgenössische" ist ja nicht so mein Fall, aber diesbezüglich habe ich meine Ansprüche inzwischen stark heruntergeschraubt und habe sogar meine Meinung zum "McKellen-Richard" inzwischen zum Positiven geändert. Bezieht sich der "unveränderte Text" auch auf die Vollständigkeit? Um ehrlich zu sein, kann man den Originaltext  für die deutsche Version von mir aus ein klitzekleines bisschen glattbügeln (nicht kürzen!), da ich auch beim Zweiten Lesen der Tieck'schen Übersetzung (habe ihn mir jetzt aus diesem Anlass auch noch mal gegriffen) mit gelegentlichen Verständnisproblemen zu kämpfen habe.

Ich habe mir übrigens die ganze Zeit Joseph, und nicht Ralph Fiennes eingebildet und mich schon gefragt, wie dieser Plüschboy den arroganten Coriolanus rüberbringen will :LOL:

Shakespeares bekanntestes & meistaufgeführtestes Stück ist es ja nicht unbedingt, aber das juckt mich wenig, da mich die kantigen Charaktere der Dramen sowieso mehr fesseln als die zigfach aufgeführten Komödien, und Coriolanus ist ein Charakter mit reichlich Ecken & Kanten. Ein bisschen Bammel, dass man die mainstreaminkompatiblen Sätze, die ein "Mitfühlen" der tragischen Figur des C. etwas erschweren könnten, herauslobt, habe ich allerdings schon, denn was die so Richtung Volk absondert, dürfte sie mitnichten zu einem Publikumsliebling machen. Trotzdem freue ich mich auf den Film, denn bisher kenne ich nur Shakespeares trockene "Dialogregie", die ich in meiner Fantasie immer mit "Julius Cäsar"-Kulissen in schwarz/weiß + 1,33:1 ausschmücke :icon_mrgreen:

Was den "Tempest" angeht, vor dem habe ich mich bisher noch gedrückt (obwohl ich seit Jahren 'ne DVD dazu rumfliegen habe), aber der Trailer motiviert mich schon, dass ich mich an den doch noch irgendwann rantraue...

Zitat von: ratz am  6 Februar 2011, 16:46:41
Ich werde auf jeden Fall versuchen da reinzukommen
Dazu schon mal viel Erfolg von dieser Stelle :respekt:

ratz

Zitat von: Chowyunfat2 am  6 Februar 2011, 20:38:32

Das "Zeitgenössische" ist ja nicht so mein Fall, aber diesbezüglich habe ich meine Ansprüche inzwischen stark heruntergeschraubt und habe sogar meine Meinung zum "McKellen-Richard" inzwischen zum Positiven geändert.


Aber Hallo, und Coriolanus scheint einen ähnlichen Ton anzuschlagen. Daß gekürzt wird, bin ich mir sicher, ist ja immer so, aber es bleiben halt die (sicher auch etwas geglätteten) Verse. Läuft übrigens vorerst in Englisch, aber zur Synchronisation wird dann sicher wieder auf den notorischen Tieck/Schlegel zurückgegriffen, obwohl Wieland - zu beziehen über Haffmanns/zweitausendeins - streckenweise besser sein soll. Hab ich aber keine Ahnung.

Falls Du den Tempest mit Peter Fonda meinst, den kannst Du Dir kneifen, da nicht "textecht" und auch sonst irgendwie fad, es sei denn Du willst eine 16-jährige Katherine Heigl bestaunen  ;). In dieser Hinsicht würde ich eher Greeneways Prospero's Books empfehlen, der aber eine sehr freie Adaption und obendrein schwer zu kriegen ist.

Naja, wenn alles klappt, sag ich Bescheid wie Fiennes war, wenn er seine In Bruges- bzw. Schindlers Liste-Nummer abzieht, sollte es eigentlich gut werden *freu*

cu, r.


ratz

Zitat von: Dexter am  6 Februar 2011, 23:54:57
Hat jemand schon die neue BBC Verfilmung von Macbeth gesehen?


Nee, aber mit Schnauzer sieht Stewart aus wie mein Vadder  :icon_eek:


War tatsächlich gestern in Coriolanus, und meine Reaktion ist erstmal verhalten. Nicht enttäuscht, aber auch nicht begeistert. (Wer sich überraschen lassen will, bitte nicht weiterlesen)


Respekt auf jeden Fall für das kompromisslose, unbedingt gegenwartsbezogene Setting. Die Bezüge zum Bosnienkrieg und zu heutigen (Medien-)Demokratien sind gut und treffend hergestellt, die Schauspieler passend besetzt (die Redgrave stiehlt natürlich allen die Schau), die Kameraarbeit zeitgemäß wackelig, aber sonst unspektakulär.
Das größte Problem ist der nach einer relativ zackig getakteten ersten Stunde der Bruch zur zweiten, die sich dann etwas zieht und ruhig 15 bis 20 Minuten hätte entbehren dürfen. Auch wird einiges kritisches Potential verschenkt, wenn es um den wankelmütigen Pöbel und die problematische Macht der Medien geht. Sehr gefehlt hat mir die Staat-Körper-Metaphorik, die das Stück ja durchzieht und es recht eigentlich heraushebt - da hätte man doch was draus machen können.
Nun war ich wahrscheinlich übervorbereitet (Stück + kritischer Apparat + BBC-Verfilmung), aber für eine ausführliche Kritik müßte ich den Film schon noch einmal sehen ... Mal schauen ob ich Zeit und Lust dazu habe.

cu, r.

Chowyunfat2

Zitat von: ratz am 16 Februar 2011, 18:38:24
Auch wird einiges kritisches Potential verschenkt, wenn es um den wankelmütigen Pöbel und die problematische Macht der Medien geht.
Wenn da mal der Regisseur nicht um die Stimmen Gunst des Zuschauers aus den Reihen des "gemeinen Volkes" (oder der Medien) gebettelt hat :icon_mrgreen: Von Politik & vom Bosnienkrieg verstehe ich nicht das Meiste, da wäre es für mich eher besser gewesen, man hätte einen Fussballfilm daraus gemacht. Nicht lachen, man könnte die komplette Handlung bequem auf dem Bundesliga-Zirkus übertragen. Ich bin gespannt, wie man zu Beginn den wuchtigen, ein bisschen "Henry V"-mäßigen, heroischen Pathos (fahr' ich voll drauf ab) mit moderner Kriegsführung rüberbringt.

Zitat von: ratz am 16 Februar 2011, 18:38:24
Sehr gefehlt hat mir die Staat-Körper-Metaphorik, die das Stück ja durchzieht und es recht eigentlich heraushebt - da hätte man doch was draus machen können.
Dann weiß ich ja ungefähr schon mal, von welchen Textteilen ich mich verabschieden muss...
Zitat von: ratz am 16 Februar 2011, 18:38:24Nun war ich wahrscheinlich übervorbereitet (Stück + kritischer Apparat + BBC-Verfilmung), aber für eine ausführliche Kritik müßte ich den Film schon noch einmal sehen
Meintest Du diese hier? Falls Du die noch in die OFDb eintragen willst, musst Du schnell machen, die habe ich mir nämlich eben spontan bestellt. Ich weiß zwar nicht, ob der gut ist (sag's nicht), aber ich kann's nicht erwarten, überhaupt endlich bewegte Bilder zum Thema "Coriolanus" zu sehen.
Zitat von: Dexter am  6 Februar 2011, 23:54:57
Hat jemand schon die neue BBC Verfilmung von Macbeth gesehen?
Ich auch noch nicht, aber der Trailer macht schon Laune und Patrick Stewart ein guten Eindruck. Shakespeare-Erfahrung hat er ja, auch wenn ich ihn im Tennant-Hamlet etwas öde fand. Jedenfalls interessanter Tip.

ratz


Mit der BBC-Verfilmung mach mal ruhig, die kauf ich nicht, da sie mir zu "theaterhaft" sind. Wie ist denn der Tennant-Hamlet so, eher abgefilmtes Stück oder hat er filmischen Eigenwert? Ich bin nämlich gerade wieder angefixt und will bald von amazon UK 2-3 Scheiben ordern   :icon_smile:

Reingehen solltest Du in Coriolan auf jeden Fall, ich kratze mir nämlich immer noch kontrovers den Kopf ...

cu, r.

Chowyunfat2

Zitat von: ratz am 18 Februar 2011, 13:45:04Wie ist denn der Tennant-Hamlet so, eher abgefilmtes Stück oder hat er filmischen Eigenwert?
Ich könnte beides hineininterpretieren. Eher für's TV produziert, für einen Kinofilm eindeutig zuwenig Schauwerte. "Filmischer Eigenwert" für jemanden, dem historische Kostümschinken zum Hals raushängen und der auf triefende Dramatik & Pathos weniger Wert legt, ganz bestimmt, auch wenn sichtlich keine zig Millionen für die (sich stets wiederholenden & steril-glänzenden) Kulissen ausgegeben wurde. Die Kameraarbeit ist zweckmäßig, effekthaschende Schnittgewitter oder Wackelkameras gibt's kaum (beim Geist ein bisschen), aber es geht nicht so weit, dass man sich als Zuschauer auf dem harten Klappstuhl in einer Theateraufführung wähnen würde;) Der Soundtrack ist passend, aber zurückhaltend und shakespearetypisches Vor sich hin brabbeln "aside" kommt auch nicht zu kurz. Insofern wohl eher "abgefilmtes Stück". Stell' Dir einfach ein Despotenregime in parfümierten Konfirmantenanzügen in der Gegenwart vor, das von einem von außen fein säuberlich restaurierten und von innen relativ modern ausgestatteten Schloss aus regiert. Stewart hat eine Doppelrolle (+Geist) und spielt den Claudius unaufdringlich und kommt irgendwie "Chefarzt"-mäßig rüber (das muss nicht jedem gefallen, mir zum Beispiel. Am Derek Jacobis perfidem Grinsen kommt einfach nix vorbei). Oliver Ford Davis gibt den Polonius ganz klassisch und kauzig (+ witzig), was anderes hätte auch zu der insgesamt selbstironischen Inszenierung schwer gepasst. Es ist alles zugeschnitten auf eine David-Tennant-One-Man-Show, von der der Film letztlich getragen wird (was auch sonst). Tennant gibt einen erfrischenden & sarkastischen Hamlet, der mehr - wenn überhaupt - so in Richtung Iain Glen's Darstellung aus "Rosencrantz..." geht, nur weniger albern (wobei ich "albern" bei Glen nicht despektierlich gemeint wissen will). Es ist sicher nicht alles toll, Mariah Gale als "Ophelia" vermag irgendwie keine stimmige Chemie zu Tennant herzustellen (kam mir jedenfalls so vor, aber vlt. bin ich auch nur ein Banause), oder "Rucksacktourist" Hamlet in Treckingkleidung, der nach seiner Rückkehr aus England von Schergen unbehelligt im Garten des Despotenpalastes herumturnt, killt etwas Atmosphäre .

Aber alles nur Kleinigkeiten, insgesamt klare Empfehlung, allein schon wegen Tennant, dessen Hamlet-Darstellung ich definitiv nicht in die Kategorie "austauschbar" zähle.

Ich habe zwar aufgrund mäßiger Englischkenntnisse nicht jedes Wort verstanden, aber das behinderte mich kaum, weil ich inzwischen das Stück fast auswendig kann und weiß, an welcher Stelle was gesprochen wird (und ein paar Brocken Englisch lernt man so komfortablerweise auch noch dazu).

Zitat von: ratz am 18 Februar 2011, 13:45:04Reingehen solltest Du in Coriolan auf jeden Fall
Wenn ich in der Gegend überhaupt ein Kino finde, das ihn bringt. Falls nicht, auch kein Problem, dann brauche ich wenigstens nicht so lange auf die DVD warten.
Zitat von: ratz am 18 Februar 2011, 13:45:04Mit der BBC-Verfilmung mach mal ruhig, die kauf ich nicht, da sie mir zu "theaterhaft" sind.
Ach so, ich dachte, Du hättest ihn bei Dir rumfliegen. Na, dann sind die zwei OFDb-Punkte ja meine :icon_cool:

ratz


Danke für die ausführliche Kritik - das ist doch ein schönes Textchen, das, ein wenig ausstaffiert, als ofdb-Kritik firmieren könnte ...? Jedenfalls hab ich mir zur Belohnung  ;) den Film mal bestellt, denn mein Argument mit der Theaterhaftigkeit muß ich nach einem Blick in mein eigenes DVD-Regal zurücknehmen, das steht schon Diverses, das genau in die Kategorie fällt. Und als (bisher) nicht praktizierender Stewart-Verehrer hab ich seinen Macbeth auch noch mitgeordert. Und zum Lückenfüllen noch den Lear mit McKellen  :king:

Apropos modernes Bühnenbild, der folgende Ausschnitt schreckt mich etwas ab, obwohl Ian Holm sicherlich sehenswert wäre, aber in der Austattung und Ausleuchtung ...?:

Shakespeare "King Lear"- (1997 TV-Ian Holm), Act 4+5 bits

cu, r.

Chowyunfat2

Zitat von: ratz am  2 März 2011, 11:54:43das ist doch ein schönes Textchen, das, ein wenig ausstaffiert, als ofdb-Kritik firmieren könnte ...?
Das kann böse enden, daher belasse ich ihn lieber vorerst hier  ;)

Zitat von: ratz am  6 Februar 2011, 23:52:47Läuft übrigens vorerst in Englisch, aber zur Synchronisation wird dann sicher wieder auf den notorischen Tieck/Schlegel zurückgegriffen, obwohl Wieland - zu beziehen über Haffmanns/zweitausendeins - streckenweise besser sein soll. Hab ich aber keine Ahnung.
Zitat von: ratz am  2 März 2011, 11:54:43Und zum Lückenfüllen noch den Lear mit McKellen  (...) Apropos modernes Bühnenbild, der folgende Ausschnitt schreckt mich etwas ab, obwohl Ian Holm sicherlich sehenswert wäre, aber in der Austattung und Ausleuchtung ...?
Ich frage mich, ob ich Dich da beim McKellen-Lear bezüglich des Bühnenbildes & der Ausleuchtung nicht besser hätte vorwarnen sollen...den hatte ich mir mangels einer deutsch synchronisierten Lear-Verfilmung auch gekauft, liegt aber noch auf meinem Stapel der guten Vorsätze (aber nicht mehr lange). Mit dem "Lear" habe ich mich überhaupt erst seit kurzem intensiver beschäftigt, wobei mir übrigens dein Tip mit Wieland, der mir vorher kein Begriff war, recht gelegen kam. Ich kann nachvollziehen, weshalb sich bei dt. Synchros zumeist für Tieck/Schlegel entschieden wird, eben weil sie einfach diesen Tick "wohlklingender" rüberkommen. Wieland verzichtet gänzlich auf Reime und lässt auch mal ganze Sätze weg (auch welche, die sich im Englischen nicht reimen), weil er - wie er selbst schreibt - sich entweder keine plausible Übersetzung zutraute oder sie schlicht überflüssig fand (zumindest beim Lear, bei den anderen weiß ich noch nicht). Der Vorteil bei Wieland ist die Verständlichkeit. Nicht, dass man ihn immer in einem Guss lesen könne, dennoch knabbert man deutlich weniger, insgesamt die ideale Ergänzung zu Tieck & Co., die ich zwar immer noch vorziehe, aber wenn's mal wieder hakt, kann ich nun bei Wieland nachschlagen und - zack - bin ich wieder auf der Höhe (ist auch schon umgekehrt vorgekommen, wenn auch seltener). Beim Lear bin ich quasi dauernd zwischen Tieck und Wieland hin und her "gezappt". Wer letzendlich die authentischere Übersetzung bietet, kann ich aber nicht beurteilen. Apropos: Ich glaube, Al Pacino ist wie gemacht für die Rolle. Er ist im passenden Alter, die cholerischen Anfälle und den selbstmitleidigen Hundeblick hat er voll drauf. Wäre dann endlich die erste Lear-Verfilmung, die ich mit deutscher Übersetzung genießen könnte (hoffe ich). Scheint aber wohl noch nix Neues bezüglich eines Release zu geben. Egal, am Wochende serviere ich mir erstmal die deutsche Bühnenaufführung mit Gert Voss (DVD) und hinterher gibt es den McKellen zum Nachtisch :icon_cool:

Zitat von: ratz am  2 März 2011, 11:54:43Und als (bisher) nicht praktizierender Stewart-Verehrer hab ich seinen Macbeth auch noch mitgeordert.
Bei der Gelegenheit kann ich noch diese nette" Macbeth"-Version empfehlen:
http://www.ofdb.de/film/97225,Macbeth
Auf die Idee, das Geschehen in die Küche (!) eines Nobelrestaurants zu verlagern, muss man erstmal kommen, der Schauplatz ist dafür wie gemalt...worauf das hinausläuft, kann man sich zwar denken und man wird auch nicht überrascht, aber auch nicht enttäuscht. Nein, auf übertriebene Gore- oder Kannibalismuselemente a la "Titus" wird verzichtet (ist auch uncut FSK12), obwohl sich diese in einem solchen Umfeld irgendwie angeboten hätten. Aber deswegen wirkt der Film nicht weniger makaber oder schwarzhumorig, im Gegenteil, die kalte Atmosphäre der neonröhrenbeleuchteten Großküche ohne Fenster, wo der passionierte Meisterkoch Macbeth jede Schweinekopffiletierung mit diabolisch-sinnlicher Hingabe zelebriert, wirkt grotesk und kann einem wirklich jeden Appetit auf Würstchen verderben. Auf gebundene Sprache wird verzichtet (wäre hier auch kontraproduktiv gewesen) und trotz des ironischen Untertons bleibt die düstere Seele des Dramas erhalten, auch die Gegenstücke der Protagonisten sind durchweg plausibel bis originell gewählt, z. B. die drei Hexen als mysteriöse Müllmänner, die sozusagen als Bodensatz der Zivilisation den Lauf des eitlen, weltlichen Treiben aus dessen Abfällen "erlesen" und entsprechend zu manipulieren imstande sind, Lady Macbeth als eiskalter betroffenheitsheuchelnder Medienprofi mit ihrem vom Gewissen gepeitschten Ehemann (starke Leistung von James McAvoy), dessen paranoider Wahn vom Regisseur in unappetitich albtraumhaften Bildern inszeniert wurde. Intensive, knackige & kurzweilige Adaption ohne Längen, die sich auch Nicht-Shakespearefans auf die Speisekarte setzen können (glaub' ich). Ach ja, der Auftritt des Lebensmittelinspektors ist einfach köstlich :icon_lol:

ratz

Zitat von: Chowyunfat2 am  9 Mai 2010, 16:00:51

David Tennant!



Auf jeden Fall der lustigste Hamlet bisher! Und starke Frauen noch dazu (Wow!), Stewart fand ich gar nicht so schlimm, das Überwachungskamera-Gedöns war überflüssig, aber hat zum Glück nicht weiter gestört. Eine gelungene Modernisierung mit passenden neuen (und auch bewährten) Ideen. Nun freu ich mich auf den Audiokommentar, evtl. erklären sie auch, warum SCHON WIEDER der Fortinbras-Plot rausflog.
Damit steht er dann eher in der Olivier-Tradition, den ich neulich das Vergnügen hatte, zum ersten Mal und noch dazu im Kino zu sehen! Und überrascht hat er mich dann doch, daß er trotz der bekannten Schwächen (Kürzungen, Olivier selbst, Ödipus-Nummer) doch eine sehr starke Kameraarbeit bieten konnte, sowie nicht zuletzt die wohl beste Fechtszene, die ich überhaupt gesehen habe. Eigentlich wollte ich den nur sehen und zu den Akten legen, aber irgendwie landet er wohl doch auf meiner Anschaffungsliste...
Wie ist eigentlich Oliviers Henry V? Das Cover schreit ja geradezu "Kauf mich und werde Brite"  :icon_mrgreen::



Zitat von: Chowyunfat2 am 19 März 2011, 00:41:16

Ich frage mich, ob ich Dich da beim McKellen-Lear bezüglich des Bühnenbildes & der Ausleuchtung nicht besser hätte vorwarnen sollen...


Och, der ging doch. Wie zu erwarten eine ordentliche McKellen-Show in konventioneller Ummantelung, die ich gelegentlich auch noch einmal schauen werde, die mich aber doch nicht so sehr vom Hocker gerissen hat, wie seinerzeit Scofield in diesem Lear - leider auch nicht deutsch erhältlich, auch z. T. stark aber sinnvoll gekürzt (nur 130 Min.!), dafür aber mit überzeugendem ästhetischen Konzept und vor allem sehr "filmisch" angelegt - keine Spur von Theaterhaftigkeit. Ein ganzes Stück mutiger und irgendwie auch radikaler/nihilistischer als McKellen, meiner bescheidenen Meinung nach (und billig günstig).
Schön, daß Dir Wieland geholfen hat! Mit Deinem vorgeschlagenen Macbeth bin ich aber erstmal vorsichtig, wenn auch nicht ganz abgeneigt  ;)

cu, r.


Chowyunfat2

Zitat von: ratz am 15 April 2011, 14:41:17Wie ist eigentlich Oliviers Henry V?
Mir hat der Film gefallen, obwohl er gegen Branagh klar absäuft. Da ich nur diese beiden Verfilmungen kenne, schonmal Sorry im Voraus für meine ewige Vergleicherei zwischen den beiden ;) Es beginnt und endet wie eine abgefilmte Theateraufführung, mit dem einzigen Unterschied, dass die Kameraleute quasi eine Original Theateraufführung von "Henry the Fifth" im echten Globe Theatre des 17. Jahrhunderts abfilmen und man als Zuschauer meint, sich in eine Zeitmaschine gesetzt zu haben, um live vor Ort zu sein. Fast unbemerkt und sinngemäß zum Prolog fließt die "Inszenierte Bühnenaufführung" dann in eine opulente Verfilmung über, man erkennt zwar deutlich die Pappkulissen, diese sind aber wunderbar gezeichnet und so gestaltet, dass sie ganz offensichtlich keinen Anspruch erheben, dem Zuschauer Realismus vorzugaukeln. Die Kostüme sind ein echter Augenschmaus und die polierten Rüstungen kommen auf der Blu-Ray gut zur Geltung (die Bildqualität ist für dieses Alter der Hammer, der 2.0-Monoton klingt zwar "alt", aber stets verständlich). Die Akteure agieren entsprechend theatralisch, insgesamt auch lockerer und gelegentlich humorvoller (Overacting & Grimassenschneiderei gibt's auch, hält sich aber in Grenzen). Olivier agiert ähnlich routiniert wie in seinem "Hamlet", fast belanglos, ausdrücklich stark fand ich ihn eigentlich nur in "Richard III", zur Hochform läuft er erst am Ende auf, als er die französische Prinzessin nötigt umgarnt. Schauplätze & Kulissen sind ähnlich sparsam wie bei Branagh, jedoch weniger düster, dafür umso bunter und lebendiger (und detailreicher, von der gemähten Landschaft abgesehen), zudem herrscht durchgehend strahlender Sonnenschein. Vollständig durchgelesen habe ich das Stück bisher allerdings nie (immer nur mal stichpunktartig nachgeschlagen), was aber auf jeden Fall fehlt, ist z. B. der Hochverräter Plot, vermutlich, weil er zu ernst war und ein paar pikante Details zu den "Schlafgewohnheiten" ihrer Majestät enthält. Auch die Rückblende zu Heinrich IV fehlte (Taverne, aber ich glaube, das war eh Branaghs Idee, oder?), bis auf eine kleine lautgedachte Erinnerung des sterbenden Falstaff. Zudem wurden einige der martialischen Motivationsreden & Drohungen Henrys' unterschlagen und die Hinrichtung von Bardolph findet ebenfalls nicht statt. Die entscheidende und harmlos inszenierte Schlacht endet so schnell, wie sie begonnen hat und auf die Verwendung von Ketchup wurde zum Wohle von sauberen Röcken und strahlend glänzenden Rüstungen verzichtet. Im Grunde also die weichgespülte Version des Stücks, die man mit der ganzen Familie gucken kann, ganz im Kontrast zur ungefilterten Branagh-Version, die natürlich um Längen authentischer und dreckiger rüberkommt. Die (ebenso optisch unbrutal inszenierte) Abschlachtung der wehrlosen Schildknappen seitens der bösen Franzosen blieb dagegen drin, aber es handelt sich schließlich um einen englischen Film... Nichtsdestotrotz ein liebenswertes Filmchen, das unverkrampft daherkommt und optisch auf jeden Fall ein Erlebnis ist, nicht zuletzt aufgrund der starken Bildqualität der Blu-Ray. Kaufen! Aber auf keinen Fall - so wie ich - den Branagh als Maßstab anlegen ;)
Zitat von: ratz am 15 April 2011, 14:41:17Och, der ging doch. Wie zu erwarten eine ordentliche McKellen-Show in konventioneller Ummantelung, die ich gelegentlich auch noch einmal schauen werde, die mich aber doch nicht so sehr vom Hocker gerissen hat, wie seinerzeit Scofield in diesem Lear - leider auch nicht deutsch erhältlich, auch z. T. stark aber sinnvoll gekürzt (nur 130 Min.!), dafür aber mit überzeugendem ästhetischen Konzept und vor allem sehr "filmisch" angelegt - keine Spur von Theaterhaftigkeit. Ein ganzes Stück mutiger und irgendwie auch radikaler/nihilistischer als McKellen, meiner bescheidenen Meinung nach
Richtig angesehen hatte ich ihn mir auch neulich erst. Bühnenbild war im Grunde auch ok, nur eben zu dunkel für meinen Geschmack (ich musste die Rolladen runterlassen, sonst hätte ich auf dem TV nur Silhouetten erkannt). McKellen, hat ihn fast genauso gespielt, wie ich ihn mir in meiner Fantasie während der Tieck (bzw. Baudissin) Lektüre ausgemalt habe. Enttäuscht hat mich niemand, besonders Edmund war großartig. Jetzt, wo meine zweisprachige Learausgabe da ist, sehe ich ihn mir demnächst nochmal an, bei der ersten Sichtung trübte es den Genuß ein wenig, den englischen Text größtenteils mit "Erinnerungen" übersetzen zu müssen. Scofield ist vorgemerkt. Die deutsche bzw. österreichische Burgtheater-Aufführung (gibt's auf DVD) war übrigens auch nicht verkehrt. Neu und gut verständlich übersetzt, aber entgegen einiger Behauptungen im Internet nicht ganz komplett (naja, beinahe). Gert Voss geht als Lear voll ab, manchmal schon fast zu exzentrisch. Nur der Narr die Närrin (Birgit Minichmeyer) hat genervt und Christian Nickel als Edmund hatte 'n Stock im Arsch. Ich denke, mit dem Thema "Lear" bin so schnell noch nicht durch. Hatte ich schon erwähnt, dass ich mich tierisch auf den Al Pacino freue?
Übrigens, wer mit dem Lear-Stoff was anfangen kann, dem kann ich noch die Lektüre von Shakespeares selten dargebotenen Misanthropenparabel "Timon von Athen" ans Herz legen, welche quasi aus Baukastenelementen aus "Lear" und "Coriolanus" besteht, aber dennoch für sich ein höchst interessantes (und imho unterschätztes) Stück darstellt. Ne Verfilmung gibt's aber, glaube ich, noch nicht (bis auf die obligatorische BBC-Version). Egal, trotzdem lesen.
Zitat von: ratz am 15 April 2011, 14:41:17
Damit steht er dann eher in der Olivier-Tradition, den ich neulich das Vergnügen hatte, zum ersten Mal und noch dazu im Kino zu sehen! Und überrascht hat er mich dann doch, daß er trotz der bekannten Schwächen (Kürzungen, Olivier selbst, Ödipus-Nummer) doch eine sehr starke Kameraarbeit bieten konnte, sowie nicht zuletzt die wohl beste Fechtszene, die ich überhaupt gesehen habe
Muss ich mir die Tage auch noch mal geben, ich glaube, bis zur Fechtszene hatte ich den damals gar nicht geguckt :icon_eek: Aber nicht heute, jetzt ist erst mal Eastern-Time, wenn Meister Yuen Woo-Ping ruft, hat Master Shakespeare erstmal Pause :icon_cool:

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