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Civil War (politischer Action-Thriller von Alex Garland & A24)

Begonnen von StS, 13 Dezember 2023, 16:31:41

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StS


The film follows events in the U.S. during a civil war.
Government forces attack civilians.
Journalists are shot in the Capitol.


U.a. mit Kirsten Dunst, Wagner Moura, Stephen McKinley Henderson, Cailee Spaeny und Jesse Plemons.

Mal ein Bigger-Budget-artiger Streifen von A24.
Unabhängig dessen: Stark!
"Diane, last night I dreamt I was eating a large,  tasteless gumdrop and awoke to discover I was chewing one of my foam disposable earplugs.
Perhaps  I should consider moderating my nighttime coffee consumption...."
(Agent Dale B.Cooper - "Twin Peaks")

Wolfhard-Eitelwolf

Dem schließe ich mich an, klasse Szenario a la Brunswick, wobei manche CGI gleich wieder die Euphorie ein wenig bremsen.

McClane

Das sieht schon ziemlich stark aus und hat das Potential zu Garlands bisher bestem Film (dessen bisherigen Arbeiten ich zugegebenermaßen für etwas überbewertet halte).
"Was würde Joe tun? Joe würde alle umlegen und ein paar Zigaretten rauchen." [Last Boy Scout]

"testosteronservile Actionfans mit einfachen Plotbedürfnissen, aber benzingeschwängerten Riesenklöten"
(Moonshade über yours truly)

Terry Noonan

Life is what happens while you are busy making other plans.

StS

"Diane, last night I dreamt I was eating a large,  tasteless gumdrop and awoke to discover I was chewing one of my foam disposable earplugs.
Perhaps  I should consider moderating my nighttime coffee consumption...."
(Agent Dale B.Cooper - "Twin Peaks")

StS

Mit A24´s ,,Civil War" (2024) hat der Brite Alex Garland (,,Ex Machina", ,,Annihilation" und ,,Men") einen Film geschaffen, der leicht höchst kontrovers und ,,aufstachelnd" hatte sein können, hätte er ihm eine klare (sozio-)politische Note verliehen. Stattdessen ging er die Thematik eines in der Gegenwart angesiedelten/wütenden amerikanischen Bürgerkriegs jedoch weitestgehend neutral an – so wie Journalisten ja eigentlich per se über Konflikte berichten sollten (wobei es eine vollständige Neutralität in beiden Fällen aber nicht gibt). Garland ging dabei sogar noch einen Schritt weiter: Nicht einmal der betreffende Titel-liefernde Krieg steht wirklich im Fokus – sondern vielmehr eine Handvoll Journalisten mit unterschiedlichen Backgrounds und Beweggründen, die inmitten der sich entfaltenden Geschichte ihrem Job nachgehen; allerdings ohne dass das Ganze je zu einer ,,Ode an den Beruf" verkommt...

Herausgekommen ist ein packendes, zynisches sowie punktuell verstörendes Drama-Thriller-Action-Roadmovie mit guten Darstellern (fraglos hat Cailee Spaeny noch eine fruchtbare Karriere vor sich), einem brachialen Sounddesign, einzelnen grandiosen Needle-Drops und einer Inszenierung, an der es nichts zu beanstanden gibt (u.a. haben Garland und sein Team eine Menge aus dem Budget herausgeholt). Auch über den Faktor der Nähe zur Gegenwart (die polarisiert-aufgeheizte aktuelle politische Lage in den USA) hinaus wird man keineswegs kalt gelassen: Das Gebotene überzeugt sowohl als Film an sich als auch als beängstigend realistisch anmutendes Was-wäre-wenn?-Gedankenspiel. Dass man als Zuschauer keine klare ,,Richtung/Botschaft" (außer Krieg ist furchtbar) vorgegeben bekommt, mag nicht jedem recht sein. Ein Stück weit schade und unbefriedigend ist es in gewisser Weise auch – schließlich wird nie wirklich in die Tiefe von irgendetwas vorgedrungen. Absolut sehenswert ist ,,Civil War" nichtsdestotrotz...


8/10
"Diane, last night I dreamt I was eating a large,  tasteless gumdrop and awoke to discover I was chewing one of my foam disposable earplugs.
Perhaps  I should consider moderating my nighttime coffee consumption...."
(Agent Dale B.Cooper - "Twin Peaks")

Terry Noonan

Stimme mit dem obengenannten vollkommen zu, mit einer Ausnahme:
Zitat von: StS am 27 April 2024, 20:22:00Dass man als Zuschauer keine klare ,,Richtung/Botschaft" (außer Krieg ist furchtbar) vorgegeben bekommt, mag nicht jedem recht sein. Ein Stück weit schade und unbefriedigend ist es in gewisser Weise auch – schließlich wird nie wirklich in die Tiefe von irgendetwas vorgedrungen.

Dass "nie wirklich in die Tiefe" vorgedrungen wird, finde ich zwar auch, aber schade, dass "keine klare Richtung/Botschaft [...] vorgegeben" wird, finde ich es nicht, ganz im Gegenteil sogar:
Die Spaltung, die sich in den meisten westlichen Ländern in den letzten ~10 Jahren so ausgeprägt entwickelt hat, basiert eben gerade darauf, dass zwei "Seiten" unvereinbar gegeneinander in Position gebracht wurden und werden.
Parteinahme und "Richtungsvorgaben" sind doch genau das, was den Keil immer weiter hineintreibt.
In einer Variante der Richtungsvorgabe würden sich 50% in ihrer Ideologie und ihrem Moralnarzismus bestärkt fühlen, während sich die anderen 50% bestätigt sehen würden, dass es offensichtlich eine Mainstreampropagandamacht geben muss, die in Form von Hollywood am reichweitenbezogen längeren Hebel sitzt.

Keine Seite wird sich durch Verteufelung und Vorführung ihrer "Schandtaten" umprogrammieren lassen.

Beeindruckend finde ich, wie ambivalent vieles im Film gezeigt wird:
- Präsident "böse", aber die "Befreier" praktizieren lieber Standgericht als Verhandlung auf neutralem Boden und erschießen sogar den unbewaffneten Verhandler einfach so
- der einzige offenkundig rassistische Bösewicht hat zwar eine ziemlich auffällige rote (-> Republikaner)-Brille auf, gleichzeitig sieht er aber mit seiner Uniform aus wie der mutmaßlich "Guten" Partei zugehörig.
- auch akzeptiert er Angehörige eines Blue-States genauso wie welche aus den Red-States, die sich nichtmal zu selbigem unterstellten Konservatismus bekennen
- die Opfer dieses Rassisten sind ausgerechnet Bürger eines Staates, den so ziemlich alle westlichen Staatsoberhäupter tatsächlich völlig unverblümt als Schurkenstaat und eine riesige Gefahr für unsere Demokratien bezeichnen - inklusive Joe Biden (und unserer Regierung).

Was ich cool gefunden hätte:
Spoiler: zeige
Wenn die Verkäuferin im kriegsfreien Ort auf die Frage, ob ihnen überhaupt klar sei, dass ein Bürgerkrieg in anderen Teilen der Staaten herrsche, sowas gesagt hätte wie "Würdest Du lieber sehen, dass wir uns hier auch gegenseitig erschießen? Oder unterstellst Du, dass alle unsere Männer fahnenflüchtig oder Drückeberger sind? Hast Du hier viele Männer unbeschwert rumlaufen sehen?"


Was ich mich frage:
Spoiler: zeige
Die Nachwuchsfotografin überredet erst die Seniorin, kurz die friedliche Atmosphäre zu genießen, sich schön anzuziehen und schießt gegen ihren Willen einfach zig Fotos.
Als dann der Mann dazukommt und unschuldig mit seinem Hut von sich aus gute Stimmung verbreiten will und selbst nach einem Foto fragt, sagt sie sinngemäß, sie wolle ihre Filme nicht verschwenden.
Da Männer im Film ansonsten absolut weder als besser, noch als schlechter dargestellt werden, macht das die Frau einfach äußerst unsympathisch. Dass sie mit ihrem Verhalten auch sonst für den Tod - indirekt - von insgesamt 6 Menschen verantwortlich ist, hilft zur positiven Identifizierung erst recht nicht weiter.
Wie seht ihr das, soll die eigentlich als armes unerfahrenes Mädchen empfunden werden, die erstmal lernen soll, genügend "traumatische" Erlebnisse locker wegzustecken?
Haben die erfahrenen Protagonisten Ähnliches auf dem Gewissen?
Life is what happens while you are busy making other plans.

StS

Zitat von: Terry Noonan am  8 Mai 2024, 03:05:37- die Opfer dieses Rassisten sind ausgerechnet Bürger eines Staates, den so ziemlich alle westlichen Staatsoberhäupter tatsächlich völlig unverblümt als Schurkenstaat und eine riesige Gefahr für unsere Demokratien bezeichnen - inklusive Joe Biden (und unserer Regierung).

Zwischen HK und China gibt es aber schon noch einen gewissen Unterschied.  :happy3:

Zu der Frage: Ich glaube, in der Szene mit der Kleidung ging es primär um die Verbindung von Spaeny´s Figur mit ihrer Heldin/Mentorin - also dass sie ihr auch mal einen solchen Moment ermöglicht und sie auch diesen Moment dokumentiert. Eindeutig soll sie als ein unerfahrener Newcomer dargestellt werden - dass man in solchen Situationen auch Fehler mit teils gravierenden Konsequenzen begeht und zudem "abgehärtet" sein muss, um den Job zu machen. Die anderen haben gewiss ähnliche Erfahrungen gemacht (vielleicht nicht unbedingt Tod-bringende Fehler) und sind über die Jahre hinweg so geworden, wie sie jetzt sind - aber selbst die haben da ja jeweils eine Grenze, bevor sie "zu zerbrechen" anfangen (ihre individuelle "Schutzmauer") .
"Diane, last night I dreamt I was eating a large,  tasteless gumdrop and awoke to discover I was chewing one of my foam disposable earplugs.
Perhaps  I should consider moderating my nighttime coffee consumption...."
(Agent Dale B.Cooper - "Twin Peaks")

bedolaga

Zitat von: StS am  8 Mai 2024, 08:06:49
Zitat von: Terry Noonan am  8 Mai 2024, 03:05:37- die Opfer dieses Rassisten sind ausgerechnet Bürger eines Staates, den so ziemlich alle westlichen Staatsoberhäupter tatsächlich völlig unverblümt als Schurkenstaat und eine riesige Gefahr für unsere Demokratien bezeichnen - inklusive Joe Biden (und unserer Regierung).

Zwischen HK und China gibt es aber schon noch einen gewissen Unterschied.  :happy3:

Zu der Frage: Ich glaube, in der Szene mit der Kleidung ging es primär um die Verbindung von Spaeny´s Figur mit ihrer Heldin/Mentorin - also dass sie ihr auch mal einen solchen Moment ermöglicht und sie auch diesen Moment dokumentiert. Eindeutig soll sie als ein unerfahrener Newcomer dargestellt werden - dass man in solchen Situationen auch Fehler mit teils gravierenden Konsequenzen begeht und zudem "abgehärtet" sein muss, um den Job zu machen. Die anderen haben gewiss ähnliche Erfahrungen gemacht (vielleicht nicht unbedingt Tod-bringende Fehler) und sind über die Jahre hinweg so geworden, wie sie jetzt sind - aber selbst die haben da ja jeweils eine Grenze, bevor sie "zu zerbrechen" anfangen (ihre individuelle "Schutzmauer") .

Ihr Wissen ist verblüffend. Es ist ein Vergnügen zu lesen, wenn das Wissen einer Person so tief ist.

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