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Spotlight - Tom McCarthy

Begonnen von MMeXX, 27 Februar 2016, 21:15:28

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MMeXX

27 Februar 2016, 21:15:28 Letzte Bearbeitung: 27 Februar 2016, 22:22:59 von MMeXX
SPOTLIGHT



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Deutscher Trailer:
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Originaltrailer:
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Worum geht's?
Der Film zeigt die "Entstehungsgeschichte" der Story des Bostoner "Spotlight"-Teams, welche den Missbrauch an Kindern durch Priester (und andere katholische Würdenträger) aufdeckte. Der Artikel von 2001 ist Pulitzer-Preis ausgezeichnet.

Wer ist dabei?
Ein breiter Cast, aber kein Ensemblefilm: Mark Ruffalo (grandios!), Liev Schreiber, Michael Keaton, Rachel McAdams, Stanley Tucci, etc. pp.

Sollte man sich den angucken?
AUF JEDEN FALL! Aber Achtung: Der Film ist äußerst dialoglastig, die "Action" entsteht hier daher eher aus den Wortgefechten. Vor allem Mark Ruffalo sticht dabei für mich aus der Reihe der tollen Darstellerleistungen hervor - Stanley Tucci rockt auch. Die meisten Vergleiche, die ich gelesen hatte, zielten auf "All the President's Men" (Die Unbestechlichen). Mich hat der Film eher an "Insider" erinnert. So oder so braucht man etwas Sitzfleisch und sollte sich zumindest auf einen eher "ruhigen" Film einstellen. 9/10.

StS

Gewinnt hoffentlich heut Nacht den Oscar als bester Film des Jahres.
"Diane, last night I dreamt I was eating a large,  tasteless gumdrop and awoke to discover I was chewing one of my foam disposable earplugs.
Perhaps  I should consider moderating my nighttime coffee consumption...."
(Agent Dale B.Cooper - "Twin Peaks")

Hitfield

@StS: Dem schließe ich mich an. Er hat es von allen Nominierten am meisten verdient.
"All those moments will be lost in time, like tears in the rain."

Moonshade

Ausnahmsweise war die Academy da mal einer Meinung!  :icon_mrgreen:
"Du hältst durch und ich halte durch und nächstes Jahr gehen wir einen saufen!

"Anything invented after you're thirty-five is against the natural order of things.!" (Douglas Adams)

"Gebt dem Mann ein verdammtes Puppers!"

PierrotLeFou

Gut, das war ein durchgängig guter, sogar ziemlich guter Film zu einem löblichen Thema... Die Musik klang bisweilen nach unverbindlichen Fahrstuhl-Gedudel, um so ein paar Momentaufnahmen zu überbrücken, Kamera & Schnitt waren solide & unauffällig, das Drehbuch und ein großer Teil der Darsteller haben aber gemeinsam etwas recht starkes daraus gemacht...
Zudem ist der Film immerhin bemüht, zumindest anzudeuten, weshalb die Täter taten, was sie taten, weshalb der Mensch in der Regel zum Wegsehen neigt, weshalb man sich auch getrost selbst mal an die Nase fassen sollte, anstatt bewiesene Mängel & Fehler der Mitmenschen zu attackieren. Das hätte aber ruhig noch etwas stärker erläutert werden dürfen (und kam zumindest nicht bei allen im Publikum an)...

Und letztlich ist es ein Film, der eigentlich sehr vorsichtig ist und niemandem auf die Füße treten will: Der Presse sowieso nicht, Anwälten nicht, Tätern nicht, duldenden Mitwissern nicht... natürlich, den Verantwortlichen, die das ganze vertuschen, macht der Streifen schon Vorwürfe - und die Texttafel, die im Anschluss beschreibt, welche Konsequenzen das Ganze für manche hatte und vor allem nicht hatte, spiegelte das auch nochmals ganz schön wieder.
Aber weil das (d.h.: Was geht in Leuten vor, die viele, viele Male solche Vorfälle vertuschen und unter den Teppich kehren und überaus fahrlässig Wiederholungen an anderen Orten riskieren bzw. bewusst in Kauf nehmen, welche Beweggründe liegen dort vor und wie wäre das im Vergleich mit einem sexuellen Übergriff pädophiler oder auch nicht-pädophiler Täter(innen) zu beurteilen?) ja nicht das eigentliche Thema von "Spotlight" ist, beschränkt sich der Film - was ja auch zu erwarten war - auf die reine Aufdeckung der skandalösen Fakten, ohne auf die jeweiligen Hintergründe wirklich ausreichend einzugehen... es bleibt die Erzeugung von Empörung, der Wink, dass man die nicht zu vorschnell über anderen auskübeln sollte, und das Bewusstsein, dass es einen Skandal gegeben hat.
Die viel spannenderen Fragen tauchen gar nicht erst auf oder werden bloß angerissen; da dient der Film dann eher als Anreiz sich (erstmals/nochmals) mit dem Thema zu beschäftigen...

Für ein Meisterwerk war mir das dann doch etwas zu wenig... letztlich ein zahmer Film, ein verständnisvoller und intelligent zurückhaltender Film, der halt auf unterhaltsame Weise die Schwierigkeiten aufzeigt, mit denen Journalisten im Extremfall umzugehen haben, und ein recht aktuelles Thema rekapituliert, ohne es wirklich zu analysieren...

Aber mit zwei, drei anderen Filmen zu diesem Thema, die einen anderen Ansatz wählen würden, würde er ein hervorragendes Programm ergeben können. Für sich allein war er dann eher... interessant, unterhaltsam - aber eigentlich nicht unbedingt oscar-würdig... die von McCarthys gelobten Lumets sind um Längen besser, und im Gegensatz zum großen Vorbild "All the President's Men" kam "Spotlight" nicht zwei, drei, sondern zwölf, dreizehn Jahre nach dem Skandal...
"Eines Tages werde ich ein wahrhaft großes Drama schreiben. Niemand wird verstehen, worauf es hinaus will, aber alle werden nach Hause gehen mit einem vagen Gefühl der Unzufriedenheit mit ihrem Leben und ihrer Umgebung. Dann werden sie neue Tapeten aufhängen und die Sache vergessen." (Saki)

Moonshade

Zitat von: PierrotLeFou am  9 März 2016, 01:26:23
Aber mit zwei, drei anderen Filmen zu diesem Thema, die einen anderen Ansatz wählen würden, würde er ein hervorragendes Programm ergeben können. Für sich allein war er dann eher... interessant, unterhaltsam - aber eigentlich nicht unbedingt oscar-würdig... die von McCarthys gelobten Lumets sind um Längen besser, und im Gegensatz zum großen Vorbild "All the President's Men" kam "Spotlight" nicht zwei, drei, sondern zwölf, dreizehn Jahre nach dem Skandal...

Gut, da ist aber auch noch das Problem zu sehen, dass man manchmal eine Weile braucht, um so ein Thema überhaupt platzieren zu können.
Momentan ist die Superheldenfilmquote so beherrrschend, dass sich bei substanzielleren Filmen wieder Lücken auftun, vor allem wenn die Studios auf die Award-Season schielen. Darüber hinaus ist das alles bestimmt als wichtiger, aber nicht als brachialer Oscarfilm gedacht gewesen und für die Academy vermutlich eine der "besseren" Lösungen, für die man sein "Best Movie"-Voting vor sich selbst rechtfertigen kann, anders als bspw. bei Mad Max oder einer eher simplen Rachestory wie Revenant.

Die Distanz zum Geschehen ist sicher auch ein Grund für einen nicht ganz so brachialen Rundumschlag, aber sofern das ein Kinofilm werden soll und nicht etwa ein TV-Film (das der Skandal ein praktikables Thema für das Medium gewesen wäre, kam mir schon früh im Saal) oder ein Dokudrama im breiteren Verfahren, muss man sich in die eine oder andere Richtung orientieren und das war hier mehr die Moral hinter der Journalistenarbeit incl. dem positiven Gefühl, das das Durchbrechen verkrusteter Verschwiegenheitsbeziehungen bewirkt.
Das geht für mich in Ordnung, sofern man eben abhakt, dass das Problem nicht beseitigt ,sondern nur öffentlich gemacht worden ist.

Da hatte "Big Short" schon mehr Biss, indem er am Ende erst vorführt, was die Krise alles bewirkt hat und dann zu rufen: ätsch, nix davon ist natürlich passiert.
Insofern und auch filmisch und erzählerisch wäre mir "Short" als bester Film lieber gewesen, aber der Film greift die Gier und Verdorbenheit der Gesellschaft auf breiter Front auf und das wäre wohl ohne Humor kaum tragbar gewesen, aber dieser triefende Sarkasmus kommt bei älteren (Academymitgliedern) wohl nicht an.

Fand den Film sehr gut, aber auch nicht überragend, mehr ein Sieger in der Kategorie "Kramer gegen Kramer" oder "Ordinary People", die mehr gesellschaftlich-introspektiv arbeiteten. Die kamen auch oft zu kurz.

Aber ich stimme zu: "All the Presidents Men" ist besser, das hier wirkt wie der kleine, sympathische Bruder, den niemand auf der Rechnung hatte - und der kriegt den Oscar, der Lumet verweigert wurde- vielleicht weil das Thema zu frisch und brisant noch war.

Dennoch: meine Empfehlung für Spotlight, als Ensembledrama zwar kein wirklich neuer Stoff, aber in der Bombastkinolandschaft eine angenehme Retroinfektion. 8/10

"Du hältst durch und ich halte durch und nächstes Jahr gehen wir einen saufen!

"Anything invented after you're thirty-five is against the natural order of things.!" (Douglas Adams)

"Gebt dem Mann ein verdammtes Puppers!"

StS

2016 wurde das Journalisten-Drama ,,Spotlight" mit dem ,,Oscar" für den besten Film des Jahres ausgezeichnet – eine erfreuliche, nachvollziehbare Wahl seitens der ,,Acadamy", denn das Werk weist alle Eigenschaften eines würdigen Preisträgers jener bedeutsamen Kategorie auf: Basierend auf einer brisanten wahren Begebenheit, die auch heute noch Aktualität und Relevanz besitzt, komplex und intelligent verfasst, mit einem großartigen Darsteller-Ensemble aufwartend, dem u.a. Michael Keaton, Mark Ruffalo, Rachel McAdams, Liev Schreiber und Stanley Tucci angehören, sowie ebenso packend wie zurückhaltend-subtil von Tom McCarthy (,,Station Agent") in Szene gesetzt, braucht diese durchweg hochklassige Veröffentlichung den Vergleich mit Alan J. Pakula´s 1976er ,,Genre-Primus" ,,All the President´s Men" in keinerlei Weise zu scheuen...    9/10
"Diane, last night I dreamt I was eating a large,  tasteless gumdrop and awoke to discover I was chewing one of my foam disposable earplugs.
Perhaps  I should consider moderating my nighttime coffee consumption...."
(Agent Dale B.Cooper - "Twin Peaks")

Stefan M

Ich glaube, ich muß "Die Unbestechlichen" dringend mal wieder auffrischen. Bei meiner bislang einzigen Sichtung hatte der mich mit all den in den Raum geworfenen Namen heillos überfordert.  ;) Da sagte mir "Spotlight" mehr zu: ein topbesetzter Film, der mich mit einem zufriedenen Gefühl zurückgelassen hat, weil er zeigt, was mit guter Medienarbeit möglich ist. Die am Aufdecken beteiligten Journalisten verdienen ihren Namen und sind ein eingeschworener Haufen, der, wenn es nötig ist, nichts nach außen dringen läßt, notfalls auch über Wochen hinweg Geheimnisse für sich behalten kann, ohne daß sie ans Tageslicht befördert werden. Das ist gerade in der derzeit so aufgeregten Medienlandschaft äußerst wohltuend.
"Ein Leben ohne Mops ist möglich, aber sinnlos." (Loriot)

Synchronisation ist nicht grundsätzlich schlecht und manchmal sogar richtig gut!

PierrotLeFou

Inszenatorisch ist mir der Pakula minimal lieber. Die Interviewpartner fand ich zudem etwas spannender als die Vergewaltigungs- & Nötigungsopfer in "Spotlight". Im Großen und Ganzen halte ich beide Filme für ungefähr gleichwertig - denke aber, dass der Pakula dennoch der beachtlichere Film ist, weil er sein Thema relativ früh angepackt hat...
"Eines Tages werde ich ein wahrhaft großes Drama schreiben. Niemand wird verstehen, worauf es hinaus will, aber alle werden nach Hause gehen mit einem vagen Gefühl der Unzufriedenheit mit ihrem Leben und ihrer Umgebung. Dann werden sie neue Tapeten aufhängen und die Sache vergessen." (Saki)

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