OFDb

Die letzte Sichtung: Serien & Dokus

Begonnen von StS, 21 Juli 2022, 10:11:06

⏪ vorheriges - nächstes ⏩

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

StS

Zitat von: Private Joker am 22 August 2025, 00:42:48Butterfly (Amazon)

Daniel Dae Kim will seine Tochter vor einer bösen Geheimorganisation retten, Piper Perabo genau das verhindern (und ihren Sohn beschützen) und Ralf Schumacher möchte mein Auto kaufen - in wechselnder Reihenfolge. Vor allem in Folge 4 und 5 war der Ralf auf einmal weg, vielleicht hat den die Piper gekillt?

Mal ehrlich - so ganz verstehe ich Amazonsens neues Werbekonzept nicht: Gerade in den ersten Folgen, bei der die Leute "eingefangen" werden müssen, ballern die einen mit nervigen Verbrauchertips zu wie RTL sein Dschungelcamp zu "besten" Zeiten. Und später dann, wenn etliche entnervt aufgegeben haben und nur noch die Fans/am Ende Interessierten dabei sind, gibt es (bei mir jedenfalls) auch mal zwei Folgen ganz ohne..

Aber zur Serie selbst: Als Koproduktion USA-SK klingt das auf dem Papier ganz reizvoll - koreanische Actionkompetenz plus die insgesamt etwas besser ausgearbeiteten (böswillig: nicht ganz so nervigen) US-Charaktere, dazu als Drehbuch halt das, was in 5 Folgen gerade so reinpasst: Geheimorganisationen, (Ex-)Agents, Verräter (oder auch nicht), Verfolgungen, und ein oder zwei Überkiller/Assasinen. Wobei: die Betonung liegt auf "5 Folgen" und "reinpasst" - so wahnsinnig ausgefeilt ist das schon aus Zeitmangel alles nicht. Was Frau Perabo abseits ihrer Anfangsübeltat so treibt und womit sie - offenbar reichlich - Geld verdient, wird etwa nie wirklich aufgelöst, ebenso wenig warum die beiden sich dermaßen zerstritten haben. Statt dessen gibt es viel Dialoge, Drehs und Dynamiken zwischen der Kim-Figur und seiner Patchwork-Family.

Bleibt die Action - die ist aber auch insgesamt nur halbwegs solider Standard. Der finale Showdown geht schon irgendwo klar, ansonsten sind die Prügeleien nicht wirklich umhauend (Kim ist halt nicht unbedingt Uwais oder Jaa), die Autoverfolgungen nicht allzu dynamisch (überwiegend eher "hintereinander herfahren") und die Ballereien reine Routine. Immerhin werden die ganz sauber über die Mini-Staffel verteilt, so dass massive Langeweile auch ausbleibt. Daher gibt es von mir eine Standardnote für eine Standardserie mit Standardrehbuch und Standardaction: 5/10. Ach ja: Der Cliffhanger ist schon arg massiv auf eine Staffel (oder "ein Staffelchen") 2 angelegt - wehe die kommt dann nicht.

Dak kann ich mich einreihen:

Bei ,,Butterfly" (2025) handelt es sich um eine aus 6 Folgen bestehende amerikanische, sich aber komplett in Südkorea entfaltende Action-Thriller-Serie aus dem Hause ,,Amazon Prime", die wiederum auf einer gleichnamigen Graphic Novel Arash Amels basiert. Inhaltlich geht es um David (Daniel Dae Kim), der früher mal bei einer von ihm mitgegründeten privaten ,,Dark-Ops-Spionagefirma" gearbeitet hat, bevor er vor neun Jahren im Rahmen einer Mission verraten wurde und seinen Tod vortäuschen musste, um so das Leben seiner Tochter zu bewahren. Nun ist es für ihn allerdings an der Zeit, Rebecca (Reina Hardesty) zu sich zu holen – welche nicht weiß, dass er noch lebt, sowie seither von seiner ehemaligen Geschäftspartnerin Juno (Piper Perabo) zu ihrer besten Attentäterin innerhalb der Organisation ausgebildet worden ist...

Joa... wenn man nicht übermäßig viel erwartet, kann man sich diese Serie durchaus mal ansehen – welche familiäre Beziehungen (sowohl auf Seiten des Vater-Tochter-Lead-Gespanns als auch ,,ihnen Gegenüber" in Form von Juno und ihrem Sohn Oliver, gespielt von Louis Landau) mit Katz-und-Maus-Thriller-Kost sowie einzelnen routiniert-solide in Szene gesetzten Action-Sequenzen kombiniert. Die Comic-Ursprünge sind kaum bemerkbar – am ehesten in der Gestaltung der Figur eines Killers namens Gun (Ji-hoon Kim) – während die besten Momente so einige mit David und Rebecca sind (emotional-zwischenmenschliche sowie mit ihnen ,,in Action") – ergänzt um welche, in denen sich die beiden Parteien zu manipulieren versuchen. Die Besetzung ruft keinen Grund zur Klage hervor – Hardesty wäre auf jeden Fall eine schicke Karriere zu gönnen – doch obgleich das Tempo einigermaßen flott daherkommt, hätte ich mir alles in allem in erster Linie mehr Spannung und Originalität gewünscht. Schade zudem, dass David derart einseitig als ,,Good Guy" dargestellt wird und man nicht ,,mehr" aus Rebecca´s ,,soziopathischen Ader" gemacht hat...

5/10
"Diane, last night I dreamt I was eating a large,  tasteless gumdrop and awoke to discover I was chewing one of my foam disposable earplugs.
Perhaps  I should consider moderating my nighttime coffee consumption...."
(Agent Dale B.Cooper - "Twin Peaks")

Private Joker

12 Oktober 2025, 00:02:01 #151 Letzte Bearbeitung: 12 Oktober 2025, 13:05:24 von Private Joker
Nero, the Assassin (Netflix)

Spätmittelalterlicher Profi-Killer vs. religiöse Fanatiker, eine mediviale Klimakatastrophe, eine böse (?) Hexe  und eigentlich sein komplettes Umfeld. Das wirkt nicht nur thematisch reichlich modern (modernistisch?), dem passt sich nahtlos auch das Sprachniveau an: "Killer" (Selbsteinschätzung der Hauptfigur), "Fick Dich", "Verarschen", "bescheuert" - klingt wahnsinnig authentisch nach frühem 16. Jahrhundert, gelle? Und wenn wir schon mal hier sind, in der Realismus-Meckerecke (endet gleich, versprochen): Die Kostüme sind mächtig modern-modisch, die Städte sehen (teilweise) aus wie Minas Tirith, und wenn Maestro Nero zur Haarscheere greift, um etwas Form in die (als solche deutlich erkennbare) Perücke von Frau Isaaz bringen, hat die nachher mit einem supermodischen Kurzhaarschnitt allerbeste Aussichten auf mindestens 5 Punkte vom Glööckler...

Ist ja vielleicht der falsche Ansatz, eine ernstzunehmende Historienserie will das wahrscheinlich gar nicht sein. Was bekommen wir statt dessen ? Zumindest mal eine ansehnliche Wüsten- und Trockenoptik im Breitbildformat, die das angestrebte apokalyptische Feeling durchaus rüberbringt. Dazu durchgehend relativ blutige Kampfaction, schnell geschnitten und stilistisch "natürlich" eher im modernen Stil; und vielleicht nicht ganz so viel wie nach dem Trailer erwartbar, aber das ist ja meistens so. Trotzdem ganz ansehnlich in dem Department.

Und das Kernstück, wenn man das so sagen will, die Handlung? So ganz viel Sinn unter der Sonne Spaniens habe ich da jedenfalls nicht gefunden. Zwei Teile Historie, ein Teil Fantasy und ein Teil ausgeborgte Gegenwartselemente ergeben schon eine wilde Mischung. Religiöse Fanatiker sehen menschliche Sünden als Ursache für die Dürre, aber in Wirklichkeit liegt es daran, dass man
Spoiler: zeige
 alle Hex*Innen ausgerottet hat? Abhilfe: Die Bösen wollen die Junior-Hexe opfern, die Guten wollen, dass die sich selbst opfert.
Ja nee is klar. Wenn man es positiv sehen will - Gut und Böse sind jedenfalls mal nicht auf den ersten Blick erkennbar; und selbst die Hauptfigur mit ihrem mächtig flexiblen moralischen Kompass ist ganz sicher kein strahlender Held.

Und wenn wir schon beim "positiv Sehen" sind - das ist ja kein Bildungsfernsehen; wer älteren Herrschaften beim "Reden über Historie" zusehen will, wird bei "Wolf Hall" oder ähnlichem glücklicher. Weil ordentlich Bewegung auf dem Schirm ist und man man Ende der jeweiligen Episode schon irgendwie gespannt ist auf die nächste, wäre ich doch im gedämpft positiven Bereich, sagen wir mal knapp 6/10.

Und noch ein bisschen was von der Resterampe: Marvel Zombies nimmt ein paar Ideen aus der What-If-Animationsserie auf, walzt das auf 4 Episoden aus und macht mit seiner nicht enden wollenden Parade aus Figuren und Anspielungen aus/auf die Realfilme eingefleischte M-Fans vermutlich glücklicher als mich. Ich konstatiere eher mittelmäßige Animationen (aber immerhin über Japan-Niveau), ein sehr vages Ende und viel handlungsseitiges Chaos. Irgendwo schimmert da eine ganz gute Idee durch (Superhelden, die angesichts von Millionen Zombies fast hilflos sind - niemand mehr zu retten, alle böse), aber ich wurde da nicht warm mit. Irgendwas um 4-5/10.

Und Walker:Independence (krasser Stilwechsel, I know) hat mit der alten Chuck/Walker-Serie (den Neuaufguss mit Padalecki habe ich bislang nicht gesehen) wenig zu tun. Das ist ein altmodisch-banaler Western mit jederzeit erkennbarer Gut-Böse Verteilung, vielen makellos schönen Menschen (The CW halt, einer der letzten Exemplare dieser Machart, btw, die haben das wohl weitgehend drangegeben) und reichlich Sozialromantik (jede US-Minderheit prominent vertreten & bestens integriert; vor allem der Native-American mit den perfekten Sprachkenntnissen ist eine so krass idealisierte Figur, das die glatt aus den Büchern vom May stammen könnte). Ändert natürlich nichts daran, dass die ganze Walker-Reihe "im Prinzip" ihr Herz auf dem rechten Fleck hat(te), und das meine ich nicht mal ironisch (rechts und so). Aber ich schweife ab - die Serie selbst ist aber auch wirklich nichts Besonderes: Ordentliche Kulissen, ein klein bisschen Action pro Folge, eher dürftig angepappter Storyarc, viele Klischees - glatt 5/10. Ach ja: Heftigst werbedurchseucht, bei Amazon Standard-Prime, mit Interrupts gefühlt alle 5 Minuten.
"Ich bin zu alt für diesen Scheiß" "Dem Scheiß ist es egal, wie alt Du bist" (James Grady - Die letzten Tage des Condor)

Private Joker

20 Oktober 2025, 23:55:24 #152 Letzte Bearbeitung: 23 Oktober 2025, 11:15:37 von Private Joker
Hysteria (ZDFneo/Mediathek)

Nostalgie-Grusel (hier: 1980iger) + passende Musik + etwas Comedy ist eigentlich eine ganz vielversprechende Mischung - "Video Nasty" neulich ging ja auch in die Richtung. Zusätzliche Benefits hier: Bruce Campbell in einer gar nicht so kleinen Rolle und die Tatsache, mit der "Satanic Panic" sogar ein realer - wie soll man das sagen - "Trend" dieser Zeit aufgegriffen wird. Letzteres kann aber auch schnell zum Problem werden, ich komme da noch zu.

Zunächst mal startet die Serie prima - die maximal halbcoole Metal-Band um Dylan/Jordy (trotz minimal zu hohem "echtem" Alter gut gecastet: Emjay Anthony und Chiara Aurelia) findet einen schicken Dreh für etwas mehr Publikum - warum nicht einfach auf Satanskult machen. Blöd nur, das just in dieser Zeit der Quaterback vermisst und kurz danach tot aufgefunden wird. Wie gesagt, der Auftakt macht Laune, mit ein, zwei hübschen Filmanspielungen und dem angenehm knurrigen Campbell.

Das füllt allerdings keine 8 Folgen, und auf der Suche nach einer sinnvollen Mixtur für die verbleibenden 7 Episoden gibt es eine leider wenig homogene Mischung aus ein paar Prisen Grusel mit dem Gehörnten im XXL-Format, einen maßvoll gut ausgearbeiteten Krimiplot und viel Drama um religiöse Engstirnigkeit, die titelgebende "Hysterie", Konversiontherapien. Ob die Macher dabei gemerkt haben, dass sich die Elemente nicht so ganz vertragen? Wenn ich mich schon über religiösen Fanatismus und Engstirnigkeit lustig mache, andererseits aber ständig der Leibhaftige um die Ecke schaut, dann passt das irgendwie nicht zusammen. Auch Chefhexenjägerin Tracy (Anna Camp, mit einer selbst für die Zeit schauderhaften Perücke) ist so gesehen eine eher unfreiwillig ambivalente Figur - die wird mit viel negativem Buzz aufgeladen und am Ende sogar als Oberbös*In deklariert, aber ganz objektiv
Spoiler: zeige
 ist das Beauftragen einer Konversionstherapie, bei der es dank Inkompetenz der Durchführenden zu einem Todesfall kommt, in keiner mir bekannten Rechtsordnung ein (Schwer-)Verbrechen; und ihr Exorzismus am Ende ist, so wie er dargestellt wird, sogar nötig/erfolgreich

Abseits der inhaltlichen Kritik: Als Period-Grusel-Light funktioniert das immer noch ganz ordentlich. Die Handlung tritt nicht auf der Stelle, immer wenn ein Hänger droht, gibt es einen kleinen Twist, einen passenden Song, einen netten Effekt oder einfach nur Campbell, dem man einfach gerne bei der Arbeit zusieht. Macht das am Ende so viel Sinn oder ist so anspruchsvoll, wie die Macher das vielleicht geglaubt haben ? Eher nicht. Wenn einem reicht, dass der Weg vielleicht nicht mal das Ziel, aber zumindest recht vergnüglich ist, wird man vernünftig unterhalten. 6,5/10.

Task (Wow)

Tip zur Vermeidung einer Herbstdepression: Den nicht oder zumindest nicht zeitgleich mit dem ähnlichen "gritty"-Drama "Black Rabbid" ansehen. Optisch trüb, alles andere als uptempo und mit viel Schwermut in Figuren und Handlung - leichte Unterhaltung geht echt anders.

Hier dann eher als Cop- als Gangsterdrama, obwohl die Schmalspurganoven rund um Robby (Tom Pelphrey - so eine Art Jared Leto, den man bei Temu bestellt hat) auch viel Screentime bekommen. Im Mittelpunkt steht aber eindeutig Ex-Priester(!)-Jetzt-Cop Brandis (wie meistens solide: Mark Ruffalo), der sich mit nicht immer ganz kompetenten/loyalen Kollegen und einer auch nicht gerade problemfreien Patchwork- Familie herumschlagen muss.

Wie gesagt, eher schwääre Kost, mit sparsamen Highlights und wenig zielstrebiger Handlung. Ein Drogen-später-Geldkoffer mäandert zwischen diversen Figuren und Gangs, ein Kind wird entführt, ein oder zwei Frauen aus dem Dunstkreis der Gangster mischen eher unfreiwillig mit. Alles halbwegs solide Kost für Liebhaber derartig bleischwerer Krimis Marke "Mare of Easttown" oder generell der Machart "HBO" (minus der früher üblichen harschen Gewalt-/Sexszenen). Zu den erwähnten sparsamen Highlights gehören immerhin zwei ganz ordentlich inszenierte Showdowns zwischen Cops und Gangstern in den Folgen 5 (iirc) und 7, aber in der dazwischen liegenden Folge 6 etwa passiert buchstäblich so grad gar nichts (oder nichts handlungsrelevantes).

Ähnlich wie bei Black Rabbid kann ich jetzt nicht behaupten, dass da viel falsch gemacht wird - ist beides halt gerade nicht so mein Ding (um es mal platt zu sagen: In der Breite ist da ja jeder Coben-Krimi spannender). Aber weniger als 5/10 kann man da objektiv auch nicht vergeben.

"Ich bin zu alt für diesen Scheiß" "Dem Scheiß ist es egal, wie alt Du bist" (James Grady - Die letzten Tage des Condor)

Private Joker

31 Oktober 2025, 20:44:56 #153 Letzte Bearbeitung: 31 Oktober 2025, 20:58:03 von Private Joker
Before (Apple TV+)

Schon eine Weile am Markt, von mir aber entweder übersehen oder ich hatte gerade nicht das passende Abo am Start. Allein wegen Billy Crystal hätte ich da eigentlich sofort zugeschlagen, den hat man längere Zeit nicht gesehen, und zum Ausgleich gibt es ihn sowohl zeitgerecht gereift als auch - Computer sei dank - im charakteristischen Harry und Sally-Charmbolzenlook. Damit enden die guten Nachrichten aber leider sehr abrupt, man hätte ihm ein (deutlich) besseres Comeback gewünscht.

Woran hapert es ? An drei Dingen vor allem, einem guten Drehbuch, einem ordentlichen Drehbuch und einem halbwegs gescheiten Drehbuch. Wir sehen Billy als Psychiater, bei dem man sich ständig fragt, wie der die Approbation er-/behalten konnte, einen mehr als seltsamen Jungen und viel sinnfreien Hokus Pokus. Irgendwie passt da so gar nichts zusammen, und ständig fragt man sich: Wer zum Geier ist nun die Inkarnation von wem? Wer spukt bei wem im Kopf rum ? In Frage kommen ein oder zwei mysteriöse Mädchen, Crystals tote Frau, deren ebenfalls toter Ex - aber ausgearbeitet oder gar geklärt wird das nie wirklich. Vor allem das Finale geht leider in die Geschichte der sinnfreiesten Serienenden aller Zeiten ein, und wenn real existierende Psycho-Docs oder ähnliche Berufsträger das zu sehen bekommen, dürften die in höchste Infarktgefahr vor Wut geraten. Und wie bitte soll das dem Jungen helfen, den mal eben um Haaresbreite fast zu ertränken??

Überdies mal wieder viel zu kleinteilig ge-/zerschnitten, in 10 x 30 Minuten - da kommt kein erzählerischer Fluss auf. Ein, zwei effektvolle Szenen lungern ehrlicherweise schon am zu langen Wegesrand herum, aber das ist insgesamt ein bisserl wenig. Neben Crystal sind noch ein paar solide Nebendarsteller (Perez, Hope) zu bewundern; zur Darstellung des Jungen (Jacobi Jupe) sage ich mal nur so viel: Das ist eine schwierige Figur, die mit der Realität eines zur Zeit der Dreharbeiten ca. 10jährigen eher wenig zu tun hat - insofern o.k. Aber so richtig klar, ob seine Rolle gerade "normal", "besessen", "aggressiv" oder "katatonisch" ist, macht der mit seinem Spiel auch nicht. In der Summe maximal "gut gemeint", eigentlich nur für Crystal und den Rest vom Cast 4/10.

Lazarus
(Amazon)

Wie zuletzt die neue "Parker"-Verfilmung durch das Bezos-Haus ist auch dies keine direkte Coben-Romanverwurstung, der Meister höchstselbst hat hier ein Original-Drehbuch spendiert (DAS wäre bei ,,Stark"/Westlake etwas schwierig gewesen, der hätte schon als Geist in der Praxis der Hauptfigur hier erscheinen müssen). Vielleicht eine Chance, die Brand ,,Coben" ein wenig aus der Grauzone von Mainstream und Nische zu liften, in die vor allem Netflix die Marke geführt hat, zumal der Cast um Clafin und Nighy schon ganz gediegen ist. Was bekommen Fans oder Neuzugänge im Cobenverse? Schauplatz London check, ein paar schicke Penthouses und Autos check, Rätsel aus der Vergangenheit check, reichlich mal mehr oder weniger sinnträchtige Twists check, mordendes Killerpärchen ch..., ach nein, das fehlt diesmal. Statt dessen gibt es ein recht ausgeprägtes Mystery-Element mit (vielleicht-)Geistererscheinungen, und ich muss sagen: Das passt eigentlich ganz gut in das Szenario – auch wenn Kritikaster auf die Idee kommen könnten, dass damit ein paar Leerstellen bei der Fallaufklärung überbrückt werden sollen.

Damit nähern wir uns langsam dem Zentralpunkt, dem Krimiplot – da scheinen den selbsternannten Fachleuten zufolge (RT Wert aktuell nur 48%) einige Defizite zu bestehen. Meine im Krimibereich sicher nicht endmaßgebliche Meinung: Ja, aber, doch... Also versuchen wir es mal aufzudröseln: Die Teilstory um den außenseitig-,,offensichtlichen Verdächtigen",
Spoiler: zeige
der es nach allen gängigen Krimigesetzen nicht sein darf, hier aber – partiell- doch ,,ist",
fand ich eigentlich prima. Dafür ist der in der letzten Folge formatfüllend aufgedröselte Kernplot schon mal wieder heftig komplex bis leicht hergeholt – ich habe da auf Anhieb zwar keinen ganz großen Fehler gefunden, aber frage mich schon, warum
Spoiler: zeige
Papa L. da bei seiner Killingstreak nicht mal beim potentiellen Mörder seiner geliebten Tochter angefangen hat.

Trotzdem – mit ein paar solide gesetzten Spannungshighlights, Figuren, die man im Großen und Ganze mögen kann (meine Favs: Die überlebende Schwester und der ausnahmsweise nicht in Verdacht gerückte Cop-Kumpel) und einer doch relativ fiesen Schlusspointe ist das ein durchweg mehr als solider ,,Coben" Wer die Machart wie ich im Kern mag, wird nicht enttäuscht: 7/10 - der ganz große Durchbruch wird es aber vermutlich auch nicht.

Und noch zwei kurze ,,First Looks":

The Iris Affair (Wow) versucht uns - nach Prime Finder - schon wieder eine(n) Mathematiker*In und allerlei Zahlenspielchen als McGuffin eines ansonsten eher trägen Thrillers unterzujubeln. Und erneut wird da alles, was mit dem eigentlichen Thema zu tun hat, mehr behauptet also begründet – irgendwo steht ein Quanten-PC herum, der fast alles können soll, was aber nie gezeigt wird. Schlimmer noch: Die Verfolgungsszenen mit der Titelfigur sind restlos unspannend, ihr Entkommen verdankt die ausschließlich dem Drehbuch und diversen Zufällen. Lame, bislang... Ganz anders als Remnick (OT: ,,The Last Frontier" = Alaska) (Apple-TV), der in fast schon atemberaubenden Tempo loslegt. Das aber natürlich nicht halten kann – und die darauf aufsetzende Mischung aus Prozedural mit einem relativ ausgeprägten, aber folgenweise sehr uneinheitlich vorangetriebenen Serial-Arc passt nicht so ganz zusammen. Dafür ist ,,Cop" Clarke mitsamt einiger guter Oneliner ("das ist Alaska, hier haben wir keine Umgebung") angemessen cool, seine Partnerin (H. Bennet) sogar ohne Oneliner und der Schauplatz Alaska erst recht (also wörtlich, aber auch übertragen). Da kann man sicher dranbleiben.
"Ich bin zu alt für diesen Scheiß" "Dem Scheiß ist es egal, wie alt Du bist" (James Grady - Die letzten Tage des Condor)

TinyPortal 2.0.0 © 2005-2020