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Frage an die Juristen (ZPO: Zwangsvollstreckung)

Begonnen von DragonBay, 22 Februar 2005, 17:08:41

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DragonBay

Hallo, steht grade vor folgendem Problem:

Ausgangssituation:
Person A hat von 2002-2003 bei Person B zur Untermiete gewohnt. Person A war auch beim Einwohnermeldeamt für diese Zeit korrekt angemeldet. Nach seinem Auszug Ende 2003 hat er sich jedoch nicht abgemeldet! Person A war also unbekannt verzogen. Kurze Zeit später macht er sich strafbar. Person B weiß zu diesem Zeitpunkt noch nichts von der Straftat.

Die Briefe des Gerichts werden also an die Adresse von Person B zugestellt, der die Briefe natürlich nicht öffnet und auch nicht einsieht, wieso er dafür sorgen soll, dass die Briefe an die unbekannt verzogene Person A zugestellt werden. Er denkt sich also nix dabei, wirft alle Briefe für Person A in eine Schachtel und lässt sie dort liegen. Eines Tages bekommt Person B Besuch von der Kripo und erfährt, dass Person A eine Straftat begangen und immer noch bei ihm gemeldet ist. Daraufhin rennt Person B ins Einwohnermeldeamt und meldet Person A ab. Person A meldet sich kurz darauf aber wieder bei Person B an, indem er die Unterschrift von Person B imitiert. Person A ist also bis heute bei Person B gemeldet.

Selbstverständlich erfolgt bald eine Anzeige gegen Person A (btw weswegen eigentlich? Wegen Hausfriedensbruch?). In der Zwischenzeit sind allerdings zwei Briefe des Gerichtsvollziehers eingetrudelt. Man kann nur erahnen, dass es um Termine geht, an denen der Gerichtsvollzieher die Person A zwecks Zwangsvollstreckung zu Hause besuchen möchte. Das Problem ist nur, dass Person A in Wirklichkeit gar nicht dort wohnt. Und wenn der Gerichtsvollzieher Person A zweimal nicht antrifft, ist er ermächtigt, die Tür aufbrechen lassen und Gegenstände zu verpfänden. Leider darf Person B ja die Briefe nicht öffnen, um zu gucken, was tatsächlich drinsteht. Muss er jetzt, solange die Anzeige bei der Polizei noch keinen Erfolg gebracht hat, für Person A haften, obwohl er in keinerlei Verhältnis zu ihm steht? Bezahlen wird Person B ganz sicher nix, muss er jetzt befürchten, dass sein Eigentum verpfändet wird?

Danke schon mal im Voraus!

DragonBay

Falls das Ganze zu kompliziert klingt, formuliere ich die Kernfrage mal kurz und knapp:

Haftet der Hauptmieter im Falle einer Zwangsvollstreckung für einen Untermieter, wenn dieser sich nach Auszug nicht ordnungsmäß abgemeldet hat (und in diesem Falle sich sogar rechtswidrig neu angemeldet hat)?

dekay

Zitat von: DragonBayMuss er jetzt, solange die Anzeige bei der Polizei noch keinen Erfolg gebracht hat, für Person A haften, obwohl er in keinerlei Verhältnis zu ihm steht? Bezahlen wird Person B ganz sicher nix, muss er jetzt befürchten, dass sein Eigentum verpfändet wird?

Nein.
Bei einer Zwangsvollstreckung kann (grundsätzlich) nur Eigentum der Person gepfändet werden, gegen die der Titel (= entsprechend ausgefertigtes Urteil) besteht.
Ansonsten vermischst Du hier Zivilrecht (= Zwangsvollstreckungsursache), Strafrecht (= Polizei wegen Anzeige) und Verwaltungsrecht (= Einwohnermeldeamt). Diese drei Dinge haben eigentlich nix miteinander zu tun.
Wenn noch Sachen in der Wohnung sind, die Person A gehören, darf der Gerichtsvollzieher da ran. An die von Person B nicht. Es steht zu hoffen, dass Person A einen eigenen abtrennbaren Bereich bezogen hatte, damit der Gerichtsvollzieher leicht das Eigentum von A von dem des B unterscheiden kann. Wenn tatsächlich gar kein Eigentum der Person A mehr in der Wohnung vorhanden ist, dann wird das dem Gerichtsvollzieher mitgeteilt, und er zieht wieder von dannen.
Ach ja, gibt gewisse Sonderregeln - A und B sind nicht zufällig doch verheiratet...?

dekay
WHAT DO YOU KNOW, DEUTSCHLAND?

DragonBay

Hi dekay, danke erstmal für die Antwort!
Zitat von: dekayAnsonsten vermischst Du hier Zivilrecht (= Zwangsvollstreckungsursache), Strafrecht (= Polizei wegen Anzeige) und Verwaltungsrecht (= Einwohnermeldeamt). Diese drei Dinge haben eigentlich nix miteinander zu tun.
Stimmt, das ist hier wohl 'ne Zivilrechtsangelegenheit. Die Zwangsvollstreckung resultiert wohl daraus, dass er irgendwelche Kosten/Schulden nicht beglichen hat. Die von der Kripo erwähnte Straftat hat für Person A wohl andere Folgen.

Zitat von: dekayWenn noch Sachen in der Wohnung sind, die Person A gehören, darf der Gerichtsvollzieher da ran. An die von Person B nicht. Es steht zu hoffen, dass Person A einen eigenen abtrennbaren Bereich bezogen hatte, damit der Gerichtsvollzieher leicht das Eigentum von A von dem des B unterscheiden kann. Wenn tatsächlich gar kein Eigentum der Person A mehr in der Wohnung vorhanden ist, dann wird das dem Gerichtsvollzieher mitgeteilt, und er zieht wieder von dannen.
Ach ja, gibt gewisse Sonderregeln - A und B sind nicht zufällig doch verheiratet...?
Bezogen wurde ein Zimmer inkl. Möbiliar. Eine exakte räumliche Trennung lag demnach vor. Küche, Bad und WC wurden natürlich gemeinsam genutzt. Das Zimmer sah nach Auszug genauso aus wie vorher, Person A hat also nix demoliert, unterschlagen oder von sich hinterlassen. Und Person A und B stehen in keinem Verwandtschaftsverhältnis zueinander.


Das Problem liegt momentan woanders: Person B ist momentan gar nicht zu Hause und wird es, sofern ihm der Gerichtsvollzieher tatsächlich in nächster Zeit einen Besuch abzustatten gedenkt, auch dann nicht sein. Deswegen befürchtet er das Aufbrechen der Tür. Er hätte dann keine Möglichkeit, dem Gerichtsvollzieher den Sachverhalt zu erklären.

Er würde gerne dem Gerichtsvollzieher schriftlich darüber in Kenntnis setzen, dass Person A nicht mehr bei ihm wohnt und die Briefe, die der Gerichtsvollzieher an Person A geschickt hat, in ungeöffnetem Zustand beilegen und zurückschicken. Aufgrund seiner vorübergehenden Abwesenheit kommt er jedoch nicht dazu, Person A ein erneutes Mal zwangsabzumelden und könnte keine Abmeldebestätigung als Nachweis beilegen. Hätte er auch ohne Abmeldebestätigung irgendeine Chance, dem Gerichtsvollzieher klar zu machen, dass in seiner Wohnung keinerlei Gegenstände von Person A zu holen sind und deswegen nix angerührt werden darf?
Ich meine, angenommen Person B macht gar nix und lässt es zu, dass die Tür aufgebrochen wird und sein Eigentum verpfändet wird. Dann muss er doch die Kosten für den Türaufbruch übernehmen und anschließend ersmal den Nachweis für seine Unschuld (= Person A wohnte längst nicht mehr bei ihm, sie sind nicht verwandt, uswusf.) liefern, ehe er dann auf rechtlichem Wege auf Schadensersatz o.ä. klagen könnte, oder?! Das wär ein Heidenaufwand für etwas, dessen er sich nie schuldig gemacht hat.

dekay

Ich würde Person B zu einer Dreierstrategie raten:

1. Wenn noch nicht geschehen: Anzeige von Person A bei Polizei wegen Urkundenfälschung (Imitation der Unterschrift).
2. Brief an Einwohnermeldeamt mit Antrag um Rückgängigmachung der zweiten Anmeldung bzw. Wieder-Abmeldung unter Hinweis auf Urkundenfälschung (Anzeige zu 1. in Kopie gleich beilegen).
3. Brief ans örtliche Amtsgericht (da sitzen die Gerichtsvollzieher): Kopie von Anzeige zu 1. und Zweitabmeldung zu 2. beilegen, klarstellen, dass zum einen kein Eigentum der Person A vorhanden ist und zum zweiten niemand dort anzutreffen ist, da A dort nicht wohnt und B abwesend ist.

Wenn das Kind doch noch in den Brunnen fallen sollte und der Gerichtsvollzieher "einbricht" und den Kuckuck verteilt, müsste bezüglich des Türaufbrechens Vollstreckungserinnerung nach 766 ZPO und bezüglich einer Pfändung von Eigentum der Person B Drittwiderspruchsklage nach 771 ZPO erhoben werden. Die Vollstreckungserinnerung müsste Erfolg haben, wenn dem Gerichtsvollzieher vorher die Tatsachen bekannt waren - daher der Brief zu 3. oben. Danach könnte man Schadensersatz verlangen. Hoffentlich wird das nicht notwendig sein, das wäre in der Tat ein Heidenaufwand - trotzdem muss Person B jetzt in die Puschen kommen, nützt ja nix. Ein merkwürdiger Fall.

dekay
WHAT DO YOU KNOW, DEUTSCHLAND?

DragonBay

Thx a lot @ dekay  :respekt:  :)
Die Strategie klingt gut.

Ist es nicht grundsätzlich so, dass man als Zweit- oder Untermieter die ausdrückliche Einwilligung des Hauptmieters (z.B. mittels dessen Anwesenheit und Unterschrift vor Ort) braucht, um sich in dessen Wohnung anzumelden? Ich mein, es kann doch nicht sein, dass man nur ins EMA hineinspaziert, einen Anmeldebogen ausfüllt, die Unterschrift fälscht und wieder geht. Wird da kein Ausweis verlangt? Außerdem zeigt der Computer doch automatisch den Hauptmieter einschl. Geburtsdatum an, da muss es dem EMA-Mitarbeiter doch auffallen, wenn sich ein 30 Jahre jüngerer dort als Hauptmieter ausgibt... :doof:
Naja ist jetzt auch nicht so wichtig, Thema ist ja eigentlich gegessen.

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