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Brauchen Filme "Identifikationsfiguren"?

Begonnen von Hedning, 14 März 2007, 18:34:26

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Hedning

Hallo,

wenn ich OFDb-Kritiken lese, werden oft Filme deswegen weniger gut bewertet, da sie keine "Identifikationsfigur" haben. D. h. es gibt keinen, der moralisch integer ist und als großer Sympathikus in den Mittelpunkt der Handlung gestellt wird.

Aber ist das nun wirklich eine Schwäche? Ein Paradebeispiel ist Hitchcocks "Frenzy". Der "Held" Richard Blaney ist hier ein unsympathischer Grobian, aber macht ihn nicht gerade das authentisch und interessant? Protagonisten, die offensichtlich auf "gut" getrimmt und zur Identifikation sichtlich ausersehen sind, langweilen mich eher und ich wünsche mir in einem solchen Fall, dass "der Böse" gewinnt - was leider meist nicht der Fall ist.

Bin auf eure Meinungen gespannt.

Schlonz

Geht mir meistens genauso. "Bad Santa" ist meiner Meinung nach ein echt gutes Beispiel dafür. Obwohl er (Billy Bob Thornton) ja eigentlich eine Figur spielt die eigentlich als absoluter Misstkerl rüber kommt, ist er doch symphatisch und eigentlich garkein schlechter Mensch. Ich glaube mit Figuren die alles andere als Perfekt sind kann man sich besser identifizieren als mit irgendwelchen "Saubermännern". Deswegen war/ist Spiderman auch ein so erfolgreiches Comic...

The Corvus

Fast alle guten Filme haben eine Identifikationsfigur. Das muss nicht immer der Protagonist sein. Habe z.B. gerade einen Film in  der Produktion bei dem ich mit jemanden Co-Regie mache, wo die Schwester des Protagonisten die Identifikationsfigur ist.

Stefan M

Puh, schwer zu sagen. Das ist von Film zu Film verschieden.

Im Falle "Frenzy" möchte ich dir unbedingt zustimmen. Gerade weil in Alfred Hitchcocks Thrillern davor die Hauptfiguren sonst stets Sympathieträger waren (oder sagen wir lieber: fast immer, mit Farley Granger in "Der Fremde im Zug" etwa habe ich mich nie anfreunden können), empfand ich seine Entscheidung, Richard Blaney einmal komplett anders, nämlich als gewalttätigen und miesepetrigen Saufkopp, anzulegen (und nicht als einen allen Lebensgefahren strotzender Strahlemax, der sogar noch einen flotten Spruch auf den Lippen hat, wenn er in lichter Höhe an den Präsidentenköpfen des Mount Rushmore herumkraxelt) als äußerst willkommene Abwechslung. Dadurch bekam der Film ja einen Realismusanstrich verpaßt, wie man ihn von Hitchcock bis dato kaum kannte.

Nehmen wir hingegen Hitchcock-Epigone Brian de Palma, sieht die Sache anders aus. Dessen Filme, die eigentlich durch die Bank allesamt optische Leckerbissen sind, schätze ich wirklich sehr. Aber insbesondere seine Frühwerke büßen meines Erachtens einiges an Wirkung ein, weil ich in ihnen selten Figuren wiederfinde, mit denen ich mich identifizieren, geschweige denn, mit denen ich überhaupt sympathisieren kann. "Sisters" hat weit und breit keine, "Der Tod kommt zweimal" nicht, "Dressed to Kill" abgesehen von Nebendarsteller Keith Gordon auch nicht und in "Blow Out" bekommen wir es mit einem maskenhaften John Travolta zu tun, dessen Gesicht bis zum Ende eingefroren erscheint, obwohl er eigentlich ständig Grund dazu hat, Gefühle zu zeigen. Die Figuren lassen mich schlichtweg kalt (der Fahrstuhlmord in "Dressed to Kill" funktioniert zwar immer noch als schwer erträglicher Schockeffekt, aber zu dem Opfer habe ich noch nie Zugang gefunden, was jedoch notwendig gewesen wäre, um zusätzlich noch auf emotionaler Basis punkten zu können), und das rechne ich besagten Filmen als großen Schwachpunkt an.

Im großen und ganzen würde ich sagen: Nein, Filme brauchen nicht zwingend Identifikationsfiguren, es ist allerdings sicherlich nicht von Nachteil, welche im Drehbuch stehen zu haben.
"Ein Leben ohne Mops ist möglich, aber sinnlos." (Loriot)

Synchronisation ist nicht grundsätzlich schlecht und manchmal sogar richtig gut!

psychopaul

14 März 2007, 20:52:36 #4 Letzte Bearbeitung: 14 März 2007, 20:54:16 von psychopaul
also für mich: definitiv NEIN!


wenn ich das schon immer lese... :icon_rolleyes: warum sollte ich einen Film nicht trotzdem oder gerade deshalb interessant finden, wenn Charaktere schwer nachvollziehbar handeln, ganze einfach anders sind oder einem total fremd vorkommen usw... gerade das macht meiner Meinung oft einen großen Reiz aus.  ;)


andererseits ist natürlich klar, dass Filme mit einer Hauptfigur, mit der man sich identifizieren kann, auch besonders schön und subjektiv wichtig sind.

aber wenn ich das als ein Kriterium für einen guten Film hernehme, dann wirds wohl nach spätestens 2,3 Monaten Filmgenuß eher langweilig werden.  :icon_mrgreen:
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Three little devils jumped over the wall...

Adam Kesher

15 März 2007, 14:09:10 #5 Letzte Bearbeitung: 15 März 2007, 14:11:51 von Adam Kesher
Identifikationsfiguren zeichnen sich dadurch aus, dass der Zuschauer sich an sie bindet, mit Interesse und vor allem Empathie (darunter fallen auch Häme und Schadenfreude bei Antihelden) ihren individuellen Handlungen folgt, sich mit ihnen freut und mit ihnen leidet, als handele es sich um reale Menschen. Insofern sind die Hauptfiguren in "Frenzy" und "Bad Santa" trotz ihres gegen den Strich gebürsteten Images auf jeden Fall Identifikationsfiguren, wie das große Interesse von Hedning und Schlonz belegt.

Filme ohne Identifikationsfiguren zeichnen sich in der Regel durch eine holzschnittartige, unpsychologische, eher sinnbildliche Figurenzeichnung aus, wie zum Beispiel in Filmen von Russ Meyer oder dem bereits erwähnten Brian De Palma. Dadurch wird das Augenmerk des Zuschauers von individuellen Figuren auf universelle Themen gelenkt. Ob man daran Gefallen findet oder nicht, ist natürlich Geschmacksfrage. Ich habe durchaus eine Neigung dazu, erstens weil mir die sprunghafte, verschlossene Handlungsweise von unpsychologischen Figuren oft auf seltsame Weise glaubwürdiger und ehrlicher erscheint, als die nach zweifelhaften Rezepten motivierten Handlungen von psychologischen Figuren (gerne mal ein unverwundenes Kindheitstrauma), und zweitens weil mir als Zuschauer die emotionale Umgarnung von allzu psychologischen Figuren, die schlussendlich immer noch erdacht und nicht real sind, eskapistisch und suspekt vorkommt, ein bisschen so, als wollte man mich verführen, eine Statue zu küssen.

Cyman

Zitat von: psychopaul am 14 März 2007, 20:52:36
also für mich: definitiv NEIN!

Teile die selbe Meinung wie Paul. Aktuelles Beispiel für einen sehr guten Film OHNE Identifikationsfiguren ist für mich DOG BITE DOG.

Cheers, Cyman

Mr. Krabbelfisch

Filme IMO nicht unbedingt, Serien aber auf jeden Fall.
"Our games are not designed for young people. If you're a parent and buy one of our games for your child you're a terrible parent.
We design games for adults because we're adults." - Lazlow Jones (Developer Red Dead Redemption)

Hedning

Zitat von: Adam Kesher am 15 März 2007, 14:09:10
Identifikationsfiguren zeichnen sich dadurch aus, dass der Zuschauer sich an sie bindet, mit Interesse und vor allem Empathie (darunter fallen auch Häme und Schadenfreude bei Antihelden) ihren individuellen Handlungen folgt, sich mit ihnen freut und mit ihnen leidet, als handele es sich um reale Menschen. Insofern sind die Hauptfiguren in "Frenzy" und "Bad Santa" trotz ihres gegen den Strich gebürsteten Images auf jeden Fall Identifikationsfiguren, wie das große Interesse von Hedning und Schlonz belegt.

Bei mir läuft es oft so, dass gerade die offenbare Intention, eine Figur als Identifikationsfigur zu gestalten (durch moralisch sauberes Handeln, "Coolness" usw., wobei ich letzteres noch etwas schlimmer finde), mich auf die Seite des Antagonisten schlage, um mit diesem mitzufiebern. Z. B. "Leichen pflastern seinen Weg" wäre für mich ein Fall, wo ich eindeutig mit dem Kopfgeldjäger Loco (bzw. Tigrero, wie er im Original heißt), mitfiebere. Um mal ein klassisches literarisches Beispiel zu nennen, bei Shakespeares "Othello" würde ich mit dem Intriganten Jago "mitfiebern", da von ihm schlicht und einfach die ganze Handlung ausgeht.

Identifizieren würde ich mich mit ihm schon weniger, "mitfiebern" ist da noch etwas anderes.

Mich mit Richard Blaney aus "Frenzy" zu identifizieren, hätte ich kein Problem, da es sich bei ihm um eine vielschichtigere Persönlichkeit handelt, als man es bis dato von Hitchcock gewohnt war.

Viele Filme verbrämen ihre Protagonisten so, dass an die Stelle moralischer Integrität eine Gangster-Coolness tritt, sprich die Zuschauer sollen sich nicht mehr auf die Seite eines Typen schlagen, weil er den Schwachen und Unterdrückten hilft, sondern weil er so lässig seine Fluppe ansteckt oder seine Kanone herumwirbelt. Schlimmstes Beispiel für mich "Sin City". Diese Typen sind so reibeisenhart und testosteronübersättigt, dass es zum Schmierentheater verkommt.

SutterCain

15 März 2007, 15:57:32 #9 Letzte Bearbeitung: 15 März 2007, 16:00:40 von SutterCain
Also De Palmas Figuren vorzuwerfen, sie seien "unspsychologisch", halte ich für kompletten Unsinn. Gerade im aufgeführten Beispiel von "Dressed to Kill" ist Kate Miller (Angie Dickinson) doch eine psychologisch sehr detailliert ausgemalte Figur. Das geht sogar so weit, dass wir sie bei ihrem Psychiater auf der Couch erleben. Der Film beginnt mit einem Traum von ihr. Genauer kann man filmisch gar nicht psychologisieren! Auch Liz Blake (Nancy Allen) wird durchaus facettenreich gezeichnet: Sie wird nicht nur holzschnittartig durch ihren Beruf als Edelhure charakterisiert, sondern ist darüber hinaus eine smarte Geschäftsfrau und liebevolle, hilfsbereite Person. Auch der Cop erreicht durch Dennis Franz' großartiges Schauspiel und seine witzigen Schlagabtäusche mit Liz und Dr. Elliott (Michael Caine) Konturen, die ihn mehr als ein Cop-Stereotyp sein lassen. Auf Peter (Keith Gordon) wurde ja bereits hingewiesen.

Generell zum Thema: Ich bin der Überzeugung, das hängt neben den bereits aufgeführten Punkten, stark vom individuellen Befinden ab. Filme, die aufgrund unsympathischer Hauptfiguren für mich nicht funktionieren, sind die sog. "dänischen Geheimtipps": Pusher, Old Men in New Cars, The Good Cop (in abgemilderter Form: In China essen sie Hunde). Ich kann nicht wirklich sagen, woran es liegt, außer, dass mir die Figuren in diesen Filmen komplett unsympathisch sind und ich infolgedessen nach spätestens 20 Minuten das Interesse an der Handlung verliere....

EDIT: Also ja: Wir brauchen Identifikationsfiguren!

MäcFly

Interessantes Thema!

Ich finde, bei vielen Filmen sind Identifikationsfiguren der Hauptgrund dafür, dass ich sie gut finde. Ich verstehe den Begriff "Identifikationsfigur" allerdings nicht so, dass ich mich in diese Person hineinversetzen kann oder sich gar Parallelen zwischen meinen Charaktereigenschaften und einer Figur auftun. Es ist auch egal, ob mir die Person sympathisch oder unsympathisch ist, vielmehr sorgt eine "Identifikationsfigur" dafür, dass ich Bezug zur Geschichte finde. Diese muss nicht immer so handeln, wie ich es für richtig halte, entscheidend ist lediglich, dass mich das Handeln dieser Person berührt.

Zum besseren Verständnis ein paar Beispiele:
"Es war einmal in Amerika" bietet für mich ideale Identifikationsfiguren (vorwiegend Max und Noodles), obwohl die Charaktere natürlich alles andere als moralisch sauber sind und es sich im Grunde um Verbrecher handelt. Aber alles, was sie tun, geht mir persönlich sehr nahe und ich habe bei jedem Ansehen das Gefühl, dass hier Figuren zu sehen sind, die es auch in der Realität geben könnte.
Anders verhält es sich etwa bei Wilders "Das Appartement", wo die Hauptfigur C. C. Baxter einfach so sympathisch und bemitleidenswert ist, dass man von Anfang mit ihm fiebert und hofft, die Geschichte möge zu seinen Gunsten enden.
Ein perfektes Beispiel für Identifikationsfiguren, in die man sich auch hineinversetzen kann, ist meiner Meinung nach "Stand by me", bei dem man sich eine der vier Hauptpersonen heraussuchen kann, deren Charakterzüge einem selbst am ehesten entsprechen.

Aber: Ein Film muss nicht auf Teufel komm raus Identifikationsfiguren bieten, um gut zu sein. Auf Anhieb fallen mir da die Kubrick-Filme "2001" und "Dr. Seltsam" ein, bei denen ich keine Bezugsperson gefunden habe, die mich aber aufgrund anderer Qualitäten trotzdem beeindruckt haben.
Allgemein helfen Identifikationsfiguren meiner Meinung dennoch ungemein, um Bindung zu einem Film herzustellen. Wenn diese fehlt (bei mir ist das bei fast allen Filmen aus Fernost der Fall: Sachen wie "Hana-Bi" oder "Audition" lassen mich irgendwie ziemlich kalt), kann das schon zu einem erheblichen Qualitätsverlust führen.
"Man muss immer darauf achten, dass man ein gewisses Niveau nicht unterschreitet - sonst ist es schnell aus."

"Wenn man Mubarak heißt oder Kosslick, dann kann man alles machen." (Uwe Boll)

Hedning

Zitat von: Bewee am 15 März 2007, 18:16:52

"Es war einmal in Amerika" bietet für mich ideale Identifikationsfiguren (vorwiegend Max und Noodles), obwohl die Charaktere natürlich alles andere als moralisch sauber sind und es sich im Grunde um Verbrecher handelt.

Diese subversive erzählerische Vorgehensweise hat Patricia Highsmith in ihren Romanen über Tom Ripley auf die Spitze getrieben. Man erlebt die Morde, die Ripley begeht, als sei das eine selbstverständliche und absolut gerechtfertigte Konsequenz seiner jeweiligen Situation. So stark können einen Bücher und auch Filme manipulieren.

Adam Kesher

Zwei Missverständnisse, die ich offenbar ausgelöst habe, möchte ich versuchen geradezubiegen:

1. Missverständnis: "Identifikation" sei das Bekenntnis zum Helden. Ganz und gar nicht - unter "Identifikation" verstehe ich genau jenen Reflex, den Hedning beschrieben hat: Man schlägt sich auf jemandes Seite. Ob es sich dabei um einen Saubermann oder um einen Halunken handelt, spielt nicht die geringste Rolle. In beiden Fällen wählt man sich eine Identifikationsfigur, mit der man mitfiebert. Ein Film ohne Identifikationsfiguren ist ein Film, in dem man sich auf niemandes Seite schlägt, weil einem das Schicksal der Figuren gleichgültig ist - eine Gleichgültigkeit, die sich im Falle eines gelungenen Filmes wohlgemerkt nur auf die Figuren erstreckt, nicht auf das Thema oder die Geschichte selbst, sonst würde der betreffende Film schlicht langweilen. Bewees Verweis auf das asiatische Kino finde ich sehr hilfreich: Aufgrund von anderen Erzähltraditionen neigt man dort sehr viel mehr als bei uns zu unpsychologischen Figuren, was eine für westliche Zuschauer mitunter befremdliche Distanz zur Folge hat.

2. Missverständnis: Psychologische Figurenzeichnung sei unpsychologischer überlegen. Keineswegs, der Unterschied ist völlig wertfrei gemeint. Märchenfiguren sind nicht schlecht ausgearbeitet, bloß weil sie holzschnittartig sind; umgekehrt sind Seifenopernfiguren nicht gut ausgearbeitet, bloß weil sie psychologisch sind. Der Unterschied ist: Die Märchenfiguren haben einen symbolischen Auftrag, sollen dem Rezipienten also von einer universellen Botschaft kundtun. Die Seifenopernfiguren haben einen kameradschaftlichen Auftrag, sollen also das Interesse des Zuschauers binden, als handele es sich um Nachbarn. Insofern war meine Diagnose, De Palmas Figuren seien holzschnittartig, überhaupt nicht als Vorwurf gemeint, ganz im Gegenteil. Sicherlich kann man über das Mischungsverhältnis von symbolischem und psychologischem Gehalt bei seinen Figuren trefflich streiten; gerade im Vergleich zu naturalistischen Filmen meine ich aber, dass das Gewicht sehr stark auf der symbolischen Komponente ruht, wenn auch nicht so stark wie etwa bei Russ Meyer.

barryconvex

Zitat von: Adam Kesher am 15 März 2007, 21:45:47
Bewees Verweis auf das asiatische Kino finde ich sehr hilfreich: Aufgrund von anderen Erzähltraditionen neigt man dort sehr viel mehr als bei uns zu unpsychologischen Figuren, was eine für westliche Zuschauer mitunter befremdliche Distanz zur Folge hat.

Ein anderer Aspekt im Hinblick auf die Identifizierung ist sicherlich noch die Besetzung: vermutlich ist Takeshis Figur in Hana Bi erzählerisch gar nicht so weit von Clint Eastwoods in Italowestern entfernt, es werden sich bei "uns" (im Westen) aber mehr mit Eastwood Leinwand alter ego identifizieren.

Daneben gibt es, glaube ich, auch sehr stark das Phänomen, daß man sich weniger mit Leinwandfiguren als mit speziellen Situationen identifiziert.
Als erstes fiele mir dazu Hitchcock ein, mit seinen Fluchtphantasien eines unschuldig Verfolgten, die unwillkürlich eine starke Sogwirkung entwickeln.
Genauso: nicht ICH verliebe mich in Meg Ryan, Jennifer Connelly, etc. oder möchte jemand anderes sein, der sich verliebt, sondern ich möchte die Emotionen unabhängig von den Figuren erfahren.

ultrasmudge somersault

Wichtig ist eigentlich nur, daß es eine ohne mehrere Personen gibt, die das Geschehen irgendwie zusammen halten.
Das hat mir bei "Flug 93" zB gefehlt, dort gab es nur dutzende, beliebige Personen die im Plot herumschwirrten und
nicht vorgestellt wurden. Dies war natürlich bewusst so gemacht worden, fand ich nur sehr hinderlich um in die Geschichte
einzutauchen.

Akayuki

Ich denke schon das man eine "Identifikationsfigur" braucht um der Handlung interssiert zu folgen. Filme die ihre Hauptprotagonisten stiefmütterlich behandeln, oder gar unsympatisch rüberkommen lassen, vorkommen oft zum Ärgernis. Beispiel meinserseits wäre hier Hostel. Mir fehlen jegliche Bezüge zu den Hauptdarstellern und es fällt mir einfach schwer mit den drei Kleingeistern mitzufiebern. Deshalb verfehlt der Film auch merklich sein Ziel und lässt mich gerade in den Folterszenen kalt. Zu allem Überfluss wird hier dann auch noch die einzige wirkliche Sympatieträgerin martialisch gequält, sodass sie sich dann kurze Zeit später vor einen rauschenden Zug wirft. Somit verkommt der Film zu einem kleinen Ärgernis, da mich das Schicksal von dem letzten Überlebenden nicht wirklich gekümmert hat. Hier hätte meiner Meinung nach ein gewisser Herr Roth seine Hausaufgaben besser machen müssen.
Als positives Beispiel möchte ich Lethal Weapon anbringen. Hier wachsen einem die Hauptdarsteller ans Herz und man fiebert wirklich mit ihnen mit. Es macht einfach Spaß den zwei Cops bei ihrer Arbeit zuzusehen. Die gesamte Filmreihe funktioniert durchweg spitzenmäßig.

@Adam Kesher:
Ich finde das die asiatischen Filme mit sehr guten Charakterzeichnungen aufwarten können. Bestes Beispiel wäre da Bullet in the Head, der neben Boondock Saints zu meinem Lieblingsfilm zählt. Hier werden drei Charakter vorgestellt mit denen man durch die Hölle geht. Die Entwicklung der Geschehnisse sind dramatisch und ergreifend eingefangen. Und wenn Frank von seinem besten Freund von all seinen Schmerzen erlöst wird steht man den Tränen nahe. (Und das als hartgesottener Filmfreak  :bawling: )

Abschließend möchte ich noch sagen das eine Identifikationsfigur von entscheidender Rolle ist.
Original Zitat: "Ey Leute, Hard Boiled ist besser als Sex! Da hast du zwei Stunden pure Äckschen!"


Adam Kesher

Zitat von: 2BerettaZKiller am 19 März 2007, 13:00:53@Adam Kesher:
Ich finde das die asiatischen Filme mit sehr guten Charakterzeichnungen aufwarten können. Bestes Beispiel wäre da Bullet in the Head, der neben Boondock Saints zu meinem Lieblingsfilm zählt. Hier werden drei Charakter vorgestellt mit denen man durch die Hölle geht. Die Entwicklung der Geschehnisse sind dramatisch und ergreifend eingefangen. Und wenn Frank von seinem besten Freund von all seinen Schmerzen erlöst wird steht man den Tränen nahe. (Und das als hartgesottener Filmfreak  :bawling: )

Das Missverständnis, das ich zwischenzeitlich auszuräumen versucht habe, scheint mir weiter anzuhaften. Ich versichere dir, dass ich keineswegs der Meinung bin, dass asiatische Filme eine schlechte Charakterzeichnung hätten. Sie neigen zu unpsychologischen Figuren, eine dramaturgische Entscheidung, die weder zweitklassig noch gefühlsarm ist, aber im westlichen Kino ungewöhnlich und deswegen vom hiesigen Publikum oft mit Befremden aufgenommen wird. Auch mir gehen John Woos Filme sehr zu Herzen; dennoch ist seine Figurenzeichnung - und das ist von der emotionalen Gesamtwirkung völlig unabhängig - hochsymbolisch und extrem unpsychologisch. Das Mitgefühl entspringt in seinen Filmen einer Art Weltschmerz, zu dem der Zuschauer durch die Figuren wie durch eine Passage geführt wird, nicht jedoch den Figuren selbst, wie es zum Beispiel bei einem Film wie "L.A. Crash" versucht wird. Offenbar scheint es mir trotz unablässiger Beteuerungen nicht zu gelingen, glaubhaft zu machen, dass ich ein großer Anhänger von unpsychologischer Figurenzeichnung bin und ganz im Gegenteil eher der im westlichen Kino vorherrschenden Psychologisierung von Figuren skeptisch gegenüberstehe.

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