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Es wird Ernst mit den Jugendschutzbestimmungen im Internet

Begonnen von Neo, 24 Oktober 2003, 09:05:35

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Neo

Es wird Ernst mit den Jugendschutzbestimmungen im Internet

Bald wird ernst gemacht mit dem neuen Jugendschutzbestimmungen im Internet. Das kündigte der Vorsitzende der Kommission für Jugendmedienschutz (KJM), Wolf-Dieter Ring, Anbietern bei den Münchner Medientagen an. Ring stellte dort eine erste Zwischenbilanz des seit am 2. April des Jahres eingesetzten obersten Gremiums für den medienübergreifenden Jugendschutz vor. In den ersten Monaten hat sich die KJM auf das Internet konzentriert. Weil er die Übergangs- und Umstellungsprobleme der Branche verstehe, verzichte man auch darauf, die im Prinzip täglich fälligen Beanstandungen auszusprechen. Die KJM habe sich in den ersten Monaten trotz aller Schwierigkeiten gut freigeschwommen, sagte Ring, der zwischen dem KJM-Sitz in Erfurt und der Münchner Geschäftsstelle pendelt. Aner nur die Freiwillige Selbstkontrolle Fernsehen hat bislang das offizielle Plazet der KJM. Die Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia hat noch keinen Antrag auf Anerkennung gestellt.  

Als erledigt verzeichnet die KJM bisher vor allem die Formulierung von Anforderungen an geschlossene Nutzergruppen und Altersverifikationssysteme von Erotik-Anbietern im Internet. Zwei Anbieter solcher Systeme habe man zugelassen, mit weiteren sei man im Gespräch. Die anonyme Angabe einer Personalausweisnummer werde man auf keinen Fall akzeptieren und noch in diesem Jahr werde man konsequent gegen Verstöße vorgehen. "Drohungen über die Abwanderung von Teilen der pornographischen Industrie ins Ausland muss uns nun nicht so erschrecken, dass wir deutsches Recht nicht anwenden."

Unterstützung bekam Ring dafür von Gerhard Kofler, Geschäftsführer des Pay-TV-Senders Premiere, der lautstark gegen die Wettbewerbsvorteile der Internetbranche wetterte. "Sie sind ja noch Welten hinter uns zurück", warf Kofler der Jugendschutzbeauftragten von T-Online, Gabriele Schmeichel, vor. Vor allem mit Blick auf den Anspruch von T-Online als "Hollywood-aus-Darmstadt"-Wettbewerber zu den klassischen Medien aufzutreten, begrüße er die Jugendschutzanforderungen ans Internet. "Dass ihnen das Mühe macht, das möchten wir auch." T-Online sei ein größeres Medienhaus als viele klassische Programmveranstalter.

Schmeichel hatte demgegenüber auf zahlreiche praktische Probleme mit dem Jugendmedienstaatsvertrag. Nicht nur die KJM, auch die Unternehmen hätten erhebliche Mehrbelastungen durch den neuen Staatsvertrag. Vor allem der Aufwand, der durch die Einstufung von Inhalten als "entwicklungsbeeinträchtigend" besteht, sei enorm, meinte Schmeichel. In der vergangenen Woche hätte das Unternehmen erstmals die eigenen Redakteure dazu geschult, die Unsicherheit sei beträchtlich. Ausländischen Vertragspartnern sei dies im Übrigen kaum noch zu vermitteln. "Dynamische Änderung von Webseiten durch sie sind daher praktisch nicht mehr möglich." Die Internationalität des Netzes sei "eingeengt", sagte Schmeichel. Die Wettbewerbsfähigkeit müsse dadurch leiden.

Einfache Pornographie deutscher Anbieter dürfte sich am Ende als die kleinste Schwierigkeit für die KJM entpuppen. Die von Schmeichel genannte Problem, dass schwer zu entscheiden ist, was "entwicklungsbeeinträchtigend sein kann", ist deutlich schwerer zu lösen. Laut Staatsvertrag müssen entwicklungsbeeinträchtigende Inhalte durch ein geeignetes Jugendschutzprogramm für Kinder unzugänglich gemacht werden. Nur: Keines der auf dem Markt vorhandenen Filter- oder Jugendschutzprogramme genügt den Anforderungen der KJM. Das Rating- und Filtering-Programm ICRA soll nun wenigstens als Pilotprojekt zugelassen werden. Es gebe, meinte Ring, Gespräche mit Anbietern anderer Konzepte, deren Namen er nicht nennen könne. Noch gar nicht wirklich auf dem Radar der KJM sind im Moment Angebote aus dem Ausland, obwohl von dort am Ende der Großteil der Inhalte kommen wird, gegen die die KJM antritt. Wolf Osthaus, Jugendschutzexperte für den IT-Verband Bitkom, sagte am Rande der Veranstaltung: "Offensichtlich will man erst einmal hierzulande ausmisten." Die Sorge, dass anschließend die Zugangsprovider zur Verantwortung gezogen werden, ist laut Osthaus nicht ganz unberechtigt.

Kritische Nachfrage kassierte die KJM in Bezug auf die Transparenz ihrer Arbeit und der Eintscheidungsgründe in Einzelfällen. "Eine Berichtspflicht im Gesetz wäre gut gewesen", sagte Schmeichel. Zahlen zu aktuellen Beanstandungen von Webinhalten konnte Friedemann Schindler von Jugendschutz.net auf Anfrage von heise online nicht nennen. Allerdings dürften es ziemlich viele sein, wenn, wie Schindler in der Diskussion ausführte, "nicht mehr das internationale Internet der Maßstab ist, sondern wir jetzt den Maßstab aus dem traditionellen Rundfunk anlegen." (Monika Ermert) / (jk/c't)

http://www.heise.de/newsticker/data/jk-23.10.03-008/

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Neo

Lucker

Hi
Ohoh... :?
Das geht noch alles soweit, daß dt. Provider nur noch auf ".de"-Seiten surfen lassen & diese dann eben von den Zensoren "gereinigt" werden?
Nichts gegen Jugendschutz, aber haben diese Menschen nichts vernünftiges zutun?
Wir sind dann bald an einem Punkt angekommen, an dem es ein Gremium zur Überwachung einer Behörde gibt, die wiederum von einem Ausschuß gewählt wird, dessen Vetreter/innen über eine Versammlung unabhängiger Geschäftsleute, die schlußendlich das Sagen haben gewählt werden, um konstruktiv dem Verfall der Jugend entgegenzutreten?
Der Witz dabei ist nur, daß keiner dieser vielen unnützen Menschen auch nur einen Furz von einem Plan haben, was das Thema Film betrifft!!!
Solch einen Job könnte jeder User des GFs besser erledigen :!:
Mein Gott, was ist aus dem Internet geworden & wie wichtig ist es geworden wichtig zu sein & andere kontrollieren zu wollen???
So ein dreckiges Schmierentheater.  :evil:
Greetings Lucker
Ich schuf Gott!

Peter

Wie absurd das ganze hierzulande ist ein kleines Beispiel:
Letztes Wochenende war ich in Paris und habe dort auch den Louvre besucht. Im Vorraum des Louvre ist ein Geschäft, in welchem es auch Kinoklassiker zum kaufen gibt. Neben diversen "seriösen" Filmen von Fellini und co. standen dort auch in schöner Eintracht "Maniac" (Special Edition) und "Videodrome". Der eine ist bei uns total verboten und der andere indiziert. Und das im Louvre, einem Zentrum für Kunstliebhaber aus der ganzen Welt!
Da habe ich mir mal wieder gedacht, in was für einem bescheuerten Staat wir leben. Am gleichen Wochenende wurden dann auch noch die Rentenpläne der Bundesregierung veröffentlicht und die neue Rekordstaatsverschuldung. Wenn diese Themen mit der gleichen Impertinenz und Verbissenheit behandelt würden wie das leidige Thema "Jugendschutz", uns ginge es allen besser.
Was da jetzt wieder ein Geld und Arbeitszeit in ein jugendschutzkonformes Internet gesteckt wird - und gleichzeitig brennts an allen Ecken und Enden unseres Sozialstaates. Wobei sowieso von vornerhein festesteht, dass sich das Internet nicht zensieren lässt und die ganze Arbeit für die Tonne ist.

Snake Plissken

Beim letzen Absatz mache ich mir über diesen Satz Gedanken:

ZitatAllerdings dürften es ziemlich viele sein, wenn, wie Schindler in der Diskussion ausführte, "nicht mehr das internationale Internet der Maßstab ist, sondern wir jetzt den Maßstab aus dem traditionellen Rundfunk anlegen."

Den Maßstab aus dem traditionellen Rundfunk?? Wie soll das funktionieren? Indizierte Filmtitel dürfen im Netz nicht mehr genannt werden oder was? Tittenseiten erst ab 23 Uhr?

Snake

Peter

Zitat von: Snake PlisskenBeim letzen Absatz mache ich mir über diesen Satz Gedanken:

ZitatAllerdings dürften es ziemlich viele sein, wenn, wie Schindler in der Diskussion ausführte, "nicht mehr das internationale Internet der Maßstab ist, sondern wir jetzt den Maßstab aus dem traditionellen Rundfunk anlegen."

Den Maßstab aus dem traditionellen Rundfunk?? Wie soll das funktionieren? Indizierte Filmtitel dürfen im Netz nicht mehr genannt werden oder was? Tittenseiten erst ab 23 Uhr?
Es wird noch wilder: nach welcher Zeitzone wird dann gerechnet? Nach der deutschen?
Dann dürfte z.B. ein Pornoanbieter in New York seine Seiten nur zwischen 17 und 24 Uhr Ortszeit online stellen? Macht der bestimmt mit Freuden. Und erst in Asien...
Und alle deutschen Foren- und Catbetreiber werden verpflichtet, vor 23 Uhr einen Inhaltsfilter zu implementieren, welcher alle Titel indizierter Medien herausfiltert. Onlienspiele wie Unreal (deutsch) dürfen dann erst ab 22 Uhr gespielt werden, da sie erst ab 16 Jahren sind.
Das ist mal wieder typisch deutscher bürokratischer Schwachsinn hoch 3

Lucky 13

Oh mann, da könnte ich brechen...anstatt nach vorn zu gehen, gehen wir wieder zurück...das Internet wird eingeschränkter und weniger vielfältig...wieso ist nicht alles wie damals geblieben als es die ersten isdn flats gab....da war die welt im www noch in ordnung. Mit der ersten DSL Verbindung kam das Verderben angeschlichen, seitdem macht das web immer weniger freude  :!: Zum kotzen hier......
Cowards die many times before their deaths;
 the valiant never taste of death but once

Snake Plissken

ZitatSnake Plissken hat folgendes geschrieben::

Den Maßstab aus dem traditionellen Rundfunk?? Wie soll das funktionieren? Indizierte Filmtitel dürfen im Netz nicht mehr genannt werden oder was? Tittenseiten erst ab 23 Uhr?


Es wird noch wilder: nach welcher Zeitzone wird dann gerechnet? Nach der deutschen?
Dann dürfte z.B. ein Pornoanbieter in New York seine Seiten nur zwischen 17 und 24 Uhr Ortszeit online stellen? Macht der bestimmt mit Freuden. Und erst in Asien...
Und alle deutschen Foren- und Catbetreiber werden verpflichtet, vor 23 Uhr einen Inhaltsfilter zu implementieren, welcher alle Titel indizierter Medien herausfiltert. Onlienspiele wie Unreal (deutsch) dürfen dann erst ab 22 Uhr gespielt werden, da sie erst ab 16 Jahren sind.
Das ist mal wieder typisch deutscher bürokratischer Schwachsinn hoch 3

Weiß man den da schon irgendwas konkretes, wie man es handhaben will? Oder ist das so ein typischer Fall von Schnellschuß-Beschluß und nicht weitergedacht?

Snake, den das interessiert

dekay

Zitat von: Snake PlisskenWeiß man den da schon irgendwas konkretes, wie man es handhaben will? Oder ist das so ein typischer Fall von Schnellschuß-Beschluß und nicht weitergedacht?

Ohne was Konkretes zu wissen:
Ein typischer Fall von Schnellschuss-Beschluss und nicht weitergedacht
ist es auf jeden Fall!!! :twisted:  :wink:  :twisted:

...und wieder ist Deutschland der Peinlichste - und das in 3D...
Warum muss sich Deutschland eigentlich immer wieder und immer wieder in der Welt so blamieren???
Haben wir keine richtigen Probleme???

dekay
WHAT DO YOU KNOW, DEUTSCHLAND?

Zeiram

Sorry für's ausgraben, aber vielleicht interessiert der Artikel den einen oder anderen in diesem Zusammenhang:
"Jugendmedienschutz im Internet: Deutsche setzen zu sehr auf Verbote", sagt der Leipziger Juraprofessor Heribert Schumann.

http://www.heise.de/newsticker/data/jk-05.12.03-002/

Moscher

"Als Beispiel für den unbestimmten, neuen Begriff der "Entwicklungsbeeinträchtigung" nannte Käseberg aggressive Werbung für "Alkopops" gerade für Teenager. Der Leiter von jugendschutz.net, Friedemann Schindler, verwies in diesem Zusammenhang auf "Rüttelbilder", Popups von Erotikanbietern, die sich nacheinander öffnen, wenn der mehr oder weniger jugendliche Nutzer versucht, sie zu schließen."

:ugly:

Urfaust

ähhhhm ich versteh das nicht ganz, wie kann man "in diesem Zusammenhang (also den Alkopops)" von Pr0nZ reden? Und was versteht er unter "Rüttelbilder"?


:ugly:

Zeiram

Am interessantesten finde ich aber diesen Satz von der Frau Käseberg:"... der Staat müsse sich bei der Auslegung des Pornografiebegriffs daran orientieren, was gesamtgesellschaftlich als für Jugendliche schädlich angenommen werde. Sie hält eine Nivellierung zugunsten einer EU-Harmonisierung gar nicht für erstrebenswert."

Sicher träumt sie davon nicht nur im Zusammenhang mit dem "Pornografiebegriff", sondern dem gesamten etablierten und weiter auszubauendem deutschen Bürgerschutz, die liebe Frau.

Dr.Doom(Horror)

7 Februar 2009, 20:42:51 #12 Letzte Bearbeitung: 7 Februar 2009, 22:17:30 von Dr.Doom(Horror)
Hab mal eine Frage: Eine Seite "jugendschutz.net", macht gerade wieder die Internet Filmseiten sehr unsicher. Sie hatten schon mal kräftig zugeschlagen bei Schnittberichte.de etc. Ich habe auch einen Brief nach Hause bekommen, wo Filmthreads beanstandet wurden in meinem Forum, da ich keine Screenshoots drin habe, geht es vor allem um Cover, wie mir im Brief geschrieben wurde. Betroffen sind auch Filme wie "Final Destination" oder "Antarctic Journal - Das Phantom aus dem Eis", jene eine FSK 16 haben. Die Cover kann man aber überall her ansehen und mir ist auch nicht bekannt, warum diese eine FSK18 Ausweiskontrolle etc. bedürfen. Ist das eigentlich Rechtlich korrekt und dem Jugendschutz vorgeschrieben oder ist das ein Eingriff in die Meinungsfreiheit und eine Zensur, die nicht rechtens ist.

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