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«Eastern Promises» - Cronenberg mit N.Watts

Begonnen von Kettcar, 25 Mai 2006, 23:33:32

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Riddick

Zitat von: dmk am 11 Januar 2008, 19:50:17
Die Kommentare und Reviews scheinen ja schon mal sehr vielversprechend.

Ich werde wohl bis zur DVD-Auswertung warten müssen. Wir haben bei uns in der Stadt 2 Kinos, aber anstatt mal offensichtlich gute Filme wie Eastern ins Programm zu nehmen, wird lieber noch in der x-ten Woche 30 Days of Night ausgestrahlt oder auch Die Todeskandidaten. Sind zwar Filme die man sich mal anschauen kann, aber wenn ich dann noch sehe, dass noch dieser Lindsay Lohan Schund läuft ist es eine Frechheit, dass Eastern Promises nicht läuft! :anime:

Und extra 40km für den Film zu fahren wär mir dann doch zu viel...

Das ist bei uns nicht anders.Jeder Drecks-Film läuft,nur die wirklich guten Filme werden nicht ins Programm genommen.Finde ich echt schade,da besonders Filme wie "Tödliche Versprechen" mehr Aufmerksamkeit verdient hätten.(Na gut,der lief immerhin bei uns).
"Schnell rennt das kriminelle Element,wenn es Dieter Krause kennt." - Tom Gerhardt (Hausmeister Krause)

Klugscheisser

Weiß schon jemand, wann die DVD in D erscheint?
Und ob da noch 'ne andere US-DVD in Planung ist (mehr Extras etc.)?

Bin so untentschlossen, ob ich heute noch in die letzte Vorstellung soll...  :icon_confused: :icon_razz:

Hackfresse

Zitat von: Klugscheisser am 26 Januar 2008, 21:38:49
Bin so untentschlossen, ob ich heute noch in die letzte Vorstellung soll...  :icon_confused: :icon_razz:

W00t???

REIN IN DEN FILM, aber ZZ...ziemlich zügig!!!
(20:24:16) funeralthirst: was zur hölle ist ein b00n?



"In einer Gesellschaft, in der alle schuldig sind, ist das einzige Verbrechen, sich erwischen zu lassen. In einer Welt voller Diebe ist Dummheit die einzige verbleibende Sünde." Hunter S. Thompson

psychopaul

Witzigerweise finde ich den Film ja auf visueller Ebene derart schlicht, dass ich sage, den kann man auch gut auf einem TV anschauen und muß nicht unbedingt dafür ins Kino laufen... :icon_twisted:  :icon_razz:

aber gefallen würde er dir sicher..
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Three little devils jumped over the wall...

Klugscheisser

Hehe. Dachte nur, wenn der eh bald in der Theke steht...
Aber nun gut, ihr habt mich überzeugt. Und der ist ja auch noch OT.  :D
Ein bisschen Zeit ist ja noch, aber ich werde berichten...  :icon_mrgreen:

psychopaul

Sehr gut, aber bleib nachher nicht zu lange bei der Kieztanke hängen..  :king:
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Three little devils jumped over the wall...

Klugscheisser

27 Januar 2008, 03:19:54 #66 Letzte Bearbeitung: 27 Januar 2008, 03:23:46 von Klugscheisser
Zitat von: Bettwurst am 26 Januar 2008, 22:09:11
Sehr gut, aber bleib nachher nicht zu lange bei der Kieztanke hängen..  :king:

:rofl: Aber mal kurz "Hallo" sagen muss schon sein...  :icon_mrgreen:

Vielen Dank an die beiden Herren für den letzten Motivationsschub. Es hat sich gelohnt.  :respekt:

He is old-school, he understands things...

Tja, was soll ich sagen? Ich bin begeistert!
Zum einen ein 1A Mafia-Film, zum anderen hat sich dieses typische Cronenberg-Gefühl eingestellt.
Klasse Schauspieler, Mortensens Nominierung geht vollstens in Ordnung. Immer schön völlig over-dressed unterwegs, Mafialeben pur eben.  :icon_mrgreen:
Wie Paule schon gesagt hat, ein wilder Mix zwischen komischen (oder komisch wirkenden) Szenen, die schnell einen mit voller Härte ins Gesicht getroffen haben.
Und im O-Ton kam das schon ziemlich geil alles rüber.
Naja, mir fehlen gerade so die richtigen Worte. Ist auf keine Fall ein glatter Film, den man einfach mal so wegguckt. Wenn man bereit ist, sich auf ein bisschen mehr einzulassen, muss man den einfach gesehen haben.
EDIT: Und London ist einfach nur eine geile Stadt.  :icon_mrgreen:

Noch ein Wort zu der möglichen Homophobie am Ende (irgendwo im Forum habe ich - glaube ich - so etwas gelesen):
Man kann auch jeden Scheiß überall hinein interpretieren...  :icon_rolleyes: :doof: ;)

Crumby Crumb & the Cunty Bunch

Zitat von: Klugscheisser am 27 Januar 2008, 03:19:54
Man kann auch jeden Scheiß überall hinein interpretieren...  :icon_rolleyes: :doof: ;)

Absolut korrekt, da zitiere ich mal den von mir ansonsten sehr geschätzten Crumb zum Thema E.T.:

Zitat von: Crumb B im Dialog mit Zwerg Nase
Genau den meine ich, schau ihn Dir besser nicht an, ist eine Parabel über die Regierung und ihre Schwulenverfolgung, Spielberg zeigt außerdem den wahren Ursprung von Aids - never fuck an alien :nono:
'Are you talkin' to me? You talkin' to me?' - Raging Bull, Pacino. Love that movie!

Grusler

Ja, der Film hat schon was. Ein ruhiger aber fesselnder Film von einem der wenigen Regiesseure, die noch eine Handschrift aufweisen können.

Zum Thema Homo: Also der Mafia-Daddy ist ja schon homophob und es liegt auch recht nahe, weil sein Sohn ja relativ schwul ist, das macht ihm zu schaffen. Na ja, schuld ist London, da wird es ja bekanntlicherweise nie richtig warm und nie richtig kalt. ;) Cronenberg war ja schon immer sehr latent pervers/sexuell in seinen Filmen, wenn ich da z.B. an eine gewisse Schreibmaschine denke. :icon_mrgreen:

Der Kampf in der Sauna ist ganz schön knallhart und brutal-realistisch, genau wie die anderen Tötungsattacken die im Film gezeigt werden. Das fand ich sehr verwirrend und erschreckend. Schon erstaunlich wie man jemanden in kürzester Zeit und völlig unauffällig ausschalten kann --> Grabsteinpisser.

Das Ende ist cool und lässt noch etwas Raum um sich Gedanken zu machen.
ROCK 'N' ROLL WIRD NIEMALS STERBEN, IHR SCHEISSER!
 -Rollie LeBay


Ko(s)misches Sein.

Klugscheisser

Zitat von: Grusler am 27 Januar 2008, 03:51:49
Zum Thema Homo: Also der Mafia-Daddy ist ja schon homophob und es liegt auch recht nahe, weil sein Sohn ja relativ schwul ist, das macht ihm zu schaffen. Na ja, schuld ist London, da wird es ja bekanntlicherweise nie richtig warm und nie richtig kalt. ;) Cronenberg war ja schon immer sehr latent pervers/sexuell in seinen Filmen, wenn ich da z.B. an eine gewisse Schreibmaschine denke. :icon_mrgreen:

Klar, der Pa-pa ist schon eindeutig eingestellt. Wobei immer noch die Frage ist, wie schwul Kirill nun wirklich ist. Dennoch bin ich der festen Überzeugung, dass in der Szene am Wasser da nichts von Homophobie drin ist (aber darauf hattest du ja auch nicht verwiesen).

Und ja die Sauna...  :icon_eek: Das war einfach nur volles Brett. Sämtliche Damen im Kino waren auch hörbar schockiert.  :icon_mrgreen:

Zitat von: Grusler am 27 Januar 2008, 03:51:49
Schon erstaunlich wie man jemanden in kürzester Zeit und völlig unauffällig ausschalten kann --> Grabsteinpisser.

Und auch so leicht zu entsorgen, wenn man weiß, wo der richtige Strudel ist (jetzt nicht unmittelbar auf diese Szene bezogen).  :icon_eek: ;)

Grusler

Von was für einer Wasser-Szene wird hier geredet. Ich dachte es geht um die Szene gegen Ende wenn Armin über die "Schwulenkrankheit" fürchtet.
Zu Kirill stimme ich zu. Fakt ist, er konnte die Stute nicht richtig zähmen und ab da war für Armin wohl alles klar und für Kirill denke ich auch. :king:

Der Film läuft übrigens in manchen Kinos mit FSK18, obwohl er ja offiziell ab 16 ist.



ROCK 'N' ROLL WIRD NIEMALS STERBEN, IHR SCHEISSER!
 -Rollie LeBay


Ko(s)misches Sein.

SutterCain

27 Januar 2008, 11:24:20 #71 Letzte Bearbeitung: 27 Januar 2008, 12:45:05 von SutterCain
Zitat von: Klugscheisser am 27 Januar 2008, 04:03:14
Wobei immer noch die Frage ist, wie schwul Kirill nun wirklich ist.

Spoiler

Also für mich war das recht eindeutig. Kirill ist schwul und in Nikolai verliebt. Weil er das aufgrund seines Umfeldes nicht ausleben kann, säuft er extrem viel, überprüft und demütigt Nikolais sexuelle Ausrichtung (Szene im Puff). Der Versuch, die Lüge aufrecht zu erhalten (der einleitende Mord wird ja nur ausgeführt, weil die Person wagte, die Wahrheit über Kirill auszusprechen), ist dann auch der Grund für den Niedergang der Familie. Das kann man wohl poetische Gerechtigkeit nennen.

Klugscheisser

Zitat von: SutterCain am 27 Januar 2008, 11:24:20
Zitat von: Klugscheisser am 27 Januar 2008, 04:03:14
Wobei immer noch die Frage ist, wie schwul Kirill nun wirklich ist.

Spoiler

Also für mich war das recht eindeutig. Kirill ist schwul und in Nikolai verliebt. Weil er das aufgrund seines Umfeldes nicht ausleben kann, säuft er extrem viel, überprüft und demütigt Dimitris sexuelle Ausrichtung (Szene im Puff). Der Versuch, die Lüge aufrecht zu erhalten (der einleitende Mord wird ja nur ausgeführt, weil die Person wagte, die Wahrheit über Kirill auszusprechen), ist dann auch der Grund für den Niedergang der Familie. Das kann man wohl poetische Gerechtigkeit nennen.


Ja, hast schon recht. Ich gehe auch davon aus, dass er es ist. War ein bisschen dämlich, die Frage noch zu stellen, ist eher unwichtig. Also, wir müssen jetzt nicht wirklich darüber diskutieren, ob Kirill schwul ist oder nicht (oder welche Hinweise es dafür oder dagegen geben könnte).

SutterCain

Zitat von: Klugscheisser am 27 Januar 2008, 12:22:10

War ein bisschen dämlich, die Frage noch zu stellen, ist eher unwichtig.

Finde die Frage nicht dämlich. Denn das ist ja neben der Tagebuch-Handlung der wichtigste Handlungsstrang.

Mr. Vincent Vega

Dito @SutterCain.

Ansonsten möchte ich, da ich ja gemeint war, nur noch anmerken, dass ich dem Film keineswegs vorgeworfen habe, homophob zu sein (und sogar deutlich gemacht habe, dass - wenn man dies täte - Cronenberg nicht verstünde). Das Ende hatte für mich allerdings einen sehr konservativen und für Croni-Verhältnisse geradezu erschreckend banalen Geschmack. Anstatt sich auf der psychologischen Ebene mit dem Kampf um und gegen Sexualität auseinanderzusetzen, skizziert er schlussendlich lediglich das Bild eines gemeinen Schwulen als zum Kindsmord getriebenen Irren, um eindeutig auf die Sympathien des Publikums zu spekulieren, die ganz dem ikonischen Idealbild einer neu geschaffenen Familie gehören. Dass überhaupt Familie die Rettungsinstanz aus einer so düsteren und komplexen Geschichte sein soll (bzw. die einzige Motivation für die Watts-Figur als Ingangsetzerin der Handlung die ist, eine Ersatzmutti sein zu wollen), ist für Cronis sonst so subversive Gedankengänge geradezu erbärmlich.

Trotzdem ein solider Film.

Klugscheisser

27 Januar 2008, 14:48:53 #75 Letzte Bearbeitung: 27 Januar 2008, 14:55:28 von Klugscheisser
Zitat von: Mr. Vincent Vega am 27 Januar 2008, 14:26:15
Ansonsten möchte ich, da ich ja gemeint war, nur noch anmerken, dass ich dem Film keineswegs vorgeworfen habe, homophob zu sein (und sogar deutlich gemacht habe, dass - wenn man dies täte - Cronenberg nicht verstünde).

Ok. Wie gesagt, ich hatte das nur noch irgendwie im Hinterkopf und wollte hier keineswegs irgendwem etwas unterstellen.

Zitat von: Mr. Vincent Vega am 27 Januar 2008, 14:26:15
Das Ende hatte für mich allerdings einen sehr konservativen und für Croni-Verhältnisse geradezu erschreckend banalen Geschmack. Anstatt sich auf der psychologischen Ebene mit dem Kampf um und gegen Sexualität auseinanderzusetzen, skizziert er schlussendlich lediglich das Bild eines gemeinen Schwulen als zum Kindsmord getriebenen Irren, um eindeutig auf die Sympathien des Publikums zu spekulieren, die ganz dem ikonischen Idealbild einer neu geschaffenen Familie gehören.

Also um ehrlich zu sein, war mir Kirill gar nicht sooo unsympathisch (natürlich ist der nicht mehr ganz richtig im Kopf). Außerdem finde ich, dass in dieser Szene die sexuelle Neigung völlig irrelevant ist. Er will das Kind ja nicht unbringen, weil er schwul ist, sondern eher, um seinen Vater zu schützen. Als dann rauskommt, dass er der neue Chef ist, scheint er ja auch ganz glücklich zu sein.
Und die These, dass hier auf Sympathien der Zuschauer spekuliert wird, halte ich auch für gewagt. Für mich war das alles andere als ein klassisches Happy End, sondern eher verstörend.

Edit:
Noch ein Wort zu dem "dämlich": War nicht so gemeint, dass ich die Frage an sich dämlich finde, sondern in dem Kontext meines Postings. Fand ich gerade gut, dass der Film in Bezug darauf sich nicht eindeutig festlegt, bzw. Interpretationsraum lässt.

Mr. Vincent Vega

Zitat von: Klugscheisser am 27 Januar 2008, 14:48:53
Außerdem finde ich, dass in dieser Szene die sexuelle Neigung völlig irrelevant ist.

Das ist sie nun wirklich nicht. Ersteinmal spielt hier der Ort eine Rolle: An diesem Ufer haben sich Cassel und Mortensen ihrer Opfer entledigt, es ist der Ort, an dem beide gemeinsache Sache gemacht haben, an dem sie ihre Schuld abwaschen und ihre Sünden gestehen (in einem streng metaphorischen Kontext). Dass der Film für sein Finale zu diesem Platz zurückkehrt, ist gewiss nicht unbedacht gewählt.

Weiterhin entspricht das Bild eines Schwulen, der ein Neugeborenes töten will, in diesem Zusammenhang recht eindeutig dem Hass, den Cassel fürs Normative empfindet, und ist Ausdruck seiner Liebe zur Mortensen-Figur. Denn das Baby würde diese Beziehung zerstören, also muss er es töten.

Im Übrigen sitzen wir hier in einem Cronenberg-Film, und auch sonst würde kein Regisseur eine Figur so eindeutig homosexuell anlegen und ihre Gewalttätigkeit damit in Beziehung setzen, wenn er im Finale dann völlig darauf verzichtete und als "irrelevant" ansähe. Insofern spielt "in dieser Szene die sexuelle Neigung" eine sehr, sehr große Rolle.

Zitat von: Klugscheisser am 27 Januar 2008, 14:48:53
Er will das Kind ja nicht unbringen, weil er schwul ist, sondern eher, um seinen Vater zu schützen.

Natürlich wäre ersteres zu plump formuliert (s.o.), aber der Schutz des Vaters fungiert hier doch nur als Scheingrund. Die persönlichen Motive sind wesentlich vordergründiger, sprich die unerwiderte Liebe zu Mortensen. Andernfalls hätte Cassel, wenn er wirklich nur im Sinne seines Vaters handeln würde, manches anders lösen können und vor allem schlussendlich das Baby ermordet, was er - ja genau aus jener Liebe zu seinem Fahrer - nicht tut. Hier hat und kann er nicht im Sinne seines Vaters gehandelt haben, belügt er ihn doch vermutlich.

Zitat von: Klugscheisser am 27 Januar 2008, 14:48:53
Als dann rauskommt, dass er der neue Chef ist, scheint er ja auch ganz glücklich zu sein.

Ja, und, ähm, nun?

Zitat von: Klugscheisser am 27 Januar 2008, 14:48:53
Und die These, dass hier auf Sympathien der Zuschauer spekuliert wird, halte ich auch für gewagt. Für mich war das alles andere als ein klassisches Happy End, sondern eher verstörend.

Mag ja sein. Dass der Film als Genreprodukt aber Identifikationsangebote macht, ist wohl klar. Und da Watts der leading character und später ja auch Mortensen als good guy hier definitiv die Identifikationsfiguren sind, wird der Fokus im Finale auch entsprechend gesetzt. Man will als Zuschauer in irgendeiner Form, dass beide zuammenkommen, das Baby gerettet wird und alle da irgendwie gut rauskommen. Da kann das Ende ja verstörend wirken, es ändert nichts daran, dass Cronenberg etwas tut, das er noch nie tat und das auch völlig seinem Intellekt widerspricht, nämlich die Geburtsstunde einer Familie als Ablöser allen Grauens und allen Schreckens zu inszenieren.

vodkamartini

Zitat von: Mr. Vincent Vega am 27 Januar 2008, 15:14:55
Mag ja sein. Dass der Film als Genreprodukt aber Identifikationsangebote macht, ist wohl klar. Und da Watts der leading character und später ja auch Mortensen als good guy hier definitiv die Identifikationsfiguren sind, wird der Fokus im Finale auch entsprechend gesetzt. Man will als Zuschauer in irgendeiner Form, dass beide zuammenkommen, das Baby gerettet wird und alle da irgendwie gut rauskommen. Da kann das Ende ja verstörend wirken, es ändert nichts daran, dass Cronenberg etwas tut, das er noch nie tat und das auch völlig seinem Intellekt widerspricht, nämlich die Geburtsstunde einer Familie als Ablöser allen Grauens und allen Schreckens zu inszenieren.

Altersmilde.  :icon_lol:
www.vodkasreviews.de

There's a saying in England: Where there's smoke, there's fire. (James Bond, From Russia with love)

Klugscheisser

Zitat von: Mr. Vincent Vega am 27 Januar 2008, 15:14:55
Zitat von: Klugscheisser am 27 Januar 2008, 14:48:53
Außerdem finde ich, dass in dieser Szene die sexuelle Neigung völlig irrelevant ist.

Das ist sie nun wirklich nicht. Ersteinmal spielt hier der Ort eine Rolle: An diesem Ufer haben sich Cassel und Mortensen ihrer Opfer entledigt, es ist der Ort, an dem beide gemeinsache Sache gemacht haben, an dem sie ihre Schuld abwaschen und ihre Sünden gestehen (in einem streng metaphorischen Kontext). Dass der Film für sein Finale zu diesem Platz zurückkehrt, ist gewiss nicht unbedacht gewählt.

So weit würde ich auch noch mitgehen.

Zitat von: Mr. Vincent Vega am 27 Januar 2008, 15:14:55
Weiterhin entspricht das Bild eines Schwulen, der ein Neugeborenes töten will, in diesem Zusammenhang recht eindeutig dem Hass, den Cassel fürs Normative empfindet, und ist Ausdruck seiner Liebe zur Mortensen-Figur. Denn das Baby würde diese Beziehung zerstören, also muss er es töten.

Das sehe ich nicht so. Vielleicht erscheint dies Cassel als einziger Ausweg. Dennoch wirft er das Baby ja nicht einfach kaltblütig in die Fluten. Ein Konflikt besteht durchaus. Und welchen Einfluss hat das Baby denn wirklich auf die Beziehung zwischen Cassel und Mortensen?
"Hass auf das Normative": Was ist denn hier das Normative? Wieso sollte Schwulsein nicht ins Normative gehören? Hier sehe ich vielmehr, dass der Vater eine sehr große Rolle spielt. Cassel scheint sichtlich (über den ganzen Film hinweg) unter dem Druck bzw. durch die Beziehung zu seinem Vater (und dessen Inaktzeptanz) zu leiden.
Hier wird mir einfach zu stark reduziert und auf einen zu großen Kontext abgezielt.

Zitat von: Mr. Vincent Vega am 27 Januar 2008, 15:14:55
Zitat von: Klugscheisser am 27 Januar 2008, 14:48:53
Als dann rauskommt, dass er der neue Chef ist, scheint er ja auch ganz glücklich zu sein.
Ja, und, ähm, nun?

Nachdem er das Baby nicht umgebracht hat, hat sich doch an der Beziehung zwischend den beiden Männern nichts wirklich geändert, oder sehe ich das falsch? Das Baby muss also gar nicht getötet werden, es ist Cassel vielmehr einfach egal.

Zitat von: Mr. Vincent Vega am 27 Januar 2008, 15:14:55
Im Übrigen sitzen wir hier in einem Cronenberg-Film, und auch sonst würde kein Regisseur eine Figur so eindeutig homosexuell anlegen und ihre Gewalttätigkeit damit in Beziehung setzen, wenn er im Finale dann völlig darauf verzichtete und als "irrelevant" ansähe. Insofern spielt "in dieser Szene die sexuelle Neigung" eine sehr, sehr große Rolle.
Gut, da kann ich nichts zu sagen, dazu fehlt mir einfach das Wissen. Habe die meisten Cronenberg-Filme seit geraumer Zeit nicht mehr gesehen, und mir auch nie wirklich tiefgehende Gedanken über das Gesamtwerk gemacht. Da vertraue ich einfach auf dein Expertenwissen.  :D


Zitat von: Mr. Vincent Vega am 27 Januar 2008, 15:14:55
Mag ja sein. Dass der Film als Genreprodukt aber Identifikationsangebote macht, ist wohl klar. Und da Watts der leading character und später ja auch Mortensen als good guy hier definitiv die Identifikationsfiguren sind, wird der Fokus im Finale auch entsprechend gesetzt. Man will als Zuschauer in irgendeiner Form, dass beide zuammenkommen, das Baby gerettet wird und alle da irgendwie gut rauskommen. Da kann das Ende ja verstörend wirken, es ändert nichts daran, dass Cronenberg etwas tut, das er noch nie tat und das auch völlig seinem Intellekt widerspricht, nämlich die Geburtsstunde einer Familie als Ablöser allen Grauens und allen Schreckens zu inszenieren.

Klar gibt es eindeutige Identifikations- bzw- Sympathiefiguren. Nur ist die "Geburtsstunde einer Familie" eine mögliche Interpretation und nicht zwingend so zu deuten. Mann und Frau halten ein Baby im Arm und küssen sich. Ok, das klassiche Bild einer Familie. Aber so überraschend, wie dieses Bild für manchen aufgekommen sein mag, so schnell ist es auch wieder zerstört bzw. löst sich auf.
Wie gesagt, inwiefern das jetzt mit Cronenbergs Gesamtwerk übereinstimmt, kann ich nicht beurteilen.
Denke nur, dass deine Interpretation durchaus interessant und sinnig ist, aber nicht zwingend so gesehen werden muss, oder auch völlig anders wahrgenommen werden kann.

Grusler

Die Interpretation von MVV ist durchaus plausibel formuliert, gebe aber eher Klugscheisser recht.

-Spoiler-



Man könnte es ja auch so deuten:
Cassel sieht eine Vaterfigur und keinen Liebhaber in Mortensen.
Es scheint so als hätten die Komplexe von Cassel begonnen, als er das Mädchen nicht vergewaltigen konnte und stattdessen Stahl, also sein Vater, das "für ihn erledigt hat", der nun der Meinung ist, sein Sohn ist eine "Schwuchtel", weil er nicht vergewaltigen konnte. Cassel konnte die "Stute nicht zähmen" und macht sich seither Vorwürfe seinem Vater nicht gerecht zu werden, bzw. hat sich von seinem Vater einreden lassen er sei gay. Er hat praktisch einen Vater-Komplex mit einer einhergehenden sexuellen Identitätskrise, deshalb ist er wohl auch so sprunghaft und unbrechenbar, letztendlich scheint er aber ein sehr liebenswerter, sensibler Mensch zu sein, was immer wieder die Szenen mit den Kindern seiner Familie bestätigen, die er ja scheinbar sehr liebt.
In der Szene am Ende will er meiner Meinung nach das Kind nicht töten, deshalb weint er, aber da er denkt Mortensen sei tot und sein Vater würde sonst wieder nur denken er sei eine "Schwuchtel" ist er eben im Begriff das Kind ins Wasser zu werfen, aus Zwang wegen seinem Vater. Als dann aber klar wird, dass Mortensen lebt und der Daddy weg ist, muss er das Kind nicht mehr gegen seinen Willen töten und kann sich von den Komplexen zu seinem Vater lösen, daher der plötzliche Freudensausbruch über das neue Jahr von Cassel.




-Spoiler Ende-



Das ist ein Film, bei dem einmal Schauen wohl eher nicht reicht und der auch noch einiges mehr bietet, als nur den eben diskutierten Handlungsstrang. Ein Film bei dem die DVD wirklich lohnt. 

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 -Rollie LeBay


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Hackfresse

@Grusler: Respekt. :respekt:

Endlich mal ne einleuchtende Erklärung.
(20:24:16) funeralthirst: was zur hölle ist ein b00n?



"In einer Gesellschaft, in der alle schuldig sind, ist das einzige Verbrechen, sich erwischen zu lassen. In einer Welt voller Diebe ist Dummheit die einzige verbleibende Sünde." Hunter S. Thompson

psychopaul

es hinkt aber etwas, denn das Kind zu töten ist ja kein sexueller Akt.  :icon_lol: und hat damit mit den Vermutungen des Vaters nichts zu tun.

Aber es ist ja auch egal, mir wird hier generell Kirill etwas zu sehr verniedlicht.  :icon_lol:
Wer in Erwägung zieht, ein Baby zu töten (um seinem Vater etwas zu beweisen?), ist definitiv mehr als nur verwirrt, der ist dann schon ziemlich evil.  ;)
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Klugscheisser

@Grusler: Jepp, auch nicht schlecht.

Zitat von: Bettwurst am 27 Januar 2008, 23:17:10
es hinkt aber etwas, denn das Kind zu töten ist ja kein sexueller Akt.  :icon_lol: und hat damit mit den Vermutungen des Vaters nichts zu tun.

Naja, man könnte es ja auch so deuten, dass er ihm nicht nur sexuell etwas beweisen muss. Cassels Charakter scheint den ganzen Film nie wirklich zur Mafia zu gehören. Ob er das wirklich will, ist die andere Frage. Aber so könnte er wenigstens zeigen, dass er irgendwas kann.  :icon_twisted: ;)

Zitat von: Bettwurst am 27 Januar 2008, 23:17:10
Aber es ist ja auch egal, mir wird hier generell Kirill etwas zu sehr verniedlicht.  :icon_lol:
Wer in Erwägung zieht, ein Baby zu töten (um seinem Vater etwas zu beweisen?), ist definitiv mehr als nur verwirrt, der ist dann schon ziemlich evil.  ;)

Hehe. Nee, der ist schon richtig sick. Trotzdem ist der Charakter recht ambivalent. Den Stempel "Gut" oder "Böse" kann man ihm nicht so einfach aufdrücken. Schwankt schon stark, würde ihn aber auch eher in die evil Ecke stellen.  ;) :D

Grusler

Zitat von: Bettwurst am 27 Januar 2008, 23:17:10
es hinkt aber etwas, denn das Kind zu töten ist ja kein sexueller Akt.  :icon_lol: und hat damit mit den Vermutungen des Vaters nichts zu tun.

Zitat von: Klugscheisser am 28 Januar 2008, 00:07:03
Naja, man könnte es ja auch so deuten, dass er ihm nicht nur sexuell etwas beweisen muss. Cassels Charakter scheint den ganzen Film nie wirklich zur Mafia zu gehören. Ob er das wirklich will, ist die andere Frage. Aber so könnte er wenigstens zeigen, dass er irgendwas kann.  :icon_twisted: ;)

So meinte ich das auch, er will seinem Vater ja nicht nur beweisen, dass er keine Schwuchtel ist, primär geht es da generell um das Beenden der Unterdrückung durch seinen Vater. Somit ist das eher weniger sexuell einzuordnen, also die Szene mit dem Baby am Wasser.

Kirill wird eben alles aufgezwängt, ich bin schon der Meinung, dass er diese Mafia-Sachen nicht wirklich will und eigentlich auch nicht wirklich schwul ist.
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Mr. Vincent Vega

@Klugscheisser:

Einverstanden.

@Grusler:

Die Vater-These halte ich nicht unbedingt für falsch, zumindest sucht Cassel auch nach einem gewissen Vaterersatz. Meiner Ansicht nach allerdings nicht in Mortensen, wogegen einfach viel zu viele Momente sprechen - oder klappst man seinem Daddy-Ersatz auf den Po?

Zudem sucht Cassel nach einem besseren Vater eher in seinem eigenen Vater, von dem er sich mehr Respekt erwünscht. Dafür spricht zum Beispiel der Moment, in dem er in der Küche beobachtet, wie Müller-Stahl Mortensen behandelt, als eine Art besseren Sohn. Das macht Cassel zu schaffen, da er für Mortensen jedoch Gefühle hegt, kann er es ihm nicht verübeln und umarmt ihn stattdessen im Keller wie irre. Ein zwiespältiges Verhältnis.

Roughale

Macht euch Filme sehen überhaupt noch Spass? Ich finde es irgendwie bedenklich, wie tief hier interpretiert wird, mag ja sein, dass das alles vorhanden ist und auch subtil zur Wirkung des Films beiträgt, aber gehen einige hier nicht ein wenig (zu) weit?

Schlagt mich doch ruhig mal wieder, nehmt den Unterhaltungsknüppel, den Synchroknüppel haben ja andere ;)

esta es la mejor mota
When there is no more room for talent OK will make another UFC

Mr. Vincent Vega

Auch wenn wir das Thema wirklich schon 1000fach hatten, aber ja, mir macht das Filmegucken genau aus DIESEM Grund Spaß und genau DIESES "Analysieren" und "Interpretieren" bildet bei mir den so genannten Unterhaltungswert.

Roughale

Zitat von: Mr. Vincent Vega am 28 Januar 2008, 12:45:07
Auch wenn wir das Thema wirklich schon 1000fach hatten, aber ja, mir macht das Filmegucken genau aus DIESEM Grund Spaß und genau DIESES "Analysieren" und "Interpretieren" bildet bei mir den so genannten Unterhaltungswert.

Gut, das ist natürlich auch eine Sichtweise, aber oft hat man ja den Eindruck als ob es weniger Spass machen kann, wenn man einen Film so auseinander nimmt ;) Ick wollte das ja nicht kritisieren, aber ich hatte viele Pressekollegen damals, wo ich den Eindruck hatte, dass sie einen Film gar nicht mehr geniessen konnten - ich bin froh, dass ich mich immer noch zurücklehnen kann und einfach geniesse, aber da ich sehe, dass du auch Filme geniessen kannst (auch welche mit eventuell weniger Tiefgang - aka Musicals  :icon_twisted:) muss ich mir in Deinem Fall ja keine Sorgen machen ;)

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Klugscheisser

Zitat von: Roughale am 28 Januar 2008, 12:23:03
Macht euch Filme sehen überhaupt noch Spass? Ich finde es irgendwie bedenklich, wie tief hier interpretiert wird, mag ja sein, dass das alles vorhanden ist und auch subtil zur Wirkung des Films beiträgt, aber gehen einige hier nicht ein wenig (zu) weit?

Klar macht es noch Spaß. Und wie Mr. VV schon sagte, auch genau aus diesem Grund. Immer muss man das natürlich nicht machen, aber manchmal bietet sich das einfach an, bzw. hat man schon beim Sehen solche Gedanken. Da ist es durchaus unterhaltsam, das mal mit anderen zu diskutieren und seine Theorien ein bisschen "abzuklopfen". Es gibt natürlich auch genug Filme, die ich "einfach so gucke" oder einfach nicht mehr möglich ist, als nur an der Oberfläche zu bleiben (weil nix mehr drunter ist  ;) :icon_mrgreen:).

Grusler

28 Januar 2008, 16:30:35 #89 Letzte Bearbeitung: 28 Januar 2008, 16:32:38 von Grusler
Bei einem Cronenberg-Film mache ich mir schon Gedanken über Interpretation, Metaphorik u.s.w. Das liegt bei diesen Filmen eben nahe.
Bei "Ritter der Dämonen" oder anderen trivialeren Filmen fange ich nicht groß an zu interpretieren, weil das da nicht (unbedingt) der Sinn ist.
Generell bin ich ja auch eher Freund des trivialen Films, aber wenn dann halt so eine Intellektuellenbombe wie "Eastern Promises" kommt, dann behandele ich den Film dann auch entsprechend, denn das oberflächliche Schauen des Films würde ja eine Art Verkennung darstellen, die sich Regiesseure wie Cronenberg bestimmt nicht für ihre Filme wünschen.

@MVV: Das Ende, wenn Mortensen im Restaurant sitzt, kann man ja so deuten, dass er die Position von Cassel's Vater eingenommen hat, somit kann man sagen es ist Cassel's "neuer" Vater. Aber da denkt eben jeder etwas anders, was ja auch gut und interessant ist und gerade der Film bietet ja auch Raum dafür.
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 -Rollie LeBay


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