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Alte Filme = schwächere Qualität...

Begonnen von McKenzie, 19 Oktober 2008, 11:57:10

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McKenzie

19 Oktober 2008, 11:57:10 Letzte Bearbeitung: 19 Oktober 2008, 11:59:19 von McKenzie (Peter Maffay)
Ursprünglich im Blu-ray Schnäppchenthread geschrieben, verpflanze ich das mal hierher - das sollte mehr Sinn ergeben:

(Wer das für eine kleine Klugscheisserei oder Nostalgieattacke meinerseits hält, darf sich gerne im Hintergrund halten - ich bin selbst kein Über-Experte, weiß aber, was ich mit eigenen Augen, als Vorführer und Zuschauer, gesehen und von echten Über-Experten aus Kino, Restauration und Filmbranche unmissverständlich erklärt bekommen habe und kenne solche Vorwürfe aus anderen Filmforen schon zur Genüge)

Zitat von: Snake_Plissken am 16 Oktober 2008, 21:13:54
ZitatNoch kanns bestellt werden:

"John Wayne - Der schwarze Falke" auf BD für 11,97 Euro bei Amazon (10 Jahre...)!

Haste gemacht? Bin ja bei so nem alten Film etwas skeptisch, ob der auf Blu-Ray lohnt...

Greetings Snake_

Filmnegativmaterial ist damals wie heute 35mm und wirklich gravierende Verbesserungen des Materials (vielleicht der Belichtung an sich, nicht aber des Materials) haben seit damals kaum stattgefunden. Es spricht nichts dagegen, warum THE SEARCHERS auf DVD nicht genauso scharf sein sollte wie ein aktueller Film  - wenn alles richtig gemacht wird und vor allem natürlich das Ausgangsmaterial ein perfekt erhaltenes Originalnegativ und nicht irgendein körniges / zerkratztes / fehlerhaft Farb- / Lichtkorrigiertes Zwischenpositiv der dritten Generation, in den 70igern oder 80igern schlecht nachkopiert, ist.

Dieses ewige Schwachsinns (pardon, ich gehe zu weit: Laien)-Denken von der grundsätzlich schwächeren Qualität älterer Filme (und die Qualität des Filmmaterials hat sich ja etwa Mitte der 50iger da eingependelt, wo sie heute weitgehend immer noch ist, bzw. wieder ist, weil das Hoch der frühen 60iger mit wunderbaren Dingen wie Druck-Technicolor nicht gehalten wurde) ist für mich aufgrund seiner Hartnäckigkeit ein rotes Tuch das mich immer sofort animiert, für Aufklärung zu sorgen.
Erst kürzlich habe ich eine augenscheinlich sorgfältig gelagerte (weil auch farblich noch relativ frische) 35mm (von 70mm, diesem verlorengegangenen, bis heute unübertroffenen Wunder an bombastischer Bildqualität für die Großleinwand, wollen wir lieber nicht erst reden)-Erstaufführungskopie von RIDE THE HIGH COUNTRY (1961!) auf einer großen Leinwand gesehen - gegen diese unfassbare Qualität stinken heutige, billig und schnell für den kurzen Einsatz gezogene Kinokopien einfach nur noch ab.
Was im Kino geht, geht auch auf DVD, qualitativ gesehen.

Da aber viele Label mit der Unwissenheit der meisten Käufer spekulieren, bekommen wir viel zu selten wirklich optimale Qualität bei alten Filmen geboten (die vielgerühmte "Criterion-Qualität" könnte, bzw. müsste [!] eine Selbstverständlichkeit darstellen, hier wird auf DVD geboten, was man von einer guten Kinoprojektion einer guten Kopie erwarten kann) - da die wenigsten wissen, was sie wirklich haben könnten, muss man sich ja auch keine Mühe geben, das ist so oft die Devise. Insofern ist die Blu-ray eine reizvolle Herausforderung, da die Anbieter nun theoretisch gezwungen werden, Farbe zu bekennen, d. h., aus dem Material alter Filme das Maximum herauszuholen - was man bei den DVDs oft und gerne aus Bequemlichkeit, Zeit- und Geldgründen sowie mangelndem Interesse unterlassen hat.

Gleiches Spiel, nur nebenbei, übrigens auch im Kino: Nur höchstens ein Drittel aller sogenannten Vorführer verdient diesen Titel auch. Die anderen zwei (bevorzugt in Multiplexen, wo Vorführen etwas Fließband-artiges an sich hat) spekulieren, bzw. bauen ebenfalls auf die Unwissenheit der breiten Masse - wozu das Bild schon wirklich extra scharf stellen und den Bildstrich einrichten, 90 % der Zuschauer merken es ja eh nicht. Tod. für. das. Kino.
Regelmäßig klagen Freunde über die meist doch so schlechte Qualität bei Kinovorführungen und dass sie seitdem keinerlei Motivation mehr hätten, in nächster Zeit wieder einmal ins Kino zu gehen. Klar, wenn die Technik nicht ordentlich eingerichtet ist und der Vorführer schludert (und in nahezu allen Fällen ist das die Ursache, abgesehen von Kopien der Massenstarts bei 20th Century Fox, die seit einigen Jahren [bis auf einige Prestige-Kopien für die großen Ketten] geradewegs aus der Hölle der billigen Kopierwerke zu stammen scheinen und fast immer grobkörnig, unscharf, farbarm und generell matschig aussehen, egal was der Vorführer damit auch anstellen mag - aktuell gerade wieder mit u. a. GOMORRHA). Auch hier gilt: Da die meisten nicht wissen, was sie haben könnten, bekommen sie es oft auch nicht. Das ist natürlich nicht die Schuld der Zuschauer.

Wer einmal eine hochwertige 70mm-Projektion eines "alten Schinkens" wie z. B. BEN HUR oder ONKEL TOMS HÜTTE auf einer wirklich großen Leinwand gesehen hat, wird nie wieder behaupten, ältere Filme könnten qualitativ mit neuen nicht mithalten. Eher ist das Gegenteil der Fall: Durch die schnelleren, billigeren Kopierverfahren, das schlechtere Material werden die heute hergestellten Filmkopien noch viel schneller verderben als einst und es bleibt abzuwarten, welche Schwierigkeiten Restauratoren bei der Bearbeitung heute aktueller Filme in, sagen wir, 70, 80 Jahren begegnen könnten. Natürlich ist die Lagerung von Negativen und Kopien heute sorgfältiger, kein Zweifel.
Natürlich bleichen alte Kopien mit der Zeit aus (je schlechter die Lagerung und das Kopierverfahren, desto schneller), werden rotstichig (die rötlich-bräunliche Tönung vieler Fernsehmatzen älterer Filme ist kein Zufall), das ist aber das Schicksal des Materials im falschen Umgang und nicht Schuld der Technik an sich.

Das 70mm-Verfahren beispielsweise übertrifft (bei optimaler Anwendung und Präsentation) in jeder Hinsicht die vielgepriesene Bild- und Soundqualität und -kraft (ja, Kraft) der Digital-Projektion, die wohl leider die analoge Projektion verdrängen wird (weil man dadurch eben z. B. nicht mehr darauf angewiesen ist, einen Laufburschen von Saal zu Saal zu schicken, der die Schärfe manuell richtet, niedrigere Transportkosten, usw.), immer noch, über 50 Jahre nach seiner Entwicklung. Keine Digitalprojektion wird so schnell die ungeheuerliche Schärfe, Plastizität und - man muss leider schon  von einstiger sprechen - Farbbrillanz von 70mm toppen, die "unerlässlichen" THX und 5.1-Surround-Verfahren sind nicht neu sondern haben ihren Ursprung im 6 Kanal-Magnetton der 70mm-Kopien, der alles wegbläst, was man heute in den meisten Kinos an Licht- und Digitalton geboten bekommt (wobei der Ton im Vergleich wesentlich besser abschneidet als das Bild). Muss der Ton bei alten Filmen rauschen, knistern oder dumpf hallen? Nein, er muss es nicht.

All das hängt unmittelbar mit dem Erscheinungsbild von alten Filmen auf DVD und Blu-ray zusammen, es betrifft nicht nur das Kino allein.

Wenn ich dann in DVD-Reviews immer und immer wieder im Zusammenhang mit mittelmäßigen oder oft auch einfach schlechten DVD-Präsentationen älterer Filme Sätze lesen muss wie: "Gemessen an dem hohen Alter des Films [für viele dieser Schreiberlinge sind 30 Jahre schon ein hohes Alter] ist die Bildqualität sehr gut gelungen (oder) / überraschend gut",
dann bekomme ich einen Hals und seufze in Gedanken: "Was für ein Bullshit...".
Und eine Aufführung von PLAYTIME (1964 - 66!) in der frisch restaurierten 70mm-Kopie aus Cannes in Karlsruhe. Aus der Reihe hinter mir ein Zuschauer: "Ui, der Film hat ja eine übelst gute Qualität!".
:icon_lol:

Nachdem man mit alten Filmen seit über einem halben Jahrhundert jenseits ihrer Kinoaufführungen beinahe konsequent falsch umgegangen ist, wird ein Umdenken wohl nicht mehr stattfinden, trotz Blu-ray. Da heißt es dann immer, bzw. wird es vermutlich heißen: "Es wurde sehr viel Zeit und Arbeit in die Restauration investiert". Eine Restauration kann Kratzer entfernen, Helligkeit und Farbe verändern (letzteres wird besonders gerne falsch gemacht, schön zu beobachten an den verschlimmbesserten, batzigen DVD-Fassungen / Restaurationskopien von z. B. LAWRENCE VON ARABIEN oder PAT GARRETT AND BILLY THE KID), Bildschärfe und Kontrast lassen sich jedoch kaum über die Kapazität des Ausgangsmaterials verbessern, eher umgekehrt (Warum eigentlich werden auch z. B. noch die größten Hollywood-Filme unserer Zeit größtenteils auf 35mm aufgenommen?). Und das alleine zeigt schon, dass wir bisher viel zuwenige optimale DVDs von älteren Filmen gesehen haben - wann ist man mit einer solchen schonmal wirklich zufrieden? Genau, wenn sie ebenso gut aussieht wie die eines aktuellen Films. Das könnten wir immer haben. Kriegen wir aber nur viel zu selten. Da muss es schon ein GODFATHER oder ein BEN HUR sein, damit man sich wirklich anstrengt... Und manchmal reicht nicht einmal das aus.

(Lustige Anekdote am Rande: Ausgerechnet eine Carol Media-DVD ["Zeit zu lieben, Zeit zu sterben"] hat mir zuletzt wieder einmal gezeigt, was möglich ist - war aber auch ein französischer Edel-DVD-Transfer dieses genau 50 Jahre alten, auf der DVD wie frisch gedreht aussehenden Filmes).

Ja, ich weiß alles besser und versuche eine große Belehrung.  :icon_mrgreen: Verdrescht mich, es liegt mir eben am Herzen - und sollte es eigentlich jedem Filmliebhaber liegen.

Manche behaupten, es würde zuviel über DVDs älterer Filme gequengelt. Es wird noch lange nicht genug gequängelt, solange dieser Riesen-Gau anhält.
Möge die Blu-ray alles verändern...
ZitatPunctuality is the thief of time
- Oscar Wilde
ZitatOne problem with people who have no vices is that they're pretty sure to have some annoying virtues.
- Elizabeth Taylor

Snake Plissken

Und was willst du mit diesen wahnsinnig langen Vortrag zum Ausdruck bringen? "Ältere Filme müssen keine schlechte Quali haben"?

Snake

Crumby Crumb & the Cunty Bunch

'Are you talkin' to me? You talkin' to me?' - Raging Bull, Pacino. Love that movie!

dÜnni

Interessantes Thema. Da du dich hier gerade als Experte auftust :icon_mrgreen: ;), frage ich als Laie: Spielt nicht auch die Entwicklung der Kameratechnik da mit rein? Würdest du sagen das eine Kamera aus den 50ern diesselbe Qualität liefern kann wie eine aktuelle Kamera?
Ok, das Material auf dem gedreht wird hat sich nicht geändert (35mm), die Kameratechnik aber doch schon?
Und warum wird nicht mehr auf 70mm gedreht, hat das technische Gründe oder wie?

Was man mit dem richtigen Negativ noch rausholen kann hat man ja z.b. an der Jodorowksy-Box gesehen. Das fand ich schon erstaunlich und hätte ich vorher auch nicht erwartet.

McKenzie

19 Oktober 2008, 12:48:53 #4 Letzte Bearbeitung: 19 Oktober 2008, 13:34:54 von McKenzie (Peter Maffay)
Zitat von: Snake Plissken am 19 Oktober 2008, 12:36:53
Und was willst du mit diesen wahnsinnig langen Vortrag zum Ausdruck bringen? "Ältere Filme müssen keine schlechte Quali haben"?

Snake
Zitat von: Der Crumb (awesome) am 19 Oktober 2008, 12:44:00
Ja.

Ich würde sogar sagen: Sollten keine schlechtere Qualität aufweisen auf digitalen Medien. Von dürfen kann man ja leider doch nicht sprechen, wenn z. B. die Negative eines Films verschollen sind und man nur auf gewöhnliche Kinoprints zurückgreifen kann...

Und wahnsinnig lang ist das noch gar nicht, ausführlich würde bei diesem komplexen Thema ganz anders aussehen.

Ich dachte, so ein Thread müsste mal sein. Vielleicht war das ja auch in Irrtum. Wegen mir hätte das gerne auch jemand anders übernehmen können, jemand, der es einleuchtender erklärt und zu weniger Polemik / Leidenschaft neigt.

Zitat von: dÜnni am 19 Oktober 2008, 12:44:51
Interessantes Thema. Da du dich hier gerade als Experte auftust :icon_mrgreen: ;), frage ich als Laie: Spielt nicht auch die Entwicklung der Kameratechnik da mit rein? Würdest du sagen das eine Kamera aus den 50ern diesselbe Qualität liefern kann wie eine aktuelle Kamera?

Theoretisch ja, ich denke doch. Soviel ich weiß, sind bei "spezielleren" Projekten ja auch noch alte Kameras im Einsatz. Natürlich geht es da dann ins Detail mit den verschiedenen Modellen, Linsen die heute nicht mehr gebräuchlich sind und der veränderten Lichtempfindlichkeit des Materials, etc. - da bin ich dann auch überfragt. Vielleicht müsste man eine 50iger Kamera etwas frisieren, da der 35mm-Filmstreifen seine Proportionen etwas verändert hat, damit die Perforation greift. Wobei Breite und Perforationsabstände ja die gleichen geblieben sind, ich habe hier gerade eine Kopie von DAS SPIEL IST AUS (die Kopie ist von '49) und ich könnte sie ohne weiteres auf dem Projektor spielen, mit dem ich vor zwei Wochen noch die GRINDHOUSE-Kopie von Senator gezeigt habe.  Mit Rissen müsste ich natürlich rechnen. ;)  Bei einer Kamera spielt wohl eher das Licht, die Linsen,  ihre Brennweiten u. ä. eine Rolle. Die Qualität geht ja doch primär vom Material an sich aus. Aber wie gesagt, da will ich nicht zuviel zu sagen, nicht mein Gebiet. (Leider...)

Zitat von: dÜnni am 19 Oktober 2008, 12:44:51
Ok, das Material auf dem gedreht wird hat sich nicht geändert (35mm), die Kameratechnik aber doch schon?

Natürlich. Aber nichts wesentliches, nichts, was die Qualität an sich verbessern würde. Heute leuchtet man ja anders aus, dreht viel mit Tageslicht, ohne künstliche Beleuchtung. Diesen früher seltenereren Anforderungen muss die Kamera natürlich angepasst werden. Aber wie gesagt, s. o.

Zitat von: dÜnni am 19 Oktober 2008, 12:44:51
Und warum wird nicht mehr auf 70mm gedreht, hat das technische Gründe oder wie?

Oh je, das bedürfte eines weiteren Monsterpostings. Im wesentlichen ist es sehr teuer (war es auch damals schon) und umständlich (riesige, schwere, unhandliche Kameras, weit mehr Licht erforderlich als üblicherweise), auf 70mm zu drehen, zum anderen hat sich das Verfahren nie ausreichend durchgesetzt, auch wenn es von Ende 50iger bis in die frühren 70iger ähnlich werbewirksam gewesen sein muss wie heute IMAX. Ach ja, IMAX-Filme werden noch auf 70mm gedreht und projiziert, allerdings ist das, glaube ich, ein etwas anderes Verfahren (aber eben bezeichnend, dass man für hochauflösende Bilder für die riesige IMAX-Leinwand noch auf gutem, analogem 70mm drehen muss, es gibt dazu noch kein digitales Äquivalent).
Vielleicht dazu mal das hier:
http://forum.filmvorfuehrer.de/viewtopic.php?t=5916
http://en.wikipedia.org/wiki/70_mm_film (der deutsche Wiki-Eintrag ist nicht sehr hilfreich, habe im Internet leider generell keinen geeigneten Text für "Laien" [nicht böse gemeint] gefunden)
http://www.bibra-online.de/movie-formate.htm (sehr gute Übersicht über Bild- und Aufnahmeformate)

Nachdem man bei FAR AND AWAY von Ron Howard und Kenneth Branaghs HAMLET festgestellt hat, dass das Publikum offenbar von dem Zusatz 70mm nicht mehr angezogen wird, ist die Spielfilmproduktion in 70mm mehr oder minder eingestellt worden. Zumal der Qualitätseffekt heute ja ohnehin bei Großproduktionen (und die 70mm-Filme waren das fast alle) nahezu unmöglich wäre aufgrund der CGI-Effekte und digitalen Postproduktion. Wenn ein Film von 65mm digital abgetastet wird, für den digitalen Schnitt und die Effekte in der Auflösung reduziert werden muss und anschließend auf 70mm umkopiert wird, geht der Sinn der Sache flöten. In BEN HUR war z. B. ja alles echt - und Tausende von echten Statisten ultrascharf auf der Riesenleinwand zu sehen ergibt natürlich mehr Sinn, als Tausende von CGI-Statisten, deren Künstlichkeit man bei solcher Auflösung natürlich erkennen würde. Im Endeffekt macht die "Unverzichtbarkeit" von CGI und digitaler Nachbearbeitung ein Revival des Formats auch unmöglich. Damit es sich entfalten kann, muss schon analog geschnitten werden, ohne digitale Zwischenstation zwischen Negativ und Kopie. Deswegen war z. B. THE NEW WORLD einer der letzten Filme, in dem zumindest einige vereinzelte Szenen auf 65mm (das Negativmaterial) aufgenommen wurden - weil hier, abgesehen von einer Kleinigkeit in einer einzigen Szene, keine digitale Nachbearbeitung vorgenommen und analog geschnitten wurde (so ganz altmodisch am Schneidetisch) und die Qualität somit erhalten blieb.

Zitat von: dÜnni am 19 Oktober 2008, 12:44:51
Was man mit dem richtigen Negativ noch rausholen kann hat man ja z.b. an der Jodorowksy-Box gesehen. Das fand ich schon erstaunlich und hätte ich vorher auch nicht erwartet.

Oder eben diverse Criterion DVDs. Da muss ich bei einem Beam in unserem Kino schon aufpassen, dass ich es nicht mit einer 35mm-Kopie verwechsle.  :icon_eek:
35mm ist ja auch noch das Standardformat in allen Kinos (noch!). Ist immer lustig, wenn Freunde mich fragen: "Habt ihr dann noch so Filmrollen bei euch?" (unser Kino ist klein, alt, und fein) und ich dann immer erwiedere: "Ja, genauso wie drüben im Cinecittà (Nürnberger Riesenmultiplex) auch."  :icon_mrgreen:

Wer sich von dem 70mm-Effekt selbst überzeugen will, jedes Jahr am ersten Oktober-Wochenende findet in Karlsruhe ein 70mm-Festival statt, ich war letztes Jahr zum ersten Mal dort und bin seitdem süchtig.
http://www.in70mm.com/festival/2008/index.htm


EDIT: Wenn sich das alles verwirrend liest, tut mir leid. Es ist nur schwer, all das mit den vielen wichtigen Details auf kleinem Raum in wenig Zeit einigermaßen anständig zu erklären, ohne dass es zu einer reinen Kino-Nerdschau verkommt.  :icon_confused:
ZitatPunctuality is the thief of time
- Oscar Wilde
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Mr. Krabbelfisch

Interessante Sache, du hattest das ja auf dem UT schon angesprochen.

Guter Thread  :respekt:
"Our games are not designed for young people. If you're a parent and buy one of our games for your child you're a terrible parent.
We design games for adults because we're adults." - Lazlow Jones (Developer Red Dead Redemption)

McKenzie

Zitat von: Hanselel (Sammer Klo) am 19 Oktober 2008, 13:07:47
Interessante Sache, du hattest das ja auf dem UT schon angesprochen.

Hab ich das? Ich ärgere mich wohl eindeutig zuviel über die Rückentwicklung der Kinotechnik / Formate.  :icon_lol:

Schön, wenn es jemanden interessiert. Als ich mich mit Beginn meiner "Vorführerkarriere" angefangen habe, in all diesen Kram einzuarbeiten (mich interessiert es auch sehr, daher war das keine mühevolle Aufgabe), ist mir langsam mit Entsetzen klar geworden, was für ein Unsinn bei der Digitalisierung älterer Filme betrieben wird. Das war durchaus ein Schock.

Und seitdem sind Multiplex-Besuche für mich zur Hölle geworden, weil ich nicht eher ruhen kann, als ich den Vorführer vor Beginn des Hauptfilms noch einmal abgepasst habe, um ihm einzuschärfen, er möge die Schärfe noch einmal nachstellen.   :nono:

Ihr habt es in Berlin übrigens gar nicht schlecht mit dem Cinestar am Potsdamer Platz, für ein Multiplex waren die Berlinale-Vorführungen, die ich dort gesehen habe, wirklich ziemlich gut, jedenfalls meistens.
ZitatPunctuality is the thief of time
- Oscar Wilde
ZitatOne problem with people who have no vices is that they're pretty sure to have some annoying virtues.
- Elizabeth Taylor

Intergalactic Ape-Man

19 Oktober 2008, 14:55:41 #7 Letzte Bearbeitung: 19 Oktober 2008, 15:06:41 von Senfdazu
Also wenn ich das Prinzip mal ganz un-nerdig angehe, dann nehme ich eine Photokamera. Wenn ich im Digitalverfahren knipse, dann spielt sicher auch weiter die Optik eine Rolle, vielmehr limitieren mich aber die verfügbaren Pixel in der Verarbeitung des Bildes. Je größer ich dieses Bild ausdrucken will, desto mehr kommen die Bildpunkte zum Vorschein, aus denen sich das digitale Bild zusammensetzt. Diese bleiben in ihrer Zahl ja gleich, müssen also ab einem bestimmten Verhältnis aus Anzahl der Bildpunkte und Bildgröße sichtbar vergrößert werden.
Wenn ich ein ausgedrucktes Bild mit hoher Qualität einscanne, dann kann ich unter gewissen Umständen eine pixelfreiere Vergrößerung erreichen, kann aber nie mehr Details abzeichnen, als vorhanden sind und werde recht schnell eine Unschärfe feststellen müssen.
Anders wenn ich ein gutes Negativ auf Film besitze, analoge Photographen stellen sowas her. Hier bin ich letztlich zwar auch in den Details durch den verwendeten Film limitiert, bin aber in der Lage das Bild stufenlos per Linse auf ein Photopapier zu projezieren.
Im Verhältnis zur Auflösung einer DVD ist die mögliche Projektionsgröße bei einem entsprechend guten Filmmaterial wie 35mm wesentlich größer. Skaliert man z.B. ein Digitalphoto auf die DVD Auflösung herunter (!), sprechen wir noch von einer Datenmenge im KB Bereich. So gesehen ist die DVD also eine Unterforderung und theoretisch müßten sich von 35mm Mastern auch spielend weit höhere Auflösungen ziehen lassen, als für Full HD.

Dazu muß ich aber sagen, daß mir die "für so einen alten Film" Formulierung auch mal entfleucht und zwar weil man es a) selten wirklich anders geboten bekommt, b) laut Aussagen der Vertriebe oftmals kein unbeschädigtes Master vorhanden ist und c) mir der brilliante Transfer in manchen Fällen auch egal ist, wenn ich dafür den Film vollständig und günstig bekomme. Ich denk da an so Schundkinofeeling mit Norbert Gastell Synchro, wo Knackser und Risse das ganze noch steigern. Für so einen Spaß würd ich dann auch nicht 25-30 EUR ausgeben, die man für eine gute Restaurierung wie Nosferatu z.B. hinlegen muß. Für mich ist das eben auch der springende Punkt, warum ich nicht jetzt auf die teure Blue Ray umsteige. Für meine Möglichkeiten zuhause reicht eine gute DVD allemal.

Edit: Irgendwie habe ich gerade den Vergleich Siebdruck und Gemälde im Hinterkopf. Für einen Comic reicht der Siebdruck, mit der Lupe betrachtet gibt es aber definitiv Unterschiede.

shellat

ZitatNatürlich bleichen alte Kopien mit der Zeit aus (je schlechter die Lagerung und das Kopierverfahren, desto schneller), werden rotstichig (die rötlich-bräunliche Tönung vieler Fernsehmatzen älterer Filme ist kein Zufall), das ist aber das Schicksal des Materials im falschen Umgang und nicht Schuld der Technik an sich.

Dieser Alterungsprozess ist doch somit für die Qualität mehr als entscheidend, oder? Eine entsprechende Materialaufarbeitung wird man bestimmt immer auf der Leinwand sehen, je nachdem wie gut das Ausgangsmaterial vorliegt. Viele alte Sandalenfilmchen sprechen da doch eine eindeutige Sprache, und dieser sehr spezielle Flair ist mitunter auch ein Grund dafür warum diese so toll rüberkommen, wie ich finde. Ben Hur und Co. will ich gar nicht in der bestmöglichen Qualität sehen, ganz ehrlich.
"Elucidarium: Dino-Idiotica"

http://elucidarium.bplaced.net/

Intergalactic Ape-Man

Letztlich ist Film aber immer noch die sicherste Aufbewahrungsmethode, da wir wissen, wie lange die Rollen bei optimaler Lagerung überdauern können. Warum wohl werden Dokumente auf Mikrofilm archiviert?

dÜnni

Zitat von: Senfdazu am 19 Oktober 2008, 19:00:53
Letztlich ist Film aber immer noch die sicherste Aufbewahrungsmethode, da wir wissen, wie lange die Rollen bei optimaler Lagerung überdauern können. Warum wohl werden Dokumente auf Mikrofilm archiviert?

Das hat aber auch andere Gründe. Um Dokumente von einem Mikrofilm wieder zu lesen muss man sie quasi nur vor eine Linse halten. Bei einer digitalen Speicherung auf CD oder sonstwie sind die Daten immer codiert. Damit geht man die Gefahr ein, dass man die Information nach vielen Jahren nicht mehr lesen kann, weil man keine Lesegeräte mehr hat oder den Algorithmus zum dekodieren nicht mehr kennt oder bestimmte Bauteile nicht mehr herstellen kann usw.. Ein Mikrofilm ist quasi unabhängig von der Technologie. Aber lange haltbar ist er auch, da hast du natürlich recht. :icon_smile:

Snake_Plissken

ZitatDieses ewige Schwachsinns (pardon, ich gehe zu weit: Laien)-Denken

Soll ich dir das jetzt übelnehmen, weil du dich auf ein Zitat von mir berufst???
Grund meiner Frage war einfach der, dass ich zuvor "Ausser Kontrolle" auf Blu-Ray gesehen habe (also von 1996) und die Bildquali war zwar nicht schlecht, hat mich aber nicht umgehauen und wenn ich sie z.B. mit "Todeszug nach Yuma" vergleiche hinkt sie doch schon ganz schön hinterher. Daher richtete sich meine Frage im Blu Ray Thread einzig und allein auf diesen Film. Eine gewisse Neugier (ja, gerade bei einem alten Film) wird doch erlaubt sein, ohne gleich als Voll-Laie oder gar Schwachsinniger abgestempelt zu werden.

Greetings Snake_
I made a movie in Bulgaria. I'm ready for everything!
-The incomparable Mr. Bruce Campbell-

Jedem Sturm sein Wasserglas
-Nagel-

Hedning

Sehr interessanter Thread. Auch wenn ich so oder so nicht angenommen hätte, dass altes Filmmaterial schlechte Qualität bedeutet (sofern es vernünftig aufbewahrt wurde bzw. es sich nicht wie oben schon erwähnt um eine Kopie der Kopie handelt), gibt es doch eine Menge technischer Details, von denen ich keine Ahnung habe.

Intergalactic Ape-Man

@DÜnni: Aber das sind ja letztlich auch Vorteile der Herstellung von Spielfilmen auf Film. Oder?  :icon_smile:

Roughale

Wirklich sehr interessanter Thread, besonders, weil eine sachliche Aufklärung von einem Mann von Fach den Hauptteil des Inhaltes ausmacht (noch ;)).

Ich habe gleich beim Lesen der ersten Zeilen an Criterion gedacht und *KLONK* da erwähnst du das auch - sehr passend!

Ich denke mal, ein grosser Aspekt, warum nicht immer alle Filme in ihrer besten Form erscheinen, ist das Geld, denn ich kann mir gut vorstellen, dass nicht von allen Filmen eine optimal erhaltene Kopie vorliegt und eine Recherche nach dem best verfügbaren Material und eine aufwendige Restauration ist bestimmt nicht billig - daher denken viele Labels halt, dass der Aufwand wegen einiger Freaks gegenüber einer eher ignoranten Masse zu ignorieren ist - das ist leider sehr gut vorstellbar! Daher ist es gut, dass es Labels wie Criterion gibt, oder auch Regisseure, die sich für die beste Qualität einsetzen - koste es was es wolle!

Wie steht es denn mit der Digitalisierung, kann man daraus dann beste Qualität für DVD oder Blue-Ray herausholen? Ich erinnere mich schwach an die Doku über die Restaurierungm, Digitalisierung und Erneuerung der Star Wars Trilogie - man mag vom Endergebnis halten was man will, aber was da an Aufwand reingesteckt wurde - kann man das von jedem Film erwarten? Besonders von den vermeintlich "Kleineren"?

esta es la mejor mota
When there is no more room for talent OK will make another UFC

Intergalactic Ape-Man

Ich glaube Anchor Bay gehört zu den Labels, die nachher schon höher auflösende Abtastungen gemacht haben und davon dann recht einfach eine BR veröffentlichen können. Wenn du allerdings wirklich eine Einzelbildrestauration machen willst, musst du ja auch die Kosten auf das Produkt umschlagen. Da kann ein US Label sicherlich einfacher agieren, als ein Label, welches nur für den deutschen Markt lizensiert. Einfach weil der Markt größer ist. Zwar gilt immer, daß man für ein gutes Ergebnis ggf. auch gut bezahlen muß, aber eine Veröffentlichung hat ja auch seine Preisgrenzen. Die besten Chancen wird man deshalb wohl immer bei den weltweit agierenden Konzernen haben und damit fallen echte Nischenprodukte grundsätzlich erstmal raus.

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