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Autoren-Thread: Happy Harry mit dem Harten

Begonnen von Happy Harry mit dem Harten, 11 Januar 2007, 22:06:49

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Happy Harry mit dem Harten

Zitat von: Adam Kesher am 16 März 2008, 18:30:14
Eine interessante Debatte. Wenn ich den Begriff des Propagandafilms höre, so denke ich zuallererst an Filme mit glühenden ideologischen Bekenntnissen, die das Publikum für ihre Ideen gewinnen wollen. Das Erstaunliche ist, dass wir im Alltag geneigt sind, nur dann von Propaganda zu sprechen, wenn es um Ideen geht, die von den momentan verbreiteten besonders deutlich abweichen.

Propaganda ist immer und überall, was im Rückblick natürlich deutlicher rausgearbeitet werden kann als bei zeitgenössischen Filmen. Der Begriff ist imo allgemein viel zu negativ geprägt, denn Antikriegsfilme wie JOHNNY ZIEHT IN DEN KRIEG sind ebenfalls propagandistisch denn sie geben ein leidenschaftliches Bild einer bestimmten Ideologie. Nur weil wir aber eine gewisse Ideologie (teilweise gewiss zurecht) ablehnen, muss dann doch nicht gleich der gesamte Film als schlecht abgestempelt werden. Übrigens sehr schön, dass du dich mit sehr interessanten Argumenten in die Diskussion eingeschaltet hast. deine geringe Postingzahl beweist ja, dass du nur überlegt etwas schreibst. :respekt:

Zitat von: Adam Kesher am 16 März 2008, 18:30:14
Aus diesem Grund kann ich ,,Triumph des Willens" mit weniger Unbehagen schauen als ,,Das Leben der Anderen", denn die Stimme spricht unverstellter, selbst wenn die Parolen, die sie verkündet, mir unheimlich sind.

Richtig, unverstellt ist das perfekte Wort für TRIUMPH DES WILLENS. Versteckte Propaganda wie in TRANSFORMERS halte ich für wesentlich gefährlicher. Das habe ich auch bei JUD SÜß versucht: Aufzuzeigen, dass gerade die hohe Qualität des Films seine Gefährlichkeit ausmacht.

Zitat von: Adam Kesher am 16 März 2008, 18:30:14
Wenn wir den Gegenstimmen, die uns aus jenen Filmen entgegenschallen, die wir Propagandafilme nennen, nur mit vorgefasster Ablehnung zu lauschen bereit sind, dann sind wir meiner Meinung nach von unserer eigenen Position längst so befangen und eingenommen, wie wir es den kritisierten Werken vorwerfen, und ich werde den Verdacht nicht los, dass es dabei doch mehr um die beinahe verzweifelte Zurschaustellung unserer eigenen Lauterkeit geht als um eine aufrichtige Auseinandersetzung, denn wem wollen wir ernsthaft etwas neues erzählen, wenn wir wieder und wieder betonen, dass wir zwischenzeitlich Abstand von der Idee genommen haben, Abweichler systematisch auszurotten?

Eben. Darum habe ich bewusst die aufgezwungene Zurschaustellung der Lauterkeit des deutschen Volkes vermieden. Damit hätte ich doch nichts Neues erzählt.

Zitat von: Adam Kesher am 16 März 2008, 18:30:14
Ich fände es viel produktiver, wenn wir uns mit dem Gedanken beschäftigen würden, dass die Stimme, die aus diesen verpönten Filmen tönt, ebenso gut unsere eigene hätte sein können.

Ein großartiger Denkanstoß wie ich finde. Deshalb halte ich die größtenteils arrogante Verurteilung der Person Riefenstahls schlichtweg für falsch. Jeder kann Fehler machen und sich verblenden lassen. im Nachhinein zu verurteilen ist natürlich bequem.


Mr. Vincent Vega

Zitat von: Adam Kesher am 16 März 2008, 18:30:14
Ich fände es viel lohnender, wenn wir uns mehr mit dem Gedanken beschäftigen würden, dass die Stimme, die aus diesen verpönten Filmen tönt, ebenso gut unsere eigene hätte sein können.

...was sie nicht weniger verpönenswert machte.

Im Übrigen sehe ich mich gerade aus dem letzten Punkt dazu gezwungen, mit dem Werk noch schärfer umzugehen. Und nur weil es handwerklich begnadet sein mag, ist es noch lange nicht gut. Es ist faschistische Verführung, der scheinbar noch heute Rezipienten erliegen.

Dass jede vermeintliche Objektivität mit Anspruch auf die absolute Wahrheit letztlich nur genauso deformiert und dadurch ideologisch sein muss, also auch sämtliche hier ins Feld geführte (und von mir genauso kritisierte - alle drei von Keshers Beispielen habe ich genau mit Blick darauf verrissen) Filme letztlich Ausdruck einer Ideologie sind, steht doch gar nicht zur Debatte.

Ansonsten bereue ich, diese Diskussion begonnen zu haben und werde mich an dieser Stelle ausklinken. Es lohnt einfach nicht, sich über Politik dezidiert nonverbal auszutauschen. Mit den hier vertretenen Parteien sehe ich da ohnehin keinen entfernten Nenner.

Happy Harry mit dem Harten

Zitat von: Mr. Vincent Vega am 16 März 2008, 18:47:32
Ansonsten bereue ich, diese Diskussion begonnen zu haben und werde mich an dieser Stelle ausklinken. Es lohnt einfach nicht, sich über Politik dezidiert nonverbal auszutauschen. Mit den hier vertretenen Parteien sehe ich da ohnehin keinen entfernten Nenner.

Hmm, sehr schade, ich hoffe nicht, dass ich dir irgendwie vor den Kopf gestoßen habe mit einer meiner Aussagen. Was mich nur etwas störte war die mangelnde Bezugnahme auf meine Reviews. Immerhin soll es doch hier nicht um Politik im Allgemeinen gehen und deine Meinung respektiere ich sowieso (außer vielleicht zu Kubrick, aber das ist schon alles :icon_mrgreen:). Allerdings möchte ich hier nochmals festhalten, dass ich mich von faschistischer Ästhetik keinesfalls naiv blenden lasse und alles andere als ein Befürworter nationalsozialistischer Gedanken bin. :nono:

Vielleicht sieht man sich ja mal persönlich, Gesprächsstoff scheinen wir ja genug zu haben.  ;)

Hedning

16 März 2008, 19:35:44 #363 Letzte Bearbeitung: 16 März 2008, 19:40:26 von Hedning
Zitat von: Adam Kesher am 16 März 2008, 18:30:14
Das Unbehagliche an dem Gedanken: Wir scheinen so selbstverständlich davon auszugehen, dass unsere gegenwärtigen Ideen, Werte und Maßstäbe die bisher besten von allen sind, dass wir dem Irrtum aufsitzen, ihre Wahrung und Pflege sei ein propagandafreier Vorgang. Stattdessen entrüsten wir uns demonstrativ über die Meinungsmache der Vergangenheit oder fremder Länder, als ob wir derlei Methoden hinter uns gelassen hätten, und reden uns beharrlich ein, Propaganda gehöre nicht länger zu unseren Methoden. Diese stoische Verleugnung unserer eigenen rhetorischen Strategien finde ich sehr viel fragwürdiger und auch brüskierender als die inbrünstige Verkündung von abgelegten Ideologien im Film.

[...]

Wenn wir den Gegenstimmen, die uns aus jenen Filmen entgegenschallen, die wir Propagandafilme nennen, nur mit vorgefasster Ablehnung zu lauschen bereit sind, dann sind wir meiner Meinung nach von unserer eigenen Position längst so befangen und eingenommen, wie wir es den kritisierten Werken vorwerfen, und ich werde den Verdacht nicht los, dass es dabei doch mehr um die beinahe verzweifelte Zurschaustellung unserer eigenen Lauterkeit geht als um eine aufrichtige Auseinandersetzung, denn wem wollen wir ernsthaft etwas neues erzählen, wenn wir wieder und wieder betonen, dass wir zwischenzeitlich Abstand von der Idee genommen haben, Abweichler systematisch auszurotten?

Ich fände es viel lohnender, wenn wir uns mehr mit dem Gedanken beschäftigen würden, dass die Stimme, die aus diesen verpönten Filmen tönt, ebenso gut unsere eigene hätte sein können.

Das sind sehr klug formulierte Einwände, die ich selbst gern so gebracht hätte.

Ich bin selbst am Werk der Riefenstahl sehr interessiert. Auch an den Ursprüngen und Spätausläufern, ich finde es z. B. einen wichtigen Faktor, dass sie ja ursprünglich vom Tanz kommt (was man in "Tiefland" noch sehen kann) und sich damit möglicherweise ihr Gespür für Rhythmus und (Massen-)Choreographien erarbeitet hat. Was Triumph des Willens und die Olympiafilme angeht, besteht doch Übereinstimmung darüber, dass sie rein technisch gesehen Pionierarbeit geleistet hat (Kameraperspektiven z. B.), allein insofern ist sie doch eine filmgeschichtliche Größe. Ich kann es nachvollziehen, wenn man von ihrer Ästhetik angekotzt ist (mir geht es nicht so), weil sie eben so kompromisslos auf Auslese, den Menschen als Ornament angelegt ist (wie z. B. meine beiden Lieblingsfilme, "Siegfried" und "Kriemhilds Rache" (1924) von Fritz Lang - ungeachtet der heftigen Ablehnung, die Lang später gegenüber dem NS zeigte, eine sehr wichtige Inspirationsquelle faschistischer Ästhetik). Dass sie nicht nur an "Ariertum" interessiert war, zeigen jedoch ihre fotografischen Auseinandersetzungen mit dem Stamm der Nuba. Darin beweist sich, dass sie zwar den Menschen meistens lediglich in der Blüte seiner Physis wahrnimmt, aber nicht in einer Weise, die kongruent zur NS-Ideologie wäre.

Ich begrüße es daher, dass du (Copfkiller) dich über diese Filme äußerst, das ist einer der Gründe, dass du, wenn ich auch nicht alle deine Interessen teile (Disney-Propaganda ;) ) zu den wenigen von mir abonnierten Autoren gehörst (schleim)...

Übrigens, ein Beweis für die anhaltende Wirkmächtigkeit von "Triumph des Willens" ist ja die Heerschau der "Uruk-Hai" in Peter Jacksons "Die zwei Türme". Fällt mir nur gerade ein, weil ich auch diesen Film sehr schätze.

Red Shadow

16 März 2008, 20:04:11 #364 Letzte Bearbeitung: 16 März 2008, 20:06:02 von Red Shadow
Zitat von: Mr. Vincent Vega am 16 März 2008, 15:46:07
Shadow,

worauf du hinaus willst, glaube ich zu erahnen, aber es trifft den Kern der Diskussion absolut nicht. Die Ideologie eines HARD CANDY mit der der Riefenstahl-Filme dahingehend in einen Zusammenhang zu bringen, als man beide auf ihre Art gut finden könne, ist nun absolut nicht haltbar und kommt auch nicht aufs gleiche hinaus.

Keiner der von dir genannten Filme hat hier irgendetwas verloren. Du stellst hier völlig verschiedene Ideologien gleich, um Rückschlüsse auf ihre Zulässigkeit in der Rezeption zu ziehen, aber das geht nicht. Wir müssen den Komplex Drittes Reich hier isoliert betrachten, weshalb ich die ganzen Einschübe von wegen RAMBO, BIRTH OF A NATION oder deine Beispiele unzulässig finde.

ZitatZitat von: Mr. Vincent Vega am Heute um 18:47:32
Ansonsten bereue ich, diese Diskussion begonnen zu haben und werde mich an dieser Stelle ausklinken. Es lohnt einfach nicht, sich über Politik dezidiert nonverbal auszutauschen. Mit den hier vertretenen Parteien sehe ich da ohnehin keinen entfernten Nenner.

Wir wandeln hier sicherlich auf sensiblen Pfaden, dennoch glaube ich schon daran, dass auch diese Thematik vernünftig diskutiert werden kann ohne in eine bestimmte Ecke abgeschoben zu werden. Es geht hier ja auch nicht um den gemeinsamen Nenner, den Mr. Vega mit den hier vertretenden Parteien (also sind offensichtlich "Copfkiller" und ich gemeint) in weiter Ferne sieht. Mit dieser Einschätzung nähern wir uns sogar dem Kern. Mir ist Mr. VV diesbezüglich zu kategorisch vereinfachend, "Copfkiller" beweist ja durchaus, dass eine qualitative Differenzierung auch bei diesen heiklen Werken möglich ist. Es gibt genug Beispiele von Filmen, die man unabhängig von ihrer ideologischen Aussage gut finden kann. In diesem Sinne ist die Bewertung eben nicht unbedingt mit der eigenen politischen Mentalität gekoppelt, was ich im Übrigen gut finde, da nicht nur eine Sichtweise lesenswert ist. Verschiedene Aspekte führen eben zu unterschiedlichen Meinungen. Bei "Hard Candy" störte mich beispielsweise die populistisch manipulierende Sicht, bei NS-Propaganda kann ich möglicherweise eine andere Sicht entwickeln, weil ich den Film ja schon aus historisch aufgeklärter Perspektive betrachte. Deshalb finde ich es auch zu einfach, wenn man derartige Werke am Fließband mit 1er-Stempel abfertigen muss. Warum kann zum Beispiel ein Otto Gebühr in Fridericus-Rex-Filmen schauspielerisch nicht auch gute Leistungen abliefern? Weil der Kontext nicht passt? Das ist meiner Meinung nach zu simpel. Die Filme sollte man auch in ihrer Art und Weise unterscheiden. Was mache ich beispielsweise, wenn mir "Der große König" im unterhaltenden Sinn trotz des Wissen um Geschichtsfälschung gefällt? Ich meine, dass hier nicht automatisch die schlechteste Note verteilt werden muss, solange die Begründung nachzuvollziehen ist. Das ist natürlich nur möglich, wenn man eine positive Bewertung überhaupt zulässt und nicht kategorisch ablehnt. Unabhängig davon ist der "Der ewige Jude" ja auch nicht gleich "Der große König", genauso wenig wie Action gleich Action ist. Vielleicht bin aber auch ein Stück weit zu amoralisch :icon_mrgreen: ;).
Why so serious?

WEAR RED, GET LOUD! GO 49ers!

Who's got it better than us? Nooobody!!!

filmimperator

16 März 2008, 20:37:04 #365 Letzte Bearbeitung: 16 März 2008, 20:38:43 von filmimperator
Zitat von: COPFKILLER am 16 März 2008, 18:00:48
Sicher nicht die Rambo-Fans. das macht es aber nicht besser. Nur weil es ein Actionfilm ist, muss er sich nicht einer barbarischen Gewaltverherrlichung hingeben. (...)
Natürlich zeigt dieses Verbot die Strenge der dortigen Regierung. Bei einem solchen Film kann ich den Verbot aber nachvollziehen, JOHN RAMBO ist diffamierend und nutzt sein Sujet schamlos zur Gewaltorgie aus. (...)
Die dargestellte Gewalt geht nicht einen Zentimeter über bloßen Selbstzweck hinaus. Daher halte ich aufgeilen für genau das richtige Wort, genau das tut der Film mit seiner Gewaltexzesse.

Auch wenn dies vom eigentlichen Thema etwas wegführt, möchte ich dazu noch kurz etwas loswerden: Es ist eben die Frage, was die Intention von Stallone war, der ja sagt, auch Kritik üben zu wollen und die Missstände anzuprangern. Dass schonungslose Gewalt nicht unbedingt das angemessenste Mittel ist und zuweilen missverstanden werden kann, ist klar. Ich für meinen Teil habe aber in den Film zumindest den Versuch einer Kritik hineininterpretiert und fand ihn (vor allem) bestes und handwerklich perfektes Action-Entertainment.


Noch mal kurz zur Debatte hier:
Auch ich schließe mich Red Shadow und Copfkiller an, die Filme losgelöst von der Ideologie betrachten können, in welcher sie entstanden sind. Wenn wir danach wirklich gingen und die Filme von vornherein verteufelten, dann müssten wir sie totschweigen und dürften überhaupt nicht darüber diskutieren, weil es EINE ALLGEMEINGÜLTIGE Meinung gäbe. Die gibt es aber nicht. Sicherlich sollte man gerade Filme aus der NS-Zeit mit dem notwendigen Wissen um Propaganda konsumieren und ja, vllt. bringt Faschismus eine bestimmte Kunstform hervor (hier sei auf Riefenstahls Inszenierung des starken menschlichen Körpers, der scheinbar übermächtigen Natur und beeindruckenden Massenszenen verwiesen), ABER: man sollte die Filme ebenso differenziert betrachten können wie andere, die heute in Deutschland entstehen. Und da fragt ja auch niemand, inwieweit die freiheitliche demokratische Grundordnung Einzug in die Filme gehalten hat, oder?  ;)
Unterschiedliche Meinungen? Chuck Norris interessieren nicht mal die Fakten!

Happy Harry mit dem Harten

16 März 2008, 21:05:00 #366 Letzte Bearbeitung: 16 März 2008, 21:18:49 von COPFKILLER
Zitat von: Hedning am 16 März 2008, 19:35:44
Dass sie nicht nur an "Ariertum" interessiert war, zeigen jedoch ihre fotografischen Auseinandersetzungen mit dem Stamm der Nuba. Darin beweist sich, dass sie zwar den Menschen meistens lediglich in der Blüte seiner Physis wahrnimmt, aber nicht in einer Weise, die kongruent zur NS-Ideologie wäre.

Ganz richtig, Riefenstahls fotografisches Gesamtwerk belegt deine Aussagen. Verkrüppelte oder von Alter und Krankheit gezeichnete Nubas zeigen ihre Aufnahmen nicht, was ein durchaus berechtigter Kritikpunkt ist. Egal wie man dazu steht, auch ihre Fotografien bestechen durch ihren ausgeprägten Sinn für Ästhetik. Ein wiederlicher Propagandafilm wie der unbekannte Kurzfilm ERBKRANK dagegen beweist keinen höheren Anspruch sondern stellt auf ekelhafte Weise behinderte Menschen in einen inhumanen Kontext. Weil Riefenstahl die Schattenseiten menschlicher Physis aussparte rückt sie das nicht in dieselbe Ecke wie angesprochenes Machwerk, dem ich die verdiente Tiefstnote verpasst habe.

Zitat von: Hedning am 16 März 2008, 19:35:44
Ich begrüße es daher, dass du (Copfkiller) dich über diese Filme äußerst, das ist einer der Gründe, dass du, wenn ich auch nicht alle deine Interessen teile (Disney-Propaganda icon_wink ) zu den wenigen von mir abonnierten Autoren gehörst (schleim)...

Aufrichtigen Dank für dieses schmeichelnde Lob. Mir ist klar, das meine Reviews nicht annähernd die nötige Komplexität aufweisen aber ich habe mir Mühe gegeben, nicht oberflächlich an die Sache zu gehen. Daher habe ich mich auch mit stalinistischer und US-amerikanischer Propaganda beschäftigt. Die Hommage in HERR DER RINGE wollte ich auch zuerst erwähnen, aber da das Posting noch an Mr. VV gerichtet war habe ich STAR WARS als Beispiel heran gezogen. Tatsächlich finden sich in unzähligen Filmen Verweise auf Riefenstahl. Sehr gelungen ist die Erwähnung der Nibelungen-Filme von Fritz Lang, die unübersehbar Einfluss genommen haben auf die nationalsozialistische Filmsprache.

Zitat von: Red Shadow am 16 März 2008, 20:04:11
Verschiedene Aspekte führen eben zu unterschiedlichen Meinungen.

Eben und daher kann ich nicht verstehen, warum sich Mr. VV vorzeitig ausgeklinkt hat. Meines Erachtens nach hat sich die Diskussion durchaus fruchtbar entwickelt.

Zitat von: Red Shadow am 16 März 2008, 20:04:11
Deshalb finde ich es auch zu einfach, wenn man derartige Werke am Fließband mit 1er-Stempel abfertigen muss. Warum kann zum Beispiel ein Otto Gebühr in Fridericus-Rex-Filmen schauspielerisch nicht auch gute Leistungen abliefern? Weil der Kontext nicht passt? Das ist meiner Meinung nach zu simpel. Die Filme sollte man auch in ihrer Art und Weise unterscheiden. Was mache ich beispielsweise, wenn mir "Der große König" im unterhaltenden Sinn trotz des Wissen um Geschichtsfälschung gefällt? Ich meine, dass hier nicht automatisch die schlechteste Note verteilt werden muss, solange die Begründung nachzuvollziehen ist. Das ist natürlich nur möglich, wenn man eine positive Bewertung überhaupt zulässt und nicht kategorisch ablehnt.

Die Fridericus Rex Filme kenne ich leider immer noch nicht, als Beispiel sind sie hier aber bestens geeignet. Alleine schon die brillante Darbietung von Marian in JUD SÜß muss man schätzen, von der perfekten Ausstattung und der geschickten Inszenierung ganz zu schweigen. Auch DER GROßE KÖNIG wird nachgeholt, sowas interessiert mich immer brennend.

Zitat von: Red Shadow am 16 März 2008, 20:04:11Vielleicht bin aber auch ein Stück weit zu amoralisch :icon_mrgreen: ;).

Ich glaube das gilt auch für mich.  :pidu:

Zitat von: filmimperator am 16 März 2008, 20:37:04
Ich für meinen Teil habe aber in den Film zumindest den Versuch einer Kritik hineininterpretiert und fand ihn (vor allem) bestes und handwerklich perfektes Action-Entertainment.

Aber das ist doch eigentlich völlig unvereinbar. Stallones Anspruch auf eine realistische Darstellung ist schlicht ein Witz. Perfekte Action: Ja. Aber grade deswegen verpufft jeglicher kritischer Ansatz. Hier von einem Antikriegsfilm zu sprechen (wurde ja schon oft genug gemacht) halte ich für einen Witz, da könnte man auch DER EWIGE JUDE als humanistisch bezeichnen.

Zitat von: filmimperator am 16 März 2008, 20:37:04
Sicherlich sollte man gerade Filme aus der NS-Zeit mit dem notwendigen Wissen um Propaganda konsumieren und ja, vllt. bringt Faschismus eine bestimmte Kunstform hervor (hier sei auf Riefenstahls Inszenierung des starken menschlichen Körpers, der scheinbar übermächtigen Natur und beeindruckenden Massenszenen verwiesen), ABER: man sollte die Filme ebenso differenziert betrachten können wie andere, die heute in Deutschland entstehen.

Genau das habe ich versucht. Ob es mir gelungen ist, das steht auf einem anderen Blatt aber bei genauem Lesen meiner Reviews müsste doch zumindest meine Ambition ein wenig durchscheinen. Im ganz großen Stil verharmlosen wollte ich die Filme sicher nicht, so wie es mir Mr. VV vorgeworfen hat.

Chili Palmer


Das liest sich jetzt aber wirklich komisch, Killer.

Das Aussparen von Alter und Krankheit ist ein Maß für Ästhetik? Für welche Ästhetik? Und mit welchem "höheren Anspruch" ist das dann verbunden? Mit dem Ausblenden von "Schattenseiten"?
"I'm an actor, love, not a bloody rocket surgeon".

"Der Terminader is ja im Grunde so'n Kaiborch."

Hedning

Zitatdie Erwähnung der Nibelungen-Filme von Fritz Lang, die unübersehbar Einfluss genommen haben auf die nationalsozialistische Filmsprache

Letzteres ist ja so ein Treppenwitz der Filmgeschichte: Lang, der Vorreiter faschistischer Filmästhetik, der auch z. B. von S. Kracauer ("Von Caligari zu Hitler") in dieser Hinsicht angeprangert wird, der jedoch m. W. später in den USA sogar eine "Anti-Nazi-League" oder so was gründete und seine Ablehnung auch in seine Filme einfließen ließ.

Ich habe innerhalb meines Germanistikstudiums mal eine Hausarbeit zu Langs Nibelungenfilmen geschrieben und bin auf Sekundärliteratur gestoßen, in denen diesen Filmen alle möglichen haltlosen Vorwürfe gemacht werden (Verherrlichung des Kadavergehorsams, bedingungslose Unterwerfung unter einen Führer usw. soll da propagiert werden), die letztlich nur aus der Ästhetik des Films, nicht aus der Handlung oder den Dialogen hergeleitet sind.

Happy Harry mit dem Harten

Zitat von: Chili Palmer am 16 März 2008, 21:14:27
Das Aussparen von Alter und Krankheit ist ein Maß für Ästhetik? Für welche Ästhetik? Und mit welchem "höheren Anspruch" ist das dann verbunden? Mit dem Ausblenden von "Schattenseiten"?

Dieses Aussparen kann als Kritikpunkt gewertet werden, so habe ich das gemeint. Dennoch zerstört dieser Punkt, wenn man ihn vertritt, nicht die Qualität ihrer fotografischen Arbeiten über die Nuba. Vielleicht habe ich mich ungeschickt ausgedrückt. Ich meinte halt, dass beispielsweise ERBKRANK keinerlei künstlerischen Anspruch hat und die behinderten Menschen vor der Kamera bloß stellt. Eben weil Riefenstahl das nicht tut, ist sie nicht in diese Ecke zu stecken. Sie verschweigt einfach die Schattenseiten menschlicher Physis, ERBKRANK dagegen stellt sie aus und fordert eine Bereinigung der Gesellschaft.

Chili Palmer

Zitat von: COPFKILLER am 16 März 2008, 21:23:05
Sie verschweigt einfach die Schattenseiten menschlicher Physis, ERBKRANK dagegen stellt sie aus und fordert eine Bereinigung der Gesellschaft.

Das meinte ich. Der eine Film brüllt es heraus, der andere schmeichelt einem ins Ohr: "Guck' mal, wär das nicht schön, alles hübsch sauber und ordentlich und gesund".
"I'm an actor, love, not a bloody rocket surgeon".

"Der Terminader is ja im Grunde so'n Kaiborch."

Happy Harry mit dem Harten

16 März 2008, 21:28:14 #371 Letzte Bearbeitung: 16 März 2008, 21:30:33 von COPFKILLER
Zitat von: Hedning am 16 März 2008, 21:22:16
Letzteres ist ja so ein Treppenwitz der Filmgeschichte: Lang, der Vorreiter faschistischer Filmästhetik, der auch z. B. von S. Kracauer ("Von Caligari zu Hitler") in dieser Hinsicht angeprangert wird, der jedoch m. W. später in den USA sogar eine "Anti-Nazi-League" oder so was gründete und seine Ablehnung auch in seine Filme einfließen ließ.

Hier sollte auch die Beziehung Langs zu Thea von Harbou berücksichtigt werden. Das gilt nicht nur für die Nibelungen- und Mabuse-Filme sondern in besonderer Weise auch für METROPOLIS. Bekanntlich war Thea von Harbou keine Regimegegnerin und arbeitete bereitwillig innerhalb der faschistischen Filmgesellschaft. All die (teilweise berechtigten) Vorwürfe gegen die Ästhetik Langs ist untrennbar mit ihrem Einfluss verbunden.

Zitat von: Chili Palmer am 16 März 2008, 21:26:52
Das meinte ich. Der eine Film brüllt es heraus, der andere schmeichelt einem ins Ohr: "Guck' mal, wär das nicht schön, alles hübsch sauber und ordentlich und gesund".

Ich habe ja eingeräumt, das dieser Kritikpunkt durchaus nachzuvollziehen ist. Wie Hedning schon treffend geschrieben hat, kann einen diese Ästhetik ankotzen, das ändert aber wenig an ihrer formalen Perfektion. Und die sollte doch schon gewürdigt werden oder siehst du das anders?

Crumby Crumb & the Cunty Bunch

Zitat von: Chili Palmer am 16 März 2008, 21:26:52
Das meinte ich. Der eine Film brüllt es heraus, der andere schmeichelt einem ins Ohr: "Guck' mal, wär das nicht schön, alles hübsch sauber und ordentlich und gesund".

Was wesentlich gefährlicher ist - eine Aussage für die ich im Transformers Thread im Vergleich mit anderen Bay Filmen müde belächelt wurde.
Aber in der Angelegenheit hat der Faschismus letztendlich gesiegt.
'Are you talkin' to me? You talkin' to me?' - Raging Bull, Pacino. Love that movie!

Hedning

ZitatDas meinte ich. Der eine Film brüllt es heraus, der andere schmeichelt einem ins Ohr: "Guck' mal, wär das nicht schön, alles hübsch sauber und ordentlich und gesund".

Den gleichen Vorwurf müsste man dann Modefotografen auch machen. Die sparen das Alte und Kranke ebenso aus wie Frau Riefenstahl.

ZitatHier sollte auch die Beziehung Langs zu Thea von Harbou berücksichtigt werden. Das gilt nicht nur für die Nibelungen- und Mabuse-Filme sondern in besonderer Weise auch für METROPOLIS. Bekanntlich war Thea von Harbou keine Regimegegnerin und arbeitete bereitwillig innerhalb der faschistischen Filmgesellschaft. All die (teilweise berechtigten) Vorwürfe gegen die Ästhetik Langs ist untrennbar mit ihrem Einfluss verbunden.

Inwiefern Harbou, die ja in erster Linie als Drehbuchautorin fungiert hat, die Ästhetik der Filme mitgeprägt hat, ist mir überhaupt nicht bekannt, gibt es dazu brauchbare Quellen? Was man aber noch erwähnen könnte, sind verschiedene bildliche Quellen, an denen sich die Filme orientieren, vor allem die Nibelungen-Illustrationen von Carl Otto Czeschka. Es gibt mehrere markante Einstellungen in diesem ohnehin sehr standbild-lastigen Film, die eindeutig auf einzelne dieser Illustrationen zurückgehen.

Chili Palmer

Zitat von: COPFKILLER am 16 März 2008, 21:28:14
Wie Hedning schon treffend geschrieben hat, kann einen diese Ästhetik ankotzen, das ändert aber wenig an ihrer formalen Perfektion. Und die sollte doch schon gewürdigt werden oder siehst du das anders?

Aber gerade die technische Perfektion sorgt doch erst dafür, dass es einen ankotzt.

Zitat von: Hedning am 16 März 2008, 21:38:10
Den gleichen Vorwurf müsste man dann Modefotografen auch machen. Die sparen das Alte und Kranke ebenso aus wie Frau Riefenstahl.

Ja. Um mir Mode zu verkaufen.
"I'm an actor, love, not a bloody rocket surgeon".

"Der Terminader is ja im Grunde so'n Kaiborch."

Hedning

Ich bin mir nicht sicher, ob ich dich richtig interpretiere, aber denkst du, dass die Riefenstahl Werbung für Eugenik, Rassenpflege usw. machen wollte? Das halte ich nicht für stichhaltig. Das ist eher eine naive Freude an menschlicher Schönheit (bzw. was sie darunter verstand), die natürlich den Verfechtern von Erbhygiene usw. ganz gut ins Programm passte.

Happy Harry mit dem Harten

Zitat von: Rügenwalder Sesselmett am 16 März 2008, 21:36:25
Was wesentlich gefährlicher ist - eine Aussage für die ich im Transformers Thread im Vergleich mit anderen Bay Filmen müde belächelt wurde.

TRANSFORMERS ist ein gefährlicher Film, JUD SÜß ebenso, auch wenn er wesentlich besser ist als der Bay-Film. Die Riefenstahl-Filme sind imo aber NICHT gefährlich. Mal im Ernst: Auch in den 30ern waren die Menschen zum eigenen Urteil fähig und ich glaube kaum, das TRIUMPH DES WILLENS die Faszination der Menschen für das Reich initiiert hat - er portraitiert diesen Umstand vielmehr und ist daher ein unschätzbar wertvolles Zeugnis seiner Zeit. Und anders als zB ERBKRANK projizieren die Werke Riefenstahl keinen Hass auf Feindbilder sondern glorifizieren lediglich eine übermenschliche Ordnung.

Zitat von: Hedning am 16 März 2008, 21:38:10
Den gleichen Vorwurf müsste man dann Modefotografen auch machen. Die sparen das Alte und Kranke ebenso aus wie Frau Riefenstahl.

Eben. Und die Bilder aus der Vogue fodern bestimmt keine "reine" Gesellschaft. Sie verherrlichen halt Schönheit und Anmut, wie Riefenstahl. Treffender Vergleich.

Zitat von: Hedning am 16 März 2008, 21:38:10
Inwiefern Harbou, die ja in erster Linie als Drehbuchautorin fungiert hat, die Ästhetik der Filme mitgeprägt hat, ist mir überhaupt nicht bekannt, gibt es dazu brauchbare Quellen?

Ich weiß im Moment nicht, woher ich das habe, ich glaube aber aus dem Audiokommentar zu METROPOLIS von Enno Patalas. Über die Illustrationen von Czeschka kann ich nichts sagen, denke aber da wirst du auch recht haben. Als Autorin hat Thea von Harbou aber entscheidende Impulse in die Werke gebracht und die kreative Zusammenarbeit der beiden galt als sehr eng.



Chili Palmer


Ist ihre naive Freude ohne jegliche Hintergedanken denn wirklich belegt?

Wir können uns letztlich doch nur an die Wirkung ihrer Werke halten.
"I'm an actor, love, not a bloody rocket surgeon".

"Der Terminader is ja im Grunde so'n Kaiborch."

Happy Harry mit dem Harten

16 März 2008, 21:53:00 #378 Letzte Bearbeitung: 16 März 2008, 21:56:45 von COPFKILLER
Zitat von: Chili Palmer am 16 März 2008, 21:42:05
Aber gerade die technische Perfektion sorgt doch erst dafür, dass es einen ankotzt.

Nein, nicht immer. ERBKRANK kotzte mich extrem an, auch wenn er in seiner Machart sehr beschränkt und simpel ist. Hedning formuliert es gut wenn er Riefenstahls Begeisterung für Schönheit als naiv bezeichnet, ideologisch geprägt war sie sicher nicht. Ich denke, ihre Filme waren einfach Auftragsarbeiten, die halt durch ihre immensen technischen Innovationen mehr wurden als eigentlich geplant. Filmhistorisch wichtige Filme, nicht bloße NSDAP-Werbung. Das muss einem nicht schmecken, hab ich mit keinem Wort behauptet.


Zitat von: Chili Palmer am 16 März 2008, 21:50:19
Ist ihre naive Freude ohne jegliche Hintergedanken denn wirklich belegt?

Nein. Ebenso wenig wie ihre ideologische Überzeugung.

Zitat von: Chili Palmer am 16 März 2008, 21:50:19
Wir können uns letztlich doch nur an die Wirkung ihrer Werke halten.

Und diese Wirkung ist imo nicht menschenverachtend sondern ein klassischer Fall von Style Over Substance. Was ihr Gesamtwerk für mich nicht unbedeutender oder schlechter macht, wohl bemerkt.

Chili Palmer


Wir schreiben hier doch ziemlich aneinander vorbei, wie ich gerade merke.

Ich belasse es dabei, auch wenn ich mich damit um den Vincent-Vega-Förderpreis bewerbe. Nix für ungut.  ;)

"I'm an actor, love, not a bloody rocket surgeon".

"Der Terminader is ja im Grunde so'n Kaiborch."

Happy Harry mit dem Harten

Zitat von: Chili Palmer am 16 März 2008, 22:02:14
Wir schreiben hier doch ziemlich aneinander vorbei, wie ich gerade merke.

Das denke ich eigentlich nicht. Die Frage ist halt, wie man zu den Tatsachen steht. Du magst dich an der Ästhetik und den Botschaften in den Filmen der Riefenstahl stören, ist ja dein gutes Recht. Genauso wie es jedermanns Recht ist, BIRTH OF A NATION seinen Rassismus anzukreiden. Das ich darüber hinweg sehen kann, darf übrigens gerne gewertet werden als emotionale Verrohung meinerseits. Scheiss Fernsehen. :king:

Mr. Vincent Vega

Zitat von: COPFKILLER am 16 März 2008, 21:49:14
Und anders als zB ERBKRANK projizieren die Werke Riefenstahl keinen Hass auf Feindbilder sondern glorifizieren lediglich eine übermenschliche Ordnung.

Lediglich? Hast du wirklich "lediglich" geschrieben?

Was ist denn das hier eigentlich für eine absurde Diskussion? Werbung für Mode und Werbung für eine totalitäre Diktatur, die neun Millionen Menschen ermordet hat, gleichzusetzen? Sag' mal geht's noch?

Happy Harry mit dem Harten

Zitat von: Mr. Vincent Vega am 16 März 2008, 22:14:14
Lediglich? Hast du wirklich "lediglich" geschrieben?

Habe ich. Auf meine emotionale Verrohung habe ich ja oben schon hingewiesen. Aber erzähl mir doch nicht, das Leni Riefenstahl entscheidenden Anteil am Holocaust hatte. Das ist totaler Unsinn.

Zitat von: Mr. Vincent Vega am 16 März 2008, 22:14:14
Werbung für Mode und Werbung für eine totalitäre Diktatur, die neun Millionen Menschen ermordet hat, gleichzusetzen?

Hast wohl nicht richtig gelesen. Dieser Vergleich bezog sich weniger auf die Filme Riefenstahls als auf ihr fotografisches Werk. Dieses hat mit dem Nationalsozialimus nicht das Geringste zu tun.

Red Shadow

Zitat von: Mr. Vincent Vega am 16 März 2008, 22:14:14
Zitat von: COPFKILLER am 16 März 2008, 21:49:14
Und anders als zB ERBKRANK projizieren die Werke Riefenstahl keinen Hass auf Feindbilder sondern glorifizieren lediglich eine übermenschliche Ordnung.

Lediglich? Hast du wirklich "lediglich" geschrieben?

Was ist denn das hier eigentlich für eine absurde Diskussion? Werbung für Mode und Werbung für eine totalitäre Diktatur, die neun Millionen Menschen ermordet hat, gleichzusetzen? Sag' mal geht's noch?

Na ja Herr Vega, unabhängig von dem Vergleich, der ja nicht von mir stammt, siehst du ja faschistoide Tendenzen schon inflationär oft :icon_lol:. Warum also nicht auch bei Mode, die ja mitunter Klassendenken fördert und unter Umständen das Gefühl gibt, etwas Besseres zu sein :icon_eek:? Nichts für ungut, nur so ein Gedanke ;).
Why so serious?

WEAR RED, GET LOUD! GO 49ers!

Who's got it better than us? Nooobody!!!

Bretzelburger

Witzig, dass jetzt zu diesem Thema eine neuerliche Diskussion entstand, nachdem damals an meiner Kritik an Copfkillers Sichtweise Niemand Anteil nahm.

Allerdings stört mich an der Diskussion der jeweilige Absolutheitsanspruch, als wenn irgendein Stil, irgendeine politische Tendenz quasi aus dem Nicht entstanden wäre - denn genau darin sehe ich die gerechtfertigte Kritik an Frau Riefenstahl. Ihr Stil hatte sich ja nicht mit der Machtergreifung der Nazis entwickelt, sondern ist stark beeinflusst von den Filmen, an denen sie in den späten 20er Jahren als Darstellerin mitgewirkt hatte - vor allem von den Bergfilmen.

Die Ästhetik der heroischen Berglandschaft nimmt viele Blickwinkel, die Riefenstahl später weiter entwickelt hat, vorweg, und wenn man sich Trenkers späteren "Der Berg ruft" ansieht, dann erkennt man die deutlichen Parallelen (Trenker spielte oft neben Riefenstahl). Allerdings nutzte Trenker, der lange zusammen auch mit Lang opportunistisch mit den Wölfen geheult hatte, diese Mittel zur Verherrlichung der Individualität und zur Geisselung des Mobs. Gerade an "Der Berg ruft" ist zu erkennen, dass es auch während der Nazizeit immer noch eine Wahl gab, ob man sich den Wünschen der Machthaber vollständig hingab, wie es Riefenstahl deutlich gemacht hatte - und das werfe ich ihr vor.

Gerade weil es unpolitisches Kino gar nicht geben kann, ist "Style over Function" nie eine Entschuldigung. Das Leugnen oder Weglassen von offensichtlichen Problemen, ist auch schon eine politische Aussage - und zwar eine sehr deutliche. Natürlich hat jeder Reszensent seine Vorlieben hinsichtlich der politischen Haltung, aber diese sollte man auch in seinen Texten erkennen können. Ich werfe COPFKILLER keinerlei faschistisches Gedankengut vor, aber ihm muss klar sein, dass die hohe Bewertung für "Jud Süss" nicht durch Harlans Können (das ich persönlich für größer als das von Frau Riefenstahl halte) allein begründet werden kann - das kann definitiv zu Missverständnissen führen - auch weil der Text das Thema viel zu wenig komplex angeht. Und Missverständnissen dieser Art möchte ich mich keine Sekunde aussetzen.

Sehr gut ist das auch am Vergleich von Ferdinand Marians Spiel in "La Habanera" und "Jud Süss" zu erkennen. Beide Rollen zeigen sinistre, unsichere Typen, die scheinbar die gängigen Vorurteile bestätigen. Doch Sirk nutzt das zur Komplexität seiner Story und es gelingt ihm die Sympathien fast vollständig umzukehren und Marians Rolle zum Schluss sogar zu rehabilitieren, während Harlan nur die Schraube der Judenverachtung weiter hochdreht. Das dank Marians sehr gutem Spiel darin noch menschlich komplexe Strukturen zu erkennen sind - wie Copfkiller richtig feststellt - kann man den Produzenten und Machern des Films kaum positiv anrechnen. In beiden Filmen ist Marian gut, aber in "Jud Süss" wird dieses Können missbraucht und das wir heute darin noch genialische Züge erkennen, wird damals kaum Jemandem, der sich den Film unter den damaligen Bedingungen ansah, aufgefallen sein.

Hier liegt auch der Unterschied in der Beurteilung von Propagandafilmen. Mag so mancher amerikanischer Film der frühen 40er Jahre recht naiv sein, so ist das einer gerechtfertigten Propaganda geschuldet (ganz anders als wenn später John Wayne den Vietnamkrieg gewinnt). Deshalb sind auch Eisensteins Filme völlig anders zu beurteilen, da sie von einem humanistischem Gedankengut ausgingen und keineswegs Stalins Vernichtungsmaschinerie begründen wollten. Auch der italienische "Neorealismus" war stark marxistisch geprägt, was aber auch als Reaktion auf den Faschismus und das Elend der eigenen Bevölkerung zu verstehen ist. Nicht ohne Grund haben sich die Filmemacher nicht lange bei dieser Haltung aufgehalten, sondern ihren Stil verändert und in ihrem Sinne weiter entwickelt.

Und da sind wir wieder bei Riefenstahl, die sich meiner Meinung nach in gesellschaftpolitischer Hinsicht nicht weiter entwickelt hat und für die die Naivität des Zukunftsglaubens nicht gelten kann. Dafür war sie viel zu sehr in das Denken der Machthaber involviert, ganz anders als bei den Neorealisten, die eine Meinung gegen den bürgerlichen Zeitgeist annahmen. Auch wenn man den "Marxismus" verachten sollte, muss jedem auffallen, dass das in der Voraussetzung ein Unterschied ist. Deshalb hängt eine Beurteilung von Propagandafilmen nicht von der eigenen politischen Meinung ab und schon gar nicht von einer heutigen neutralen Sicht (die es real gar nicht gibt). Auch bei einer heutigen Beurteilung muss der Zweck, den der Film damals hatte, mit berücksichtigt werden - und unter diesen Umständen kann das Urteil für einen Film wie "Jud Süss" nur vernichtend ausfallen.




Happy Harry mit dem Harten

Zitat von: Bretzelburger am 16 März 2008, 22:37:51
Witzig, dass jetzt zu diesem Thema eine neuerliche Diskussion entstand, nachdem damals an meiner Kritik an Copfkillers Sichtweise Niemand Anteil nahm.

Fand ich auch witzig, alleine deshalb habe ich auf deinen Einsatz geradezu gewartet.

Zitat von: Bretzelburger am 16 März 2008, 22:37:51
Allerdings stört mich an der Diskussion der jeweilige Absolutheitsanspruch, als wenn irgendein Stil, irgendeine politische Tendenz quasi aus dem Nicht entstanden wäre - denn genau darin sehe ich die gerechtfertigte Kritik an Frau Riefenstahl. Ihr Stil hatte sich ja nicht mit der Machtergreifung der Nazis entwickelt, sondern ist stark beeinflusst von den Filmen, an denen sie in den späten 20er Jahren als Darstellerin mitgewirkt hatte - vor allem von den Bergfilmen.

Die Bergfilme sind wirklich sehr wichtig für Riefenstahl. Das zeigt ja auch deutlich ihre erste Regiearbeit DAS BLAUE LICHT, welche diesem Genre ja noch ganz und gar zugehörig ist. Aber auch die anderen hier erwähnten Einflüsse (Langs Nibelungen, ihre Wurzeln im Tanz) sollten berücksichtigt werden.

Zitat von: Bretzelburger am 16 März 2008, 22:37:51
Allerdings nutzte Trenker, der lange zusammen auch mit Lang opportunistisch mit den Wölfen geheult hatte, diese Mittel zur Verherrlichung der Individualität und zur Geisselung des Mobs. Gerade an "Der Berg ruft" ist zu erkennen, dass es auch während der Nazizeit immer noch eine Wahl gab, ob man sich den Wünschen der Machthaber vollständig hingab, wie es Riefenstahl deutlich gemacht hatte - und das werfe ich ihr vor.

Das mag richtig sein aber Trenker hatte mehr kreative Freiheit. Riefenstahls Filme waren direkte Auftragsarbeiten für die Regierung, da ist dann doch noch ein Unterschied. Seltsam finde ich nur, dass dieser Opportunismus Riefenstahl immer vorgeworfen wurde während er anderen Leuten beinahe achselzuckend verziehen wurde.

Zitat von: Bretzelburger am 16 März 2008, 22:37:51
Gerade weil es unpolitisches Kino gar nicht geben kann, ist "Style over Function" nie eine Entschuldigung. Das Leugnen oder Weglassen von offensichtlichen Problemen, ist auch schon eine politische Aussage - und zwar eine sehr deutliche. Natürlich hat jeder Reszensent seine Vorlieben hinsichtlich der politischen Haltung, aber diese sollte man auch in seinen Texten erkennen können. Ich werfe COPFKILLER keinerlei faschistisches Gedankengut vor, aber ihm muss klar sein, dass die hohe Bewertung für "Jud Süss" nicht durch Harlans Können (das ich persönlich für größer als das von Frau Riefenstahl halte) allein begründet werden kann - das kann definitiv zu Missverständnissen führen - auch weil der Text das Thema viel zu wenig komplex angeht. Und Missverständnissen dieser Art möchte ich mich keine Sekunde aussetzen.

Ich habe ja Riefenstahls Filme nicht als unpolitisch bezeichnet, nur eben als weniger aggressiv als beispielsweise DER EWIGE JUDE. Das ich mit meinen Texten keinen Anspruch auf die vollständige Erfassung all der Facetten erhebe, dürfte klar sein. Da schreiben schließlich Leute wissenschaftliche Arbeiten drüber. Dennoch habe ich mir Mühe gegeben. Nicht nur Harlans Können, auch die hervorragenden Darsteller und die perfekte Ausstattung habe ich gelobt. JUD SÜß ist auch heute noch ein mitreißender Film, dafür gebe ich 8 Punkte.

Zitat von: Bretzelburger am 16 März 2008, 22:37:51
In beiden Filmen ist Marian gut, aber in "Jud Süss" wird dieses Können missbraucht und das wir heute darin noch genialische Züge erkennen, wird damals kaum Jemandem, der sich den Film unter den damaligen Bedingungen ansah, aufgefallen sein.

Hier gilt das gleiche wie bei den Parteitagsfilmen von Riefenstahl: Sirk hatte wesentlich mehr kreative Freiheit. Die Produktion von JUD SÜß wurde penbibel von Goebbels beobachtet und der Film oft umgeschnitten.

Zitat von: Bretzelburger am 16 März 2008, 22:37:51
Deshalb sind auch Eisensteins Filme völlig anders zu beurteilen, da sie von einem humanistischem Gedankengut ausgingen und keineswegs Stalins Vernichtungsmaschinerie begründen wollten.

Dennoch bieten sie Stalin eine Profilierungsplattform und leisteten hervorragende propagandistische Arbeit für eine ebenso unmenschliche Diktatur wie die deutsche.

Zitat von: Bretzelburger am 16 März 2008, 22:37:51
Und da sind wir wieder bei Riefenstahl, die sich meiner Meinung nach in gesellschaftpolitischer Hinsicht nicht weiter entwickelt hat und für die die Naivität des Zukunftsglaubens nicht gelten kann. Dafür war sie viel zu sehr in das Denken der Machthaber involviert, ganz anders als bei den Neorealisten, die eine Meinung gegen den bürgerlichen Zeitgeist annahmen. Auch wenn man den "Marxismus" verachten sollte, muss jedem auffallen, dass das in der Voraussetzung ein Unterschied ist. Deshalb hängt eine Beurteilung von Propagandafilmen nicht von der eigenen politischen Meinung ab und schon gar nicht von einer heutigen neutralen Sicht (die es real gar nicht gibt). Auch bei einer heutigen Beurteilung muss der Zweck, den der Film damals hatte, mit berücksichtigt werden - und unter diesen Umständen kann das Urteil für einen Film wie "Jud Süss" nur vernichtend ausfallen.

Riefenstahl hatte aufgrund ihres Berufsverbots keine Möglichkeiten mehr sich zu entwickeln. Es steht ja jedem frei, eine vernichtende Kritik zu JUD SÜß zu schreiben, imo wäre das aber nicht angebracht. Was nicht heißen soll, das mein Text irgendeine Gültigkeit hätte. Ich kann sehr gut verstehen warum man Probleme mit einschlägigen Filmen hat und verurteile niemanden deswegen oder werfe gar vor, die Filme nicht verstanden zu haben.

Hedning

Zitat von: Bretzelburger am 16 März 2008, 22:37:51Allerdings nutzte Trenker, der lange zusammen auch mit Lang opportunistisch mit den Wölfen geheult hatte

Mit welchen Wölfen hat denn Lang geheult? Die faschistische Ästhetik, die oben angesprochen wurde, fand zu einer Zeit (1922-24) statt, als der NS noch eine Untergrundbewegung war. Später hingegen wurde in "M" z. B. vor einer Radikalisierung, wie sie der "Schränker" im Ledermantel zum Ausdruck bringt ("Der muss ausgerottet werden, der muss weg") eindeutig gewarnt.

ZitatGerade an "Der Berg ruft" ist zu erkennen, dass es auch während der Nazizeit immer noch eine Wahl gab, ob man sich den Wünschen der Machthaber vollständig hingab, wie es Riefenstahl deutlich gemacht hatte - und das werfe ich ihr vor.

Zu "Der Berg ruft" könnte man noch anmerken, dass dort die NS-Wunschvorstellung für den bevorstehenden Krieg (Deutsche und Engländer Seite an Seite) bereits vorformuliert wird. Trenker soll übrigens später das Gerücht verbreitet haben, dass Riefenstahl nackt vor Hitler getanzt habe - meine ich zumindest mal gelesen zu haben.

ZitatDeshalb sind auch Eisensteins Filme völlig anders zu beurteilen, da sie von einem humanistischem Gedankengut ausgingen und keineswegs Stalins Vernichtungsmaschinerie begründen wollten.

Riefenstahls Filme wollten doch auch keine Vernichtungsmaschinerie begründen. 1934 konnte sie noch gar nicht wissen (allenfalls vermuten), in welche Richtung sich der neue Staat entwickeln würde.

ZitatUnd da sind wir wieder bei Riefenstahl, die sich meiner Meinung nach in gesellschaftpolitischer Hinsicht nicht weiter entwickelt hat und für die die Naivität des Zukunftsglaubens nicht gelten kann. Dafür war sie viel zu sehr in das Denken der Machthaber involviert

Was heißt jetzt "involviert"? Ihre Filme verfolgen lediglich ästhetische Konzepte, die den Machthabern in den Kram passten, und die, wie du selbst betonst, schon in ihren Bergfilmen, wenn nicht schon früher, in ihrer Tanzausbildung und ihrer Mitwirkung in dem Film "Wege zu Kraft und Schönheit" (1926), ihren Ursprung haben. Mir kommt es immer so vor, als stellten sich ihre heutigen Ankläger vor, dass sie "Triumph des Willens" gedreht habe und dabei sozusagen Auschwitz schon vor Augen hatte. Wofür es keine Grundlage gibt.

Bretzelburger

Was ich schade finde, ist, dass du dich nicht zum wesentlichsten Punkt äußerst. Ob Eisensteins Filme später missbraucht wurden, Riefenstahl stark beobachtet und später Berufsverbot hatte usw., mag alles stimmen, auch das "Jud Süss" technisch gut gemacht sein soll. Das kann man natürlich dezidiert auseinandernehmen.

Deshalb stelle ich dir die Frage direkt :

"Warum beurteilst du "Jud Süss" so hoch ?" - "Warum gibst du dem Film für einen oberflächlichen Betrachter eine so positive Bewertung ?" - "Warum machst du es nicht umgekehrt ? - Die positiven und negativen Seiten in deiner Review genau zu benennen und abzuwägen, aber dem Film auf Grund seiner Funktion eine (verdient) schlechte Bewertung zu geben ?"

Du erklärst immer nur, worin die Qualitäten zu erkennen sind. Das gestehe ich dir zu. Aber wieso gibst du dir die Blösse, solche eindeutig missbrauchten Filme so positiv zu beurteilen ? - Das verstehe ich ganz persönlich nicht. Jeder weiß hier, dass ich mich auch für Filme einsetze, die von Vielen abgelehnt werden, aber ich stehe auch dazu, dass ich diese Filme entsprechend mag - und zwar so wie sie sind und nicht unter derm Gesichtspunkt des Weglassens oder Nichtsehenwollens von Fakten.

Happy Harry mit dem Harten

Zitat von: Hedning am 16 März 2008, 23:12:08
Riefenstahls Filme wollten doch auch keine Vernichtungsmaschinerie begründen. 1934 konnte sie noch gar nicht wissen (allenfalls vermuten), in welche Richtung sich der neue Staat entwickeln würde.

Richtig, Riefenstahls Filme entstanden lange vor dem Holocaust und sollten daher nicht mit der Vernichtungsmaschinerie des Dritten Reiches in einen Topf geschmissen werden.

Zitat von: Bretzelburger am 16 März 2008, 23:23:28Ob Eisensteins Filme später missbraucht wurden,

Die wurden doch nicht erst später missbraucht sondern wurden auf Wunsch von Stalin produziert und somit von Geburt an missbraucht.

Zitat von: Bretzelburger am 16 März 2008, 23:23:28
"Warum beurteilst du "Jud Süss" so hoch ?" - "Warum gibst du dem Film für einen oberflächlichen Betrachter eine so positive Bewertung ?" - "Warum machst du es nicht umgekehrt ? - Die positiven und negativen Seiten in deiner Review genau zu benennen und abzuwägen, aber dem Film auf Grund seiner Funktion eine (verdient) schlechte Bewertung zu geben ?"

Das wäre sicherlich eine gute Möglichkeit, die habe ich aber eben nicht gewählt. Für mich muss ein deutlicher Unterschied zu erkennen sein zwischen JUD SÜß und ERBKRANK oder DER EWIGE JUDE. Ich sehe mich nicht verpflichtet den Film tief zu bewerten, mir hat er gefallen und Marians versierte Darstellung veredelt ihn in besonderer Weise.

Zitat von: Bretzelburger am 16 März 2008, 23:23:28
Du erklärst immer nur, worin die Qualitäten zu erkennen sind. Das gestehe ich dir zu. Aber wieso gibst du dir die Blösse, solche eindeutig missbrauchten Filme so positiv zu beurteilen ? - Das verstehe ich ganz persönlich nicht. Jeder weiß hier, dass ich mich auch für Filme einsetze, die von Vielen abgelehnt werden, aber ich stehe auch dazu, dass ich diese Filme entsprechend mag - und zwar so wie sie sind und nicht unter derm Gesichtspunkt des Weglassens oder Nichtsehenwollens von Fakten.

Ich finde den Film einfach erstaunlich gut, ganz einfach. Und auch wenn er eine unmenschliche Funktion erfüllt: Nur von einem Film lässt sich kein Volk verblenden. Ein wenig Verantwortung muss man doch abverlangen vom Zuschauer, hinterfragen konnte man auch damals schon. Für seine Nähe zum Holocaust ziehe ich 2 Punkte ab, was ich bei BIRTH OF A NATION trotz seiner Nähe zu realen Gewalttaten nicht getan habe. Da zeigt sich doch eine gewisse Differenzierung. Gleiches gilt übrigens für OHM KRÜGER.


Bretzelburger

Zitat von: Hedning am 16 März 2008, 23:12:08
Mit welchen Wölfen hat denn Lang geheult? Die faschistische Ästhetik, die oben angesprochen wurde, fand zu einer Zeit (1922-24) statt, als der NS noch eine Untergrundbewegung war. Später hingegen wurde in "M" z. B. vor einer Radikalisierung, wie sie der "Schränker" im Ledermantel zum Ausdruck bringt ("Der muss ausgerottet werden, der muss weg") eindeutig gewarnt.
Lang gründete zusammen mit Trenker die "Nationalsozialistische Betriebsorganisation Abt.Regie". Weiter will ich gar nicht behaupten, aber von vornherein kann er die Nazis auch nicht komplett kritisch gesehen haben.

ZitatRiefenstahls Filme wollten doch auch keine Vernichtungsmaschinerie begründen. 1934 konnte sie noch gar nicht wissen (allenfalls vermuten), in welche Richtung sich der neue Staat entwickeln würde.
Es geht doch gar nicht um ihre Filme ganz allgemein und natürlich kann ich ihr Wissen nicht beurteilen, aber Fakt ist doch, dass sie nie Ärger mit den Machthabern bekam (wie etwa ihr alter Kamerad Trenker, der 1940 ein Berufsverbot erhielt) und sich auch später nicht distanzierte.

ZitatMir kommt es immer so vor, als stellten sich ihre heutigen Ankläger vor, dass sie "Triumph des Willens" gedreht habe und dabei sozusagen Auschwitz schon vor Augen hatte. Wofür es keine Grundlage gibt.
Deine Argumentation ist ein klassische Überspitzung, mit der man gerechtfertigte Kritik als überzogen diffamiert. Mit keinem Wort habe ich so etwas angedeutet, sondern nur klar gemacht, dass man auch als Filmkritiker (und darum geht es hier) Stellung mit seinen Beurteilungen bezieht. Und wenn COPFKILLER den Film dieser Dame so hoch bewertet, dann muss ich davon ausgehen, dass er deren Verhalten - egal wie man es im Einzelnen beurteilen mag - gar nicht berücksichtigt hat. "Auschwitz" muss man dafür nicht herbei zitieren.

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