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the Substance (Bodyhorror von Coralie Fargeat)

Begonnen von StS, 17 Mai 2024, 20:07:34

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StS


Have you ever dreamt of a better version of yourself?
You. Only better in every way.
You've got to try this new product.
It changed my life.

THE SUBSTANCE.

A spine-tingling new film from Coralie Fargeat, starring Demi Moore, Margaret Qualley and Dennis Quaid.


Nach "Revenge" automatisch Pflichtprogramm für mich.
Und dazu auch noch Qualley  :happy2:
"Diane, last night I dreamt I was eating a large,  tasteless gumdrop and awoke to discover I was chewing one of my foam disposable earplugs.
Perhaps  I should consider moderating my nighttime coffee consumption...."
(Agent Dale B.Cooper - "Twin Peaks")

Terry Noonan

18 Mai 2024, 05:34:14 #1 Letzte Bearbeitung: 18 Mai 2024, 05:48:18 von Terry Noonan
Hat mich zunächst an "Ohne Limit" erinnert, in dem der Wunsch, "besser" zu sein, intrinsisch ist und man sich fragen kann, ob einem selbst die Vorteile das Opfer der Nebenwirkungen Wert ist.
Fokus also auf Auseinandersetzung mit dem "Ich".
Die Regisseurin von "The Substance" scheint aber wohl eine männerhassende Neofeministin zu sein (kannte "Revenge" gar nicht, aber dank Prime schaue ich den allsbald mal an) und bezeichnet den Film selber als "Feminist Body Horror".
Da erwarte ich dann schon eher die plumpe Message "sei besser, weil es das böse kapitalistische Patriarchat von dir erwartet" und in den 7 Tagen, in denen die "normale" Frau rumläuft, sind alle Männer neutral bis abschätzig, während sie in den 7 Tagen ihrer "besseren Version" plötzlich alle ganz nett zu ihr sind und sich dadurch automatisch als Arschlöcher entpuppen.

Mal schauen, ob es "Ideology Over Substance" wird - hoffentlich aber nicht.
Life is what happens while you are busy making other plans.

Terry Noonan

Nach Sichtung von "Revenge" und Lesen einiger Interviews scheint das "Männerhassend" nicht mehr so zutreffend zu sein - die Typen im Film sind in erster Linie einfach beschissene Drecksäcke.
Und die Frau ist auch nicht das arme Opferlamm, sondern provoziert und beleidigt gleichermaßen - nicht sehr clever, also richtig identifizieren soll man sich wohl eher nicht mit irgendwem können.
Sie (die Regisseurin) bewundert die Charaktere Rambo und Mad Max, da kann Mann nicht per se schlecht sein.
Interessanterweise sagte sie, dass ihr bei der Finanzierung von Revenge sogar geholfen habe, den als feministischen Blick eines weiblichen Regisseurs aufs Thema darzustellen.

Also mal schauen, hoffentlich hab ich wieder zu schnell geschossen  :smiley:
Life is what happens while you are busy making other plans.

StS

Hat in Cannes auf jeden Fall schonmal 9 Minuten Standing Ovations bekommen...
"Diane, last night I dreamt I was eating a large,  tasteless gumdrop and awoke to discover I was chewing one of my foam disposable earplugs.
Perhaps  I should consider moderating my nighttime coffee consumption...."
(Agent Dale B.Cooper - "Twin Peaks")

StS

"Diane, last night I dreamt I was eating a large,  tasteless gumdrop and awoke to discover I was chewing one of my foam disposable earplugs.
Perhaps  I should consider moderating my nighttime coffee consumption...."
(Agent Dale B.Cooper - "Twin Peaks")

StS

"Diane, last night I dreamt I was eating a large,  tasteless gumdrop and awoke to discover I was chewing one of my foam disposable earplugs.
Perhaps  I should consider moderating my nighttime coffee consumption...."
(Agent Dale B.Cooper - "Twin Peaks")

StS

"Diane, last night I dreamt I was eating a large,  tasteless gumdrop and awoke to discover I was chewing one of my foam disposable earplugs.
Perhaps  I should consider moderating my nighttime coffee consumption...."
(Agent Dale B.Cooper - "Twin Peaks")

Moonshade

So, gestern gesehen und selbst bei 142 Minuten Laufzeit nachhaltig beeindruckt gewesen, wenn auch nicht rundum zufrieden.

Was man nicht erwarten darf: irgendwelche neuen Erkenntnisse!
Das Thema ist klar: alternde Darstellerin schließt den Pakt mit dem Teufel und der hat einen komplexen Beipackzettel geschnürt, allerdings nur weil er weiß, dass man in Hollywood nur Feinde hat und der allergrößte ist man selbst.
Moore - die damals bei Striptease noch mit den blanken Brüsten fremdelte, zieht hier absolut blank (macht sich auch seelisch nackig) und bietet eine großartige Performance, die teilweise ins Schmerzvoll-Groteske abgleitet und deren Schicksal irgendwie berührt, obwohl sowohl ihre alte wie auch ihre neue Version in diesem Film absolut selbstzentriert, oberflächlich und unsympathisch ist.
Das alles ist natürlich eine satirische Formatierung der Wirklichkeit der Filmindustrie, alles muss jung, hübsch, sexy wirken und wird von Männern und ihrem Blickwinkel dominiert. Das Schlimmste ists eben, dass man sich als Frau willig diesem Diktat unterwirft. Das ist nicht neu und das ist auch nicht originell. Das führt zu einer erzählerischen Mixtur aus Dorian Gray und Jekyll/Hyde, die man quasi mit den Mitteln eines David Cronenberg umgesetzt hat.

Das Problem: etwas Neues, eine Erkenntnis oder einen neuen Dreh kann Forgeat nicht bieten - zumindest nicht narrativ, auf einer formalen Ebene, handwerklich ist der Film ein absoluter Bringer. Dieser Bodyhorror-Abgrund reiht nahtlos so viele Erinnerungszitate des Horrorgenres aneinander, dass man schon von Genrefanservice reden kann. Hinterhöfe und keimfreie Räume von Lynch, Korridore und Badezimmer aus Kubricks Shining, körperliche Mixtur und Auflösung aus "Die Fliege", am Ende kommt "Carrie" ins Spiel, alle befinden sich auf einem "Lost Highway" in einem Requiem for a Dream, allerdings mit Prosthetics und literweise Körperflüssigkeiten.

Allein an diesen Elementen kann man sich entlang hangeln, die Satire an sich kickt nicht immer, eher starrt man mit Faszination auf den Verve der Komposition.
Dass die Männerwelt dabei nicht gut wegkommt, ist fast schon zwangsläufig, sämtliche Männerrollen sind entweder grotesk-eklig überzeichnet (Quaid), lüstern oder ebenso oberflächliche Lustobjekte. Aber das ist hier maximal drittrangig, der Fokus liegt vollkommen auf Margaret Qualley und Moore, die ihre Seiten der gleichen Medaille nach Herzenslust ausspielen dürfen.
Allein, im letzten Viertel wird ersichtlich, dass Fargeat auch keine gute Idee hatte, wie man die Höllenfahrt mit einer zündenden Idee zu einer Erkenntnis bringen könnte. Da überzeichnen die Bilder dann, erschlagen den Zuschauer mit einer Fülle ekligen Geschmodders und reiten auf den Überresten in den Sonnenuntergang.

Am horribelsten ist der Film, wenn sich die Protagonistin selbst betrügt, weil logischerweise die beiden Seiten ein und derselben Figur mit 30 Jahren Alterunterschied nichts voneinander wissen wollen (und sich auch nicht kontakten, wo sie es tun sollten). Bessere Metaphern für ein System des selbstzerstörerischen Verhaltens waren zuletzt nicht zu haben.

Wie gesagt, auf die nicht enden wollende Ekelpalette des letzten Viertels hätte ich in dieser Opulenz verzichten können und auch das Ende provoziert mehr so ein "So what?", wenn eigentlich nur der Kreislauf von Hollywood weiter geht und es nicht eben originell vom Plot her wird - eher erzählt Fargeat folgerichtig (ich konnte mir praktisch die komplette zweite Hälfte vorhersagen, was aber hier mal nicht alles schmälert) nach klassischen Vorbildern.

Fantastisch sind die Sets, die Kamera, die Farben, das Licht, die Gegensätze, das wird lange nachwirken, aber wo "Neon Demon" seine Ideen im Abstrakten und Surrealen auflöste, hält "Substance" volle Pulle auf das Unwahrscheinliche drauf, bietet aber keine Reize, die Story für sich selbst an eine Erkenntnis zu führen.

Film an der Schmerzgrenze.
"Du hältst durch und ich halte durch und nächstes Jahr gehen wir einen saufen!

"Anything invented after you're thirty-five is against the natural order of things.!" (Douglas Adams)

"Gebt dem Mann ein verdammtes Puppers!"

StS

Danke für die Einschätzung.
Bei dem hab ich entschieden, mir den fürs Heimkino aufzuheben (Mediabook ist schon vorbestellt).
Bin weiterhin sehr gespannt.
"Diane, last night I dreamt I was eating a large,  tasteless gumdrop and awoke to discover I was chewing one of my foam disposable earplugs.
Perhaps  I should consider moderating my nighttime coffee consumption...."
(Agent Dale B.Cooper - "Twin Peaks")

Moonshade

Also visuell lohnt er die große Leinwand (naja, Kino am Raschplatz ist nicht wirklich groß) schon sehr, die Bilder erschlagen einen manchmal höchst effektiv oder entwickeln Sogwirkung.

Kurios übrigens, dass eine Französin quasi das komplette US-Horrorkino aufkochen und neu anrichten kann, in fast nur einem Film.
Allerdings hadere ich ein wenig mit den feministischen Beiträgen wie "Revenge" von Fargeat oder "Titane" von Ducornau, die zwar das Bekannte mit offensichtlicher Verachtung auflösen, denen es aber an einer definierten Vision mangelt, wohin sie damit wollen (vielleicht kommt mir das auch nur so vor, aber bei Titane hab ich nach knapp der Hälfte überhaupt keinen Halt mehr gespürt und den Fokus verloren, so dass mich das alles nicht mehr recht interessiert hat, hier weiß man so einigermaßen vorab, was passiert und wird der Präsentationsform gehalten, aber eben nicht von der Kernaussage, die hier über zwei Stunden einfach nur visuell ausgestaltet wird.). Aber das kommt vielleicht alles noch.
"Du hältst durch und ich halte durch und nächstes Jahr gehen wir einen saufen!

"Anything invented after you're thirty-five is against the natural order of things.!" (Douglas Adams)

"Gebt dem Mann ein verdammtes Puppers!"

StS

"Revenge" mochte ich sehr gern... und "Titane" steht noch immer ungesehen im Regal.  :backen:
"Diane, last night I dreamt I was eating a large,  tasteless gumdrop and awoke to discover I was chewing one of my foam disposable earplugs.
Perhaps  I should consider moderating my nighttime coffee consumption...."
(Agent Dale B.Cooper - "Twin Peaks")

Moonshade

Revenge war auch nicht schlecht, hat mir aber auch nicht mehr gegeben als andere R&R-Filme, abgesehen von einer sehr realistischen Härte.

Titane fängt sensationell an, wird dann infernalisch und verwandelt sich dann in ein abstraktes Familien-Identitätsdrama, zu dem ich keinen Zugang bekommen habe.
Ich will da gar nicht Intensität oder Emotionalität schmälern, da kann ich kein Urteil abgeben, da fehlte mir persönlich einfach der Bezug.

"Substance" ist leichter zugänglich, fand ich.
"Du hältst durch und ich halte durch und nächstes Jahr gehen wir einen saufen!

"Anything invented after you're thirty-five is against the natural order of things.!" (Douglas Adams)

"Gebt dem Mann ein verdammtes Puppers!"

Terry Noonan

Zitat von: Moonshade am 24 September 2024, 11:55:46[...] Wirklichkeit der Filmindustrie, alles muss jung, hübsch, sexy wirken und wird von Männern und ihrem Blickwinkel dominiert. Das Schlimmste ists eben, dass man sich als Frau willig diesem Diktat unterwirft. [...]

Solange sie eben noch jung, hübsch und sexy ist, profitiert sie im Zweifelsfalle davon.
Wenn sie partout keine moralisch vertretbaren Rollen bekommt, in denen sie in Sack und Asche auftreten kann, damit bloß niemand sie sexy finden und sexistische Ausbeutung wittern kann, was dann?
Verwerflich, wenn sie sich dem bösen System immer noch freiwillig unterwirft und von einer nicht geringen Menge an Menschen bewundert und angehimmelt wird und diesen schlicht eine schöne Zeit und Erinnerung beschert?

Bei Ballerina schreibst Du ja sogar selber, die Protagonistin bräuchtest Du nicht "extremst schön" - ist doch das Gleiche in grün wie wenn jemand anders sagt "also die Y bräuchte ich in Film X eigentlich nicht allerweltmäßig, sondern eher jung, hübsch und sexy".
Ist nichts anderes, als Diskriminierung aufgrund des Äußeren, nur umgekehrt.
Man braucht doch nicht immer die Wahl für Person X als Ablehnung von Person Y sehen. Und der Begriff "Diskriminierung", der rein tonal ja eher "Massakrierung" assoziiert, ist in meiner Wahrnehmung auch rein dazu gedacht, den Fokus genau auf das Negative und Abwertende zu verschieben.

Aber: Natürlich an meine eigene Nase gefasst: Wo scheinbar oder auch offensichtlich diverse Schauspieler ideologiebasiert eingesetzt werden, um "böse Weiße" fernzuhalten, sehe ich das ja genauso kritisch.
Idealerweise passen Äußeres und zugehöriger Charakter in Verbindung mit der Story schlicht zusammen und fertig.


Davon ab: Jeder wird doch irgendwann alt, und wenn man sich dessen nicht bewusst ist und immer weiter versucht, von "jung und sexy" zu profitieren", ohne sich auf die unweigerlich kommende "Zeit danach" vorzubereiten, dann holt einen halt irgendwann die Realität ein.
Ein Top-Tennisspieler wird auch nicht ernsthaft über das böse System "alles muss sportlich, dynamisch und jung wirken" wettern, Sponsoren mangelnde Moral vorwerfen und auf Verständnis hoffen können.
Life is what happens while you are busy making other plans.

Moonshade

Und was ist so deine Meinung vom Film, wenn du schon Einzelteile aus meiner Einschätzung sezierst?

"Du hältst durch und ich halte durch und nächstes Jahr gehen wir einen saufen!

"Anything invented after you're thirty-five is against the natural order of things.!" (Douglas Adams)

"Gebt dem Mann ein verdammtes Puppers!"

Terry Noonan

Das war ja der Teil, den Du als "Wirklichkeit" beschreibst, also unabhängig vom Film.
Da er bei mir nicht in einem vernünftigen Kino in der OV läuft, wird es auch eher eine Wohnzimmervorstellung werden.
Life is what happens while you are busy making other plans.

Moonshade

Ja, dann können wir uns ja noch auf was freuen.
"Du hältst durch und ich halte durch und nächstes Jahr gehen wir einen saufen!

"Anything invented after you're thirty-five is against the natural order of things.!" (Douglas Adams)

"Gebt dem Mann ein verdammtes Puppers!"

PierrotLeFou

Ich bin recht unterwältigt aus dem Kino gekommen. Poes "Oval Portrait", Jekyll & Hyde, Dorian Gray, Cronenbergs "Rabid" & "The Fly" werden in den Mixer geworfen und im Baz-Luhrmann-Stil auf die Leinwand geklatscht, angereichert mit ein paar Hitchcock-, Kubrick-, Lynch-Zitaten, die mal mehr, mal weniger sinnvoll daherkommen; zum Ende gibt es dann eine arg vorhersehbare EC-Comic-Pointe (nahe dran an Poes "Mesmeric Revelation" & "The Facts in the Case of M. Valdemar" sowie Lovecrafts "The Thing on the Doorstep), nach welcher der Film sich nochmals einen zerdehnten Exzess gönnt, der ein wenig an Yuzna, Henenlotter und Lloyd Kaufman erinnert.
Mir war das zu bombastisch und gewollt plakativ; naiv-satirische Karikaturen von Männerfiguren (wobei die Hauptfigur auch nicht besser wegkommt, aber eben als Schauobjekt einem männlichen Blick unterliegt) atmen wie der Selbstoptimierungswahn viel Zeitgeist, aber scheinbar verehrt Fargeat dann vor allem männliche Vorbilder.
Weiblichkeit und Medien, männlicher Blick, Starkult, Selbstliebe & -hass, Monströses, Abjektes, die Unannehmlichkeiten des Alterns ... alles drin, aber kein komplexes Gesamtbild, auch nicht prägnant auf den Punkt gebracht; sondern eher ein ungestalter Mutant, hübsch hergerichtet.

Demi Moore ist indes mutig und hat beachtliche Szenen; handwerklich gibt es da auch manches zu bestaunen. Aber ich sehe da in erster Linie eine ungeschickte Mixtur altbekannter Versatzstücke, die recht pädagogisch auf aktuellen Themen rumreitet, aber nicht wirklich etwas Neues zu erzählen hat.

Was die Assoziationen betrifft, bin ich sehr bei Moonshade, aber gefallen hat mir das Ganze dann doch weniger. Ich bin da bei unaufgeregten 6/10 (und fand "Revenge" ein Tickchen besser und Ducournaus "Titane" merklich besser).
"Eines Tages werde ich ein wahrhaft großes Drama schreiben. Niemand wird verstehen, worauf es hinaus will, aber alle werden nach Hause gehen mit einem vagen Gefühl der Unzufriedenheit mit ihrem Leben und ihrer Umgebung. Dann werden sie neue Tapeten aufhängen und die Sache vergessen." (Saki)

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