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Der deutsche Film

Begonnen von HenryChinaski, 7 Juli 2007, 02:08:12

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StillerMux

Zitat von: Adam Kesher am 10 Juli 2007, 15:13:48
In meinen Augen lässt sich das Problem des deutschen Gegenwartsfilms auf ein einfaches Schlagwort reduzieren: Fantasiefeindlichkeit. Damit meine ich nicht Einfallslosigkeit, sondern die Abneigung gegen Fantastisches, Mythisches, Märchenhaftes, Sinnbildliches. Und diese Abneigung zeichnet sich ironischerweise sowohl in jenen Filmen ab, die dem Gebot folgen, wie auch in jenen Filmen, die sich ihm widersetzen, denn während der akribische Realitätsrekonstruktionswahn im angeblich anspruchsvollen Kino gefeiert wird, muss sich das Fantastische - wenn es denn einmal zugelassen wird - im eskapistischen Blödel- oder Zerstreuungskino belächeln lassen, als würde es zu mehr nicht taugen. Das Fantastische wird entweder gemieden oder entwertet.

Der Grund für die Privilegierung der Realitätsrekonstrukion vor der Wirklichkeitsspiegelung liegt meines Erachtens - da folge ich Chili Palmers überaus treffender Analyse - in unverarbeiteten Faschismus-Ängsten, die uns wie ein Teufel im Nacken sitzen und in einem krankhaften Maße zu Sachlichkeit, Faktentreue und Objektivität antreiben, als könnten wir damit den kleinen Nazi in unserem Inneren, den wir so sehr fürchten, bannen. Es ist sicherlich kein Zufall, dass deutsche Filme über Faschismus vor historischer Akribie nur so strotzen, während ausländische Filme viel freier - und auch befreiender, weil entzaubernder - mit dem Thema umgehen - man denke nur an so unterschiedliche Filme wie "Salon Kitty", "Die 120 Tage von Sodom" oder "Vaterland".

Als Ventil für den Druck, den die unaufhörliche Realitätsabbildungsbeflissenheit aufbaut, muss dann das sinnfreie Zerstreuungskino herhalten, das in Deutschland zu einem überproportional hohen Maße aus Parodien besteht. Für gewöhnlich erfüllt die Parodie den Zweck, das Seriöse vor der Verbissenheit zu bewahren. Doch worüber blödeln wir? Über Winnetou und Raumschiff Enterprise, über Edgar Wallace und Katastrophenfilme. Die eine Hälfte besteht aus unserem eigenen Ablenkungskino, die andere aus Stoffen, die nicht einmal unserem eigenen Kulturkreis entstammen. Das ist schon ein starkes Stück, dass wir uns tatsächlich über amerikanische Science-Fiction und internationale Katastrophenfilme lustig zu machen trauen, ohne je selbst etwas Nennenswertes in diesen Bereichen geleistet zu haben. Unsere eigenen Erzähldefizite halten uns nicht davon ab, über die Versuche anderer Nationen herzuziehen. Wir parodieren, ohne selbst je die dafür erforderliche Ernsthaftigkeit an den Tag gelegt zu haben, lenken uns von Themen ab, die entweder harmlos sind oder denen wir selbst nie ins Auge gesehen haben. Selbst Dani Levy muss sicherheitshalber schon in der Vorschau seines Führer-Schwanks mit ins Bild gehaltenen Filmklappen dem Publikum einschärfen, dass es sich um einen Film handelt und nicht um eine Historienschau. Gar nicht auszudenken, was passieren würde, wenn die historische Ungenauigkeit nicht sorgfältig etikettiert würde!

Kein Filmemacher, der noch bei Trost ist, käme in Deutschland auf die Idee, seine Gedanken zu Gefängnis und Strafvollzug so zu formulieren, wie Brian Yuzna es in "Beyond Re-Animator" tut oder Ringo Lam in "In Hell - Rage Unleashed". Ebensowenig würde man es für seriös halten, den brodelnden Geschlechterkampf in eine Filmgattung wie den Giallo zu verarbeiten, denn dahinter steckt mehr Unterbewusstes als sorgfältig Ausgetüfteltes. Oder die Angst vor Propaganda, Korruption und moralischer Automatisierung in einen Film wie "Robocop". (Ich nenne Titel aus dem Bereich des Sensationskinos, weil ich mich damit einigermaßen auskenne, nicht weil es nicht andernorts ebenso nennenswerte Beispiele gäbe.) Unsere antrainierte Abneigung gegen derlei Vermischung von Unterhaltung und Anspruch geht soweit, dass wir sogar Mühe haben, solchen Filmen ihre Bedeutungstiefe überhaupt zuzugestehen. Die Vorstellung, dass es produktiv sein kann, dem Publikum die Beschäftigung mit unangenehmen Themen angenehm zu machen, ist uns zuwider. Ernsthaftigkeit hat gefälligst anstrengend zu sein und Unterhaltung bitteschön nicht gedanklich anregend, sonst könnte man das eine versehentlich mit dem anderen verwechseln. Em Ende käme es noch so weit, dass das Publikum den Film "falsch" guckt, nämlich allein um der Zerstreuung willen und ohne die Botschaft zu würdigen, als ob es ein Unfall wäre, wenn Zerstreuungsfreudige und Themenbeflissene im selben Kinosaal glücklich würden - übrigens doch die beste Ausgangsbasis, um den einen für die Freuden des anderen zu interessieren, denn so wird ersterer nicht weltvergessen und letzterer nicht problemverbissen.

Mit Geldmitteln hat all das meines Erachtens wenig zu tun, wie man vielleicht an den zum Teil preiswert produzierten Beispielen, die ich eben angeführt habe, ersehen kann, sehr viel dafür aber mit den weit verbreiteten Ängsten, die die hiesige Branche im Würgegriff halten, Ängsten vor anspruchvsoller Unterhaltung, ungebremsten Gefühlsoffenbarungen und sinnlichen und sinnbildlichen Spiegelungen, in Summe der großen Überangst, etwas falsch zu machen. Ich meine, das deutsche Kino krankt daran, den Ernst zu ernst zu nehmen und den Spaß nicht ernst genug. Das eine führt zu uneinlösbarer und unaushaltbarer Wahrheitsbesessenheit, das andere zu kurzfristiger Weltverdrängung, die uns nach dem Verlassen des Kinosaals die Last der ungelösten Probleme nur umso deutlicher zu spüren gibt. Daran kann man nur verrückt werden.

Ich denke, Du hast mit Deinen Ausführung unrecht. Das würde ich nur dann unterstützen, wenn es ein Publikumsproblem für andere Filme gäbe. Das ist aber nicht so. Wir Deutschen schauen solche Filme, nur das sie zumeist aus dem Ausland kommen - trotzdem sind sie auch hierzulande Kassenschlager. Hättest Du recht, so wäre dies unmöglich, da wir ja gerade davor zurückschrecken würden. Das Problem, wenn es überhaupt besteht, kann nur auf Seiten der Filmmacher vorhanden sein. Und an dieser Stelle spielen Deine Argumente dann schon wieder eher eine Rolle, gerade bei der öffentlichen Filmförderung könnte es gut möglich sein, dass man dort politisch korrekt und unangreifbar sein möchte. Bei den privaten Produktionen halte ich es für eher unwahrscheinlich, da dies vor allem Wirtschaftsunternehmen sind und diese ja auch kein Problem mit entsprechenden ausländischen Filmen haben.

Roughale

Toller Beitrag, Adam! Ich kann hier eigentlich nicht mitreden, weil ich den deutschen Film relativ meide, nun habe ich mal eine gute Erklärung warum ;)

Es gibt gute Filem aus Deutschland, ich möchte da mal Knallhart von Buck erwähnen, aber das stimmt schon, dass mir auch nichts einfällt wo wirklich mal fantasievoll ans Werk gegangen wird. Es mag viele Gründe geben, warum das so ist, aber ich denke mal dass ein Hauptpunkt die fehlende Übung damit ist, man hat das irgendwie verlernt, wie kann man das ändern? Einfach mit Machen, Machen, Machen - irgendwann kommt schon was bei raus, wir konnten das doch mal (z.B. Fritz Lang), aber irgendwie hat sich an der Eistellung die uns in den flotten 1000 Jahren aufgezwängt wurde, dass sowas entartete Kunst sei, nichts wirklich geändert - traurig...

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psychopaul

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Three little devils jumped over the wall...

HenryChinaski

Zitat von: psychopaul am 10 Juli 2007, 16:44:21
ein Artikel zum Thema:

http://newfilmkritik.de/archiv/2007-07/notizen-zur-berliner-schule/
Ich habe von den aufgeführten Filmen nur einen Bruchteil gesehen, behaupte aber aus dem Kontext heraus, dass ich nichts verpasst habe. Das Einzige, was ich dem Bericht abgewinnen konnte, ist folgendes Zitat:
"Es kursiert ein nicht eben wohl meinendes Zitat von Oskar Roehler, dem Regisseur von Filmen wie ,,Elementarteilchen" und ,,Agnes und seine Brüder". Roehler beschreibt die Filme der Berliner Schule folgendermaßen: ,,Die sind immer spröde, immer streng. In den Filmen passiert eigentlich nichts. Sie sind langsam, trist und es wird nie etwas wirklich gesagt. Das ist dann die Berliner Schule. Die kommen bei der Kritik immer gut weg und haben dann so 5.000 bis 10.000 Zuschauer." "

psychopaul

das sind eben auch Minderheitenfilme. Ich kanns gut verstehen, dass solche Filme der Masse viel zu langweilig und spröde sind, interessant und zuweilen sehr gut finde ich sie trotzdem.  ;)
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McKenzie

Zitat von: psychopaul am 10 Juli 2007, 19:35:58
das sind eben auch Minderheitenfilme. Ich kanns gut verstehen, dass solche Filme der Masse viel zu langweilig und spröde sind, interessant und zuweilen sehr gut finde ich sie trotzdem.  ;)

Sicherlich sind einige interessante und sehenswerte Filme dabei, aber insgesamt ist die "Berliner Schule" für mich das Pseudonym der von Adam Kesher gerade erst erneut angesprochenen Publikumsfeindlichkeit deutscher "E"-Filme.

Zitat von: Adam Kesher am 10 Juli 2007, 15:13:48
Unsere antrainierte Abneigung gegen derlei Vermischung von Unterhaltung und Anspruch geht soweit, dass wir sogar Mühe haben, solchen Filmen ihre Bedeutungstiefe überhaupt zuzugestehen. Die Vorstellung, dass es produktiv sein kann, dem Publikum die Beschäftigung mit unangenehmen Themen angenehm zu machen, ist uns zuwider. Ernsthaftigkeit hat gefälligst anstrengend zu sein und Unterhaltung bitteschön nicht gedanklich anregend, sonst könnte man das eine versehentlich mit dem anderen verwechseln. Em Ende käme es noch so weit, dass das Publikum den Film "falsch" guckt, nämlich allein um der Zerstreuung willen und ohne die Botschaft zu würdigen, als ob es ein Unfall wäre, wenn Zerstreuungsfreudige und Themenbeflissene im selben Kinosaal glücklich würden - übrigens doch die beste Ausgangsbasis, um den einen für die Freuden des anderen zu interessieren, denn so wird ersterer nicht weltvergessen und letzterer nicht problemverbissen.

Und mit Geldmitteln hat das wiederum sehr wohl sehr viel zu tun denn die Produzenten stecken ihr Geld in die anspruchslosen Klamotten und die Filmförderung z. B. in die Berliner Schule- mit gleichermaßem eintönigem Ergebnis. Mehr Aufgeschlossenheit für ungewöhnlichere Ideen bei der Filmförderung und mehr Risikobereitschaft bei den Produzenten- das wäre ein Schritt nach vorn. Allerdings ist die dunkle Ahnung, das ein Wandel nicht ohne ein Umdenken des Publikums herbeizuführen ist, sicherlich mehr als berechtigt. Der deutsche Film hat sein Publikum in den 80zigern und 90zigern zu dem erzogen was es jetzt ist. Also sollte er aber auch in der Lage sein, es wieder umzuerziehen. Von selbst geschieht da nichts...
ZitatPunctuality is the thief of time
- Oscar Wilde
ZitatOne problem with people who have no vices is that they're pretty sure to have some annoying virtues.
- Elizabeth Taylor

Chili Palmer

11 Juli 2007, 13:30:44 #66 Letzte Bearbeitung: 11 Juli 2007, 13:38:43 von Chili Palmer
Zitat von: Adam Kesher am 10 Juli 2007, 15:13:48
In meinen Augen lässt sich das Problem des deutschen Gegenwartsfilms auf ein einfaches Schlagwort reduzieren: Fantasiefeindlichkeit. Damit meine ich nicht Einfallslosigkeit, sondern die Abneigung gegen Fantastisches, Mythisches, Märchenhaftes, Sinnbildliches.

Was mich außerdem an diesem Phänomen stark verwundert, ist die Tatsache, dass dieses Problem ausschließlich den deutschen Film betrifft.

Deutsche Gothic-Bands, die sich wie Fantasy-Gestalten kleiden, und keltisch angehauchte Musik spielen, In Extremo samt Dudelsack-Mittelalter-Sound, Rammstein mit ihrem semiprovokanten Schwanken zwischen Rechtslastigkeit und Romantik - in der Musikindustrie alles kein Thema.

Das erfolgreichste Hörspiel für Erwachsene? Zweifellos die aus Deutschland stammende Serie "Gabriel Burns", die sich nicht im Geringsten um Rationalität schert, sondern fröhlich Fantasy, Science-Fiction und Horror zu einer Mystery-Melange verarbeitet und (ebenso wie das indirekte Vorbild "Akte X") einen Großteil ihrer Faszination aus der konstanten Verweigerung von Erklärungen bezieht. Damit steht "Burns" in direkter Tradition der ebenfalls aus Deutschland stammenden "John Sinclair"-Reihe.

Genrecomics sind und waren in Deutschland schon immer populär, man denke nur an die langlebige "Perry Rhodan"-Reihe, die sich auf die noch erfolgreichere Buch- und Heftreihe stützt. Und da sind wir ja schon beim nächsten Punkt, dem gedruckten Wort:

Fantasy-Literatur aus Deutschland? Im Dutzend billiger. Auf Papier scheint niemand das Nazi-Teufelchen zu fürchten. Spielt hier ein weiteres deutsches Vorurteil hinein, demzufolge Bücher automatisch etwas kulturell Wertvolles darstellen, Filme hingegen erstmal als trivial abgetan werden, bis sie sich im Spießrutenlauf der Feuilletondebatte bewährt haben? Michael Ende (Musterbeispiel für deutsche Fantasy, die halt irgendwann pädagogisch abgenickt und somit reif für Filmfördermittel war), Wolfgang Hohlbein, Andreas Eschbach, Cornelia Funke... die Liste ist lang, die Filmadaptionen jedoch an einer Hand abzählbar. Der von "Lord of the Rings" und "Harry Potter" losgetretene Fantasy-Boom hätte unzählige deutsche Filmprojekte nach sich ziehen können, bis jetzt wurden aber nur die Rechte für Funkes "Tintenherz" erfolgreich verkauft. In die USA.

Und so recht kann man sich auch gar nicht ausmalen, wie es denn wäre, etwas wie "Pans Labyrinth" aus deutscher Produktion zu erblicken. Die von Adam Kesher erwähnte Mischung aus Unterhaltung und Bildung - sie scheint so unglaublich weit weg von dem zu sein, das sich "deutscher Film" nennt. Vielleicht wird der erste Film, der etwas in dieser Richtung versucht, ein Debakel. Vielleicht. Aber ich wäre sofort bereit, mir dieses Debakel anzusehen, wenn mir das nur weitere "7 Zwerge"-Fortsetzungen ersparen würde.
"I'm an actor, love, not a bloody rocket surgeon".

"Der Terminader is ja im Grunde so'n Kaiborch."

Adam Kesher

Vielleicht lässt sich die Lage tatsächlich so einfach und schön beschreiben, wie Roughale es getan hat: Wir scheinen das Fantastische schlicht verlernt zu haben. Es ist uns abhanden gekommen und selbst wenn wir ihm begegnen, wissen wir nicht mehr recht, was wir damit anfangen sollen.

Ich bin übrigens gar nicht beunruhigt über das, was wir haben - weder den akkuraten Historienfilm, noch die harmlose Parodie, noch die spröde Berliner Schule -, sondern über das, was wir nicht haben, nicht zulassen wollen, uns gewissermaßen versagen. Es wäre doch jammerschade, wenn unser Filmschaffen an einer selbstverordneten Enthaltsamkeit verarmen würde, wenn wir die ungemeine Vielfalt, die in uns schlummert, freiwillig und vorsätzlich ausschlügen. Daher meine Hoffnung, dass das deutsche Kino über das Parodieren nicht das Erzählen verlernt, über die Faktenrecherche nicht das Fabulieren, über das Aktenwälzen nicht das Träumen und Utopieren. Und an dieser Stelle pflichte ich McKenzie natürlich sofort bei, denn auch wenn es nicht viel Geld für die Herstellung guter Filme bedarf, so bedarf es doch eines ausreichenden Bewusstseins, um überhaupt Gelder zu bewilligen.

Es geht mir auch gar nicht so sehr darum, das Konsumverhalten des deutschen Publikums zu quantifizieren, sondern vielmehr darum, über den Rang nachzudenken, den das allgemeine Kulturverständnis in Deutschland verschiedenen Filmgattungen zuzugestehen bereit ist, die Wertschätzung, die es sich ihnen gegenüber abzuringen traut. Und mir scheint, dass unser Kulturverständnis die radikal elitäre Spaltung, die der deutsche Film an sich selbst vornimmt - nämlich in anstrengendes Anspruchskino und sinnfreies Zerstreuungskino -, bei der Begutachtung ausländischer Produktionen als Maßstab anlegt. Sicher schätzen wir die sprudelnde Fantasie japanischer Animés. Aber wir sprechen mit einem Lächeln davon, denn - wenn wir ganz ehrlich sind - halten wir diese Filme für eine Art Kino, das von Kindsköpfen für Kindsköpfe gemacht wird, denn bei allen formalen Qualitäten und wunderlichen Einfällen, die die Filme fraglos vorzuweisen haben, verbietet es sich doch, sie in einem Atemzug zu nennen mit gegenwartsbezogenen Werken von so drängender Wichtigkeit wie "Das Leben der Anderen". Chili Palmers treffende Beobachtung, dass unsere eigenen fantastischen Strömungen beinahe zur Gänze in Nischenmedien und Groschenhefte abgeschoben werden, scheint mir ein weiteres Symptom dieser schamhaften Verdrängung zu sein.

Das ist des Pudels Kern: Wir denken in Wichtigkeit und Unwichtigkeit, produzieren entweder für den einen oder den anderen Zweck und begutachten auch fremdländische Produktionen nur durch eine der beiden Brillen. Die Folge ist nicht etwa, dass das deutsche Publikum fantastische Filme meiden würde - ganz im Gegenteil: wir gieren geradezu danach, unser Urbedürfnis nach Fantastischem mit amerikanischen Fantasy-Filmen, asiatischen Schwertkampf-Epen und bunten Bollywood-Explosionen zu decken -, sondern dass wir bereits vor der Sichtung entscheiden, ob wir Ablenkung oder Anspruch sehen werden: Wer "Hard Boiled" ausleiht, will nur mal abschalten; wer "Schläfer" ausleiht, will etwas für Geist und Bildung tun. An einem Abend bin ich weltfremder Hedonist, am anderen Abend problemfreudiger Bildungsbürger, nicht jedoch beides gleichzeitig. Beinahe könnte man meinen, der deutsche Film halte sich mit einem solch doppelgesichtigen Perpetuum mobile am Laufen: Der Anspruchsfilm ist so anstrengend, dass er dringenden Bedarf nach sinnloser Zerstreuung weckt; und der Zerstreuungsfilm ist so hohl, dass das schlechte Gewissen uns schleunigst in den nächsten Anspruchsfilm treibt. Wohl dem, der sich diesem Spielchen entzieht.

Von dieser Warte scheint mir durchaus, dass wir Zugangshürden zu fantastischen Produktionen aus dem Ausland zu überwinden haben. Nur äußern sich diese Hürden nicht in geringen Besucherzahlen, sondern in unseren vorgefertigten Sehschablonen, mit denen wir diesen Filmen begegnen, denn es ist nicht üblich, sie ergebnisoffen und ganzheitlich zu betrachten. Wir gebrauchen solche Filme als kleinen Urlaub vom Ernst des Lebens (und des deutschen Kinos); schließlich haben wir ihn uns redlich verdient. Das deutsche Oberstudienratskino, oder vielmehr die kulturelle Haltung, die es hervorgebracht hat, hat uns abgewöhnt, im Unterhaltungskino mit Zwischentönen und Tiefenqualitäten zu rechnen, so sehr, dass wir ihnen auch dann nicht mehr begegnen, wenn sie leise bei uns anklopfen. Es bedarf schon eines Holzhammers, damit wir uns auf einen solchen Spagat einlassen, ja ihn überhaupt nur für möglich halten. Ironischerweise werden unsere Vorurteile in solchen Fällen in besonders komischer Weise augenfällig, denn Filme, die Anspruch und Unterhaltung auf nicht mehr zu leugnende Weise miteinander verbinden, lösen eine wahre Massenhysterie bei uns aus, vermutlich gerade weil wir die Mischung für so unwahrscheinlich halten. Wie aufgeregt hat man allenthalben von "Fight Club" gesprochen, der in nie da gewesener Weise Adrenalin mit Gesellschaftskritik zu verbinden schien. Ein tosender Beifall, als wären wir Zeugen eines unerhörten cineastischen Präzedenzfalls geworden. Dabei beruhte das neue Erlebnis doch gar nicht auf der erstmaligen Verbindung von Unterhaltung und Anspruch, sondern auf der unübersehbaren, dank der Erzählstimme selbst mit geschlossenen Augen nicht zu überhörenden Kenntlichmachung des nach unserem Filmverständnis erstaunlichen Amalgams, das uns das sichere Gefühl gab, in einem mitreißenden Prügelfilm nebenbei auch etwas über das Leben gelernt zu haben. Endlich ein Film, der uns von der Pflicht entband, uns entweder selbstbewusst als gleichgültige Kulturproleten offenbaren oder zum Ausgleich in einen anstrengenden Anspruchsfilm gehen zu müssen.

Gerade an den Begeisterungsstürmen, die solche scheinbaren Überbrückungsfilme, die im Grunde doch nur gewaltsam zusammenzwingen, was ohnehin zusammengehört, wird meines Erachtens unsere Schwierigkeit augenfällig, Unterhaltung und Anspruch als organische Einheit zu denken, die im Grunde schon immer zusammengehört und den Kern des Geschichtenerzählens ausgemacht hat. Dass wir überhaupt davon ausgehen, es handele sich um Gegensätze, die der Überbrückung bedürften, zeigt meines Erachtens, wie sehr wir vom Mythologischen und damit vom Unterbewussten entfremdet sind, und zwar mehr als der Rest der Welt, der im Zuge allgemeiner Verwissenschaftlichung zwar auch gewisse Vorbehalte entwickelt hat; nur fürchtet der Rest der Welt im Unterschied zu uns nicht, dass das Fantastische - damit komme ich zur Ausgangsthese zurück - ein Schlund sei, aus dem faschistische Gespenster aufsteigen.

Chili Palmer

Zitat von: Adam Kesher am 11 Juli 2007, 15:07:04
Ich bin übrigens gar nicht beunruhigt über das, was wir haben - weder den akkuraten Historienfilm, noch die harmlose Parodie, noch die spröde Berliner Schule -, sondern über das, was wir nicht haben, nicht zulassen wollen, uns gewissermaßen versagen.

Genau so sehe ich das auch. Das Stichwort sollte "Ausbau" lauten, nicht "Umbau".

Zitat von: Adam Kesher am 11 Juli 2007, 15:07:04
Gerade an den Begeisterungsstürmen, die solche scheinbaren Überbrückungsfilme, die im Grunde doch nur gewaltsam zusammenzwingen, was ohnehin zusammengehört, wird meines Erachtens unsere Schwierigkeit augenfällig, Unterhaltung und Anspruch als organische Einheit zu denken, die im Grunde schon immer zusammengehört und den Kern des Geschichtenerzählens ausgemacht hat. Dass wir überhaupt davon ausgehen, es handele sich um Gegensätze, die der Überbrückung bedürften, zeigt meines Erachtens, wie sehr wir vom Mythologischen und damit vom Unterbewussten entfremdet sind

Sehr richtig. Und diese Entfremdung lässt viele hierzulande über die Art amerikanischen Filmemachens lächeln, die es ja gerade auf die Balance zwischen Unterhaltung und Anspruch abgesehen hat. Dass man sich somit aus der eigenen Limitierung, aus der Schubladenperspektive heraus über das scheinbar triviale Hollywood erheben möchte, ist tragikomisch.
"I'm an actor, love, not a bloody rocket surgeon".

"Der Terminader is ja im Grunde so'n Kaiborch."

HenryChinaski

Zitat von: Adam Kesher am 11 Juli 2007, 15:07:04

Ich bin übrigens gar nicht beunruhigt über das, was wir haben - weder den akkuraten Historienfilm, noch die harmlose Parodie, noch die spröde Berliner Schule -, sondern über das, was wir nicht haben, nicht zulassen wollen, uns gewissermaßen versagen. Es wäre doch jammerschade, wenn unser Filmschaffen an einer selbstverordneten Enthaltsamkeit verarmen würde, wenn wir die ungemeine Vielfalt, die in uns schlummert, freiwillig und vorsätzlich ausschlügen.
100 % agree.

McKenzie

@ Adam Kesher:

Deinem Posting ist nicht mehr viel hinzuzufügen, insbesondere angesichts dieser in schwarze treffenden Aussage

Zitat von: Adam Kesher am 11 Juli 2007, 15:07:04
die im Grunde doch nur gewaltsam zusammenzwingen, was ohnehin zusammengehört, wird meines Erachtens unsere Schwierigkeit augenfällig, Unterhaltung und Anspruch als organische Einheit zu denken, die im Grunde schon immer zusammengehört und den Kern des Geschichtenerzählens ausgemacht hat.

dürfte bei zahlreichen Personenkreisen (die liebe Filmwissenschaft) zu Kopfschütteln führen. Leider!  :icon_sad:

Zitat von: Chili Palmer am 11 Juli 2007, 15:39:36
Genau so sehe ich das auch. Das Stichwort sollte "Ausbau" lauten, nicht "Umbau".

Ich habe ja auch keinen "Umbau" gefordert (irgendwie fühle ich mich nun doch angesprochen  :icon_mrgreen:) sondern ebenfalls einen Anbau. Denn im Gegensatz zu vielen anderen bin ich immer noch recht zufrieden mit dem deutschen Kino und sehe da auch einige Regisseure, die Anspruch und Unterhaltung verbinden wie eben z. B. den bereits erwähnten Hans-Christian Schmid oder Tom Tykwer (bis zu "Heaven").

Zitat von: Chili Palmer am 11 Juli 2007, 15:39:36
Sehr richtig. Und diese Entfremdung lässt viele hierzulande über die Art amerikanischen Filmemachens lächeln, die es ja gerade auf die Balance zwischen Unterhaltung und Anspruch abgesehen hat. Dass man sich somit aus der eigenen Limitierung, aus der Schubladenperspektive heraus über das scheinbar triviale Hollywood erheben möchte, ist tragikomisch.

Soll ich mich hier vielleicht eher angesprochen fühlen? Ich halte 80 % des Hollywood-Kinos tatsächlich für trivial und Publikumsverhöhnend und denke nicht, das es ein gutes Beispiel für eine gesunde Kombination von Anspruch und Unterhaltung ist. Mir kommen hier vielmehr das asiatische und französische, unter einigen Bedingungen auch das dänische, britische und spanische Kino in den Sinn.
Letztlich wagt man sich in Hollywood nämlich meist nicht das, was in Deutschland inzwischen zur perversen Manie geworden ist: Eine gewisse Interessenverlagerung auf Ernst oder Spaß. In der Traumfabrik achtet man stets akribisch darauf, einen Film nie zu "schwermütig" zu gestalten und immer ausreichend Humor, Romantik, Action u. ä. einzustreuen. Das führt dazu das die meisten "Dramen" (um einmal die ärgerliche Genre-Schublade zu bedienen) aus Hollywood das Quäntchen Ernsthaftigkeit vermissen lassen, das deutsche "Dramen" (arg- schon wieder) zuviel besitzen.
ZitatPunctuality is the thief of time
- Oscar Wilde
ZitatOne problem with people who have no vices is that they're pretty sure to have some annoying virtues.
- Elizabeth Taylor

Chili Palmer

Zitat von: McKenzie am 11 Juli 2007, 19:08:10
Ich habe ja auch keinen "Umbau" gefordert (irgendwie fühle ich mich nun doch angesprochen  :icon_mrgreen:) sondern ebenfalls einen Anbau.

Habe jetzt nicht explizit dich angesprochen, aber schön, dass wir uns einig sind, dass irgendwie gebaut werden sollte.  :icon_mrgreen:

Zitat von: McKenzie am 11 Juli 2007, 19:08:10
Soll ich mich hier vielleicht eher angesprochen fühlen? Ich halte 80 % des Hollywood-Kinos tatsächlich für trivial und Publikumsverhöhnend und denke nicht, das es ein gutes Beispiel für eine gesunde Kombination von Anspruch und Unterhaltung ist.

Wo du dich schon mal angesprochen fühlst...  ;)
Ich beziehe mich da vor allem auf das Kleinmachen Hollywoods, wie es immer wieder mal vorkommt, wenn ein kleiner, lokal gefärbter Film als Antiserum zum ach so schrecklichen Blockbustereinerlei verkauft wird. Als ob das nötig wäre. Ernstzunehmende Filmfans sollten beides in ausreichender Dosis zu schätzen wissen, sonst beginnt schon beim eigenen Filmkonsum das Schubladendenken. Hierzulande hat sich "Hollywood" einfach als Schmähbegriff für einen, jeglichen künstlerischen Individualismus unterdrückenden, Fließbandbetrieb etabliert, was der Sache nicht gerecht wird, beim Herausstellen der Qualitäten anders gelagerter heimischer Produktionen aber immer gelegen kommt.
Und wenn Park Chan-Wook seinen neuesten Thriller präsentiert, lese ich in der deutschen Presse auch immer nur "da kann sich Hollywood mal eine dicke Scheibe abschneiden" statt "da kann sich unser deutsches Spannungskino mit seiner drögen Tatort-Ästhetik aber mal zehn Scheiben abschneiden". Wie bei den von Adam Kesher erwähnten Parodien, die nicht einmal Themen unseres eigenen Kulturkreises aufgreifen, so wird auch in der Filmkritik erstmal auf das große Amerika geballert, was für den Kinobetrieb hierzulande aber letztendlich völlig irrelevant ist. Aber ist ja auch bequemer so, da kann man schön weiter vor sich hinwurschteln, wenn man das eigene Schaffen gar nicht erst miteinbezieht.
"I'm an actor, love, not a bloody rocket surgeon".

"Der Terminader is ja im Grunde so'n Kaiborch."

SutterCain

Anlässlich des Hamburger Filmfests haut der am 13. Oktober seinen 70. Geburtstag feiernde Filmemacher Klaus Lemke auf die Pauke: Er hat ein Manifest gegen die staatliche Filmförderung verfasst:


Papas Staatskino ist tot: Hamburger Manifest von Klaus Lemke – Protest gegen das Filmfest 2010

ICH FORDERE INNOVATION STATT SUBVENTION. ICH FORDERE DAS ENDE JEDWEDER FILMFÖRDERUNG AUS STEUERMITTELN. DER STAAT SOLL SEINE GRIFFELN AUS DEM FILM ENDLICH WIEDER RAUSNEHMEN.
13 JAHRE STAATSKINO UNTER ADOLF UND DIE LETZTEN 40 JAHRE STAATLICHER FILMFÖRDERUNG HABEN DAZU GEFÜHRT, DASS DER DEUTSCHE FILM SCHON IN DEN SIEBZIGERJAHREN AUF KLASSENFAHRT IN DER TOSKANA HÄNGENBLIEB; DASS AUS REGISSEUREN SOFT SKILLS-KASTRATEN UND AUS PRODUZENTEN VEREDELUNGSJUNKIES WURDEN.
WIR BAUEN DIE SCHÖNSTEN AUTOS.
WIR HABEN DIE SCHÖNSTEN FRAUEN.
ABER UNSERE FILME SIND WIE GRABSTEINE.
BRAV. BANAL. BEGÜTIGEND. GOETHEINSTITUT.
ABER FILM IST KEINE AUSSTERBENDE TIERART. FILM IST AUCH KEIN INTELLIGENZBESCHLEUNIGER. FILM MUSS NOCH NICHT MAL GUT SEIN.
FILM MUSS NUR WIRKEN.
DAS TUT DER DEUTSCHE FILM SCHON LANGE NICHT MEHR.
RETTUNG KANN ALLEIN VON OMAS HÄUSCHEN KOMMEN, DAS MAN HEIMLICH BEI DER BANK BELEIHT. DENN NUR FÜR DAS EIGENE GELD LOHNT ES SICH NACHZUDENKEN – WENN ES IN GEFAHR IST. UND GELD
BEIM FILM IST IMMER IN GEFAHR. OHNE DAS WIRDS NICHTS.
GELD VOM STAAT IST IMMER EIN TRITT GEGEN DIE EIGENE KREATIVITÄT. VOR EIN PAAR WOCHEN WURDE KLAMMHEIMLICH DIE ENGLISCHE FILMFÖRDERUNG EINGESTELLT – DIE EINZIG ERFOLGREICHE IN EUROPA. ABER EBEN AUCH VOLLKOMMEN UNNÖTIG. DER FÖRDERWAHN FÜHRTE DEN ENGLISCHEN FILM INS NIRVANA. ACH DIESE ENGLÄNDER! ES GIBT NOCH HELDEN. BEI UNS NUR EINEN: DOMINIK GRAF. WÜRDE MAN JEDE FILMFÖRDERUNG AUS STEUERMITTELN ÜBER NACHT EINSTELLEN – WIR WÄREN IN ZWEI JAHREN DAS KREATIVSTE FILMLAND IN EUROPA UND EINE ECHTE KONKURRENZ ZU HOLLYWOOD. WEITER SO WIE JETZT BLEIBEN WIR DIE TOPLANGWEILER WELTWEIT. DER DEUTSCHE FILM GEHÖRT ENDLICH BEFREIT AUS DEN GEFÄNGNISSEN DER FFA. NO PAIN. NO SPAIN. LEMKE.

Quelle

Roughale

GelungenesManifest - nur ob es geug Leute, besonders Filmemacher erhören und befolgen...

Gleich mal wieder Rocker rauskramen und geniessen! :dodo:

esta es la mejor mota
When there is no more room for talent OK will make another UFC

digdog

Ich weiß nicht, wen oder was Herr Lemke mit seinem Manifest ansprechen will. Eine Rückkehr zum Autorenkino a la Fassbinder vielleicht?
Da kann ich mir gleich einen Schlafsack mit ins Kino bringen.

Oder will er behaupten, daß Filme wie "Der Untergang, Sophie Scholl - Die letzten Tage, Wer früher stirbt, ist länger tot, Das Leben der Anderen usw." etwa nicht gut geworden sind.

Genauso eine Ansprache braucht der deutsche Film heute. Und das von einem Regisseur, der außer "Rocker" nichts sehenswertes zustande gebracht hat. Ist aber auch schon knapp 40 Jahre her.
Besser geworden ist er seitdem nicht. Hier eine Kritik zu seinem 2006 Megaerfolg "Die Quereinsteigerinnen".

Zitat,,Karg ausgestattete, überwiegend improvisierte Low-Budget-Satire, deren Nonsens-Dialoge durchaus Charme besitzen, ohne den finessenarmen Film aber wirklich tragen zu können."
- Lexikon des internationalen Films -

Nein, damit kann ich nichts anfangen, die Zeiten in denen der deutsche Film nur eine Handvoll von Cineasten in Programmkinos bediente, sind Gottseidank, vorbei.

Crumby Crumb & the Cunty Bunch

Die Zeiten eines anspruchsvollen Publikums wohl auch - so es sie denn je gab.
Tolle Beispiele für echte Scheißfilme, btw. :respekt:
'Are you talkin' to me? You talkin' to me?' - Raging Bull, Pacino. Love that movie!

Chili Palmer

Zitat von: digdog am 30 September 2010, 13:28:37
Ich weiß nicht, wen oder was Herr Lemke mit seinem Manifest ansprechen will. Eine Rückkehr zum Autorenkino a la Fassbinder vielleicht?

Ich verstehe ihn so, dass, wenn man seinen Film mit Staatsgeldern fördern lässt, damit automatisch den Gedanken "wird dieser Film möglichst viele Leute interessieren?" mit sich herumträgt, was zu einer Verwässerung führt, da die besseren Filme diejenigen sind, die ihre Macher ganz persönlich, ohne Rücksicht auf Dritte, interessieren, weil nur bei ihnen das Publikum wirklich einmal andere Perspektiven aufgezeigt bekommt.
"I'm an actor, love, not a bloody rocket surgeon".

"Der Terminader is ja im Grunde so'n Kaiborch."

MäcFly

Zitat von: digdog am 30 September 2010, 13:28:37
Oder will er behaupten, daß Filme wie "Der Untergang, Sophie Scholl - Die letzten Tage, Wer früher stirbt, ist länger tot, Das Leben der Anderen usw." etwa nicht gut geworden sind.

Er schreibt es doch selbst:
FILM MUSS NOCH NICHT MAL GUT SEIN.
FILM MUSS NUR WIRKEN.

Zitat
Nein, damit kann ich nichts anfangen, die Zeiten in denen der deutsche Film nur eine Handvoll von Cineasten in Programmkinos bediente, sind Gottseidank, vorbei.

Wann soll das gewesen sein? Der deutsche Film hat doch schon immer auch den Massengeschmack bedient: Heimatfilme in den Fünfzigern, Karl May in den Sechzigern, später Pepe Nietnagel und Schulmädchenreport. Die Filme sind entstanden, weil die Leute sie sehen wollten. Heute lässt sich die Masse halt von Bully Herbig und Til Schweiger das Geld aus der Tasche ziehen. Ausweichmöglichkeiten gibt es gottseidank ja immer noch (Rosenmüller, Akin, etc.), weshalb ich auch nicht ganz einsehe, warum man die Filmförderung aus Steuermitteln komplett streichen sollte. Vielleicht sollte man sie nicht nur für Betroffenheitskriegsfilme und 08/15-Komödien verschwenden. Aber wenn man den Geldhahn zudreht, werden die Regisseure ihre Werke ja noch mehr am Massenpublikum ausrichten, um einem finanziellen Schiffbruch zu entgehen.
"Man muss immer darauf achten, dass man ein gewisses Niveau nicht unterschreitet - sonst ist es schnell aus."

"Wenn man Mubarak heißt oder Kosslick, dann kann man alles machen." (Uwe Boll)

marcial

Ohne viel darüber zu philosophieren, einige haben hier ja beachtliche Absätze verfasst...

Ich hasse deutsches Kino und werde nach momentanem Stand weder deutsche Serien, noch deutsche Filme jemals ernst nehmen.

Mag sein, dass ich nie die richtigen Filme angesehen habe - aber selbst die Filme, die ich als jugendlicher noch cool fand, finde ich im heutigen Vergleich zum Rest der Welt schlecht.

Es gibt Ausnahmen, aber ich spreche schon im Allgemeinen. Häufig kommt dann auch die selbe Masche die indische Filme abziehen, Dialoge oder komplette Szenen mal einfach klauen (komplette Remakes von Dt. fallen mir jetzt keine ein - aber was solls).

Unterm Strich kommen für mich - bis auf wenige Ausnahmen (ich hab mir dann auch Die Welle angeguckt) keine deutschen Filme (die man als solche versteht - deutsches Cast, deutscher Regisseur, in Deutschland gedreht, von Deutschen produziert) mehr in Frage.
senseless, hopeless, endless

the war had just begun

MMeXX

Zitat von: marcial am 30 September 2010, 16:16:25
Ich hasse deutsches Kino und werde nach momentanem Stand weder deutsche Serien, noch deutsche Filme jemals ernst nehmen.
Beziehst du das auf "heutige" Filme oder alle Filme, die jemals in Deutschland gedreht/herausgebracht worden sind?

marcial

Nur die, die ich (teils) gesehen habe - und prinzipiell nur Filme der letzten 20 Jahre. Verallgemeinern ist eigentlich nicht meine Art - in diesem Fall kommt es stark so rüber - und da mache ich eine Ausnahme, aber ich habe die Hoffnung bei deutschem Kino einfach aufgegeben. Ich schließe keinesfalls Ausnahmen aus - es muss ja auch gute Filme geben, aber generell schaue ich mir keine deutschen Filme an.
senseless, hopeless, endless

the war had just begun

Intergalactic Ape-Man

Für die Fans deutscher Filme ein Aufatmen:

Ein neues Label namens filmArt hat kürzlich den Kultfilm Zinksärge für die Goldjungen angekündigt.

HDMV will außerdem wohl bis zum Frühjahr Macho Man draussen haben.  :dodo:

digdog

Der neue deutsche Film wird interessantermaßen im Ausland viel besser beurteilt als in Deutschland selbst. Das könnte ein Hinweis sein auf die "typisch deutsche" Streitkultur. Über alles wird sich gestritten und bis ins kleinste Detail! Man sollte diese Filme als das betrachten, was sie sind, nämlich meistens Beiträge zu zeitgeschichtlichen Themen, die sehr gut umgesetzt worden sind. Ich erinnere da an den Film "Sophie Scholl - Die letzten Tage - ".
Ich habe E-Mail Kontakte in den USA und sie alle fanden diesen Film bemerkenswert. Insbesondere wurde ich bombardiert mit Anfragen nach dem Soundtrack.

Gleiches gilt auch für andere deutsche Produktionen. Während die Deutschen sich mal wieder die Köpfe einschlagen, was denn jetzt schlecht verfilmt wurde oder sich über den einen oder anderen Dialog streiten, haben unsere Filme im Ausland einen ganz anderen Stellenwert. Typisch deutsche Haltung oder nicht?

SutterCain

Nachdem sich Lemke letztens über den deutschen Film heftig aufregte, hat nun Ken Loach seinem Frust über die britische Filmlandschaft Luft gemacht:

Kurzfassung

Langfassung

Crumby Crumb & the Cunty Bunch

Ich mag Loach ja, aber ich höre schon böse Stimmen, die ihm eine ähnliche Qualität zuschreiben wie Lemke.
'Are you talkin' to me? You talkin' to me?' - Raging Bull, Pacino. Love that movie!

jimmybondy72

Zugegeben, man muss ein bisschen nach Ihnen suchen, aber ich mag Filme wie Westend, Absolute Giganten oder Soul Kitchen schon sehr gern.
"You haven't seen enough movies. All of life's riddles are answered in the movies."

wusselpompf

Zitat von: SutterCain am 21 Oktober 2010, 16:52:06
Nachdem sich Lemke letztens über den deutschen Film heftig aufregte, hat nun Ken Loach seinem Frust über die britische Filmlandschaft Luft gemacht:

Sehr interessanter Beitrag.

Die Filmförderung in GB ist übrigens auch direkt von den Sparplänen der Regierung betroffen.
http://www.bbc.co.uk/news/entertainment-arts-10761225
Galactic President Superstar McAwesomeville

"You're not married, you haven't got a girlfriend and you never watched Star Trek? Good Lord" - Patrick Stewart "Extras"

MäcFly

Für folgende zwei Artikel lohnt das Hervorkramen dieses Threads.

Der erste von Deutschlands derzeitiger Regie-Koryphäe Dominik Graf, der zweite von artechock-Autor Andreas Beilherz:

Deutscher Filmpreis - Das Grauen... das Grauen!

Das unsichtbare deutsche Kino

"Man muss immer darauf achten, dass man ein gewisses Niveau nicht unterschreitet - sonst ist es schnell aus."

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